Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.08.2014, Az.: VgK-22/2014

Bewertung der Zuschlagskriterien bei der Vergabe von Estricharbeiten

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.08.2014
Aktenzeichen
VgK-22/2014
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 25704
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragstellerin -
gegen
das Land Niedersachsen, vertreten durch das Staatliche Baumanagement xxxxxx
- Auftraggeberin -
wegen
Vergabeverfahren xxxxxx Neubau Bibliothek xxxxxx, Estricharbeiten - geschliffener Estrich -
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR' in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Magill ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin auch im Zeitpunkt der Stellung des Nachprüfungsantrags nicht in ihren Rechten verletzt gewesen ist.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

Begründung

I.

Die Auftraggeberin und Antragsgegnerin hatte am xxxxxx.2014, veröffentlicht am xxxxxx.2014, die Vergabe von Estricharbeiten - geschliffener Estrich im Rahmen des Neubaus der Bibliothek xxxxxx europaweit ausgeschrieben. Eine Aufteilung der zu vergebenden Leistung in Lose war nicht vorgesehen. Nebenangebote, Alternativvorschläge waren nicht zugelassen. Hinsichtlich der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes in Bezug auf die Zuschlagskriterien wurde auf die Ausschreibungsunterlagen verwiesen. Dort war nur das Zuschlagskriterium Preis genannt. Hinsichtlich der Teilnahmebedingungen waren zahlreiche Anforderungen benannt.

Dem Leistungsverzeichnis ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin die Estricharbeiten zum Teil als Verbundestrich mit 50 mm bzw. 30 mm Nenndicke, aber auch als schwimmenden Estrich mit einer Estrichnenndicke von 74 mm bzw. 75 mm, ausgeschrieben hat. Als Korndurchmesser war eine einheitliche homogene Sieblinie A/B 8 (0-8mm) für den Estrich vorgegeben. Die Oberfläche des Estrichs war mehrfach zu schleifen und zu glätten. Eine weitere Anforderung war, dass die Oberfläche UV-beständig, transparent und staubbindend ist (z.B. Position 1.2.120 bzw. 1.2.150).

Eine weitere Anforderung in zwei Positionen betraf den Schutz der fertigen Oberfläche des Estrichs. Dafür sollten einzelne Flächen so geschützt werden, dass sie als Transportwege für die Durchführung nachfolgender Gewerke genutzt werden können (Positionen 1.2.240 und 1.2.250).

Dem Gewerk Estricharbeiten hatte die Antragsgegnerin auch das Schleifen und Imprägnieren der waagerechten Anschlüsse an den Treppenpodesten in den Treppenhäusern zugeordnet (Position 1.2.410).Gleiches gilt auch für die Schutzmaßnahmen an aufgehenden Bauteilen (Position 1.2.420).

Dem Leistungsverzeichnis ist zu entnehmen, dass die überwiegende Anzahl der Positionen den normalen Estricharbeiten zuzuordnen ist; wenige Positionen beinhalten abschließende Schutzmaßnahmen des fertigen Estrichs oder Schleifarbeiten des Sichtbetons an bestimmten Stellen und ein Teil der Positionen beinhaltet überwiegend die normalen Estricharbeiten, jedoch auch Schleifarbeiten.

Insgesamt 22 Interessenten hatten die Vergabeunterlagen aus dem Internet herunter geladen, unter ihnen die Antragstellerin.

Noch während der Ausschreibungsphase rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.05.2014 die fehlende Aufteilung der Arbeiten in zwei Lose. Ihrer Auffassung nach hätte die Antragsgegnerin die Leistung in zwei Fachlose (1.) "Estricharbeiten (Verlegen)" und (2.) "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung)" aufteilen müssen. Das Verlegen des Estrichs unterscheide sich zum einen hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Geräte / Arbeitsmaterialien sowie zum anderen hinsichtlich der angewandten Bearbeitungstechniken wesentlich von den Schleifarbeiten.

Geschliffener Estrich mache schätzungsweise nur ca. 2 - 10% des Gesamtumsatzes der Estrichverleger-Betriebe aus. Die meisten Estrichverleger seien daher oftmals nicht auf das Schleifen der Oberfläche spezialisiert. Die getrennte Vergabe von Estricharbeiten (Verlegen)" und "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung) diene nicht nur der Schaffung eines größeren Wettbewerbs sondern sei auch ein Gebot zur Mittelstandsförderung. Die getrennte Vergabe führe auch zu günstigeren Angebotspreisen und einer qualitativ hochwertigeren Ausführung. Sie weist darauf hin, dass sowohl nach dem Willen des Gesetzgebers (Nds. Tariftreue- und Vergabegesetz) als auch der obergerichtlichen Rechtssprechung eine Fachlosvergabe die Regel sein soll.

Vor diesem Hintergrund listete die Antragstellerin auf, dass Ihrer Meinung nach die Positionen 1.2.240; 1.2.250; 1.2.410 und 1.2.420 zu den typischen Schleifarbeiten gehören. Bei insgesamt namentlich 20 genannten Positionen und den Vorbemerkungen vor der Position 1.2.70 handele es sich um gemischte Positionen, bei denen eine Trennung anzustreben wäre. Ihrer Auffassung nach ergäbe sich aus ihrer Übersicht in dem Rügeschreiben auf Seite 5, dass das Leistungsverzeichnis so bzw. entsprechend anzupassen ist, dass sie sich als reiner Schleifbetrieb selbständig an der Ausschreibung beteiligen könne.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 05.06.2014 erklärte, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.06.2014, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen in dem o. g. Rügeschreiben.

Die Antragstellerin beantragte ursprünglich,

  1. 1.

    Der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, im Vergabeverfahren "xxxxxx Neubau Bibliothek xxxxxx, Estricharbeiten - geschliffener Estrich" den Zuschlag zu erteilen,

  2. 2.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die im Vergabeverfahren "xxxxxx Neubau Bibliothek xxxxxx, Estricharbeiten - geschliffener Estrich" zu vergebenden Bauleistungen vergaberechtskonform auszuschreiben,

  3. 3.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,

  4. 4.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

  5. 5.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Auftraggeberin beantragte,

die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Auftraggeberin tritt dem Vortrag und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen.

Sie weist darauf hin, dass die Leistungen "Estricharbeiten - geschliffener Estrich" von ihr am 13.06.2014 submittiert worden sind. Sie habe das Vergabeverfahren aufgehoben, da die prognostizierten Kosten (Kostenberechnung) für das Gewerk "Estricharbeiten - geschliffener Estrich" deutlich unter den submittierten Kosten liegen und die Mehrkosten nicht innerhalb der Gesamtmaßnahme ausgeglichen werden können. Sie beabsichtige nicht, ein neues Verfahren für geschliffenen Estrich durchzuführen.

Zu Begründung der Aufhebung gemäß § 17 EG VOB/A führte die Antragsgegnerin aus, dass sie im Vorfeld die Einheitspreise im Leistungsverzeichnis auf der Grundlage der Kosten aus der Baudatenbank und aktueller Projekte ermittelt habe. Nur ein Bieter habe ein Angebot abgegeben, dessen Ergebnis ca. xxxxxx € über der Kostenprognose liegt. Dieses Angebot habe sie gemäß § 16 EG VOB/A geprüft und gewertet. Es war nach dem Prüfergebnis nicht auszuschließen.

Da aber die zusätzlichen Mittel in Höhe von xxxxxx € in der Gesamtmaßnahme nicht zur Verfügung stehen, habe sie die Ausschreibung aus schwerwiegenden Gründen aufgehoben und den beauftragten Architekten aufgefordert, kostenneutrale Alternativen zu entwickeln. Sie beabsichtige nicht, ein neues Verfahren für geschliffenen Estrich durchzuführen.

Die Antragstellerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 02.07.2014 mit, dass sie den Nachprüfungsantrag jetzt als Fortsetzungsfeststellungsantrag fortführen möchte. Zur Begründung des Antrages führt sie aus, dass sie ein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung der Rechtsverletzung geltend mache, da sie bei einer Erledigungserklärung oder einer Rücknahme des Nachprüfungsantrages keine Chance auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten habe.

Ihr Feststellungsinteresse folge auch daraus, dass ihr im Falle der rechtskräftigen Feststellung eines Vergabeverstoßes durch die Antragsgegnerin ein Schadensersatzanspruch zustehe.

Die Antragstellerin sieht weder in der Vergabeakte noch im Vortrag der Antragsgegnerin Gründe, die eine Gesamtvergabe rechtfertigen würden. Sie weist unter Bezugnahme auf den Beschluss der 2.VK Bund vom 07.07.2014, VK 2 - 47/14, darauf hin, dass bloße Schwierigkeiten der Antragsgegnerin, die nach Art und Ausmaß typischerweise mit der Vergabe an unterschiedlichen Auftragnehmern verbunden sind, nicht geeignet seien, eine wirtschaftliche Untrennbarkeit der Leistungen (hier: der Fachlose) zu belegen.

Sie weist darauf hin, dass das Schleifen ein verhältnismäßig "junges Gewerk" sei, das zunehmend Marktanteile generiere. Zwar sei ihr Handwerk nicht in den Anlagen A, B1 und B2 zur Handwerksordnung aufgeführt. Dort finde man bisher ausdrücklich nur den "Estrichleger" (B1) bzw. "Asphaltierer (ohne Straßenbau)" (B2). Es sei nicht auszuschließen, dass im Rahmen der nächsten Novellierung der Handwerksordnung auch das Gewerbe des "(Estrich-)Schleifers" in den Anlagen A und B seine Anerkennung finden werde.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr

festzustellen, dass die Antragstellerin dadurch, dass die Antragsgegnerin die Estricharbeiten (Verlegen und Schleifen) im Wege einer Gesamtvergabe und nicht in Fachlosen ausgeschrieben hat, in ihren Rechten verletzt ist.

Die Anträge 3 bis 5 bleiben aufrecht erhalten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Fortsetzungsfeststellungsantrag zurückzuweisen.

Zu Begründung ihrer Rechtsauffassung bezieht sie sich auf ihren Vergabevermerk vom 16.05.2014. Dort hatte sie festgehalten:

"Aus technischen Gründen wird auf eine Aufteilung nach Losen verzichtet. Neben hoher Rissarmut und der geforderten Druckfestigkeit ist eine gleichmäßige Kornverteilung wichtig, da höchste Anforderungen an den Estrich und seine Oberflächenvergütung gestellt werden.

Bei getrennter Vergabe beider Lose (Verlegen + Schleifen) kann die Ebenheit des Estrichs, allerdings nicht die gleichmäßige Korngrößenverteilung geprüft werden. Diese lässt sich erst nach dem Anschleifen der Fläche feststellen. Bei möglichen Unregelmäßigkeiten oder gar Mängeln wäre nicht klar nachvollziehbar, ob diese auf das Verlegen oder das Schleifen des Estrichs zurückzuführen sind.

Eine Zusammenfassung beider Leistungen erfolgt, um das Endprodukt technisch einwandfrei zu erstellen und den Verursacher möglicher Mängel eindeutig zu identifizieren."

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass Erschwernisse in der Organisation bzw. auch der Prüfung der Gewerke bei der Entscheidung über die Aufteilung von Fachlosen unberücksichtigt zu bleiben haben, gehe dies hier fehl, weil nicht Organisationserschwernisse der Aufteilung entgegen stehen, sondern die schlichte technische Unmöglichkeit, die notwendige Qualität der inneren Struktur des Estrichs zerstörungsfrei festzustellen.

Auch der Auffassung der Antragstellerin, dass durch eine Zweilagigkeit des Estrichs das Risiko auf null schrumpfen würde, tritt die Antragsgegnerin entgegen. In diesem Fall könne die oberste Lage in ihrer Struktur, wie bei der einlagigen Herstellung, ebenfalls nicht zerstörungsfrei geprüft werden.

Der Qualitätskontrolle des Estrichs komme bei der Trennung in Fachlose im Übrigen eine besondere Bedeutung zu, weil es sich um den Fußboden in einem repräsentativen Foyer einer Bibliothek handelt.

Hinzu komme, dass die besondere Oberflächenbehandlung von Estrichen in der VOB/C unter 4.2.20 als eine besondere Leistung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), Estricharbeiten, DIN 18 353, eingeordnet ist.

Die Beteiligten haben gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB einer Entscheidung nach Lage der Akten ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.

II.

Der Fortsetzungsfeststellungsantrag gem. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, die verfahrensgegenständlichen Estricharbeiten als einheitliche Leistung und nicht getrennt nach den Fachlosen "Verlegen des Estrichs" und "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung)" auszuschreiben, nicht in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Die in der Vergabeakte gem. § 20 EG VOB/A dokumentierte und im Nachprüfungsverfahren seitens der Antragsgegnerin weiter ausgeführte Begründung tragen die Entscheidung für eine zusammengefasste Vergabe gem. § 5 EG Abs. 2 Satz 3 VOB/A. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine separate Ausschreibung der Estrichschleifarbeiten, um sich als spezialisiertes Unternehmen darauf werben zu können.

1. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig.

Der ursprüngliche Nachprüfungsantrag war im Zeitpunkt der Antragstellung zulässig. Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 1 EG VOB/A, für den gem. § 2 Nr. 3 VgV in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.186.000,00 € gilt. Bei den verfahrensgegenständlichen "Estricharbeiten - geschliffener Estrich" handelt es sich um ein Teilgewerk der Gesamtbaumaßnahme "Neubau Bibliothek xxxxxx" auf dem Campus der Hochschule xxxxxx in xxxxxx. Wird, wie im vorliegenden Fall, die Gesamtbaumaßnahme in Losen ausgeschrieben, so gilt gem. § 3 Nr. 6 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. Euro je Los oder bei Losen unterhalb von 1 Mio. Euro deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Die Antragsgegnerin hatte die Kosten für die zu vergebenden Estricharbeiten ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks - Stand: 16.05.2014 - auf 243.000,00 € geschätzt. Die Kosten für die Gesamtbaumaßnahme hat sie auf über 6 Mio. Euro geschätzt. Zwar erreichen weder der im Vergabevermerk dokumentierte geschätzte Auftragswert noch der Wert des einzigen im inzwischen aufgehobenen Vergabeverfahrens gewertete Angebotswert für das verfahrensgegenständliche Los den Teilschwellenwert von 1 Mio. Euro. Die Antragsgegnerin hat das verfahrensgegenständliche Los jedoch EU-weit im offenen Verfahren gem. § 3 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen als zuständige Stelle für das Nachprüfungsverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat die Antragsgegnerin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Antragsgegnerin, dass sie das verfahrensgegenständliche Los nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Nr. 6 VgV zuordnet, für welche das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.05.2002, Verg 7/02; Beurskens in: Hattig/Maibaum, Kartellvergaberecht, § 2 VgV, Rdnr. 19, m. w. N.). Der Wert des verfahrensgegenständlichen Loses steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.

Die Antragstellerin war auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hatte und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, in dem sie vorträgt, sie sei als ein auf das Schleifen von Estrich spezialisiertes Unternehmen vergaberechtswidrig daran gehindert worden, sich mit einem Angebot an der inzwischen aufgehobenen Ausschreibung zu beteiligen, weil die Antragsgegnerin es entgegen § 97 Abs. 3 Abs. 2 GWB und § 5 EG Abs. 2 Satz 2 VOB/A unterlassen habe, die Leistung getrennt nach den Fachlosen "Estricharbeiten (Verlegen)" und "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung)" auszuschreiben. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 102 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtssprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet und darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB VergabeR, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2006 - X ZB 14/06). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorgetragen hat, dass sie sich bei einer aus ihrer Sicht gebotenen, nach Fachlosen getrennten Ausschreibung der Estricharbeiten mit einem aussichtsreichen Angebot an der Ausschreibung hätte beteiligen können.

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben am xxxxxx.2014 Kenntnis von der am xxxxxx.2014 in Supplement zum EU-Amtsblatt bekannt gemachten Ausschreibungen erlangt. Bereits mit Anwaltsschreiben vom 28.05.2014 rügte sie die aus ihrer Sicht vergaberechtswidrige Gesamtvergabe der Estricharbeiten und verlangte von der Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 06.06.2014, dieser Rüge abzuhelfen. Die nur innerhalb eines Kalendertages nach Kenntniserlangung von der Ausschreibung abgesetzte Rüge erfolgte ohne Weiteres unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.

Der ursprüngliche Nachprüfungsantrag war somit zulässig.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrages gem. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist weiterhin, dass sich das Nachprüfungsverfahren vor Entscheidung der Vergabekammer erledigt hat. Dies ist vorliegend der Fall. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB spricht von einer Erledigung durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder von einer Erledigung in sonstiger Weise.

Das Nachprüfungsverfahren hat sich vorliegend durch Aufhebung erledigt. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Nachprüfungsverfahren mit Schriftsatz vom 23.06.2014 erklärt, dass sie das Vergabeverfahren gem. § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ("andere schwerwiegende Gründe") mangels wirtschaftlichen Ergebnisses aufgehoben hat. Die prognostizierten Kosten gem. Kostenberechnung für das Gewerk Estricharbeiten - geschliffener Estrich - lägen deutlich unter den submittierten Kosten. Diese Mehrkosten könnten innerhalb der Gesamtmaßnahme nicht ausgeglichen werden. Es sei nicht beabsichtigt, ein neues Verfahren für geschliffenen Estrich durchzuführen. Mit Schriftsatz vom 26.06.2014 hat die Antragsgegnerin dazu näher ausgeführt, dass nur ein einziger Bieter ein Angebot abgegeben habe, das rd. xxxxxx € über der Kostenprognose liegt. Es sei deshalb nicht mehr beabsichtigt, ein neues Verfahren für geschliffenen Estrich durchzuführen. Der Architekt sei vielmehr aufgefordert worden, kostenneutrale Alternativen zu entwickeln. Die Antragsgegnerin hat damit endgültig von der ausgeschriebenen Leistung Abstand genommen. Daraufhin hat auch die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 02.07.2014 ihren ursprünglichen Nachprüfungsantrag vom 17.06.2014 für erledigt erklärt und nunmehr gem. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB beantragt, im Rahmen des Fortsetzungsfeststellungsverfahrens festzustellen, dass die Antragstellerin dadurch, dass die Antragsgegnerin die Estricharbeiten (Verlegen und Schleifen) im Wege einer Gesamtvergabe und nicht in Fachlosen ausgeschrieben hat, in ihren Rechten verletzt ist. Mit diesem Antrag hat sie zulässigerweise das ursprüngliche Nachprüfungsverfahren auf ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren umgestellt.

Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt nach überwiegender Auffassung jedoch als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - Verg 8/12, zitiert nach ibr-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2005 - Verg 70/04; Maier in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage, § 114, Rdnr. 75). Nach der Rechtssprechung kann ein Feststellungsinteresse beim Vorliegen eines jeden Interesses rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art bejaht werden, welches geeignet ist, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereich zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder zu mildern (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2011 - Verg 2/11; OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010 - 13 Verg 1/10). Ein solches Feststellungsinteresse kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Feststellungsantrag der Vorbereitung einer Schadensersatzforderung dient (vgl. Maier, a. a. O., Rdnr. 75). Die rechtskräftige Entscheidung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats entfaltet für einen solchen Sekundäranspruch gem. § 124 GWB ausdrücklich Bindungswirkung. Doch reicht auch eine drohende Wiederholungsgefahr (vgl. Maier, a. a. O., § 114 GWB, Rdnr. 83) oder ein Rehabilitationsinteresse (vgl. Brauer in: Ziekow / Völlink, VergabeR, § 114 GWB, Rdnr. 84). Sinn der Feststellung ist es in allen Alternativen, den Bieter nicht um die Früchte des von ihm angestrengten Nachprüfungsverfahrens zu bringen (OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - Verg 8/12).

Die Antragstellerin hat ihren Fortsetzungsfeststellungsantrag auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gestützt. Sie hat dargelegt, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin diese bereits während des Vergabeverfahrens beraten und für die Antragstellerin eine Rüge gegenüber der Antragsgegnerin ausgesprochen haben. Im Falle der Feststellung des Vergabeverstoßes durch die Vergabekammer stehe der Antragstellerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin bezüglich der von ihr getätigten Aufwendungen für die Beauftragung ihrer Bevollmächtigten gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB i. V. m. § 124 Ab. 1 GWB zu. Sie verweist diesbezüglich auf die Entscheidung des BGH vom 09.06.2011 - X ZR 143/10, wonach im Vergabeverfahren Rücksichtnahmepflichten der Vergabestelle gegenüber dem Bieter nach § 241 Abs. 2 BGB bestehen, deren Verletzung den Schadensersatzanspruch eines Bieters auf das negative Interesse begründen. Hat sich der Antragsteller auf die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen berufen, darf dieser Anspruch nicht ausgeschlossen bzw. nicht völlig aussichtslos sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 04.02.2009 - Verg 47/08). Grundsätzlich jedoch prüfen die Vergabekammer und der Vergabesenat nicht die Erfolgsaussichten von beabsichtigten Schadensersatzansprüchen (OLG Naumburg, Beschluss vom 02.03.2006 - 1 Verg 1/06). Vorliegend ist auf der Grundlage des Vortrages der Antragstellerin nicht ausgeschlossen, dass eine Schadensersatzklage beim zuständigen ordentlichen Gericht im Hinblick auf die im Vorfeld des Nachprüfungsverfahrens entstandenen Anwaltskosten Aussicht auf Erfolg hat. Die Antragstellerin hat daher ihr Feststellungsinteresse begründet.

Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob die Antragstellerin - wie von ihr geltend gemacht - ihr Fortsetzungsfeststellungsinteresse weiterhin auch damit begründen kann, dass sie infolge der Rechtssprechung des BGH, Beschluss vom 25.01.2012 - X ZB 3/11, wonach eine Erstattung notwendiger Aufwendungen der Beteiligten bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung des Nachprüfungsverfahrens ausscheidet, ihre Kosten für die Hinzuziehung des Bevollmächtigten nur im Wege des Fortsetzungsfeststellungsverfahrens nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB durchsetzen kann (so VK Lüneburg, Beschluss vom 31.05.2011 - VgK 14/2011; VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.10.2012 - VK-SH 28/12; Gause in: Willenbruch / Wieddekind, Vergaberecht, 3. Auflage, 11. Los, § 114 GWB, Rdnr. 12; a. A. VK Bund, Beschlüsse vom 24.05.2004 - VK 2-22/4 und vom 29.12.2004 - VK 2-136/03 sowie Maier, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage, § 114, Rdnr. 85, 86).

Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist daher zulässig (vgl. Maier in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage, § 114 GWB, Rdnr. 76 ff., 83).

2. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

Die Antragstellerin ist durch die einheitliche Vergabe der verfahrensgegenständlichen Estricharbeiten nicht in ihren Rechten i. S. der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 2 GWB verletzt. Die Antragsgegnerin war vorliegend nicht gehalten, die Estricharbeiten geteilt nach Fachlosen und damit so auszuschreiben, dass sich die Antragstellerin als ausschließlich auf Schleifarbeiten spezialisiertes Unternehmen auch ohne Eingehung einer Bietergemeinschaft mit anderen, Estrich ausführenden Unternehmen, am Vergabeverfahren beteiligen kann. Die Entscheidung ist sowohl mit § 97 Abs. 3 GWB als auch mit der inhaltlich identischen Regelung des § 5 EG Abs. 2 Satz 1 u. 2 VOB/A vereinbar.

Gemäß § 97 Abs. 3 GWB sind mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art und Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen danach zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs für die seinerzeitige GWB-Novellierung 2009 bezweckte die Bundesregierung mit der Neufassung der Mittelstandsklausel eine Stärkung des Mittelstandsschutzes (vgl. BT-Drucksache 16/10117 vom 13.08.2008, zu Nr. 2 (§ 97) a; Kus in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage, § 97, Rdnr. 48 ff., 54). In der bis zum 23.04.2009 geltenden Fassung war in § 97 Abs. 3 GWB lediglich geregelt, dass mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Sach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen sind. Ausweislich der Begründung der Bundesregierung beklagten trotz dieser Regelung in der Altfassung mittelständische Unternehmen die vielfach wenig mittelstandsgerechte Ausgestaltung der Auftragsvergabe. Die Bündelung von Nachfragemacht und die Zusammenfassung teilbarer Leistungen seien zunehmende Praxis. Die Mittelstandsklausel des § 97 Abs. 3 GWB sollte daher lt. Begründung des Gesetzesentwurfs vom 13.08.2008 in ihrer Wirkung verstärkt werden. Dies sollte dadurch verwirklicht werden, dass eine Losvergabe grundsätzlich stattzufinden hat. Nur in begründeten Ausnahmefällen könne davon abgewichen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Sofern öffentliche Auftraggeber nach dieser Vorschrift verfahren, haben sie aktenkundig zu begründen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BT-Drucksache 16/10117 vom 13.08.2008, zu Nr. 2 (§ 97) a).

§ 97 Abs. 3 GWB enthält keinen bloß allgemein gehaltenen Programmsatz, sondern ein konkretes Gebot an den Auftraggeber mit einem korrespondierenden, subjektiven Bieterrecht auf Beachtung der Losvergabe (vgl. Kus, a. a. O., § 97 GWB, Rdnr. 65). Der Begriff der Fachlose und Teillose kommt originär aus dem Bereich der Bauvergaben und nicht aus dem Dienstleistungsbereich. Lose sind Gewerke bzw. Bauleistungen verschiedener Handwerks- und Gewerbezweige. § 5 EG Abs. 2 Satz 2 und 3VOB/A wiederholt insoweit die identische, mittelstandsfördernde Regelung des § 97 Ab. 3 GWB. Welche Leistungen zu einem Fachlos gehören, bestimmt sich nach den gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemein oder regional üblichen Abgrenzung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2000, Verg 10/07). Dabei ist stets auch zu untersuchen, ob sich für spezielle Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat (vgl. Kus, a. a. O., § 97 GWB, Rdnr. 84 ff.). Allein die tatsächlich-technische Möglichkeit, dass mehrere Abschnitte einer Leistung auch von verschiedenen Personen oder Unternehmen erbracht werden können, begründet noch nicht das Vorliegen eines Fachloses (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 16.09.2013 - 1 Verg 5/13, zitiert nach VERIS). Unter einem Fachlos versteht man eine Teilleistung, die marktüblich von einem Unternehmen ausgeführt wird, das zu einem bestimmten Handwerks- oder Gewerbezweig gehört. Die Abgrenzung bestimmt sich zunächst nach den gewerberechtlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der allgemein oder regional üblichen Arbeitsteilung. Dies schließt ein, dass es auch innerhalb einer Branche eine weitere fachliche Aufgliederung geben kann. Die Losvergabe ist allerdings kein Selbstzweck, sondern soll möglichst vielen Unternehmen die Teilnahme an einem Vergabeverfahren ermöglichen. Von wesentlicher Bedeutung ist deshalb, ob ein Anbietermarkt mit Fachunternehmen existiert, die sich auf eine bestimmte Tätigkeit spezialisiert haben und ohne eine Losvergabe keinen Zugang zu öffentlichen Aufträgen hätten. Die bloße Existenz derartiger spezialisierter Fachunternehmen allein genügt jedoch nicht. Es muss vielmehr eine hinreichend große Anzahl von Fachunternehmen geben, damit jeder öffentliche Auftraggeber, der Lose bildet, diese auch jederzeit im Wettbewerb vergeben kann (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 16.09.2013 - 1 Verg 5/13).

Vorliegend ist unstreitig, dass sich außer der Antragstellerin inzwischen auch weitere Unternehmen auf das Schleifen von Estrich oder anderen Oberflächen spezialisiert haben. Auch auf der Grundlage des Vortrages der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 11.01.2012 - Verg 52/11 kann nach Auffassung der Vergabekammer jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der auf das Schleifen von Estrich spezialisierten Fachunternehmen derartig groß und damit der Schleifermarkt derartig bereits etabliert ist, dass i. S. der zitierten Rechtssprechung des OLG Koblenz jeder öffentliche Auftraggeber, der entsprechende Teillose bilden würde, diese auch jederzeit in einem den Anforderungen des § 97 Ab. 1 GWB genügenden, hinreichend großen Wettbewerb vergeben kann. In der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung vom 11.01.2012 hat das OLG Düsseldorf über ein Vergabeverfahren entschieden, in dem Unterhalts- und Glasreinigungsarbeiten für öffentliche Gebäude (vor allem Schulgebäude und Kindergärten) gemeinsam ausgeschrieben wurden. Die zu reinigenden Flächen betrugen rd. 87.000 m2 bei der Grundreinigung und rd. 24.600 m2 bei der Glasreinigung, die jeweils zweimal jährlich durchzuführen waren. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Unterhalts- und Glasreinigungsarbeiten getrennt hätten ausgeschrieben werden müssen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Glasreinigungsarbeiten Gegenstand eines eigenen Fachloses sind, weil sich für diese speziellen Reinigungsarbeiten mittlerweile ein eigener Markt etabliert habe. Die Gebäudereinigung in organisatorischer Hinsicht, im Hinblick auf Qualifikation und Entlohnung des eingesetzten Personals sowie im Marktauftritt und in der Wahrnehmung der Marktgegenseite teile sich in zwei voneinander getrennte Fachbereiche der Glas- und Unterhaltsreinigung auf. Das Segment der Unterhaltsreinigung werde im Wesentlichen von den großen Unternehmen der Branche abgedeckt, die zum Teil ausschließlich in diesem Bereich arbeiteten, zum Teil neben der Unterhaltsreinigung durch eigene, von der Unterhalts- und anderen Spezialreinigungssparten getrennte Abteilungen auch Glasreinigungsarbeiten durchführten. Dagegen beschränkten sich die in der Branche tätigen Kleinunternehmen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit im Allgemeinen ausschließlich auf die Glasreinigung. Aber auch bei Unternehmen, die beide Bereiche durch eigenes Personal anbieten, seien die Bereiche im allgemeinen organisatorisch getrennt, weil Dienstleistungen eigenständig akquiriert, beauftragt und durch unterschiedlich qualifiziertes und entlohntes Personal ausgeführt werden.

Die dergestalt flächendeckend, bundesweit vorhandene konsequent getrennte Ausrichtung der Reinigungsbranche hinsichtlich der Segmente der Unterhaltsreinigung einerseits und der Glasreinigung andererseits lässt sich jedoch - zumindest bislang noch - nicht auf die vorliegend verfahrensgegenständliche Ausführung von Estricharbeiten übertragen. Die Antragstellerin hat zum Nachweis des Bestehens eines spezialisierten Estrichschleifermarktes in ihrem Rügeschreiben vom 28.05.2014 auf die Internetadresse http:\\wir-schleifen-deutschland.de/unsere-dienstleister verwiesen. Auf dieser Seite sind bislang nur insgesamt 20 spezialisierte Firmen mit Postleitzahl benannt. Demgegenüber finden sich auf den gemeinsamen Internetauftritt der Gebäudedienstleister (http:\\www.die-gebäudedienstleister.de/service-fuer-gebaededienstleister/gebaededienstleister-suche) ein Vielfaches an verzeichneten Firmen für beide Teilleistungen. Dort sind gesamt 869 Firmen vertreten, die Glasreinigung anbieten und 823 Firmen, die Unterhaltsreinigung anbieten. Beide Sachverhalte sind daher vorliegend nicht vergleichbar. Man kann daher zumindest derzeit noch nicht feststellen, dass sich bundesweit eine derart große Zahl auf das Schleifen von Estrich spezialisierten Firmen etabliert hat, als dass man bereits von einem eigenen Gewerk sprechen kann und von einer gem. § 97 Abs. 3 Satz 1 u. 2 GWB und § 5 EG Abs. 2 VOB/A gebotenen Aufteilung der Estricharbeiten in die Fachlose "Estricharbeiten (Verlegen)" und "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung)". Die Antragstellerin hat dementsprechend auch selbst vorgetragen, dass das "Schleifen" ein verhältnismäßig "junges Gewerk" ist.

Gegen die Annahme eines dem Reinigungsgewerbe vergleichbaren, etablierten Gewerks des "Estrichschleifens" spricht auch die Tatsache, dass weder eine entsprechend spezielle DIN existiert noch eine eigene Erwähnung in den Gewerbeverzeichnissen der Handwerksordnung vorliegt. Die Schleifarbeiten als besondere Oberflächenbehandlung sind nach wie vor als besondere Leistung Teil der Estricharbeiten nach DIN 18351 eingeordnet (vgl. Nr. 4.2.20 der VOB/C). Die Handwerksordnung (HwO) in ihrer aktuellen Fassung führt unter Anlage B (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungsfreie Handwerke oder handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können - § 18 Abs. 2 HwO) unter der lfd. Nr. 3 das Gewerbe der Estrichleger aus und geht insoweit nach wie vor von einem einheitlichen Gewerk aus. Eine etablierte, flächendeckende und getrennte Ausrichtung des Anbietermarktes im Bereich von Estricharbeiten in Betriebe, die sich nur auf das Verlegen des Estrichs und solche, die sich nur auf Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung) von Estrich spezialisiert haben, ist zurzeit daher noch nicht festzustellen.

Aber selbst wenn der Antragstellerin unterstellt, dass man bereits derzeit von einem eigenen Gewerk "Estrichschleifarbeiten" sprechen kann, ist ein Auftraggeber nicht in jedem Fall gezwungen, beide Teilleistungen getrennt nach eigenen Fachlosen auszuschreiben. Gerade weil es sich bei der Mittelstandsklausel des § 97 Abs. 3 GWB um ein Regel-Ausnahme-Prinzip handelt, ist der Auftraggeber nicht in allen Fällen gezwungen, seinen Beschaffungsbedarf durch eine losweise Vergabe zu decken. Vielmehr sieht § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB ausdrücklich vor, dass mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben werden dürfen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

Ausgangspunkt für die Prüfung, ob ein Auftraggeber im Einzelfall berechtigt ist, seinen Beschaffungsbedarf als Gesamtvergabe auszuschreiben, ist nach wie vor der Grundsatz, dass nach der Rechtssprechung allein der öffentliche Auftraggeber den Gegenstand der Beschaffung definiert. Grundsätzlich steht es jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser, den autonomen bestimmten Zwecken entsprechenden Gestalt den Wettbewerb zu öffnen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2009 - VII-Verg 43/09; Beschluss vom 17.11.2008, VII Verg 52/08; OLG Jena, Beschluss vom 22.06.2006, Az.: 9 Verg 2/06 = NZBau 2006, Seite 735 ff., 736). Die vergaberechtlichen Vorschriften und damit auch § 97 Abs. 3 GWB und § 5 EG Abs. 2 VOB/A schränken den Auftraggeber lediglich in der Frage ein, wie er seinen Beschaffungsbedarf decken darf. Das OLG Jena hat in seinem Beschluss vom 07.06.2007, Az.: 9 Verg 3/07, diesen Grundsatz noch einmal hervorgehoben und betont, dass der öffentliche Auftraggeber deshalb grundsätzlich alleine darüber befinden muss, welchen Umfang die zu vergebende Leistung im Einzelnen haben und ob ggf. mehrere Leistungsuntereinheiten gebildet werden, die gesondert zu vergeben und vertraglich abzuwickeln sind.

§ 97 Abs. 3 Satz 2 GWB, der eine Gesamtvergabe zulässt, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern, setzt eine zweistufige Prüfung voraus. Auf der ersten Stufe ist festzustellen, ob die ausgeschriebene Leistung eine Aufteilung in Teil- oder Fachlose ermöglicht. Maßgeblich hierfür sind die mit dem Beschaffungsprojekt verfolgten Ziele und Zwecke im Rahmen einer funktionalen Betrachtung. Auf der zweiten Stufe ist zu untersuchen, ob im Einzelfall die Vermeidung erheblicher Nachteile die Gesamtvergabe rechtfertigt. Dabei muss ggf. schon auf der ersten Stufe eine losweise Vergabe ausscheiden, wenn sie für das Projekt keinen Sinn macht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010 - 13 Verg 4/10, zitiert nach ibr-online = BauR 2010, 1282, NZBau 2010, 715; VergabeR 2010, 661; OLG Jena, Beschluss vom 06.06.2007 - 9 Verg 3/07, zitiert nach ibr-online). Ergibt die Prüfung auf der ersten Stufe, dass die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden könnte, so ist nach dieser Rechtssprechung, aber auch erst dann, auf der zweiten Stufe der dann erforderlich werdenden Einzelfallabwägung zu untersuchen, ob die Vergabestelle sich auf besondere Gründe stützen könne, wonach sie zur Vermeidung üblicher Nachteile dennoch von einer losweisen Vergabe absehen dürfe. Der Mittelstandsschutz und der Grundsatz der Chancengleichheit kleinerer Unternehmen stößt an seine Grenze, wenn der Auftraggeber sein Beschaffungsziel und damit seine eigenen Interessen nur in Gestalt einer Gesamtvergabe erreichen kann. Die Notwendigkeit dieses Projektes bleibt stets entscheidend. Der öffentliche Auftraggeber muss grundsätzlich seine konkreten Beschaffungswünsche nicht zurückschrauben und Beschaffungsvarianten wählen, die alleine eine Losaufteilung zulassen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.2002, Az.: 1 Verg 2/02 = NZBau 2002, Seite 699 ff. 703).

Wenngleich diese Entscheidung des OLG Jena noch auf der Grundlage der bis zum 23.04.2009 geltenden Altfassung des § 97 Abs. 3 GWB getroffen wurde, sind die dortigen Prüfungsmaßstäbe und Begründung nach Auffassung der Vergabekammer nach wie vor richtig und geeignet, die Frage der Zulässigkeit einer Gesamtvergabe auch unter Berücksichtigung der aktuellen Fassung des § 97 Abs. 3 GWB zu prüfen und zu beantworten. Insbesondere die Grundentscheidung, dass die Beschaffungsidee selbst nach dem Vergaberecht nicht weichen muss und dass eine Losaufteilung nicht gefordert werden kann, wenn sie für das Projekt keinen Sinn macht, ist nach wie vor richtig.

Die mit der Neufassung des § 97 Abs. 3 GWB bezweckte Stärkung des Mittelstandsschutzes gebietet es jedoch, dass der öffentliche Auftraggeber seine Entscheidung für eine Gesamtvergabe mit technischen und wirtschaftlichen Gründen belegen muss und Prüfung und Begründung seiner Entscheidung in einer den Anforderungen des § 20 EG VOB/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert.

Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat sich die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall im Rahmen des ihr nach wie vor eingeräumten vergaberechtlichen Ermessens gehalten, als sie sich entschieden hat, die verfahrensgegenständlichen Estricharbeiten als einheitliches Los und nicht getrennt nach den Fachlosen "Verlegen des Estrichs" und "Schleifarbeiten (Oberflächenbearbeitung und -veredelung)" auszuschreiben. Die Antragsgegnerin, vertreten durch das mit dem Projekt beauftragte Staatliche Baumanagement xxxxxx, hat in der Vergabeakte in einem Vermerk vom 16.05.2014 (Anlage 111.1) dokumentiert, warum sie den geschliffenen Estrich im Foyer als einheitliches offenes Verfahren und nicht aufgeteilt nach Losen ausgeschrieben hat. Sie hat ihre Erwägungen wie folgt ausgeführt:

"Der geschliffene Estrich im Foyer soll als europaweites offenes Verfahren ausgeschrieben werden. Aus technischen Gründen wird auf eine Aufteilung nach Losen verzichtet. Neben hoher Rissarmut und der geforderten Druckfestigkeit ist eine gleichmäßige Kornverteilung wichtig, da höchste Anforderungen an den Estrich in seiner Oberfläche und seiner Oberflächenvergütung gestellt werden.

Bei getrennter Vergabe beider Lose (Verlegen + Schleifen) kann die Ebenheit des Estrichs, allerdings nicht die gleichmäßige Korngrößenverteilung geprüft werden. Dies lässt sich erst nach dem Anschleifen der Fläche feststellen. Bei möglichen Unregelmäßigkeiten oder gar Mängeln wäre nicht klar nachvollziehbar, ob diese auf das Verlegen oder das Schleifen des Estrichs zurückzuführen sind. Die Zusammenfassung beider Leistungen erfolgt, um das Endprodukt technisch einwandfrei zu erstellen und den Verursacher möglicher Mängel eindeutig zu identifizieren."

Die Vergabekammer teilt auch gerade unter Zugrundelegung der nach der Rechtssprechung des OLG Celle und des OLG Jena erforderlichen Zwei-Stufen-Prüfung zunächst die Auffassung der Antragstellerin, dass eine Aufteilung der Estricharbeiten in ein Fachlos "Verlegen des Estrichs" und ein weiteres Fachlos "Schleifarbeiten" nicht bereits auf der ersten Stufe der Prüfung ausscheidet, denn eine solche Aufteilung wäre nicht i. S. der Entscheidung des OLG Jena vom 23.04.2009 sinnwidrig. Da das Verlegen des Estrichs vor dem Schleifen notwendigerweise abgeschlossen sein muss, wäre ja z. B. auch denkbar, dass das Estrich verlegende Unternehmen sich für die reinen Schleifarbeiten eines Subunternehmers bedient, wobei das verlegende Unternehmen dann aber eben als einziger Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber für das gesamte Werk verantwortlich und ggf. haftbar bleibt.

Die Erwägungen und Begründungen der Antragsgegnerin tragen jedoch bei der auf der zweiten Stufe durchzuführenden Prüfung vorliegend die Entscheidung für eine Gesamtvergabe, weil eine Abnahme des Werks vorliegend erst nach Durchführung der Schleifarbeiten Sinn macht und die Antragsgegnerin im Falle einer Schlechtleistung dann vor dem Problem steht, den Verursacher möglicher Mängel zu ermitteln und in Anspruch zu nehmen. Die von der Antragsgegnerin geschilderten Probleme bei der Verursacherermittlung und Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gehen deutlich über den mit einer Losaufteilung generell vorhandenen Mehraufwand hinaus, den der Gesetzgeber bei der Schaffung des Angebots der Losaufteilung und damit der Wahrung der mittelständischen Interessen eindeutigen Regel/Ausnahmeprinzips in § 97 Abs. 3 GWB als zumutbar in Kauf genommen hat. Auch die Vergabekammer verkennt nicht, dass der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwand sowie eben auch ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen eine Gesamtvergabe für sich allein nicht schon grundsätzlich rechtfertigen, solange es sich dabei um ein Fachlosvergaben immanenten und damit typischerweise verbundenen Mehraufwand handelt, der nach dem Zweck des Gesetzes grundsätzlich in Kauf zu nehmen wäre (so aktuell VK Bund, Beschluss vom 09.05.2014 - VK 1-26/14, zitiert nach ibr-online).

Vorliegend kann die Verursacherermittlung im Falle einer Schlechtleistung beim Endprodukt "geschliffener Estrich" im Falle einer Aufteilung in ein Los "Verlegearbeiten" und ein weiteres Los "Schleifarbeiten" aber derartig schwierig werden, dass der Antragsgegnerin die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen in unzumutbarer Weise erschwert oder im Extremfall sogar unmöglich gemacht wird. Dabei teilt die Vergabekammer die Auffassung der Antragstellerin, dass für die von der Antragsgegnerin ausdrücklich angestrebte Rissarmut und Druckfestigkeit durch Gewährleistung einer gleichmäßigen Kornverteilung in erster Linie die fachgemäße und sorgfältige Ausführung der Estrichlegearbeiten maßgeblich ist. Die angestrebte gleichmäßige Kornverteilung muss jedoch nach den Vorgaben der Antragsgegnerin in den Ausschreibungsunterlagen auch beim Endprodukt und damit beim angeschliffenen Estrich vorhanden sein. Die Antragsgegnerin hat in Ergänzung ihres Vergabevermerks vom 16.05.2014 mit ihrem Schriftsatz vom 10.07.2014 nachvollziehbar erläutert, dass auch der Prozess des Schleifens maßgeblichen Einfluss auf die optisch gleichmäßige Kornverteilung hat. Die gewünschte homogene Optik wird eben nicht nur dadurch erreicht, dass die Kornverteilung im Estrich selbst homogen ist. Voraussetzung ist vielmehr auch, dass der Anschliff bis zur Mitte des Korns geführt wird. Wird beim Schliff die Mitte des Korns nicht erreicht oder überschritten, führt dies ebenso zu optischen Mängeln wie eine an der Oberfläche des ungeschliffenen Estrichs in homogene Kornverteilung. Wollte man also bei einer nach Fachlosen getrennten Ausschreibung der Estricharbeiten feststellen, ob der Estrichleger seine Arbeit vertragsgemäß durchgeführt hat, so müsste vor Durchführung der Schleifarbeiten das Gewerk "Estrich legen" in der Weise abgenommen bzw. zum Schliff freigegeben werden, wenn der Estrich unter seiner Oberfläche homogene Kornstruktur nachweislich aufweist. Die Antragsgegnerin hat überzeugend dargelegt, dass eine solche Feststellung am verlegten, aber eben noch nicht geschliffenen Estrich nicht zerstörungsfrei feststellbar ist. Die innere Struktur des verlegten Estrichs kann eben erst dann festgestellt werden, wenn auch die Schleifarbeiten durchgeführt wurden.

Die von der Antragstellerin geforderte, nach Gewerken getrennte Ausschreibung, würde somit im Falle der Schlechtleistung für die Antragsgegnerin bei dem Nachweis der Verursachung einen derartig hohen Mehraufwand mit sich bringen, der über den typischerweise mit der gewerkeweisen Ausschreibung von § 97 Abs. 3 GWB in Kauf genommenen höheren Aufwand bei Gewährleistungen weit hinaus geht. Im Extremfall könnte die erfolgreiche Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen sogar unmöglich gemacht werden.

Die Antragsgegnerin hat sich daher im Rahmen ihrer durch § 97 Abs. 3 GWB und § 5 EG Abs. 2 Satz 1 u. 2 VOB/A eingeräumten Einschätzungsprärogative gehalten, als sie sich entschieden hat, die Estricharbeiten als Gesamtauftrag auszuschreiben. Nach wie vor ist die damit verbundene Ermessensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Ermessensfehlbetätigung, namentlich auch Willkür, beruht. Der öffentliche Auftraggeber als Nachfrager hat durch seine Ausschreibungen nicht bestimmte Märkte oder Marktteilnehmer zu bedienen. Vielmehr bestimmt allein der Auftraggeber im Rahmen der ihm übertragenen öffentlichen Aufgaben den daran zu messenden Beschaffungsbedarf und die Art und Weise, wie dieser gedeckt werden soll. Er muss Ausschreiben nicht so zuschneiden, dass sich bestimmte Unternehmen - auch wenn dies für sie von wirtschaftlichem Vorteil ist - daran beteiligen können (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2009 - VII-Verg 27/09, m. w. N.).

Die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung für eine Gesamtvergabe ist daher vorliegend vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Da sich im vorliegenden Fall die Antragstellerin in Ermangelung der von Ihr begehrten losweisen Ausschreibung mit keinem eigenen Angebot beteiligen konnte, kann der Gegenstandswert nicht nach der Angebotssumme bemessen werden, die ihrem wirtschaftlichen Interesse an der Teilleistung des "Estrichschleifens" entspricht. Es wird daher eine Gebühr in Höhe xxxxxx festgesetzt.

Die Gebührenermittlung erfolgt grundsätzlich anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gründe für eine Ermäßigung der Gebühr noch unter die Mindestgebühr gemäß § 128 Abs.2 Satz 1, 2. Hs. GWB liegen nicht vor.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag keinen Erfolg hatte, weil der Antrag unbegründet ist.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IBAN: xxxx

xx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Schulte
Magill