Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 04.01.2012, Az.: VgK-54/2011
Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit von Nachverhandlungen i.R.d. Vergabeverfahrens bei unvollständigen Angebotsunterlagen; Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung und Transparenz
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 04.01.2012
- Aktenzeichen
- VgK-54/2011
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 16514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 98 GWB
- § 101a GWB
- § 107 GWB
- § 114 GWB
- Art. 3 GG
In dem Nachprüfungsverfahren der
xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragstellerin -
gegen
xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragsgegnerin -
Beigeladen:
Bietergemeinschaft der Firmen
xxxxxx
und der
xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren "Planung, Bau und Zwischenfinanzierung für den Neubau des xxxxxx in der Stadt xxxxxx"
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Wesemann, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Rainer Prokop auf die mündliche Verhandlung vom 02.12.2011
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird bei fortgesetzter Beschaffungsabsicht verpflichtet, das Ausschreibungsverfahren in den Stand vor der Aufforderung zum 2. indikativen Angebot zurückzuversetzen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 4.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Nach EU-Vorinformation am xxxxxx.2010 hat die Stadt xxxxxx mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 als Auftraggeberin einen Dienstleistungsauftrag für "Planung, Bau und Zwischenfinanzierung für den Neubau des xxxxxx als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnehmerwettbewerb ausgeschrieben. Gegenstand der ausgeschriebenen Leistung sind Planung und Neubau eines Schulgebäudes mit ca. 5.000 m2 Nutzfläche auf Basis einer funktionalen Leistungsbeschreibung. Zum Leistungsumfang gehören auch der Abbruch eines vorhandenen Schulgebäudes, die Herstellung von Außenanlagen und die Bauzwischenfinanzierung. In der Bekanntmachung wird darauf hingewiesen, dass besonderer Wert auf die Errichtung eines funktional optimierten Schulgebäudes gelegt wird. Nebenangebote sind nicht zugelassen. Für das Vergabeverfahren nahm die Antragsgegnerin Dienstleistungen der Fa. xxxxxx in Anspruch.
Mit Angebotsaufforderung vom xxxxxx.2011 erhielten die fünf im Teilnahmewettbewerb erfolgreichen Bewerber die mehrteiligen Vergabeunterlagen.
Nach den Erläuterungen in Kapitel A6 "Leistungsgegenstand" im Teil A der Vergabeunterlagen soll die bestehende Realschule durch einen Neubau ersetzt werden. Außerdem soll eine Treppenanlage zwischen der xxxxxx und der Campusfläche als Hauptzugang zum xxxxxx entstehen. Die Planungs- und Bauleistungen werden funktional über eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm ausgeschrieben. Erwartet werden alle Leistungen im Bereich Bau-, Gebäudetechnik sowie alle üblichen landschaftsgärtnerischen Maßnahmen. Sind nach dem Verständnis des Bieters zur vollständigen Leistungserbringung/zum Werkerfolg weitere Leistungen bzw. Teilleistungen zu erbringen, die nicht in den Ausschreibungsunterlagen explizit erwähnt sind, so hat er diese Leistungen im Rahmen des Angebots gesondert aufzuführen, entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung zu machen und mit Kosten auszuweisen. Im Rahmen des gestuften Verhandlungsverfahrens sollen Anpassungen des den Vergabeunterlagen (im Teil D1) beigefügten Vertragsentwurfes ermöglicht werden, um eine optimierte Lösung in Abstimmung mit dem Bieter zu erlangen. Für die beschriebenen Gesamtmaßnahmen ist vom Bieter eine Finanzierung zu strukturieren und bereitzustellen. Die Finanzierung soll die Bauzwischenfinanzierung beinhalten.
Unter A9. "Ablauf des Vergabeverfahrens" wird u.a. vorgegeben:
"Der Ablauf des ... Vergabeverfahrens wird voraussichtlich in folgende Phasen und Schritte unterteilt:
1.
Die ausgewählten Bieter erhalten mit diesen Unterlagen die Verdingungsunterlagen, um auf dieser Grundlage zunächst ein erstes indikatives Angebot (Planen, Bauen und Finanzieren) zu unterbreiten. Die Stadt xxxxxx hat eine Investitionskostenobergrenze von 12,5 Mio. € (brutto) für die Gesamtbaukosten (inkl. Bauzwischenfinanzierungskosten) festgelegt. Es ist verbindlich anzugeben, ob unter Berücksichtigung der in den Vergabeunterlagen genannten Anforderungen an die Qualität und den Umfang der zu vergebenden Leistung diese Investitionskostenobergrenze unterschritten werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist vom Bieter anzugeben, unter welchen Voraussetzungen (z. B. Flächenreduzierungen der Außenanlage oder anderer Einschränkungen bzgl. der Anforderungen der Vergabeunterlagen gemäß Kapitel D4) die Investitionskostenobergrenze unterschritten werden kann.
....
2.
Nach Eingang der ersten indikativen Angebote wird mit den Bietern, die ein vergabekonformes und ausreichend erfolgversprechendes indikatives Angebot unterbreitet haben, auf Basis dieser Angebote, klärende und ansonsten weiterführende Gespräche geführt. Es werden nur Haupt- und Nebenangebote erörtert, die bei Ablauf der Angebotsfrist vorlagen.
3.
Die anschließenden Verhandlungen dienen der abschließenden Verhandlung und
Aufklärung der Angebotsinhalte. Dazu werden bei Bedarf verschiedene Bietergespräche geführt und die Abgabe (überarbeiteter) zweiter indikativer Angebote gefordert.
4.
Der oder die Bieter, die ausweislich der Verhandlungen und der Konkretisierung ihrer zweiten indikativen Angebote die Aussicht auf Unterbreitung des wirtschaftlichsten
Angebotes haben, werden zur Legung eines verbindlichen Angebotes aufgefordert.
....
6.
Die abschließende Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes erfolgt anhand der mitgeteilten Bewertungsmatrix. Dabei werden die jeweiligen verbindlichen Angebote mit den Leistungsbestandteilen Planung/ Bau/ Finanzierung vollständig bewertet.
....
9.
Dauer und Intensität der Verhandlungen werden im Wesentlichen von der Qualität der Angebote und der sich daraus ergebenden Wettbewerbssituation bestimmt.
10.
Der Auftraggeber behält sich vor, den oben erläuterten Ablauf zu ändern, sofern dafür aus seiner Sicht wichtige Gründe vorliegen."
Unter A23. werden die Bieter informiert über die beabsichtigte Wertung nach den Kriterien "Preis", "Qualität der Bauleistung" und "Ästhetik der Bauleistung" mit jeweils zwei Unterkriterien. Insgesamt sollen 100 Punkte vergeben werden, hiervon
für das Kriterium "Preis" insgesamt 60 Punkte,
für das Kriterium "Qualität der Bauleistung" 20 Punkte und
für das Kriterium "Ästhetik der Bauleistung" 20 Punkte.
Bei Wertung des Kriteriums "Preis" soll der niedrigste Projektkostenbarwert die Maximalpunktzahl erhalten, die Punktzahl für die übrigen Angebote richtet sich nach der Größe ihrer Abweichungen vom niedrigsten Projektkostenbarwert.
Zur Kriteriengruppe "Qualität Bauleistung" wird unter A23.2. darauf hingewiesen, dass
die in den Vergabeunterlagen beschriebene Leistung vollumfänglich umzusetzen ist und die dort festgelegten Anforderungen als Mindeststandard zu gelten haben. Dort, wo die funktionale Ausschreibung ein Gestaltungsspielraum zulässt, soll die angebotene Qualität der Leistung und der angebotene Zusatznutzen bewertet werden. Zur Wertung der Unterkriterien "Funktionalität und Flexibilität der Gebäudeplanung und Flächengestaltung" und "Technischer Wert" soll anhand des Angebotes festgestellt werden, ob dieses die jeweils gestellten Anforderungen unterdurchschnittlich, durchschnittlich oder optimal erfüllt. In gleicher Weise soll die Wertung des Kriteriums "Ästhetik Bauleistung" mit den Unterkriterien "Planungs- und Gestaltungskonzept Gebäude und Außenbereich" und "Planungs- und Gestaltungskonzept Innenbereich" erfolgen.
Kapitel A14 enthält für Nebenangebote folgende Vorgaben:
"Technische Detaillösungen, die von den vorgesehenen Anforderungen an die Bau- und Gebäudetechnik (Kapitel C4) abweichen, dürfen angeboten werden, wenn sie dem geforderten Niveau in Bezug auf Funktionalität, Langlebigkeit, Sicherheit und Gebrauchsfähigkeit gleichwertig sind und alle Leistungen umfassen, die zu einer einwandfreien technischen Ausführung der bau- und gebäudetechnischen Leistung erforderlich sind. Soweit ein Bieter alternative Leistungen anbietet, werden von ihm im Nebenangebot entsprechende eindeutige und erschöpfende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen verlangt. Die Abweichung muss im Nebenangebot eindeutig bezeichnet sein. Die Gleichwertigkeit ist im Nebenangebot nachzuweisen. Die Abgabe von Nebenangeboten für abweichende technische Detaillösungen sind mit der Abgabe eines Hauptangebotes zugelassen.
Nebenangebote, die zur Reduzierung der Gesamtkosten führen, sind erwünscht."
Im Teil B Kapitel 11 wird vorgegeben, dass von den Inhalten des Bauwerkvertrages einschließlich seiner Vertragsanlagen abgewichen werden kann. Inhaltliche Änderungen des Bauwerkvertrages einschließlich seiner Vertragsanlagen werden als Nebenangebote gewertet. Abweichungen zum Nachteil des Auftraggebers sind aber zu begründen und gesondert darzustellen. Zulässig sind insbesondere die Auftraggeberin besser stellende Vertragsbestimmungen, Konkretisierungen sowie redaktionelle Änderungen.
Die technische Leistungsbeschreibung in Teil C enthält die Projektbeschreibung, die allgemeinen und spezifischen Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen, die Bau- und Qualitätsbeschreibung, sowie Hinweise zu den Vorgaben in Raumprogramm und Raumbuch.
Teil D regelt in Kapitel 4.1 für die Zusammenstellung der Preise u.a. folgendes:
"Es ist verbindlich anzugeben, ob unter Berücksichtigung der in den Vergabeunterlagen genannten Anforderungen an die Qualität und den Umfang der zu vergebenden Leistung der Bauwerklohn von 12,5 Mio. € (Gesamtkosten (brutto) des Projektes inkl. Zwischenfinanzierungskosten) unterschritten werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist vom Bieter anzugeben, unter welchen Voraussetzungen (z. B. Streichung von Räumen oder anderen Einschränkungen bzgl. der Anforderungen der Vergabeunterlagen) der Bauwerklohn von 12,5 Mio. € unterschritten werden kann.
Folgende Reduktionsmöglichkeiten werden vom Auftraggeber vorgeschlagen:
a)
Reduzierung im Bereich der Außenanlage
- Flächenreduzierungen der Parkplatzanlage an der xxxxxx
- Flächenreduzierung der Sportfreiflächen
b)
Reduktion der Qualitäten
- Reduzierung der festgelegten Mindestqualitäten gemäß Teil C der Vergabeunterla-
gen."
Zur Submission am xxxxxx.2011 waren vier 1. indikative Angebote eingegangen.
Mit Schreiben vom 30.06.2011 wurden Antragstellerin und Beigeladene als erfolgreichste Bieter zum zweiten indikativen Angebot aufgefordert. Beide Angebotsaufforderungen enthalten neben identischen allgemeinen Anforderungen an die Angebotsbeschreibung individuelle angebotsspezifische Hinweise und unter Ziffer 5 "Darstellung von Nebenangeboten" ebenfalls individuelle Aufforderungen zu Nebenangeboten.
Beide gaben fristgerecht ein Angebot ab. Am 18.08.2011 fanden mit Antragstellerin und Beigeladener gesonderte Bietergespräche zum zweiten indikativen Angebot statt.
Mit Schreiben vom 23.08.2011 wurden Antragstellerin und Beigeladene schließlich zur Abgabe eines verbindlichen Angebotes bis zum 12.09.2011 aufgefordert. Auch diese Angebotsaufforderungen enthalten neben identischen allgemeinen Anforderungen an die Angebotsbeschreibung individuelle angebotsspezifische Hinweise und unter Ziffer 5 "Darstellung von Nebenangeboten" wiederum individuelle Aufforderungen. Auch für die verbindlichen Angebote wurden die mit der ersten Angebotsaufforderung versandten, lediglich durch die Bieterinformationen modifizierten Vergabeunterlagen als maßgeblich vorgegeben.
Die 3-stufige Wertung der verbindlichen Angebote wurde in der Vergabeakte anhand von tabellarischen Bewertungsbögen dokumentiert. In der Bewertungsstufe 1 wurden die Angebote formal und auf Vollständigkeit geprüft. Wann diese Prüfung durchgeführt wurde, ist nicht erkennbar. In der Bewertungsstufe 2 erfolgte die Bewertung funktionaler und ästhetischer Anforderungen. Diese Bewertungsbögen tragen in der Fußzeile das Datum 05.10.2011. In ihnen ist vermerkt, ob das jeweilige Angebot insgesamt 168 Merkmale der Ausschreibung erfüllt oder nicht. Ein Kreuz in der Spalte "nein" wurde für die Beigeladene bei insgesamt 14 Merkmalen und für die Antragstellerin bei insgesamt 17 Merkmalen gesetzt.
Bereits am 27.09.2011 wurde die Beigeladene für den 30.09.2011 zu einem Aufklärungsgespräch eingeladen. Im Protokoll über das am 30.09.2011 geführte Gespräch wird auf S. 6 zum weiteren Vorgehen vermerkt:
"Dem Bieter wurde mitgeteilt, dass noch ein juristisches Aufklärungsgespräch zum Bauwerkvertrag zu führen ist.
.......
Wie schon in Teil A der Vergabeunterlagen mitgeteilt, erfolgt nach abschließender Prüfung der Angebotsunterlagen durch die Vergabestelle und den Berater die Bewertung der verbindlichen Angebote gemäß der dargestellten Bewertungsmatrix."
Nach Maßgabe des Protokolls vom 10.10.2011 fand das juristische Aufklärungsgespräch am 07.10.2011 statt.
In der Bewertungsstufe 3 erfolgte schließlich die Bewertung gemäß der dargestellten Bewertungsmatrix. Diese Bewertungsbögen sind in der Fußzeile mit dem 12.10.2011 datiert.
Nach Maßgabe der Bewertungsmatrix haben bei den Kriterien "Qualität" und "Ästhetik" der Bauleistung die Antragstellerin und beim Kriterium "Preis" die Beigeladene die Höchstpunktzahl erreicht. Im Bewertungsbogen für das Kriterium "Preis" ist vermerkt, dass für beide Bieter Nebenangebote gewertet worden sind, in den Bewertungsbögen für die Kriterien "Qualität" und "Ästhetik" ist hierzu nichts vermerkt.
Die Dokumentation der Wertung lässt nicht erkennen, ob die Einhaltung der Mindestanforderungen der Ausschreibung und ob und mit welchem Ergebnis die Nebenangebote geprüft worden sind. In die Wertung eingestellt wurde für beide Bieter lediglich ein Nebenangebot zur Verlängerung der Bauzeit.
In der Gesamtwertung liegt das Angebot der Beigeladenen mit 83,96 Punkten vor dem Angebot der Antragstellerin mit 82,90 Punkten.
Mit Informationsschreiben vom 27.10.2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll, da ihr Angebot mit 82,90 Punkten nicht das wirtschaftlichste Angebot gewesen sei.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 rügte die Antragstellerin Verstöße gegen das Gebot zur Gleichbehandlung und Transparenz. Hierzu trug sie vor, nach dem Ergebnis der Ausschreibung müsse das Angebot der Beigeladenen einen drastischen Preisvorteil vor ihrem eigenen Angebot haben. Ein solcher sei aber nur mit einer deutlichen Absenkung der baulichen Qualität und einer erheblich schlichteren Architektur denkbar. Damit lägen bereits keine vergleichbaren Angebote vor. Bei den mit ihr geführten Verhandlungen hätten Qualität und Ästhetik im Vordergrund gestanden, wobei die Antragsgegnerin nie habe erkennen lassen, dass zur Kosteneinsparung auch Abstriche bei Qualität und Ästhetik akzeptiert werden würden. Ihr Angebot halte den vorgegebenen Budgetrahmen ein. Die Antragsgegnerin habe sie auch in dem Glauben belassen, dass das Angebot preislich in Ordnung sei.
Anlass für die Annahme einer Ungleichbehandlung sehe sie im Rückblick z.B. in der Tatsache, dass im letzten Aufklärungsgespräch von der Antragsgegnerin Minderkosten im Falle eines Einsatzes eines Wärmedämmverbundsystems abgefragt worden seien. Sie gehe davon aus, dass hierüber mit der Beigeladenen erörtert worden sei. Sie selbst dagegen sei von der Antragsgegnerin angehalten worden, diese preisgünstige Variante nicht im verbindlichen Angebot darzustellen. Sie habe den Eindruck, dass der Beigeladenen Varianten zur Erzielung eines Preisvorteils eingeräumt wurden, während mit ihr nicht über kostengünstigere Ausführungen, sondern ausschließlich über qualitative Optimierungen ihres Angebotes beraten worden sei. Schließlich sei ihr bekannt geworden, dass - vergaberechtswidrig - nach Abgabe der finalen Angebote und ausschließlich mit der Beigeladenen ein weiteres Verhandlungsgespräch geführt worden sei. Sie forderte die Antragsgegnerin auf, die mitgeteilte Entscheidung zurückzunehmen und die Wertung zu wiederholen.
Mit Schreiben vom 02.11.2011 wies die Antragsgegnerin die Rügen der Antragstellerin zurück. Bereits bei Kenntnis der mit den Vergabeunterlagen übersandten Bewertungsmatrix habe der Antragstellerin klar sein müssen, mit welchem Gewicht Preis, Qualität und Ästhetik der Bauleistung in die Wertung eingehen. Die Antragstellerin habe diese Vorgaben nicht dahin gehend verstehen können, dass der Zuschlag auf ein Angebot erteilt wird, welches die festgelegte Kostenobergrenze mit einem Maximum an Qualität unterschreite. Das zu bezuschlagende Angebot der Beigeladenen enthalte einen Preisvorteil, der aber nicht mit einer deutlichen Absenkung der Qualität und Ästhetik einher komme. Beide Angebote erfüllten den in den Vorgabeunterlagen festgelegten Mindeststandard und seien deshalb auch vergleichbar.
Durch die Zurückweisung einer Ausführung der Fassade als Wärmedämmverbundsystem werde die Antragstellerin in der Wertung nicht benachteiligt, denn die höhere Punktzahl bei der Bewertung des Kriteriums Preis hätte die wegen Abwertung geringere Punktzahl bei den qualitativen Kriterien nicht ausgeglichen. Mit der Beigeladenen hätten auch keinerlei weitere Verhandlungen, sondern es hätte lediglich ein zulässiges technisches Aufklärungsgespräch stattgefunden.
Mit Schreiben vom 03.11.2011 wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Unter Verweis auf ihre Rüge vom 28.10.2011 beanstandete sie den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen als vergaberechtswidrig, da die Antragsgegnerin bei ihrer Verhandlungsführung und Angebotswertung gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Transparenzgebot verstoßen habe. Im Ergebnis habe sie nicht vergleichbare Angebote gewertet. Nach den Vorgaben der Ausschreibung habe die Antragsgegnerin von den Bietern ein qualitativ hochwertiges und architektonisch anspruchsvolles Angebot zur Errichtung der neuen Schule zu einem Angebotspreis von max. 12,5 Mio. € erwartet. Eine Unterschreitung dieses Preises wurde gewünscht, allerdings nur, wenn die in den Vergabeunterlagen genannten Anforderungen an die Qualität eingehalten werden. In den mit der Antragstellerin geführten Bietergesprächen habe die qualitative Optimierung des Angebotes im Vordergrund gestanden, zur Optimierung ihres Angebotspreises sei sie nicht aufgefordert, hieran sogar gehindert worden. So habe die Antragsgegnerin beispielsweise ein Angebot für eine kostengünstigere Fassade mit Wärmedämmverbundsystem ausdrücklich abgelehnt. Auch habe die Antragsgegnerin gefordert, Mehrkosten in Höhe von 30.000 € für die Umplanung der Fluchttreppen in ihren - hierdurch gestiegenen - Angebotspreis einzukalkulieren. Obwohl schon nach Vorlage des zweiten Angebotes klar gewesen sein musste, dass die Antragstellerin ohne Änderung ihres Preises nicht das beste Angebot würde abgeben können, habe die Antragsgegnerin sämtliche Initiativen zur Reduzierung ihres Angebotspreises scheitern lassen.
Im Ergebnis habe ihr Angebot bei den qualitativen Kriterien die volle Punktzahl erhalten, wurde beim Preis aber abgewertet. Das Angebot der Beigeladenen müsse einen drastischen Preisvorteil gegenüber ihrem eigenen Angebot aufweisen. Vorstellbar sei dies nur durch die Absenkung der baulichen Wertbeständigkeit und eine erheblich schlichtere Architektur.
Schließlich sei das Verfahren auch dahin gehend zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin nach Abgabe der verbindlichen Angebote allein mit der Beigeladenen weitere Verhandlungen geführt habe und es sei nicht auszuschließen, dass deren Angebot erst hierdurch zum wirtschaftlichsten Angebot gemacht wurde. Die Antragsgegnerin habe sich in den Vergabeunterlagen zwar Änderungen des vorgesehenen Verfahrensablaufs vorbehalten. Die Gründe für derartige Änderungen müsse sie ggf. in der Vergabeakte dokumentieren und alle beteiligten Bieter informieren, was hier nicht geschehen sei. Einen irgendwie gearteten wichtigen Grund für Abweichungen von den Vorgaben zur Verhandlung gebe es auch nicht, denn grundsätzlich ist die Verhandlungsphase mit Einreichung der verbindlichen Angebote beendet. Es könne auch kein Aufklärungsbedarf mehr bestehen. Wäre auch mit der Antragstellerin weitere Verhandlung geführt worden, hätte sie Optimierungen ihres Angebots vornehmen können. Hieran sei sie durch Nichtaufforderung zu weiteren Verhandlungen gehindert worden.
Im Rahmen der Akteneinsicht habe sich ihr Eindruck, dass die Antragsgegnerin letztendlich nur einen Scheinwettbewerb durchgeführt habe, bestätigt. Im Rahmen der sog. Aufklärungsgespräche habe die Beigeladene Gelegenheit erhalten, ihr offenbar unvollständiges Angebot zu vervollständigen und zu ändern. Auch habe die Beigeladene die Kosten eines Nebenangebotes neu benennen dürfen. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin mit ihren zahlreichen Bestätigungsfragen im Rahmen der sog. Aufklärung der Beigeladenen einen Anstoß und die Möglichkeit zur Änderung ihres Angebotes gegeben. Dies geschah, indem sie sich nachgefragte Leistungen, die im Angebot nicht erkennbar und damit möglicherweise gar nicht Bestandteil des Angebotes waren, als Vertragsinhalt von der Beigeladenen habe zusichern lassen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Beigeladene im Rahmen dieser sog. Aufklärung nochmals gezielte Hinweise zur Optimierung ihres Angebotes bezüglich des Preises und der Termine erhalten habe. Mit ihrem intransparenten und ungleichen Verhandlungsverhalten, insbesondere mit den völlig divergierenden Anforderungen an die Bieter, habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin in die Irre geführt, während sie die Beigeladene faktisch zum Auftrag geführt habe. Schließlich werde sie bereits durch die unzureichende Dokumentation der Wertung in ihren Rechten verletzt. So sei z.B. nicht zu erkennen, ob und ggf. wie die anzubietenden wertungsrelevanten Zusatzqualitäten gemäß Anlage C4 in die Wertung eingegangen sind.
Erst mit Hilfe des juristischen Sachverstandes ihrer zum Nachprüfungsverfahren beauftragten Bevollmächtigten habe sie im Rückblick erkannt, dass Nebenangebote mangels vergabewirksamer Zulassung und Mitteilung von Mindestbedingungen nicht wertbar seien.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen;
- 2.
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;
- 3.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- 4.
der Antragsgegnerin die Kosten des Vergabeverfahrens aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
den Antrag abzulehnen;
- 2.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragsgegnerin notwendig war;
- 3.
der Antragsgegnerin gemäß § 115 Abs. 2 GWB zu gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von 2 Wochen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen.
Sie hält den Antrag für zulässig, aber für unbegründet. Hierzu trägt sie vor, sie habe die für ihr Verhandlungsverfahren bekannt gegebenen Modalitäten stets eingehalten und den rechtlichen Rahmen für ein VOB/A-Verhandlungsverfahren stets beachtet. Mit der Beigeladenen seien lediglich Aufklärungsgespräche geführt worden, die sich in keinerlei Weise auf das Verhältnis der Bewertung der Angebote ausgewirkt haben. Es sei nicht einmal zu "gewichtungsrelevanten Aufklärungen der Angebotsinhalte" der Beigeladenen gekommen. Das Verbot der Nachverhandlungen diene auch dem Schutz des obsiegenden Bieters insoweit, als er nach der einmal getroffenen Feststellung, das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet zu haben, nicht noch einmal einem Drängen, insbesondere einem Preisdruck der Vergabestelle, ausgesetzt werden darf, welches seinen bereits erreichten wirtschaftlichen Erfolg relativiert, wenn nicht gar zunichte macht. Derartige Nachverhandlungen habe es nicht gegeben.
Die Kritik der Antragstellerin an der Angebotswertung sei unbegründet. Sie habe von Anfang an gewusst, dass der Preis mit 60 von 100 Punkten mit höherem Gewicht in die Wertung eingehen würde als die qualitativen Kriterien insgesamt. Die von keinem der Bieter in Frage gestellte Gewichtung der Kriterien sei während des gesamten Verfahrens unverändert geblieben. Die Bekanntgabe einer Investitionsobergrenze habe lediglich dazu gedient, die Bewerber davon abzuhalten, erfolglose Angebote zu erstellen. Das Verhandlungsverfahren diene dazu, jeden Bieter dabei zu unterstützen, das möglichst wirtschaftlichste Angebot zu legen. Die Vergabestelle habe daher von Anfang an alle Bieter im Verhandlungsdialog dabei unterstützt, ihren Mitteln und ihren Preiszugeständnissen entsprechend, optimale Angebote zu unterbreiten. Im Rahmen dieser Verhandlungen habe sie der Antragstellerin nachdrücklich empfohlen, auf den Einsatz eines Wärmedämmverbundsystems zu verzichten, dies aber nur deshalb, weil die hierdurch bewirkte Preisreduktion in keinem Verhältnis gestanden hätte zu der damit einhergehenden Abwertung bei den qualitativen Kriterien. Soweit den Bietern unterschiedliche Vorgaben für die Angebotsüberarbeitung gegeben worden seien, sei dies ihren unterschiedlichen planerischen Ansätzen geschuldet. Es sei gerade nicht Ziel der Ausschreibung gewesen, die angebotenen Planungskonzepte im Wege der Verhandlungen aneinander anzugleichen. Insgesamt habe sie beiden Bietern nur zu solchen Optionen geraten, die sich entsprechend positiv auswirkten, und einen Verzicht auf solche Optionen nahe gelegt, bei denen die Wertungsvorteile einer Preisreduktion geringer waren als die Wertungsnachteile bei den übrigen Kriterien.
Auch wenn die Antragstellerin zutreffend vorträgt, dass das zu bezuschlagende Angebot gegenüber dem Angebot der Antragstellerin qualitativ und ästhetisch abfällt, werde die Vergleichbarkeit beider Angebote hierdurch nicht in Frage gestellt, weil beide Angebote aufgrund der jeweiligen Einhaltung der Mindeststandards wertbar und miteinander vergleichbar seien.
Die Beigeladene beantragt
den Antrag abzulehnen.
Sie unterstützt den Vortrag der Antragsgegnerin.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 02.12.2011 und vom 15.12.2011 gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 05.01.2012 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 02.12.2011 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und überwiegend begründet.
Die Antragsgegnerin hat gegen das Gebot zu Gleichbehandlung und Transparenz verstoßen. Es ist nicht erkennbar, dass vergleichbare Angebote gewertet worden sind. Die Antragsgegnerin hat in den Vergabeunterlagen für ihr Verhandlungsverfahren zwar Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen gestellt, diese aber im Laufe der Verhandlungsrunden nicht präzisierend fortgeschrieben. Im Ergebnis fehlt es an einheitlichen und klaren Qualitätsstandards zur Sicherung einer Vergleichbarkeit der Angebote. In der Vergabeakte ist auch nicht dokumentiert, dass die Angebote bezüglich der Erfüllung von Mindeststandards überprüft worden sind. Statt der Vorgabe einheitlicher Grundlagen zur Angebotserarbeitung hat die Antragsgegnerin in ihre Aufforderungen zur Angebotsabgabe z.T. wertungsrelevante unterschiedliche Forderungen und Anregungen aufgenommen. Auf eine Bekanntgabe von Zwischenergebnissen hat sie verzichtet. Mit ihrer nicht transparenten individuellen Einflussnahme auf die Gestaltung der Hauptangebote und die Vorlage von Nebenangeboten hat sie die Chancengleichheit der Bieter, ein erfolgreiches Angebot abzugeben, beeinträchtigt, den Bietern eigene Handlungsspielräume für die Angebotserstellung genommen und damit den Wettbewerb beeinträchtigt. Vor Abschluss der Angebotswertung und Entscheidung über den Zuschlag hat sie schließlich vergaberechtswidrige Nachverhandlungen mit der Beigeladenen geführt.
Anzuwenden ist vorliegend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung. Gemäß § 6 der Vergabeverordnung in der Fassung vom 12.05.2011 (VGV) ist die VOB/A in der Fassung vom 31. Juli 2009 zu beachten.
1.1 Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Stadt xxxxxx ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB. Gemäß § 100 Abs. 1 GWB gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Der Wert des streitbefangenen Auftrags beträgt nach der Schätzung der Antragsgegnerin 12.500.000 € brutto und damit 10.504.201 € netto. Dieser Auftragswert überschreitet die maßgeblichen Schwellenwerte in§ 2 Nr. 3 und 6 der Vergabeverordnung (VgV), sodass die Zuständigkeit der Vergabekammer gegeben ist.
1.2
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Antragsgegnerin habe gegen des Gebot zur Gleichbehandlung und das Gebot zur Nichtdiskriminierung verstoßen, indem sie einseitig mit der Beigeladenen - nach Abgabe der finalen Angebote - weiter verhandelt und durch gezielte Weitergabe von einzelnen Informationen die Beigeladene begünstigt und die Antragstellerin benachteiligt habe.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Ausschreibung eine Chance auf den Zuschlag hätte.
Die Chance auf einen Zuschlag setzt regelmäßig voraus, dass ein taugliches Angebot, wie im vorliegenden Fall das finale Angebot der Antragstellerin, abgegeben wurde.
Weiterhin fehlt es an der Antragsbefugnis, wenn Gründe, die den Ausschluss der Antragstellerin gemäß § 107 Abs. 2 GWB tragen sollen, evident sind (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.09.2010, 1 U 50/10). Das Angebot der Antragstellerin wurde nicht ausgeschlossen, sondern erhielt in der engeren Wahl des § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A nicht den Zuschlag.
Für die Entscheidung der Antraggegnerin war allein die Punktedifferenz der abschließenden Wertung des Angebotes der Beigeladenen zum Angebot der Antragstellerin maßgebend.
Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, insbesondere, ob die Antragstellerin tatsächlich von der Antragsgegnerin diskriminiert wurde bzw. die Antragsgegnerin die Informationen in der Weise weitergab, dass die Beigeladene gegenüber der Antragstellerin begünstigt werden konnte, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom27.07.2006, VII Verg 23/06).
Nach der Darstellung der Antragstellerin droht ihr durch die behauptete Rechtsverletzung auch ein Schaden zu entstehen. Im Hinblick auf die Funktion des Nachprüfungsverfahrens, den Primärrechtsschutz zu gewährleisten, ist ein Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB dann gegeben, wenn durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß und die damit einhergehende Rechtsverletzung die Aussicht des Antragstellers, den Zuschlag zu erhalten, zumindest verschlechtert worden sein könnte (BVerfG, Beschluss vom 29.07.2004, - 2 BvR 2248/03 -. Dabei reicht es grundsätzlich aus, dass nach der Darstellung eines Antragstellers eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06 -. Dies ist vorliegend der Fall. Der drohende Schaden liegt im Verlust auf den Zuschlag. Denn die Antragstellerin hätte bei nicht diskriminierendem Verhalten bzw. einer Verhandlungsführung im Sinne des § 3a VOB/A ein Angebot erstellen können, das sie zum Auftrag geführt hätte. Die Antragstellerin ist mithin befugt, die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin nachprüfen zu lassen.
1.3
Die Antragstellerin ist auch ihrer "Pflicht" gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen.
Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/02).
Wann die Antragstellerin Kenntnis von den mit der Beigeladenen über das finale Angebot geführten Verhandlungen hatte, kann dahinstehen, denn von der Antragsgegnerin bekam sie hierüber keinerlei Information. Anlass für ihre Rüge war schließlich der aus dem Informationsschreiben gemäß § 101a GWB und weiteren Informationen gezogene Schluss, dass die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen weiterverhandelt und anschließend über den Zuschlag entschieden hat. Die Antragstellerin hat ihre Rüge bereits am auf die Absage folgenden Tag und damit rechtzeitig vorgetragen.
Dem formellen Erfordernis der unverzüglichen Rüge ist damit Genüge getan. Diesem Ergebnis würde auch Entscheidung des EuGH vom 28.01.2010, C- 406/08 nicht entgegenstehen.
Der Nachprüfungsantrag ist somit zulässig.
Der Nachprüfungsantrag ist auch überwiegend begründet.
2.
Die Antragstellerin ist dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Antragsgegnerin die in § 97 Abs. 1 und 2 GWB niedergelegten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und des Wettbewerbs nicht beachtet hat.
2.1
Die Antragstellerin hat im Verfahren bis zur Information nach § 101 a GWB keinen Verfahrensfehler gerügt. Mithin sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erkennbar waren und nicht gerügt wurden, der Begründetheitsprüfung grundsätzlich nicht mehr zugänglich, vgl. § 107 Abs.3 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Im Zeitraum der Wertung, also von der Abgabe des finalen Angebotes bis zur Information nach § 101a GWB, könnte die Präklusion zu Lasten der Antragstellerin nur insoweit eingetreten sein, als die Antragstellerin gerügte Verstöße erkannt und nicht unverzüglich gerügt hat, vgl. § 107 Abs. 3 Nr.1 GWB. In die Zeit der Wertung fallen die Gespräche am 30.09.11 und 07.10.11, die die Antragsgegnerin ohne Kenntnis der Antragstellerin mit der Beigeladenen führte. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung infolge des Begriffs "unverzüglich" unwirksam ist, vgl. OLG Celle Beschluss vom26.04.2010, 13 Verg 4/10, weil die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht über ihre Gespräche mit der Beigeladenen informiert hat. Die Antragstellerin konnte mithin mangels Kenntnis eine Beschwer nicht rügen.
Die Verhandlungen der Antragsgegnerin mit der Beigeladenen vor Erteilung des Zuschlages können also von der Antragstellerin angegriffen werden.
2.2
Auch ein Verhandlungsverfahren hat den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts zu folge, als da sind: Gleichbehandlung, Transparenz und dem Grundsatz des Wettbewerbs.
2.2.1
Der verfassungsrechtlich in Art. 3 GG verankerte Gleichheitsgrundsatz gehört seit jeher zu den elementaren Prinzipien des deutschen Vergaberechts und hat in § 97 Abs. 2 GWB, § 2 Abs. 2 VOB/A und für das Verhandlungsverfahren in § 3a Abs. 3 Nr. 1 VOB/A eine spezifische gesetzliche und vergabeordnungsrechtliche Normierung erfahren. Er ist in allen Phasen des Vergabeverfahrens zu beachten und dient dazu, die Vergabeentscheidung im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs auf willkürfreie sachliche Erwägungen zu stützen (vgl. grundlegend u.a. OLG Saarbrücken,29.05.2002, 5 Verg 1/01 Seite 14 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen).
Daraus folgt, dass die im vorliegenden Fall nur mit der Beigeladenen nach Angebotseröffnung geführten Verhandlungsgespräche unzulässig waren.
Den Verstoß gegen den Kern des Gleichheitsgrundsatzes kann die Antraggegnerin nicht damit rechtfertigen, dass sie sich die Ungleichbehandlung durch entsprechende vorherige Verfahrensbestimmung und letztlich der rügelosen Einlassung der Bieter auf diesen Verfahrensschritt erlaubt.
Die am Ende des Protokolls der Verhandlung über das zweite indikative Angebot enthaltene Bestimmung der Antragsgegnerin, dass sie die abschließende Verhandlung des Bauwerksvertrages ausschließlich mit dem bevorzugten Bieter führen wird, kann die Ungleichbehandlung der Bieter und hier die der Antragstellerin nicht rechtfertigen.
Der Begriff: "bevorzugter Bieter" ist in der VOB/A nicht definiert. Die Antragsgegnerin hat ihn auch nicht näher erläutert. Aus der Sicht eines verständigen Wettbewerbers ist der Verfahrensschritt so zu verstehen, dass der bevorzugte Bieter derjenige Wettbewerbsteilnehmer ist, der nicht nur ein taugliches Gebot abgegeben hat, sondern als Punktstärkster den Zuschlag erhalten soll. Mit diesem Bieter will die Antragsgegnerin vor Zuschlag, abschließend über Einzelheiten des Bauwerksvertrages verhandeln. Diesem Verfahrensschritt, den sich die Antragsgegnerin eingeräumt hat, kommt große, der Absage nach § 101a GWB gleiche Bedeutung zu. Der bevorzugte Bieter wird den Zuschlag erhalten.
Das vergaberechtliche "Grundrecht" auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung gilt auch in diesem Verfahrensschritt, soweit es die besondere Verfahrensbestimmung nicht einschränkt. Im Übrigen darf also die Antragstellerin nicht nur weiterhin auf Gleichbehandlung vertrauen, sondern hat den Anspruch auf Gleichbehandlung. Wenn nun die Bestimmung der Beigeladenen zum bevorzugten Bieter die Wirkung einer Absage an die Antragstellerin hat, muss die Erklärung in der dem § 101a GWB entsprechenden Art und Weise erfolgen; als Information an alle Bieter hier also an die Antragstellerin. Dies hat die Antragsgegnerin unterlassen. Sie hat aus Sicht der Antragstellerin mit der Entscheidung die Beigeladene zum bevorzugen Bieter zu bestimmen und abschließende Verhandlungen zu führen, das Wettbewerbsverfahren ohne Mitteilung an die Antragstellerin zu einem der Antragstellerin unbekannten Zeitpunkt faktisch beendet. Folglich hätte die Antragsgegnerin vor Aufnahme der Verhandlungsgespräche die Absage nach§ 101a GWB an die Antragstellerin senden müssen; was sie allerdings unterließ. Die Absage an die Antragstellerin nach§ 101a GWB folgte hingegen 20 Tage nach dem letzten Verhandlungsgespräch, am 27.10.11. Auf ihr rechtswidrig gesetztes Nachverhandlungsverfahren kann sich die Antragsgegnerin nicht stützen.
Im Übrigen ist das Bevorzugte-Bieter-Verfahren, bei dem der Auftraggeber ein Unternehmen bestimmt und nur mit diesem das Angebot endverhandelt, nicht mehr zulässig. Die grundsätzliche Unzulässigkeit bestimmt sich aus Art. 44 Abs. 4 VKR sowie ihrer Umsetzung in § 3a Abs. 7 Nr. 2 VOB/A. Ausnahmsweise können allerdings dann Verhandlungen mit nur einem Unternehmen begonnen werden, wenn nach sachgerechter Reduzierung der Zahl der Angebote anhand der Zuschlagskriterien lediglich ein geeigneter Bewerber übrig bleibt (vgl. Ingenstau a.a.O. Rdnr. 35 zu § 3a VOB/A). Der bezeichnete Ausnahmefall lag aber zur Zeit des Beginns der Verhandlung nicht vor.
Die Antragsgegnerin hat sich selbst nicht an das eigene rechtswidrige Verfahren gehalten, in dem sie mit der Beigeladenen zu einem Zeitpunkt verhandelte, als sie den bevorzugten Bieter noch gar nicht festgestellt hatte. Im Protokoll des technischen Aufklärungsgesprächs vom 30.09.2011 hielt sie fest:
4. Weiteres Vorgehen
Dem Bieter wurde mitgeteilt, dass noch ein juristisches Aufklärungsgespräch zum Bauwerkvertrag zu führen ist. ....
.
.... Wie schon in Teil A der Vergabeunterlagen mitgeteilt, erfolgt nach abschließender Prüfung der Angebotsunterlagen durch die Vergabestelle und den Berater die Bewertung der verbindlichen Angebote gemäß der dargestellten Bewertungsmatrix. .....
Die nach der Eröffnung der finalen Angebote an zwei Terminen (30.09.11 technisches Aufklärungsgespräch, 07.10.11 juristisches Aufklärungsgespräch) nur mit der Beigeladenen geführten Gespräche waren rechtswidrig.
Auch im Rahmen der Gleichbehandlung geführte Nachverhandlungen sind nur zulässig, um Zweifelsfragen zum Inhalt des Angebotes zu klären, nicht aber unvollständige Angebotsunterlagen zu ergänzen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.09.2003, 2 Verg 8/03). Das grundsätzliche Verbot von Verhandlungen im Rahmen der Aufklärung des Angebotsinhalts erfasst nicht nur die Änderung angebotener Preise, sondern auch Änderungen von für die Vergabe maßgeblichen Bedingungen, wie z.B. der Leistungsbeschreibung, der Qualitätsanforderungen, der Ausführungsbedingungen, der festgelegten Termine, der Gleitklauseln, der Wettbewerbsbedingungen wie Erklärungen und Bescheinigungen (vgl. Kratzenberg in Ingenstau/Korbion VOB Rdnr.: 21 zu § 15 VOB/A).
Soweit die Gespräche lediglich die Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 15 VOB/A bezweckten, wären sie auch ohne die besondere Bestimmung zulässig gewesen. Die erklärte Absicht des Antragsgegners war hingegen, den Bauwerksvertrag mit dem bevorzugten Bieter abschließend zu verhandeln. Eine schlichte Angebotsaufklärung war mithin nicht beabsichtigt und wurde auch nur in geringem Umfang durchgeführt, wie aus den Fragen, Antworten und Protokollen zu entnehmen ist.
Die Antragstellerin hat die Verhandlungen am 30.09.11 und 07.10.11 mit der Beigeladenen geführt. Sie sind im Ergebnis durch die Protokolle dokumentiert. Das technische und planerische Verhandlungsgespräch am 30.09.11 wurde durch eine Zuschrift vom 27.09.11 an die Beigeladene mit 33 Punkten vorbereitet.
Während Fragen wie: Erläutern Sie die Gründe..., Konkretisieren Sie Ihre Angaben...., Welche Art ... verwenden Sie...., Wie gewährleisten Sie.... und Klären Sie die Angaben auf ..., den Willen der Aufklärung bekunden, weisen Formulierungen wie: Wir gehen davon aus, dass..., Gehen wir Recht in der Annahme, dass..., Wir weisen darauf hin, dass..., ... hierfür bedingte Änderungen in der Planung und Ausführung gehen zu Lasten des Bieters, ... liegen in der Risikosphäre des Bieters., Bestätigen Sie , dass...oder ..sollten widersprüchliche Angaben bzw. Unstimmigkeiten zwischen ... gilt die höherwertige, bzw. umfangreichere Angabe, unmittelbar auf den Regelungswillen des Antragsgegners hin. Die Beigeladene überreichte ihre Antworten und Erklärungen der Antragsgegnerin am 29.09.11. Auf die Vorgabe der Antragstellerin: Wir gehen davon aus, dass ... erklärte die Beigeladene oft mit einem schlichten Ja ihre Zustimmung. Anders jedoch bei Punkt 12. Die Vorgabe der Antragstellerin: Wir gehen davon aus, dass... (es folgen 19 Fabrikate) bestätigte die Beigeladene und erklärte dazu: Grundsätzlich sind die Fabrikatsvorgaben des Auftraggebers aus den Ausschreibungsunterlagen und die genannten Fabrikate aus dem verbindlichen Angebot berücksichtigt. Dies genügte offensichtlich der Antragsgegnerin nicht, denn sie protokollierte das Verhandlungsergebnis wie folgt: Dem Bieter wurde aufgezeigt, dass seine Antwort nicht ausreichend ist. Wenn in den Ausschreibungsunterlagen sowie im verbindlichen Angebot keine Richtfabrikate angegeben sind (z.B. Notaustaster und Spannungswächter), so sind diese Produkte als undefiniert anzusehen. Daher ist es wichtig, in einem derartigen Fall auf die Angaben aus dem zweiten oder dem ersten indikativen Angebot zurückzugreifen. Die Reihenfolge ergibt sich wie folgt: 1. Verbindliches Angebot, 2. Zweites indikatives Angebot, 3. Erstes indikatives Angebot. Bei Widersprüchen und Unstimmigkeiten innerhalb der drei Angebote gilt die Reihenfolge wie oben dargestellt. Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie der offene Punkt Nr. 12 (Fabrikatsangaben) ausgehandelt wurde, indem der Wille der Beigeladenen "grundsätzlich" die Fabrikate aus den Ausschreibungsbedingungen und dem verbindlichen Angebot zu liefern auf den Willen des Antragsgegners konkretisiert wird.
Ebenso gibt das Protokoll des juristischen Aufklärungsgesprächs vom 07.10.11 das Ergebnis der geführten Verhandlungen wieder. Mit Schreiben vom 09.09.11 hatte die Beigeladene Änderungswünsche zum Entwurf des Bauwerksvertrages vorgetragen. Als Ergebnis ist festgehalten, dass der Auftraggeber "signalisierte, dass er einigen Änderungen zustimmen könnte." (Es folgt die Aufzählung) "Eine abschließende Prüfung behält sich die Antragsgegnerin vor."
Die Fragen, Antworten und Protokolle geben mithin, wie beabsichtigt, die Verhandlungen zum Bauwerksvertrag wieder.
Die Gespräche sind auch nicht durch die Ausnahme in § 15 Abs. 3 VOB/A zulässig gewesen.
Die Antragsgegnerin führte die Gespräche nicht in der Weise, dass aufgrund des Leistungsprogramms notwendige unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs und daraus sich ergebenden Änderungen der Preise verhandelt wurden.
Die Grundvoraussetzung der genannten Ausnahme, dass es sich um ein Angebot mit Leistungsprogramm handelt, ist bei der in Rede stehenden Ausschreibung erfüllt.
Allerdings ist die Ausnahme auf unumgängliche notwendige technische Änderungen begrenzt. Dies sind Änderungen, ohne die im betreffenden Einzelfall die sachgerechte Ausführung nicht möglich wäre (vgl. Kratzenberg in Ingenstau/ Korbion VOB Rdnr. 24 zu § 15 VOB/A).
Die Antragsgegnerin hat die Ausnahmen nicht dokumentiert. In der Auswertung derjenigen Fragen, die eingeleitet werden durch: Wir gehen davon aus, dass..., Gehen wir Recht in der Annahme, dass..., Wir weisen darauf hin, dass, ... hierfür bedingte Änderungen in der Planung und Ausführung gehen zu Lasten des Bieters, ... liegen in der Risikosphäre des Bieters., Bestätigen Sie , dass...oder ..sollten widersprüchliche Angaben bzw. Unstimmigkeiten zwischen ... gilt die höherwertige, bzw. umfangreichere Angabe zeigen die dort behandelten technischen Themen, dass nicht nur die unumgänglichen technischen Änderungen behandelt werden, ohne die die sachgerechte Ausführung der Schule nicht möglich wäre:
Vollständiger oder teilweiser Ausbau des Behinderten- WC der Lehrlandschaft V; Dämmung der Trinkwasserleitungen im Bereich der Schülerreichweite; Grad der Wärmerückgewinnung nicht unter 80%; Kosten der Planung und Ausführung der Beleuchtung im Fachunterrichtsraum (FUR) Physik; Freie Wahl des AG bei der akzentuierten Beleuchtung im Zentralbereich; Freie Wahl des AG des Lichtkonzepts in der Pausenhallenebene und der FUR'e;
Verbindlichkeit von rd. 23 Herstellern von Elektroinstallationsserien; Übertragung des Brandschutzkonzepts einschließlich des Risikos auf den Bieter; Begrenzung des Inhalts des Nebenangebote Nr.7; Drei Entfaltungsräume im Nebenangebot Nr.8; Vandalismussichere Kameras im Nebenangebot Nr.10; Freie Wahl des AG der Montageplätze beim Nebenangebot Nr.10; keine Erhöhung der Wartungskosten bei den Nebenangeboten Nr.6, 8, 9 und 10; Kunstrasen mit im Hauptangebot; Bestätigung, dass die in den Ausschreibungsunterlagen beschriebenen Qualitäten Anforderungen und Richtfabrikate erfüllt werden und diejenigen des finalen Angebotes nur als Ergänzungen zu verstehen sind. ... Bei Widersprüchen und Unstimmigkeiten soll das höherwertigere und umfangreichere vereinbart sein.
Die Liste zeigt, dass deutlich mehr verhandelt wurde als nur diejenigen technischen Details, die eine sachgerechte Ausführung verhindert hätten.
Im zweiten, dem sog. juristische Aufklärungsgespräch wurden ausweislich des Protokolls keine technischen Details verhandelt, so dass allein daraus die Ausnahme des § 15 Abs.3 VOB/A nicht zur Rechtfertigung bemüht werden kann.
Als drittes Tatbestandsmerkmal darf es sich bei den ausnahmsweise gestatteten Verhandlungen nur um Änderungen geringen Umfangs handeln. Es mag hier dahinstehen, ob die Wertgrenze von 1/3 des Auftragswertes, (vgl. Kratzenberg a.a.O. Rdnr. 25 zu § 15 VOB/A) sowohl angemessen wie überschritten ist, denn die Schwelle der nur gestatteten notwendigen technischen Änderungen ist bereits deutlich überschritten.
Aus alledem folgt, dass die Antragsgegnerin zu einer Zeit, in der ihr die Gleichbehandlung der Bieter aufgegeben war, sich unzulässig allein dem Angebot der Beigeladenen zuneigte und dieser damit die Möglichkeit gab, ihr Angebot vor der Entscheidung über den Zuschlag zu ändern, der noch im Wettbewerb befindlichen Antragstellerin eine solche Möglichkeit aber verweigerte. Der Vergabefehler ist evident, denn das Prinzip der Gleichbehandlung, gegen das die Antragsgegnerin verstoßen hat, dient ausdrücklich dem Schutz der Interessen aller Bieter, mithin der Antragstellerin.
2.2.2
Soweit die Antragstellerin vorträgt, auch durch weitere Vergabefehler aus der Zeit bis zur Eröffnung des finalen Angebotes belastet zu sein, ist zunächst zu prüfen, inwieweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwer nach § 107 Abs. 3 GWB ausgeschlossen ist. Die Antragstellerin hat im Verfahren bis zur Information nach § 101a GWB keinen Verfahrensfehler gerügt. Mithin sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erkennbar waren und nicht gerügt wurden, der Begründetheitsprüfung grundsätzlich nicht mehr zugänglich, vgl. § 107 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 3 GWB.
Soweit die Antragstellerin im Einzelnen vorträgt, durch die Verhandlungsführung in den zwei Verhandlungsrunden gegenüber der Beigeladenen benachteiligt worden zu sein, ist sie nicht präkludiert. Die Präklusion nach § 107 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 setzt voraus, dass der Vergabefehler für die Antragstellerin erkennbar war. Die Erkennbarkeit setzt sich aus zwei Elementen, der Erkennbarkeit in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht, zusammen (vgl. Weyand Vergaberecht Rdnr. 3713 mit weiteren Nachweisen). Erkennbar sind Regelverstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlichen Unternehmen erkannt werden (vgl. Weyand a.a.O Rdnr. 3714).
Die Antragsgegnerin hat mit der Bekanntmachung bzw. in den Angebotsunterlagen eine Wertungsmatrix mitgeteilt, die sie auf die finalen Angebote legen wollte. Weitere Wertungs- und Verfahrenshinweise gab es dann mit dem Protokoll des ersten Bietergesprächs als das erste indikative Angebot mit dem Ergebnis des ersten Bietergesprächs zusammen in den Kategorien Preis, Qualität und Ästhetik mit maximal 90 Punkten bewertet werden sollte, weil die Qualitätsangaben und die Angaben zur Bewertung der Ästhetik nicht vollständig abgefragt wurden. Nach dem zweiten indikativen Angebot und dem zweiten Bietergespräch sollte eine vollständige Bewertung durchgeführt werden. Ergänzend bestimmt die Nr. 7 in A 9 der Vergabeunterlagen, dass der Auftraggeber gemäß § 101a GWB vor Zuschlagserteilung jedem erfolglosen Bieter die Ablehnung seines Angebotes schriftlich mitteilt und über die beabsichtigte Vergabe informiert. Dabei wird auch der Grund für die Vergabeentscheidung mitgeteilt. Die Bieter sollten also vor der begründeten Absage nach § 101a GWB keine Informationen über ihren jeweiligen Punktestand erhalten. Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorträgt, durch die mangelnde Information über ihren Punktestand vor den Verhandlungsrunden belastet zu sein, war diese Lage in tatsächlicher Hinsicht bei der Lektüre der Nr. 7 in A9 Vergabeunterlegen erkennbar. Zur Erkennbarkeit in tatsächlicher Hinsicht, die hier vorliegt, muss aber auch die Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes in rechtlicher Hinsicht hinzutreten. Der Maßstab ist auf die Kenntnisse eines durchschnittlichen Unternehmens begrenzt. Mit jeder der drei Verhandlungsrunden wurde die Detaillierung und mithin die Planungstiefe vergrößert. So erhöhten sich bei den Bietern von Stufe zu Stufe mit dem Aufwand auch die Planungskosten des Verfahrens. Den sich vergrößernden Planungskosten stand lediglich die offensichtlich nicht kostendeckende Aufwandserstattung für den unterlegenen Bieter gegenüber. Nimmt man zum Risiko noch den für den unterlegenen entgangenen Gewinn hinzu, so ergibt dies einen von Stufe zu Stufe steigenden Wettbewerbsdruck. Die VOB/A sucht mit der Bestimmung in § 8 Abs. 8 Nr. 1 VOB/A Abhilfe zu schaffen, dann wenn von den Bewerbern verlangt wird, dass Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen ausgearbeitet werden. Insbesondere in den Fällen des § 7 Abs. 13 bis 15 VOB/A ist einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine angemessene Entschädigung festzusetzen. Die Regelungen des § 7 Abs. 13 bis 15 VOB/A betreffen Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogrammen und sind im vorliegenden Fall durch die Bestimmung in § 8 Abs. 8 Nr. 2 durch die Einbeziehung der freihändigen Vergabe auch auf das hier zu prüfende Verhandlungsverfahren anwendbar. Weyand a.a.O. beschreibt den vom Bieter hinzunehmenden Wettbewerbsdruck in der Rdnr. 6827 unter Bezugnahme auf das OLG Düsseldorf vom 30.01.2003 -I-5U 13/02- wie folgt: Als Anbieter vermag er auch hinreichend sicher zu beurteilen, ob der zur Abgabe seines Angebotes bzw. zur Erlangung des Zuschlages erforderliche Aufwand das Risiko seiner Beteiligung an dem Wettbewerb und zusätzlicher Kosten lohnt. Glaubt er diesen Aufwand nicht wagen zu können, ist aber gleichwohl an dem Auftrag interessiert, so muss er entweder versuchen, mit dem Veranstalter des Wettbewerbs eine Einigung über die Kosten herbeizuführen oder aber von dem Angebot bzw. den zusätzlich geforderten Musterarbeiten absehen und dies den Konkurrenten überlassen, die zur Übernahme dieses Risikos bereit geblieben sind.
Auf den hier zu prüfenden Wettbewerb haben sich die Beteiligten und damit die Antragstellerin durch die gesetzten Verfahrensbestimmungen einstellen können. Hierunter fällt der kalkulierte eigene Aufwand gemessen an dem ausgelobten Entgelt. Wenn nun aber im Verfahren die von der Antragsgegnerin geforderte Detaillierung der Angebote in den Stufen das vorher definierte Maß übersteigt, steigt auch der Aufwand der Antragstellerin über zu kalkulierende Maß hinaus und die Antragstellerin kommt in den hier festzustellenden übermäßigen Wettbewerbsdruck. Augenfällig ist das bereits am offensichtlichen Missverhältnis zwischen dem ausgelobten Entgelt und dem Aufwand der Antragstellerin.
Den Wettbewerbsdruck hätte die Antragsgegnerin beispielsweise durch die Bekanntgabe von Zwischenergebnissen vor jeder Verhandlungsrunde abbauen können. Sie hätte dem Punktschwächeren damit die Möglichkeit gegeben, kostenreduzierend aus dem Verfahren aussteigen zu können. Diese Möglichkeit blieb der Antragstellerin infolge der vorenthaltenen Information versagt. Die Kammer ist der Ansicht, dass die nunmehr für die Antragstellerin eingetretene Lage nicht in der Intensität der Belastung vorhersehbar war. Daher übersteigen die rechtlichen Folgen des fehlerhaften Verhaltens der Antraggegnerin die einem durchschnittlichen Unternehmen zumutbare Erkennbarkeit. Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge der vorenthaltenen Information, wie auch der der unterschiedlichen Information nicht präkludiert.
Auch im Verhandlungsverfahren behalten die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung, sowie der Nichtdiskriminierung ihre Gültigkeit. Zwar unterliegt der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren kaum Verfahrensbeschränkungen, hat sich aber materiell an den Vergabegrundsätzen zu orientieren. So ist er auch im Verhandlungsverfahren verpflichtet, die Bieter gleich zu behandeln. Er muss allen Bietern die gleichen Informationen zukommen lassen und ihnen die Chance geben, innerhalb gleicher Fristen und zu gleichen Anforderungen Angebote abzugeben. Das Transparenzgebot verpflichtet ihn, den Verfahrensablauf - soweit bekannt - mitzuteilen und davon nicht überraschend und willkürlich abzuweichen (vgl. OLG Düsseldorf, 28.05.2003 Verg 15/03).
Dem hat die Verhandlungsführung der Antragsgegnerin in der Zeit bis zur Eröffnung des finalen Angebotes nicht genügt.
In den zwei Verhandlungsrunden, jeweils nach dem ersten und zweiten indikativen Angebot, hat sie mit Aufforderungsschreiben der Antragstellerin und der Beigeladenen jeweils auf die jeweiligen Angebote bezogene, mithin unterschiedliche Hinweise gegeben. Wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung dazu mitteilte, wollte sie die jeweiligen Stärken der Angebote entwickeln.
Hier leidet das praktizierte Verfahren an einem groben Fehler. Durch die individuelle fachliche Diskussion der indikativen Angebote ist bei beiden Bietern das Vertrauen gewachsen, das beste Angebot abgeben zu können. Überraschend und um so tiefer war dann die Enttäuschung der Antragstellerin, unterlegen zu sein.
Die Fassadenausbildung mag als Beispiel dienen. Die Beigeladene trat mit einem preisgünstigen Wärmedämmverbundsystem (WDVS) an, die Antragstellerin hingegen mit einer teureren Klinkerfassade. Beides wurde von der Antragsgegnerin gewertet. Die Klinkerfassade der Antragstellerin wurde qualitativ höher bewertet als das von der Beigeladenen angebotene Wärmedämmverbundsystem. Mit der Aufforderung zur Abgabe des zweiten indikativen Angebotes wurde die Antragstellerin gebeten, ein Nebenangebot für Ausführung Wärmedämmverbundsystem statt Klinker abzugeben. Die Antragstellerin bot daraufhin als sog. gesonderte Kostendarstellung Nr. 9 ein Wärmedämmverbundsystem an.
In der Aufforderung zur Abgabe des finalen Angebotes teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf S. 2 unter Ziffer 2 "Nebenangebote" mit:
"Die im 2. indikativen Angebot eingereichte gesonderte Kostendarstellungen 8, 9, 10, 13, und 16 werden durch die Stadt xxxxxx nicht gewünscht. Die gesonderte Kostendarstellung 7 sowie die Abgabe eines Wartungsvertrages bleiben als Nebenangebot bestehen."
Bei der Beigeladenen wurde weiterhin ein Wärmedämmverbundsystem akzeptiert.
Nach ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 25.11.2011 hatte die Antragsgegnerin hierzu folgende Überlegung angestellt: Der Wegfall der Klinkerfassade hätte bei der Antragstellerin im Bereich des technischen Wertes ein Minus von 3,25 Punkten und im Planungs- und Gestaltungskonzept ein weiteres Minus von 0,95 Punkten, mithin einen Abzug von 4,2 Punkten bewirkt, dem nur ein Wertungsvorteil beim Preis in Höhe von 3,32 Punkten gegenübergestanden hätte.
Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Würdigung zwar dem Detail Fassade Rechnung getragen, aber die Gesamtpreisverantwortung der Antragstellerin nicht berücksichtigt. Die Antragstellerin hat im Rahmen der Vorgaben der Ausschreibung die Freiheit der Angebotsgestaltung und Kalkulation. Die Antragsgegnerin berücksichtigt nicht, dass die Antragstellerin in Ansehung des Wettbewerbs auch Nachlässe insgesamt geben kann, die bei der Abfrage der Minderung bei einem Wärmedämmverbundsystem nicht ausgebracht sind.
Jedenfalls hat die Antragsgegnerin nur mitgeteilt, dass ein WDVS nicht gewünscht wird. Sie hat die Antragstellerin, die diesbezüglich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung vertraut hat, in die Erwartung versetzt, sie werde mit ihrer anspruchsvollen Architektur im Wettbewerb erfolgreich sein; eine fatale Fehleinschätzung der Antragstellerin. Die Fehleinschätzung hat die Antragsgegnerin durch unvollständige mithin mangelhafte Information erzeugt und zu vertreten.
Bei baulichen und vertraglichen wettbewerbsrelevanten Einzelregelungen sind unbedingt gleiche Hinweise zu geben, um gleiche Angebotsgrundlagen zu sichern. Hier also der Hinweis an beide Wettbewerber auf die Zulässigkeit der Fassadenausführung als Wärmedämmverbundsystem. Wird zusätzlich auch noch der jeweilige Gesamtpunktestand als Zwischensumme an beide Wettbewerber und die eigene, individuelle Punkteverteilung mitgeteilt, können sich die Bieter in der kommenden Verhandlungsrunde mit ihren Angeboten darauf einstellen.
Soweit die Antragstellerin rügt, dass die Wertungskriterien intransparent seien, ist dem insoweit zu folgen, als die Auswahl der Kriterien nicht hinreichend dokumentiert wurde. Das Gebot der Transparenz verlangt, dass die vergebende Stelle die Auswahl der Kriterien und deren Merkmale im Vergabevermerk begründet. Nach Durchsicht der Vergabevermerke ist nicht erkennbar, welche einheitlichen und klaren Qualitätsstandards die Antragsgegnerin zur Sicherung einer Vergleichbarkeit der Angebote definiert und dass sie diese den Bietern in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Angebote überhaupt bezüglich der Einhaltung von qualitativen Mindestanforderungen geprüft hat.
3.
Die beschriebenen Mängel der Ungleichbehandlung der Antragstellerin als Bieterin und der Mangel an der Dokumentation sind durch die Rücksetzung des Verfahrens zu heilen. Nach § 114 Abs.1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Es genügt als mildestes Mittel das Verfahren lediglich auf den Stand vor der Aufforderung zum zweiten indikativen Angebots zurückzusetzen. Der Antragstellerin und der Beigeladenen sind bei Fortsetzung der Beschaffungsabsicht jeweils gleiche und objektive Vorgaben zur Erstellung ggf. eines weiteren indikativen Angebots bzw. zur Erstellung eines neuen finalen Angebots zu machen.
4.1
Bei der Neuerstellung sind Fehler des Verfahrens zu heilen, die infolge der Präklusion von der Antragstellerin in diesem Verfahren zwar nicht angegriffen werden können, aber andernfalls die neue Wertung sofort mit Fehlern belasten würden.
Soweit die Antragstellerin die fehlerhafte Wertung der Nebenangebote rügt, ist sie in diesem Verfahren präkludiert. Bei der Neuerstellung mindestens der finalen Angebote wird die Antragstellerin gehindert sein, Nebenangebote in die Wertung zu nehmen, weil sie keine tauglichen Mindestbedingungen vorab definiert hat. Sie bestimmt in A 14 - Nebenangebote -
.... Die in der funktionalen Ausschreibung festgelegten Randbedingungen sind vom Bieter einzuhalten, wie z.B. Standort, Raumprogramm, Fabrikatsvorgaben, barrierefreies Bauen, etc.
Technische Detaillösungen., die von den vorgesehenen Anforderungen an die Bau- und Gebäudetechnik (Kapitel C4) abweichen, dürfen angeboten werden, wenn sie dem geforderten Niveau in Bezug auf Funktionalität, Langlebigkeit, Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig sind und alle Leistungen umfassen, die zu einer einwandfreien technischen Ausführung der bau- und gebäudetechnischen Leistung erforderlich sind. Soweit ein Bieter alternative Lösungen anbietet, werden von ihm im Nebenangebot entsprechende eindeutige und erschöpfende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen verlangt. Die Abweichung muss im Nebenangebot eindeutig bezeichnet sein. Die Gleichwertigkeit ist im Nebenangebot nachzuweisen. ...
Die Antraggegnerin verwendet hier Textteile, die sie der VOB/A entnommen hat, ohne jedoch Mindestbedingungen zu bestimmen. Im Wesentlichen ist hier § 13 Abs.2 VOB/A herangezogen worden, zu dem allerdings der § 16 Abs.7 VOB/A bestimmt, dass in dieser Art ausgefertigte Angebote "wie ein Hauptangebot" zu werten sind. Auch die Zusätze auf die Funktionalität und Langlebigkeit verbunden mit dem Entfallen des Merkmals Gesundheit können nicht bewirken, dass die Bieter Hinweise bekommen, auf welchen Feldern der Leistungsbeschreibung, zu welchen gesetzten Standards sie Alternativen anbieten dürfen. Dies kann die Antragsgegnerin auch nicht dadurch heilen, dass sie, wie in den Gesprächen zum ersten und zweiten indikativen Angebot, individuelle Hinweise gibt, wo sie ein Nebenangebot erwartet. Ein Auftraggeber darf nach § 16a VOB/A nur Nebenangebote werten, die die verlangten Mindestanforderungen erfüllen. Die Anwendung des Gleichbehandlungsprinzips verlangt auch hier, dass die Mindestanforderungen für alle Bieter gleich erklärt werden. Die Kammer weist auch darauf hin, dass die Antraggegnerin in der Bekanntmachung erklärt hat, Nebenangebote seien nicht zugelassen.
Nach geltender Rechtsprechung, vgl. VK Bund 05.06.2003, VK2 42/03, ist einen neue Bekanntmachung erforderlich so der Auftraggeber entgegen der Bekanntmachung nunmehr Nebenangebote zulassen will. Eine Berichtigung der Bekanntmachung ist nicht erfolgt. Die Kammer sieht entsprechend der gegenüber Nebenangeboten kritischen Rechtsprechung, vgl. EuGH 16.10.3003, Rs C-421/01, nicht die Notwendigkeit, in diesem Vergabeverfahren Nebenangebote zuzulassen. Durch die Zurücksetzung erhält die Antragsgegnerin ohnehin die Möglichkeit, den Beschaffungsgegenstand zu konkretisieren, ohne auf Nebenangebote zurückgreifen zu müssen.
4.2
Soweit die Antragstellerin rügt, dass die Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen den beschriebenen Qualitätsstandard abgesenkt bzw. akzeptiert habe, bedürfte dies einer eingehenden Untersuchung. Im Hinblick auf den bereits aufgezeigten Mangel an der Vorgabe einheitlicher Qualitätsstandards und angesichts der vorgenannten Verfahrens- und Wertungsfehler und der daraus zwingend folgenden Rücksetzung des Verfahrens wird darauf verzichtet, auf einzelne Mutmaßungen der Antragstellerin, wie zur Qualität der Lüftung, oder zum Brandschutzkonzept, einzugehen. Jedenfalls liegt ein schwerer Verfahrensfehler dann vor, wenn der Auftraggeber einseitig zugunsten eines Bieters den von ihm definierten Qualitätsstandard nachlässt. Diesem Qualitätsstandard kommt im Vergabeverfahren zentrale Bedeutung zu. Zunächst ist er im an § 7 VOB/A gebundenen Ermessen des Auftraggebers zu erstellen, sodann bindet er den Auftraggeber in der Wertung der Angebote in der Weise, als Angebote, die das Niveau unterschreiten, nicht wertbar sind. Sieht sich der Auftraggeber veranlasst, seine Anforderungen/den Qualitätsstandard mit den Verhandlungsrunden zu präzisieren, ist mindestens vor Abgabe der finalen Angebote der aktuelle Stand der Definition der Qualitäten allen Wettbewerbern bekanntzugeben, um dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu genügen. Die vom Auftraggeber beim Präzisieren zu beachtenden Grenzen liegen einerseits in der Beachtung der Urheber- oder Schutzrechte eines Bieters oder der mangelnden Marktgängigkeit der technischen Qualität, im Sinne einer Wettbewerbsbeschränkung durch ggf. Bezug auf ein Alleinvertriebsrecht eines Bieters. Die Bestimmungen des § 7 VOB/A sind zu beachten.
5.
Unbegründet ist der Antrag insoweit, als sich die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Wertung wendet und verlangt, dass bei Einhaltung der Kostenobergrenze die qualitativen Kriterien ausschlaggebend sein müssen. In Teil A der Vergabeunterlagen hat die Antragsgegnerin die Vorgaben für die beabsichtigte Wertung bekannt gegeben. Damit war bereits zur Abgabe des 1. indikativen Angebote hinreichend klar, dass - unabhängig von der Einhaltung der Kostenobergrenze - der Preis in der Wertung ein erhebliches Gewicht haben wird. Die Antragsgegnerin hat sich weitgehend an die von ihr bekannt gemachten Vorgaben zur Wertung gehalten. Allerdings lassen die der Vergabeempfehlung beigefügten Erläuterungen der Fa. xxxxxx zur Methodik der Auswertung erkennen, dass bei der Beurteilung der qualitativen Kriterien die Bewertungsbreite der Unterkriterien von 3, nämlich +, 0 und -, auf 5 mögliche Wertungsnoten (++, +, 0, -, --) erweitert worden ist. In den Vergabeunterlagen nicht vorgegeben war auch die unter Nr. 2 b) erläuterte Verfahrensweise der Zusammenführung von Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung bei unterteilten Vorgaben. Die anhand eines Beispiels erläuterte Verfahrensweise, wonach bei nicht eindeutigem Ergebnis der Einzelbewertung immer zum Vorteil eines Bieters bewertet wird, führt dazu, dass Bieter mit schlechteren qualitativen Einzelbewertungen bei entsprechender Zusammenführung gegenüber Bietern mit eindeutig positiven Einzelbewertungen bevorzugt werden. Ob die Anwendung dieser Methode in der Gesamtschau zu einem nennenswerten oder gar ausschlaggebenden Wertungsvorteil für die Beigeladene geführt hat, ist nicht eindeutig feststellbar. Es gibt auch Unterkriterien, bei denen diese Regelung für die Antragstellerin von Vorteil war.
III.
Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht der von der Antragsgegnerin geschätzten Auftragssumme und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer unter Berücksichtigung der am 24.04.2009 in Kraft getretenen Änderung des§ 128 Abs. 2 GWB fortgeschriebenen Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Nach dieser Tabelle wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.
Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine
abweichende Entscheidung beantragt wird,
2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.
Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Rohn
Herr Prokop, ehrenamtlicher Beisitzer, kann wegen urlaubsbedingter Abwesenheit nicht selbst unterschreiben Wesemann