Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.04.2010, Az.: 3 U 226/09

Aufklärungspflichten einer Bank im Rahmen einer Anlageberatung über Rückvergütungen für einen Fondserwerb

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.04.2010
Aktenzeichen
3 U 226/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 15465
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0421.3U226.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 14.08.2009 - AZ: 8 O 213/08

Fundstelle

  • ZIP 2010, 1751

Amtlicher Leitsatz

Der Anleger muss über die genaue Höhe (6 % der Nominaleinlage) der von der Fondsgesellschaft aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten an die Bank gezahlten Rückvergütung dann nicht explizit aufgeklärt werden, wenn dieser aufgrund einer Vereinbarung mit der Bank einen Anteil der Rückvergütung (4 % des investierten Eigenkapitals) erhält, die Größenordnung der an die Bank fließenden Kick-Back-Zahlung also in etwa kennt und deshalb deren Umsatzinteresse einzuschätzen vermag.

In dem Rechtsstreit

R. D., ...,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

gegen

X.Bank W., ...,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., der Richterin am Oberlandesgericht ... und der Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. August 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover - 8 O 213/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes Dr. F. D. auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an der M. GmbH & Co. V. KG (im Folgenden M. IV) wegen Verletzung von Aufklärungspflichten des Anlageberatungsvertrages in Anspruch.

2

Der Ehemann der Klägerin (im Folgenden Zedent), der seit 1985 die Firma D. leitet, ein mittelständisches Unternehmen, hat - beraten durch die Beklagte - seit dem Jahr 1996 diverse steueroptimierte Finanzprodukte erworben, um durch die daraus resultierenden Verlustzuweisungen seine Steuerlast zu senken. Am 15. Dezember 2003 führte der Zedent mit dem ihn betreuenden Mitarbeiter der Beklagten D. ein Gespräch über Beteiligungsmöglichkeiten, bei dem ihm mit Blick auf die sich daraus ergebende Verlustzuweisung von 130 % des eingesetzten Eigenkapitals für das Jahr 2003 eine Beteiligung an der M. IV empfohlen wurde. Der Inhalt des Beratungsgespräches ist zwischen den Parteien streitig. Mit Beitrittserklärung vom 15. Dezember 2003 beteiligte sich der Zedent mit nominal 100.000 € an der M. IV, wobei der Beteiligungserwerb - dem Fondskonzept entsprechend - in Höhe von 37.000 € durch einen Kredit der X.Bank K. und der Restbetrag von 63.000 € aus bis Ende Dezember 2003 aufzubringenden Eigenmitteln finanziert wurde (Anlage K 1, Anlagenband Kläger). In dem Beratungsgespräch wurde dem Zedenten der Vermarktungsprospekt der M. IV übergeben (Anlage K 8, Anlagenband Kläger). Zudem unterzeichneten er und der Mitarbeiter der Beklagten D. ein Gesprächsprotokoll über den wesentlichen Gesprächsinhalt (Anlage B 1, Anlagenband Beklagte). Für die Vermittlung der Beteiligung hat die Beklagte 6 % Rückvergütung von der Fondsgesellschaft erhalten, wovon sie wiederum dem Zedenten 4 % bezogen auf seine Bareinlage vergütet hat (vgl. Schreiben vom 28. Mai 2004, Anlage B 2, Anlagenband Beklagte).

3

Entgegen dem Inhalt der u. a. mit Schreiben vom 31. März 2003 (Anlage K 9, Anlagenband Kläger) vom Finanzamt M. erteilten unverbindlichen Auskunft, dass die ´von der Fonds KG zu tragenden Herausbringungskosten für die Kinoauswertung der Filme in Nordamerika sich als Vertriebskosten und damit sofort abzugsfähige Betriebsausgaben qualifizieren´, hat das Finanzamt über den Antrag auf vorläufige Verlustanerkennung für das Jahr 2003 dahingehend entschieden, dass die von der Fondsgesellschaft finanzierten Herausbringungskosten für die Filme nicht als sofortig abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln seien, was dazu führte, dass die Investoren im Jahr 2003 nur eine wesentlich geringere Verlustzuweisung als prognostiziert erhielten (10 % bezogen auf die eigenfinanzierte Einlage), weil die Verluste über die Laufzeit des Fonds (bis 2013) zu verteilen seien (vgl. Schreiben der M. IV an die Anleger vom 29. März 2004, Anlage K 4, Anlagenband Kläger). Da man seitens der M. IV befürchtete, dass das Finanzamt M. auch im Veranlagungsverfahren an der im Glaubhaftmachungsverfahren geäußerten Rechtsauffassung festhalten würde, beschlossen die Anleger in der Gesellschafterversammlung vom 31. August 2004 eine Umstrukturierung der Fondskonzeption. Einzelverwertungsrechte an den Spielfilmen wurden veräußert sowie weitere Verträge aufgelöst. Mit den daraus erzielten Erlösen wurden sämtliche Verbindlichkeiten der Anleger gegenüber der X.Bank K. getilgt und im Übrigen vorab Ausschüttungen an die Anleger geleistet, wovon auf den Zedenten 40.751,39 € entfielen. Im November 2008 ist darüber hinaus eine weitere Ausschüttung vorgenommen worden, von der auf den Zedenten 1.260 € entfielen. An den Erlösen der prospektierten Spielfilme sind die Anleger - über die Fondsgesellschaft - weiterhin beteiligt. Mit Gesellschafterbeschluss haben sich die Anleger im Jahr 2006 dafür ausgesprochen, die Steuerbescheide bestandskräftig werden zu lassen.

4

Mit Abtretungsvertrag vom 1. Juli 2007 (Anlage K 2, Anlagenband Kläger) hat der Zedent alle Ansprüche im Zusammenhang mit seiner Fondsbeteiligung gegenüber der Beklagten an die Klägerin abgetreten. Diese stellte am 27. Dezember 2007 einen Güteantrag bei einer anerkannten Gütestelle (vgl. Anlage K 7).

5

Die Klägerin hat behauptet, dass der Mitarbeiter der Beklagten D. in dem am 15. Dezember 2003 geführten Beratungsgespräch die Verlustzuweisung von 130 % des Eigenanteils im Jahr 2003 als sicher dargestellt habe. Überdies habe er angegeben, dass die Anlage absolut sicher, insbesondere der Rückfluss der Gelder "nahezu" zu 100 % durch Lizenzeinnahmen und Garantien gesichert sei. Verschwiegen habe D. dem Zedenten, in welcher Höhe die Beklagte eine Rückvergütung erhalten habe. Den Inhalt des Gesprächsprotokolls habe der Zedent nicht zur Kenntnis genommen. Die Klägerin hat weiter behauptet, die Beklagte habe das steuerliche Konzept des Fonds nicht hinreichend geprüft, was insbesondere deshalb angezeigt gewesen sei, weil mit der hier gegebenen Finanzierung der Vermarktung von Filmen durch die Fondsgesellschaft gegenüber der bei Medienfonds sonst üblichen Finanzierung der Herstellung von Filmen steuerliches Neuland betreten worden sei. Zudem habe die Beklagte keine ausreichende eigene Plausibilitätsprüfung des steuerlichen Konzeptes vorgenommen. Auf steuerliche Risiken des Fondskonzepts sei im September 2003 bereits in der Fachpresse hingewiesen worden (vgl. Bericht Kapitalmarkt intern vom 18. September 2003, Anlage K 3, Anlagenband Kläger).

6

Die Klägerin verlangt folgenden dem Zedenten durch die Aufklärungspflichtverletzung entstandenen Schaden ersetzt:

Eigenanteil

63.000,00 €

zuzüglich Notarkosten

96,92 €

Zwischensumme

63.096,92 €

abzüglich Kapitalrückerstattung

40.751,39 €

abzüglich erstatteter Rückvergütung

2.520,00 €

gesamt

19.728,61 €

7

Daneben begehrt sie entgangenen Anlagegewinn in Höhe von 4 % ab dem 1. Januar 2004 und Ersatz der mit 2.244,94 € bezifferten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. und zwar Zahlung, soweit diese in Höhe von 1.485,06 € geleistet wurde, sowie hinsichtlich des Restbetrages Freistellung.

8

Dem ist die Beklagte entgegengetreten, die sich darauf beruft, dass der Zedent ein besonders erfahrener Anleger sei. Die behaupteten Zusicherungen ihres Mitarbeiters D. hat sie bestritten. Er habe den Zedenten vielmehr anhand des Prospektes und der darin enthaltenen Risikohinweise ordnungsgemäß über die mit der Anlage im Zusammenhang stehenden Chancen und Risiken aufgeklärt und den tatsächlichen Inhalt des Gesprächs in dem von beiden Beteiligten unterzeichneten Gesprächsprotokoll niedergelegt. D. habe auch darauf hingewiesen, dass eine Änderung der in der unverbindlichen Auskunft des Finanzamts M. mitgeteilten Rechtsauffassung zum Nachteil der Anleger nicht ausgeschlossen werden könne. Ein gegenüber anderen Medienfonds höheres Risiko des M. IV, die Anerkennung durch die Steuerverwaltung nicht zu erhalten, hat sie bestritten. Das Konzept des Vertriebsfonds sei vielmehr schon zuvor erprobt worden, etwa durch den Medienfonds "R." (Anlage B 6, Bl. 70 ff. d. A.), der ebenfalls die Vermarktung von Filmen finanziert habe. Das steuerliche Konzept sei vom Finanzamt M. positiv beurteilt worden ebenso wie das Beteiligungsangebot "M. GmbH & Co. KG". Es könne deshalb von einer in Bezug auf Vertriebsfonds nicht bestehenden Verwaltungspraxis nicht die Rede sein. Eine hinreichende Plausibilitätsprüfung des Fondskonzepts sei durch Fachleute der Y.Bank erfolgt, deren Prüfungsergebnis durch das Gutachten einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 23. Dezember 2003 bestätigt worden sei. Sie vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28. Oktober 2008 - XI ZR 89/07) die Auffassung, zu einer eigenen Plausibilitätsprüfung nicht verpflichtet gewesen zu sein. Der Zedent habe überdies die Höhe der Rückvergütung gekannt und auf dieser Grundlage eine Erstattung von 2/3 derselben ausgehandelt. Einen Schaden hält die Beklagte für nicht gegeben, weil neben den bereits erhaltenen Ausschüttungen weitere zu erwarten seien, bis hin zu der in dem Prospekt - selbst bei einem unterstellten Scheitern des wirtschaftlichen Erfolges der Spielfilme - prognostizierten Erstattung von etwa 82 % der eigenfinanzierten Einlage. Der negativen Bewertung der steuerlichen Konzeption durch "Kapitalmarkt intern" sei entscheidende Bedeutung nicht beizumessen, zumal die RatingAgentur für geschlossene Fonds G. am 21. Oktober 2003 (Anlage B 3, Anlagenband Beklagte) das Beteiligungsangebot M. IV nach einer Analyse mit "sehr gut" bewertet habe. Die Beklagte hat gemeint, etwaige Ansprüche der Klägerin seien verjährt und hat die Einrede der Verjährung erhoben.

9

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Soweit Pflichtverletzungen aus dem zwischen dem Zedenten und der Beklagten zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag durch unzureichende Aufklärung über mit der Beteiligung im Zusammenhang stehende Risiken behauptet werden, sei die Forderung jedenfalls verjährt. Die Verjährung habe gleichzeitig mit Übergabe des Prospekts am 15. Dezember 2003 zu laufen begonnen, da dem Anleger, sollte er weder den Prospekt noch das unterzeichnete Gesprächsprotokoll zur Kenntnis genommen haben, grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen sei. Die grob fahrlässige Unkenntnis von Schaden und Schädiger sei der positiven Kenntnis gleichzusetzen. Durch den Prospekt und das Gesprächsprotokoll sei der Zedent bei Kenntnisnahme hinreichend über die mit der Anlage im Zusammenhang stehenden Risiken aufgeklärt worden. Weitergehender Erläuterungen zum steuerlichen Konzept der Anlage habe es ebenso wenig wie zu der Berichterstattung in "Kapitalmarkt intern" bedurft. Ihre Aufklärungspflicht über erhaltene Kick-back-Zahlungen habe die Beklagte nicht verletzt. Das Bestreiten der Klägerin, dass der Zedent Kenntnis von Rückvergütungen gehabt habe, sei in Ansehung des an ihn geflossenen Anteils von 2/3 ohne Substanz.

10

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen, insbesondere zu den steuerlichen Risiken der Beteiligung. Eine Verjährung der Ansprüche hält sie für nicht gegeben. Dass der erst bei Zeichnung übergebene Prospekt vom Zedenten nicht mehr zur Kenntnis genommen worden sei, stelle keine grobe Fahrlässigkeit dar. Falsche Angaben im Beratungsgespräch könnten nicht durch die Prospektübergabe geheilt werden. Zudem habe das Landgericht die Rechtsprechung der Bundesgerichtshofes (Urteil vom 9. September 2007 - V ZR 25/07) unberücksichtigt gelassen und deshalb verkannt, dass hinsichtlich der sonstigen Aufklärungspflichtverletzungen Verjährung nicht eingetreten sei, da diese jeweils gesondert hätten betrachtet werden müssen. Da es dem Anleger bei der Beteiligung in erster Linie um die Verlustzuweisung für das Jahr 2003 gegangen sei, hätte ihn der Berater darüber informieren müssen, dass Steuervorteile nicht im Fokus des M. IV gestanden hätten (so jedenfalls verstehe er das Vorbringen der Beklagten). D. habe ihm dem gegenüber versichert, dass er die Verlustzuweisung für das Jahr 2003 erhalten werde. Auch erwähne der Prospekt nicht die fehlende Fokussierung auf Steuervorteile. Der Prospekt enthalte überdies keinen Hinweis auf die unterbliebene Plausibilitätsprüfung durch die Beklagte, was sich schon daraus ergebe, dass sie das Prospektprüfungsgutachten erst am 23. Dezember, mithin nach Auflage des Prospektes und Zeichnung durch den Zedenten erhalten habe. Hinsichtlich der Kick-back-Zahlungen behauptet die Klägerin, dass der Zedent zahlreiche Kapitalanlagen über die Beklagte erworben habe, wobei er mit dieser eine generelle Vereinbarung getroffen habe, dass von Rückvergütungen, die die Beklagte von der jeweiligen Fondsgesellschaft erhielt, 4 %, bezogen auf seine Nominalbeteiligung, an ihn zurückfließen sollten. Deshalb habe er bei der vorliegenden Beteiligung die konkrete Höhe der an die Beklagte gezahlten Rückvergütung nicht gekannt.

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Die Klägerin beantragt,

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unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 14. August 2009 - 8 O 213/08 - zu erkennen:

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1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 19.825,53 € nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zur Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche des Dr. F. D. aus seiner Beteiligung an der M. GmbH & Co. V. KG zu zahlen.

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2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1 abgetretenen Ansprüche des Dr. F. D. in Annahmeverzug befindet.

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3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 1.485,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weiteren Kosten und Gebühren ihres Prozessbevollmächtigten freizustellen, die aufgrund des vorgerichtlichen Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstanden sind.

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Hilfsweise wird beantragt,

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das angefochtene Urteil des Landgerichts Hannover vom 14. August 2008 8 O 213/08 - aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die von der Klägerin behauptete generelle Vereinbarung, dass von Rückvergütungen 4 % bezogen auf das Nominalkapital an den Zedenten hätten fließen sollen, bestreitet sie. Die Vergütungen seien jeweils individuell vereinbart worden, ohne allerdings im Einzelfall über die konkrete Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütungen zu sprechen.

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Zur Ergänzung des Sach und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die Berufungsbegründung vom 24. November 2009, den Schriftsatz vom 9. März 2010 und den Schriftsatz der Beklagten vom 3. Februar 2010 Bezug genommen.

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Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17. März 2010 (Bl. 236 d. A.) durch Vernehmung des Zeugen Dr. D.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der Sitzung vom 17. März 2010 verwiesen (Bl. 242 - 244 d. A.).

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II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

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1. Zwischen der Beklagten und dem Zedenten ist in Bezug auf die streitgegenständliche Kapitalanlage zwar stillschweigend ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bondurteils (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126) zustande gekommen.

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2. Die Klägerin hat indes, nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme, nicht bewiesen, dass die Beklagte ihre sich aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten in einer zum Schadensersatz verpflichtenden Weise verletzt hat.

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a) Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH, aaO., hier zitiert nach Juris, Rn. 14).

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aa) Zu den Umständen, die in der Person des Kunden liegen, gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art sowie dessen Risikobereitschaft. Im Ergebnis zu berücksichtigen ist deshalb, ob es sich um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel er verfolgt.

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(1) Der Senat geht davon aus, dass der Zedent ein erfahrener Anleger ist, wenngleich die Klägerin diese Wertung in Abrede genommen hat. Denn sie ist der Behauptung der Beklagten, der Zedent habe seit 1996 - von dem Zeugen D. beraten - unternehmerische Beteiligungen mit Blick auf Verlustzuweisungen und sich daraus ergebende Steuervorteile gezeichnet, nicht entgegengetreten. Ferner hat sie selbst mit der Berufungsbegründung vorgetragen, dass ihr Ehemann zahlreiche Kapitalanlagen über die Beklagte erworben habe. Der Zedent hat zudem diesen Sachverhalt bei seiner Vernehmung als Zeuge bestätigt. Daraus, dass der Zeuge Dr. D. - wie von ihm angegeben - über Jahre hinweg regelmäßig zum Jahresende von der Beklagten empfohlene Finanzprodukte erworben hat, lässt sich indessen ableiten, dass er bei Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage bereits über hinlängliche Erfahrungen mit steueroptimierten Kapitalanlagen verfügte. Hinzu kommt, dass der Zeuge Dr. D. als langjähriger Leiter eines mittelständischen Unternehmens über nachhaltige Erfahrungen im Wirtschaftsleben verfügt, die ihm - gegenüber durchschnittlichen Kapitalanlegern - das Verständnis der Funktionsweise eines Finanzprodukts sowie dessen Chancen und Risiken erleichtert haben. Nicht zuletzt hat sein ausgeprägtes wirtschaftliches Verständnis darin Ausdruck gefunden, dass sich die Beklagte bereit gefunden hat, ihn an den für die gezeichnete Anlage ihr zufließenden Rückvergütungen zu beteiligen.

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(2) Primär entsprach es dem Anlageziel des Zedenten, durch die bei Medienfonds üblichen hohen Verlustzuweisungen im Jahr der Zeichnung der Anlage (2003) Steuern zu sparen. Weiterhin kam es ihm nach dem Vorbringen der Klägerin darauf an, dass er eine sichere Anlage zeichnete, bei der der Rückfluss des investierten Kapitals gesichert war.

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bb) In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs, Zins und Währungsrisiko) ergeben (vgl. BGH, aaO., Rn. 18).

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(1) Die notwendige Aufklärung des Zedenten über allgemeine Risiken, wie sie die Entwicklung der Konjunkturlage, die Marktentwicklung oder die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen mit sich bringen, war in Ansehung der vorhandenen wirtschaftlichen Erfahrungen sowie seiner Erfahrung mit steueroptimierten Kapitalanlagen zu vernachlässigen. Es ist davon auszugehen, dass der Zedent durch die Leitung eines mittelständischen Unternehmens darüber informiert war, dass sich der Markt für Spielfilme ebenso wie die Konjunkturlage negativ entwickeln können und auch, dass gesetzliche Grundlagen - insbesondere des Steuerrechts - in einem zehnjährigen Anlagezeitraum dem Wandel unterliegen.

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(2) Über die speziellen Risiken, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben, war allerdings von der Beklagten im Rahmen des Beratungsgesprächs zu informieren.

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(a) Erforderlich war danach die Information des Zedenten darüber, dass das steuerliche Konzept des Fonds zwar nach Prüfung für tragfähig erachtet wurde, aber das sich daraus ergebende Risiko bestehe, dass das Finanzamt M., das das Konzept nur im Rahmen einer unverbindlichen Auskunft gebilligt hatte, seine mitgeteilte Rechtsauffassung ändert und deshalb die für das Jahr der Zeichnung prognostizierte Verlustzuweisung nicht realisiert würde. Im Einzelnen waren danach folgende Risikohinweise an den Zedenten notwendig:

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(aa) In Bezug auf die Absicherung der steuerlichen Konstruktion war es ausreichend, den Zedenten darauf hinzuweisen, dass es eine verbindliche Anerkennung der steuerlichen Konstruktion durch das Finanzamt M. nicht gab. Wenn der Zedent in der Beratung auf die nur vorläufige Anerkennung des Konzepts durch die Finanzverwaltung hingewiesen worden war, musste ihm gleichzeitig verdeutlicht werden, dass im Falle einer Änderung der vorläufig geäußerten Rechtsauffassung die ins Auge gefasste Verlustzuweisung für das Jahr 2003 sich nicht ohne weiteres würde realisieren lassen.

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Keines Hinweises bedurfte es dagegen darauf, dass mit der steuerlichen Gestaltung - wie die Klägerin meint - "steuerliches Neuland" betreten worden sei, weil es sich - vermeintlich - bei dem M. IV um den ersten Medienfonds gehandelt habe, bei dem ein handels und steuerrechtliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) nicht durch die Herstellung, sondern durch die Vermarktung von Filmprojekten erzielt werden sollte, weshalb keine gesicherte Verwaltungspraxis in Bezug auf die Anerkennung dieses steuerlichen Konstrukts bestanden habe. Die Klägerin bleibt in diesem Zusammenhang bereits für ihre Behauptung beweisfällig, dass mit der M. IV erstmals Vermarktungskosten anstelle von Herstellungskosten durch die Fondsgesellschaft finanziert worden seien. Dass das Gegenteil der Fall war, nämlich im Jahr 2003 bereits Filmvertriebsfonds bestanden haben, hat die Beklagte dargelegt, ohne dass die Klägerin für ihre gegenteilige Behauptung Beweis angetreten hat. Sie hat im Einzelnen zu zwei Filmfonds vorgetragen, die jeweils - zumindest zum Teil - Vermarktungskosten von Filmen finanziert haben, was von der Finanzverwaltung steuerlich anerkannt worden ist. Hierbei handelt es sich um die Beteiligungsangebote "H." (Auszug aus dem Prospekt Anlage B 6, Bl. 78 f. d. A.) und "M. GmbH & Co. I. KG". Der von der Fondsgesellschaft finanzierte Filmverwertungskostenzuschuss, der gleichzusetzen ist mit Vertriebskosten, stellt nach dem Inhalt von Seite 21 des vorgelegten Prospektes sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar, wobei die Behandlung als solche nach dem Inhalt des Prospektes Gegenstand einer positiv beschiedenen verbindlichen Auskunft des zuständigen Finanzamtes war. Dem ist die Klägerin mit Substanz nicht entgegengetreten, sondern hat den Sachvortrag der Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten, was indes nicht ausreicht, weil sie für den von ihr behaupteten Umstand, es sei von den Fondsinitiatoren ein völlig neuartiges Konzept gewählt worden, darlegungs- und beweisbelastet ist.

37

Gegen die Behauptung der Klägerin, es sei mit dem hier gegebenen Filmvertriebsfonds steuerliches Neuland betreten worden, spricht überdies der Inhalt einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 22. Februar 2001 (BStBl I 2001, 175, hier zitiert nach Juris). Darin werden (unter Ziffer IX.) auch sogenannte Filmvertriebsfonds (auch Filmverwertungsfonds oder Akquisitionsfonds) einer Beurteilung unterzogen, was dafür spricht, dass schon im Jahr 2001 reine Filmvertriebsfonds bestanden haben, weil anderenfalls eine steuerliche Beurteilung dieser Konzeption durch das Finanzministerium nicht vorgenommen worden wäre.

38

Soweit sich die Klägerin für die von ihr vertretene Auffassung auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. November 2006 (6 U 150/06. Anlageband Kläger) bezieht, in der eine Aufklärungspflicht darüber, dass die steuerliche Gestaltung "steuerliches Neuland" betrete, angenommen wird, lassen sich die dort getroffenen Annahmen schon deshalb nicht übertragen, weil dort von der beklagten Bank nicht bestritten war, dass es sich bei dem M. IV um den ersten Medienfonds gehandelt habe, bei dem ein handels und steuerrechtliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) nicht durch die Herstellung, sondern durch die Vermarktung von Filmprojekten erzielt werden sollte. Nichts anderes dürfte für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln gelten, aus dem die Klägerin das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2010 vorgelegt hat, woraus ein Hinweis des Senats auf die ggf. bestehende Notwendigkeit über die nicht gefestigte steuerrechtliche Anwendungspraxis der Finanzverwaltung aufzuklären, hervor geht.

39

(bb) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung war die Beklagte nicht verpflichtet, den Zedenten über die singuläre Negativberichterstattung in dem Brancheninformationsblatt "Kapitalmarkt intern" vom 18. September 2003 zu informieren. Unstreitig ist der Beklagten diese Stellungnahme (Prospektcheck) nicht zur Kenntnis gelangt, was ihr indes nicht zum Vorwurf gereicht, denn eine Bank muss nicht jede negative Berichterstattung, vor allem wenn sie vereinzelt geblieben ist, zur Kenntnis zu nehmen (OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 1999 - 11 U 81/99, OLG Report 2000, 143, 145). Eine Bank kann vielmehr selbst entscheiden, welche Auswahl von Publikationsorganen sie trifft, solange sie dadurch über ausreichende Informationsquellen verfügt, weshalb der von ihr nicht ausgewertete Bericht nur eines Brancheninformationsdienstes keine Pflichtverletzung darstellt. Dies gilt insbesondere, wenn es sich bei dem Brancheninformationsdienst nicht um allgemein anerkannte Publikationen für Wirtschaftsfragen oder für ein bestimmtes Marktsegment, deren Seriosität und Qualität über jeden Zweifel erhaben ist, handelt. Der Bundesgerichtshof zählt zu den seriösen Publikationsorganen die Börsenzeitung, die Financial Times Deutschland, das Handelsblatt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, Juris Rn. 25, 26). Danach stellt die unterbliebene Kenntnisnahme von dem Prospekt Check in "Kapitalmarkt intern" keine Pflichtverletzung dar, zumal es sich hier, da die Klägerin weitere Negativberichterstattungen nicht vorgelegt hat, um eine Einzelstimme handelt, was überdies daraus zu ersehen ist, dass die Rating Agentur für geschlossene Fonds G. am 21. Oktober 2003 das Fondskonzept der M. IV dem gegenüber als ´sehr gut´ bewertet hat (Anlage B 3, Anlagenband Beklagte).

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(cc) Darüber, dass die Beklagte die Prüfung der empfohlenen Anlage nicht selbst vorgenommen, sondern dem Spitzeninstitut der N. X.Banken, der Y.Bank, überlassen hat, musste sie den Zedenten nicht informieren. Bei der Erfüllung von vertraglichen Pflichten kann der Verpflichtete grundsätzlich Erfüllungsgehilfen einsetzen, ohne dies dem Vertragspartner mitteilen zu müssen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Erfüllung der Pflicht zur Prüfung von Kapitalanlagen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008, aaO., Rn. 16). In der vorgenannten Entscheidung hatte sich die beklagte Bank auf eine Prüfung des Genossenschaftsverbandes bzw. der Zentralbank berufen, was eine dem hier vorliegenden Sachverhalt vergleichbare Situation darstellt. Hinzu kommt, dass eine unterlassene Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage nur dann zu einer Haftung der Bank führen kann, wenn bei dieser Prüfung ein Risiko deutlich geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anleger und/oder objektgerecht ist (BGH, aaO., Rn. 14). Davon kann vorliegend indessen nicht die Rede sein, weil das nachfolgend der Beklagten zur Kenntnis gelangte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H., K. und Partner aus M., die dem Fondskonzept zugrunde gelegte Annahme, dass die steuerrechtliche Konzeption entsprechend der Auskunft des Finanzamtes M. zu bewerten sei, bestätigt hat. Selbst wenn also die Beklagte vor dem Beratungsgespräch mit dem Zedenten eine eigene Prüfung durchgeführt hätte, hätte sie hierbei zu keiner anderen als der von ihr zugrunde gelegten Annahme gelangen und demgemäß den Zedenten auch nicht anders als geschehen aufklären müssen.

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(dd) Letztlich bestand auch keine Verpflichtung der Beklagten, den Zedenten darüber aufzuklären, dass Steuervorteile nicht primär im Fokus des Fondskonzepts gestanden haben, weil dies tatsächlich nicht zutrifft. Medienfonds dienen was bereits die intensive Befassung der Finanzverwaltung mit diesem Phänomen zeigt - primär der Steuerersparnis, was dem Senat aus zahlreichen Verfahren mit Medienfonds bekannt ist. Soweit sich die Klägerin für den von ihr eingenommenen Standpunkt auf den Inhalt des Prospektes bezieht, den der Zeuge Dr. D. vor seiner Anlageentscheidung ohnehin nicht zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich daraus für diese Annahme nichts. Die für die Erstellung des Prospekts Verantwortlichen waren lediglich gehalten, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Finanzverwaltung den Fonds als Verlustzuweisungsgesellschaft einstufte, die ohne reale Gewinnerwartung allein der Steuerersparnis diente, diesen Aspekt im Prospekt nicht in den Vordergrund zu stellen.

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(b) Eine Beratungspflicht der Beklagten bestand zudem, den Zedenten dahingehend zu unterrichten, dass mit dem von ihm gewählten Finanzprodukt der Rückfluss seiner Einlage zu 100 % nicht gesichert war. In Ansehung des mit dem Vertrieb von Spielfilmen verbundenen Risikos, dass einer dieser Filme ´floppte´ und des Risikos, dass die garantiegebende Bank insolvent werden würde, bestand eine vollständige Sicherheit, dass die Anlagesumme zurückfließen würde, nicht.

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(c) Über die genaue Höhe (6 % von der Nominaleinlage) der von der Fondsgesellschaft aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten an die Beklagte gezahlten Rückvergütung musste sie den Zedenten im konkreten Fall nicht explizit aufklären. Zwar muss eine Bank den Kunden über als Vertriebsprovision erhaltene Rückvergütungen ungefragt aufklären und hierbei nicht nur das ´Ob´ der Rückvergütung, sondern auch deren Höhe angeben, wobei es ausreicht, wenn die Höhe nicht feststeht, dass zumindest die Größenordnung angegeben wird, weil der Anleger ohne diese Kenntnis das Umsatzinteresse der Bank nicht richtig einschätzen kann (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05). Ist diese Aufklärung unterblieben, wird vermutet, dass der Anleger das Anlagegeschäft bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht abgeschlossen hätte (BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07). Vorliegend war der Zedent aber grundsätzlich darüber informiert, dass die beklagte Bank von der Fondsgesellschaft eine umsatzabhängige Rückvergütung für die Vermittlung der Anlage erhielt. Denn daraus floss wiederum an ihn ein Anteil von 4 % seines investierten Eigenkapitals. Diese Kenntnis des Zedenten war ausreichend, um das Umsatzinteresse der Bank einzuschätzen. Damit kannte er nämlich - was nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausreichend ist - die Größenordnung der an die Bank fließenden Rückvergütung. Diese betrug bei objektiver Betrachtung deutlich mehr als 4 % seiner Einlage, was deshalb - auch für den Zedenten - auf der Hand lag, weil nicht zu erwarten war, dass die Bank ihre gesamte Provision für die Vermittlung der Anlage an ihn auskehren würde. Hinzu kommt, dass es der Zedent selbst in der Hand hatte, sich im Beratungsgespräch bei der Beklagten über die Höhe der Rückvergütung zu informieren, wenn dieser Umstand für seine Anlageentscheidung von Bedeutung war. Wenn es ihm schon gelungen ist, einen Anteil an der Provision der Bank für sich auszuhandeln - wobei es auf die Streitfrage, ob es eine generelle Vereinbarung hierzu gab oder ob die Provisionsrückvergütung jeweils im Einzelfall ausgehandelt wurde, nicht ankommt - konnte der Zedent erst recht durchsetzen, Informationen über die Höhe der Provision der Bank zu erhalten.

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b) Die für eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten beweispflichtige Klägerin hat den Beweis nicht geführt, dass der Mitarbeiter der Beklagten D. den vorstehend dargestellten Pflichten zur anleger und objektgerechten Beratung des Zedenten nicht nachgekommen ist. Bereits nach dem Ergebnis der Vernehmung des Zeugen Dr. D. lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte ihre vorstehend im Einzelnen dargelegten Beratungspflichten verletzt hat. Ihr Mitarbeiter D. hat danach weder unzutreffende Angaben zu dem mit der Anlage verbundenen Verlustrisiko noch dazu, dass das steuerliche Konzept des Fonds bisher nur unverbindlich von der Finanzverwaltung als tragfähig erachtet worden war, gemacht.

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aa) Ausgangspunkt der Würdigung der Aussage des vom Senat vernommenen Zeugen Dr. D. ist hierbei der Umstand, dass er am Tag der Zeichnung seines Beitritts zur M. IV ein Gesprächsprotokoll unterzeichnet hat, nach dessen Inhalt er sowohl über das Risiko aufgeklärt worden ist, dass die steuerliche Konzeption des Fonds ganz oder teilweise von der Finanzverwaltung oder der Finanzrechtsprechung nicht anerkannt wird, als auch darüber, dass beim Ausbleiben des Vermarktungserfolges ein Teilverlust der eigenfinanzierten Einlage drohen kann. Er hat zwar in seiner Vernehmung angegeben, keine der Unterlagen, die er unterzeichnet hat, wirklich durchgelesen zu haben. Dass er sie indes überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat, hat der Zeuge Dr. D. ebenfalls nicht gesagt. Den Inhalt des Gesprächsprotokolls überhaupt nicht zur Kenntnis genommen zu haben, liegt auch in Ansehung des darin direkt über dem für die Unterschrift vorgesehenen Feld optisch durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehobenen Inhalts, nämlich dass es sich hierbei um eine ´Bestätigung´ des zuvor schlagwortartig aufgeführten Gesprächsinhaltes handelte, nicht nahe. Es ist nicht anzunehmen, dass derjenige der - für ihn ins Auge springend - eine Bestätigung unterzeichnet, sich nicht einmal darüber informiert, sei es auch nur durch ein Überfliegen des vorstehenden Textes, was Inhalt seiner mit der Unterzeichnung abgegebenen Erklärung ist. Die Erläuterung des Zeugen dafür, dass er es unterlassen habe, das Gesprächsprotokoll vor Unterzeichnung zu lesen, weil er wegen des Weihnachtsgeschäfts wenig Zeit gehabt habe, überzeugt nicht. Das Lesen der in sieben Punkten auf etwa einer halben DIN A 4 Seite zusammengefassten, erteilten Hinweise hätte nur wenige Sekunden in Anspruch genommen, weshalb der dadurch hervorgerufene Zeitverlust nicht Grund dafür sein konnte, darauf zu verzichten, sich wenigstens grob über deren Inhalt des von ihm unterzeichneten Schriftstücks zu orientieren. Soweit der Zeuge Dr. D. sein von der Klägerin behauptetes Verhalten, unterzeichnete Unterlagen inhaltlich nicht zur Kenntnis genommen zu haben, damit zu erklären versucht hat, dass er der Beklagten vertraut habe, mag eine solche Handlungsweise für wirtschaftlich unerfahrene Anleger plausibel sein. Für jemanden, der dagegen über Jahrzehnte ein mittelständisches Unternehmen mit wirtschaftlichem Erfolg geleitet hat, für den es also zum Tagesgeschäft gehört, Vertragsverhandlungen zu führen und Verträge abzuschließen, was in der Regel mit bloßem Vertrauen in die Richtigkeit der Erklärungen des Vertragspartnern nicht erfolgreich zu bewirken ist, erscheint eine solche Handlungsweise dagegen nicht glaubhaft. Dass der Inhalt des Gesprächsprotokolls bereits vorgedruckt war, er mithin nicht erst nach dem geführten Beratungsgespräch aufgenommen wurde, spricht nicht gegen dessen inhaltliche Richtigkeit sondern dafür. Naturgemäß musste sich der Berater vor dem Beratungsgespräch über den Inhalt der notwendigen Hinweise klar werden mit Blick auf das Anlageobjekt und die vorhandenen Kenntnisse des potentiellen Anlegers. Diese Festlegung bildete gleichsam das Gerüst der Beratung, da sämtliche Punkte abzuhandeln waren, um im Anschluss die Unterschrift des Kunden zur Bestätigung des Gesprächsinhaltes einholen zu können. Die Festlegung zwang den Berater vielmehr, tatsächlich sämtliche Punkte anzusprechen, weil er anderenfalls befürchten musste, die Unterschrift des Anlegers nicht zu erhalten, wenn Teile der zu bestätigenden Hinweise gar nicht Inhalt des Beratungsgesprächs waren.

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bb) Dass über die in dem Gesprächsprotokoll genannten Punkte nicht gesprochen wurde und die dort enthaltenen Risikohinweise tatsächlich nicht gegeben worden sind, hat die Klägerin mit den Angaben ihres als Zeugen vernommenen Ehemanns nicht zu beweisen vermocht. Der Zeuge Dr. D. hatte, wie er im Verlauf seiner Vernehmung eingeräumt hat, konkrete Erinnerungen zum Inhalt des Beratungsgespräches nicht mehr. Dies verwundert nicht, da das Gespräch bei seiner Vernehmung als Zeuge mehr als sechs Jahre zurückgelegen hat und es sich um keinen singulären Vorgang für ihn handelte, da er zuvor bereits zahlreiche Finanzprodukte bei der Beklagten erworben hatte, wobei dem Erwerb jeweils Beratungsgespräche mit dem Mitarbeiter der Beklagten D. vorausgegangen waren. Er hatte demgemäß keine Erinnerung mehr, dass über weitere Punkte als die ihm - nach seiner Auffassung - zugesicherte Verlustzuweisung und die - nach seinen Angaben - durch D. erfolgte Versicherung, er werde die Einlage voll zurückerhalten, gesprochen worden sei. Andererseits hat die Beratung nach seiner Erinnerung zwischen 30 - 45 Minuten gedauert, was jedoch nahelegt, dass nicht nur die von ihm angegebenen Punkte kurz angesprochen, sondern diese Themen entweder intensiviert oder weitere Punkte erörtert worden sind. Dass der Zeuge Dr. D. diese weiteren Gesprächsinhalte nicht mehr erinnert, lässt darauf schließen, dass seine Angaben zu dem Gespräch insgesamt nicht auf konkreten Erinnerungen an das Gespräch beruhen, sondern lediglich auf seinen Vorstellungen von den Eigenschaften des von ihm erworbenen Finanzprodukts, die er im Rahmen des wirtschaftlichen Verlaufs der bei der Beklagten gezeichneten Anlagen geformt hat.

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Deshalb ist der Aussage des Zeugen keine entscheidende Bedeutung zuzumessen, soweit er angegeben hat, der Mitarbeiter der Beklagten D. habe gesagt, dass der Fonds eine Verlustzuweisung von etwa 82.000 € erbringen werde und man näher auf diesen Punkt nicht eingegangen sei. Denn was konkret zu dem steuerlichen Konzept und dem damit verbundenen Risiko, dass die Finanzverwaltung die Verlustzuweisung nicht anerkennen würde, besprochen wurde, hat der Zeuge nicht angeben können. Dass D. ihm das steuerliche Konzept und damit die prognostizierte Verlustzuweisung - entgegen dem Inhalt des Gesprächsprotokolls - als sicher dargestellt habe, hat er überdies nicht ausgesagt.

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Dasselbe gilt, soweit sich der Zeuge Dr. D. zu erinnern meinte, D. habe ihm versichert, dass seine Einlage voll an ihn zurückfließen werde, wenngleich das Gegenteil davon in das Gesprächsprotokoll aufgenommen wurde, worin ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine risikobehaftete unternehmerische Beteiligung handelt. Hinzu kommt, dass es dem Zedenten aufgrund der bereits in den Vorjahren gezeichneten gleichgelagerten Fondsbeteiligungen und seines aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bestehenden wirtschaftlichen Verständnisses klar gewesen sein muss, dass die Anlage nicht risikolos war. Dass es sich vorliegend um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft handelte, war für ihn aufgrund der von ihm unterzeichneten Beitrittserklärung offenkundig. Ebenfalls bekannt war ihm, dass sich die Kommanditgesellschaft unternehmerisch betätigt, nämlich Filme vertreibt, was zwangsläufig zu der Annahme führt, dass sein Kommanditanteil an Wert verlieren kann, wenn der Vertrieb der Filme wirtschaftlichen Erfolg nicht erzielt. Wie der Zeuge vor dem Hintergrund dieser für ihn offen zutage liegenden Umstände zu der Auffassung gelangen konnte, dass die Rückzahlung seiner Einlage zu 100 % gesichert sei, hat er dem Senat nicht nachvollziehbar zu erläutern vermocht. Seine in diesem Zusammenhang geäußerte Annahme, dass das Finanzprodukt, wenn es von der Beklagten empfohlen werde, einen erfolgreichen Verlauf nehme, betrifft - für eine wirtschaftlich erfahrene Partei wie den Zeugen ohne weiteres erkennbar - allein den Bereich des Spekulativen.

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Da die Klägerin mithin schon den Beweis der nicht anleger und objektgerechten Beratung des Zedenten nicht erbringen konnte, bedurfte es der Vernehmung des gegenbeweislich von der Beklagten benannten Zeugen D. nicht mehr.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.