Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.04.2010, Az.: 15 UF 70/10

Anforderungen an eine vorrangige Bestellung des Jugendamts als Pfleger i.S.d. § 1915 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1887 BGB; Voraussetzungen für die Begründung einer Vereinsvormundschaft gem. § 1791 a BGB

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.04.2010
Aktenzeichen
15 UF 70/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 25964
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0422.15UF70.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hildesheim - 01.03.2010 - AZ: 37 F 37060/10

Fundstelle

  • JAmt 2010, 257

Redaktioneller Leitsatz

Eine vorrangige Bestellung des Jugendamts als Pfleger ist in den gesetzlichen Vorschriften nicht vorgesehen. Die Aufgaben eines Pflegers können auch durch einen rechtsfähigen Verein wahrgenommen werden.

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Das mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hildesheim vom 1. März 2010 bestellte Jugendamt des Landkreises H. wird auf seinen Antrag als Pfleger entlassen. Zum Pfleger mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung wird nunmehr der Betreuungsverein H. e.V., H. bestellt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1

Die nach §§ 58, 59 FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.

2

Nach §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1887 BGB ist das Jugendamt von Amts wegen oder auf Antrag als Pfleger zu entlassen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient und eine andere als Pfleger geeignete Person vorhanden ist. Dies kann nach §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1791 a Abs. 1 BGB ein rechtsfähiger Verein sein, wenn eine als ehrenamtlicher Pfleger geeignete Einzelperson nicht vorhanden ist. In der Beschwerdeschrift ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen hinreichend dargelegt. Eine vorrangige Bestellung des Jugendamts als Pfleger sehen die gesetzlichen Vorschriften nicht vor, wie sich auch aus § 56 Abs. 4 SGB VIII ergibt - wonach das Jugendamt turnusmäßig zu prüfen hat, ob seine Entlassung und die Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins im Interesse des Kindes angezeigt ist. Die nach §§ 1908 f BGB, 54 SGB VIII erforderliche Anerkennung des Betreuungsvereins H. liegt nach dem Erlaubnisbescheid vom 11. Januar 2010 vor. Durchgreifend gegen die Bestellung dieses Vereins sprechende Gründe sind weder im angefochtenen Beschluss angeführt noch sonst ersichtlich. Auf fiskalische Interessen ist, wie mit der Beschwerde zutreffend ausgeführt, hier nicht abzustellen.

3

Die Kostenfreiheit ergibt sich aus dem Erfolg des Rechtsmittels und aus § 2 Abs. 1 FamGKG.

4

Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst.