Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.04.2010, Az.: 14 U 38/09

Verdienstausfall; berufsbedingte Aufwendungen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.04.2010
Aktenzeichen
14 U 38/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 47945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 16.01.2009 - AZ: 8 O 344/07
nachfolgend
BGH - 04.11.2010 - AZ: VI ZR 126/10

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens ist eine Schätzung ersparter berufsbedingter Aufwendungen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls möglich. Dabei kann die Verminderung des noch zu ersetzenden entgangenen Verdienstes nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens ermittelt werden. Dieser Prozentsatz lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist vom jeweiligen Fall abhängig.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 16. Januar 2009 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 34.012,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 8.808,49 € seit dem 11. Februar 2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu erstatten, die ihm anlässlich des Verkehrsunfalls vom 3. März 2007 zukünftig noch entstehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

bis zum 11. Februar 2010: bis 40.000 €; bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2010: bis 45.000 €; danach: bis 40.000 €.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Einstandspflicht der Beklagten für vom Kläger geltend gemachte Ansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 3. März 2007; grundsätzlich haftet die Beklagte zu 100 %. Wegen der näheren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Der Kläger behauptet, infolge der unfallbedingt erlittenen Verletzungen leide er fortwährend unter Schwindelgefühl, Sprachschwierigkeiten, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie Depressionen; auch die Motorik sei beeinträchtigt. Er begehrt deshalb von der Beklagten Schmerzensgeld, Ersatz von Verdienstausfall, Fahrt- und Abschleppkosten sowie Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens und die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der Beklagten.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 €, Ausgleich eines Verdienstausfallschadens von 200,30 €, eines Haushaltsführungsschadens von 832 €, Fahrtkostenersatz von 500 € und Erstattung der Abschleppkosten von 392,58 €. Abzüglich von der Beklagten auf das Schmerzensgeld gezahlter 2.000 € könne der Kläger noch 24.924,88 € von der Beklagten beanspruchen, die außerdem aufgrund des unfallbedingten Dauerschadens, dessen weitere Entwicklung ungewiss sei und der voraussichtlich auch zu weiteren Schäden z. B. hinsichtlich des Erwerbsschadens führen werde, auch künftig dem Kläger entstehende Schäden zu ersetzen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Das Schmerzensgeld sei erheblich zu niedrig bemessen worden. Angemessen seien hier insgesamt 50.000 €. Der Kläger sei mit etwa 40 Jahren durch den Unfall völlig unverschuldet aus seinem Berufsleben gerissen worden und nun dauerhaft erwerbsunfähig. Auch das zögerliche Regulierungsverhalten der Beklagten sei schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen. Über den von der Kammer für den mit der Klage geltend gemachten Zeitraum vom 14. April 2007 bis zum 14. Juni 2007 zuerkannten Verdienstausfall von 200,30 € stehe dem Kläger - insoweit gegenüber dem Antrag erster Instanz klageerhöhend - ein weiterer Ersatzanspruch für den Zeitraum vom 15. Juni 2007 bis einschließlich 31. Januar 2010 von 11.134,33 € zu, abzüglich am 6. März 2009 hierauf gezahlter 2.103,15 €. Ein Abzug für ersparte berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von pauschal 5 % - wie von der Kammer vorgenommen - sei nicht gerechtfertigt. Das Landgericht habe die weiteren Schadenspositionen ebenfalls nicht angemessen ausgeglichen. Das betreffe den Zeitraum des Haushaltsführungsschadens, der über 26 Wochen angefallen sei. Unter Ansatz eines Stundenlohnes von 8 € für eine - erforderliche - Hilfskraft und eines Aufwandes von 20 Stunden pro Woche ergäben sich 4.160 €, wovon die vom Landgericht zuerkannten 832 € abzuziehen seien. Die Fahrtkosten seien gleichfalls nicht ausreichend bewertet worden. Die insoweit pauschal zuerkannten 500 € genügten nicht. Tatsächlich seien hier um 350,56 € höhere Kosten angefallen. Darüber hinaus bestehe noch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Erneuerung einer Brücke in Höhe von 2.043,54 €, weil er infolge des Unfalls Frakturen an mehreren Zähnen erlitten habe.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn über das ausgeurteilte Schmerzensgeld von 25.000 € hinaus ein weiteres in das Ermessen des Berufungsgerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, das mindestens insgesamt 50.000 € betragen soll;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn über den bereits ausgeurteilten Betrag von 200,30 € hinaus für den Zeitraum vom 14. April 2007 bis zum 14. Juni 2007 nunmehr weitere 11.134,33 € als Verdienstausfall für den Zeitraum vom 15. Juni 2007 bis einschließlich 31. Januar 2010 abzüglich am 6. März 2009 hierauf gezahlter 2.103,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5.722,10 € Schadensersatz für Haushaltshilfe, Fahrtkosten und Zahnersatz nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2007 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 14. Juli 2009 (Bl. 408 f. d. A.) und 9. März 2010 (Bl. 452 f. d. A.) nebst den darin enthaltenen Hinweisen sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung ist nur zum Teil (im Bereich Verdienstausfallschaden) begründet und im Übrigen zurückzuweisen.

1. Schmerzensgeld:

Die Berufung ist insoweit unbegründet. Die Schmerzensgeldbemessung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden und wird den unfallbedingten Verletzungen und Beeinträchtigungen des Klägers insgesamt gerecht.

Die Kammer hat die Verletzungen und auch verbleibenden Schäden des Klägers infolge des Unfalls sachverständig im Einzelnen aufgeklärt. Bei der Schmerzensgeldbemessung zu berücksichtigen sind danach eine HWS-Distorsion 1. Grades ohne strukturelle Verletzungen, die bis zum 25. Mai 2007 eine Schmerzsymptomatik auslöste, außerdem eine Fraktur des Kahnbeins an der linken Hand, weshalb der Kläger zunächst einen Gips tragen und am 14. Mai 2007 operiert werden musste (Einsatz einer Schraube in die Hand). Für die ersten zwei Wochen nach dem Unfall sowie nach der Operation vom 14. Mai 2007 war die Fähigkeit des Klägers, Hausarbeit zu leisten, um 40 % beeinträchtigt, in der übrigen Zeit vom Unfall bis zur Gipsabnahme zu 30 %. Die linke Hand des Klägers kann fortdauernd bei bestimmten Bewegungen schmerzen, wesentliche Funktionseinschränkungen liegen aber nicht vor. In der Zeit vom 3. bis zum 6. März 2007 und vom 14. bis zum 17. Mai 2007 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung. Darüber hinaus hat er durch den Unfall ein Schädelhirntrauma im Sinne einer diffus axonalen Schädigung erlitten (Scherverletzung der Nervenbahnen im Gehirn), sowie unfallbedingt multiple Mikroblutungen des Gehirns im Stirnlappen. Der Kläger leidet deshalb an einer rechtsseitigen, noch nicht vollständig kompensierten Störung des Gleichgewichtsorgans (vestibuläre Schädigung), einer leichtgradigen Sprechstörung (Dysarthrophonie) sowie einem leichten organischen Psychosyndrom mit mentaler Minderbelastbarkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, mittelgradigen Beeinträchtigungen der Gedächtnisfunktion sowie leichtgradigen depressiven Verstimmungen. Auch die vom Kläger geklagten Schwindelgefühle sind auf das Unfallereignis zurückzuführen als Begleiterscheinung des Schädelhirntraums. Wegen der leichten depressiven Verstimmung nimmt der Kläger Antidepressiva ein. Seine Erwerbsfähigkeit betrug nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. G. und des Dipl.-Psychologen Go. zum Begutachtungszeitpunkt im Sommer 2008  40 %; es wird voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % als Dauerfolge verbleiben. Eine Wiedereingliederung des Klägers in seine frühere Tätigkeit als Landschaftsgärtner ist unwahrscheinlich.

Der Senat hält für die genannten Verletzungen und Beeinträchtigungen mit dem Landgericht (LGU 6 bis 8) ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25.000 € für angemessen. Dies zeigt auch ein Vergleich mit der Schmerzensgeldbemessung durch die Rechtsprechung in ähnlichen oder schwerwiegenderen Fällen (alle folgend erwähnten Entscheidungen sind auch abrufbar bei juris/Arbeitshilfen):

So hat das Oberlandesgericht Koblenz für ein Schädelhirntrauma mit Durchgangssyndrom, eine Radiusfraktur rechts mit Abriss des Griffelfortsatzes, eine Milzruptur und multiple Prellungen eines 23-jährigen Heizungsbauers, der unfallbedingt an Kopfschmerzen und Schwindelanfällen sowie nach Entfernung der Milz unter erhöhter Infektionsgefahr leidet, außerdem fehlt die grobe Kraft der rechten Hand, ein Schmerzensgeld von - auf 2009 hochgerechneten - 16.124 € zuerkannt unter Ansatz eines Mitverschuldens von 20 % des Verletzten. Bei einem Alleinverschulden der Beklagten käme man damit auf ein Schmerzensgeld im Bereich von 20.000 € (vgl. Nr. 1821 der Schmerzensgeldtabelle 2010 von Hacks/Ring/Böhm).

Das Landgericht Kiel hat für Kopf- und Hirnverletzungen (u. a. Einblutungen in das Felsenbein rechts, Rindenkontusion rechts) eines Umschülers zum Dachdecker, der unfallbedingt den Geruchssinn und Teile des Geschmackssinns verlor sowie unter Konzentrationsschwierigkeiten und einer leichten Störung des Leichtgewichtssinns leidet und das Risiko einer symptomatischen Epilepsie zu tragen hat, ein Schmerzensgeld von - umgerechnet - 25.523 € zuerkannt (23.000 € im Jahr 2003, vgl. Nr. 2224 der genannten Schmerzensgeldtabelle).

Die Schmerzensgeldvorstellung des Klägers ist dagegen deutlich übersetzt. Auch bei erheblich schwerwiegenderen Verletzungen, als er sie zu tragen hat, erkennt die Rechtsprechung kein Schmerzensgeld in der begehrten Höhe zu:

Das Oberlandesgericht Hamburg hat für eine Schädelfraktur und Felsenbeinfraktur links mit einem schweren Schädelhirntrauma und einer Hirnsubstanzschädigung einer 23-jährigen Frau, die infolge des Unfalls unter einer Einschränkung des Geruchs- und Geschmackssinns, einer emotionalen Labilität, Schwindelneigung und Reizbarkeit leidet, ein Schmerzensgeld von 43.500 DM bzw. 21.750 € zuerkannt, was hochgerechnet etwa 33.540 € entspricht (VersR 1987, 491 bzw. Nr. 2185 der Schmerzensgeldtabelle 2010).

Für eine kontusionelle Gehirnverletzung im Stirnbereich mit leichten Halbseitenerscheinungen rechts und einem ausgeprägten hirnorganischen Psychosyndrom eines 53-jährigen Beamten, der infolge des Unfalls in den Ruhestand versetzt werden musste und dauerhaft unter einer Wesensveränderung, Kopfschmerzen und Schwindel leidet, hat das Landgericht Traunstein ein Schmerzensgeld von 50.000 DM bzw. 25.000 € zugesprochen, das wären heute etwa 32.250 € (vgl. Nr. 2274 der aktuellen Schmerzensgeldtabelle).

Der Kläger hat demgegenüber nicht überzeugend darlegen können, warum das vergleichsweise angemessene Schmerzensgeld zu gering ausgefallen sein soll. Entgegen seiner Ansicht ist keine vollständige dauerhafte Arbeitsunfähigkeit abzugelten. Der Sachverständige G. hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor der Kammer ausgeführt, der Kläger könne leichte und eventuell auch mittelschwere Tätigkeiten ausüben, solange sie nicht mit dem Steigen auf Leitern oder schweren körperlichen Tätigkeiten verbunden seien. Er hat die Beeinträchtigungen des Klägers im kognitiven Bereich mit einer MdE von 30 % bewertet, die Artikulationsschwierigkeiten mit einer MdE von 10 %. Die Schwindelbeschwerden hat er als leicht eingeschätzt und insoweit eine MdE von 10 % angesetzt. Insgesamt ist der Sachverständige von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % ausgegangen, für die Zukunft bleibend von 30 %. Der Kläger soll jedoch bei leichten Tätigkeiten auch mehr als drei Stunden täglich arbeiten können (der Sachverständige Dr. Gonschorek wörtlich, Bl. 326 d. A.: "… denke ich schon, dass der Kläger für leichte Tätigkeiten noch über drei Stunden täglich tätig sein könnte … Ich halte ihn nicht für erwerbsunfähig in dem vorliegenden rechtlichen Kontext"). Im Übrigen ist der Kläger hinsichtlich künftig entstehender weiterer Schäden durch den Feststellungsausspruch hinreichend geschützt (vgl. auch LGU 10, Ziffer II).

Ein zögerliches Regulierungsverhalten der Beklagten war nicht schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen, weil zwischen den Parteien die Ursächlichkeit der vom Kläger geltend gemachten Verletzungen mit dem Unfall streitig war und zunächst sachverständig geklärt werden musste.

2. Haushaltsführungsschaden, Fahrtkosten und Zahnersatz:

Auch insoweit besteht kein Anlass, das angefochtene Urteil abzuändern.

a) Die Ausführungen in der Berufung lassen keinen Ermessensfehler des Landgerichts bei der Einschätzung (§ 287 ZPO) des zu ersetzenden Haushaltsführungsschadens erkennen (vgl. LGU 9 und 11). Der vom Landgericht angesetzte Zeitaufwand für die Haushaltsführung von 20 Stunden wöchentlich erscheint insbesondere deshalb vertretbar, weil die Lebensgefährtin des Klägers, die bei dem Unfall als Beifahrerin ebenfalls verletzt wurde, im Parallelprozess vor dem Landgericht Verden (Az. 8 O 345/07) Ersatz eines Haushaltsführungsschadens von 40 Stunden pro Woche begehrt und der Kläger trotz des Hinweises der Kammer (Bl. 129 R d. A. sowie auch LGU 11) nichts dazu vorgetragen hat, welche Arbeiten im Haushalt (nur) ihm oblagen und welche Arbeiten er verletzungsbedingt nun nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausführen kann. Der Kläger hat den vom Landgericht - der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechenden - Stundensatz von 8 € und den angesetzten Zeitaufwand von 20 Wochen-Stunden nicht angegriffen (Bl. 381 d. A.). Warum jedoch für die Dauer von 26 Wochen eine Haushaltshilfe zu bezahlen sein soll, ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Innerhalb der vom Landgericht angenommenen 20 Wochen-Stunden sind jedenfalls die vom Kläger angegebenen Einkäufe und Fahrten ausführbar, im Übrigen sind Fahrten zum Rechtsanwalt sowie Arztbesuche nicht täglich erforderlich.

b) Der Kläger hat ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die vom Landgericht zugebilligten Fahrtkosten von 500 € unangemessen sein sollen (vgl. LGU 9 unten/10 oben und LGU 11 unten). Die Berufung setzt sich mit den Ausführungen im Urteil nicht auseinander. Der Senat hat damit keine besseren Erkenntnisse, die eine Abänderung des Urteils erforderlich machen könnten.

c) Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz der Zahnbehandlungskosten zu. Dies hat das Landgericht dargelegt (LGU 12). Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich bestritten, dass dem Kläger bei dem Unfall die Zahnbrücke beschädigt wurde und unfallbedingt hier Behandlungskosten entstanden sind (S. 3 des Schriftsatzes vom 13. März 2008, Bl. 194 d. A.). Der Kläger hat sich demgegenüber erst in der Berufungsbegründung auf das Zeugnis seiner Lebensgefährtin berufen (Bl. 380 d. A.). Die Beklagte hat diesen Vortrag wiederum bestritten und Verspätung gerügt (Bl. 399 d. A.). Der Kläger hat nicht dargelegt, warum er den entsprechenden Vortrag und Beweisantritt nicht bereits erstinstanzlich gehalten hat.

3. Verdienstausfall:

Die Berufung ist insoweit überwiegend begründet.

a) Verdienstausfall für den Zeitraum vom 14. April 2007 bis zum 14. Juni 2007:

aa) Entgegen der Ansicht des Landgerichts (LGU 9) waren als durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen nicht lediglich 1.392,90 € anzusetzen, sondern 1.492,89 € (wie Bl. 379 und 444 f. d. A.). Das Landgericht hat bei der Berechnung den Beitragsanteil des Klägers für die Zahlung der Direktrente übergangen, der vom Kläger mit "rund 100 €" angesetzt wird (Bl. 379 sowie entsprechend 444 f. d. A. - nach den Berechnungen der Monatsrente durch die Deutsche Rentenversicherung - vgl. im Anlagenhefter - sind es regelmäßig mehr als 100 € Eigenbeitragsanteil des Klägers gewesen, so dass seine Berechnung jedenfalls nicht zu Lasten der Beklagten geht). Das Einkommen des Klägers ist durch den von ihm entrichteten Eigenanteil gemindert; diese Zahlungen durften nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden. Der Senat hat auf diesen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen (Protokoll Bl. 453 d. A.); die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.

bb) Das Urteil des Landgerichts war auch insoweit abzuändern, als die Kammer einen pauschalen Abzug für ersparte berufsbedingte Aufwendungen von 5 % vorgenommen hat (LGU 9). Der Senat hält stattdessen einen Abzug von pauschal 2 % für gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht des Klägers konnte aber nicht vollständig von einem Abzug abgesehen werden, weil der Kläger tatsächlich unfallbedingt Kosten erspart hat, die ohne den Unfall bei der Berufsausübung angefallen wären. Denn auch wenn er nicht mit dem eigenen Pkw gefahren sein sollte, wären Kosten bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angefallen. Nach seinen eigenen Angaben vor dem Senat fuhr er jedoch im Regelfall mit dem eigenen Pkw zu seiner Arbeitsstelle.

Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens ist eine Schätzung ersparter berufsbedingter Aufwendungen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls möglich. Dabei kann die Verminderung des noch zu ersetzenden entgangenen Verdienstes nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens ermittelt werden. Dieser Prozentsatz lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist wiederum vom jeweiligen Fall abhängig. Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Pauschalierung ersparter berufsbedingter Aufwendungen vom Verdienstausfall nicht einheitlich nach einem bestimmten Prozentsatz, sondern fallbezogen gehandhabt (vgl. nur OLG Naumburg, Schaden-Praxis 1999, 90 [10 %]; OLG Dresden, Urt. v. 12. Dezember 2001 - 11 U 2940/00, juris [5 %]; dagegen OLG Düsseldorf, ZfS 2000, 531 [BGH 30.05.2000 - VI ZR 300/99] [„objektiv willkürlich“, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Höhe der Benzinkosten nicht bekannt ist]; Senat, Urt. v. 29. November 2005 - 14 U 58/05, MDR 2006, 985, juris-Rdnr. 8 f. [5 %]).

Die (ersparten) Fahrtkosten des Klägers waren gering, weil die Entfernung zwischen Wohnung (L.) und Arbeitsstätte (W.) mit etwa 6 km nur kurz war. Darüber hinaus dürften weitere Kosten (auf die z. B. das OLG Naumburg a. a. O. Bezug nimmt) nicht ins Gewicht fallen. Insbesondere benötigte der Kläger für die Ausübung seines Berufs als Landschaftsgärtner keine besondere Berufskleidung.

cc) Somit waren von dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Klägers von 1.492,89 € nur 2 %, das sind 29,86 € (statt der vom Landgericht angesetzten 69,95 €), abzuziehen. Es ergab sich demnach ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1.463,03 €. Abzüglich des gezahlten Krankengeldes von monatlich 1.223,10 € (LGU 9) verbleiben auszugleichende 239,93 €/Monat und damit für den betroffenen Zeitraum vom 14. April bis zum 14. Juni 2007 noch 479,86 € (das sind 279,56 € mehr als vom Landgericht zuerkannt).

b) Verdienstausfall für den Zeitraum vom 15. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2010 (Klageerweiterung):

aa) Die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ist im Sinne von § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich, weil die Entscheidung auch über den mittlerweile angefallenen weiteren Verdienstausfall prozesswirtschaftlich geboten ist.

bb) Der Kläger hat im Einzelnen vorgetragen, wie sich der Schaden errechnet (S. 3 bis 5 des Schriftsatzes vom 8. Februar 2010, Bl. 444 bis 446 d. A.), und seinen Vortrag belegt (gesonderter Anlagenhefter). Der Senat hat keinen Anlass, den substantiierten Vortrag des Klägers zu bezweifeln, worauf er auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat. Die Beklagte ist dem gleichfalls nicht weiter entgegengetreten (vgl. Schriftsatz vom 3. März 2010, Bl. 450 f. d. A. sowie Protokoll Bl. 453 d. A.).

cc) Hinsichtlich des Abzugs für ersparte berufsbedingte Aufwendungen gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

dd) Das führt zu folgender Abrechnung:

Verdienstausfallschaden

11.134,33 €

abzüglich 2 % ersparter berufsbedingter Aufwendungen

      222,69 €

abzüglich am 6. März 2009 gezahlter

   2.103,15 €

verbleibt ein auszugleichender Rest von

   8.808,49 €.

4. Dem Kläger steht folglich dieser Schadensersatz zu:

23.000 € Schmerzensgeld (angemessene 25.000 € abzüglich bereits von der Beklagten gezahlter 2.000 €), 832 € Haushaltsführungsschaden, 500 € Fahrtkostenersatz, 392,58 € Abschleppkosten sowie 479,86 € Verdienstausfall für die Zeit vom 14. April bis zum 14. Juni 2007 und 8.808.49 € Verdienstausfall für die Zeit vom 15. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2010.

Insgesamt ergibt das die zuerkannten 34.012,93 €.

5. Der Kläger hat antragsgemäß Anspruch auf Verzinsung (§§ 288, 291 BGB) des weiteren Verdienstausfallschadens (15. Juni 2007 bis 31. Januar 2010) seit Zustellung der Klageerweiterung (Bl. 447 d. A.: 11. Februar 2010).

6. Der Feststellungsantrag war klarstellend dahin umzuformulieren, dass allein eine Ersatzverpflichtung der Beklagten für künftig entstehende Schäden besteht (wie LGU 10 dargelegt).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenverteilung erster Instanz waren die Klageerweiterung und der entsprechenden Teilerfolg im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, so dass der Erfolg des Klägers in Anbetracht des Streitwerts erster Instanz von 48.624,42 € (LGU 2) gegenüber der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil nur gering ausfiel. Im Berufungsverfahren hat der Kläger erfolgreich mit der Klageerweiterung 8.808,49 € und in Bezug auf den schon vom Landgericht beurteilten früheren Verdienstausfall weitere 279,56 € durchsetzen können, das sind insgesamt 9.088,05 €.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Bei der Streitwertbemessung waren zunächst die Anträge der Berufungsbegründung vom 22. April 2009 (Bl. 374 f. bzw. Protokoll Bl. 408 d. A.) zu berücksichtigen. Es ergab sich danach ein Streitwert von 37.003,35 € (Gebührenstufe bis 40.000 €). Durch die mit Schriftsatz vom 8. Februar 2010 (Bl. 442 f., 447 d. A.) erweiterte Klage erhöhte sich der Streitwert in Bezug auf die Terminsgebühr um den angekündigten, dann jedoch nach Aufruf der Sache nicht gestellten früheren Feststellungsantrag zu Ziffer 2 um 5.000 € (Gebührenstufe bis 45.000 €). Da der Kläger jedoch wie oben aufgeführt die Anträge korrigiert bzw. umgestellt hat, minderte sich der weitere Gebührenstreitwert auf (25.000 + [11.134,33 - 2.103,15 =] 9.031,18 + 5.722,10 =) 39.753,28 €; das ist wiederum die Gebührenstufe bis 40.000 €.