Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.09.2017, Az.: 1 KN 168/15
Auslegungsbekanntmachung; vorhabenbezogener Bebauungsplan; Betriebsbereich; Biozid; DIN 45691; Industriekraftwerk; KAS-18; Kohlekraftwerk; Kühlturm; Legionellen; Schallrahmenplan; Vermögensschäden
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.09.2017
- Aktenzeichen
- 1 KN 168/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Gemeinde darf die Angaben zu umweltbezogenen Informationen in der Auslegungsbekanntmachung
(§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) nach den sie enthaltenden Gutachten und Stellungnahmen statt thematisch gliedern.
Bei der Bezeichnung der Arten umweltbezogener Informationen kann die Gemeinde ein Mindestmaß an Verständnis der einschlägigen Fachterminologie voraussetzen.
Eine Obliegenheit, auf ausgelegten Unterlagen einen "Auslegungsvermerk" anzubringen,
besteht nicht.
Das Offenhalten unterschiedlicher Kühlungsvarianten (Kühlturm/Durchlaufkühlung) steht der Bestimmtheit des Vorhabens i.S.d. § 12 BauGB nicht entgegen.
Die Annahme einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasserkörpers i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i WRRL setzt eine messtechnisch erfassbare Zunahme der maßgeblichen Schadstoffkonzentration voraus (Anschluss an BVerwG, Urt. v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 -, NVwZ 2017, Beilage Nr. 3, 101 ff. = juris Rn. 580).
Zur Bedeutung eines Schallrahmenplans bei der Abwägung der Lärmschutzbelange im Bebauungsplan.
Zur Rolle der Abstandsempfehlungen der KAS-18 bei Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans zur Änderung eines der Störfallverordnung unterfallenden Betriebsbereichs.
Globale Klimaschutzziele bedeuten im Rahmen der Abwägung kein zwingendes Optimierungsgebot mit der Folge eines faktischen Verbotes für die Neuerrichtung von Kraftwerken.
Tenor:
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich gegen den aus dem Rubrum ersichtlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Insbesondere hält er das mit diesem bauplanungsrechtlich ermöglichte kohlebefeuerte Industriekraftwerk der Beigeladenen für nicht realisierungsfähig und sieht im Falle seines Betriebes u. a. Störfall- und Lärmschutzbelange beeinträchtigt.
Die Beigeladene betreibt im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ein Chemiewerk. Im Jahr 1972 nahm dieses seine Produktion auf. Es nimmt eine Fläche von 550 ha ein, beschäftigt ca. 1.500 Mitarbeiter und ist einer der bedeutendsten Industriestandorte an der Niederelbe. Das Plangebiet ist ein bislang unbebauter, inklusive einbezogener Wasserflächen 65,6 ha großer, an die Elbe grenzender Bereich im Südostteil des Betriebsgeländes. In unmittelbarer Nähe des Chemiewerks, insbesondere nördlich desselben, liegen weitere Industriebetriebe. Etwa 100 m südlich des Plangebiets mündet die Schwinge in die Elbe. An deren teils mit Hafenmauer und Parkplätzen versehenem Nordufer verläuft die Stader Elbstraße mit einer Reihe von nördlich/nordwestlich angrenzenden Gebäuden. Im Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 340/2 ist dieser Bereich als Sondergebiet Hafen festgesetzt.
Südlich der Schwinge liegen als Industriegebiet bzw. Kraftwerksstandort im Flächennutzungsplan, dem Landesraumordnungsprogramm und dem Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Stade dargestellte Bereiche, zu denen unter anderem das stillgelegte Kernkraftwerk Stade gehört, ferner ein beim Satzungsbeschluss im Eigentum der Antragstellerin des Verfahrens 1 KN 197/15 stehender Obsthof mit mehreren vermieteten Wohneinheiten. Dieser ist in den im Rahmen der Planaufstellung angefertigten Lärmuntersuchungen als Immissionspunkt (IP) Nr. 10 erfasst. Östlich der Elbe liegen zu Schleswig-Holstein gehörende Naturschutzgebiete.
Die Beigeladene bezog bis zu dessen Stilllegung Strom aus dem Kernkraftwerk Stade. Da elektrische Energie und Dampf zwingend benötigte Grundstoffe der chemischen Produktion im Werk der Beigeladenen sind, möchte sie die langfristige und zuverlässige Versorgung ihres Werks durch das geplante Industriekraftwerk sichern. Ein mittlerweile fertiggestelltes Gas-Dampf-Kraftwerk auf ihrem Betriebsgelände deckt nur einen Teil des Gesamtenergiebedarfs der Beigeladenen. Als Hauptbrennstoff des geplanten Kraftwerks ist Steinkohle vorgesehen, daneben soll auch Wasserstoff eingesetzt werden, der in den eigenen Produktionsanlagen anfällt. Durch dessen Einsatz sollen sich die CO2-Bilanz des Kraftwerks verbessern und die Immissionen anderer Schadstoffe verringert werden. Zudem soll die bei der Energieerzeugung anfallende Prozesswärme in Form von Dampf ausgekoppelt und in der chemischen Produktion eingesetzt werden. Soweit als Brennstoff Kohle eingesetzt werden soll, ist ein Kohleanleger in der Elbe geplant, um grundsätzlich die Anlieferung per Schiff sicherzustellen.
Der Antragsteller ist ein anerkannter Umweltverband im Sinne des § 1 UmwRG.
Im Januar 2010 trat die Beigeladene an die Antragsgegnerin heran mit dem Antrag, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für die Errichtung eines im Wesentlichen für ihren Betrieb genutzten Kraftwerks aufzustellen. Am 7. Juni 2010 fasste die Antragsgegnerin einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss und machte ihn am 9. Oktober 2010 in der Stader Zeitung bekannt. Bereits am 9. September 2010 fand ein Scopingtermin statt und am 19. Oktober 2010 eine frühzeitige Bürgerbeteiligung, bei der Vertreter der Beigeladenen die Konzeption des Kraftwerks vorstellten. Am 28. Januar 2013 fasste der Verwaltungsausschuss den Auslegungsbeschluss und den Beschluss zur Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Am 16. Februar 2013 wurde der Beschluss bekannt gemacht und die Unterlagen in der Zeit vom 25. Februar bis 25. März 2013 das erste Mal öffentlich ausgelegt. Mit Schriftsatz vom 22. März 2013 meldete sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit umfangreichen Ausführungen (und Anlagen) insbesondere zu den betroffenen Umweltbelangen. Am 18. November 2013 beschloss der Verwaltungsausschuss eine erneute Auslegung, die am 30. November 2013 im Stader Tageblatt bekannt gemacht wurde. Im Rahmen dieser Auslegung vom 10. Dezember 2013 bis 21. Januar 2014 meldete sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014. In seiner Sitzung am 28. Juli 2014 stimmte der Rat der Antragsgegnerin dem zwischen der Stadt und der Beigeladenen geschlossenen Durchführungsvertrag zu, beschloss über die Abwägungsempfehlungen zu den eingegangenen Stellungnahmen und den vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Satzung. Am 18. Dezember 2014 fertigte die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin den Plan aus. An diesem Tag wurde auch die zusammenfassende Erklärung aufgestellt. Am 30. Dezember 2014 machte die Antragsgegnerin den Plan im Amtsblatt für den Landkreis Stade, am 31. Dezember 2014 im Stader Tageblatt bekannt. Am 9. Februar 2017 wiederholte sie die Bekanntmachung des Plans im Amtsblatt.
Der Plan setzt ein Sondergebiet Industriekraftwerk fest. Nach der textlichen Festsetzung Ziff. 1.1 ist die Errichtung eines Kraftwerks und ergänzender baulicher Anlagen, Nebenanlagen und Erschließungsanlagen zulässig. Die Ziff. 1.2 enthält eine Aufteilung in die Vorhabenbereiche A bis D, für die jeweils die dort zulässigen Anlagenteile des Kraftwerks festgesetzt werden. Unter Ziff. 1.3 werden Emissionskontingente nach DIN 45691 festgesetzt mit 62 dB(A)/m² für den Tag und 54 dB(A)/m² für die Nacht. Unter Ziff. 2 der textlichen Festsetzungen sind die Angaben zum Maß der baulichen Nutzung enthalten, insbesondere die Höhe der einzelnen Gebäude wie Kesselhaus mit maximal 134 m üNN und ein Hauptschornstein mit einer Mindesthöhe von 129 m üNN und einer Maximalhöhe von 134 m üNN sowie im Übrigen für bauliche Anlagen bis zu einer Höhe von 28 m üNN, abgesehen von einem Kühlturm mit einer Höhe von maximal 64 m üNN. Unter Ziff. 3.1 ist die maximale Feuerungswärmeleistung von 2.100 MW thermisch festgesetzt, sowie Emissionsgrenzwerte für den Betrieb des Kraftwerks. Die Größe des Sondergebietes Industriekraftwerk wird mit 349.083 m² angegeben.
Der Antragsteller begründet seinen am 29. Oktober 2015 gestellten Normenkontrollantrag insbesondere mit folgenden Erwägungen:
Er sei uneingeschränkt rügefähig. Nach der Neufassung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes sei sein Normenkontrollantrag nicht erst dann begründet, wenn der Plan wegen der Verletzung von Gesichtspunkten rechtswidrig sei, zu deren Schutz er sich in seiner Satzung verpflichtet habe.
Der Plan sei formell und materiell rechtswidrig.
Das Verfahren zu seiner Aufstellung sei mehrfach defizitär gewesen. Die Auslegungsbekanntmachungen genügten nicht den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Anforderungen. Es sei zweifelhaft, ob die im Gerichtsverfahren offerierten Unterlagen so wirklich öffentlich ausgelegt worden seien. Der Durchführungsvertrag sei zu Unrecht nicht mit ausgelegt worden. Es wäre erforderlich gewesen, den Entwurf wegen der umfangreichen Änderungen von Planbegründung/Umweltbericht und Fortfall der Pflicht zum CEF-Monitoring ein drittes Mal auszulegen. Der Umweltbericht genüge nicht den Anforderungen. Zu Unrecht habe die Antragsgegnerin die Gründe für die neuerliche Schlussbekanntmachung nicht genannt und insoweit keine Unterlagen vorgelegt.
Der Plan verstoße gegen Raumordnungsrecht. In diesem Bereich dürfe nach dem Landesraumordnungsprogramm nur ein einziges Großkraftwerk, nämlich südlich der Schwinge beim zwischenzeitlich aufgegebenen Kernkraftwerk, errichtet werden. Wie geboten hafenaffin sei das Vorhaben nicht.
Der Plan habe nicht nach § 12 BauGB aufgestellt werden dürfen. Es fehle die dafür erforderliche Patronatserklärung des amerikanischen Mutterkonzerns der Beigeladenen. Der Plan ermögliche nach Art eines Angebotsleitplans mehrere, untereinander als aliud anzusehende Vorhaben; das sei unzulässig.
Er sei zudem unvollständig, weil das Kraftwerk ohne den Industrieanleger in der Elbe nicht mit Kohle versorgt werden könne.
Der Plan sei nicht im Rechtssinne erforderlich. Denn seine Festsetzungen könnten aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht umgesetzt werden. Verschiedene Gesichtspunkte des Wasserrechts stünden dem entgegen. Insbesondere würden unzumutbar hohe Quecksilberfrachten ausgestoßen. Zwingende artenschutzrechtliche Vorgaben könnten nicht eingehalten werden. Der Schutz mehrerer auf dem Gebiet Schleswig-Holsteins liegender FFH-Gebiete könne nicht gewährleistet werden. Das Kraftwerk werde über den Kühlturm in nicht mehr tolerablem Maße Legionellen bzw. die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Biozide ausstoßen und dadurch sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Natur schädigen/gefährden.
Der Plan sei abwägungswidrig.
Das festgesetzte Nutzungsmaß beeinträchtige das Orts- und Landschaftsbild.
Der Betrieb des Industriekraftwerks werde in einem Umfang Lärm verursachen, der benachbarten Nutzungen nicht mehr zugemutet werden könne; deren Schutzanspruch habe die Antragsgegnerin ebenso unzutreffend bewertet wie die Erwartung, dass an anderer Stelle Lärmquellen verstopft werden sollten. Der Schallrahmenplan, Bestandteil der Abwägungsentscheidung, sei defizitär. Von benachbarten Nutzungen müsse das Planvorhaben größeren Abstand halten, weil das Industriekraftwerk als Störfallbetrieb anzusehen sei, hilfsweise deshalb, weil seine nicht zureichend auszuschließende Havarie den Störfall-Stammbetrieb mitreißen könnte. Die Bedeutung des vorhabenbedingten Schienen- und Straßenlärms sei verkannt worden. Die Luft werde durch den Kraftwerksbetrieb sowie An- und Abtransport von Kohle und Verbrennungsrückständen unzumutbar stark beeinträchtigt.
Die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen sei nicht im gebotenen Umfang gesichert.
Die Errichtung eines Kohlekraftwerks sei mit den Bemühungen, weitere Beeinträchtigungen des Weltklimas zu vermeiden, nicht zu vereinbaren.
Der Antragsteller beantragt,
den am 28. Juli 2014 als Satzung beschlossenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 603 „Industriekraftwerk Stade“ für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Sie treten dem Antrag ausführlich entgegen.
Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie Planaufstellungs- und sonstige Unterlagen Bezug genommen, deren wesentliche Teile Inhalt der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
Der Senat kann entgegen dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Antragstellers ohne eine Vertagung verhandeln und entscheiden. Die dem Prozessbevollmächtigten des Parallel-Verfahrens 1 KN 197/15 und der Prozessbevollmächtigten dieses Verfahrens zehn Tage vor dem Verhandlungstermin zugegangenen Unterlagen über die im Bereich der Bebauung an der Stader Elbstraße erteilten Baugenehmigungen waren nicht - für die Frage der Einstufung der Gebietsart - allein entscheidungserheblich und zudem vom Umfang her (Bauakten für sieben Gebäude) überschaubar. Herangezogen waren sie allein für die Frage, ob und gegebenenfalls wann Baugenehmigungen für eine allgemeine Wohnnutzung erteilt worden waren. Das gilt gleichermaßen für die ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt übersandten Unterlagen betreffend den Schallrahmenplan (ein Ordner), dessen Bedeutung ebenfalls nicht allein ausschlaggebend für eine Entscheidung betreffend den Abwägungsprozess hinsichtlich der Lärmauswirkungen des Vorhabens auf die Umgebung war. Weder Umfang noch Inhalt dieser Unterlagen beanspruchten einen zeitlichen Aufwand für die Durchsicht, der nicht im bis zur mündlichen Verhandlung verbleibenden Zeitpunkt zu bewältigen gewesen wäre. Das gilt auch dann, wenn die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerseite in dieser Zeit weitere Verfahren zu betreuen gehabt hätten.
Der Antrag ist zulässig.
Der Antragsteller ist ein nach § 3 UmwRG vom Umweltbundesamt anerkannter Umweltverband. Er kann daher nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.d.F. v. 20.7.2017 (BGBl. I S. 2808) einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan, der die Zulässigkeit eines UVP-pflichtigen Vorhabens begründet, stellen.
Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller sämtliche von ihm geltend gemachten Rechtsverstöße rügen kann. Zweifel, die sich daraus ergeben, dass fraglich ist, ob namentlich die gerügten Verstöße gegen raumordnungsrechtliche Vorschriften sowie gegen § 12 BauGB, wie dies § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG erfordert, Belange berühren, die zu den satzungsgemäß vom Antragsteller geförderten Zielen gehören, stellt der Senat zurück, da diese Verstöße - wie nachfolgend ausgeführt werden wird - nicht vorliegen.
I.
Formelle Fehler hinsichtlich der Planaufstellung sind nicht erkennbar.
1.) Die vom Antragsteller früher gerügten Ausfertigungsfehler liegen nicht vor. Die Planurkunde ist nach Beschlussfassung des Rates und vor der (ersten) Bekanntmachung ordnungsgemäß von der Bürgermeisterin unterschrieben worden. Davon hat sich die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers vor der mündlichen Verhandlung überzeugen können.
Die zusammenfassende Erklärung datiert ebenfalls vom 18. Dezember 2014. Im Zeitpunkt der Ausfertigung war der Vorhabenvertrag sowohl von der Beigeladenen (21.7.2014) als auch der Antragsgegnerin (29.7.2014) unterschrieben. Weder die erste Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis Stade vom 30. Dezember 2014 noch die erneute Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis Stade vom 9. Februar 2017 ist vom Antragsteller beanstandet worden. Entgegen der Rüge des Antragstellers bestand keine Pflicht, einen „Vorgang“ zur letzteren Bekanntmachung anzulegen und dem Gericht vorzulegen oder die Gründe für diese anzugeben.
2.) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 603 „Industriekraftwerk Stade (IKW Stade)“ verstößt nicht gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Danach sind Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vor der öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans ortsüblich bekannt zu machen. Eine bloße Auflistung der bereits eingegangenen umweltbezogenen Stellungnahmen oder Gutachten genügt nicht. Die Anstoßfunktion, die die Auslegungsbekanntmachung erfüllen muss, verlangt, dass über die Inhalte der bereits vorliegenden umweltbezogenen Gutachten oder Stellungnahmen zu informieren ist. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12 -, NVwZ 2013, 1413, Juris-Rdn. 23) die in einem konkreten Fall ausgesprochene Forderung der Vorinstanz, die vorhandenen Umweltinformationen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Bekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren, bestätigt hat, bedeutet das nicht, dass dies die einzige Möglichkeit ist, über den Inhalt der vorhandenen Informationsquellen zu informieren. Bereits die Vorinstanz hatte diese Forderung lediglich im Sinne eines Mindeststandards, der die - hier von der Antragsgegnerin gewählte - vollständige Auflistung sämtlicher eingegangener Stellungnahmen und deren inhaltliche Wiedergabe ersetzen könne, erhoben (VGH Mannheim, Urt. v. 12.6.2012 - 8 S 1337/10 -, DVBl. 2012, 1177 = juris Rn. 39). Es ist nicht erkennbar, dass das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeiten der planenden Gemeinde noch weiter einschränken wollte. Daraus folgt, dass die Gemeinde zwar nicht die Informationen für die Bekanntmachung auswählen darf, die sie für relevant hält, nicht aber, dass sie die relevanten Informationen nicht auch - wie hier geschehen - nach ihren „Quellen“ auflisten und, wie hier gleichfalls geschehen, mit umfassenden Titeln („Informationen“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BauGB) versehen darf, welche eine aussagekräftige thematische Zuordnung ermöglichen. Notwendig und unabdingbar ist lediglich, dass alle in den bisher eingegangenen Gutachten und Stellungnahmen angesprochenen Themen, wenn sie relevant sind, erfasst werden und dass sich die erforderliche „Anstoßwirkung“ ergibt, die den Bürger in die Lage versetzt oder ihn ermuntert, sich über den Plan zu informieren und gegebenenfalls mit Anregungen beizutragen. Diese Anforderungen gelten auch bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan; Anhaltspunkte für die Annahme des Antragstellers, hier seien UVG-Maßstäbe anzulegen, gibt es weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BauGB.
Diese Anforderungen sind hier gewahrt.
Dies gilt hier jedenfalls für die maßgebliche zweite Auslegung, die am 30. November 2013 bekannt gemacht wurde. Bereits bei der Bekanntmachung der ersten Auslegung am 16. Februar 2013 sind die jeweiligen vorliegenden umweltbezogenen Informationen nach den einreichenden Behörden oder Gutachtern gegliedert worden. In der zweiten Auslegung wurde dieses Schema beibehalten. Sie war im Vergleich mit der Bekanntmachung der ersten Auslegung nochmals im Umfang angewachsen und nach den Verfassern gegliedert in die drei Sparten a) Gutachten, b) Stellungnahmen von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange und c) Hinweise und Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit. Die Auflistung stellt zwar aufgrund ihrer Länge gewisse Anforderungen an die Erfassung aller benannten Umweltinformationen. In einem derart komplexen Verfahren wie dem vorliegenden mit einer Vielzahl einschlägiger Umweltinformationen - nicht zuletzt bedingt durch die umfangreichen Einwendungen im Rahmen der ersten öffentlichen Auslegung - ist dies aber unvermeidbar und dem Bürger zumutbar. Dass trotzdem noch die notwendige Anstoßwirkung gegeben ist, ergibt sich aus den jeweils genannten Titeln der einzelnen Bearbeitungen oder Stellungnahmen, die ausführlich Schlagworte und Benennungen der bearbeiteten Themen wiedergeben. Unter dem Namen oder der Bezeichnung des Gutachters oder der einreichenden Institution oder Person erscheint jeweils ein Schlagwort, das eine genaue Erkennbarkeit des behandelten Themas zulässt. Etwa: „C. GmbH: Vorkommen von Amphibien, Brut- und Gastvögeln und Fledermäusen im Plangebiet und Schutzstatus“ oder: „D. Consult: Gutachten zur Verdriftung von Fischlaich: Ermittlung und Minimierung von Auswirkungen der Kühlwasserentnahmen auf Fische, Fischeier und Larven“. Damit sind ausreichende Einzelheiten angeführt, die weitere Anregungen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geben können.
Die gewählten Schlagworte sind hinreichend aussagekräftig. Die planende Gemeinde ist nicht gehalten, diese so weit zu vereinfachen, dass auch der jeder Sachkunde bare Laie sie verstehen könne. Wenn sie das Ziel verfolgen soll, aus der Öffentlichkeit sachkundige Beiträge zu teils hochkomplexen Umweltfragen zu erhalten, kann die Auslegungsbekanntmachung ein Mindestmaß an Verständnis der einschlägigen Fachterminologie beim Leser voraussetzen. Dies betrifft etwa den Einwand der Antragstellerin im Verfahren 1 KN 197/15, ein Hinweis auf mikrobiologische hygienische Auswirkungen des Nasskühlturms könne nicht als ausreichende Bezeichnung des Themas „Legionellen“ angesehen werden. Soweit die Antragstellerseite weiter rügt, dass nicht auf Störfalleigenschaften sowohl des Kraftwerks selbst als auch des vorhandenen Chemiebetriebs aufmerksam gemacht wird, ergibt sich beispielsweise hierzu unter der Rubrik a) Gutachten aus dem dort zitierten Titel eines der Gutachten: „Vorläufiger anlagenbezogener Sicherheitsbericht in Anlehnung an § 9 Störfallverordnung: Ermittlung und Analyse der Risiken von Störfällen und Mitteln; Vermeidung von Störfällen sowie Schutz- und Notfallmaßnahmen“ eine ausreichende Anstoßwirkung hinsichtlich des Stichworts Störfall. Darüber hinausgehende Hinweise auf die Gefährdung von Wohnhäusern durch Störfälle müssen und können nicht erwartet werden. Einzelheiten können - angeregt durch die Stichworte in der Auslegungsbekanntmachung - vom Bürger ermittelt und vorgetragen werden, wenn sich aus oder nach Lektüre der eingeholten Gutachten oder Stellungnahmen Defizite ergeben. Die Bekanntmachung soll nicht die Lektüre der Gutachten ersetzen, sondern gerade im Gegenteil dazu anregen, diese auf etwaige Defizite zu überprüfen und gegebenenfalls eigene Erkenntnisse, die darüber hinausgehen, einzubringen.
Dass in der Überschrift der Bekanntmachung nur entsprechend der Planbezeichnung die Benennung als Industriekraftwerk verwendet wurde und damit das Wort Kohlekraftwerk nicht auftaucht, führt nicht zu einer Verringerung der Anstoßwirkung, weil unter den in der Bezeichnung der Stellungnahmen und Gutachten enthaltenen Stichworte ausreichend Hinweise enthalten sind, die eine Beschäftigung mit dem Thema anregen konnten. Als Beispiele für die Mitteilung, es handele sich beim Industriekraftwerk (IKW) um ein Kohlekraftwerk, lassen sich aus der hier allein interessierenden Bekanntmachung für die zweite öffentliche Auslegung im Stader Tageblatt vom 30.11.2013 etwa anführen:
· Gemeinde Haseldorf, Hetlingen, Haselau: „Kohletransport und Kohlelagerung, Auswirkungen durch Stäube“
· Landwirtschaftskammer Nds. Obstversuchsanstalt Jork: Fluor-, Kohlestaub“
· Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Atomaufsicht: Auswirkungen der Kohlelagerung
· Staatl. GAA CUX: Kohlelagerung,
· Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz Haseldorfer Marsch, Hetlingen e.V.: Kohlentransport und Kohlelagerung
· Gemeinsame Stellungnahme von Deutsche Umwelthilfe, Naturschutzbund, Bund für Umwelt und Naturschutz ...: Kohlendioxid-Emissionen, eingesetzte Kohle, Prüfung alternativer Kohlelagerung, Aufsätze zu Kohlekraftwerken
· Ingenieurbüro für Umweltschutztechnik: Schwermetalle in der eingesetzten Kohle
· Mehrere Stellungnahmen und Unterschriftslisten: Einsatz von Importkohle
Selbst wenn einzelne Themen sich mangels entsprechender Stichworte aus dem Bekanntmachungstext nicht hinreichend präzise entnehmen lassen sollten, würde dies im Übrigen allein nicht zur Unwirksamkeit des Plans führen können, weil es sich um „einzelne Informationen“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB handelte. Dass ein erheblicher Teil der benannten Umweltinformationen fehle oder unverständlich sei, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt und ist für den Senat auch nicht ersichtlich.
3.) Anhaltspunkte dafür, dass nicht alle nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB erforderlichen Unterlagen auslagen, bestehen nicht. Zu Unrecht vermisst der Antragsteller eine Kennzeichnung jedes ausgelegten Dokuments als „ausgelegt“. Weder das BauGB noch das NKomVG sehen das vor; aus dem Fehlen einer derartigen Auslegungsdokumentation lässt sich mithin kein Rückschluss dahingehend ziehen, nicht so gekennzeichnete Dokumente hätten nicht ausgelegen.
Dass die Gemeinde die ausgelegten Exemplare in anderen Ordnern, als sie die Vertreter der Antragsteller aus der Auslegung in Erinnerung hatten, im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat, lässt noch nicht den Schluss auf Unterschiede zwischen den „ausgelegten“ und den im Normenkontrollverfahren „vorgelegten“ Unterlagen zu. Eine Vorlage in den Originalordnern fordert der Senat - im Interesse der Stabilität der Heftung - nicht. In der Eingangsverfügung vom 29. Oktober 2015 zu dieser Sache hatte der Vorsitzende ausgeführt:
In Ihrem eigenen Interesse wird geraten, die Unterlagen in neue Büro-Ordner zu heften und diese nicht zu überfrachten. Im Rahmen von u. U. mehrfachen Akteneinsichtsnahmen wird den Ordnern ohnehin stark zugesetzt. Verbiegen sich dann die Bügel, besteht die Gefahr des Verlusts von Dokumenten.
Dass einzelne oder wesentliche Teile gefehlt hätten und während der Auslegung damit nicht einsehbar gewesen wären, ist nicht vorgetragen oder aus dem Vortrag erkennbar. Die Frage der Beweislast (vgl. dazu BayVGH, Urt. v. 14.7.2016 - 2 N 15.382 -, NVwZ-RR 2017, 65 = BayVBl 2017, 168 = NuR 2017, 274 [OLG Bamberg 18.01.2016 - 4 U 160/14]) stellt sich erst, wenn substantiierter Vortrag der Antragstellerseite die ernstliche Möglichkeit nahelegte, relevante Teile des Aufstellungsvorgangs seien nicht öffentlich ausgelegt worden. Solcher Vortrag fehlt. Die Antragstellerseite benennt kein einziges Dokument, das Teil des im Gerichtsverfahren vorgelegten Vorgangs ist, bei der hier allein maßgeblichen zweiten öffentlichen Auslegung aber nicht ausgelegt hatte/haben soll. Anschreiben an Gutachter gehören nicht zum notwendigen Inhalt auszulegender Vorgänge. Maßgeblich ist der Inhalt der erstatteten Gutachten.
Das Vorbringen, Gegenstand der Auslegung sei tatsächlich eine zeichnerische Planfassung mit Stand Oktober 2013 und nicht die in den als die Auslegungsunterlagen enthaltend eingereichten Ordnern und letztlich vom Rat beschlossene Fassung mit Stand November 2013 gewesen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass erforderliche Unterlagen nicht ausgelegen hätten. Soweit vorgetragen und für den Senat erkennbar, ist der einzige Unterschied zwischen beiden Planfassungen, dass in der letzteren ein offenkundiger Fehler in der Mengenangabe für Zinn in der textlichen Festsetzung 3.7. berichtigt wurde. Ob die textliche Festsetzung Nr. 3.7 für den höchstzulässigen Zinngehalt in der Auslegung 170 mg je Kilogramm Trockensubstanz eingesetzter Kohle statt – richtig – 10 mg betrug, ist irrelevant. Mit dieser „Abweichung“ bezeichnet die Antragstellerseite kein Indiz, welches den verlässlichen Schluss darauf zuließe, der Inhalt des (das zweite Mal) öffentlich ausgelegten Planentwurfs habe nicht mit dem übereingestimmt, was der Rat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen habe. Es spricht schon nach den von der Antragstellerseite genannten Daten vielmehr Überwiegendes dafür, dass eine solche „Fehleintragung“ im Auslegungsexemplar vor Beginn der öffentlichen Auslegung korrigiert worden war. Zweifel, deren Existenz erst die Frage der Beweislast aufwürfen, bestehen damit nicht.
Zudem gilt, dass es der planenden Gemeinde unbenommen bleibt, offensichtliche Schreibfehler bei der abschließenden Beschlussfassung zu korrigieren, ohne deshalb eine – und sei es beschränkte – weitere öffentliche Auslegung zu unternehmen. Der genannte unzutreffende Zinn-Wert wäre eine solche offensichtliche Unrichtigkeit (Schreibfehler).
4.) Nicht zu einem Defizit der Auslegung führt weiterhin, dass der Durchführungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht mit ausgelegt war. Im Rahmen der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist die Auslegung des Durchführungsvertrags allenfalls dann notwendig, wenn im Durchführungsvertrag abwägungserhebliche Teile geregelt sind, die sonst nicht erkennbar wären (Brügelmann, Komm., BauGB, § 12 Rdn. 72; OVG Münster, Urt. v. 12.12.2012 - 10 D 85/10.NE -, BRS 79 Nr. 25, Juris-Rdn. 34). Ob sich eine Pflicht zur „Mitauslegung“ des Durchführungsvertrags dann ergibt, wenn dessen Inhalt sich nicht aus dem Plan und der Planbegründung ergibt und/oder über diese hinausgehende Regelungen enthält, kann hier offen bleiben, weil die inhaltlichen Einzelheiten des Durchführungsvertrags in der mitausgelegten Planbegründung enthalten waren. So ist auf den Seiten 141 und 142 der Planbegründung Teil A eine inhaltliche Zusammenfassung enthalten. Darüber hinaus beschäftigt sich die Begründung auf den Seiten 5, 23 ff., 33, 55 und 74 mit der Kohleanlieferung per Schiff, die auch dort nur als „grundsätzlich beabsichtigt“ bezeichnet wird. Auf den Seiten 19 und 142 im Teil A der Begründung sowie Seite 159 im Teil B (Umweltbericht) werden die im Durchführungsvertrag vereinbarten Ausgleichsmaßnahmen angesprochen. In der Planbegründung (Teil A) wird unter der Ziff. 5.6, Seite 141 auch auf die Baulast zur Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen hingewiesen. Dem Leser der Planbegründung und des Umweltberichtes wurden damit Einzelheiten zum Inhalt des Durchführungsvertrags in ausreichendem Maße bekannt gemacht, so dass auch insoweit ausreichend eine Anstoßwirkung für Anregungen, mit denen sich der interessierte Bürger im Planaufstellungsverfahren beteiligen kann, gegeben war.
Entgegen der Behauptung der Antragstellerseite erweckte der Entwurf der Planbegründung nicht den „Eindruck“ (s. S. 6 unten des Protokolls der mündlichen Verhandlung), nach dem sich abzeichnenden Willen des Rates solle die Kohle uneingeschränkt auf dem Wasserweg, nach dem Durchführungsvertrag hingegen nur „grundsätzlich“ so angeliefert werden. Für die gegenteilige Behauptung, Seiten 74 und 124 der dann beschlossenen Planbegründung zuwider habe das „grundsätzlich“ im öffentlich ausgelegten Entwurf der Planbegründung gefehlt, ist die Antragstellerseite jede erläuternde Darstellung schuldig geblieben.
5.) Eine weitere (dritte) Auslegung war nicht erforderlich. Die von den Antragstellern insoweit angeführten Änderungen im Umweltbericht und in der Planbegründung, die zu einer Verlängerung der Begründung um zwölf Seiten geführt hätten, bedeuteten keine inhaltliche Änderung der Festsetzungen des Plans. Bloße Änderungen in der Begründung führen grundsätzlich nicht zu einer Veränderung des Plans und der daraus folgenden Notwendigkeit einer weiteren Auslegung (BVerwG, Urt. v. 8.3.2017 - 4 CN 1.16 - BauR 2017, 1474 = juris Rn. 14 ff.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 4a Rdn. 23 ff.). Ob mit Blick auf das Unionsrecht Abweichendes gilt, wenn Änderungen im Umweltbericht über eine bloße Neubewertung vorhandener Sachinformationen hinausgehen (vgl. hierzu BVerwG a.a.O., Rn. 18 f.), kann hier offen bleiben. Denn solche Änderungen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Soweit der Antragsteller geltend macht, der Umweltbericht trage nicht mehr dem Umstand Rechnung, dass im Durchführungsvertrag das Monitoring für vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) gestrichen, im Umweltbericht hingegen beibehalten worden sei, rügt er gerade keine Änderung, sondern die Beibehaltung des bisherigen Inhalts des Umweltberichts.
6.) Dass die Planurkunde auf die BauNVO in der Fassung von 1990/93 und nicht auf die Fassung von 2013 verwies, ist unschädlich. Zum einen wirkt der Hinweis auf die anwendbare Fassung der BauNVO lediglich deklaratorisch und entfaltet keine eigene Regelungswirkung. Zum anderen betreffen die Änderungen der letzt- gegenüber der erstgenannten Fassung der BauNVO ausschließlich Vorschriften, die für die Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans irrelevant sind.
7.) Die Rüge, dem Bebauungsplan sei keine zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB beigefügt gewesen, hat der Antragsteller fallen gelassen (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung).
8.) Der Umweltbericht weist keine Mängel auf. Ausführungen zu Vermögensschäden sind auch nach der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 14.3.2013 - C-420/11 -, Rdnr. 48) entbehrlich. Denn diese sind nur dann von Belang, wenn sie sich als Folge von Rechtsverletzungen darstellen; für sich allein können sie hingegen keinen Mangel des Plans begründen.
Sollte es doch der Behandlung von Vermögensschäden bedurft haben, führte dies wegen § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Halbs. 2 BauGB nicht zur Unwirksamkeit des angegriffenen Planes.
III.) Der Bebauungsplan verstößt – auch bei Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. Dr. E. - nicht gegen das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB, nach dem Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind.
1.) Der Festsetzung eines Sondergebietes für ein Industriekraftwerk nördlich der Mündung der Schwinge in die Elbe steht nicht die Ausweisung eines Vorranggebietes für ein Großkraftwerk südlich der Schwinge (LROP 2008 Ziff. 4.2) entgegen.
a) Dies gilt bereits deshalb, weil es sich bei dem Vorhaben nicht um ein Großkraftwerk im Sinne des Landesraumordnungsprogramms 2008 handelt. Nach den Erläuterungen zu diesem, S. 138, ist die Ausweisung der Vorranggebiete für Großkraftwerke von folgenden Erwägungen getragen:
Mit der Festlegung als Vorranggebiete sollen die genannten Kraftwerkstandorte gegenüber anderen Nutzungen dauerhaft gesichert werden. Als Großkraftwerke gelten solche, in denen eine elektrische Leistung von mind. 600 MW erzeugt werden kann. Auf die Vorgabe der einzusetzenden Primärenergie wird verzichtet, um die Option für alle Energieträger grundsätzlich offen zu halten.
Aufgrund ihrer Einpassung in das vorhandene Übertragungsnetz sind die vorhandenen Kraftwerkstandorte vorrangig zu nutzen. Dies gilt auch für den derzeit stillgelegten Standort Stade sowie für den im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens geprüften, benachbarten Ersatzstandort für das nicht mehr energiewirtschaftlich genutzte Kraftwerk in Meppen/Hüntel.
Der für die Energiegewinnung bisher noch nicht genutzte Standort Emden/Rysum ist auf Grund seiner Eignung langfristig für eine Ansiedlung eines Großkraftwerkes offen zu halten. Daneben kann dieser Standort zusätzlich für ein regeneratives Großkraftwerk sowie die Forschung und Entwicklung zu regenerativer Energiegewinnung genutzt werden. Diese Nutzungen haben die hafenwirtschaftliche Standorteignung am seeschifftiefen Fahrwasser sowohl für die Anlandung von Primärenergie als auch für die Verschiffung von Produkten zu beachten und entsprechende Nutzungsoptionen langfristig offen zu halten (siehe dazu auch Ziffer 2.1 09).
Die Festlegung am Standort Wilhelmshaven umfasst die Sicherung des vorhandenen Kraftwerkstandortes sowie das Offenhalten für weitere Großkraftwerke, für die die Lage am seeschifftiefen Fahrwasser für die Anlandung ihrer Primärenergie Standort bestimmend ist (siehe dazu Ziffer 2.1 09).
Daraus, dass danach für die Verortung der Vorranggebiete neben der Leichtigkeit der Anlandung von Primärenergie die „Einpassung in das vorhandene Übertragungsnetz“ maßgeblich war, ergibt sich, dass Großkraftwerke im Sinne der Ziff. 4.2 des LROP nicht nur die in den Erläuterungen ausdrücklich genannte Mindestleistung aufweisen, sondern zusätzlich nach Lage der Dinge dazu bestimmt sein müssen, die erzeugte Elektrizität zu wesentlichen Teilen in das öffentliche Versorgungsnetz abzugeben. Kraftwerke, die klar überwiegend der „Selbstversorgung“ eines wirtschaftlich mit ihnen verbundenen Industriebetriebs dienen, erfüllen diese Voraussetzung nicht und können weder von den Vorteilen einer Vorranggebietsausweisung profitieren, noch wären sie ggf. von einer Ausschlusswirkung derselben an anderen Standorten betroffen. Die „Selbstversorgungsfunktion“ muss dabei nicht energierechtlich oder durch entsprechende Bestimmungen im Bebauungsplan oder in der Anlagengenehmigung abgesichert sein; bereits wenn nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten auf unbestimmte Zeit nicht mit einer Abgabe wesentlicher Teile der produzierten Energie in das allgemeine Versorgungsnetz zu rechnen ist, wird die Zielsetzung der Vorranggebietsausweisungen, landesweit geordnete Energieversorgungsstrukturen raumordnerisch abzusichern, nicht berührt. Dass ein solcher Fall hier vorliegt, ist angesichts des gewaltigen Energiebedarfs des Chemiewerks der Beigeladenen auch nach Errichtung eines Gaskraftwerks auf dem Betriebsgelände nicht zweifelhaft.
b) Der Senat muss daher nicht entscheiden, ob der Ausweisung von Vorranggebieten für Großkraftwerke im LROP 2008 eine Ausschlusswirkung für andere Gebiete zukommt; schon deshalb war der auf diese Frage bezogene Beweisantrag 4 des Antragstellers sowie der Antragstellerin des Parallelverfahrens 1 KN 197/15,
„Beweis zu erheben durch Beiziehung der Aufstellungsvorgänge des LROP 2008 mitsamt Ausschussprotokollen und Plenumsprotokollen
zu der Frage, ob der Verordnungsgeber mit der Festlegung der Ziele der Raumordnung „Großkraftwerke“ ein abschließendes Gesamtkonzept verfolgt [habe],“
abzulehnen. Abzulehnen war der Beweisantrag aber auch deshalb, weil die Fragen, ob „der Verordnungsgeber“ mit der Ausweisung ein bestimmtes Gesamtkonzept verfolgt habe, bzw. was rechtlich relevante „Anhaltspunkte und Belege“ für eine Absicht „des Verordnungsgebers“, der Festsetzung von Vorranggebieten eine Ausschlusswirkung außerhalb derselben beizumessen, keine reine Tatsachenfragen wären, sondern die Rechtsfrage beinhalten, welche Bedeutung bestimmte - nicht näher bezeichnete - Passagen in - nicht näher bezeichneten - Dokumenten aus den Aufstellungsvorgängen für die Auslegung der Verordnung haben.
Der Senat war - unabhängig von der fehlenden rechtlichen Relevanz einer solchen Annahme - nicht gehalten, von Amts wegen weitere Ermittlungen zur Entstehungsgeschichte des LROP 2008 anzustellen und Materialien zu früheren Fassungen des Landesraumordnungsprogrammes beizuziehen; denn es gibt keine Hinweise darauf, dass diese zu der vom Antragsteller favorisierten Auslegung, die Vorranggebiete entfalteten hier Ausschlusswirkung für ein Großkraftwerk außerhalb derselben, hätten führen können. Mit einer Vorrangplanung werden festgelegte Bereiche für die vorgesehene Nutzung gegen entgegenstehende Planungen an gleicher Stelle gesichert. Eine Ausschlusswirkung für alle anderen Bereiche ist damit nur dann verbunden, wenn sich dies aus dem Raumordnungsplan unmissverständlich ergibt (OVG Münster, Urt. v. 16.6.2016 - 8 D 99/13.AK -, DVBl. 2016, 1191, Juris-Rdn. 315 ff.; Nds. OVG, Urt. v. 8.12.2011 - 12 KN 208/09 -, BRS 78 Nr. 10 m.w.N.). Soll mit dem Vorranggebiet zugleich ausgeschlossen werden, dass an anderer Stelle entsprechende Vorhaben errichtet werden, ist dies gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG a.F./§ 8 Abs. 7 Satz 2 ROG n. F. durch Darstellung eines Eignungsgebietes ausdrücklich anzuordnen. Eine solche Anordnung ist hier nicht geschehen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Anordnung sich aus den vorhergehenden Raumordnungsplänen in so eindeutiger Weise ergibt, dass im LROP 2008 auf eine Darstellung als „Eignungsgebiet“ verzichtet werden konnte.
Der Niedersächsische LROP-Geber hatte in seiner Praxis vor Erlass des LROP 2008 deutlich zu erkennen gegeben, er sei sehr genau über die Möglichkeiten orientiert, bestimmten Nutzungen räumliche Bereiche mit der Maßgabe zuzuweisen, sie seien außerhalb davon raumordnungsrechtlich unzulässig. Vor diesem Hintergrund hätte er in den Erläuterungen zum LROP 2008 ganz deutlich machen müssen, er sehe im Hinblick auf den Standort von Großkraftwerken von der Wahl des nunmehr zur Verfügung stehenden Instruments ab, Eignungs- mit Vorrangstandorten zu verbinden. Solche Hinweise fehlen vollständig in den Erläuterungen zum LROP 2008. Diese enthalten - im Gegenteil - zahlreiche Hinweise darauf, der Niedersächsische LROP-Geber habe um das raumordnungsrechtliche Instrument, das „Eignungsgebiete“ enthalten, gewusst und dieses Instrument nur dort eingesetzt, wo er die mit der Kombination beider Darstellungen eröffnete Exklusivwirkung wirklich habe eintreten lassen wollen.
Aus den früheren Fassungen des Landesraumordnungsprogramms folgt entgegen der Annahme der Antragsteller gerade nichts Anderes. In diesen bediente sich der Niedersächsische Raumordnungs-Verordnungsgeber der Möglichkeit, Nutzungen exklusiv bestimmten Bereichen zuzuordnen. Für die hier in Rede stehenden Kraftwerke fehlte es indes stets an solchen Regelungen. Im Einzelnen sind anzuführen:
In Art. 1 Nr. 4 der Änderungsverordnung vom 19. März 1998 (GVBl. S. 270), welche dem Änderungsgesetz vom 23. Februar 1998 (GVBl. S. 269) folgte, hatte der Verordnungsgeber bestimmt, Vorrangstandorte könnten mit Ausschlusswirkung für Zulassung dieser Art von Vorhaben an anderen Standorten verbunden werden (zu C 3.5 05 LROP sowie zu C 3.4 03). Das heißt: Schon 1998 wusste der Verordnungsgeber um die Möglichkeit, dass er mit der Zulassung einer Nutzungsart an der einen Stelle die Zulassung an einer anderen ausschließen konnte.
Damit nicht genug. Art. 1 Nr. 1 der Änderungsverordnung vom 28. November 2002 (GVBl. S. 739) verhält sich zu C 1.5 07 des LROP. Das betraf zwar nicht Großkraftwerke, sondern Tierhaltungsanlagen. Wenn der Verordnungsgeber aber mit der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung oder (sic!) der Festlegung von Eignungsgebieten die Zulassung solcher Anlagen an anderer Stelle für ausgeschlossen ansah, dann zeigt dies, er habe schon im Jahre 2002 um die Möglichkeit gewusst, mit der Darstellung von Eignungsgebiet - und sei es in Kombination mit Vorranggebiet - für andere Teile Niedersachsens eine Ausschlusswirkung für diese Art von Vorhaben an anderem Standort erreichen zu können.
In Nr. 2 lit. b der Änderungsverordnung vom 27. Juni 2006 (GVBl. S. 244) schließlich schloss der Verordnungsgeber mit Festlegung von Eignungsgebieten die Zulassung von Anlagen zur Windenergienutzung an anderer Stelle innerhalb der 12-Seemeilen-Zone aus.
Das heißt: Wenn der Verordnungsgeber bestimmten Nutzungen landesweit betrachtet Exklusivplätze zuordnen wollte, hatte er das auch getan, und zwar für verschiedene Arten der Nutzungen. Es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, diese Rechtssetzungstechnik sei ihm unbekannt oder aber er habe für andere Nutzungsarten von der Wahl dieses Regelungsinstruments deshalb abgesehen, weil er diese auf anderer als nunmehr geltender raumordnungsrechtlicher Grundlage schon immer oder früher ausgeschlossen gehabt habe. Für eine solche „Regelungsabstinenz aus Gründen raumordnungsrechtlicher Rechtstradition“, wie sie möglicherweise der Antragstellerseite vorschwebt, enthalten weder die Regelungen der raumordnungsrechtlichen Verordnungen noch ihre Erläuterungen den geringsten Anhalt.
All das erlaubt nur den Schluss, eine Ausschlusswirkung im Hinblick auf die Standorte von Großkraftwerken sei nicht nur in der Zeit vor dem Bestehen einer gesetzlichen Möglichkeit, sondern auch für die weitere Zukunft nicht gewollt gewesen. Vielmehr ergibt sich aus den Darstellungen und Erläuterungen zum Abschnitt 4.2 03 Satz 1 und 2 nur, dass die Standorte gegenüber anderen Nutzungen dauerhaft gesichert werden sollten, nicht aber ein Hinweis darauf, dass eine Ausschlusswirkung für andere Standorte als eindeutig gegeben vorausgesetzt worden wäre. Nichts Anderes lässt sich dem Hinweis im letzten Absatz der Erläuterungen (Seite 138 LROP 2008) entnehmen, dass in den Regionalen Raumordnungsprogrammen weitere Vorranggebiete für regional bedeutsame Standorte der Energieerzeugung festgelegt werden könnten. Vielmehr verdeutlicht dieser Satz lediglich die Selbstverständlichkeit, dass es nicht Aufgabe der Regionalplanung ist, Kraftwerkstandorte aus überregionalen Erwägungen heraus auszuweisen.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 603 ist zudem unverändert an das geltende Landes-Raumordnungsrecht angepasst. Die LROP-VO 2017 enthält in Nr. 4.2 03 Satz 1 unverändert die Aufzählung der 12 Standorte, darunter Stade, an denen Großkraftwerke errichtet werden sollen. Satz 2 dieser Bestimmung zufolge ist das Nähere in den Regionalen Raumordnungsprogrammen zu regeln. Das RROP 2013 des Landkreises Stade bestimmt in Nr. 2.1 09 Satz 3 (Fettdrucke jeweils im Original):
Hafenorientierte Großkraftwerke, die insbesondere der Versorgung angesiedelter Betriebe dienen, sind mit dem Vorranggebiet hafenorientierte wirtschaftliche Anlagen Stade raumordnerisch vereinbar.
Das wird flankiert durch Nr. 4.1.4 02 Satz 1 RROP Stade 2013 mit folgendem Inhalt:
Die regional bedeutsamen Häfen:
•Drochtersen-Ruthenstrom
•Freiburg
•Stadersand
•Industriekraftwerk Stade
•Wischhafen
sind einschließlich der Seezufahrten zu erhalten und entsprechend den Anforderungen auszubauen.
Das zeigt gleichfalls, dass der angegriffene Plan im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB angepasst „ist“.
Das geplante Industriekraftwerk widerspricht nicht dem im Landesraumordnungsprogramm 2017 (Ziff. 4.2. 03 S. 3) festgelegten Mindestwirkungsgrad von 55 % für ein Kraftwerk. Zum einen betrifft diese Festlegung die Vorrangstandorte für Großkraftwerke, zu denen das Industriekraftwerk, wie dargelegt, nicht zählt. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass es sich durch die geplante Kraft-Wärme-Koppelung um einen besonders energieeffizienten Betrieb der Anlage handeln wird, der durch die Möglichkeit, Prozessdampf in dem angegliederten Chemiewerk einzusetzen, mit einem daraus folgenden Brennstoffnutzungsgrad von bis zu 60 % zu einer weit höheren Effizienz gelangen kann, als bei „normalen“, allein der Fremdversorgung mit Strom dienenden Kraftwerken üblich (Planbegründung S. 52).
2.) Der Plan steht im Einklang mit dem unter Ziff. 2.1 09 LROP 2008 und 2017 festgelegten Vorranggebiet „hafenorientierte wirtschaftliche Anlagen“, das den Bereich des Bebauungsplans umfasst. Aus den Erläuterungen zum LROP 2008 ergibt sich (S. 78 der Erläuterungen), dass der Begriff „hafenorientiert“ weit auszulegen ist, wenn es dort heißt, „als hafenorientiert sind insbesondere solche Anlagen und Betriebe anzusehen, die auf einen hafennahen Standort ausgerichtet oder angewiesen sind“. Da die Kohle für das Industriekraftwerk über den Seeweg angeliefert werden soll, ergibt sich schon daraus, dass der Betrieb des Kraftwerks auf einen hafennahen Standort ausgerichtet ist. Dazu kommt selbständig tragend, dass das Industriekraftwerk dem ebenfalls in dem Vorranggebiet gelegenen Chemiebetrieb der Beigeladenen dient, der seinerseits mehr als die Hälfte der hergestellten Produkte über den Seeweg transportiert und ebenso seine Rohstoffe über den Seeweg bezieht. Im Regionalen Raumordnungsprogramm 2013 des Landkreises Stade vom 21. Juli 2014 wird ausgeführt, dass im Vorranggebiet „hafenorientierte wirtschaftliche Anlagen“, gerade auch Kraftwerke, die der Versorgung dort angesiedelter Betriebe dienen, mit dieser Zielsetzung vereinbar seien. In den Erläuterungen heißt es (S. 17): Hafenorientiert seien insbesondere solche Anlagen und Betriebe, die auf einen hafennahen Standort ausgerichtet seien, weil die Ver- und Entsorgung überwiegend über den Seeweg erfolgt. Da insbesondere die Belieferung eines Kohlekraftwerks mit Kohle (grundsätzlich) über den Seeweg durch die verminderte Beanspruchung der Belieferung über Straße oder Schiene auch eine Verminderung der Lärmimmissionen für die dortigen Anlieger bewirkt, andererseits aber die größtmögliche Wirkung nur mit einem tatsächlich hafennahen Standort zu ermöglichen ist, ist deshalb hier insbesondere im Hinblick auf die geplante Art der Anlieferung die hafenaffine Nutzung in diesem Sinne unabdingbar für den Betrieb.
3.) Durch die Planung eines Industriekraftwerks an der vorgesehenen Stelle wird nicht die Ausnutzung anderer Ziele des Raumordnungsprogramms verhindert. Weder die Nutzung noch der weitere Ausbau des Hafens Stade sind beeinträchtigt, weil der Schiffsanleger ausschließlich der Kohleanlieferung für das Kraftwerk und nicht weiteren Schiffsverkehr aufnehmen soll, während der Hafen Stade seinerseits nicht mit Blick auf die Bedürfnisse des Industriekraftwerks ausgebaut wird. Noch ist die Ausnutzung des Vorrangstandortes für ein Großkraftwerk südlich der Schwinge durch das Industriekraftwerk tangiert. Letzteres gilt schon deshalb, weil das Industriekraftwerk dem Industriebetrieb der Beigeladenen dient und nicht der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung, so dass der Standort des Großkraftwerks nicht schon mangels Bedarfs obsolet wird. Auch mit Blick auf den gebotenen Lärmschutz der umliegenden Nutzungen vereitelt das Vorhaben nicht die Errichtung eines weiteren Kraftwerks im Vorranggebiet. Das wird weiter unten im Zusammenhang mit der Abwägungsgerechtigkeit/Lärm im Einzelnen dargelegt. Dem Großkraftwerk verbleiben ausreichende Lärmreserven, aber auch die Kohlebelieferung des Industriekraftwerks per Schiff wird keine dem Großkraftwerk nachteiligen Folgen haben (s. gleichfalls weiter unten).
4.) Dass eine Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung gegeben ist, bestätigt sich letztlich noch durch ein Zielabweichungsverfahren, das hinsichtlich der Errichtung des Industriekraftwerks eingeleitet und mit Bescheid des Nds. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 1. September 2011 abgeschlossen worden war. Darin hatte das Ministerium auf die Erläuterungen des Regionalen Raumordnungsprogramms 2013 hingewiesen (S. 92 und 17) und angenommen, ein Zielabweichungsverfahren sei nicht notwendig.
IV.) Der Plan erfüllt die Voraussetzungen des § 12 BauGB. Danach muss sich ein vorhabenbezogener Bebauungsplan auf ein bestimmtes Vorhaben beziehen und dessen Details festlegen. Diese müssen im Vorhaben- und Erschließungsplan geregelt werden, der Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist. Zudem muss sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag zur Durchführung der geplanten Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten.
1.) Der Durchführungsvertrag ist - was ausreicht – von der Beigeladenen vor dem Satzungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan unterzeichnet worden. Damit war im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung die notwendige Konkretisierung und Festlegung des Vertragsinhalts herbeigeführt, so dass dieser der Abwägung zugrunde gelegt werden konnte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.10.2011 - 4 BN 19.11 -, BRS 78 Nr. 223 = juris Rn. 3; Brügelmann, BauGB, § 12 Rdn. 95).
2.) Der Plan erfüllt die Anforderungen an die Konkretisierung des Vorhabens in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45 = juris Rn. 23; Beschl. v. 10.8.2004 - 4 BN 29.04 -, BauR 2004, 1908 = juris Rn. 3 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 22.12.2014 - 1 MN 118/14 -, BauR 2015, 620 = juris Rn. 20 f.). Er enthält alle Festsetzungen, die ein qualifizierter Bebauungsplan enthalten muss. Er erfüllt die Voraussetzung, dass das (eine) Vorhaben im Vorhabenplan konkret beschrieben sein und sich nach den Festsetzungen verwirklichen lassen muss. Der Plan lässt mit den Möglichkeiten verschiedener Kühlung des Industriekraftwerks (IKW) - Durchlaufwasserkühlung und/oder Kühlturm - nicht etwa bis zu drei untereinander als „aliud“ anzusehende Vorhaben zu, sondern nur ein einziges, nämlich die Schaffung eines Industrie(kohle)kraftwerks, dessen Strom- und Nebenerträge (Dampf) im Wesentlichen allein der Beigeladenen zugutekommen sollen. § 12 BauGB lässt es zu, eine gewisse Flexibilität für die Verwirklichung des Vorhabens durch eine im Vorhabenplan gegebene „Bandbreite für die Nutzung“ zu gewährleisten. Die zulässige Bandbreite ist erst dann überschritten, wenn sich nach den Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Vorhaben verwirklichen lassen, die sich voneinander wesentlich unterscheiden. Das ist bei dem hier gegebenen Plan nicht der Fall. Festgesetzt ist ein Industriekraftwerk, das nach den weiteren Festsetzungen des Plans faktisch nur als Kohlekraftwerk errichtet werden kann. Die Planzeichnung enthält Einteilungen, nach denen erkennbar ist, welche Fläche etwa für das Kesselhaus, das Kohlelager, den Hauptschornstein oder einen möglichen Kühlturm vorgesehen ist. Die im Plan offen gehaltene (Wahl-)Möglichkeit zwischen einer Durchlaufkühlung und/oder einer Kühlung mittels Kühlturms führt nicht dazu, dass das Vorhaben als solches in seiner Identität verändert wird; es handelt sich vielmehr um ein zwar städtebaulich relevantes, im Gefüge der Gesamtauswirkungen des Vorhabens jedoch nicht zentrales Detail. Soweit der Antragsteller unter Berufung auf den Senatsbeschluss vom 22.12.2014 (a.a.O., juris Rn. 21) meint, der Vorhabenbeschreibung fehle die nötige Bestimmtheit bereits dann, wenn verschiedene nach dem Vorhaben- und Erschließungsplan mögliche Ausführungsvarianten jeweils unterschiedliche abwägungserhebliche städtebauliche Wirkungen auf ihre Umgebung entfalteten, überspannt er die Bedeutung der dort aufgestellten Forderung, das Vorhaben müsse mit seinen wesentlichen städtebaulich relevanten Parametern textlich und zeichnerisch konkret bezeichnet sein. Ebenso wenig wird durch die nur aufgenommene „Option“ für eine CCS-Anlage (Anlage zur CO2-Abscheidung) der Kraftwerkstyp als solcher berührt; denn die Möglichkeit der Errichtung einer solchen Anlage ist derzeit noch nicht ausgereift und daher allenfalls für zukünftige Planungen vorzusehen.
Die im Vorhabenvertrag, wie auch in der Planbegründung angesprochene Kohleanlieferung mit dem Zusatz „grundsätzlich per Schiff“ (vgl. dazu schon die obigen Ausführungen zum vermeintlichen Widerspruch zwischen ausgelegtem Entwurf der Planbegründung und Inhalt des Durchführungsvertrages) führt gleichfalls nicht zu Zweifeln hinsichtlich der Identität des mit dem Plan ermöglichten Vorhabens. Die Anlieferung per Schiff entspricht dem bisher vorgelegten Betriebskonzept der Beigeladenen und ist in der Abwägung des Plans auch als solche berücksichtigt. Entsprechende Gutachten, die den Schiffstransport berücksichtigen, sind Grundlage der Abwägung geworden. Aus ihnen ergibt sich, dass Schiffstransporte möglich sind. Der Beigeladenen wird für die Errichtung des Kraftwerks insoweit nicht über eine „Bandbreite“ hinausgehender Spielraum eingeräumt, da eine Genehmigung von Kohletransporten ausschließlich über Straße und Schiene nicht den für die Planung zugrunde gelegten Lärmprognosen entsprechen würde und damit nicht in Betracht kommt. Die Antragsgegnerin hat die Möglichkeiten der Errichtung der verschiedenen Kühlsysteme mit Stellungnahmen und Gutachten überprüft und die Genehmigungsfähigkeit jeweils festgestellt. Damit ist das planerisch vorgegebene Nutzungsspektrum abgegrenzt und für die Vorhabenträgerin erkennbar, in welchem Rahmen sich das Vorhaben bewegen muss. Das planerisch vorgesehene Nutzungsspektrum kann deshalb nicht „in seinem Kern“ variiert oder gar verlassen werden (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 10.8.2004 - 4 BN 29.04 -, BRS 67 Nr. 42; Brügelmann, a.a.O., § 12 Rdn. 25 bis 28 und 195).
3.) Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bestanden nicht in einem Maße, welches die Antragsgegnerin hätte veranlassen müssen, sich darüber weitere, nähere Informationen zu verschaffen oder gar eine Patronatserklärung ihres Mutterkonzerns geben zu lassen. Zwar gehört gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu den Voraussetzungen für die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist; hierüber muss sich die planende Gemeinde Gewissheit verschaffen (Gatz, in: Schlichter/Stich u. a., Berliner Kommentar zum BauGB, § 12 Rn. 8). Zweck dieses Erfordernisses ist es, vergeblichen Planungsaufwand der Gemeinde sowie das Entstehen von „Investitionsruinen“ zu vermeiden (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15.2.2006 - 3 K 35/04 -, NVwZ-RR 2006, 673 = juris Rn. 35). Diese Zwecke erfordern es indes nicht stets, eine Absicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit von dritter Stelle einzuholen, zumal die planende Gemeinde im Falle einer ausbleibenden Vorhabenverwirklichung ergänzend durch § 12 Abs. 6 BauGB geschützt wird. Gerade im Falle eines – wie hier – der planenden Gemeinde langjährig als zuverlässig bekannten und bereits am Ort tätigen Investors ist dies nur erforderlich, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das geplante Vorhaben seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen wird.
Das war hier auch angesichts der erheblichen Baukosten für das Vorhaben in der Größenordnung von 1,1 Milliarden EUR nicht der Fall. Die Antragsgegnerin durfte zu Recht berücksichtigen, dass die Beigeladene als größter Arbeitgeber in der Region schon seit vielen Jahren einen erfolgreichen Betrieb aufgebaut habe und sich in dieser Zeit als leistungsfähig erwiesen hat. Dies wird bestätigt durch die Ausführungen der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, die darauf hingewiesen haben, dass die Firma derzeit etwa einen Jahresumsatz von 2,7 Milliarden EUR erziele, in den Jahren 2010-2013 auf ihrem Werksgelände ein Gaskraftwerk von 400 Millionen Euro ohne erkennbare Finanzierungsschwierigkeiten errichtet habe und dass für die Beigeladene auf der „Einnahmenseite“ des Vorhabens erhebliche Planungssicherheit bestehe, da sie selbst Hauptabnehmerin der produzierten Energie ist, deren Drittbeschaffungskosten sie einspart. Es ist davon auszugehen, dass diese dessen Wirtschaftlichkeit auf dieser Grundlage gründlich geprüft und bejaht hat, zumal bereits die von ihr getragenen Planungskosten erheblich sein dürften. Die Antragsgegnerin durfte weiterhin als naheliegend annehmen, dass mit Blick auf das Investitionsvolumen der Mutterkonzern der Beigeladenen – unabhängig von der Vorlage einer Patronatserklärung – in die Planungen eingebunden war und diese befürwortete. Bereits deshalb kann dahinstehen, ob - wie der Antragsteller unwidersprochen vorträgt - die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin gegenüber einer Bürgerin ihre Einschätzung kundgetan hat, die Beigeladene werde lediglich tun, was der Mutterkonzern beschließe. Eine Äußerung dieses Inhalts ist rechtlich irrelevant. Zudem kommt es nicht auf Einschätzungen der Bürgermeisterin der Antragsgegnerin an, sondern darauf, was deren Rat annehmen durfte.
Es kommt hinzu, dass ein auch nur halbwegs vernünftiges Unternehmen die Schaffung eines so kostspieligen Vorhabens erst dann beginnen wird, wenn das zu seiner Finanzierung erforderliche Bankenkonsortium bis hin zu den Kosten der abschließenden Herstellung „grünes Licht“ gegeben hat.
4.) Durchführungsvertrag und Planfestsetzungen widersprechen sich nicht. Dies gilt auch, soweit in der Planbegründung (S. 142) eine dauerhafte Sicherung und Pflege bestimmter Ausgleichsmaßnahmen (Maßnahmen im Bereich Asslersand, vgl. S. 124-126 der Planbegründung) nach § 1a Abs. 3 BauGB angenommen wird, während diese Pflicht im Durchführungsvertrag nur für einen Zeitraum von 30 Jahren gesichert ist. Die grundsätzliche Verpflichtung, Ersatzmaßnahmen durchzuführen, ist zeitlich nicht begrenzt, sondern besteht unverändert für die ganze Zeit, in der das Kraftwerk betrieben wird. Die auf 30 Jahre begrenzte Pflicht, für die Zielerreichung (Herstellung eines bestimmten Lebensraums) im Rahmen der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen zu sorgen, ist einerseits flankiert von entsprechenden Baulasten, die erteilt wurden, und andererseits abzugrenzen von der Pflicht, einen einmal geschaffenen Zustand zu erhalten. Wie sich aus dem Umweltbericht und der Planbegründung ergibt, ist im Wesentlichen eine landwirtschaftliche „Weiternutzung“ der Flächen eingeplant, so dass insoweit die nach Zielerreichung notwendige Pflege gewährleistet ist. Damit kommt es letztlich nicht mehr darauf an, dass die durchschnittliche Laufzeit von Kraftwerken mit 30 Jahren beziffert wird (vgl. Umweltbundesamt „Daten und Fakten zu Braun- und Steinkohle“, 2015, S. 32 - www.thru.de).
Unabhängig davon sind die Pflicht der Antragsgegnerin zur Durchführung – d. h. auch zum dauerhaften Erhalt – der Ausgleichsmaßnahmen sowie die Erstattungspflicht der Vorhabenträgerin bereits in § 135a Abs. 2, 3 BauGB geregelt. Die Verankerung einer Erstattungspflicht zusätzlich im Durchführungsvertrag ist mithin nicht konstitutiv für diese.
V.) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 603 „Industriekraftwerk Stade (IKW Stade)“ ist städtebaulich gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB.
1.) Städtebaulich erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind Pläne, deren Festsetzungen geeignet sind, die städtebaulichen Ziele, die eine Gemeinde sich setzt, zu erreichen. Nicht erforderlich sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urt. v. 27.3.2013 - 4 CN 6.11 -, BRS 81 Nr. 2) „Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind“, sowie Pläne, „die von vornherein nicht geeignet sind“, diese Ziele zu erreichen. Welche Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt dabei in ihrem planerischen Ermessen. Dabei kommt es auf solche rechtlichen Hindernisse an, die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits erkennbar waren. Rechtliche Hindernisse, die eintreten, nachdem ein Bebauungsplan wirksam geworden ist, können allenfalls zur Funktionslosigkeit führen.
Ob auch Änderungen der Rechtsprechung, aus denen sich für die Zukunft rechtliche Hindernisse wegen einer aufgrund der geänderten Rechtsprechung eintretenden Genehmigungsunfähigkeit eines Vorhabens ergeben, für die Gemeinde bei der Planaufstellung unvorhersehbar sein können und dann nicht berücksichtigt werden müssen, sondern lediglich zu einer nachträglich eintretenden Funktionslosigkeit führen (vgl. Brügelmann, BauGB, a.a.O., § 1 Rdn. 167, BVerwG, Beschl. v. 24.10.1990 - 4 NB 29.90 -, BRS 50 Nr. 3; BVerwG, Urt. v. 18.11.2004 - 4 CN 11.03 -, BVerwGE 122, 207 = BRS 67 Nr. 218; Beschl. v. 22.7.2010 - 4 B 22.10 -, BRS 76 Nr. 67), kann dahinstehen. Denn selbst unter Berücksichtigung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der angegriffene vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht vollzugsunfähig.
2.) Die Errichtung des Kohlekraftwerks ist nicht bereits deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, weil durch den zu erwartenden Quecksilbereintrag in die Elbe über den Wasser- und/oder den Luftpfad die Voraussetzungen der Wasserrahmenrichtlinie und damit einer Genehmigung nach dem Wasserhaushaltsgesetz nicht erfüllt werden könnten. Der in Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG v. 23.10.2000) formulierte § 27 WHG verlangt, dass die Bewirtschaftung von Oberflächengewässern nicht zu einer Verschlechterung ihres ökologischen oder chemischen Zustands führt und ein guter ökologischer oder chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird. Die in der Wasserrahmenrichtlinie enthaltenen Grundsätze sind von den Mitgliedsstaaten der EU zu beachten. Im Fall eines Verstoßes gegen die europarechtlichen Bestimmungen ist eine Erlaubnis zu versagen.
Dass die Umsetzung des Plans an diesen Voraussetzungen endgültig scheitert, stand und steht nicht fest. Dies gilt selbst dann, wenn man der Beurteilung der Erforderlichkeit bereits die Grundsätze zugrunde legt, die das Bundesverwaltungsgericht (erst) in seinem Urteil vom 9. Februar 2017 (- 7 A 2.15 -, NVwZ 2017, Beilage Nr. 3, 101 ff. = Juris Rn. 578 ff.) aufgestellt hat. Zwar hat dieses unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 1.7.2015 – C-461/13) festgestellt, dass bei Gewässern, deren chemischer Zustand - wie der der Elbe im hier fraglichen Abschnitt (die maßgebliche Quecksilberkonzentration in Biota soll bei einer rund 100 Mikrogramm/kg Frischgewicht gegenüber einer Umweltqualitätsnorm von 20 Mikrogramm/kg Frischgewicht liegen) - als „nicht gut“ eingestuft worden ist, jede weitere nachteilige Veränderung des chemischen Zustandes deren unzulässige Verschlechterung darstellt. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht auch klargestellt (a.a.O., juris Rn. 580), dass nur eine messtechnisch erfassbare Zunahme der Schadstoffkonzentration als Verschlechterung zu Buche schlage. Da der chemische Zustand anhand der Schadstoffkonzentration in Biota (hier der Brasse), d. h. beim „Input“ zu beurteilen ist, muss dort die Zunahme der Schadstoffkonzentration messbar sein. Die Antragstellerseite mag diese Anknüpfung als widersinnig beklagen, doch hat der Gesetzgeber „nun einmal“ nicht an den Schadstoff-„Output“ angeknüpft und mehr oder minder unwiderleglich vermutet, dieser werde sich kausal in einer Verschlechterung des chemischen Gewässerzustandes niederschlagen. Zweifel daran, die es zweckmäßig erschienen ließen, der Anregung der Antragsteller nachzugehen, die Frage
ob der Begriff der Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers in Art. 4 Abs. 1 Buchst. A Ziffer i der WRRL dahingehend auszulegen ist, dass eine Verschlechterung in dem vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 01.07.2015 in der Rechtssache C-461/13 definierten Sinne dann vorliegt, wenn im Fall eines schlechten chemischen Zustands eines OWK (Oberflächenwasserkörpers) aufgrund der Überschreitung einer Umweltqualitätsnorm jeder weitere neue Eintrag desselben prioritären Stoffs von außen der unstreitig auf das Gewässer einwirkt, offensichtlich eine Verschlechterung darstellt,
dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorzulegen, hegt der Senat nicht. Die im Gewässerökologischen Gutachten C. vom 30.10.2012 ermittelten Mengen, die über das Abwasser (1,1 kg/a) beziehungsweise über den Luftpfad (0,7 kg/a) in die Elbe emittiert werden, fallen im Verhältnis zum Gesamteintrag im fraglichen Bereich (rund 2.000 kg/a werden unstreitig ohne das Vorhaben von der Elbe in die Nordsee eingetragen) kaum ins Gewicht. Ob und wie dieser Eintrag zu einer messtechnisch erfassbaren Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers nach den o.g. Grundsätzen an dieser Stelle führt, ist nicht eindeutig erkennbar und bedarf weiterer Feststellungen, so dass eine Genehmigungsfähigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. dazu etwa auch den Bericht der „ad-hoc“-Arbeitsgruppe F. vom August 2016). Sind eindeutige Kriterien zu Messbarkeits- und Zurechenbarkeitsgrenzen noch nicht entwickelt und damit schon anwendbar, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sowohl eine Genehmigung als auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 31 WHG endgültig ausgeschlossen erscheinen (vgl. etwa auch Füßer/Lau, NuR 2015, 589; Dallhammer/Fritzsch, ZUR 2016, 314; Faßbender, ZUR 2016, 195). Dies gilt umso mehr, als nach einer von der Antragstellerseite benannten Ausarbeitung (G. /H. /I., Gutachten im Rahmen der Entwicklung einer medienübergreifenden Quecksilberminderungsstrategie für Nordrhein-Westfalen) noch weitere als die bislang von der Beigeladenen erwogenen Möglichkeiten zur Reduktion des Quecksilberausstoßes von Kohlekraftwerken bestehen sollen.
3.) Ein der Genehmigung des Betriebs eines Kohlekraftwerks grundsätzlich entgegenstehendes Verbot, das die Erforderlichkeit des Plans in Frage stellt, lässt sich nicht Art. 4 Abs. 2 WRRL i.V.m. Art. 16 WRRL entnehmen. Die unmittelbare Geltung dieses so genannten „phasing-out-Ziels“ ist umstritten und seine Geltung und Anwendung in letzter Konsequenz keinesfalls geklärt (ablehnend etwa Hess. VGH, Urt. v. 14.7.2015 - 9 C 1018/12.T -, ZUR 2016, 44 [OVG Rheinland-Pfalz 11.09.2015 - 8 B 10875/15.OVG]; Urt. v. 14.7.2015 - 9 C 217/13.T -, ZUR 2016, 175; OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 - 8 D 58/08.AK -, NWVBl 2012, 181 = BauR 2012, 773 = ZfW 2012, 143 = BRS 78 Nr. 211; OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013 - 5 E 11/08 -, ZUR 2013, 357 = NordÖR 2013, 322 = NuR 2013, 727). Die Antragsgegnerin hat sich mit diesen Fragen (im Rahmen der Abwägung der eingegangenen Anregungen) ausführlich auseinandergesetzt und festgestellt, dass die endgültige Entscheidung dem Genehmigungsverfahren vorbehalten sein muss, in dem erst letzte Einzelheiten geklärt werden (können). Die Genehmigungsfähigkeit ist damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. S. 143 der Abwägungstabelle, Beiakte 17).
4.) Die Erforderlichkeit der Planung scheitert nicht daran, dass unter Berücksichtigung des Störfallrechts notwendige Sicherheitsabstände zu schutzwürdigen Nutzungen von dem geplanten Vorhaben nicht eingehalten würden. Das wird ins Einzelne gehend im Zusammenhang mit der Abwägung der Störfallproblematik weiter unten dargetan werden.
5.) Die Realisierbarkeit des Plans ist nicht deshalb in Frage gestellt, weil die Kohleanlieferung per Schiff über einen in unmittelbarer Nähe zum Standort des Kohlekraftwerks zu errichtenden Schiffsanleger zwar der Abwägung zugrunde gelegt, nicht aber in dem Plan festgesetzt ist. Die Antragsgegnerin konnte und musste insoweit auf das Planfeststellungsverfahren verweisen. Denn der Anleger kann aus Rechtsgründen nicht im Verfahren des Bebauungsplans, sondern nur in einem wasserrechtlichen Verfahren geplant werden. Dass dessen positiver Ausgang nicht ungewiss oder gar ausgeschlossen ist, ergibt sich in ausreichendem Maß aus den zu den Auswirkungen eines Schiffsanlegers eingeholten Gutachten (Gutachten Reg. Nr. 7 BA 28 und Reg. Nr. 13-15 BA 29). Der Planung des Schiffsanlegers steht nicht das LROP entgegen, weil mit der Darstellung eines Hafens für Stade an anderer Stelle eine Ausschlusswirkung nicht verbunden ist, eine Beeinträchtigung des für andere Zwecke als die Kohleanlieferung der Beigeladenen vorgesehenen Hafens nicht zu erwarten ist und überdies ein Schiffsanleger der an dieser Stelle vorgesehenen hafenaffinen Nutzung dient.
Es bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dieser Industrieanleger werde wegen Behinderung des Schiffsverkehrs auf der Elbe nicht genehmigt werden können.
Die hier interessierenden FFH-Gebiete liegen ausschließlich auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein. Der Schiffsanleger wird auf keinen Fall die in der Elbe verlaufende Landesgrenze erreichen; eine FFH-Problematik stellt sich mithin im Zusammenhang mit der Lage des Industrieanlegers nicht.
6.) Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit einer Durchlaufkühlung wegen der mit ihr verbundenen Gefährdung/Beeinträchtigung der Fischbestände sind nicht geeignet, die Realisierbarkeit der Planung in Frage zu stellen. Selbst wenn die Genehmigung ausgeschlossen wäre, bleibt die Möglichkeit der Umsetzung des Plans durch das im Plan alternativ vorgesehene Kühlsystem mittels Kühlturm. Dessen grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit ist in ausreichendem Maß gutachterlich nachgewiesen. Davon abgesehen greifen die Bedenken der Antragstellerseite gegen die Genehmigungsfähigkeit einer Durchlaufkühlung nicht durch. Die Antragsgegnerin hat sich mit den insoweit erhobenen Einwendungen (S. 127 ff. der Abwägung der Einwendungen) ausführlich auseinandergesetzt. Substantiierte Bedenken gegen die Richtigkeit ihrer Ausführungen sind weder im gerichtlichen Verfahren vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich.
VI.) Der Bebauungsplan leidet nicht an Mängeln in der Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB).
Ein Abwägungsmangel liegt vor, wenn eine Abwägung überhaupt nicht vorgenommen ist oder der Ausgleich zwischen den verschiedenen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der die objektive Gewichtung eines dieser Belange verfehlt (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301). Das Abwägungsgebot erlaubt und verlangt einen flexiblen und dem Einzelfall gerecht werdenden Interessenausgleich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Dafür ist maßgebend, ob eine zutreffende und vollständige Ermittlung aller betroffenen Belange und Interessen vorgenommen worden ist und die Abwägung in nachvollziehbarer Weise durchgeführt ist. Die Regelungsdichte im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans in Verbindung mit dem Durchführungsvertrag, in dem sich der Vorhabenträger zur Ausführung des durch den vorhabenbezogenen Plan konkretisierten Vorhabens verpflichtet, schließt es jedoch nicht grundsätzlich aus, bestimmte Konfliktlösungsmöglichkeiten in das auch in diesem Fall zwingend nachfolgende Genehmigungsverfahren zu verlagern. Hier ist gleichfalls grundsätzlich erforderlich, dass die Lösung hinreichend absehbar ist (BVerwG, Beschl. v. 23.6.2003 - 4 BN 7.03 -, BRS 66 Nr. 22; Brügelmann, BauGB, a.a.O., § 12 Rdn. 171). Unabdingbar ist allerdings, dass die getroffenen Feststellungen ausreichen, um die Konfliktlösung im Einzelnen absehen zu können.
Diesen Anforderungen wird der angegriffene Plan gerecht, denn die Antragsgegnerin hat umfassend Gutachten und Stellungnahmen zu den hier relevant werdenden Fragen eingeholt und damit eine breite Tatsachengrundlage geschaffen, auf der die Abwägung beruht. Den Anforderungen an die Möglichkeit der Konfliktverlagerung gerade im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans, dass „umso weniger Raum (ist) je weitergehender das geplante Vorhaben durch die Festsetzungen in der Planurkunde und die sie ergänzenden Regelungen in dem Durchführungsvertrag bereits konkretisiert wird“, ist hier Rechnung getragen. Nur wenige „Restfragen“ bleiben offen, die der Letztprüfung im Genehmigungsverfahren zugeführt werden, aber auch vorbehalten bleiben müssen (BVerwG, a.a.O.; Urt. v. 7.5.2014 - 4 CN 5.13 -, BRS 82 Nr. 50, Juris-Rdn. 25; OVG Münster, Urt. v. 17.2.2011 - 2 D 36/09.NE -, BRS 78 Nr. 32, Juris-Rdn. 283). Denn die Beantwortung dieser Restfragen ist von der erst bei der Vorhabenzulassung abschließend zu bewerkstelligenden Konkretisierung abhängig.
1.) Die Antragsgegnerin hat in ausreichendem Maße die gemäß § 1a Abs. 4 BauGB i.V.m. § 34 BNatSchG zu berücksichtigende Fragen einer erheblichen Beeinträchtigung der nördlich der Elbe vorhandenen Natura-2000-Gebiete überprüft. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Auswirkungen, die ein Biozideinsatz zur Bekämpfung von Legionellen in einem ggf. zu errichtenden Kühlturm auf diese Gebiete haben könnte.
Die von der Antragstellerseite angeführte 42. BImSchV (Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider) vom 12. Juli 2017, BGBl. I S. 2379) konnte im Planaufstellungsverfahren keine Rolle spielen. Denn sie wurde erst rund 3 Jahre nach dem Satzungsbeschluss erlassen. Ihr Inhalt zeichnete sich im Juli 2014 noch nicht so verlässlich ab, dass die Antragsgegnerin ihn hätte berücksichtigen können, erst recht nicht: müssen. Zudem dürfte diese 42. BImSchV gerade zeigen, dass der Gesetzgeber die mit dem Betrieb von Kühltürmen einhergehenden Fragen als gut lösbar ansieht.
Aus dem im Planaufstellungsverfahren angefertigten Gutachten zum Biozideinsatz im Kühlsystem (Gutachten v. 13.11.2012, Verzeichnis der Gutachten, RgNr. 3 - BA 22) ergibt sich, dass bei einem Biozideinsatz im Rahmen der Kühlturmreinigung aus Anlass eines Legionellenbefalls die Restmengen im Abwasser so gering sind, dass die Grenzen der Abwasserverordnung eingehalten werden. Auf dieser Grundlage habe man, wie die im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin J. mündlich überzeugend erläutert hat, den „Biozidanteil“ in Schwaden des Kühlturms für so gering erachten können, dass eine Prüfung des Umfangs dieser Niederschläge im FFH-Gebiet sich erübrigt habe; denn die ohnehin geringe Belastung, die sich im Abwasser ergebe, werde, soweit sie in Schwaden vorhanden sei, durch die Verteilung der Schwaden weiter verdünnt. Letzteres wird erhärtet durch das Gutachten zur Verteilung von Keimen (insbes. Legionellen) durch die Schwadenbildung. Darin wird festgestellt, dass aufgrund der Verdünnung und/oder durch die windbedingte Verteilung eine signifikante Beeinträchtigung der Umgebung nicht zu erwarten ist (Gutachten K. -L. v. 18.11.2011, RgNr. 20 Verzeichnis der Gutachten - BA 25). Gilt hinsichtlich der Verteilung von Keimen in Schwaden des Kühlturms, dass eine besondere Verdünnung durch Verteilung zu erwarten ist, muss dies auch für die durch einen Biozideinsatz zur Reinigung anfallenden Inhaltsstoffe gelten, so dass die Ausführungen der Gutachterin zu dem zu erwartenden Anteil dieser Stoffe in Schwaden plausibel erscheinen.
Aus der von der Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme der Frau Prof. Dr. M. vom 25. September 2017 zu dieser Frage ergibt sich nichts Anderes. Diese führt aus, dass Biozide beziehungsweise ihre Abbauprodukte zwar grundsätzlich geeignet seien, negativ auf Lebensräume und damit auf die der FFH-Gebiete einzuwirken. Jedoch führt die Gutachterin gerade weiter aus, ohne Kenntnis von Menge und Größenordnung lasse sich eine Feststellung, ob eine negative Betroffenheit ausgeschlossen werde, nicht treffen. Gerade auf eine Prognose der voraussichtlichen Biozidkonzentration hatte die Gutachterin J. ihre Einschätzung aber gestützt. Angesichts dessen verfügte der Senat bereits über eine ausreichende Erkenntnisgrundlage, um auf die von der Antragstellerseite mit ihrem Beweisantrag 2 beantragte Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten zur Frage, ob
ein Biozideinsatz im Betriebsmodus Kühlturm auszuschließen ist
und
bei einem möglich notwendigen Biozideinsatz im Kühlturmbetrieb erhebliche Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes Unterelbe sowie unter anderem der FFH-Gebiete Unterelbe und Schleswig-Holsteinisches Elbästuar durch Biozid-Emissionen von vornherein auszuschließen sind,
zu verzichten.
Unabhängig davon war die Antragsgegnerin bereits deshalb nicht gehalten, der Frage einer Gefährdung der benachbarten Natura-2000-Gebiete durch eine Verbreitung von Bioziden über die Kühlturmschwaden näher nachzugehen, weil es an hinreichend substantiierten Hinweisen im Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren fehlte, die dazu angestellten, oben angesprochenen gutachterlichen Untersuchungen könnten unzureichend sein. Die bloße Rüge der Antragstellerseite, die Biozide gelangten über den Tröpfchenaustrag aus dem Kühlturm in Gewässer, das Grundwasser und den Boden, genügt vor dem Hintergrund, dass die Gutachter die weitere Untersuchung dieser Frage mit Blick auf die zu erwartende geringe Konzentration dieser Schadstoffe für unnötig hielten, nicht, um der Antragsgegnerin insoweit weiteren Ermittlungsbedarf vor Augen zu führen.
Selbst wenn im Übrigen im Falle eines Biozideinsatzes während des laufenden Kühlturmbetriebes eine Beeinträchtigung der umliegenden Natura-2000-Gebiete nicht auszuschließen gewesen wäre, hätte die Antragsgegnerin diese Problematik im Planaufstellungsverfahren nicht näher untersuchen müssen. Sie durfte die abschließende Untersuchung dieser Frage dem Genehmigungsverfahren vorbehalten. Mit den im Genehmigungsverfahren (erst) vorhandenen Detailkenntnissen muss eine letzte Feinabstimmung vorgenommen werden können (BVerwG, Beschl. v. 24.3.2015 - 4 BN 32.13 -, BRS 83 Nr. 9; Brügelmann, Komm. BauGB Stand April 2017, § 1a RdNr. 324). Ein solcher Konflikttransfer in das Genehmigungsverfahren ist auch bei Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans möglich, denn auch diesem fehlt die „letzte Planschärfe“, die jedes Detail regelt.
Ein solcher Konflikttransfer war hier konkret zulässig, denn erst im Genehmigungsverfahren muss abschließend entschieden werden, ob ein Biozideinsatz ohne Abschaltung des Kühlturms überhaupt zugelassen und wie dieser ggf. ausgestaltet wird. Offen bleiben kann dabei, ob ein Biozideinsatz im Kühlsystem, wie die Antragstellerseite mit der ersten Frage ihres Beweisantrags Nr. 2 unter Beweis stellt, überhaupt zwingend erforderlich ist. Jedenfalls sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass es rechtlich nicht möglich wäre, der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren aufzugeben, in einem solchen Fall den Kühlturm – notfalls zusammen mit dem gesamten Kraftwerk – vorübergehend außer Betrieb zu nehmen. Dies gilt namentlich in Anbetracht des Umstandes, dass alternative Möglichkeiten der Legionellenbekämpfung – UV-Bestrahlungen und Wärmebehandlungen, vor allem aber eine Prävention zusätzlich zur umfassenden Wartung und Überwachung sowie regelmäßigen Reinigung des Kühlsystems – unstrittig bestehen, die Erforderlichkeit des Biozideinsatzes mithin auf Ausnahmefälle beschränkt ist.
2.) Das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung ist nicht zu beanstanden. Die Schornsteinhöhe von mindestens 129 m üNN ist nicht zu reduzieren, da anderenfalls die notwendige Verdünnung der ausgestoßenen Gase nicht erreicht wird. Schon das führt dazu, dass die Zulassung des – niedrigeren – Kühlturms nicht mit Rücksicht auf das Ortsbild zu unterbleiben gehabt hätte. Dieses wird durch die Zulassung des Kühlturms nicht in abwägungswidriger Weise beeinträchtigt. Nach dem in der mündlichen Verhandlung per Beamer betrachteten Luftbild wird die Umgebung durch das vorhandene Werk der Beigeladenen sowie die begleitenden Gewerbetreibenden schon in einer Weise beeinflusst, welche das unmittelbar anschließende Gelände für das Vorhaben aufnahmebereit macht. Der verbleibende, geringe Schutzanspruch wird durch die gewählte Art des Kühlturms nicht abwägungswidrig verletzt.
Nur ergänzend ist daher auszuführen: Der von der Antragstellerseite favorisierte Hybridkühlturm mag zwar eine geringere Höhe beanspruchen. Mit seiner Wahl wären aber signifikante Nachteile in der Gestalt deutlich höherer Herstellungskosten, vor allem aber deutlich höheren Lärms verbunden. Seine Zulassung wäre daher geeignet gewesen, die Verwirklichung des für Bestand und Entwicklung der Beigeladenen eminent wichtigen Vorhabens aus abwägungsbeachtlichen Lärmgründen ernstlich zu gefährden.
3.) Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der Abwägung der für die Umgebung des Plangebiets zu erwartenden Lärmauswirkungen alle notwendigen Belange eingestellt und entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet. Sie hat die vom Vorhaben auf umliegende schutzbedürftige Nutzungen einwirkenden Schallimmissionen – in festsetzungstechnisch einwandfreier Weise (a) – durch ein Lärmemissionskontingent begrenzt. Sie hat sich hinreichende Gewissheit verschafft, dass das Vorhaben unter Beachtung dieses Kontingents realisierungsfähig ist (b). Sie hat geprüft, ob das Vorhaben bei voller Ausschöpfung des Kontingents mit den Schutzansprüchen umliegender schutzbedürftiger Nutzungen vereinbar ist (c) und ermittelt, dass in diesem Fall noch hinreichende Spielräume für die Verwirklichung weiterer von der Antragsgegnerin gewünschter, insbesondere in höherrangigen Planungen vorgesehener Vorhaben bestehen (d). Schließlich hat sie sich vergewissert, dass nicht durch nicht von der Lärmkontingentierung gesteuerte, gleichwohl planbedingte Entwicklungen unzumutbare Lärmbelastungen entstehen (e). Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden.
a.) Die im Plan festgesetzten Emissionskontingente sind nicht schon deshalb zu beanstanden, weil die Schallkontingente nicht im Einzelnen, d. h. auf bestimmte Teilbereiche aufgeteilt sind. Im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans handelt es sich um nur einen Vorhabenträger und nur ein Vorhaben. An der ausreichenden Konkretisierung fehlt es nicht. Die im Rahmen der Aufstellung von Angebotsbebauungsplänen entstehenden Probleme hinsichtlich der Lärmkontingentierung sind deshalb hier bereits aus diesem Grund ausgeschlossen. Eine besondere Differenzierung für die einzelnen Anlagenteile des Gesamtbetriebs ist nicht deshalb notwendig, weil diese jeweils einzeln zu bewerten wären. Alle Anlagenteile wie Kesselhaus oder Kühlturm sind voll nutzbar nur als Teile des Gesamtprojekts und damit auch dessen Lärmauswirkungen insgesamt zuzurechnen. Ihren jeweiligen Besonderheiten trägt der Plan insoweit Rechnung, als dieser die Abschnitte (Teilbereiche) festsetzt, in denen sie zu errichten sind.
b.) Die Antragsgegnerin hat sich in nicht zu beanstandender Weise vergewissert, dass das Vorhaben das vorgegebene Lärmkontingent einhalten kann. Namentlich hat sie berücksichtigt, dass eine CCS-Anlage zwar nach dem derzeitigen Entwicklungsstand noch nicht vorgesehen werden kann, aber dann, wenn der Stand der Technik erreicht ist, ggf. nachgerüstet werden muss. Die für diese Anlage notwendigen Schallkontingente sind bei den Berechnungen berücksichtigt worden und in die Gesamtschallimmissionen bereits mit eingerechnet (Gutachten K. -L., RgNr. 30 des Gutachtenverzeichnisses - BA 25, S. 35 sowie S. 38 bis 40 zu den Lärmimmissionen von Kühlwasseranlage und Kühlturm; ebenso im Gutachten RgNr. 29 des Gutachtenverzeichnisses - BA 25; Planbegründung S. 104). Soweit der Antragsteller befürchtet, die Beigeladene könne die ihr eingeräumten Lärmkontingente durch Errichtung einer lärmintensiveren Anlage als prognostiziert vorab ausschöpfen und dann zur Nachrüstung der CCS-Anlage nicht mehr in der Lage sein, würde sie dies, sollte die CCS-Nachrüstung später verpflichtend werden, nicht zur Überschreitung der Lärmkontingente berechtigen; sie müsste dann ggf. den bestehenden Betrieb aufwendig wieder lärmeffizienter machen. Sinngemäß gleiches gilt im Übrigen hinsichtlich des Einwandes, der Plan stelle nicht sicher, dass für die CCS-Anlage eine hinreichend große Fläche freigehalten werde.
c.) Die Antragsgegnerin hat sich abwägungsfehlerfrei Gewissheit darüber verschafft, dass die solcherart begrenzten Schallimmissionen des Vorhabens – unter Hinzurechnung des für dessen Betrieb nötigen Industrieanlegers Süd – an den umliegenden Immissionsorten zumutbar sind.
aa.) Hierfür hat sie sich in nicht zu beanstandender Weise (Planbegründung S. 103 ff.) einer Bewertung nach der TA Lärm bedient. Sie hat ermittelt, dass die vorhabenbedingten (Zusatz-)Lärmimmissionen die Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm an allen maßgeblichen Immissionsorten tags wie nachts um mindestens 6 dB(A) unterschreiten, mithin nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm selbst im Falle einer Überschreitung der Richtwerte durch die Gesamtbelastung irrelevant wären. Dieses und nicht das in der DIN 45691 verschiedentlich vorgesehene Irrelevanzkriterium von -15 dB(A) war hier maßgeblich, da die Antragsgegnerin im hier in Rede stehenden Abwägungsschritt nicht die Einhaltung eines Lärmkontingents bzw. die Unbedenklichkeit der Überschreitung eines Lärmkontingents, sondern die Vereinbarkeit des Vorhabens mit immissionsschutzrechtlichen Vorgaben prüfte.
Für die Berechnung der Werte, die jeweils an den Immissionspunkten durch die vom Betrieb des Vorhabens - im Rahmen der Schallkontingente - ausgehende Zusatzbelastung „zu erwarten“ sind, sind die Vorgaben der TA Lärm zu berücksichtigen (Gutachten RgNr. 30 - BA 25). Damit wird sichergestellt, dass im nachfolgenden Genehmigungsverfahren die der Abwägung zugrunde gelegten Belastungsgrenzen für die schutzwürdige Umgebung berücksichtigt werden und durch entsprechende Regelungen in der Genehmigung unter Beachtung der TA Lärm gesichert wird, dass sie tatsächlich eingehalten werden (Nds. OVG, Beschl. v. 31.3.2010 - 12 LA 157/08 -; Hess. VGH, Urt. v. 25.7.2011 - 9 A 103/11 -, ZUR 2012, 47 [EuGH 21.07.2011 - Rs. C-2/10]; Füßer/Kreuter, NVwZ 2013, 1241).
Die Berechnungen sind nicht zu beanstanden. Die von der Antragstellerseite zu Recht monierte Verwendung der Altfassung der DIN 2571 wirkt sich im Ergebnis nicht aus; darauf haben die übrigen Beteiligten zu Recht hingewiesen. Es bedurfte keiner Messprotokolle, um die Gutachten nachvollziehen zu können. Soweit es auf die Lärmmengen ankommt, die auf die Immissionspunkte (IP) einwirken, kommt es nach den folgenden Ausführungen auf die Ermittlung der tatsächlich vorhandenen, d. h. Ist-Lärmimmissionswerte im Wesentlichen nicht an; für den IP 10 (Antragstellerin des Parallelverfahrens 1 KN 197/15) sind sie unstreitig.
bb.) Die Antragsgegnerin hat die Schutzwürdigkeit der einzelnen Immissionsorte und hier insbesondere der Immissionsorte im Bereich Stader Sand (IP 9) abwägungsfehlerfrei eingeordnet. Die Bewertung ist nicht schon deshalb zu beanstanden, weil die Antragsgegnerin insoweit auf den Bebauungsplan für das Gebiet Stader Sand Bezug genommen hat, an dessen Wirksamkeit wegen der dort enthaltenen „Zaunwerte“ hinsichtlich der Lärmauswirkungen Zweifel bestehen. Für die im Bereich „Stader Sand“ vorhandenen Gebäude ist unabhängig von der im Bebauungsplan Nr. 340/2 festgesetzten Nutzungsart die Annahme von Immissionsrichtwerten von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts gerechtfertigt. Nutzungen, die einen höheren Lärmschutz beanspruchen könnten, werden dort nach Verwirklichung des Vorhabens nicht vorhanden sein bzw. können von Antragsgegnerin und Beigeladener jederzeit beseitigt werden.
Keines der von der Antragstellerin im Verfahren 1 KN 197/15 in ihrem Schriftsatz vom 30.8.2017 angeführten Indizien spricht hinreichend für eine fortbestehende Ferien- oder gar allgemeine Wohnnutzung. In dem dort auf Seite 5 zitierten Artikel aus der Kreiszeitung/Wochenblatt heißt es lediglich, dass sich in dem Gebäude Wohnungen befänden; dass diese aktuell bewohnt würden, wird dort nicht behauptet. Mehrere Eingänge mit Klingeln kann auch ein Dienstgebäude haben. Zudem ist unstrittig, dass in dem Gebäude Ferienwohnungen existierten; eine Nutzungsaufgabe geht nicht zwangsläufig mit einer Änderung der Klingelanlage einher. Die Auskunft eines im Nachbarhaus Beschäftigten gibt nicht zwingend den aktuellen Nutzungsstand wieder. Ein gepflegter Eindruck besagt lediglich, dass die Bundesrepublik bzw. das Wasserschifffahrtsamt das Grundstück instand hält. Selbst wenn im Übrigen hier eine legale Wohnnutzung stattfände, würde es sich hierbei um einen nicht gebietsprägenden „Ausreißer“ handeln. Eine im Betriebsgebäude der Wasserschutzpolizei Stader Sand 1b vorhandene Wohnung wird laut unbestrittener Auskunft der Antragsgegnerin zu einem Büro umgebaut werden, nachdem ein betriebsbezogenes Wohnen nicht mehr geplant ist (Schriftsatz vom 7.9.2017 S. 3). Auf den Grundstücken Nr. 2 bis 8 waren zwar in früherer Zeit Wohngebäude genehmigt. Diese werden laut Auskunft der Antragsgegnerin indes nicht mehr zum Wohnen genutzt, sondern sind von ihr als Eigentümerin an die Beigeladene zu Büronutzung bzw. im Fall der Nr. 8 an eine Reederei vermietet. Allenfalls im letztgenannten Gebäude könnte betriebsgezogenes, mithin nur mit dem Schutzanspruch der Hauptnutzung ausgestattetes, Wohnen stattfinden. Auf dem Grundstück Nr. 1 befindet sich eine Gaststätte, die in dem im Rahmen des Sicherheitskonzepts für den Chemiebetrieb der Beigeladenen errichteten Schutzraum betrieben wird. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin als Eigentümerin auf eine schutzwürdige Nutzung der Grundstücke (jederzeit) verzichten kann, und im Hinblick auf die Nutzung dieses Geländes im Übrigen, auf dem sich noch ein Schiffsanleger befindet, der im Wesentlichen für gewerbliche Zwecke und zu geringem Teil für Ausflugsschifffahrt genutzt wird, ergibt sich ein Bild, das an keinem Gebäude von wohnähnlicher Schutzwürdigkeit geprägt ist. Die Anlegung von Gewerbegebietsrichtwerten ist daher gerechtfertigt.
Selbst wenn dies anders wäre, wäre die nicht nur durch die Errichtung eines Schutzraums für den Chemiebetrieb der Beigeladenen dokumentierte unmittelbare Nähe zu den großen Industrieansiedlungen nördlich, sondern auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass für diese Gebiete ebenso wie für die südlich der Schwinge anschließenden - aktuell zwar nicht industriell genutzten - Gebiete jedenfalls eine planerische Vorbelastung als Industriefläche sowohl durch den Flächennutzungsplan als auch durch die Raumplanung mit ihrer Darstellung als Vorrangstandort Großkraftwerk und Vorranggebiet hafenaffiner Nutzung besteht.
d.) Keine Bedenken bestehen hinsichtlich der Berücksichtigung (des zum Zeitpunkt der Abwägung aktuellen Stands) der Schallrahmenplanung der Antragsgegnerin.
aa.) Die im Schallrahmenplan enthaltenen Ergebnisse sind nicht als feste Größe, sondern als Zielwerte verstanden und in die Abwägung einbezogen. In der Planbegründung (S. 109 ff.) führt die Antragsgegnerin dazu aus, dass sie sich bemühe, für das gesamte im Flächennutzungsplan dargestellte Industriegebiet, das mehrere einzelne Bebauungsplangebiete umfasst, einheitliche Möglichkeiten für die Lärmwirkungen auf die Umgebung zu schaffen, um zu sichern, dass diese für die benachbarten schutzwürdigen Nutzungen hinnehmbar sind und bleiben. Dabei bezeichnet sie den Schallrahmenplan ausdrücklich als „Zukunftsbild“ (Planbegründung S. 111). Für den Bereich südlich der Schwinge berücksichtigt der - dort nur als Entwurf vorliegende - Schallrahmenplan, dass an dieser Stelle durch das Landesraumordnungsprogramm wie auch das Regionale Raumordnungsprogramm, ein Vorrangstandort für ein Großkraftwerk besteht, dessen Lärmauswirkungen auf in der Nähe befindliche schutzwürdige Nutzung ebenfalls berücksichtigt werden müssen (Planbegründung S. 114 und 117). Durch die Schallrahmenplanung versucht die Antragsgegnerin im Grundsatz, für die im Flächennutzungsplan dargestellten Industrie- und Gewerbegebiete sicherzustellen, dass diese als solche nutzbar sind und bleiben und nicht für einzelne Bereiche durch Bebauungspläne die möglichen Schallkontingente „verbraucht werden“ mit der Folge, dass spätere Planungen unmöglich werden, weil die Schallkontingente bereits ausgeschöpft sind. Durch die Einbeziehung der im Schallrahmenplan formulierten Annahmen können nicht nur die sich aus der jeweils aktuellen Planung ergebenden Lärmauswirkungen, sondern auch die weiterer (zukünftiger) Pläne berücksichtigt werden und auf diese Weise eine homogene Gesamtentwicklung des südlich und nördlich der Schwinge vorhandenen beziehungsweise in LROP, RROP und Flächennutzungsplan vorgegebenen Industrieareals langfristig ermöglicht werden. Der Schallrahmenplan gibt keine verbindlichen Festlegungen für zukünftige Planungen vor, sondern stellt dar, was für zukünftige Planungen unter Berücksichtigung der derzeit gegebenen Lage möglich ist. Damit kann in die jeweilige Planung einbezogen werden, wenn vorhandene Betriebe mehr Lärm emittieren, als im Schallrahmenplan für die Zukunft zugrunde gelegt wird, aber andererseits Flächen, für die der Schallrahmenplan Schallkontingente vorsieht, derzeit noch nicht ausgenutzt sind. Diese Flächen können in Ausgleich gebracht werden mit der Folge, dass Brachflächen erst dann ausgenutzt werden können, wenn vorhandene Betriebe mit entsprechenden Schallminderungsmaßnahmen dazu beigetragen haben, dass die im Schallrahmenplan zugrunde gelegten Werte eingehalten werden. Dem Schallrahmenplan kommt – ähnlich einem Einzelhandelskonzept (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) - die Funktion einer Machbarkeitsstudie zu, mit der ermittelt wird, ob sich eine konkrete Planung im Kontext der Gesamtplanung grundsätzlich realisieren lässt. Er bindet die Gemeinde in ihrer Abwägung nur dahin, dieses Gesamtkonzept schlüssig zu verfolgen. Er hat nicht die Funktion, verbindlich Grenzen für Lärmbelastungen in der Umgebung festzulegen, sondern nur die Funktion, ein Zukunftsbild und -konzept zu entwerfen. Eine weitergehende Bindung für die Zukunft ist weder möglich noch notwendig. Nicht verbindliche Werte für die Abwägung im Rahmen der Planaufstellung werden gesetzt, sondern Rahmen für eine Abwägung, die jeweils Einzelheiten ihrerseits aufklären und bewerten muss.
Angesichts dessen ist es für die Abwägungsgerechtigkeit des vorliegenden Bebauungsplans unerheblich, ob der Schallrahmenplan seinerseits in allen Punkten fehlerfrei erstellt ist. Entscheidend ist allein, dass diejenigen seiner Annahmen und Bewertungen Bestand haben, auf deren Grundlage die Antragsgegnerin zu der Einschätzung gelangt ist, das Vorhaben werde, wenn es das festgesetzte Lärmkontingent einhalte, eine lärmschutztechnisch zumutbare Verwirklichung sonstiger von ihr angestrebter – namentlich in höherrangigen Planungen vorgesehener – Nutzungen nicht vereiteln.
bb.) Insbesondere musste der Senat nicht den im Beweisantrag 3 gestellten Fragen,
ob der Schallrahmenplan mit den methodischen Vorgaben der DIN 45691 im Einklang steht,
in welcher Höhe und wo genau Emissionsminderungsmaßnahmen an vorhandenen Anlagen der Beigeladenen oder anderer Bestandsanlagen für die Annahmen der Emissionskontingente des Rahmenplans im Bestand berücksichtigt worden sind,
und
ob bei vollständiger Ausnutzung der im Rahmenplan festgesetzten Schallkontingente und ohne verbindliche Schallminderungsmaßnahmen mit Richtwertüberschreitungen nach TA Lärm zu rechnen ist, und wenn ja, an welchen IO und in welcher Höhe,
nachgehen. Diese sind unerheblich.
Die Beweisfragen stellen erkennbar auf die bereits schriftsätzlich erhobene Rüge der Antragstellerseite ab, die Antragsgegnerin habe im Schallrahmenplan Bestandsanlagen namentlich der Beigeladenen Emissionskontingente zugewiesen, die diese bereits im Ist-Zustand nicht erfüllten; die Antragsgegnerin habe insoweit mögliche Lärmminderungsmaßnahmen berücksichtigt, deren Durchführung sie aber bislang nicht sichergestellt habe. Dies widerspreche Nr. 4.2 der DIN 45691. Der Umstand, dass teils für unbebaute Flächen im Eigentum derselben Betreiber – namentlich der Beigeladenen als Hauptemittentin im hier relevanten Bereich - Kontingente vorgesehen seien, dürften hier zudem nicht „gegengerechnet“ werden, da die Antragsgegnerin ohne vorherige beschränkende Bauleitplanung die Nutzung dieser Flächen nicht verhindern könne.
Die Beweisfragen sind deshalb unerheblich, weil die Kontingentierung im Schallrahmenplan – wie dargelegt – eine andere Funktion erfüllt, als die Festsetzung von Lärmkontingenten durch Bebauungsplan, welche die DIN 45691 vorbereitet. Als Machbarkeitsstudie/Zukunftsszenario darf der Schallrahmenplan Teilflächen Lärmkontingente zuweisen, die diese derzeit nicht einhalten und auch nicht einhalten müssen. Sie durfte darauf vertrauen, dass die Beigeladene und von dieser abhängige Betriebe ggf. erforderliche Schallminderungsmaßnahmen durchführen, bevor durch Ausnutzung sonstiger im Schallrahmenplan vorgesehener Lärmkontingente an den von ihr betrachteten Immissionspunkten die von ihr als zumutbar erachteten Immissionswerte (die teils um 3 dB(A) über den Immissionsrichtwerten der TA Lärm liegen) überschritten würden. Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, die Ausnutzung der Lärmkontingente für die bisherigen Brachflächen könne die Antragsgegnerin rechtlich nicht verhindern, widerspricht er seinem eigenen – überzeugenden – Vortrag, die für die betreffenden Flächen aufgestellten Bebauungspläne seien unwirksam, da sie Zaunwerte vorsähen. Ohne diese Bebauungspläne sind weite Teile der mit Lärmkontingenten versehenen Gebiete Außenbereich und eignen sich damit nicht für lärmintensive Außenbereichsnutzungen (Steinbruch o. ä.); lärmintensive Tätigkeiten können dort mithin erst nach einer (erneuten) Überplanung aufgenommen werden, die die Antragsgegnerin von Lärmminderungsmaßnahmen der Beigeladenen andernorts abhängig machen kann.
cc) Zutreffend ist zwar, dass die Abwägungsgerechtigkeit der Planung dann zweifelhaft wäre, wenn die bestehende Lärmvorbelastung zuzüglich der Belastung durch das Vorhaben (mit Industrieanleger) die von der Antragsgegnerin in der Schallrahmenplanung für zumutbar erachteten Immissionswerte dann nicht wahren könnte, wenn das Großkraftwerk südlich der Schwinge hinzuträte; denn die Möglichkeit, dieses unabhängig von Lärmminderungsmaßnahmen der Beigeladenen zu realisieren, muss angesichts der raumordnerischen Festlegung eines Vorranggebietes bestehen bleiben und wird von der Antragsgegnerin auch in ihrer Abwägung vorausgesetzt. Dass sie besteht, ergibt sich aber unabhängig von den Berechnungen der Schallrahmenplanung für den insoweit vor allem streitigen Immissionspunkt 10 – den Hof der Antragstellerin im Verfahren 1 KN 197/15 - aus Folgendem: Für diesen Immissionspunkt ist im Rahmen von Langzeitmessungen unstreitig eine Vorbelastung von 44,9 dB(A) nachts ermittelt worden; dies haben alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigt (vgl. Seiten 20 und 21 jeweils oben des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Wird hierzu der Zusatzbeitrag des Vorhabens nebst Anleger von 39 dB(A) (vgl. S. 105 der Planbegründung) sowie ein Zusatzbeitrag des Großkraftwerks von 41 dB(A) (vgl. Schreiben N. vom 24.1.2011, BA 36) gerechnet, ergibt sich ein Gesamtimmissionswert von rund 47 dB(A). Mit dem für den Immissionspunkt 10 angenommenen Wert von 48 dB(A)/nachts befindet sich die Antragsgegnerin mithin auf der sicheren Seite, um vor allem dem IKW und dem Großkraftwerk ausreichenden Umfangs Emissionskontingente zuzumessen.
Dass für andere, in der mündlichen Verhandlung und in den Schriftsätzen nicht eigens angesprochene Immissionsorte etwas Anderes gälte, ist nicht erkennbar.
dd.) Dass die Antragsgegnerin im Rahmen der solcherart in Bezug genommenen Schallrahmenplanung dem IP 10 eine nächtliche Lärmbelastung von 48 dB(A), mithin 3 dB(A) über dem Richtwert der TA Lärm, zugemutet hat, ist – umgekehrt – gleichfalls nicht zu beanstanden. Für die Bewertung dieses Immissionspunkts gilt gleichermaßen, dass hier eine planerische Vorbelastung durch Flächennutzungsplan, Regionales und Landesraumordnungsprogramm besteht, die in der Abwägung nicht außer Acht gelassen werden konnte und die Eigentümer und Bewohner hinderte, ein Vertrauen darauf zu entwickeln, hier werde langfristig eine der derzeitigen landwirtschaftlichen Nutzung südlich der Schwinge entsprechende Schutzwürdigkeit anzunehmen sein. Abgesehen davon ist die dortige Bebauung (IP 10) durch das nördlich der Schwinge und der dort verlaufenden Gleisanlagen der Bahn angrenzende Gelände des Chemiebetriebs der Beigeladenen und weiterer (Industrie-/Gewerbe-)Betriebe vorgeprägt. Auf Einzelheiten ist die Antragsgegnerin in der Planbegründung und den Abwägungsausführungen ausführlich eingegangen (Planbegründung S. 103 ff., Abwägungstabelle S. 160 ff., S. 257). Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Luftbilder, aus denen sich die Lage der Immissionspunkte und der umfangreichen Industrieanlagen nördlich der Schwinge erkennen lassen.
Unabhängig davon durfte die Antragsgegnerin, wie sie dies auf S. 116 Mitte der Planbegründung – hilfsweise – getan hat, eine Überschreitung der maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm unterhalb der hier bei weitem nicht erreichten Grenzen zur Gesundheitsgefährdung auch mit Blick auf die erhebliche Bedeutung der hinzutretenden Vorhaben (Industriekraft- und Großkraftwerk) in Kauf nehmen bzw. prognostizieren, dass sie bei Verwirklichung des hinzutretenden Planvorhabens abwägungsfehlerfrei in Kauf genommen werden könnten. Weder das Abwägungsgebot noch der Trennungsgrundsatz, § 50 BImSchG, schließen das von vornherein aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2007 – 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238 = juris Rn. 14 f.). Je weiter die Richtwerte überschritten werden, desto gewichtiger müssen zwar die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe werden und umso mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (BVerwG a.a.O., juris Rn. 15). Hier würden die Richtwerte mit 3 dB(A) nur moderat überschritten. Dass nicht nur die Errichtung des auf Ebene der Landesraumordnung vorgegebenen Großkraftwerks, sondern auch des Industriekraftwerks, das dem als Arbeitgeber und „Wirtschaftsmotor“ bedeutendsten Industriebetrieb der Antragsgegnerin konsolidiert und selbst in erheblichem Umfang Arbeitsplätze schaffen wird, erhebliches städtebauliches Gewicht haben, steht außer Zweifel. Die Antragsgegnerin hat zwar für das Vorhaben keine konkreten technischen/baulichen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes vorgesehen, jedoch durch Zuweisung eines Lärmkontingents, das deutlich unter dem liegt, was in Industriegebieten üblicherweise emittiert werden darf, sichergestellt, dass die Beigeladene solche Maßnahmen ergreifen wird; von der von der Antragstellerseite gerügten einseitigen Begünstigung der Beigeladenen kann also keine Rede sein.
e.) Ein Abwägungsfehler ergibt sich nicht hinsichtlich der Frage der Bewertung des nächtlichen Straßen- und Schienenlärms. Nach den eingeholten Gutachten (K. L. Reg.-Nr. 25, 30, BA 25) ist erkennbar, dass bei einem Verzicht auf eine Nachtbelieferung für das Industriekraftwerk eine Lärmproblematik nicht zu erwarten ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass nächtlicher Lieferverkehr nicht mit Planfestsetzungen ausgeschlossen ist. Die Antragsgegnerin verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, aus dem Betriebskonzept der Beigeladenen für das Industriekraftwerk ergebe sich, dass ein Anlieferverkehr für Kohleanlieferung nicht nur grundsätzlich per Schiff erfolgen soll, damit eine Belastung von Straße und Schiene gerade nicht entsteht, sondern dass der Betrieb des Kraftwerks einen nächtlichen Anlieferverkehr auch nicht verlangt. Denn die Kohle kann und wird schon aus Vorsorgegründen auf Halde/Vorrat gelagert werden (können). Die Einwendung der Antragstellerseite, nächtliche Kohleanlieferungen seien wegen der vorherzusehenden Betriebsdauer von 40 Jahren, zudem deshalb unumgänglich, weil die Anlieferungsschiffe immer größer würden und daher am Industrieanleger nicht mehr würden gelöscht werden können, ist nicht schlüssig. Die Betriebsdauer sagt nichts aus. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach Rohstoffe bevorzugt mit LKWs oder Bahn und noch dazu nachts anzuliefern seien. Dass die Schiffsgrößen den Landungssteg zunehmend überfordern würden, ist Spekulation, kann sich zudem weit eher auf die hier nicht interessierenden Containerschiffe beziehen. Selbst wenn das so wäre und Kohlefrachter nicht mehr am Industrieanleger, sondern nur noch anderenorts, etwa in Wilhelmshaven würden gelöscht werden müssen, wäre der Transport mit Feederschiffen immer noch rentabler als das Um- und Beladen einer LKW-Flotte oder der Bahn.
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass bei der Raumordnungsantragskonferenz geprüft und berücksichtigt worden war, dass die Kohle sowohl mit Schiffen von 7.500 t als auch von 75.000 t Fassungsvermögen würde angeliefert werden können (s. S. II-59 der Unterlagen dieser Antragskonferenz). Selbst im erstgenannten Fall erfordere das nicht (wesentlich) mehr als 200 Schiffe/a. Das heißt: Die Verwendung größerer Schiffe wurde berücksichtigt und als mit dem Industrieanleger vereinbar angesehen. Selbst wenn das Großkraftwerk gleichfalls mit Kohle befeuert würde, verbliebe dessen Betreiber ausreichend Platz, um diese ohne Behinderung des Schiffsverkehrs auf der Elbe anzulanden.
Eine Konfliktverlagerung dahin, dass ein ausdrückliches Verbot eines Nachtanlieferverkehrs erst im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geprüft wird und dann - eventuell im Rahmen von Nebenbestimmungen - in die Genehmigung aufgenommen ist, ist nicht zu beanstanden. Die Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren ist weder systemfremd noch etwa deshalb ausgeschlossen, weil eine Genehmigungsbehörde das Vorhaben nicht auf die Einhaltung der Nachtwerte und den Verzicht auf einen Nachtanlieferverkehr überprüfen würde. Wenn die im Bebauungsplan zugrunde gelegten Werte eingehalten werden und dies nur unter Verzicht auf Nachtanlieferung möglich ist, ergibt sich daraus, dass die Genehmigung des Betriebs in der Nacht nicht in Frage kommen kann, so dass damit eine weitere „Sicherung“ gegeben ist. Nach den Erläuterungen des Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ist auch nicht etwa deshalb davon auszugehen, dass ein Nachtanlieferverkehr sich aus dem Betriebsablauf zwingend ergeben müsse, weil das Kraftwerk selbst einen 24-Stunden-Betrieb aufweise. Beides sei nicht voneinander in der Weise abhängig, dass ein 24-Stunden-Betrieb des Kraftwerks nur mittels einer Anlieferung der Kohle rund um die Uhr möglich sei. Der Genehmigungsbehörde fehlt nicht die rechtliche Handhabe, nächtlichen Lieferverkehr zu unterbinden. Sie mag zwar die straßen- bzw. bahnseitigen Modalitäten des Anlieferverkehrs nicht regeln können. Sie kann aber regeln, zu welchen Zeiten der Betrieb Kohleanlieferungen entgegennehmen darf; hierüber kann der Betrieb auch „vor dem Betriebstor“ indirekt gesteuert werden. Dafür, dass nachts vor dem Betriebstor in größerem Umfang Rangierverkehr stattfinden muss, um eine Anlieferung unmittelbar bei Tagesanbruch zu ermöglichen, sieht der Senat keine Anhaltspunkte; im Übrigen kann notfalls auch die Anlieferung unmittelbar bei Tagesanbruch beschränkt werden.
4.) Die Abwägung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Anforderungen des Trennungsgrundsatzes (§ 50 BImSchG) falsch eingeschätzt und die Frage der für einen Störfallbetrieb notwendig vorzusehenden Abstände zu schutzwürdigen Nutzungen nicht in abwägungsgerechter Weise behandelt hätte. Die Antragsgegnerin hat die Störfallproblematik u. a. unter zwei Aspekten betrachtet. Zum einen hat sie untersucht, ob das Hinzutreten des Kraftwerks zum bestehenden Betrieb der Beigeladenen Risiken für umliegende schutzwürdige Nutzungen erhöht. Dies hat sie im Wesentlichen mit dem Argument verneint, den vom Kraftwerksbetrieb ausgehenden Gefährdungen sei mit einem Achtungsabstand von 200 m um die Risikoquellen hinreichend Rechnung getragen; innerhalb dieses Radius‘ fänden sich keine schutzbedürftigen Nutzungen. Zum anderen hat sie untersucht, ob eine planbedingte Verfestigung des bestehenden Betriebsstandortes mit Blick auf die unstrittige Tatsache, dass innerhalb des konservativ mit 800 m um die Baufelder der Prozessanlagen des Chemiewerks veranschlagten Achtungsabstandes schutzbedürftige Nutzungen vorhanden sind, vertretbar ist. Dies hat sie mit dem Argument bejaht, die Gefährdungslagen innerhalb dieses Radius‘ seien beherrschbar.
a) Die Frage, ob sich durch das Hinzutreten der Kraftwerksanlage für die Berechnung der Schutzabstände für das Chemiewerk Veränderungen ergeben, hat die Antragsgegnerin aufgrund der eingeholten Gutachten mit dem Ergebnis beantworten können, dass die Risiken dieses Betriebs nicht vergrößert werden und der für diesen Betrieb bereits bestehende Notfallplan, der die Risiken beherrschbar macht, durch das Hinzutreten des Kraftwerks nicht verändert werden müsse (K. -L., Gutachten RgNr. 35 - BA 27; Gutachten RgNr. 32 - BA 26). In der Planbegründung sowie in der Abwägung hat sich die Antragsgegnerin ausführlich mit den Anforderungen der KAS-18 und der besonderen Bedeutung des Hinzutretens des Kraftwerks beschäftigt (S. 87 bis 93 der Planbegründung, Abwägungstabelle S. 170 bis 176 und 283 ff.). Maßgeblich ist dabei, dass es sich – auch wenn noch nicht alle Einzelheiten der Anlagenkonstellation festgelegt sind – störfallrechtlich um eine Planung mit Detailkenntnissen handelt. Das ist bei der Anwendung der Empfehlungen der KAS-18 und der nach Satzungsbeschluss in Kraft getretenen KAS-25 zu beachten. Das von der Antragsgegnerin gefundene Ergebnis ist nicht zu beanstanden.
aa) Die Antragsgegnerin musste in ihre Abwägung nicht einstellen, dass sich bereits durch eine Ausdehnung des Betriebsbereichs der Beigeladenen auf das Kraftwerksgelände eine in der Abwägung bewältigungsbedürftige Risikoerhöhung für schutzbedürftige Nutzungen im Umkreis des Vorhabens ergeben würde. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin dieses Gelände bereits im status quo dem Betriebsbereich der Beigeladenen i.S.d. § 3 Abs. 5a BImSchG zurechnen konnte oder ob sich – wie der Antragsteller meint - der Betriebsbereich durch das Hinzutreten des Kraftwerks nach Südosten hin ausdehnen würde. Denn das bloße Heranrücken eines der Störfallverordnung unterliegenden Betriebsbereichs an eine schutzbedürftige Nutzung ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nur dann als Verschlechterung der bestehenden Situation abwägungsbedürftig, wenn hinreichende Detailkenntnisse zur Abschätzung der von der hinzutretenden Fläche ausgehenden Risiken nicht vorhanden sind. Eine solche Situation liegt hier nicht vor. Die Antragsgegnerin konnte in ihrer Abwägung berücksichtigen, dass die auf dem Kraftwerksgelände selbst allein einer Betrachtung bedürftigen Risiken der Freisetzung von Wasserstoff und Ammoniakwasser maximal die Einhaltung eines Abstandes von 200 m um die diese Stoffe verwendenden, transportierenden bzw. lagernden Anlagenteile (nicht: das gesamte Plangebiet) rechtfertigen. Dieser Abstand wird eingehalten. Einen 800-m-Abstand hielt die Antragsgegnerin lediglich mit Blick auf die ausschließlich vom bestehenden Betriebsbereich ausgehenden Gefahren – namentlich den Austritt von auf dem Kraftwerksgelände nicht vorhandenem Chlorgas – für geboten; im Rahmen einer konservativen Betrachtungsweise hat sie den hieraus resultierenden Schutzradius um alle auf dem bisherigen Werksgelände vorhandenen Baufelder für Prozessanlagen gezogen. Eine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung, für das Kraftwerksgelände ebenso zu verfahren, ist jedoch nicht ersichtlich.
bb) Die neben Wasserstoff im Kraftwerk selbst verwendeten Stoffe führen nicht zu einer Bewertung des Kraftwerks selbst als Störfallbetrieb und stellen nicht die vorstehend wiedergegebene Einschätzung in Frage, die Sicherheitsabstände zwischen dem Kraftwerksgelände und schutzwürdigen Nutzungen seien ausreichend. Dies gilt auch für den Anfall von Ammoniakwasser im Betrieb des Kraftwerks, wie sich aus dem hierzu erstellten Gutachten (K. -L., RgNr. 33 - BA 27) zur Anwendbarkeit der Störfallverordnung ergibt. Anlass zu Zweifeln, dass die dort genannte Mengenbegrenzung von 25 % Ammoniak im Ammoniakwasser eingehalten werden kann, besteht nicht. Es ist nicht erkennbar, dass eine solche Mengenbegrenzung grundsätzlich nicht von einem Kraftwerk eingehalten werden könnte. Dass die Mengenbegrenzung nicht im Bebauungsplan oder im Durchführungsvertrag festgeschrieben ist, führt nicht dazu, dass sie im Betrieb des Kraftwerks nicht eingehalten werden wird, weil die endgültige Konfliktlösung dem Genehmigungsverfahren überlassen worden ist (S. 94 der Planbegründung) und überlassen werden konnte.
Hierzu genügt es, wenn festgestellt werden kann, ob das Vorhaben genehmigt werden kann, sofern die in den Gutachten zugrunde gelegten Auswirkungen berücksichtigt werden. Den Gutachten hat zwar - noch - nicht das später konkret zu genehmigende Kraftwerk zugrunde liegen können. Durch die Begutachtung der Daten eines vergleichbaren Projekts ließ sich jedoch feststellen, ob das Projekt in den hier festzulegenden Grenzen zu realisieren ist. Die Einzelheiten für ein später zu genehmigendes konkretes Vorhaben können und müssen dem nachfolgenden Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Wesentlich ist, dass Grenzen gezogen werden, die sicherstellen, dass schädliche Auswirkungen für die Umgebung vermieden werden. Innerhalb dieser Grenzen verbleibt ausreichend Flexibilität für die endgültige Planung. Notwendig ist, dass aufgrund einer breiten Tatsachenbasis abschätzbar ist, ob der in der Planung noch nicht endgültig gelöste Interessenkonflikt im nachfolgenden Verfahren befriedigend gelöst werden kann (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 8.3.2010 - 4 B 76.09 -, BRS 76 Nr. 23; Urt. v. 19.4.2012 - 4 CN 3.11 -, BRS 79 Nr. 20; Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -, NVwZ 2013, 719). Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hat Gutachten eingeholt und sich sowohl in der Planbegründung als auch im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen, insbesondere der Antragstellerseite, ausführlich beschäftigt (Planbegründung S. 80 bis 102, Abwägungstabelle S. 170 bis 176 und 283 bis 284).
Der Hinweis der Antragstellerseite auf die beim Kraftwerk Datteln relevanten Abfallmengen trägt nicht. Denn die von der Antragsgegnerin eingeschalteten Gutachter hatten beim Kraftwerk Datteln sowie beim Kraftwerk Moorburg Erfahrungen gesammelt. Es liegt fern anzunehmen, dass den Gutachtern die unterschiedlichen Konstellationen verborgen geblieben wären.
Die Möglichkeit einer Einstufung des Kraftwerks als Störfallbetrieb aufgrund der im Betrieb anfallenden Abfallstoffe, die nach der KAS-25 zu einer Anwendbarkeit der Störfallverordnung führen mussten, ist von der Antragsgegnerin überprüft und nachvollziehbar abgelehnt worden. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene verweisen in diesem Zusammenhang zutreffend darauf, dass die anfallenden Reststoffe in den zugrunde gelegten Gutachten berücksichtigt worden sind (K. -L., RgNr. 32 - BA 26 und RgNr. 33 - BA 27), aber nach dem Betriebskonzept, wie es in den Gutachten zugrunde gelegt wurde, die anfallenden Reststoffe teils verwertet, teils abtransportiert werden und damit nicht im Betrieb verbleiben. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die KAS-25 erst nach den Begutachtungen verabschiedet wurde und in den Gutachten damit nicht direkt herangezogen werden konnte. Durch die – für die Beurteilung im Stadium des Bebauungsplanes ausreichende - ungefähre Angabe der Reststoffmenge, wie sie sich derzeit ermitteln ließ, konnte die Gefährlichkeit ausgeschlossen werden, so dass weitere Ermittlungen nicht notwendig wurden. Dass die im Gutachten genannten relevanten Grenzwerte im Betrieb keinesfalls eingehalten werden können, ist nach dem Gutachten nicht zu erwarten. Auf dieser Grundlage konnte die Antragsgegnerin, wie sie dies getan hat (Planbegründung S. 94), die endgültige Entscheidung über die Festlegung von Mengenbegrenzungen für anfallende Reststoffe gleichfalls dem Genehmigungsverfahren überlassen.
cc.) Die neben der Ermittlung des erforderlichen Abstands notwendige Bewertung des vorhandenen Abstands – maßgeblich sind die jeweiligen Anlagenteile, nicht der Planumgriff - durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden. In diesem Rahmen durfte die Antragsgegnerin berücksichtigen, dass es sich bei den nächstgelegenen schutzwürdigen Nutzungen um solche handelt, die innerhalb gewachsener Gemengelagen liegen. So muss für den Betrieb des Cafés im Bereich Stader Sand berücksichtigt werden, dass es sich bei diesem um die Nutzung des im Rahmen des Sicherheitskonzeptes des Chemiebetriebs errichteten Schutzraums handelt, der gerade zum Schutz vor Gefahren aus dem Chemiebetrieb vorgehalten wird. Eine falsche Einschätzung der übrigen Nutzungen im Bereich Stader Sand ist nicht gegeben. So ist in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter der Antragsgegnerin erläutert worden, dass der von den Antragstellern angesprochene öffentliche Wanderweg tatsächlich nicht über den Stader Sand verläuft, sondern westlich am Gelände des Chemiewerks der Beigeladenen vorbeigeführt wird und damit den hier relevanten Bereich nicht berührt. Selbst die im Bebauungsplan Nr. 319/2 als Wanderweg gekennzeichnete Strecke wahrt an jedem Punkt einen Abstand von über 200 m von den für Lagerung, Transport und Verwendung von Wasserstoff und Ammoniakwasser vorgesehenen Anlagenteilen. Daher braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob dieser Wanderweg – was eher fernliegt - überhaupt als „Freizeitgebiet“ im Sinne des Störfallrechts würde angesehen werden können. Da das Hafengelände Stader Sand im Wesentlichen gewerblicher Nutzung dient, eine schutzwürdige Wohnnutzung dort weder vorhanden noch zu erwarten ist und das dort betriebene Café gleichzeitig dem Betrieb des im Rahmen des Sicherheitskonzepts der Beigeladenen für das Chemiewerk vorgesehenen Schutzraum dient, kann nicht festgestellt werden, dass notwendige Abstände nicht eingehalten werden.
dd) Die Rüge der Antragstellerseite, die Antragsgegnerin habe nicht untersucht, inwieweit ein Brand oder Turbinenzerknall im Industriekraftwerk das Risiko eines Störfalls im Bestandsbetrieb erhöhe, ist unbegründet. Zum einen ist das Interesse, vor den Auswirkungen derartiger Vorfälle verschont zu bleiben, im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht geltend gemacht worden; schon deshalb musste dieses eher fernliegende, sich jedenfalls nicht aufdrängende Szenario in die Abwägung nicht einbezogen werden. Die Antragsgegnerin hat zudem – wenngleich im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf das stillgelegte Kernkraftwerk Stade – ausgeführt, dass dem Risiko eines Trümmerflugs im Rahmen eines Turbinenzerknalls bei Bedarf im Genehmigungsverfahren durch geeignete Positionierung der Turbinenachse entgegengewirkt werden kann. Das ist auf die Gefährdung des Bestandsbetriebs übertragbar. Auswirkungen eines Brandes im Kohle- oder Biomasselager schließt die Sicherheitstechnische Stellungnahme der K. -L. zum geplanten Industriekraftwerk der Dow Deutschland Anlagengesellschaft (Gutachten Rg.-Nr. 31, BA 26) bereits ab einer Entfernung von 100 m aus. In dieser Entfernung liegen keine störfallträchtigen Einrichtungen des Chemiewerks. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin festgestellt und ihrer Abwägung zugrunde gelegt, dass auch Dennoch-Störfälle aufgrund eines Domino-Effektes im Bestandsbetrieb der Beigeladenen beherrschbar sind.
Dies gilt in gleichem Maße für den Abstand zu dem stillgelegten Atomkraftwerk südlich der Schwinge. Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Planbegründung damit ausführlich auseinandergesetzt und die insoweit eingeholten sachverständigen Äußerungen der Aufsichtsbehörde berücksichtigt, die zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine Risikoerhöhung durch Unfälle im Kohlekraftwerk nicht gegeben ist. So ist bereits seinerzeit im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren die Standsicherheit des Gebäudes auch im Hinblick auf Explosionsdruckwellen oder einen Flugzeugabsturz geprüft und festgestellt worden und daher eine Gefährdung des derzeit dort betriebenen Lagers für radioaktive Abfälle nicht erkennbar. Zur Reduzierung des geringen verbleibenden Restrisikos reicht danach aus, die räumliche Anordnung der Turbine so zu wählen, dass diese Auswirkungen weiter minimiert würden (Gutachten K. -L., RgNr. 31 - BA 26; Planbegründung Teil A, S. 98 f). Die Antragsgegnerin hat ausreichend überprüft, ob – umgekehrt - durch Störfälle auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks eine Gefährdung für das Industriekraftwerk auf dem Gelände der Beigeladenen ausgehen könne (Planbegründung Teil A, S. 99). Sie konnte ihrer Einschätzung die Stellungnahme der Genehmigungsbehörde zugrunde legen, dass in dem Genehmigungsverfahren für das Lager radioaktiver Stoffe auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks seinerzeit ein möglicher Störfall auf dem Gelände des Lagers als nicht relevant für die nähere Umgebung eingestuft worden sei.
ee) Zudem – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme – verweist die Antragsgegnerin in der Begründung darauf, dass das Hinzutreten des Kohlekraftwerks zum vorhandenen (Störfall-)Betrieb der Beigeladenen in dessen Störfallplanung eingearbeitet werde und somit eine durch das Hinzutreten entstehende Erhöhung des Risikos eines Störfalls im bestehenden Betrieb entsprechend den für diesen geltenden Anforderungen aufgefangen werden kann.
b) Den Umstand, dass das Industriekraftwerk den Standort des vorhandenen Chemiebetriebes stärken wird, obwohl innerhalb des für diesen als maßgeblich erachteten Sicherheitsabstandes von 800 m schutzbedürftige Nutzungen vorhanden sind, hat die Antragsgegnerin nicht in einer zur Unwirksamkeit des Planes führenden Weise abwägungsfehlerhaft behandelt.
aa) Soweit der Antragsteller rügt, die Antragsgegnerin habe im Rahmen der Gesamtabwägung unter Verkennung der Zielrichtung des Störfallrechts darauf abgestellt, dass es im Bestandsbetrieb in der Vergangenheit noch nicht zu Störfällen gekommen sei, dürfte sie auf die Formulierung auf S. 102 der Planbegründung abstellen, es handele sich bei der vorhandenen städtebaulichen Situation um eine gewachsene Nachbarschaft zwischen Industrie und Gewerbe, die bereits seit vier Jahrzehnten konfliktfrei bestehe. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin damit zum Ausdruck bringen wollte, ihrer Ansicht nach seien Störfälle auch in Zukunft auszuschließen; als Hinweis darauf, dass sich die in einer Unterschreitung der Achtungsabstände durch den Bestandsbetrieb äußernde „abstrakte“ Gefährdungslage bislang nicht realisiert hat, also jedenfalls zu den abstrakten nicht auch noch konkrete Gefährdungsindizien hinzutreten, ist die Feststellung legitim.
bb) Ohne Erfolg greift der Antragsteller die Annahme der Antragsgegnerin an, der für den Bestandsbetrieb angesetzte Achtungsabstand von 800 m sei deshalb zu gering, weil das seiner Berechnung zugrunde gelegte Leck von 400 mm² im Chlorleitungsnetz der Beigeladenen zu gering dimensioniert sei. Seine Einlassung, es sei „komplett unwahrscheinlich“, dass ein größeres Leck nicht entstehen könne, ist unsubstantiiert. Die Beigeladene hat als Störfallszenario eine defekte Dichtung benannt, die zu einem Leck dieser Größe führen könne. Ein Szenario, das zu einem größeren Leck führen könne, hat der Antragsteller nicht vorgestellt, geschweige denn Anhaltspunkte für die Annahme beigebracht, dieses könne realistisch sein. Solche sind für den Senat auch nicht erkennbar.
cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite musste die Antragsgegnerin in ihrer Abwägung nicht die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Beigeladene in Zukunft auf ihrem Betriebsgelände Anlagen errichten könnte, die einen größeren Sicherheitsabstand als 800 m – etwa den maximalen Abstandswert für den Umgang mit Chlor von 1500 m – erforderten. Abwägungserheblich war allein die Frage, ob die Verfestigung des Bestandsbetriebes durch Ermöglichung des Industriekraftwerks städtebaulich vertretbar war. Sollte die Antragsgegnerin mit ihrer Formulierung auf S. 100, 2. Abs., der Planbegründung
„Da nicht auszuschließen ist, dass zukünftig innerhalb des Betriebsbereichs weitere Anlagen errichtet werden, werden für die hier im Rahmen der Bauleitplanung vorzunehmende Beurteilung nicht nur die für die einzelnen bestehenden Anlagen jeweils ermittelten Achtungsabstände zugrunde gelegt, sondern es wird im Sinne einer konservativen Betrachtung ein Achtungsabstand von 800 m für den Betriebsbereich insgesamt betrachtet“
eine weitergehende Risikoabschätzung des Bestandsbetriebes vorgenommen haben, wäre diese irrelevant für ihren die Planentscheidung bereits tragenden Schluss, der Fortbestand des Vorhandenen sei unproblematisch; Fehler hierbei blieben mithin ohne Auswirkungen auf das Abwägungsergebnis.
dd) Die Antragsgegnerin hat gesehen, dass in diesem Rahmen mögliche Auswirkungen durch Störfälle im Bestandsbetrieb auf das jenseits der Elbe vorhandene FFH-Gebiet zu prüfen sind und ist bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst im Falle eines Dennoch-Störfalls erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele dieses Gebiets nicht zu erwarten seien. Abstände, innerhalb deren sich Brand und Explosionsdruck auswirken können, seien so gering, dass das FFH-Gebiet nicht betroffen ist. Die Freisetzung toxischer Gase mit einer Verdampfungszeit von 30 Minuten beeinträchtige nicht die Erhaltungsziele (Planbegründung Teil A, S. 101, Abwägungstabelle S. 172). Anlass, diese mit Blick auf die relativ kurze Einwirkungszeit und den Umstand, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets nicht jeder Schädigung einzelner im Gebiet vorhandener Lebewesen entgegenstehen, plausible überschlägige Annahme durch vertiefende Gutachten zu überprüfen, hatte die Antragsgegnerin schon deshalb nicht, weil sie im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht, auch nicht von der Antragstellerseite, in Zweifel gezogen wurde; es war in der (ersten) Stellungnahme vom 22.3.2013 lediglich gerügt worden, eine Beeinträchtigung der FFH-Gebiete sei überhaupt nicht betrachtet worden. Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein etwaiger diesbezüglicher Abwägungsfehler der Antragsgegnerin mit der Rechtsfolge des § 214 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 BauGB keinen Einfluss auf das Abwägungsergebnis gehabt hätte; mit Blick auf die auf S. 102 der Planbegründung betonte herausragende Bedeutung des Bestandsbetriebes für Stadt und Region ist nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin andere Wege zur Lösung einer etwaigen mit dem Bestandsbetrieb (nicht dem Kraftwerk, das kein Chlor verwendet) verbundenen FFH-Problematik suchen würde, als durch ein Unterlassen der Kraftwerksplanung auf eine Aufgabe des Betriebsstandortes insgesamt hinzuwirken.
ee) Aus ähnlichen Gründen sind die übrigen gegen die Einschätzung der Antragsgegnerin, die mit einer Verfestigung des Bestandsbetriebes verbundenen Störfallrisiken könnten (weiterhin) hingenommen werden, angeführten Einwände jedenfalls für das Abwägungsergebnis unschädlich. Es spricht nichts dafür, dass eines dieser Risiken nur mit einer Aufgabe des Chemiewerks unter Kontrolle gebracht werden könnte. Das gilt namentlich für den Einwand der Antragstellerseite, die Antragsgegnerin habe bei ihrer Einschätzung, die vom Bestandsbetrieb ausgehende Gefährdungslage sei trotz Unterschreitens des Achtungsabstandes von 800 m beherrschbar, nicht berücksichtigt, dass in den Obsthöfen südlich der Schwinge u. a. ältere, alleinstehende Menschen lebten, die Warnungen im Falle eines nächtlichen Störfalls ggf. nicht mitbekämen und sich jedenfalls nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen könnten. Sollten die organisatorischen Vorkehrungen der Beigeladenen bzw. deren Gefahrenabwehrplanung zum Schutz von deren Bewohnern nicht ausreichen, so wäre sie nach Maßgabe der Störfallverordnung zu ergänzen. Im 800-m-Radius liegen südlich der Schwinge nur wenige Gehöfte. Angesichts dessen musste die Antragsgegnerin mit Sicherheit davon ausgehen, dass eine solche Ergänzung möglich sein würde, ohne den Standort des Bestandsbetriebes zu gefährden; selbst wenn sie mithin abwägungsfehlerhaft die Störfallproblematik nach Maßgabe des aktuellen Gefahrenabwehrplans der Beigeladenen falsch eingeschätzt haben sollte, wäre dieser Abwägungsfehler nach § 214 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 BauGB unbeachtlich.
5.) Im Rahmen der Abwägung hat sich die Antragsgegnerin ausreichend mit den Auswirkungen eines Kohlekraftwerks auf die Gesundheit der Bevölkerung befasst und insoweit insbesondere mit den Emissionen von Feinstaub (Planbegründung Teil A, S. 176, Teil B, S. 41, Abwägungstabelle S. 285). Das insoweit eingeholte Gutachten (Gutachten O., RgNr. 36 - BA 27) kommt zu dem Ergebnis, dass nur mit irrelevanten Zusatzbelastungen durch das Kraftwerk zu rechnen sei bezogen auf die vorhandene Gesamt(Feinstaub-)Belastung, die nicht zu einer Gesundheitsschädigung für die Wohnbevölkerung führt. Im Übrigen hielten sich die Schadstoffbeiträge im Rahmen der nach der TA-Luft anzunehmenden zulässigen Grenzwerte (TA-Luft, Ziff. 4.4.3 und Anh. 1). Soweit die Einhaltung der Ziel- und Grenzwerte der 39. BImSchV für Feinstaub gutachtlich untersucht und festgestellt wird, dass die durch das Kohlekraftwerk entstehende Zusatzbelastung unterhalb der Grenzwerte liege, sind grundsätzliche Bedenken gegen eine gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeräumt. In einem weiteren Gutachten zur Ermittlung der Belastung durch eutrophierende Stickstoffverbindungen und säurebildende Luftschadstoffe (Gutachten K. -L., RgNr. 19 - BA 25) wird auf die Vorbelastung unter anderem durch das Kohlekraftwerk Moorburg eingegangen und im Ergebnis festgestellt, dass die einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschritten werden.
Mit den Auswirkungen von Legionellen aus einem möglicherweise zu errichtenden Kühlturm auf das Schutzgut Mensch hat sich die Antragsgegnerin ausreichend befasst (S. 121, Planbegründung Teil A; Gutachten K. -L., RgNr. 22 - BA 25). Danach liegen bei ordnungsgemäßem Planvollzug und ordnungsgemäßem Betrieb des Kühlturms die Keimimmissionen deutlich unter der Hintergrundbelastung, weil durch Wartungs- und Überwachungsbetrieb keimfördernde Bedingungen weitgehend vermieden werden können. Ob und in welcher Weise notwendige Überwachungsmaßnahmen und für den Fall dennoch eintretender Keimbelastungen Sanierungsmaßnahmen durchzuführen sind, konnte die Antragsgegnerin dem Genehmigungsverfahren überlassen, da jedenfalls davon auszugehen ist, dass eine Regelung im Genehmigungsverfahren möglich ist.
6.) Ausreichend beschäftigt hat sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung des Weiteren mit der Frage der Standsicherheit des Vorhabens und der Standfestigkeit des Bodens in diesem Bereich. Die Antragsgegnerin hat sich auf ein Gutachten zur Standsicherheit bezogen (Gutachten P., RgNr. 37 - BA 27; Planbegründung Teil A, S. 46), das zu einer grundsätzlichen Eignung des Geländes kommt. Dem Gutachten liegen Bohrungen bis in eine Tiefe von 40 m und bis in eine Tiefe von 60 m zugrunde. Auch die nach Angabe der Antragsteller in einer Tiefe von etwa 30 m vorhandenen Torflinsen wären bei Bohrungen in diesen Tiefen erfasst, so dass davon auszugehen ist, dass eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Tragfähigkeit des Bodens festgestellt war.
7.) Im Rahmen der Abwägung durfte die Antragsgegnerin berücksichtigen, dass globale Klimaschutzziele nicht ein zwingendes Optimierungsgebot mit der Folge eines Verbotes für die Neuerrichtung von Kohlekraftwerken bedeuten. Die Antragsgegnerin hat sich mit den Klimaschutzzielen auseinandergesetzt und gewürdigt, dass zwar mit der Errichtung des Kraftwerks eine Reduzierung der globalen CO2-Immissionen nicht erreicht wird, dass aber durch den hier zu erwartenden Ausstoß von maximal 5,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr Auswirkungen auf das globale Klima bereits aufgrund der Menge nicht erfassbar seien und im Übrigen das Europäische Immissionshandelssystem (vgl. zu dessen Maßgeblichkeit jetzt BVerwG, Urt. v. 14.9.2017 – 4 CN 6.16 -) ein wesentliches und ausreichendes Instrument sei, um die Klimaschutzziele einzuhalten. Im Rahmen dieser Abwägung durfte die Antragsgegnerin einbeziehen, dass eine hocheffiziente Energieausnutzung durch die geplante Kraft-Wärme-Koppelung und die überdies bestehende Möglichkeit des Einbaus einer Kohlendioxid-Abscheidungsanlage im Wege der Nachrüstung weitere Minderungen der Auswirkungen auf das Klima bedeuteten (Abwägungstabelle S. 82 und 83). Da der globale Klimaschutz nach der hier allein entscheidenden Ausgestaltung durch den Gesetzgeber (politische Erklärungen von Regierungsmitgliedern sind demgegenüber nachrangig) nicht eine „absolute“ Bedeutung im Rahmen der Abwägung hat, reicht es aus, diese Fragen in der Abwägung zu behandeln und sie in Bezug zu setzen zu den übrigen Zielen, die für die Gemeinde von Bedeutung sind wie die Erhaltung des Industriestandortes Stade (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a Rdn. 276 ff.; OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 - 8 D 58/08.AK -, BRS 78 Nr. 211, Juris-Rdn. 374 ff.; Urt. v. 16.6.2016 - 8 D 99/13.AK -, DVBl. 2016, 1191, Juris-Rdn. 405 ff.).
8.) Im Rahmen der Abwägung musste die Antragsgegnerin nicht berücksichtigen, ob sich Vermögensschäden für die Bevölkerung in der unmittelbaren Nachbarschaft ergeben könnten (vgl. nochmals EuGH vom 14.3.2013 – C-420/11 -, Rdnr. 48). Unmittelbare Folgen auf das Vermögen in der Bevölkerung sind nicht zu erwarten. Mittelbar entstehende Folgen wie etwa eine Minderung des Verkaufswertes eines Gebäudes durch eine Veränderung in der Umgebung sind nicht einzubeziehen, weil sie bereits nicht vorhersehbar sind und von weiteren Faktoren abhängig sind, die sich aus nicht allein von dem konkret geplanten Vorhaben abzuleitenden Wirkungen ergeben.
9.) Ein Abwägungsfehler ergibt sich nicht daraus, dass die Antragsgegnerin die Frage, ob das jenseits der Elbe gelegene FFH-Gebiet negativ beeinflusst wird, nicht ausreichend behandelt hätte. Die Einzelheiten konnten insoweit dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben, weil auch im vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht alle Auswirkungen in der gebotenen Schärfe vorhersehbar sind und einbezogen werden können. Durch gutachterliche Feststellungen ist ausreichend nachvollziehbar belegt, dass grundsätzlich ein Betrieb möglich ist, der nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des betroffenen Gebiets führt, so dass die Prüfung weiterer Einzelheiten dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben kann. Dies gilt insbesondere für die Fragen der Beeinträchtigung des Fischbestands im Rahmen einer Durchlaufkühlung. Gerade insoweit bietet die alternativ vorgesehene Kühlung mittels Kühlturm ausreichend Möglichkeiten im Genehmigungsverfahren, die endgültige Begrenzung der Auswirkungen festlegen zu können (Gutachten Q. R. S., RgNr. 14 u. 15 - BA 24; Gutachten K. -L., RgNr. 19 - BA 25; Gutachten T., RgNr. 38 - BA 27; Gutachten C., RgNr. 3 - BA 22; Gutachten D. Consult, RgNr 16 - BA 24 sowie dazu S. 183 ff. im Umweltbericht Planbegründung Teil B und S. 131 ff. Planbegründung Teil A).
10.) Die naturschutzrechtlich notwendigen Kompensationsmaßnahmen sind ausreichend berücksichtigt und dimensioniert worden. Die Durchführung der Maßnahmen ist im Durchführungsvertrag beschrieben und durch Baulast gesichert. Keinen Fehler stellt es dar, dass die Beigeladene sich nur verpflichtet hat, die Überwachung der Maßnahmen über einen Zeitraum von 30 Jahren durchzuführen. Denn es ist davon auszugehen, dass die anzulegenden Gebiete nach Ablauf von 30 Jahren den Status erreicht haben, den sie für ihre Schutzwürdigkeit benötigen, und weitere Maßnahmen zum Zweck der „Herstellung“ nicht mehr erforderlich sind, so dass sich die für schutzwürdige Gebiete erforderlichen Pflegemaßnahmen anschließen, wie sie auch im Übrigen von den zuständigen Stellen für die Erhaltung der Gebiete vorgenommen werden. Hier insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen nicht zur völligen Herausnahme aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung führen, sondern zum großen Teil schon durch die entsprechende Bewirtschaftung die notwendigen „Pflegemaßnahmen“ vorgesehen sind.
Im Übrigen gilt das dazu oben unter Hinweis auf § 135a BauGB Ausgeführte.
11.) Sind danach in die Planung die abwägungserheblichen Belange vollständig eingeflossen und entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet, konnte die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung einbeziehen, dass durch die Errichtung des Kohlekraftwerks der Bestand des Betriebs der Beigeladenen und damit der Industriestandort Stade gesichert und gestärkt wird, der eine erhebliche Bedeutung für die Stadt hat und gleichzeitig durch die Zuordnung des Kohlekraftwerks zu dem Betrieb der Beigeladenen und die dadurch entstehenden Synergieeffekte die Energieeffizienz des Kohlekraftwerks gegenüber einem Großkraftwerk erheblich gesteigert ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 und 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.