Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.09.2017, Az.: 1 ME 112/17

Austauschmittel; Beseitigungsverfügung; Ruine; Sofortvollzug

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.09.2017
Aktenzeichen
1 ME 112/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 21.07.2017 - AZ: 4 B 2346/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Es kann gerechtfertigt sein, die Beseitigung eines Nebengebäudes unter Anordnung des Sofortvollzuges anzuordnen, wenn dieses mittlerweile zur Ruine geworden ist, eine ernsthafte Wiederherstellungschance nicht besteht und Personen durch herabfallende Bauteile gefährdet werden können. Der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses muss dann nicht konkret abzusehen sein.
2. Über die Zulassung eines Austauschmittels ist in einem selbständigen Verfahren zu entscheiden.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer (Einzelrichterin) - vom 21. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Unter Änderung der Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss wird der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren im ersten Rechtszug und das Beschwerdeverfahren auf 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe

Durch Verfügung vom 4. Januar 2017 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter nachträglicher Anordnung des Sofortvollzuges (B. v. 10.3.2017) auf, das (einst) zweigeschossige (Neben-)Gebäude B vollständig abzureißen, das auf der Südostgrenze seines Grundstücks C. straße 45 in A-Stadt steht. Die Beteiligten streiten darum, ob dem Antragsteller noch Gelegenheit zu geben ist, dieses Gebäude wieder instandzusetzen, ob eine die Maßnahmen (Beseitigungsanordnung unter Sofortvollzug) rechtfertigende akute Einsturzgefahr besteht und ob der Antragsteller der Verfügung nachkommen kann, ohne dass die Arbeiten durch Bauteile gefährdet werden, welche nach seiner Darstellung vom südlich angrenzenden Gebäude der Beiladungsprätendenten (1 OB 115/17) herabzufallen drohen. Beide Grundstückseigentümer sind seit längerer Zeit miteinander zerstritten.

Der Antragsteller ist Eigentümer des an der Straßensüdseite gelegenen Grundstücks C. straße 45. Dieses ist in seinem Vorderteil entsprechend den Festsetzungen des seit 1988 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 1291 mit einem viereinhalbgeschossigen Wohnhaus in geschlossener Bauweise bebaut. Der sich nach Süden anschließende Hof, in dem die Bewohner unter anderem Fahrräder und Mülltonnen abstellen, wird begrenzt durch zwei zum südlichen Nachbargrundstück grenzständige Nebengebäude. Diese grenzen unmittelbar an das Hinterhaus D. straße 3A an und wurden vor dem Ersten Weltkrieg errichtet. Das westliche, von der Antragsgegnerin Gebäude A genannt, steht in diesem Verfahren außer Streit und stellt eine eingeschossiges (ehemaliges) Waschhaus mit stark nach Norden geneigtem Pultdach dar. Daran schließt sich bündig das hier allein interessierende sog. Gebäude B an. Dabei handelte es sich um einen zweigeschossigen ehemaligen Lagerschuppen. Diesen hält die Antragsgegnerin für so baufällig, dass er zum Schutze der Nutzer des Antragstellergrundstücks, aber auch zum Schutze des südlichen Nachbargrundstücks D. straße 3/3A sofort abgetragen werden soll; dessen Eigentümer erstreben im Verfahren 1 OB 115/17 ihre Beiladung zu diesem Verfahren und im Verfahren 1 ME 117/17 die Verpflichtung der Antragsgegnerin, noch weitergehend gegen den Antragsteller einzuschreiten. Deren Grundstück verläuft im rechten Winkel zum Antragsteller-Grundstück, grenzt mithin an die Ostseite der D. straße an. Es ist zu dieser Straße hin mit einem (wohl) fünfgeschossigen Wohngebäude (Nr. 3) in geschlossener Bauweise, auf seiner Osthälfte in einem nach dem Bebauungsplan dazu nicht vorgesehenen Bereich außerdem mit dem viereinhalbgeschossigen Gebäude Nr. 3A bestanden, dessen nördliche fensterlose Traufseite auf der gemeinsamen Grundstückshälfte steht.

Durch Verfügung vom 4. Januar 2017 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller mehrere Maßnahmen, unter Punkt 1 auf, das zweigeschossige Hinterhaus (Gebäude B) innerhalb von 4 Wochen nach Bestandskraft abzureißen. Zur Begründung führte sie insoweit insbesondere aus: Dieses Gebäude weise seit Mai 2013 kein Dach mehr auf. Die Decke zwischen Erd- und Obergeschoss fehle vollständig, im Erdgeschoss sei nur noch eine einzige Zwischenwand vorhanden. Die oberen Ziegelreihen hätten wegen Brüchigkeit bis zur Höhe des Fenstersturzes abgetragen werden müssen. Die Holzteile seien größtenteils entfernt. Dieser Zustand dauere schon seit mindestens zwei Jahren an. Schon 1989 habe der Antragsteller hinsichtlich dieses Gebäudes Bauabsichten geäußert, zunächst in der Form einer Sanierung, später als Neubau. Die entsprechenden Anträge seien indes in nicht bescheidungsfähiger Form vorgelegt worden. Infolge von Witterungseinflüssen habe sich der Zustand unter anderem dergestalt verschlechtert, dass sich die Nordwand von den Seitenwänden sichtbar zu lösen begonnen habe. Außerdem seien nicht nur Steine und Mörtel herausgebrochen. Vielmehr sei das Gebäude auch noch vom Echten Hausschwamm befallen worden. In der Balkenlage sei eine starke Mycelbildung des holzzerstörenden Pilzes festgestellt worden. Eine Renovierung des Gebäudes sei damit nicht mehr möglich.

Nachdem ein Statiker der Antragsgegnerin am 8. März 2017 zur Einschätzung gelangt war, das Gebäude B sei aufgrund seines sehr schlechten Zustandes nicht mehr standsicher, ordnete die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 10. März 2017 auch hinsichtlich Punkt 1 ihrer Verfügung vom 4. Januar 2017 den Sofortvollzug an und gab dem Antragsteller auf, das Gebäude B innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung abzureißen.

Von dem Gebäude gingen konkrete Gefahren für Leib und Leben von Menschen aus. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- € an.

Ein am Ende dieser Ausführungsfrist bei der Antragsgegnerin gestellter Antrag des Antragstellers, die Vollziehung auszusetzen, blieb ebenso erfolglos wie der zeitgleich beim Verwaltungsgericht gestellte Eilantrag. Zur Begründung des hier angegriffenen Beschlusses, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht insbesondere ausgeführt:

Der Sofortvollzug sei in einer § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet worden. Hier sei es ausnahmsweise gerechtfertigt, eine mit dem Verlust von Bausubstanz verbundene Beseitigungsanordnung mit Sofortvollzug zu versehen. Denn vom Gebäude B gingen konkrete Gefahren für Leib und Leben aus. Die Verfügung sei inhaltlich aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Sie bezeichne das Angeordnete bestimmt genug. Das Gebäude B verstoße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 1291, der für den rückwärtigen Bereich nur eingeschossige Nebengebäude zulasse. Auf Bestandsschutz könne sich der Antragsteller nicht mehr berufen. Denn die vorhandene, sicher 100 Jahre alte Bausubstanz sei durch Verlust und Witterungseinwirkungen in einem Umfang verbraucht, der eine Wiederherstellung ausschließe. Das Ziegelmauerwerk werde nun schon etwa 4 Jahre lang der Witterung ausgesetzt. Die dem Hof zugewandte Front beginne sich zu neigen und habe sich von den Seitenwänden teilweise gelöst. Es komme hinzu, dass die Sachverständigen E. und F. übereinstimmend den Befall mit Echtem Hausschwamm festgestellt hätten. Dieser setze auch dem Mauerwerk zu. Das vorhandene Gebilde widerspreche damit § 3 Abs. 1 NBauO 2012. Jeder Versuch, das Gebäude B „wiederherzustellen“, sei als Neubaumaßnahme anzusehen und nicht mehr vom Bestandsschutz umfasst. Das zeige sich auch am Sanierungskonzept, das der Sachverständige F. unter dem 9. März 2017 vorgelegt habe. Wenn darin Neuherstellung des Dachstuhls und der Eindeckung, Erneuerung der Geschossdecke und Auswechslung des Mauerwerks genannt würden, zeige das den Umfang der insgesamt erforderlich werdenden Arbeiten. Sie erforderten die komplette Neuerstellung einer Statik. Ein solches Vorhaben sei nach der Senatsrechtsprechung (Urt. v. 31.3.1995 - 1 L 4223/93 -, BauR 1995, 831 = NVwZ-RR 1996, 6 = BRS 57 Nr. 250) vom Bestandschutz nicht mehr gedeckt. Es überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Beseitigung auch dann, wenn die Wahrscheinlichkeit nicht mit letzter Gewissheit abgeschätzt werden könne, zu der Steine herunterstürzen würden. Am Erhalt eines nicht bearbeitungsfähigen Torsos könne der Antragsteller kein nennenswertes Interesse haben. Schon die naheliegende Annahme eines Schadens rechtfertige daher den Sofortvollzug. Sollte er einen Teil der Rückwand stehenlassen wollen, müsse er das der Antragsgegnerin als Austauschmittel anbieten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Diese bleibt ohne Erfolg.

Der Beschwerdeantrag trifft nicht ganz zu. Eine Änderung des angegriffenen Beschlusses in der Gestalt einer Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzuges kommt nur in Betracht, wenn diese in unzureichender Weise begründet worden war (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) oder aus anderen Gründen formell unwirksam ist. Darum geht es hier nicht. Die Beschwerdebegründungsschrift greift die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 5 BA) nicht an.

Gewollt ist ersichtlich, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bauordnungsverfügung vom 4. Januar 2017 wiederherzustellen. Keiner der rechtzeitig geltend gemachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung sich der Senat wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt es, der so verstandenen Beschwerde stattzugeben.

Ohne Erfolg reklamiert der Antragsteller mit seinem ersten Beschwerdeangriff, die von ihm beabsichtigte Ausbesserung des Gebäudes B sei noch vom Bestandsschutz umfasst und „müsse an jedem Gebäude durchführbar sein, ohne Gefahr zu laufen, den Bestandsschutz zu verlieren.“ Die von ihm (vorgeblich) geplanten Arbeiten sind weder nach § 60 Abs. 2 Nr. 6 NBauO 2012 als Instandhaltungsarbeiten verfahrensfrei noch vom Bestandsschutz umfasst. Die Annahme von Bestandsschutz setzt voraus, dass überhaupt noch ein funktionsfähiges Bauwerk vorhanden ist. Ist das alte Bauwerk im Wesentlichen zerstört und sollen lediglich Teile davon bei der beabsichtigten Baumaßnahme verwandt werden, ist ein zu schützender „Bestand“ nicht mehr vorhanden (vgl. BVerwG, B. v. 30.6.1969 - IV CB 18.69 -, BauR 1970, 96, JURIS-Rdnr. 11) und scheidet daher die Annahme von Bestandsschutz aus.

So liegt es hier. Das was sich aus den zahlreichen Fotografien in der (leider nicht paginierten) Beiakte 001 eindeutig an vorhandener Bausubstanz ergibt, kann längst nicht mehr als auch nur halbwegs funktionsfähiges Bauwerk, sondern schlichtweg nur noch als Ruine angesehen werden. Der Dachstuhl ist ebenso wie die Zwischendecke zwischen Erd- und Obergeschoss vollständig entfernt. Im Erdgeschoss steht lediglich noch eine Zwischenwand. Die Ziegelreihen sind in unterschiedlicher Höhe abgetragen (s. Fotos in der Anlage zur Verfügung vom 4.1.2017, BA 001 letzterer Hefter), teilweise hat sich im Obergeschoss nicht einmal der Fenstersturz erhalten lassen. Prekär und augenfällig ist vor allem, dass sich die gesamte Nordwand von den Seitenwänden zu lösen beginnt. Das ist unter anderem auf dem Farbfoto, das im Anschluss an den Ortstermin der Antragsgegnerin vom 8. März 2017 gefertigt worden ist (Beiakte 001, hinterster Hefter vorne; s. a. Anlage 2 53225/15, Seite 2 zum Bescheid vom 4.1.2017, unteres Foto = Blick von innen) außerordentlich deutlich zu sehen. Es ist stellenweise ohne weiteres möglich, eine Faust durch den Spalt zu stecken, der sich zwischen der nördlichen Längswand und der westlichen Seitenwand aufgetan hat. Das Mauerwerk weist kreuz und quer signifikant Risse auf.

Kurz: Das Gebäude vermittelt nicht einmal nur den Eindruck, der schon nach § 79 Abs. 3 NBauO die Bauaufsichtsbehörde zum Beseitigungsverlangen berechtigt - hier muss das Gebäude nur verfallen, d. h. ein Prozess begonnen haben, der eine Vergrößerung der Schäden erwarten lässt, ohne dass das Gebäude schon vollständig unbrauchbar geworden ist (vgl. Große-Suchsdorf/Mann, NBauO, Komm. 9. Auflage, § 79 Rdnr. 32). Das Gebäude ist vielmehr schon verfallen und bietet einen erheblich schlechteren Eindruck, als ein sachgerecht entkerntes Gebäude, dessen Außenwände als Hülle zu einem Neubau dienen sollen. Es ist nach diesen Lichtbildern überhaupt keine Frage, dass kein einziger Teil dieses Außenmauerwerks ohne komplette statische Neuberechnung dazu dienen könnte, das entstehen zu lassen, was äußerlich vielleicht dem abgegangenen über 100-jährigen Bau ähneln oder gar gleichen mag, mit ihm aber eben selbst dann nicht identisch ist, wenn die alten Steine teilweise würden Verwendung finden können.

Nur ergänzend ist anzuführen, dass die Bausubstanz durch das Auftreten des Echten Hausschwamms weiter gelitten hat.

Von einer Instandhaltungs- bzw. -setzungsmaßnahme kann erst recht keine Rede sein. Das kommt nur bei Bauwerken in Betracht, die - wenngleich eingeschränkt - noch als funktionsfähige Anlagen angesehen werden können, welche auch nach Durchführung der beabsichtigten Arbeiten weiterhin als Hauptsache erscheinen. Die „Hauptsache“ ist, so kann man es ausdrücken, hier im Sinne des § 43 Abs. 2 letzte Alt. VwVfG „erledigt“.

Der zweite Beschwerdeangriff greift ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der verbliebene Torso („Ruine“) augenscheinlich in einer Weise einsturzgefährdet ist, welche bei Abwägung der konkurrierenden Interessen die Anordnung sofortigen und vollständigen Abrisses rechtfertigt. Die Äußerungen des Ingenieurbüros G., namentlich die vom 16. März 2017 (BA 001, mittlerer Hefter vorne mit zahlreichen Fotografien) rechtfertigen keine andere Einschätzung. Sie fußen auf der unzutreffenden Annahme, der gegenwärtige Zustand sei nur temporärer Art, nämlich Durchgangsstadium zu einer vollständigen Rekonstruktion des Gebäudes, welche das Ingenieurbüro als Sanierung einstuft. Eine solche kommt nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr in Betracht. Der Zustand des Gebäudes B geht deutlich sogar noch über das hinaus, was gem. § 79 Abs. 3 NBauO zur Anordnung der vollständigen Beseitigung berechtigt. Selbst wenn man diese Vorschrift wegen des früheren systematischen Zusammenhangs der Vorgängervorschrift - § 54 NBauO 2003 - als eine Bestimmung ansähe, deren Sinn und Zweck allein auf den Schutz vor Verunstaltung gerichtet ist, müsste sie hier eingreifen. Denn der Verfall hat sich im äußeren Erscheinungsbild dieser baulichen Anlage außerordentlich deutlich manifestieren. Eine Anwendung des § 79 Abs. 3 NBauO 2012 kommt erst recht dann in Betracht, wenn man § 79 Abs. 3 NBauO als Vorschrift begreift, welche sogar schon im Vorfeld der eigentlichen Verunstaltung zum Eingreifen berechtigt.

Ein schutzwürdiges privates Interesse am Erhalt des Gebäudes besteht gerade nicht (mehr). Es käme nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller noch ernsthafte Anstrengungen zu einer Sanierung des Gebäudes unternehmen dürfte (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 4.5.2011 - 1 LA 13/11 -, V. n. b.). Das ist nach den vorstehenden Ausführungen sowie den Darlegungen des Verwaltungsgerichts gerade ausgeschlossen. Im rückwärtigen Bereich dürfen nach den planerischen Festsetzungen keine zweigeschossigen Gebäude aufgeführt sein. Die Bausubstanz ist derart marode, dass nicht einmal der Sockel zur Basis für eine Ausnutzung der Festsetzungen des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 1291 verwandt werden dürfte.

Die Darstellung des Ingenieurbüros G. gehen dabei nicht nur von fehlerhaften Vorstellungen über das aus, was der Antragsteller mit dem Torso nach öffentlichem Baurecht noch anstellen darf. Sie lassen auch eine konkrete sachverständige Simulation der Folgen vermissen, was passiert, wenn namentlich der Ablöseprozess der vorderen Wand von den Seitenwänden fortschreitet. Die möglichen Folgen richten sich dann nicht nur gegen die Nutzer des Gebäudes C. straße 45, sondern auch gegen des Hinterliegergebäudes D. straße 3A. Denn das Gebäude reicht nach Osten über das Gebäude D. straße 3A hinaus. Je höherwertiger das bedrohte Rechtsgut und je geringer das Interesse an der Beibehaltung des vorhandenen Bauwerks bei objektiver Betrachtung ist, desto eher kommt die angegriffene Maßnahme in Betracht. Diese Voraussetzungen greifen zu Lasten des Antragstellers ein. Es geht um den Schutz von Leib und Leben; ein objektiv auch nur halbwegs nachvollziehbares Interesse, das Gebäude erhalten zu können/dürfen, besteht nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr.

Dem Antragsteller muss in diesem Verfahren auch nicht die Möglichkeit gegeben werden, nachprüfen zu lassen, inwieweit ein Mauerstumpf in dem Bereich als Grenzeinfriedung verbleiben darf, der zwischen Nordostecke des Gebäudes D. straße 3A und seiner eigenen Grundstücksostgrenze liegt. Der Antragsteller bietet seiner Behauptung nach zwar ein Austauschmittel an. Über diesen auf § 5 Abs. 2 Satz 2 SOG fußenden Antrag ist allerdings nicht in diesem, sondern in einem gesonderten Verfahren zu befinden (vgl. Saipa, SOG, § 5 Rdnr. 3). Dass es sich beim Streit um Akzeptierung eines Austauschmittels um ein eigenes Verfahren, gerichtet auf den Erlass eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsaktes, handelt, zeigt auch der Umstand, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 SOG anders als das SOG vom 21. März 1951 keine Frist nennt, bis zu der dieser Antrag gestellt sein muss; er ist insbesondere nicht an das Ende der im Ausgangsbescheid gesetzten Ausführungsfrist gebunden.

Dem Antragsteller ist es schließlich zuzumuten, der angeordneten Maßnahme nachzukommen. Seine Annahme, das müsse scheitern, weil vom Dach des Hinterliegergebäudes D. straße 3A Dachziegel herunterzufallen drohten, greift nicht durch. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt A-Stadt hatte in seiner Äußerung vom 31. Januar 2017 (BA 001, erster Hefter vorne) lediglich angenommen, diese Gefahr könne dazu führen, dass die Abbrucharbeiten nicht ohne Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden könnte. Solche könne der Antragsteller aber ergreifen. Dasselbe ergibt sich aus der Stellungnahme der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Region Nord vom 13. Januar 2017 (BA 001 ebenda). Danach wird es lediglich nicht ausreichen, Abbrucharbeiter mit Helmen zu versehen. Sollte die Gefährdungsanalyse ergeben, dass noch immer Dachziegelstücke und Mörtelbrocken vom Satteldach D. straße 3A fallen, sind vielmehr Sicherungsmaßnahmen in Gestalt von Schutzdächern oder Schutznetzen erforderlich.

Wer letztlich für die Kosten solcher Maßnahmen aufzukommen hat, ist öffentlich-rechtlich irrelevant. Es mag sein, dass sie - soweit sie ausscheidbar und objektiv noch immer veranlasst sind, obwohl die Nachbareigentümer die Schaltafeln (vgl. Seite 3 der Äußerung G. vom 16.3.2017) mittlerweile wieder abgelöst zu haben scheinen und dies ein gewisses Indiz gegen fortdauernde Gefährdung darstellt - von den Nachbarn einzufordern sein werden. Das sind aber zivilrechtliche Hintergründe, um die sich die Bauaufsichtsbehörde nicht zwingend zu kümmern braucht und die im Streitfall vor den ordentlichen Gerichten zu klären sind.

Aus der mit der Beschwerdebegründungsschrift vom 11. August 2017 eingereichten Stellungnahme von Herrn Prof. Dr.-Ing. H. I. vom 7. August 2017 folgt nichts anderes. Diese fußt in erster Linie auf der Annahme, es gehe hier um Sicherungsmaßnahmen, welche im Rahmen einer „Sanierung des Hinterhauses“ anzustellen seien (aaO, S. 6), nimmt aber für sich in Anspruch, sie gelte auch für einen „evtl. beabsichtigten Abbruch“. Das überzeugt nicht. Sollen die Wände eingerissen werden, müssen sich die Bauarbeiter ohnedies gegen herabstürzende Bauteile versichern.

Weitere Ausführungen zur Beschwerde sind nicht veranlasst.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO, §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 3 GKG. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts (S. 9 u. BA) bietet der Sachverhalt ausreichend Anhaltspunkte für die Ermittlung des Interesses, das der Antragsteller an einem Erfolg seines Eilantrages hat. Er möchte sich die Möglichkeit einstweilen erhalten, das Gebäude rekonstruieren und nutzen zu können; außerdem möchte er die Kosten nicht aufwenden, die mit einer gefahrlosen Niederlegung des verbliebenen Torsos verbunden sind. Der Senat schätzt die Nutzungsmöglichkeiten auf 7.500,-- € und die Kosten der Beseitigung schon deshalb in etwa auf denselben Betrag, weil nach den vorstehenden Ausführungen möglicherweise gesteigerte Sicherungsmaßnahmen durchzuführen sein werden. Eine Halbierung der Summe kommt nicht in Betracht, weil sich die Verfügung mit ihrer Befolgung erledigt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 iVm. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).