Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.12.2011, Az.: 12 KN 208/09

Rechtmäßigkeit des Ziels der Raumordnung als Voraussetzug für die Anpassungspflicht der Gemeinden nach § 1 Abs. 4 BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.12.2011
Aktenzeichen
12 KN 208/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 32726
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1208.12KN208.09.0A

Fundstellen

  • NordÖR 2012, 191-196
  • NuR 2012, 406-410
  • ZNER 2012, 111
  • ZfBR 2012, 265-270

Amtlicher Leitsatz

Die Anpassungspflicht der Gemeinden nach § 1 Abs. 4 BauGB setzt nicht nur das Vorliegen eines hinreichend bestimmten bzw. bestimmbaren Ziels der Raumordnung, sondern auch dessen Rechtmäßigkeit voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.9.2003, BVerwGE 119, 25; Beschl. v. 25.6.2007, BauR 2007, 1712 [BVerwG 25.06.2007 - BVerwG 4 BN 17.07]).

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, die die Darstellung von drei Sondergebieten (im Folgenden: Teilbereiche 2, 3, 4) mit der Zweckbestimmung "Windenergieanlagen und landwirtschaftliche Nutzungen" und zugleich die Rücknahme von zwei - durch die 36. Änderung des Flächennutzungsplans ausgewiesenen - Sondergebieten "Windkraftanlagen" (im Folgenden: Teilbereiche 5, 6) zum Gegenstand hat.

2

Eine planerische Steuerung der Windkraftnutzung in ihrem Gemeindegebiet hatte die Antragsgegnerin zunächst durch die 36. Änderung ihres Flächennutzungsplans, die am 9. April 1999 in Kraft getreten war, vorgenommen. Darin waren vier "Sonstige Sondergebiete mit der Zweckbestimmung Windenergieanlagen" planungsrechtlich dargestellt.

3

Ausweislich der Begründung zur 80. Änderung des Flächennutzungsplans nahm die Antragsgegnerin Veränderungen in der Planungspraxis zur Steuerung von Windkraftanlagen 2007 zum Anlass, die Darstellung der Sondergebiete für Windenergieanlagen zu überprüfen und ließ ein neues Standortkonzept erstellen. Am 26. April 2007 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, die hier streitgegenständliche 80. Änderung des Flächennutzungsplans durchzuführen. Nach öffentlicher Bekanntmachung vom 28. Februar 2008 lagen die Planunterlagen vom 7. März bis 7. April 2008 öffentlich aus und wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt. Am 10. Juli 2008 beschloss der Rat der Antragsgegnerin einen veränderten Planentwurf, in dem insbesondere die zu Wohngebieten vorgesehenen Abstände gegenüber dem Vorentwurf vergrößert worden waren, erneut öffentlich auszulegen. Dies geschah in der Zeit vom 4. August bis 3. September 2008 nach vorheriger Bekanntmachung am 21. Juli 2008. Am 6. November 2008 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, über die eingegangenen Anregungen wie in einer beigefügten Beschlussempfehlung zu entscheiden und die 80. Änderung des Flächennutzungsplans mit Begründung und Umweltbericht festzustellen. Damit wurden in Umsetzung des zuvor erarbeiteten Standortkonzeptes drei Teilbereiche als Sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Windenergieanlagen und landwirtschaftliche Nutzungen" dargestellt (Teilbereiche 2, 3 und 4) und zugleich festgelegt, dass außerhalb dieser Gebiete in der Regel Windenergieanlagen nicht zulässig sein sollten. Bei den Teilbereichen 2 und 3 handelt es sich um bereits durch die 36. Änderung der Flächennutzungsplanung als Sondergebiete mit der Zweckbestimmung Windenergieanlagen dargestellte und auch mit Anlagen bebaute Flächen, die durch die 80. Änderung der Flächennutzungsplanung neu zugeschnitten und z.T. erweitert wurden. Der (neu ausgewiesene) Teilbereich 4 befindet sich am nordöstlichen Rand des Gebietes der Antragsgegnerin. Zugleich wurden zwei der zuvor - durch die 36. Änderung - ausgewiesenen Teilbereiche (5 und 6) durch die 80. Änderung der Flächennutzungsplanung nicht mehr für die Zweckbestimmung Windenergieanlagen vorgesehen, sondern als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen. Der Landkreis Diepholz genehmigte die beschlossene 80. Flächennutzungsplanänderung mit Verfügung vom 19. Februar 2009. Mit der Bekanntmachung der Genehmigung des Landkreises im Amtsblatt für den Landkreis Diepholz am 2. März 2009 wurde die 80. Änderung der Flächennutzungsplanung wirksam.

4

Am 28. August 2009 hat die Antragstellerin, die bereits nach der zweiten Auslegung im Planaufstellungsverfahren Einwendungen gegen den Planentwurf erhoben hatte, einen Normenkontrollantrag gegen die 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin gestellt. Diesen Antrag, dem eine Kopie ihrer im Rahmen der zweiten Auslegung abgegebenen Stellungnahme beigefügt war, hat die Antragstellerin dann mit Schriftsatz vom 27. April 2010 begründet.

5

Die Antragstellerin betreibt auf der Fläche 6 (Fläche westlich von C. -D.), die - wie dargelegt - in der 36. Änderung des Flächennutzungsplans (noch) als Sondergebiet "Windenergieanlagen" ausgewiesen war, in der 80. Änderung dagegen als Fläche für Landwirtschaft vorgesehen ist, drei Windkraftanlagen des Typs E.. Diese Anlagen möchte sie durch modernere ersetzen.

6

Sie macht zur Begründung des Normenkontrollantrags geltend: Der Antrag sei zulässig und auch begründet. Die 80. Änderung des Flächennutzungsplans verstoße gegen § 1 Abs. 4 BauGB. Die nunmehr zurückgenommenen Gebiete 5 und 6 seien nämlich im Regionalen Raumordnungsprogramm 2004 (im Folgenden: RROP) des Landkreises Diepholz als Vorrangstandorte für die Windenergienutzung festgelegt. Der Landkreis Diepholz habe mit der zeichnerischen Festlegung dieser Gebiete in seinem RROP auch eine Zielfestlegung treffen wollen. Die Festlegung eines Vorranggebietes nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG sei "per se" als Ziel der Raumordnung zu charakterisieren. Darüber hinaus zeige das im RROP ausdrücklich in Bezug genommene "Gutachten des Deutschen Windenergie-Instituts vom Februar 1995", dass der Landkreis Diepholz hinsichtlich der Windenergie nicht nur die Sonderbauflächen aus den Flächennutzungsplänen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden habe übernehmen wollen, sondern umfassend und abwägend Flächen zur Windenergienutzung ermittelt und bewertet habe. Dass mit der Darstellung eine abschließende Zielfestlegung gewollt gewesen sei, habe der Landkreis zudem durch die Wahl des fett gedruckten Großbuchstabens D deutlich gemacht. Zwar sei der entsprechende Text nicht in Fettdruck wiedergegeben. Dies sei aber, wenn lediglich auf zeichnerische Festsetzungen verwiesen werde, im vorliegenden RROP immer der Fall. Fettdruck sei lediglich dann gewählt worden, wenn textliche Zielfestlegungen getroffen worden seien, nicht jedoch wenn nur auf die zeichnerische Darstellung verwiesen werde. Darüber hinaus leide die Planung an offensichtlichen Abwägungsmängeln, die auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen seien. Die Antragsgegnerin habe gegen das Gebot der gerechten Abwägung verstoßen. Es lägen sowohl ein Abwägungsdefizit als auch eine Abwägungsdisproportionalität vor. Das Abwägungsdefizit ergebe sich daraus, dass das Ergebnis der Abwägung von Beginn an festgestanden habe und nicht von der notwendigen Offenheit gekennzeichnet gewesen sei. Bereits in der Sitzung des Rates der Antragsgegnerin am 19. Dezember 2007 sei neben den Schutzabständen zur Bebauung auch der Beschluss gefasst worden, die Teilbereiche 5 und 6 nicht mehr als Flächen für die Windenergie zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus habe der Umstand, dass der Standort 6 im RROP als Vorrangfläche für Windenergie dargestellt worden sei, im Rahmen der Abwägung nicht die erforderliche Beachtung gefunden. Eine Abwägungsdisproportionalität liege vor, weil zwar grundsätzlich Pufferzonen etwa um Wohngebiete zulässig seien, hier die Abstände aber schematisch ohne die erforderliche Betrachtung der örtlichen Besonderheiten beibehalten worden seien. Jedenfalls vor dem Hintergrund, dass in der zuvor als Sonderfläche "Windenergieanlagen" ausgewiesenen Fläche 6 bereits drei Anlagen errichtet worden seien, hätte nach der Rechtsprechung die Notwendigkeit bestanden, die Auswirkungen der Windenergieanlagen auf die Besiedlung detailliert zu untersuchen und zu prüfen, ob die Einhaltung der Abstände aus immissionsschutzrechtlicher oder naturschutzfachlicher Sicht erforderlich sei. Daran fehle es jedoch.

7

Die Antragstellerin beantragt,

die 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

9

Sie macht geltend, es liege kein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB vor, da die zeichnerische Darstellung von Vorrangstandorten für die Windenergiegewinnung im RROP des Landkreises Diepholz nicht als Zielbestimmung zu verstehen sei. Es fehle insoweit schon an der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit, weil nicht erkennbar sei, ob die in den in Bezug genommenen Flächennutzungsplänen neben der Ausweisung von Sondergebieten vorgesehene Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch für das RROP gelten solle. Jedenfalls fehle es aber an dem für ein Ziel tatbestandlich erforderlichen Merkmal der abschließenden Abwägung. Die entsprechende Aussage im RROP beruhe nämlich erkennbar nicht auf einer eigenständigen Abwägung des Landkreises aller für das Ziel maßgeblichen Belange. Auch nach Meinung des Landkreises selbst sei die Festlegung der Vorranggebiete für Windenergie nur eine "nachrichtliche Übernahme" der Darstellungen aus den Flächennutzungsplänen der Gemeinden. In der Begründung finde sich insoweit nur ein "Dreizeiler". Das Ziel sei angesichts der Nichtanwendung durch den Landkreis jedenfalls als "funktionslos" anzusehen. Selbst wenn man von einem wirksamen Ziel der Raumordnung ausgehe, sei es wegen der unzureichenden Abwägung rechtswidrig und deshalb inzident für unwirksam zu erklären. Es sei nämlich unzulässig, die auf Ebene der Flächennutzungspläne zum Ausdruck gekommenen Planvorstellungen - wie hier - in das RROP ungeprüft zu übernehmen. Die seitens der Antragstellerin im Übrigen geltend gemachten Abwägungsmängel seien präkludiert, da diese nicht innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht worden seien. Im Übrigen lägen sie aber auch in der Sache nicht vor. Eine "Vorwegbindung" sei durch den Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2007 nicht erfolgt. Zum einen habe das seinerzeit schon erreichte Stadium des Aufstellungsverfahrens das Vorliegen eines Entwurfs mit konkreten Darstellungen erfordert. Zum anderen sei sie (die Antragsgegnerin) in jeder Phase des umfangreichen Aufstellungsverfahrens für Korrekturen offen gewesen. Dies zeige auch der Umstand, dass sie erst aufgrund der im Beteiligungsverfahren vorgebrachten Anregungen etwa die vorgesehenen Mindestabstände zu allgemeinen Wohngebieten auf 750 m und zu reinen Wohngebieten auf 1.000 m erhöht habe. Bei der Abwägung seien auch das Interesse der Antragstellerin an einer dauerhaften und rechtlich gesicherten Nutzung der Windkraft im ehemaligen Teilbereich 6 sowie das private und öffentliche Interesse am Repowering hinreichend berücksichtigt worden. Anders als die Antragstellerin geltend mache, seien die Abstände nicht anhand eines abstrakten Schemas pauschal angewandt, sondern vielmehr die gewählten Pufferzonen und die Mindestabstände ordnungsgemäß begründet worden. Da sie (die Antragsgegnerin) im Ergebnis der Windkraftnutzung substantiell Raum geschaffen habe, habe auch keine Notwendigkeit bestanden, die Abstände nochmals zu überprüfen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Planunterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

11

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).

12

A.

Der gegen die 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin gerichtete Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Änderung des Flächennutzungsplans unterliegt nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (BVerwG, Urt. v. 26.4.2007 - 4 CN 3.06 -, BVerwGE 128, 382; Beschl. v. 23.10.2008 - 4 BN 16.08 -, [...]; vgl. auch Senat,Urt. v. 9.10.2008 - 12 KN 12/07 -, ZfBR 2009, 262; Urt. v. 15.5.2009 - 12 KN 49/07 -, [...]). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Flächennutzungspläne, die Darstellungen mit den Rechtswirkungen des§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthalten, eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion erfüllen, so dass es gerechtfertigt und geboten ist, die in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO bestehende Regelungslücke im Wege der Analogie zu schließen.

13

Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Antragsbefugt im Sinne dieser Vorschrift ist, wer die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten dartun kann, die zumindest auch dem Schutz der Interessen in der rechtlichen Situation des Antragstellers dienen. Das ist hier der Fall. In den textlichen Darstellungen der angefochtenen 80. Änderung des Flächennutzungsplans ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Ausweisung von "Sonstigen Sondergebieten" mit der Zweckbestimmung "Windenergieanlagen" in der Regel Ausschlusswirkung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommen soll. Damit entfalten diese Festsetzungen rechtliche Wirkung gegenüber Bauantragstellern und Vorhabensträgern. Da die Antragstellerin Windkraftanlagen außerhalb der mit der 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin festgelegten Sondergebiete betreibt, die sie nach plausiblen Darlegungen in absehbarer Zeit repowern möchte, wird sie durch diese Regelung in ihrer Möglichkeit, auf ihren Flächen derartige außenbereichstypische Vorhaben zu verwirklichen, beschränkt.

14

B.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

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I. Formelle Mängel beim Zustandekommen der 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.

16

II. Auch materiell begegnet der Plan keinen Bedenken.

17

1. Die angefochtene 80. Änderung der Flächennutzungsplanung der Antragsgegnerin verstößt insbesondere durch die darin vorgesehene "Rücknahme" der zwei in der 36. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Sondergebiete "Windenergieanlagen", die nunmehr als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen werden, nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB.

18

Zwar sind sowohl das Gebiet 5 (nördlich von F.) als auch das Gebiet 6 (westlich von C. -D.) in dem - im Zeitpunkt der Aufstellung der 80. Änderung des Flächennutzungsplans und bis heute Geltung beanspruchenden - Regionalen Raumordnungsprogramm 2004 für den Landkreis Diepholz als "Vorrangstandorte für Windenergiegewinnung" "festgelegt" (vgl. RROP, 1.8, D 02, S. 24; 3.5, D 05, S. 54 sowie zeichnerische Darstellung) und dürfte diese "Festlegung" wohl auch als Ziel der Raumordnung einzustufen sein (vgl. a). Gleichwohl war die Antragsgegnerin nicht gehalten, ihren Flächennutzungsplan daran anzupassen, weil dieses Ziel nicht rechtmäßig war (dazu unter b).

19

a) Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne - mithin auch die Flächennutzungspläne - den Zielen der Raumordnung anzupassen. Der Regelungszweck der Vorschrift liegt in der Gewährleistung umfassender materieller Konkordanz zwischen der übergeordneten Landesplanung und der gemeindlichen Bauleitplanung. Er bezieht sich auf den aufzustellenden Plan, seine Änderung, Ergänzung und Aufhebung (BVerwG, Urt. v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 65a). Hiernach können Kommunen in Flächennutzungsplänen eine Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für raumbedeutsame Windenergieanlagen nach eigenen Maßstäben nur betreiben, sofern eine derartige Planung in Form von Zielen der Raumordnung nicht vorhanden ist. Ansonsten sind sie gemäߧ 1 Abs. 4 BauGB gehalten, eine Kongruenz zwischen den Zielen der Raumordnung und dem Flächennutzungsplan durch Anpassung ihrer Bauleitplanung herbeizuführen (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 129).

20

Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081, 2102), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833), sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Für eine Zielqualität der Festlegung der Vorranggebiete "Windenergie" im RROP spricht schon der Umstand, dass in der beschreibenden Darstellung - wie bei den übrigen, unstreitig als Ziele der Raumordnung zu charakterisierenden Vorranggebiete (vgl. RROP S. 28, 51, 74, 78, 83) - mit den Worten "In der zeichnerischen Darstellung sind Vorrangstandorte für ... festgelegt." (vgl. RROP S. 24; 54) auf diese Darstellung verwiesen wird und die Gebiete dort konkret eingezeichnet worden sind. Die - hier danach anzunehmende - Kennzeichnung als "Ziel" ist jedoch "nur" Indiz für die Zielqualität und maßgeblich allein der materielle Gehalt der Planaussage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.4.2003 - 4 BN 25.03 -, BauR 2004, 285 und Beschl. v. 1.7.2005 - 4 BN 26.05 -, ZfBR 2005, 807). Die Rechtsqualität eines Ziels erlangt die Planaussage demnach - selbst wenn sie als Ziel gekennzeichnet ist - nur, wenn auch die sich aus § 3 Nr. 2 ROG ergebenden Vorraussetzungen erfüllt sind (BVerwG, Beschl. v.1.7.2005, a.a.O.).

21

Auch dieses dürfte hier zu bejahen sein. § 3 Nr. 2 ROG setzt voraus, dass es sich um verbindliche Vorgaben handelt, die räumlich und sachlich bestimmt oder bestimmbar sowie vom Träger der Regionalplanung abschließend abgewogen sind. Im RROP sind - wie dargelegt - unter der Überschrift "1.8 Vorranggebiete und Vorrangstandorte" (RROP S. 24) sowie unter "3.5 Energie" (RROP S. 54) "Vorrangstandorte für die Windenergiegewinnung" bzw. "Vorrangstandorte für die Windenergienutzung" "festgelegt" worden. Der Begriff "Vorranggebiete" entstammt dem Raumordnungsrecht und wird im ROG definiert als Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen (oder Zielen) nicht vereinbar sind (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG a.F., jetzt § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG n.F., § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NROG). Die Festsetzung eines Vorranggebietes indiziert das Vorliegen eines Ziels der Raumordnung (vgl. für den Begriff "Eignungsbereich" ebenso: OVG NRW, Urt. v. 6.9.2007 - 8 A 4566/04 -, BRS 71 Nr. 107). Bei der Ausweisung von Vorranggebieten ist in raumordnerischer Hinsicht nämlich eine planerische Letztentscheidung gefallen, da eine bestimmte Nutzung absoluten Vorrang genießt und die jeweilige Nichtvereinbarkeit mit der Vorrangfunktion zumindest bestimmbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329 (dort Abdruck unvollständig), [...] Rn. 23; Ostkamp, Planerische Steuerung von Windkraftanlagen, S. 162 m.w.N.; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, S. 66).

22

Anders als die Antragsgegnerin meint, gibt das RROP insoweit auch nicht lediglich auf anderer Planungsebene bereits ausgewiesene Standorte nachrichtlich wieder. Vielmehr werden die in der 36. Änderung des Flächenutzungsplans der Antragsgegnerin als "sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Windenergieanlagen"" bezeichneten Flächen 5 und 6 im RROP erstmals als "Vorrang"-gebiet bzw. -standort "in der zeichnerischen Darstellung... festgelegt" (RROP, S. 24, 54). Neben dem Wortlaut - in der "zeichnerischen Darstellung" sind Vorrangstandorte "festgelegt" (vgl. RROP S. 24; 54 sowie zeichnerische Darstellung) und nicht etwa lediglich "nachrichtlich dargestellt" (vgl. aber die zeichnerische Darstellung unter "15. Nachrichtliche Darstellungen") oder aus den Flächennutzungsplänen "übernommen" - spricht hier auch Sinn und Zweck der Festlegung der Vorrangstandorte gegen eine bloße Übernahme fremder Planung. In der Begründung des RROP ist nämlich im Zusammenhang mit der Festlegung dieser Vorrangstandorte ausgeführt, das niedersächsische Innenministerium empfehle "mit Erlass vom 28.06.1995 ..., im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Diepholz Standorte auszuweisen, die die Errichtung von Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 80 MW ermöglichen" (RROP, Begründung zu 3.5 "Energie", S. 95). Erkennbar um der sich daraus ergebenden an den Landkreis gerichteten Forderung Rechnung zu tragen, hat dieser als Plangeber in dem RROP dann "in der Zeichnerischen Darstellung ... abgestimmte und in den Flächennutzungsplänen der Städte und Gemeinden des Landkreises ausgewiesene Flächen für Windenergieparks" selbst "festgelegt" (RROP S. 95) und damit mit den Wirkungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG a.F./§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG n.F. ausgestattet.

23

Der Einwand der Antragsgegnerin, die Aussage zu den Vorranggebieten für Windenergie im RROP sei nicht "abschließend abgewogen" i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG und deshalb nicht als Ziel zu qualifizieren, überzeugt nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54), der sich der Senat anschließt, ist dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Ein solcher Fall dürfte hier - wie dargelegt - vorliegen, da die einschränkungslose Festlegung eines Vorranggebietes für die Windenergienutzung aufgrund der strikten innergebietlichen Ausschlusswirkung gegenüber unvereinbaren Nutzungen von den Gemeinden nur noch im Rahmen ihres Konkretisierungsspielraums parzellenscharf umgesetzt werden oder allenfalls durch die Ausweisung anderer nicht konkurrierender oder widersprechender Nutzungen ergänzt werden kann (vgl. Grotefels, in: Festschrift für Werner Hoppe, S. 374). Diese Einstufung als Letztentscheidung wird auch durch die Begründung des RROP zu 1.8 "Vorranggebiete und Vorrangstandorte" bestätigt, wonach das RROP durch die Ausweisung von Vorrangstandorten (generell und damit auch hinsichtlich der Windenergie) dazu beiträgt, Nutzungsansprüche offenzuhalten bzw. die Realisierung von Nutzungsansprüchen zu sichern und die Standorte von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten (RROP S. 89).

24

Selbst wenn man, wie etwa Runkel (in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 3 Rn. 56), schon für die Einstufung einer Planaussage als Ziel der Raumordnung die Einhaltung der wesentlichen Grundprinzipien der Abwägung fordert, so dass auch objektiv von einer Abwägungsentscheidung - wenn auch fehlerhaften - gesprochen werden könne, führt dies hier kaum zu einem anderen Ergebnis. Maßgeblich ist insoweit in erster Linie der objektive Erklärungsgehalt der Zielfestlegung im Regionalen Raumordnungsprogramm, die Rechtsnormcharakter hat (vgl. Runkel, a.a.O.). Dieser Gehalt ist anhand des Plans selbst und seiner Begründung - und nicht etwa mittels der einem Normadressaten in der Regel nicht zur Verfügung stehenden Abwägungsunterlagen - zu ermitteln. Nach der Formulierung der beschreibenden Darstellung und der Begründung des RROP durfte ein objektiver Erklärungsempfänger hier noch davon ausgehen, dass eine - den wesentlichen Grundprinzipien genügende - abschließende Abwägung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG bei der Festsetzung der Vorranggebiete "Windenergiegewinnung" stattgefunden hat. Da das RROP nur "Vorrangstandorte für die Windenergiegewinnung" ausweist - ohne diese mit den Wirkungen von "Eignungsgebieten" i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG a.F./§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. (§ 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NROG) zu verbinden -, waren die in die Abwägung einzustellenden Belange gegenüber den Fällen, in denen auch eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden soll, reduziert. Die Festsetzung eines Vorranggebietes - wie sie im RROP vorgesehen ist - wirkt nämlich nur "innergebietlich", indem sie dort mit der vorrangigen Nutzung nicht im Einklang stehende Nutzungen ausschließt, eine "außergebietliche" Ausschlusswirkung für das restliche Plangebiet, deren Anordnung unstreitig ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept fordert (vgl. dazu B 2 b)), kommt ihr dagegen nicht zu (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, S. 66). Soll mit einem Vorranggebiet zugleich auch ein "außergebietlicher" Ausschluss herbeigeführt werden, so ist gemäߧ 7 Abs. 4 Satz 2 ROG a.F./§ 8 Abs. 7 Satz 2 ROG n.F. (§ 3 Abs. 4 Satz 2 NROG) explizit anzuordnen, dass dem Vorranggebiet zugleich die Wirkung eines Eignungsgebietes zukommen soll (Gatz, a.a.O., S. 66; Goppel, in; Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, Kommentar, § 8 Rn. 74). Dieses ist hier jedoch nicht geschehen und war auch erkennbar nicht gewollt (vgl. u.a. RROP, Abwägungsvorschläge, S. 66 f.). Der Landkreis hat ausweislich der Begründung des RROP "das Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom Februar 1995" als "eine Grundlage" für die Festlegung der Vorrangstandorte herangezogen und zudem die durch die "Empfehlung" des niedersächsischen Innenministeriums, Standorte auszuweisen, die eine Gesamtleistung von 80 MW ermöglichen, zum Ausdruck kommende Gewichtung der Errichtung von Windenergieanlagen berücksichtigt (RROP S. 94). Da diese Gesichtpunkte bei der Entscheidung zugunsten der Ausweisung von Vorrangflächen für die Windenergie (Förderung der Windenergie) bzw. bei deren Auswahl (Windhöffigkeit) von maßgeblicher Bedeutung sind und etwaige Gründe, die gegen Windenergieanlagen an anderer Stelle sprechen, angesichts der nur innergebietlich Ausschlusswirkung entfaltenden Vorranggebiete nicht berücksichtigt werden brauchten, spricht Überwiegendes dafür, dass aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers jedenfalls die wesentlichen Grundprinzipien der Abwägung eingehalten werden und somit insoweit von einem Ziel der Raumordnung auszugehen war.

25

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin fehlt es auch nicht an der für ein Ziel der Raumordnung notwendigen hinreichenden Bestimmtheit. Der Einwand, es sei dem Text des RROP nicht zu entnehmen, ob "das Vorranggebiet auch Windkraftanlagen außerhalb seines Geltungsbereiches ausschließen" solle, überzeugt nicht. Wie bereits dargelegt, wirken Vorranggebiete, sofern nicht explizit ein "außergebietlicher" Ausschluss gemäߧ 7 Abs. 4 Satz 2 ROG a.F./§ 8 Abs. 7 Satz 2 ROG n.F. (§ 3 Abs. 4 Satz 2 NROG) angeordnet wird, an dem es hier fehlt, nur innergebietlich. Dem Umstand, dass in der 36. Flächennutzungsplanänderung der Antragsgegnerin der umstrittene Teilbereich 6 zugleich mit einer außergebietlichen Ausschlusswirkung versehen worden war, kann anderes nicht entnommen werden. Das RROP knüpft an die "abgestimmten und in den Flächennutzungsplänen der Städte und Gemeinden des Landkreises ausgewiesenen"Flächen an. Dass sich das RROP neben der Flächenauswahl der Gemeinden auch die weiteren Rechtswirkungen in den Flächennutzungsplänen bzw. Bebauungsplänen zu eigen machen wollte, ist dem RROP nicht zu entnehmen und wird darin auch nicht nahegelegt.

26

Anders als die Antragsgegnerin meint, ist das Ziel auch nicht etwa funktionslos geworden. Eine Funktionslosigkeit liegt nicht bereits vor, wenn eine Planung in der Realität nicht angewandt wird, sondern ist nur anzunehmen, wenn die Umsetzung der Planung, d.h. hier die Realisierung der Vorranggebiete wegen rechtlicher oder tatsächlicher Umstände ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 - 4 B 22.10 -, BauR 2010, 2060). Dieses ist aber - gerade vor dem Hintergrund, dass in dem streitigen Gebiet drei Windenergieanlagen betrieben werden - nicht anzunehmen.

27

Der Umstand, dass die Verwaltung des Landkreises offenbar auf Nachfrage der Antragsgegnerin im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplans erklärt hat, es handele sich bei der Festlegung der Vorrangstandorte Windenergiegewinnung nicht um Ziele der Raumordnung, steht der Zielqualität ebenfalls nicht entgegen. Es muss schon bezweifelt werden, dass die Verwaltung des Landkreises über die Absicht des Plangebers, d.h. hier des damaligen Kreistages, zuverlässig Auskunft geben kann (vgl. OVG NRW, Urt. v. 6.9.2007 - 8 A 4566/04 -, BRS 71 Nr. 107). Ferner ist insoweit der zeitliche Abstand zwischen der Aufstellung des RROP (2004) und des Verfahrens zur Aufstellung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin (2007 bis 2009), in dem diese Erklärungen offenbar getätigt wurden, zu berücksichtigen. Letztlich ist zudem - wie dargelegt - die Absicht, ein Ziel der Raumordnung zu normieren oder nicht zu normieren, nicht allein maßgeblich, weil es entscheidend auf den objektiven Erklärungsgehalt ankommt.

28

b) Selbst wenn mithin Überwiegendes dafür spricht, dass die Festlegung der Vorrangstandorte für die Windenergiegewinnung vor diesem Hintergrund als Ziel im Sinne des Raumordnungsgesetzes zu charakterisieren ist, verstößt der angefochtene Flächennutzungsplan nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB. Die Anpassungspflicht der Gemeinden nach § Abs. 4 BauGB setzt nicht nur das Vorliegen eines hinreichend bestimmten bzw. bestimmbaren Ziels der Raumordnung, sondern auch dessen Rechtmäßigkeit voraus (vgl. BVerwG,Urt. v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25; Beschl. v. 25.6.2007 - 4 BN 17.07 -, BauR 2007, 1712 [BVerwG 25.06.2007 - BVerwG 4 BN 17.07]). Soweit der Entscheidung des Senates vom 11. Juli 2007 (- 12 C 18/07 -, BRS 71 Nr. 106) anderes entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest. An der danach für die Anpassungspflicht erforderlichen Rechtmäßigkeit des Ziels "Vorrangstandorte Windenergie" im RROP fehlt es hier.

29

Zwar durfte - wie ausgeführt - ein objektiver Normadressat anhand der beschreibenden Darstellung und Begründung des RROP wohl (noch) von der Einhaltung der wesentlichen Grundprinzipien der Abwägung ausgehen. Die gerichtliche Kontrolle der Abwägungsentscheidung zugunsten der Vorranggebiete, die anhand der Begründung bzw. Erläuterung der Planung und der Aufstellungsunterlagen bzw. Verfahrensakten vorzunehmen ist, gelangt jedoch zu dem Ergebnis, dass vorliegend ein Abwägungsfehler vorliegt. Die ungeprüfte Übernahme der auf der Ebene der Flächennutzungspläne zum Ausdruck gekommenen Planvorstellungen in das Regionale Raumordnungsprogramm stellt nach der Rechtsprechung des Senats einen Abwägungsfehler dar, der im Normenkontrollverfahren die Unwirksamkeitserklärung des RROP zur Folge hat (Urt. d. Sen. v. 31.3.2011 - 12 KN 187/08 -, BauR 2011, 1300 [OVG Niedersachsen 31.03.2011 - 12 KN 187/08]; Urt. d. Sen. v. 28.10.2010 - 12 KN 65/07 -, BauR 2010, 1043 [OVG Niedersachsen 28.01.2010 - 12 KN 65/07]). Eine solche ungeprüfte Übernahme liegt hier - anders als im Plan selbst angedeutet - der Sache nach vor. Zwar sind die zitierten Entscheidungen zu Sachverhalten ergangen, in denen neben der Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen zugleich ein Ausschluss von solchen Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet festgeschrieben worden ist. Selbst wenn - wie dargelegt - die in die Abwägung einzustellenden Belange reduziert sind, wenn - wie hier - wegen der Anordnung "nur" eines Vorranggebietes nur innergebietliche Wirkungen in Rede stehen, reicht die "bloße" Übernahme fremder Planung nicht aus. Sowohl die Abwägungsvorschläge als auch die Verfahrensunterlagen belegen aber, dass der Landkreis hier nicht in eine eigene Prüfung eingetreten ist. Auf die im Verlaufe des Verfahrens zur Aufstellung des RROP vorgebrachte Anregung des Landkreises Verden, es erfolge keine Aussage, "welche Kriterien zur Ausweisung der Vorranggebiete Anwendung fanden und wie methodisch vorgegangen" worden sei, heißt es in den Abwägungsvorschlägen lediglich "Die Kriterien und Prüfparameter werden in den F-Plan-Verfahren der Gemeinden festgelegt und bearbeitet. Die Festlegungen und Auswirkungen werden in F- und B-Plänen getroffen bzw. behandelt." (vgl. RROP, Abwägungsvorschläge, S. 67 f.). Dass lediglich eine - ungeprüfte - Übernahme der Planung der Städte und Gemeinden stattfinden sollte, belegt z.B. auch das Protokoll der Erörterung vom 12. Februar 2004. Dort heißt es: "Der Flächennutzungsplan (für die Samtgemeinde Schwaförden) wird gegenwärtig überarbeitet. Ausgewiesene Sondergebiete für Windenergiegewinnung werden als Vorrangstandort im RROP übernommen" (vgl. S. 6). Diese Einschätzung wird bestätigt durch das Protokoll der Erörterung vom 2. März 2004. Danach erklärte Herr G. - seinerzeit Leiter des zuständigen Fachdienstes des Landkreises -, der Landkreis beabsichtige eine Ausschlusswirkung nicht festzulegen, da diese ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage von Eignungs- und Ausschlusskriterien voraussetze. Der Landkreis habe die Vorrangstandorte für Windenergiegewinnung (aber nur) aus den F-Plänen der Gemeinden übernommen (vgl. S. 2). Vergleichbares wurde auch in der Erörterung am 16. März 2004 ausgeführt (vgl. Protokoll S. 3). Da anhand der Begründung des RROP und des vorliegenden, der Beschlussfassung zugrunde liegenden Materials mithin erkennbar wird, dass der Landkreis als Planverfasser die Planung seiner Städte und Gemeinden lediglich übernommen hat, ohne sich überhaupt klarzumachen, anhand welcher Kriterien diese zu den auf Flächennutzungs- und Bebauungsplanebene ausgewiesenen Sondergebieten gekommen sind, oder gar eine (vergleichende) Auseinandersetzung mit diesen Kriterien vorzunehmen, liegt insoweit jedenfalls ein Abwägungsfehler vor. Dieser führt zur Rechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden Zielfestlegung des RROP, so dass ein die Rechtswidrigkeit der Flächennutzungsplanung begründender Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB nicht vorliegt.

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2. Auch die übrigen Einwendungen der Antragstellerin gegen die 80. Änderung des Flächennutzungsplans führen nicht zum Erfolg ihres Antrages.

31

a) Die insoweit geltend gemachten Mängel sind schon nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB (i.d.F. seit dem 1.1.2007) unbeachtlich, da sie seitens der Antragstellerin nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans gegenüber der Antragsgegnerin unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Anders als die Antragstellerin meint, ist diese Norm anwendbar, da es sich bei den von ihr gerügten Fehlern - anders als in der mündlichen Verhandlung behauptet - nicht (nur) um solche des Abwägungsergebnisses, sondern ihrer Bezeichnung und auch der Sache nach um Fehler im Abwägungsvorgang handelt (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin v. 27.4.2011, S. 6 ff. und v. 15.11.2011, S. 9 ff.).

32

Die angegriffene 80. Änderung des Flächennutzungsplans ist am 2. März 2009 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB bekannt gemacht worden. Erst unter dem 27. April 2010 (Eingang bei Gericht 30. April 2011, bei der Antragsgegnerin vermutlich am 2. oder 3. Mai 2011) und damit deutlich nach Ablauf der Jahresfrist hat die Antragstellerin ihren Normenkontrollantrag dann begründet und in diesem Rahmen auch nähere Ausführungen zu den aus ihrer Sicht vorliegenden Mängeln im Abwägungsvorgang gemacht. Der Umstand, dass die Antragstellerin der - noch innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans übersandten - Antragsschrift vom 25. August 2009 ihre im Rahmen der zweiten öffentlichen Auslegung gegenüber der Antragsgegnerin abgegebene Stellungnahme vom 13. August 2008, in der sie sich auch mit den zu berücksichtigenden Belangen befasst hat, als Anlage beigefügt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Im Bauleitplanverfahren vorgetragene Bedenken und Anregungen können, auch wenn die Gemeinde ihnen bei der Beschlussfassung nicht folgt, nicht als Rüge von Abwägungsfehlern umgedeutet werden (Nds. OVG, Urt. v. 26.3.1998 - 1 K 2914/96 -, NVwZ-RR 1998, 548; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage, § 215 Rn. 5). Dies ergibt sich schon aus der unterschiedlichen Zielrichtung der Schreiben. Während Einwendungen und Rügen, die während des Planungsverfahrens vorgebracht werden, Einfluss auf die Abwägungsentscheidung nehmen sollen, richtet sich das Geltendmachen von Abwägungsfehlern nach § 215 Abs. 1 BauGB gegen einen beschlossenen Plan und soll so der Gemeinde die Möglichkeit geben, einen gerügten Fehler zu beheben.

33

b) Selbst wenn man aber die geltend gemachten Mängel nicht mit Blick auf § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB als unbeachtlich ansehen wollte, so hätte der Antrag keinen Erfolg.

34

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287; v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33; v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 -, BVerwGE 122, 109; v. 27.1.2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364, v. 26.4.2007 - 4 CN 3.06 -, BVerwGE 128, 382; v. 24.1.2008 - 4 CN 2.07 -, ZNER 2008, 88; Beschl. v. 12.7.2006 - 4 B 49.06 -, ZfBR 2006, 679; vgl. im Übrigen aus der Rsp. des erkennenden Sen.: Urt. v.13.6.2007 - 12 LB 25/07 -, ZfBR 2007, 693; Urt. v. 13.6.2007 - 12 LC 36/07 -, ZfBR 2007, 689, [OVG Niedersachsen 13.06.2007 - 12 LC 36/07]Urt. v. 9.10.2008 - 12 KN 35/07 -, ZfBR 2009, 150 und Urt. v. 15.5.2009 - 12 KN 49/07 -, [...]) ist bei der Auslegung und Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB davon auszugehen, dass diese Vorschrift die Errichtung von Windkraftanlagen im gemeindlichen Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt stellt, der sich an die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung richtet. Dieser Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windkraftanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem jeweiligen Bauantragsteller und Vorhabensträger mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig sind. Dabei bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Eine fehlerfreie Abwägung setzt insoweit voraus, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, in sie das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge berücksichtigt werden muss, und die Belange gewichtet und gegeneinander in einer das Abwägungsergebnis tragenden Weise abgewogen werden. Innerhalb des so gezogenen Rahmens verletzt die Gemeinde das Abwägungsgebot nicht, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309; st. Rspr.). Die Abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich auf solche Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens für die planende Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind (vgl. BVerwG,Beschl. v. 9.11.1979 - 4 N 1.78 und 4 N 2 bis 4.79 -, BVerwGE 59, 87). Nur das, was die planende Gemeinde aufgrund der gerade zu diesem Zwecke durchzuführenden Beteiligung Dritter "sieht" oder auch ohne ausdrücklichen Hinweis "sehen muss", hat sie bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309; Nds. OVG, Urt. v. 22.1.1996 - 6 K 5436/93 -, NuR 1997, 289). Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich dabei auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen habe, ist der gesetzlichen Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung bzw. eine bloße Feigenblattplanung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB enthaltene Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren, beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Eine Verhinderungsplanung liegt dabei nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt. Der Gesetzgeber sieht es als berechtigtes öffentliches Anliegen an, die Windenergienutzung zu kanalisieren und Fehlentwicklungen entgegenzusteuern. Deshalb versteht es sich von selbst, dass der Planungsträger nicht dazu verpflichtet ist, überall dort Vorranggebiete festzulegen, wo Windkraftanlagen bereits vorhanden sind. Auf der anderen Seite kann er der Kraft des Faktischen dadurch Rechnung tragen, dass er bereits errichtete Anlagen in sein Konzentrationszonenkonzept mit einbezieht, sich bei der Gebietsabgrenzung an dem vorhanden Bestand ausrichtet und auch ein "Repowering"-Potenzial auf diesen räumlichen Bereich beschränkt.

35

Die 80. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin genügt diesen Anforderungen. Sie beruht insbesondere auf einem schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept und genügt im Ergebnis auch dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB).

36

bb) Ein Abwägungsausfall fällt der Antragsgegnerin nicht zur Last. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass sich ihr Rat bereits vor der Verabschiedung des streitgegenständlichen Flächennutzungsplans mit Beschluss vom 19. Dezember 2007 für die Einhaltung bestimmter Abstände der Vorrangstandorte zu reinen bzw. allgemeinen Wohngebieten und Einzelhäusern (1.000 m, 750 m bzw. 500 m) ausgesprochen und in diesem Zuge auch beschlossen hat, die beiden in der 36. Flächennutzungsplanänderung als Vorranggebiet für Windenergie dargestellten Teilbereiche 5 und 6 (F. und F. -H.) nunmehr als Flächen für die Landwirtschaft darzustellen. Wie die Antragsgegnerin erläutert hat und sich auch anhand der Karte nachvollziehen lässt, befinden sich beide Gebiete in relativer Nähe zu Wohngebäuden und kamen sie bei Anwendung des zuvor definierten Kriteriums "Abstand" nicht mehr in Betracht. Es bestehen vor diesem Hintergrund keine durchgreifenden Bedenken, dass sich die Antragsgegnerin, wenn sie insgesamt für die Windenergienutzung substantiellen Raum schafft, schon vor bzw. im Verlaufe des Verfahrens zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans grundsätzliche Gedanken zu der Frage macht, welche Kriterien sie anlegt und welche Flächen bei Anlegung dieser Maßstäbe ggf. nicht mehr in Betracht kommen sowie das Ergebnis der Überlegungen kundtut, wie hier durch den Ratsbeschluss geschehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass schon die Erstellung eines Entwurfes, der dann in das Beteiligungsverfahren zu geben ist, konkrete Vorstellungen zu diesen Fragen voraussetzt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Rat durch den Beschluss eine solche Bindung hätte schaffen wollen oder tatsächlich geschaffen hat, die ihn hinderte, die Entscheidung hinsichtlich der Einstufung der Teilbereiche 5 und 6 als Flächen für Landwirtschaft und nicht als solche für Windenergie bei neuen Entwicklungen oder überzeugenden Einwendungen dagegen wieder in Frage zu stellen.

37

cc) Anders als die Antragstellerin geltend macht, leidet die Planung auch nicht an Abwägungsdisproportionalität. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin an den im ersten Schritt zugrunde gelegten Abständen zur Wohnbebauung schematisch und ohne Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten festgehalten hat. Zunächst ist zu bemerken, dass sie den im Entwurf vom 11. Juli 2007 noch vorgesehenen Abstand der Vorrangstandorte zu bebauten Bereichen von 500 m im Verlaufe des Planungsverfahrens für allgemeine Wohngebiete auf 750 m und für reine Wohngebiete auf 1.000 m erhöht hat. Im Rahmen der Abwägung hat sie zudem den Gesichtspunkt, dass bei Anwendung dieser Kriterien zwei der durch die vorangegangene Flächennutzungsplanung ausgewiesenen Sondergebiete nicht mehr als solche dargestellt werden können, im Blick gehabt und sich in diesem Zusammenhang auch damit auseinandergesetzt, ob mit Blick auf dieses Ergebnis die Abstandskriterien ggf. außer Kraft gesetzt werden sollten, dieses im Ergebnis aber als nicht sachgerecht erachtet (vgl. Begründung zur 80. Flächennutzungsplanänderung, S. 21). Zur Begründung hat sie ausgeführt, die privaten Belange der Windenergiebetreiber, die neben dem Bestandsschutz auch im Repowering zu sehen seien, rechtfertigten ein Außerkraftsetzen der Abstandkriterien nicht. Den Kriterien der 500-m-Pufferzone um Wohngebäude und gemischte Bauflächen sowie der 200-m-Pufferzone um Wälder und Gehölze, die im Falle des bisher ausgewiesenen Windparks westlich von C. -D. (Teilbereich 6) beide einer Ausweisung entgegenstünden, komme nämlich ein bedeutendes Gewicht zu. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass im Zuge der 80. Flächennutzungsplanänderung genügend andere Flächen für die Windenergienutzung ausgewiesen worden seien und kein Rechtsanspruch auf Beibehaltung einer bestimmten Planaussage bestehe. Vielmehr hätten die Vorschriften über die Änderung von Bauleitplänen gerade den Zweck, der Gemeinde die Handhabe zu geben, den planungsrechtlichen Rahmen an die jeweiligen Erfordernisse anzupassen. Diese Vorgehensweise ist wie auch das so gefundene Ergebnis seitens des Senats nicht zu beanstanden. Anders als die Antragstellerin meint, bedurfte es über die erfolgte Prüfung hinaus weder einer konkreten Aussage dazu, warum die Einhaltung der Abstände hier aus immissionsschutzrechtlicher oder naturschutzfachlicher Sicht erforderlich war, noch einer detaillierten Untersuchung der Auswirkungen der Windenergieanlagen an diesem Standort auf die Besiedlung. Der Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 2008 (- 4 CN 2.07 -, NVwZ 2008, 559 [BVerwG 24.01.2008 - BVerwG 4 CN 2.07]) überzeugt insoweit nicht. Dieses hatte einen Fall zu beurteilen, in dem die schematisierten Abstände im Ergebnis dazu führten, dass der Windenergie nicht in substantieller Weise Raum geschaffen worden war. Nur für diesen - hier nicht vorliegenden - Fall hat das Bundesverwaltungsgericht eine Pflicht des Planungsträgers angenommen, die zunächst gewählten Kriterien noch einmal darauf zu überprüfen, ob mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse auch kleinere Pufferzonen ausreichen. Dieses entspricht auch der Rechtsprechung des Senats. Ein solcher Fall liegt hier jedoch erkennbar nicht vor. Aus dem Umstand, dass die Auswirkungen der vorhandenen Windkraftanlagen in einem Genehmigungsverfahren geprüft worden sind, ergibt sich nichts anderes. Die Antragsgegnerin durfte fortgeschrittene technische Entwicklungen und Repoweringpotentiale allgemein zum Anlass für vergrößerte Vorsorgeabstände nehmen und war nicht verpflichtet, eine einmal getroffene Planaussage dauerhaft aufrechtzuerhalten. Die Notwendigkeit, bei der "Rücknahme" eines zuvor festgesetzten Sondergebiets Windenergie durch eine Änderung der Flächennutzungsplanung immer konkret und in den Einzelheiten die jeweilige Schutzbedürftigkeit der Umgebung in den Blick zu nehmen, kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 22. Januar 2009 (- 12 KN 29/07 -, NVwZ-RR 2009, 546) hergeleitet werden. Dort ist für diesen Fall nur eine sorgfältige Prüfung gefordert, in die auch die privaten Interessen der Anlagenbetreiber insbesondere an einer zukünftigen Nutzung der Windenergie in einem solchen Gebiet einzustellen sind. Während es seinerzeit an einer näheren Auseinandersetzung damit, dass durch eine vermeintliche "Problemlösung" "zwei von drei im Plangebiet gelegenen Standorten von Windenergieanlagen der Antragsteller weggeplant" wurden und sich dadurch "die Planungssituation für die Antragsteller verschlechtert hat", ganz fehlte, lässt sich den Planunterlagen hier entnehmen, dass sich die Antragsgegnerin - wie dargelegt - des Wegfalls dieser Standorte bewusst war und die insoweit relevanten Belange auch bzw. gerade der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat (vgl. Begründung zur 80. Flächennutzungsplanänderung, S. 21, 37).

38

c) Der (zunächst erhobene) Einwand der Antragstellerin, die Abwägung sei defizitär, weil die Antragsgegnerin nicht hinreichend beachtet habe, dass der Standort 6 im RROP als Vorrangstandort für die Windenergienutzung ausgewiesen worden sei, trägt nicht. Wie dargelegt, dürfte es sich insoweit nicht um einen im Rahmen der Abwägung beachtlichen Gesichtspunkt handeln, sondern dieser Festsetzung Zielqualität zukommen mit der Folge, dass nicht § 1 Abs. 7 BauGB, sondern § 1 Abs. 4 BauGB maßgeblich ist. Selbst wenn man diesen Gesichtspunkt aber als (auch) im Rahmen der Abwägung beachtlich ansieht, so trifft der Vorwurf der Antragstellerin nicht zu, die Antragsgegnerin habe diesen Belang "völlig außen vor gelassen". Die Antragsgegnerin hat diesen Widerspruch vielmehr erkannt und sich im Rahmen der Begründung zur 80. Änderung des Flächennutzungsplans in (noch) vertretbarer Weise damit auseinandergesetzt (vgl. S. 21, 22).