Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.06.2019, Az.: 12 KN 64/17
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.06.2019
- Aktenzeichen
- 12 KN 64/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69758
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans, insbesondere eines solchen mit Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, müssen hinreichend bestimmt sein, und zu den Folgen mangelnder Bestimmtheit.
2. Zu den Grenzen des § 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB
Tenor:
Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in Gestalt der vom Rat der Antragsgegnerin beschlossenen 104. Änderung vom 31. August 2016, genehmigt am 6. Dezember 2016 (Amtsblatt für den Landkreis Friesland vom 16.12.2016, S. 95), wird insoweit für unwirksam erklärt, als den textlichen Darstellungen zufolge die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Antragstellerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragstellerinnen zu 1. und 3. wenden sich als Betreiberinnen von Windenergieanlagen - zusammen mit dem Antragsteller zu 2. - gegen die von ihnen angenommene Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der aktuellen Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, weil danach an dem von ihnen, den Antragstellerinnen zu 1. und 3., jeweils in den Blick genommenen Standort im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin die Verwirklichung von Windenergieanlagen insgesamt ausgeschlossen sei. Der Antragsteller zu 2. ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks in diesem Bereich, welches er an die Antragstellerin zu 2. verpachtet hat.
Die Windenergieanlagen-Planung der Antragsgegnerin verlief in mehreren Schritten:
In der 53. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahr 1998 stellte sie ein Sondergebiet für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen dar, und zwar im Bereich J.. Die Errichtung von Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet wurde ausgeschlossen. Mit der 74. Änderung wurde das Sondergebiet J. im Jahr 2006 deutlich erweitert.
In der vom Rat der Antragsgegnerin am 31. August 2016 beschlossenen streitgegenständlichen 104. Änderung des Flächennutzungsplans wurden drei weitere als „Änderungsteilbereich 1“, „Änderungsteilbereich 2“ und „Änderungsteilbereich 3“ bezeichnete Bereiche als „SO Windenenergie“ ausgewiesen. In der „Planzeichenerklärung“ heißt es insoweit unter Art der baulichen Nutzung: „Sondergebiete zugleich Flächen für die Landwirtschaft Zweckbestimmung: Windenergie“.
Unter der Überschrift „Textliche Darstellungen“ ist ausgeführt:
„Art der Nutzung
In den Änderungsteilbereichen sind folgenden Nutzungen zulässig
1. Sondergebiet „Windenergieanlagen“ mit folgenden Anlagen:
Windenergieanlagen mit einer max. Gesamthöhe von 155 m üNHN einschließlich der zugehörigen Nebenanlagen wie Trafostationen und Übergabestationen
2. Flächen für die Landwirtschaft
Ausschlusswirkung
Außerhalb der in den wirksamen 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Sondergebiete für Windenergie und der in dieser 104. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Sonderbaugebiete mit der Zweckbestimmung Windenergie sind gemäß § 35 (3) Satz 3 BauGB im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans der Gemeinde Wangerland in der Regel keine weiteren Windenergieanlagen gemäß § 35 (1) Nr. 2 bis 6 BauGB zulässig. Dies betrifft sowohl Windparks als auch Einzelanlagen.“
Am 16. Dezember 2016 machte die Antragsgegnerin die Erteilung der Genehmigung für die so beschlossene 104. Änderung durch den Landkreis Friesland vom 6. Dezember 2016 in dessen Amtsblatt bekannt. Dabei wurden als „Geltungsbereich der 104. Änderung“ (nur) die Flächen der drei Änderungsteilbereiche bezeichnet und die entsprechenden Planausschnitte abgedruckt.
Am 13. März 2017 hat die Antragstellerin zu 1., am 16. November 2017 haben der Antragsteller zu 2. und die Antragstellerin zu 3. die gegen die Ausschlusswirkung in dem Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin i. d. F. der 104. Änderung gerichteten Normenkontrollanträge gestellt.
Sie machen geltend, ihre Anträge seien zulässig. Die 104. Änderung des Flächennutzungsplans begründe eine eigenständige Ausschlusswirkung und damit eine Belastung für sie (die Antragsteller). Die Wirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sei unter eigener Überschrift in den textlichen Darstellungen der Planzeichnung explizit geregelt. Der Verweis in der Begründung des Plans auf § 249 Abs. 1 BauGB führe zu keinem anderen Ergebnis, da diese Norm nur sicherstellen solle, dass einer Gemeinde bei der Ausweisung neuer Flächen nicht vorgehalten werden könne, die frühere Ausweisung habe gegen das Gebot verstoßen, „substanziell“ Raum für die Windenergie zu schaffen. Zudem habe die Antragsgegnerin gerade nicht auf eine erneute Tabuzonenbetrachtung verzichtet, sondern vielmehr eine solche durchgeführt. Der Umstand, dass die Außenbereichsflächen schon vor der 104. Änderung des Flächennutzungsplans (mit der 53. und 74. Änderung) von der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfasst gewesen seien, stehe dem nicht entgegen, denn mit der Änderung werde die Ausschlusswirkung durch die normähnliche Wirkung des Änderungsplans neu begründet und damit der Plan neu angreifbar.
Sie seien auch antragsbefugt. Die Antragstellerinnen zu 1. und 3. verweisen darauf, dass sie durch die Vorlage von langfristigen Nutzungsverträgen ihr Interesse, in der Ausschlusszone Windenergieanlagen errichten zu wollen, glaubhaft gemacht hätten. Der Antragsteller zu 2. verweist auf sein in der Ausschlusszone gelegenes Grundeigentum.
Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass der Wegfall der mit der 104. Änderung des Flächennutzungsplans angeordneten Ausschlusswirkung für sie vorteilhaft sei.
Der Antrag sei auch begründet. Es fehle schon an einer wirksamen Bekanntmachung der 104. Änderung, da - wie zuvor in den Bekanntmachungen der 53. und 74. Änderung - nur die Konzentrationszonen abgedruckt worden seien und es an einer Darstellung des gesamten Außenbereichs der Antragsgegnerin, auf den sich die Ausschlusswirkung erstrecke, fehle.
Die 104. Änderung des Plans sei zudem wegen fehlerhafter Behördenbeteiligung formell rechtswidrig, weil nicht allen Trägern öffentlicher Belange dieselben Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Zudem sei der Auslegungsbeschluss des Ausschusses für Gemeindeentwicklung und Sanierung fehlerhaft, denn ihm hätten nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit selbst sei ebenfalls fehlerhaft, weil den Benachrichtigungsschreiben teilweise Anlagen gefehlt hätten.
Der geänderte Plan sei ferner materiell rechtswidrig. Es fehle bereits an einer städtebaulichen Erforderlichkeit i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil die Antragsgegnerin mit der Aufstellung des Flächennutzungsplans keine städtebaulichen Aspekte, sondern letztlich nur das Ziel verfolgt habe, „eigengesicherte“ Flächen auszuweisen. Der Plan diene allein der im Interesse der Antragsgegnerin liegenden Vorhabenplanung ganz konkreter Windparks. Die Antragsgegnerin habe sich im Rahmen der Änderungsplanung auf ganz bestimmte Flächen vorfestgelegt, die sie bzw. ihre 100%ige Tochtergesellschaft bereits unter Vertrag gehabt hätten bzw. auf denen diese Gesellschaft jedenfalls als Betreiberin für eine Bürgerwindenergieanlage hätte fungieren sollen.
Die Planung sei zudem weder ergebnisoffen noch nachvollziehbar und leide an erheblichen Abwägungsmängeln i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB und § 2 Abs. 3 BauGB. Sie gehe schon von falschen Grundannahmen aus. Die der Planung zu Grunde liegende „grundsätzliche Annahme“, die gewählte Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 150 m, einem Durchmesser von 100 m und einer Leistung von 2 bis 3 MW sei für Planungen in dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin realistisch, wie sich aus der Verwirklichung einer solchen Anlage noch im Jahr 2014 ergebe, sei weder in der Pauschalität nachvollziehbar noch für eine Planänderung Ende 2016 geeignet gewesen. Denn es sei seinerzeit bereits bekannt gewesen, dass am 1. Januar 2017 das neue EEG in Kraft treten und sich dadurch die wirtschaftlichen Maßstäbe gegenüber 2014 deutlich verschieben (verschlechtern) würden.
Darüber hinaus seien die harten und weichen Tabukriterien fehlerhaft bestimmt worden. Dies betreffe etwa den Abstand zu Siedlungsflächen sowie zu technischer Infrastruktur sowie die Kriterien Landschaftsschutzgebiete, Flächen für Natur und Landschaft, Grünflächen, Wald sowie touristische Schwerpunktzonen. Hinsichtlich des Kriteriums Schall fehle es ebenfalls an einer stringenten Planung. Dass von den Potenzialflächen nur solche weiter betrachtet worden seien, die einen Durchmesser von mindestens 100 m gehabt hätten, begründe ebenfalls einen Abwägungsmangel. Denn die Begründung, auf kleineren Flächen könnten „keine z. Z. marktüblichen WEA errichtet werden“, sei völlig pauschal und nicht nachvollziehbar. Das Bauernhaus „K.“ sowie ein Abstand von 300 m um dieses seien zu Unrecht als harte Tabuzonen berücksichtigt worden, obwohl die Wohnnutzung dieses Hauses bereits 2008 aufgegeben worden sei und die Eigentümer sich 2010 notariell gegenüber der Gemeinde verpflichtet hätten, das Objekt nicht mehr zu Wohnzwecken zu nutzen. Die Begrenzung der Höhe der Windenergieanlagen auf 155 üNHN sei unzulässig. Sie widerspreche dem Windenergieerlass Niedersachsen sowie dem Landesraumordnungsprogramm. Außerdem seien die Konzentrationszonen fehlerhaft ausgewählt worden und liege - wie bereits oben erwähnt - letztlich eine „Interessenplanung“ vor. Dies wird im Einzelnen ausgeführt.
Die Antragstellerin zu 1. beantragt,
die 104. Änderung des Flächennutzungsplans (Sondergebiet Windenergie) der Antragsgegnerin, bekannt gemacht am 16. Dezember 2016, insoweit für unwirksam zu erklären, als mit der Änderung die Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen.
Die Antragsteller zu 2. und 3. beantragen,
die 104. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, bekannt gemacht am 16. Dezember 2016, für unwirksam zu erklären, soweit darin durch die Darstellung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen eine rechtliche Ausschlusswirkung für Flächen an anderer Stelle bewirkt wird.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Sie verneint die Zulässigkeit des Begehrens der Antragsteller. Durch die streitgegenständliche 104. Änderung des Flächennutzungsplans habe sie (die Antragstellerin) nur von der ihr durch § 249 Abs. 1 BauGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, neue Flächen für die Windenergie auszuweisen. Die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sei dagegen nicht (neu) geregelt worden, sondern habe sich bereits aus ihrem Flächennutzungsplan in Gestalt der 53. und 74. Änderung ergeben. Sie sei durch die aktuelle Änderung nicht ausgeweitet, sondern vielmehr (partiell), nämlich soweit es die drei Änderungsteilbereiche betreffe, zurückgenommen worden. Da sich die streitgegenständliche 104. Änderung des Flächennutzungsplans mithin allein in der Ausweisung von „Positivflächen“ erschöpfe, stelle sie keinen tauglichen Gegenstand für eine Normenkontrolle dar und mangele es demgemäß auch an einer Antragsbefugnis der Antragsteller. Es fehle ferner an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn bei einer Unwirksamkeit der 104. Änderung bliebe es bei der durch die 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Ausschlusswirkung. Selbst mittelbar ergebe sich kein Vorteil, denn im Falle der Unwirksamkeit der 104. Änderung des Plans bestehe keine realistische Erwartung, dass die Flächen der Antragsteller bei einer erneuten Planung als Konzentrationszone ausgewiesen würden. Eine Aufhebung der Konzentrationswirkung der 104. Änderung gebe ihr (der Antragsgegnerin) keinen Anstoß für eine Neuplanung, weil der positive Inhalt der 104. Änderung - die drei ausgewiesenen zusätzlichen Flächen - nicht streitgegenständlich sei und daher enthalten bliebe.
Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Der Flächennutzungsplan sei formell rechtmäßig. Da die Konzentrationszonen der 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplans nicht in die 104. Änderung übernommen worden seien und eine Ausschlusswirkung nicht geregelt worden sei, seien in der zeichnerischen Darstellung und auch der Bekanntmachung zu Recht nur die drei neuen Konzentrationszonen dargestellt worden. Fehler bei der Behördenbeteiligung lägen nicht vor.
Die Konzentrationsplanung sei auch materiell rechtmäßig erfolgt. Bei der Bestimmung der harten und weichen Tabukriterien lägen keine Mängel vor, jedenfalls hätten sich solche im Ergebnis nicht ausgewirkt. Dass das Bauernhaus „K.“ seit 2008 nicht mehr genutzt werde, schließe eine Schutzwürdigkeit als Wohnhaus nicht aus. Zudem seien die diesbezüglichen Einwände nicht fristgerecht vorgebracht worden und daher nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich. Die Höhenbeschränkung auf 155 m sei rechtmäßig. An der Küste könnten wegen der sehr guten Windverhältnisse auch kleinere Anlagen wirtschaftlich attraktiv sein. Dies werde dadurch belegt, dass im Windpark J. im Jahr 2014 beim Repowering Anlagen mit einer Gesamthöhe von 150 m errichtet worden seien. Zudem führe die Wahl einer kleineren Anlage im Ergebnis zu einer geringeren Ausdehnung der harten Ausschlusszonen und damit mehr Flächenpotential. Die Auswahl der Potenzialflächen sei nicht zu beanstanden, und es liege keine Interessenplanung vor. Dies führt sie, die Antragsgegnerin, weiter aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten einschließlich der Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Normenkontrollanträge haben Erfolg, weil sie zulässig (I.) und begründet (II.) sind.
I. Die Anträge sind zulässig.
1. Sie sind hinsichtlich der angegriffenen, dem Wortlaut nach in den textlichen Darstellungen der 104. Änderung des Flächennutzungsplans zum Ausdruck kommenden Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 4 CN 1.12 -, juris, Rn. 11 ff.), hierauf aber auch begrenzt (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 26.10.2017 - 12 KN 16/16 - sowie Senatsurt. v. 23.6.2016 - 12 KN 64/16 - juris, Rn. 59, sowie nunmehr BVerwG, Urt. v. 13.12.2018 - 4 CN 3/18 -, juris, Rn. 29 ff.).
Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dem stehe entgegen, dass sie durch die hier lediglich streitgegenständliche 104. Änderung keine Ausschlusswirkung vorgesehen habe, sondern diese sich bereits aus den vorherigen Fassungen ihres Flächennutzungsplans in Gestalt der 53. und 74. Änderung ergebe, so überzeugt dies nicht. Dabei kann letztlich sogar offenbleiben, ob der 104. Änderung eine diesbezügliche Regelungswirkung zukommt.
Denn ein Normenkontrollantrag ist nach der Rechtsprechung bereits statthaft, wenn zwischen den Beteiligten umstritten ist, ob die Norm formell rechtsgültig erlassen worden ist oder nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.6.1992 - 4 N 1.90 -, juris, Rn. 13 ff.). Dies beruht darauf, dass letztlich jeder Erfolg eines Normenkontrollantrags notwendig voraussetzt, dass die hinsichtlich ihrer Gültigkeit angegriffene Rechtsnorm unwirksam ist. Würde man mithin aus der Unwirksamkeit der Norm Rückschlüsse auf das Nichtvorliegen (bereits) der Sachentscheidungsvoraussetzungen für das Normenkontrollverfahren ziehen, könnte es konsequenter Weise keinen erfolgreichen Normenkontrollantrag geben, weil es bereits an einem tauglichen Gegenstand mangelte. Dies ist aber ersichtlich nicht gewollt. Die Frage, ob eine Rechtsvorschrift gültig oder ungültig ist, stellt nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO mithin eine Frage der Begründetheit des Antrages dar. Darüber soll durch dieses objektive Überprüfungsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit Klarheit geschaffen werden. Für die Zulässigkeit reicht dagegen bereits der Rechtsschein der Gültigkeit aus (OVG Saarl., Urt. v. 19.12.2013 - 2 C 338/12 -, juris, Rn. 25).
Angesichts der vergleichbaren Interessenlage gilt dies auch, wenn, wie hier, streitig ist, ob ein Plan eine - im Wege der Normenkontrolle unstreitig angreifbare - Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beinhaltet. Ein Flächennutzungsplan - hier die 104. Änderung - stellt mithin bereits dann einen tauglichen Streitgegenstand einer Normenkontrolle dar, wenn der Rechtsschein erweckt wird, er beinhalte eine Ausschlusswirkung.
Dies ist vorliegend der Fall. Denn die „Textlichen Darstellungen“ enthalten ausdrücklich den Unterpunkt „Ausschlusswirkung“ mit der im Tatbestand zitierten Passage. Diese stellt sich dem Wortlaut nach nicht als bloßer Verweis auf eine sich aus dem Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in Gestalt der 53. und 74. Änderung bereits ergebende Ausschlusswirkung dar. Vielmehr wird ausdrücklich formuliert, außerhalb der in der bisherigen (53. und 74. Änderung) und in der aktuellen (104. Änderung) Fassung dargestellten Sondergebiete für Windenergie im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans seien in der Regel keine weiteren Windenergieanlagen gemäß § 35 (1) Nr. 2 bis 6 BauGB zulässig sind. Damit wird jedenfalls der Rechtsschein geschaffen, es handele sich um eine selbständige - und im Wege der Normenkontrolle angreifbare - Regelung. Neben dem insoweit eindeutigen Wortlaut spricht auch der Standort der Regelung gegen die Annahme der Antragsgegnerin, es handele sich insoweit nur um einen Verweis auf die sich allein aus der 53. und 74. Änderung ergebende Ausschlusswirkung. Denn neben der Überschrift „Textliche Darstellungen“ existiert in der gleichen Formatierung der Begriff „Hinweise“. Der (Unter-)-Punkt „Ausschlusswirkung“ findet sich aber - wie ausgeführt - gerade unter der erstgenannten Überschrift.
Angesichts dessen kann offenbleiben, ob bereits die bloße „Erneuerung“ der Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch eine Änderung des Flächennutzungsplans immer eine erneute Anfechtbarkeit zur Folge hat, was das OVG Schleswig (Urt. v. 19.2.2015 - 1 KN 1/14 -, juris, Rn. 21) mit der Begründung bejaht hat, sie werde durch die normähnliche Wirkung des Änderungsplanes erneut begründet - allerdings ohne sich mit der Regelung des § 249 Abs. 1 BauGB und der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu der allgemeinen Frage nach der Statthaftigkeit einer (erneuten) Normenkontrolle bei einer nur teilweisen Änderung einer Norm auseinanderzusetzen (vgl. Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. § 47 Rn. 69, m. w. N.).
2. Die Antragsteller sind gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
Die Antragstellerinnen zu 1. und 3. verfügen über vertragliche Nutzungsrechte für die Windenergie bezogen auf Flächen, auf die sich die von ihnen angegriffene Ausschlusswirkung bezieht. Dadurch können sie also in ihrem Recht verletzt sein, dort Windenergieanlagen zu errichten und zu betreiben. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Antragstellerinnen ernsthaft bemüht sind, von dieser Nutzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.
Die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 2. ergibt sich aus dem Umstand, dass er über Grundeigentum in diesem Bereich verfügt, welches er an die Antragstellerin zu 3. für die Errichtung einer WEA verpachtet hat.
3. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO wurde jeweils gewahrt.
4. Den Antragstellern mangelt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Denn dem Zulässigkeitserfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses wird bereits dann genügt, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggf. von Nutzen sein kann. Unnütz wird das Normenkontroll-gericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, den von ihm geltend gemachten Nachteil abzuwenden (BVerwG, Beschl. v. 7.3.2002 - 4 BN 60/01 -, NVwZ 2002, 869 m. w. N.). Ein solches Rechtsschutzbedürfnis ist bei bestehender Antragsbefugnis regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2015 - 4 BN 25/15 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 205). Dieses Erfordernis soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Urt. v. 16.4.2015 - 4 CN 6/14 - BVerwGE 152, 49 Rn. 15). Ein erfolgreicher Normenkontrollantrag muss den Antragsteller mithin nicht unmittelbar zu seinem Ziel, sondern nur näher dahinführen (vgl. bereits Senatsurt. 23.1.2014 - 12 KN 285/12 -, juris, Rn. 15, m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben liegt ein Rechtsschutzbedürfnis vor. Anders als die Antragsgegnerin geltend macht, steht diesem nicht entgegen, dass der Flächennutzungsplan bereits in der Fassung der 53. und 74. Änderung eine Ausschlusswirkung vorsieht und diese jedenfalls „wiederaufleben“ würde. Der Umstand, dass bereits eine Vorgängerfassung der angegriffenen Norm die Ausschlusswirkung vorsah, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht generell entfallen (vgl. Urt. d. Sen. v. 5.3.2019 - 12 KN 202/17 -, juris). Dieses entfällt in den Fällen, in denen eine nach § 47 VwGO angegriffene untergesetzliche Norm einer unmittelbar geltenden höherrangigen oder gleichrangigen Bestimmung inhaltlich entspricht, nämlich nur dann, wenn die andere inhaltsgleiche Norm entweder grundsätzlich oder zumindest realistischer Weise nicht mehr, und zwar auch nicht mehr inzident, erfolgreich angegriffen werden kann (Urt. d. Sen. v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 -, BauR 2019, 63). Dieses lässt sich vorliegend aber bezogen auf die vorherigen (53. und 74.) Fassungen des Flächennutzungsplans, sollten diese wieder Fortgeltung beanspruchen, nicht feststellen, und die insoweit jedenfalls auf die substantiierten Einwände der Antragsteller nötige detaillierte Prüfung ist im Rahmen der Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag vorliegt, auch nicht angezeigt, zumal das Normenkontrollgericht grundsätzlich gar nicht befugt ist, den Sachverhalt zur Klärung des Rechtsschutzbedürfnisses von Amts wegen weiter aufzuklären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.4.2018 - 4 BN 11/18 -, juris, Rn. 10, m. w. N.).
II. Die demnach zulässigen Anträge sind auch begründet.
1. Dies gilt schon deshalb, weil die 104. Änderung des Flächennutzungsplans hinsichtlich der - allein streitgegenständichen und jedenfalls dem Rechtsschein nach bestehenden - Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB widersprüchlich und nicht hinreichend deutlich erkennbar ist, welche Wirkungen ihr zukommen.
Die Darstellungen des Flächennutzungsplans, insbesondere eines solchen mit Ausschlusswirkung, müssen hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1994 - 4 C 4/92 -, NVwZ 1995, 267 f.). Daran fehlt es vorliegend, weil nicht deutlich wird, ob der 104. Änderung des Flächennutzungsplans Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommt oder - wie die Antragsgegnerin geltend macht - gerade nicht.
Ein Indiz gegen eine Ausschlusswirkung der streitgegenständlichen 104. Änderung des Flächennutzungsplans stellt der „Übersichtsplan“ dar, der im Plangebiet nur die drei Änderungsteilbereiche darstellt. Die in der 53. Änderung erstmals ausgewiesene und mit der 74. Änderung deutlich erweiterte Sondergebietsfläche „Windpark J.“ ist dort dagegen nicht eingezeichnet. Dies spricht für die Version der Antragsgegnerin, die bisherige Planung der Sondergebietsfläche einschließlich der vorgesehenen Ausschlusswirkung habe bestehen bleiben und lediglich in Anwendung des § 249 Abs. 1 BauGB um die drei neuen Sonderbaugebiete ergänzt werden sollen. Dazu passt auch die Bekanntmachung der Genehmigung im Amtsblatt für den Landkreis Friesland vom 16. Dezember 2016, die nur auf die drei Änderungsteilbereiche verweist und keinen Hinweis auf das bereits bestehende Sondergebiet oder die Ausschlusswirkung enthält. Gleiches gilt, wenn auch nur in Teilen, für die Begründung des Plans, die nicht nur den subjektiven Willen des „historischen“ Plangebers wiederspiegelt, sondern auch dazu dient, die Aussagen an den zentralen Punkten des Bauleitplans zu verdeutlichen und durch den die Absicht, eine Ausschlusswirkung herbeizuführen, daher auch dokumentiert werden kann (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 3. Aufl., Rn 128). In dieser heißt es, durch die 104. Änderung des Flächennutzungsplans sollten der Windkraft zusätzliche Flächen zur Verfügung gestellt werden, die bisherigen Flächen sollten jedoch erhalten bleiben und nur „ergänzt“ werden (vgl. S. 5). Zugleich wird auf die Regelung des § 249 BauGB verwiesen. Diese stelle klar, dass aus der Ausweisung zusätzlicher Flächen für Windenergie nicht folge, die bisherige Ausweisung sei nicht ausreichend gewesen. Daher könne die bisherige Planung Bestand haben und sei die mit der 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplans verbundene Ausschlusswirkung durch die nun erfolgte Darstellung zusätzlicher Flächen nicht in Frage zu stellen. Sie (die Antragsgegnerin) habe bereits mit den Darstellungen der 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplans der Windenergienutzung hinreichend Raum verschafft und so den Anforderungen für eine Ausschlusswirkung genügt (S. 6). Weiter ist nach der Darstellung der Vorgehensweise ausgeführt: „Das Verfahren mündet nach Abwägung aller relevanten Kriterien … in eine Auswahl von geeigneten Flächen …, die im Flächennutzungsplan zusätzlich zu den Sondergebieten aus der 53. und 74. Änderung des Flächennutzungsplanes (Windpark J.) dargestellt werden.“ (S. 16). Es finden sich auf den Seiten 57 ff. weitere Passagen, wonach die bisherige Ausweisung des Windparks J. für die Ausschlusswirkung ausreichend sei, deshalb die bestehende Planung als solche bestehen bleiben und nur um - in einem Auswahlverfahren gefundene - weitere Flächen ergänzt werden solle.
Auf der anderen Seite indizieren - wie bereits ausgeführt - die textlichen Darstellungen in der 104. Änderung des Plans deutlich eine Regelungswirkung. Hinzukommt, dass es auf Seite 14 der Begründung heißt, für die „Darstellung von Flächen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan in Verbindung mit einer Ausschlusswirkung für die sonstigen Bereiche im Außenbereich der Gemeinde“ werde ein „Standortkonzept für das gesamte Gemeindegebiet“ erstellt. Sodann werden die dazu im Einzelnen insoweit durchzuführenden Schritte erläutert, und zwar gerade diejenigen, die nach der ständigen Rechtsprechung für die erstmalige oder erneute Ausschlussplanung erforderlich. Diese Schritte werden danach dann - jedenfalls im Ansatz - auch durchgeführt. Zudem findet sich unter der Überschrift „B.6.2 Zusammenstellung der Größenordnung der Sondergebiete für Windenergie“ (S. 57 ff.) der Hinweis darauf, dass der Windenergienutzung bei der gemeindlichen Planung im Gemeindegebiet „substanzieller Raum“ gegeben werden müsse, um nicht dem Vorwurf der „Verhinderungsplanung“ zu unterliegen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass mit dem Windpark J. bereits ein substanzieller Beitrag erbracht werde. Mithin hat die Gemeinde jedenfalls im Rahmen der 104. Änderung des Flächennutzungsplans erneut geprüft, ob eine Voraussetzung für die Anordnung der Ausschlusswirkung (substanzieller Raum für die Windenergie an anderer Stelle) vorliegt.
Diese Unklarheit hinsichtlich der Frage, ob die 104. Änderung des Plans die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB selbst regelt oder lediglich neue „Positivflächen“ ausweist, ist mangels weiterer Anhaltspunkte nicht auflösbar. Insbesondere führt in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 2084 BGB auch die Überlegung nicht weiter, „im Zweifel die Auslegung vorzuziehen, bei welcher“ die Planung Bestand haben kann, denn aus den unter 2. genannten Gründen ist die Änderung jeweils auch im Übrigen zu beanstanden. Die 104. Änderung des Flächennutzugsplans ist deshalb schon wegen mangelnder Bestimmtheit materiell rechtswidrig. Eine solche kann nicht nach §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich werden (vgl. dazu: Urt. d. Sen. v. 18.2.2019 - 12 KN 152/17 -, juris).
2. Selbst wenn man aber unterstellte, die angegriffene 104. Änderung des Flächennutzungsplans sei entweder eine Gesamtplanung mit dem bestehenden Sondergebiet J., den drei neuen Sondergebieten sowie der Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (a) oder seine Wirkung erschöpfe sich in der Festlegung der drei neuen Teilbereiche (b), hätten die Normenkontrollanträge Erfolg.
a) Im erstgenannten Fall wäre die 104. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin sowohl formell als auch materiell rechtswidrig und könnte deshalb keine wirksame Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hinsichtlich der Nutzung von Windkraft entfalten.
aa) Formell rechtswidrig ist der Plan in dieser Auslegung schon deshalb, weil die Genehmigung der 104. Änderung des Flächennutzungsplans nicht hinreichend i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB bekannt gemacht worden ist. Denn aus der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigung der Änderung des Flächennutzungsplans muss der räumliche Geltungsbereich der Änderung zu erkennen sein (vgl. Senatsurt. v. 5.3.2018 - 12 KN 144/17 -, juris, Rn. 41 ff.). Vorliegend ist laut Bekanntmachung der Geltungsbereich der 104. Änderung kartographisch in den mitveröffentlichen Kartenausschnitten dargestellt worden. Diese Karten zeigen aber nur die drei sog. Änderungsteilbereiche 104.1, 104.2 und 104.3. Sie erfassen nicht darüber hinaus - wie es erforderlich gewesen wäre - das bereits durch die 53. Änderung ausgewiesene und durch die 74. Änderung vergrößerte Sondergebiet J. sowie das gesamte Gebiet der Antragsgegnerin bzw. zumindest deren vollständigen Außenbereich, auf den sich die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB bezieht. Auch im Übrigen findet sich in der Bekanntmachung kein Hinweis darauf, dass sich die Regelung des Plans darauf erstreckt. Ein solcher Fehler ist nach §§ 214, 215 BauGB stets beachtlich (vgl. Senatsurt. v. 5.3.2018 - 12 KN 144/17 -, juris, Rn. 41).
bb) Darüber hinaus ist die 104. Änderung des Flächennutzungsplans in dieser Auslegung aber auch materiell rechtswidrig.
Die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt voraus, dass der Planung ein tragfähiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegt. Daran fehlt es vorliegend. Denn die Ausweisung der drei „neuen“ Sondergebiete und Übernahme der einen - bereits durch die 53. Änderung ausgewiesenen und durch die 74. Änderung erweiterten - „alten“ Konzentrationszone „J.“ als Voraussetzung für die streitgegenständliche Ausschlusswirkung sind nicht rechtmäßig.
Die Antragsgegnerin hat nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Senatsurt. v. 26.10.2017 - 12 KN 119/16 -, juris, Rn. 62, m. w. N.) ihrer Konzentrationsflächenplanung ein Planungskonzept zu Grunde zu legen, in dessen erstem Arbeitsschritt diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln sind, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche untergliedern. Diesen Unterschied muss sich der Planungsträger auf dieser ersten Stufe des Planungsprozesses bewusstmachen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Hat die Gemeinde von der Gesamtheit der Außenbereichsflächen die beiden o. a. Tabuflächen abgezogen, bleiben die Potenzialflächen, die in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen sind (vgl. Gatz, a. a. O., Rn. 84). Nach Anwendung dieses dritten Schrittes der „Subtraktionsmethode“ verbleibt die Kontrollüberlegung, ob mit der/den danach dargestellten Konzentrationsfläche(n) der Windenergie substanziell Raum geschaffen worden ist.
Die Antragsgegnerin ist zwar im Ansatz nach diesem Konzept vorgegangen, sie hat jedoch dabei zu Unrecht das bereits mit der 53. und 74. Änderung dargestellte Sondergebiet für Windenergie (Windpark J.) jedenfalls bei der Ermittlung der Potenzialflächen und der Auswahl der Sondergebiete ausdrücklich nicht in die Betrachtung einbezogen, sondern dessen Fortbestand vorausgesetzt, ohne zu prüfen, ob und ggf. wie es sich in das „neue“ Planungskonzept einfügt. Lediglich bei der Frage, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft werde, wurde der Windpark Bassens - wie ausgeführt - wieder in die Betrachtung einbezogen. Schon deshalb fehlt es an einem für die Anordnung der Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erforderlichen tragfähigen gesamträumlichen Planungskonzept.
Denn ein Plangeber muss bei der Überplanung bisher als Sondergebiet ausgewiesener Flächen, soweit sie sich nicht ohnehin - wie hier - teilweise als harte Tabuzonen darstellen, die Interessen eines betroffenen Bauherrn und Vorhabenträgers, der in dem Gebiet Windanlagen betreibt bzw. betreiben will, in den Blick nehmen (vgl. dazu Nds. OVG, Urt. v. 28.1.2010 - 12 KN 65/07 -, juris, Rn. 36; Urt. v. 13.12.2012 - 12 KN 311/10 -, juris, Rn. 35), weil diesem dadurch zwar keine Baurechte genommen werden - diese wirken im Rahmen des Bestandsschutzes fort -, Erweiterungsmöglichkeiten und auch ein etwaiges Repowering der Anlagen jedoch planerisch erschwert bzw. verhindert werden. Insoweit hätte die Antragsgegnerin jedoch in eine Abwägung eintreten und darlegen müssen, wie sie die diesbezüglichen Interessen der Windenergiebetreiber gewichtet. Eine bloße ungeprüfte „Übernahme“ der Konzentrationszone J. stellt deshalb zumindest einen Fehler bei der Ermittlung und Feststellung des abwägungserheblichen Materials dar. Es kann jedoch offenbleiben, ob es sich insoweit um einen Verfahrensfehler gemäß § 2 Abs. 3 BauGB oder einen Fehler im Abwägungsvorgang gemäß § 1 Abs. 7 BauGB handelt und dieser noch beachtlich ist.
Es liegt insoweit nämlich zusätzlich ein Fehler im Abwägungsergebnis vor. Das Interesse eines durch eine Überplanung bisher als Sondergebiet ausgewiesener Flächen betroffenen Windenergiebetreibers mag es nämlich im Einzelfall rechtfertigen, von einzelnen für die Planung im Übrigen angelegten Abwägungsgesichtspunkten abzuweichen, um diese erneut als Konzentrationsfläche auszuweisen (so wohl Urt. d. Sen. v. 28.1.2010 - 12 KN 65/07 -, juris, Rn. 36; Urt. v. 13.12.2012 - 12 KN 311/10 -, juris, Rn. 35; a. A. Gatz, a. a. O., Rn. 550). Die gewählten harten Tabukriterien oder sonstigen rechtlichen Maßgaben sind jedoch nicht disponibel, und eine „alte“ Konzentrationsfläche kann deshalb - jedenfalls insoweit - keinen Bonus beanspruchen. Wie die im Zuge der Erarbeitung des Konzeptes für die 104. Änderung des Flächennutzungsplans erstellten Karten zeigen, wird die durch die 53. und 74. Änderung ausgewiesene „alte“ Konzentrationszone J. jedoch heute nicht nur von weichen, sondern z. T. sogar von harten Ausschlusskriterien überlagert (100 m Abstand zur Richtfunkstrecke und wohl 300 m Abstand zu Einzelhäusern im Außenbereich). Mithin hätte diese Fläche jedenfalls in der vorhandenen Abmessung nicht wieder als Ergebnis der „neuen“ Planung ausgewiesen werden können.
Angesichts dieses - immer beachtlichen - Fehlers hinsichtlich des Abwägungsergebnisses kann letztlich offenbleiben, ob der Fehler bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials beachtlich (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB) ist, woran der Senat keine ernsthaften Zweifel hegt, oder gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB mangels fristgerechter Rüge unbeachtlich geworden ist.
b) Selbst wenn man den Inhalt der 104. Änderung des Flächennutzungsplans - wie von der Antragsgegnerin im Gerichtsverfahren geltend gemacht - als bloße Darstellung zusätzlicher Flächen i. S. d. § 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB ohne Regelung einer Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB werten würde, hätten die Normenkontrollanträge Erfolg. Dies folgte dann schon aus dem Umstand, dass sie - wie oben ausgeführt - den Rechtsschein erweckt, ihr komme Ausschlusswirkung zu, und dieser wäre dann auf den zulässigen Antrag der Antragsteller aufzuheben.
Darüber hinaus liegt aber auch kein (zulässiger) Anwendungsfall des § 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB vor. Danach folgt aus der Darstellung zusätzlicher Flächen für die Nutzung von Windenergie in einem Flächennutzungsplan nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 BauGB nicht ausreichend seien. Dem Wortlaut nach trifft diese Norm keine Regelung zu der Frage, welchen Anforderungen eine Neuplanung in diesen Fällen genügen muss.
Es wird daher die Auffassung vertreten, die Regelung solle nur verhindern, dass aus der Ausweisung weiterer Flächen automatisch und ungeprüft die zwingende Schlussfolgerung gezogen werde, die bisherige Flächenausweisung sei defizitär. Weitergehende Folgerungen ließen sich ihr nicht entnehmen. Daher sei bei der Ausweisung zusätzlicher Flächen für die Windenergie in einem Flächennutzungsplan immer erneut in eine Gesamtplanung mit umfassender Abwägung auch bezogen auf die bereits vorhandenen Flächen einzutreten (so Gatz, a. a. O., Rn. 555 m. w. N.). Danach wäre die Norm mithin keinesfalls geeignet, ein - wie hier - abweichendes Vorgehen eines Planungsträgers zu legitimieren.
Selbst wenn man aber annähme, die Vorschrift rechtfertige es - über ihren Wortlaut hinaus - nach ihrer Genese und ihrem Zweck, unter bestimmten Voraussetzungen von einem neuem, den gesamten Außenbereich betreffenden Planungskonzept abzusehen, die zuvor bestehende Ausschlusswirkung schlicht „aufrechtzuerhalten“ und nur um neue Konzentrationszonen zu ergänzen (so Söfker, ZfBR 2013, 13 ff.; Scheidler, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 249 Rn. 11 ff.; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl., § 249 Rn. 9 jeweils m. w. N.), so läge ein solcher Fall hier nicht vor. Auch nach dieser Auffassung ist eine neue Gesamtabwägung nämlich nur dann entbehrlich, wenn die Neuausweisung nicht dem Planungskonzept der Darstellungen mit den zu Grunde gelegten harten Tabuzonen widerspricht (so Söfker, ZfBR 2013, 13 ff.; Mitschang/Reidt in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 249 Rn. 9) bzw. die neu ausgewiesenen Flächen innerhalb der nach Abzug der sog. Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen liegen (so Scheidler, in: Schrödter, a. a. O., § 249 Rn. 16). Mithin ist danach immer von der „alten“ Planung auszugehen und zu prüfen, ob seinerzeit nicht ausgewiesene Flächen nunmehr zusätzlich ausgewiesen werden sollen und die „Neuausweisung“ dieser Flächen in das seinerzeitig erstellte Konzept passt, ggf. ergänzt um eine Prüfung der Aktualität der „alten“ Planung. So ist die Antragsgegnerin bei der Ausweisung der zusätzlichen Flächen jedoch nicht vorgegangen. Sie hat der Planung nicht etwa ihr bisheriges Konzept zu Grunde gelegt und auf dieser Grundlage geprüft, ob und welche seinerzeit nicht ausgewiesenen Flächen ggf. zusätzlich ausgewiesen werden können. Vielmehr hat sie ein neues, völlig eigenständiges Konzept erstellt und auf dieser Basis neue Gebiete gefunden. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die neuen Flächen widersprächen dem bisherigen Gesamtkonzept nicht, sondern es handele sich um Flächen, die auch bei der 53. und 74. Planung schon in den Blick genommen worden seien, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn es kommt nicht darauf an, ob im Ergebnis ein Widerspruch zwischen der vorangegangenen Planung und der aktuellen festgestellt werden kann, sondern darauf, wie der Planungsträger bei seiner neuen Planung tatsächlich vorgegangen ist. Ausweislich der Begründung der 104. Änderung des Flächennutzungsplans ist im Rahmen der Erstellung der 104. Änderung des Flächennutzungsplans aber nicht einmal (dokumentiert) geprüft worden, ob die neu gefundenen Flächen in das Planungskonzept der vorangegangenen Konzentrationsflächenplanung passen. Darüber hinaus stammen die ursprünglichen Planungen der Antragsgegnerin aus den Jahren 2003 (53. Änderung) bzw. 2006 (74. Änderung) und genügen ersichtlich nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung erst in jüngerer Zeit für die Rechtmäßigkeit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - insbesondere durch die notwendige Bezeichnung von harten und weichen Ausschlusskriterien - formuliert hat.
§ 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtfertigt jedenfalls nicht noch weitergehend an einer in Vorgängerfassungen des Flächennutzungsplans geregelten Ausschlusswirkung i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB festzuhalten und sich darauf zu beschränken, ohne neues (erstmalig den rechtlichen Anforderungen genügendes) gesamträumliches Planungskonzept zusätzliche Konzentrationszonen auszuweisen. Vielmehr belegt hier einzelfallbezogen der Umstand, dass nach dem „neuen“ für die 104. Änderung des Flächennutzungsplans erstellten Planungskonzept Teile der bisherigen Konzentrationszone „J.“ von harten Tabukriterien überlagert werden und daher nicht mehr hätten ausgewiesen werden können, dass es an einem schlüssigen, widerspruchfreien Gesamtkonzept fehlt, und ein solches wäre in jedem Fall Voraussetzung für eine rechtmäßige Planung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.9.2009 - 4 BN 25/09 -, juris, Rn. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Unterliegen der Antragsgegnerin liegt jedenfalls darin, dass der von ihr zurechenbar gesetzte Rechtsschein einer Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgehoben wird. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.