Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.06.2019, Az.: 7 ME 12/19

Anordnung des Ruhens; Betriebsgenehmigung; Fluglinienverkehr; öffentliche Interessen; Widerruf

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.06.2019
Aktenzeichen
7 ME 12/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69708
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 25.02.2019 - AZ: 2 B 25/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Begriff der öffentlichen Interessen in § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG ist nicht eng auszulegen. Zu den öffentlichen Interessen gehören insbesondere öffentliche Verkehrsinteressen, darüber hinaus aber auch die allgemeinen politischen Interessen. Die sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind als solche allgemeinen politischen Interessen anzusehen.
2. Einschätzungen, die unter einem sogenannten Politikvorbehalt stehen, sind der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogen.
3. Durch die Wörter "auf Zeit"in § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG wird der Charakter der Ruhensanordnung hervorgehoben als eine Maßnahme, die darauf ausgerichtet ist, die Betriebsgenehmigung für einen vorübergehenden Zeitraum zu suspendieren, wobei der Zeitraum im Zeitpunkt des Erlasses nicht notwendigerweise feststehen muss und regelmäßig auch nicht verlässlich prognostiziert werden kann.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 25. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die mit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung versehenen Maßnahmen der Anordnung des Ruhens ihrer Betriebsgenehmigung zur Durchführung von Fluglinienverkehr von und nach der Bundesrepublik Deutschland und der Untersagung der Durchführung dieses Fluglinienverkehrs.

Die Antragstellerin ist ein privates Luftfahrtunternehmen mit Sitz im Iran und mit einer Zweigniederlassung in A-Stadt. Das Luftfahrt-Bundesamt erteilte der Antragstellerin mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 gemäß § 21a des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) die Genehmigung zur Durchführung von Fluglinienverkehr nach/von der Bundesrepublik Deutschland. Die Genehmigung wurde unter den Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gestellt.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2019 ordnete das Luftfahrt-Bundesamt das Ruhen dieser Betriebsgenehmigung gegenüber der Antragstellerin an und untersagte ihr die Durchführung von Fluglinienverkehr von und nach der Bundesrepublik Deutschland mit der Maßgabe, dass alle zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids stattfindenden Flüge noch zu Ende geführt werden durften. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsanordnung wurde ein Zwangsgeld angedroht. Ferner wurde die sofortige Vollziehung der verfügten Maßnahmen angeordnet. Die Ruhensanordnung wurde zum einen auf § 49 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) gestützt. Die Betriebsgenehmigung vom 13. Oktober 2008 sei gemäß §§ 21a, 21 Abs. 1 Satz 3, 20 Abs. 2 Satz 1 LuftVG in zulässiger Weise mit einem Vorbehalt des Widerrufs versehen worden. Die Ausübung des Widerrufsvorbehalts erfolge aus Gründen, die den Zwecken entsprächen, die in den Rechtsvorschriften vorgezeichnet seien, aufgrund derer die Betriebsgenehmigung erteilt worden sei. Gemäß § 21a i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG liege ein Versagungsgrund für die Betriebsgenehmigung vor, wenn durch die beantragte Genehmigung öffentliche Interessen beeinträchtigt werden. Zu den öffentlichen Interessen gehörten die außen- und sicherheitspolitischen Interessen. Diese seien hier dadurch beeinträchtigt, dass bekannt geworden sei, dass die Antragstellerin Lufttransporte von Ausrüstung und Personen durchführe, die Kriegshandlungen im Nahen Osten - insbesondere in Syrien - unterstützten und dabei mitwirkten, Menschen in Kriegsgebieten zu unterdrücken. Es liege im außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, keinen Luftverkehr nach Deutschland durch Unternehmen zuzulassen, die in dieser Weise Kriegsgeschehen unterstützten. Die vorgenannten Lufttransporte nach Syrien würden nach den der Behörde vorliegenden Informationen regelmäßig auf Veranlassung der Iranischen Revolutionsgarden durchgeführt. Da diese Formation des Öfteren in staatsterroristische Akte verstrickt gewesen sei, könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass mittels der Antragstellerin auch solche Transporte nach Deutschland durchgeführt werden, durch die deutsche Sicherheitsbelange beeinträchtigen werden. In diesem Zusammenhang sei auch beachtlich, dass in letzter Zeit gravierende Anhaltspunkte zutage getreten seien, wonach seitens des Irans staatsterroristische Akte in europäischen Staaten vorbereitet worden seien (Planung eines Anschlags auf den Kongress der oppositionellen iranischen Volksmudschaheddin in Paris im Juni 2018, Planung eines Anschlags auf Oppositionelle in Dänemark im Oktober 2018). Die Ruhensanordnung sei unter den gegebenen Umständen zur Wahrung von außen- und sicherheitspolitischen Interessen unverzüglich erforderlich. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung und zur Wahrung der dargelegten Interessen reiche es aus, dass anstelle eines Widerrufs der Betriebsgenehmigung deren Ruhen angeordnet werde. Die Anordnung des Ruhens sei ermessensgerecht und beeinträchtige die Antragstellerin nicht unzumutbar.

Die Ruhensanordnung wurde in dem Bescheid zudem auf §§ 21a, 21 Abs. 1 Satz 4, 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG gestützt. Die Betriebsgenehmigung sei zu widerrufen, sofern die Genehmigungsvoraussetzungen nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen seien. Ein Ruhen auf Zeit könne als milderes Mittel angeordnet werden, wenn dies ausreiche, um die Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs aufrechtzuerhalten. Der Versagungsgrund des § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG liege hier vor, weil durch die Betriebsgenehmigung öffentliche Interessen beeinträchtigt seien. Die Voraussetzungen für einen zwingenden Widerruf der Betriebsgenehmigung seien gegeben. Als mildere Maßnahme könne statt eines Widerrufs das Ruhen der Betriebsgenehmigung angeordnet werden. Die Ruhensanordnung habe zur Folge, dass zugleich auch die Durchführung des weiteren Fluglinienverkehrs zu untersagen sei.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete das Luftfahrt-Bundesamt damit, dass ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse bestehe, welches das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiege und es rechtfertige, die Rechtsschutzmöglichkeiten der Antragstellerin im vorliegenden Fall einstweilen zurückzustellen. Das öffentliche Vollzugsinteresse folge zum einen aus den für die Ruhensanordnung benannten dringlichen Umständen. Denn die Realisierung der aufgeführten Gefährdung lasse sich nur dann wirksam verhindern, wenn die im Bescheid getroffenen Maßnahmen unmittelbar durchgesetzt werden könnten. Unter Berücksichtigung der hier in Rede stehenden besonders schutzwürdigen Rechtsgüter erwiesen sich die getroffenen Maßnahmen als unaufschiebbar. Insbesondere sei ein weiteres Zuwarten in Form der Gewährung einer Übergangsfrist für die Einstellung des Fluglinienverkehrs durch die Antragstellerin mit den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden könne, dass mittels jedes einzelnen durch die Antragstellerin durchgeführten Flugs auch solche Transporte nach Deutschland durchgeführt werden, durch die deutsche Sicherheitsbelange beeinträchtigt werden könnten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch die weitere Durchführung von - auch nur einzelnen - Linienflügen der Antragstellerin aus dem Iran in die Bundesrepublik Deutschland bedeutsame Rechtsgüter unmittelbar gefährdet werden. Es bestehe des Weiteren ein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse im Hinblick darauf, dass das einstweilige Fortbestehen der Betriebsgenehmigung und die damit verbundene weitere Durchführung von Fluglinienverkehr durch die Antragstellerin aus dem Iran in die Bundesrepublik Deutschland zu einer Gefährdung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland durch die mittelbare Duldung der Unterstützung des syrischen Regimes und von Menschenrechtsverletzungen führe. Hinter diesen besonderen öffentlichen Vollzugsinteressen müsse das Aufschubinteresse der Antragstellerin zurückstehen. Die Antragstellerin könne sich insbesondere nicht auf einen materiellen Grundrechtsschutz oder auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, die einer sofortigen Vollziehung entgegenstehen könnten.

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid vom 21. Januar 2019 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss vom 25. Februar 2019, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, abgelehnt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht - hinsichtlich der gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sprechenden Gründe (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschuss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -, NVwZ-RR 2006, 75) - nach § 146 Abs. 4 Satz 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, gebietet es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern.

1. Die Antragstellerin macht geltend, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Damit dringt sie nicht durch.

a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem formellen Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Das Luftfahrt-Bundesamt hat in dem Bescheid vom 21. Januar 2019 näher ausgeführt, weshalb ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung des Ruhens der Betriebsgenehmigung und der Untersagung des weiteren Fluglinienverkehrs von und nach der Bundesrepublik Deutschland bestehe. Es hat die hierfür sprechenden dringlichen Umstände bezeichnet und zudem begründet, dass und weshalb das Aufschubinteresse der Antragstellerin hinter den bezeichneten besonderen öffentlichen Vollzugsinteressen zurückstehen müsse. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass der Verwaltungsvorgang des Luftfahrt-Bundesamts für eine Gefährdung des deutschen Luftraums nichts hergebe und auch sonst keine Anhaltspunkte für einen drohenden Schadenseintritt gegeben seien, sind dies materielle Gesichtspunkte, mit der die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs nicht durchgreifend in Zweifel gezogen wird.

b) Die Antragstellerin macht geltend, in materieller Hinsicht müsse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eine besondere Dringlichkeit sprechen. Die Dringlichkeit müsse über das Interesse an dem Erlass des Verwaltungsakts hinausgehen. Das Verwaltungsgericht habe dies nicht richtig erkannt. Der Akteninhalt gebe für eine besondere Eilbedürftigkeit nichts her. Das Verwaltungsverfahren habe mehrere Monate gedauert, wobei der Bescheidentwurf zwischen dem 10. Dezember 2018 und dem 21. Januar 2019 neunmal überarbeitet worden sei. Die Antragsgegnerin sei auch nicht von einer Gefährdung des deutschen Luftraums ausgegangen. Verkehrsrelevante Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung hätten rechtfertigen können, lägen nicht vor.

Auch mit diesem Einwand dringt die Antragstellerin nicht durch. Die Dauer des Verwaltungsverfahrens widerspricht nicht der Einschätzung des Luftfahrt-Bundesamts, dass ein sofortiges Einschreiten gegen die Antragstellerin im Zeitpunkt des Bescheiderlasses geboten war. Dass das im Dezember 2018 eingeleitete Verwaltungsverfahren mit dem Erlass des Bescheids am 21. Januar 2019 zum Abschluss gebracht wurde, stellt in zeitlicher Hinsicht keine Besonderheit dar und lässt nicht darauf schließen, etwaige Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung lägen nicht oder nicht mehr vor. Das Luftfahrt-Bundesamt hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass die weitere Ausnutzung der der Antragstellerin erteilten Betriebsgenehmigung die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtige und auch eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf eine etwaige mittelbare Duldung der Unterstützung des syrischen Regimes durch den Flugbetrieb der Antragstellerin und von Menschenrechtsverletzungen zu befürchten sei. Insoweit geht es entgegen der Beschwerdebegründung nicht um eine Berücksichtigung von allgemeinen Verdachtsmomenten. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung zielt vielmehr darauf ab, eine weitere Gefährdung dieser besonderen schutzwürdigen öffentlichen Interessen bzw. des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu verhindern. Der Anordnung steht auch nicht entgegen, dass die für den Sofortvollzug angegebenen Gründe im Wesentlichen auch für den Erlass der Ruhensanordnung selbst maßgeblich gewesen sind. Sofern sich das Erlass- und das Vollzugsinteresse decken, steht dies einer Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts nicht grundsätzlich entgegen. Maßgeblich ist hier, dass, um einer weiteren Gefährdung der genannten öffentlichen Interessen effektiv und unmittelbar entgegenzuwirken, die streitige Ruhensanordnung und die damit verbundene Untersagungsanordnung keinen Aufschub dulden.

2. Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin weiterhin ein, der für sofort vollziehbar erklärte Hauptverwaltungsakt - hier die Anordnung des Ruhens der Betriebsgenehmigung und darauf lastend die Untersagung des Fluglinienverkehrs - sei rechtswidrig.

a) Die Antragstellerin macht geltend, dass die fachgesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung des Ruhens der Betriebsgenehmigung nach § 20 Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Satz 1 LuftVG nicht gegeben seien. Für die Anordnung des Ruhens der Genehmigung sei erforderlich, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen. Dies wiederum setze voraus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nicht mehr vorliegen. Entscheidend komme es daher darauf an, ob öffentliche Interessen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG beeinträchtigt werden. Dies sei hier nicht der Fall. Denn entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten allgemeine politische Interessen nicht als öffentliche Interessen im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG gewertet werden.

Der Senat vermag sich diesem Vorbringen nicht anzuschließen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff der öffentlichen Interessen in § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der grundsätzlich der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. von Landwüst in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: Januar 2019, § 21 Rn. 18). Der Begriff ist nicht eng auszulegen. Zu den öffentlichen Interessen gehören insbesondere öffentliche Verkehrsinteressen, darüber hinaus aber auch die allgemeinen politischen Interessen (von Landwüst in: Grabherr/Reidt/Wysk, a. a. O., § 21 Rn. 19; Giemulla in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Februar 2019, § 21 LuftVG Rn. 12; vgl. auch Giemulla/Rathgeb in: Giemulla/Schmid, a. a. O., § 6 Rn. 36 ff.). Die vom Luftfahrt-Bundesamt angeführten sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind als solche allgemeinen politischen Interessen anzusehen.

Die dagegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin überzeugen nicht. Die von ihr in Bezug genommenen Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 3/100, S. 15 zu § 11 LuftVG, BT-Drucks. 11/6745, S. 17 zu § 27b LuftVG) erfordern keine Auslegung dahingehend, dass im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG allgemeine politische Interessen, hier in der Gestalt von sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, nicht berücksichtigt werden können. Zwar mag den genannten Fundstellen entnommen werden, dass der Gesetzgeber bei dem Begriff der öffentlichen Interessen in erster Linie öffentliche Verkehrsinteressen im Blick hatte. Sie verhalten sich zu der Frage einer Berücksichtigung allgemeiner politischer Interessen aber nicht. Dies schließt es nicht aus, die geltende Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG im Sinne einer Berücksichtigungsfähigkeit von allgemeinen politischen Interessen auszulegen. Der Antragstellerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass, sofern weitergehende Interessen tangiert seien, diese für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung jedenfalls nur dann relevant seien, wenn deren Verletzung zugleich eine Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Antragsgegnerin mit Verkehrsbezug darstelle. Dieses Normverständnis findet in der weitgefassten Bestimmung des § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG und in den genannten Gesetzesmaterialien keine Stütze. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. Dezember 1971 (4 K 1009/70, V. n. b.). Die zitierte Passage aus der Entscheidung, dass der Begriff des öffentlichen Interesses in § 21 Abs. 1 Satz 4 LuftVG weiter zu fassen sei als der der öffentlichen Verkehrsinteressen in § 13 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG), und insoweit insbesondere die internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland mit zu berücksichtigen seien, steht der Annahme, dass sicherheits- und außenpolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu den öffentlichen Interessen gehören können, nicht entgegen.

Auch die weiteren rechtsstaatlichen Bedenken der Antragstellerin gegen eine Berücksichtigung allgemeiner politischer Interessen zur Begründung des belastenden Verwaltungsakts teilt der Senat nicht. Ergänzend zu den zuvor gemachten Ausführungen, dass unbestimmte Rechtsbegriffe grundsätzlich der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, ist zwar anzumerken, dass dies nicht gelten kann, soweit es Einschätzungen betrifft, die unter einem sogenannten Politikvorbehalt stehen (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 114 Rn. 61). In Bezug auf die außenpolitischen Belange hat das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt, dass sie einer gerichtlichen Prüfung weitgehend entzogen sind. Das Grundgesetz räumt der Bundesregierung zur Regelung der Außenpolitik einen prinzipiell weit bemessenen Spielraum eigener Gestaltung ein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.2008 - 2 BvE 1/03 -, BVerfGE 121, 135; Urteil vom 18.12.1984 - 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1). Innerhalb dieses Spielraums bestimmt die Bundesregierung die außenpolitischen Ziele und die zu ihrer Erreichung verfolgte Strategie. Welche Ziele die Bundesregierung mit Hilfe welcher Strategie verfolgen will, entzieht sich mangels hierfür bestehender rechtlicher Kriterien weithin einer gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2009 - 7 C 22.08 -, NVwZ 2010, 321). Einem willkürlichen Handeln der Exekutive ist dadurch - entgegen der Beschwerde - nicht Tür und Tor geöffnet. Denn auch bei einer weitgehenden Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle aufgrund eines der Exekutive zugewiesenen Beurteilungsspielraums obliegt es den Verwaltungsgerichten, wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, zu prüfen, ob die Prognose plausibel und nachvollziehbar erscheint, was die Prüfung verlangt, ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ihre Prognose eingehend begründet hat und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen hat (BVerwG, Urteil vom 29.10.2009, a .a. O.). Eine Willkürkontrolle ist danach ohne Weiteres gewährleistet.

Das Verwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, das öffentliche Interesse der Bundesrepublik Deutschland sei vorliegend beeinträchtigt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin sich darauf beziehe, es liege in ihrem außenpolitischen Interesse, keinen Luftverkehr durch die Antragstellerin nach Deutschland zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat im Weiteren ausgeführt, dass und welche tatsächlichen Anhaltspunkte diese Einschätzung stützen (vgl. Beschlussabdruck S. 7 ff.). Die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Beschwerdegründe setzen sich mit dieser Begründung nicht auseinander und entkräften sie nicht. Insoweit besteht für den Senat kein Anlass, daran zu zweifeln, dass der Fluglinienverkehr der Antragstellerin von und nach der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Betriebsgenehmigung vom 13. Dezember 2008 öffentliche Interessen beeinträchtigt. Soweit die Antragstellerin dies in ihrem Schriftsatz vom 22. Mai 2019 in Ansätzen in Zweifel gezogen hat, ist dem nicht weiter nachzugehen. Der Schriftsatz ist erst nach Ablauf der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO beim Oberverwaltungsgericht eingereicht worden. Das Vorbringen ist nicht berücksichtigungsfähig.

b) Entgegen der Beschwerde ist es nicht zu beanstanden, dass das Luftfahrt-Bundesamt das Ruhen der Betriebsgenehmigung gegenüber der Antragstellerin nicht mit einer zeitlichen Einschränkung versehen hat. Nach §§ 21a Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 3, 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG kann - bei Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen nach § 20 Abs. 3 Satz 1 oder 2 LuftVG bzw. der Rücknahmevoraussetzungen nach § 20 Abs. 3 Satz 3 LuftVG - das Ruhen der Betriebsgenehmigung auf Zeit angeordnet werden, wenn dies ausreicht, um die Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs aufrechtzuerhalten. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass durch die Beifügung der Wörter „auf Zeit“ der Charakter der Ruhensanordnung hervorgehoben wird als eine Maßnahme, die darauf ausgerichtet ist, die Betriebsgenehmigung für einen vorübergehenden Zeitraum zu suspendieren, wobei der Zeitraum im Zeitpunkt des Erlasses nicht notwendigerweise feststehen muss und regelmäßig auch nicht verlässlich prognostiziert werden kann. Die Ruhensanordnung bleibt in ihrer Gestaltungswirkung damit hinter dem Widerruf oder der Rücknahme zurück, denn sie beinhaltet keine (dauerhafte) Aufhebung der Betriebsgenehmigung. Der Wortlaut des § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG spricht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht dafür, dass die Ruhensanordnung bei ihrem Erlass mit einer zeitlichen Befristung versehen werden muss. Denn wenn der Gesetzgeber dies so gewollt hätte, hätte sich eine andere Gesetzesfassung aufgedrängt, d. h. eine Fassung, die sich explizit zu einer Ruhensanordnung für eine bestimmte Dauer bzw. einen bestimmten Zeitraum (z.B. für die Dauer von bis zu x Monaten) verhielte. Die geltende Vorschrift des § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG entspricht dem nicht. Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend angemerkt hat, entspricht sie der in Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. Nr. L 293, S. 3) geregelten Aussetzung der Betriebsgenehmigung, welche nach dem Verordnungstext ebenfalls nicht mit einer Befristung versehen werden muss. Zwar trifft es - wie die Beschwerde geltend macht - zu, dass die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 hier nicht anwendbar ist, weil es nicht um einen innergemeinschaftlichen Luftverkehr geht. Das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend auf eine Vergleichbarkeit der Begriffe der Aussetzung einerseits und der Ruhensanordnung andererseits verwiesen (vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 01.08.2007 - 12 ME 402/06 -, juris zu Art. 5 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen vom 23. Juli 1992, ABl. Nr. L 240, S. 1). Der Verweis der Antragstellerin auf die Gesetzesmaterialien zu § 20 LuftVG (BT-Drucks. 13/9513, S. 29: „Neu ist die Möglichkeit der Genehmigungsbehörde, das Ruhen der Genehmigung auf Zeit anzuordnen“) führt in dieser Hinsicht nicht weiter. Auch insoweit gilt, dass mit dem Ruhen auf Zeit der Charakter der Maßnahme als eine vorübergehende Maßnahme bezeichnet wird. Bei den von der Antragstellerin in Bezug genommenen Regelungen in § 29 Abs. 3 Satz 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) (a. F.) bzw. § 15 der Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) ist zu berücksichtigen, dass sie ähnlich wie § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG offen formuliert sind („An Stelle des Widerrufs kann das Ruhen der Lizenz auf Zeit… angeordnet …werden“ bzw. „Das vorübergehende Ruhen eines Luftfahrerscheins… kann angeordnet werden…“) und ein Begriffsverständnis, demzufolge im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG die Ruhensanordnung bei ihrem Erlass mit einer Befristung versehen werden muss, nicht als zwingend erscheinen lassen. Soweit die Beschwerde des Weiteren gerichtliche Entscheidungen zu § 29 LuftVZO (a. F.) auszugsweise referiert (Beschwerdebegründung S. 27 ff.), denen Sachverhalte zugrunde gelegen haben sollen, bei denen Ruhensanordnungen jeweils mit einer Befristung versehen worden seien, weist dies auf eine - wohl nicht einheitliche - Verwaltungspraxis hin, der nicht die Erkenntnis entnommen werden kann, dass eine Ruhensanordnung im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG fehlerhaft ist, wenn sie bei ihrem Erlass nicht mit einer Befristung versehen wird.

Der Senat sieht sich zu dieser Sichtweise auch nicht durch den von der Antragstellerin zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Januar 2010 (8 A 11008/09, juris) veranlasst. Der Beschluss verhält sich zu den Voraussetzungen nach § 29 Abs. 3 Satz 1 LuftVZO (a. F.) für die Anordnung des Ruhens der Lizenz auf Zeit anstelle des Widerrufs. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat ausgeführt, mit der Maßgabe, dass ein Ruhen der Erlaubnis lediglich „auf Zeit“ angeordnet werden dürfe, setze § 29 Abs. 3 Satz 1 LuftVZO (a. F.) das Bestehen einer zeitlichen Perspektive voraus, innerhalb der mit einer Wiedererlangung der Eignungsvoraussetzungen für die Luftfahrerlizenz gerechnet werden könne. Insoweit hat das Gericht die Maßnahme der Anordnung des Ruhens gegenüber dem Widerruf der Lizenz abgegrenzt. Es hat nicht ausgeführt, die Ruhensanordnung müsse von vornherein mit einer Geltungsdauer versehen werden, die der zeitlichen Perspektive für einen prognostizierten Wegfall der Widerrufsgründe entspricht. Würde man die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz - übertragen auf den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 3 Satz 4 LuftVG - dahin verstehen, dass die Anordnung des Ruhens der Betriebsgenehmigung bei ihrem Erlass mit einer Befristung versehen werden muss, die der zeitlichen Perspektive entspricht, innerhalb der mit dem Wegfall des Grundes für einen Widerruf der Betriebsgenehmigung gerechnet werden kann, so führte dies hier im Übrigen mangels Vorliegens einer solchen zeitlichen Perspektive, zu der die Antragstellerin auch nichts weiter dargelegt hat, lediglich zu der Annahme, dass das Luftfahrt-Bundesamt es bei dem Widerruf nach §§ 21a Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 3, 20 Abs. 3 Satz 1 LuftVG hätte bewenden lassen müssen. Dadurch, dass das Luftfahrt-Bundesamt zugunsten der Antragstellerin die weniger belastende Maßnahme des Ruhens der Betriebsgenehmigung möglicherweise zu Unrecht verfügt hätte, wäre die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Soweit das Luftfahrt-Bundesamt die Anordnung des Ruhens der Betriebsgenehmigung auch auf § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG in Verbindung mit dem der Betriebsgenehmigung vom 13. Oktober 2008 beigefügten Widerrufsvorbehalt gestützt hat, bedarf die Richtigkeit der dafür abgegebenen Begründung keiner weiteren Vertiefung. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verhält sich hierzu nicht. Mit Blick auf die zuvor gemachten Ausführungen besteht auch für den Senat kein Anlass, der Frage weiter nachzugehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).