Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.07.2012, Az.: VgK-21/2012
Angebotsausschluss in einem Vergabeverfahren wegen Beteiligung eines sehr jungen Unternehmens "Newcomer" an der betroffenen Bietergemeinschaft; Vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Vergabe eines Auftrags zur maschinellen Fahrbahnreinigung nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 10.07.2012
- Aktenzeichen
- VgK-21/2012
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 27526
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs. 3 Buchst. a VOL/A-EG
- § 97 Abs. 7 GWB
In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx, bestehend aus:
- xxxxxx;
- xxxxxx;
- xxxxxx;
- xxxxxx;
- xxxxxx;
vertreten durch xxxxxx, Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Regionaler Geschäftsbereich xxxxxx,
- Antragsgegnerin -beigeladen:
1. xxxxxx, Verfahrensbevollmächtigter: xxxxxx,
- Beigeladene zu 1 -
2. xxxxxx,
- Beigeladene zu 2 -
wegen
Vergabe eines Auftrags zur maschinellen Fahrbahnreinigung nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen 2012 bis 2014 im offenen Verfahren nach VOL (xxxxxx) -Lose 1 bis 3 hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, den hauptamtlichen Beisitzer Baurat Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Ing. Ruff, auf die mündliche Verhandlung vom 03.07.2012
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese sowohl im Hinblick auf die Eignungsprüfung der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 als auch der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu wiederholen, die Angemessenheit der von der Beigeladenen zu 2 geforderten Preise zu prüfen und die Prüfungen und Entscheidungen in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Dabei hat sie bei der Prüfung und Wertung der Angebote die aus den Gründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 zu je 1/2 zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu je 1/2 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin war notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2012 die maschinelle Fahrbahnreinigung von Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen für den Bereich der Bezirke der Straßenmeistereien ihres regionalen Geschäftsbereichs xxxxxx europaweit im offenen Verfahren als Dienstleistungsauftrag gemäß VOL/A für den Zeitraum von 24 Monaten ausgeschrieben. Der Auftrag umfasste drei regionale Teillose. Es war möglich, auf ein oder mehrere Lose zu bieten. Der Zuschlag sollte auf die Angebote mit dem jeweils niedrigsten Preis erfolgen.
Entsprechend dem Abschnitt III.2.2) der Vergabebekanntmachung war zur Feststellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre vorzulegen. Diesbezüglich war in den Vergabeunterlagen gemäß der lfd. Nr. 5 des Formblatts "EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe" gefordert, mit dem Angebot eine Eigenerklärung zur Eignung abzugeben. In dem entsprechenden Formblatt (HVA L-StB Eigenerklärung Eignung) war von den Bietern der Umsatz des Unternehmens der letzten drei Geschäftsjahre anzugeben, soweit er Leistungen betroffen hatte, die mit den ausgeschriebenen Leistungen vergleichbar gewesen waren. Weiterhin waren dort drei Referenzen zu benennen. Mit dem Angebot war weiterhin ein Stützpunktkonzept zur Erreichbarkeit der Einsatzstellen innerhalb von 60 Minuten einzureichen. Das Stützpunktkonzept sollte aus einer Liste der geplanten Stützpunkte und einer Markierung der Stützpunkte in einer beigefügten Bezirkskarte bestehen. Die Antragsgegnerin behielt sich gemäß lfd. Nr. 5.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Nachforderung verschiedener Nachweise vor, darunter u.a. die Urkalkulation und Nachweise über die Fahrzeug- und Geräteausstattung.
In der Ausführungsbeschreibung der Vergabeunterlagen war im Abschnitt 3.2 festgelegt, dass die Reinigung entsprechend dem Merkblatt DWA-M 715 "Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen", dem UBA-Merkblatt LTwS-Nr. 27 "Anforderungen an Ölbinder" und den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen habe. Gemäß dem Merkblatt DWA-M 175 sollten zum Erreichen der notwendigen Rutschsicherheit der Fahrbahn die eingesetzten Maschinen einen sog. SRT-Wert von mindestens 80% des Ausgangswertes herstellen können. Gemäß Abschnitt 3.4 der Ausführungsbeschreibung sollten die aufgenommenen Stoffe durch einen Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW/AbfG entsorgt werden. Im Abschnitt 4 der Ausführungsbeschreibung "Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen" waren verschiedene einschlägige Normen und Regelwerke gelistet, die bei der Auftragsdurchführung zu beachten waren, darunter die Güte- und Prüfbestimmungen für die Verkehrsflächenreinigung und Unfallstellensanierung RAL-GZ 899, in deren Abschnitt M Inhalt und Umfang des Anforderungsprofils von eingesetzten Maschinen und Geräten festgelegt ist. Als Prüfkriterium 2 ist dort festgelegt, dass nach erfolgter Reinigung mindestens ein SRT-Wert von 90% der Ursprungsgriffigkeit erreicht wird.
Bis zum Schlusstermin für die Angebotsabgabe gaben insgesamt drei Bieter Angebote ab. Alle Bieter boten auf alle drei Lose. Im Rahmen der formalen und rechnerischen Prüfung mittels Formblatt "HVA B-StB Angebotsprüfung HA" wurde in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin und dort in Bezug auf das Mitgliedsunternehmen xxxxxx festgestellt, dass dieses in der Eigenerklärung zur Eignung den Umsatz nur für ein Jahr angegeben hatte. Ein Ausschluss wurde nicht vorgenommen. In Bezug auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 wurde festgestellt, dass keine Angaben zu Referenzen gemacht worden waren. Ein Ausschluss wurde ebenfalls nicht vorgenommen. In Bezug auf das Angebot der Antragstellerin unternahm die Antragsgegnerin zunächst nichts. Die Beigeladene zu 1 wurde in einem telefonischen Aufklärungsgespräch am 19.04.2012 aufgefordert, Angaben zu Referenzen bis zum 26.04.2012 vorzulegen, da das Angebot anderenfalls ausgeschlossen werde. Mit Schreiben vom 25.04.2012 forderte die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 1 unter Fristsetzung auf, weitere Nachweise gemäß der lfd. Nr. 5.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorzulegen, darunter die Urkalkulation und einen Nachweis über die Fahrzeug- und Geräteausstattung.
Die Beigeladene zu 1 legte alle nachgeforderten Unterlagen fristgerecht und vollständig vor. Als Referenzen legte sie drei Referenzschreiben vor, ausgestellt auf die Firma xxxxxx. In einem Begleitschreiben an die Beigeladene zu 1 bestätigte die Firma xxxxxx, dass sie der Beigeladenen zu 1 im Falle gewonnener Ausschreibungen Fahrzeuge, Maschinen und Personal überlassen werde. Hinsichtlich der geforderten Geräteliste übersandte die Beigeladene zu 1 Prüfzeugnisse verschiedener Geräte und Maschinen des Prüfinstitutes xxxxxx. Es wurde darin eine ganz überwiegende Reinigungsleistung von über 90% bezogen auf den SRT-Wert bestätigt. Die Prüfzeugnisse stammten aus den Jahren 2008 bis 2010 und waren auf die Beigeladene zu 1 ausgestellt.
Nach Abschluss der Wertung hatte die Beigeladene zu 1 in Bezug auf alle Lose das jeweils günstigste Angebot abgegeben. Die Beigeladene zu 2 lag auf dem jeweils zweiten Rang und die Antragstellerin bei allen Losen auf Rang 3. Mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 15.05.2012 - versandt auf dem Postweg - teilte die Antragsgegnerin den unterlegenen Bietern mit, dass diese nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hätten und dass sie beabsichtige, den Zuschlag am 29.05.2012 in Bezug auf alle Lose auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen.
Nach Erhalt des Informationsschreibens vom 21.05.2012 rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 23.05.2012 das Vergabeverfahren in Bezug auf eine unzutreffend berechnete Wartefrist des § 101a GWB, eine unzutreffende Bieterbezeichnung der Beigeladenen zu 1 und einen Verstoß gegen das Gebot der Losvergabe. Ferner rügte die Antragstellerin, dass es der Beigeladenen zu 1 als Speditionsunternehmen an der erforderlichen Eignung mangele und das zu vermuten sei, dass diese sich hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit auf die Fähigkeit der xxxxxx stützen wolle, die als unzuverlässig zu qualifizieren sei. Darüber hinaus würden die Gerätschaften der Beigeladenen zu 1 nicht die Anforderungen entsprechend der zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen der Antragsgegnerin erfüllen und sie sei auch nicht in der Lage, das Stützpunktkonzept der Antragsgegnerin zu erfüllen. Letzteres gelte auch für die aus xxxxxx stammende Beigeladene zu 2, von der aufgrund der eigenen Marktkenntnis zu vermuten sei, dass sie sich an der Ausschreibung beteiligt habe. Schließlich sei auch von einer Unauskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen zu 1 auszugehen, da sie selbst bereits sehr knapp kalkuliert habe und ihre Mitgliedsunternehmen im Auftragsraum ansässig seien, während die Beigeladene zu 1 außerhalb des Auftragsraums ansässig sei.
Mit Schreiben vom 25.05.2012 erwiderte die Antragsgegnerin auf die Rüge. Sie half der Rüge in Bezug auf die falsch berechnete Wartefrist, die unzutreffende Bieterbezeichnung und hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen das Gebot der Losvergabe ab. Im Übrigen wies sie die Rüge zurück.
Nach der teilweisen Zurückweisung ihrer Rüge beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30.05.2012 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und auch begründet. Die Beizuladende zu 1 sei zur Durchführung des gegenständlichen Auftrags ungeeignet. Bei der Beigeladenen zu 1 handele es sich um ein Speditionsunternehmen, das bisher noch nie im Zusammenhang mit der maschinellen Fahrbahnreinigung nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen in Erscheinung getreten sei. Die Beigeladene zu 1 könne deshalb nicht über wesentliche Umsätze bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe seien, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre verfügen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beizuladende über eigene vergleichbare Referenzen und die erforderliche technische Ausrüstung verfüge. Sie dürfe sich zum Nachweis ihrer technischen Leistungsfähigkeit auch nicht auf die Fa. xxxxxx, einem speziellen Unternehmen für Ölschadenbeseitigung, stützen. Dieses Unternehmen sei in den Korruptionsskandal bei der Autobahnmeisterei xxxxxx involviert gewesen. Die Vergabestelle habe die Fa. xxxxxx deshalb in einem vorangegangenen Vergabeverfahren zu Recht wegen Unzuverlässigkeit vom Verfahren ausgeschlossen. Die Umstände, die maßgeblich für diese Entscheidung waren, seien nach wie vor gegeben. Die Voraussetzungen für eine mögliche Selbstreinigung des Unternehmens lägen nicht vor. Insbesondere habe es keine personellen Veränderungen gegeben. Die beiden in den Korruptionsskandal involvierten Geschäftsführerinnen seien weiter für die Fa. xxxxxx tätig. Demnach scheide auch eine Eignungsleihe bei diesem Unternehmen aus. Allein aus diesem Grund sei das Angebot der Beigeladenen zu 1 gemäß § 19 Abs. 5 VOL/A EG zwingend auszuschließen.
Die Beigeladene zu 1 sei auch nicht in der Lage, das der Ausschreibung zugrunde liegende Stützpunktkonzept für alle drei Lose zu erfüllen. Die ausgeschriebenen speziellen Leistungen der maschinellen Fahrbahnreinigung könnten in dem relevanten örtlichen Bereich und in dem Umfang nur sehr wenige Unternehmen erbringen. Nach der Marktkenntnis der Antragstellerin gehörten hierzu neben der Antragstellerin die als unzuverlässig zu qualifizierende Fa. xxxxxx sowie die Beigeladene zu 2. Selbst bei zulässiger Eignungsleihe bei der Fa. xxxxxx ließe sich das geforderte Stützpunktkonzept nicht erfüllen, weil nach Marktkenntnis der Antragstellerin die Fa. xxxxxx lediglich über eine zertifizierte Maschine verfüge, die zur Auftragsausführung eingesetzt werden dürfte. Die Beigeladene zu 2 wiederum stamme aus xxxxxx und verfüge im betreffenden örtlichen Bereich nicht über die erforderliche Anzahl von Stützpunkten.
Darüber hinaus erfülle die Beigeladene zu 1 mehrere der in der Ausführungsbeschreibung unter Ziffer 4 geforderten Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen nicht. Es sei zu bestreiten, dass die von der Beigeladenen zu 1 eingesetzten Maschinen die RAL-GZ 899 LKM für die Nassreinigungsmaschinen sowie die Anforderungen des Merkblatts DWA-M 715 erfüllen würden. Die nach der Marktkenntnis der Antragstellerin bislang von der Fa. xxxxxx eingesetzten, nicht zertifizierten Maschinen gewährleisteten keine ausreichende Reinigungsleistung. Zudem sei zu bestreiten, dass die Beigeladene zu 1 die Anforderungen an eine umweltgerechte Entsorgung der wassergefährdenden Stoffe gemäß der Entsorgungsfachbetriebsverordnung erfülle. Die entsprechenden geforderten Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen könne nur ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb erfüllen.
Schließlich sei das Angebot der Beigeladenen zu 1 auch wegen Unauskömmlichkeit zwingend auszuschließen. Die Antragstellerin habe ihr Angebot bereits sehr knapp kalkuliert. Es sei nicht vorstellbar, dass die Beigeladene zu 1, die außerhalb des hier betroffenen örtlichen Bereichs ansässig sei, ein auskömmliches Angebot abgegeben habe. Gleiches gelte für das Angebot der Beigeladenen zu 2, falls es in den einzelnen Losen vor dem Angebot der Antragstellerin platziert sein solle.
Die Antragstellerin hat ursprünglich beantragt,
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihrem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren verletzt ist;
- 2.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften zu beseitigen;
- 3.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragsstellerin für notwendig zu erklären;
- 4.
die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen;
- 5.
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hatte daraufhin beantragt,
die Anträge der Antragstellerin zu 1. - 4. zurückzuweisen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin könne schon nicht darlegen, dass ihr wegen eines möglichen Verstoßes gegen vergaberechtliche Vorschriften ein Nachteil erwachse oder zu erwachsen drohe. So liege die Antragsstellerin in Bezug auf alle drei Lose mit ihren Angeboten lediglich auf dem dritten Rang. Das Angebot hätte nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn auch das jeweils zweitplatzierte Angebot ausgeschlossen würde. Dafür bestünde aber nach Ansicht der Vergabestelle kein Grund. Die Antragstellerin bezweifle in diesem Zusammenhang die Leistungsfähigkeit und die Angemessenheit der Preise des Angebotes der Beigeladenen zu 2. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit hätten die vorgelegten Unterlagen die Vergabestelle überzeugt, dass die Leistung entsprechend den Ausschreibungsunterlagen ausgeführt werden könne. Das vorgelegte Konzept sei plausibel. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 2 bereits zuvor in Ort und Art identische Leistungen für die Vergabestelle zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. In Bezug auf die Angebotspreise gebe es auch keinen Anlass von einer Unangemessenheit auszugehen. Ein Zuschlag könne nur dann versagt werden, wenn Preis und Leistung in einem offenbaren Missverhältnis stünden. Eine bloße Unauskömmlichkeit sei nicht ausreichend, um ein solches Missverhältnis zu begründen. Dies sei dann der Fall, wenn entweder die ordnungsgemäße Ausführung gefährdet sei oder eine Marktverdrängungsabsicht bestünde, wobei nur letzteres drittschützend sei. Für das Vorliegen einer Marktverdrängungsabsicht bestünden aber keine Anhaltspunkte und auch die Antragstellerin habe eine solche Absicht nicht behauptet.
Darüber hinaus könne das Angebot der Antragstellerin auch aufgrund der Unangemessenheit des Angebotspreises den Zuschlag nicht erhalten, da das Angebot erheblich oberhalb der Marktpreise liege. Eine solche Überschreitung werde in der Rechtsprechung bei ca. 10% bis 20% verortet. Die Angebotspreise der Antragstellerin aber überschritten die Ansätze der Kostenschätzung um mehr als 200%. Eine Auftragserteilung sei damit unwahrscheinlich.
Schließlich könne der Zuschlag auch nicht auf das Angebot der Antragstellerin erfolgen, da das Angebot aller Voraussicht nach wegen fehlender Erklärungen nach § 19 Abs. 3 lit. a.) VOL/A EG auszuschließen sei. Mit dem Angebot sei die Eigenerklärung zur Eignung abzugeben gewesen. Dort enthalten sei die Forderung nach den Angaben der Beschäftigten- und Umsatzzahlen der letzten drei Geschäftsjahre, was so gemeint und zu verstehen gewesen sei, dass nur Unternehmen als geeignet angesehen würden, die bereits seit drei Jahren eine Geschäftstätigkeit aufweisen würden. Die Antragstellerin habe aber für das Mitgliedsunternehmen xxxxxx lediglich eine Eigenerklärung abgegeben, die Umsatz und Personal nur für ein Jahr aufweise. Zwar sei es denkbar, eine Nachforderung gemäß § 19 Abs. 2 EG VOL/A vorzunehmen, eine Nachforderung würde aber ergebnislos bleiben, da nach Kenntnis der Antragsgegnerin das Unternehmen in der jetzigen Form erst seit dem 18.04.2011 existiere. Der Ausschluss sei zwar noch nicht erfolgt, die Vergabestelle habe aber bisher allein aufgrund der Platzierung davon abgesehen.
Der Antrag sei darüber hinaus auch unbegründet. Die Eignung der Beigeladenen zu 1 sei nach durchaus kritischer Prüfung bejaht worden. Bezüglich des Personals und der Geräte verweise die Beigeladene zu 1 teilweise auf die xxxxxx. Richtig sei, dass das Unternehmen wegen nachgewiesener schwerer Verfehlungen in mehreren Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sei. Dies bedeute aber nicht, dass dies sämtliche Vergaben an Unternehmen verbieten würde, die Geräte oder Personal einzusetzen gedenkten, die ehemals bei der xxxxxx eingesetzt worden waren. Dies käme einem Berufsverbot des gesamten Personals gleich und würde die Entsorgung technisch noch nutzbarer Geräte gebieten.
Entgegen der Vermutung der Antragstellerin habe die Beigeladene zu 1 auch ein Stützpunktkonzept vorgelegt. Dies sei zwar nicht besonders aussagekräftig, dies sei nach den Anforderungen in den Vergabeunterlagen aber auch nicht erforderlich gewesen. Die gelieferten Informationen seien als technisch ausreichend bewertet worden.
Soweit die Antragstellerin schließlich bestreite, dass die vorgesehenen Geräte die Anforderungen der RAL-GZ 899-LKM und des Merkblattes DWA-M 715 erfüllen würden, sei einerseits fraglich, welche Relevanz dies für die Vergabeentscheidung haben solle, denn diesbezügliche Nachweise seien nicht gefordert worden. Andererseits sei nicht nachvollziehbar, inwiefern die Geräte nicht die Anforderungen erfüllen sollen, denn die Vergabestelle habe die Rüge der Antragstellerin zum Anlass genommen, die Beigeladene zu 1 um entsprechende Belege zu bitten und daraufhin umfangreiche Nachweise über die Reinigungswirkung der Geräte erhalten. Im Übrigen sei mit den Geräten bereits seit mehreren Jahren gereinigt worden, ohne dass dieses zu Mängeln bei der Leistungserbringung geführt hätte. Der Nachprüfungsantrag sei nach alledem als unzulässig, ersatzweise als unbegründet zurückzuweisen.
Im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 08.06.2012 mit, dass ihr Angebot von der Vergabe ausgeschlossen werde. Zur Begründung argumentiert sie wie bereits in ihrer Antragserwiderung vom 06.06.2012 in Bezug auf die unzureichende Eigenerklärung zur Eignung.
Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots mit Schreiben vom 12.06.2012. Die Vergabestelle habe die Eignung der Antragstellerin ausweislich ihres Prüfvermerks abschließend geprüft und ihre Eignung bejaht. Die Eignungsprüfung sei damit abgeschlossen gewesen und es seien nachträglich keine neuen Umstände hinzu getreten, die einen Wiedereinstieg in die Eignungsprüfung gerechtfertigt hätten. Ein Ausschluss unter Berufung auf die zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf als Reaktion auf das angestrengte Nachprüfungsverfahren sei unlauter. Die Vergabestelle habe sich auch in einem anderen Vergabeverfahren durch die bemühte Rechtsprechung nicht gehindert gesehen, der Antragstellerin als Bietergemeinschaft in derselben Zusammensetzung den Zuschlag zu erteilen. Die Bietergemeinschaft bestehe aus fünf Mitgliedsunternehmen, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden könne, selbst wenn die Umsätze eines Unternehmens nicht ausreichend gewesen sein sollen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Da die Mitglieder der Bietergemeinschaft als Gesamtschuldner haften würden, sei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft insgesamt abzustellen. Außerdem sei die von der Vergabestelle nunmehr als Mindesteignungsvoraussetzung interpretierte Vorgabe einer mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit nicht vorschriftsmäßig in der Vergabebekanntmachung bekannt gemacht worden. Hätte die Vergabestelle in der Bekanntmachung von jedem Mitglied einer Bietergemeinschaft eine dreijährige Geschäftstätigkeit verlangt, hätte sich die Antragstellerin darauf entsprechend einstellen können.
Nach dem Hinweis der Vergabekammer, dass die Vergabeakte Prüfzeugnisse aus den Jahren 2008 bis 2010 über Gerätschaften zur Ölschadenbeseitigung enthalte, die auf die Beigeladene zu 1 ausgestellt seien, obwohl diese nach dem Vortrag der Antragstellerin in der Vergangenheit noch nicht am Markt in Erscheinung getreten sei, teilt die Antragsgegnerin am 18.06.2012 mit, dass sie eine Prüfung für angezeigt halte, ob das Angebot nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. g.) VOL/A wegen vorsätzlicher unzutreffender Erklärung in Bezug auf die Eignung auszuschließen sei. Sie werde die Beigeladene zu 1 diesbezüglich zur Stellungnahme auffordern.
Die Beigeladene zu 1 hat beantragt,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 30.05.2012 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Zur Frage der Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrages schließt sich die Beigeladene zu 1 den Ausführungen der Antragsgegnerin an. Soweit die Antragsgegnerin nunmehr in Erwägung ziehe, ihr Angebot wegen der von der Firma xxxxxx auf die Beigeladene zu 1 umgeschriebenen Prüfzeugnisse auszuschließen, sei festzustellen, dass ihre Geschäftsführer in dem auch von der Antragsgegnerin zitierten Aufklärungsgespräch vom 19.04.2012 umfassend dargelegt hätten, dass vorgesehen sei, das bisher im räumlichen Geltungsbereich der Ausschreibung eingesetzte Personal der Firma xxxxxx sowie deren technische Ausrüstung einschließlich Fahrzeugen und Gerätschaften zu übernehmen. Zu den Ausschreibungsbedingungen habe u.a. auch der Nachweis der technischen Eignung der zum Einsatz kommenden Reinigungstechnik gehört. Die betreffenden Geräte seien durch das Prüfinstitut xxxxxx auch sämtlich positiv beurteilt worden. Da diese aber auf die ursprüngliche Inhaberin ausgestellt waren, habe es die Beigeladenen zu 1 für notwendig gehalten diese auf ihren Namen umschreiben zu lassen, damit diese im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens vorgelegt werden konnten. Diese Vorgehensweise möge nach Aktenlage möglicherweise nicht plausibel erscheinen und sogar überflüssig gewesen sein, jedoch könne angesichts der im Bietergespräch vom 19.04.2012 erfolgten ausführlichen Schilderung der betrieblichen Verhältnisse der Beigeladenen zu 1 nicht ernsthaft angenommen werden, dass deren Geschäftsführer den falschen Eindruck haben erwecken wollen, es habe bereits 2008 Erfahrungen auf dem Gebiet der Ölspurbeseitigung gegeben. Mit den geäußerten Zweifeln an der Eignung der Beigeladenen zu 1 setze sich die Antragsgegnerin nach alledem in Widerspruch zu den positiven Kenntnissen ihrer Mitarbeiter über die im Bietergespräch mitgeteilten Verhältnisse und Absichten der Beigeladenen zu 1. Schließlich sei der Hinweis der Antragsgegnerin zutreffend, dass die Beigeladene zu 1 die angegebenen Umsätze als Spedition und nicht auf dem Gebiet der Ölspurbeseitigung erzielt habe. Aus den von der Antragsgegnerin im Schreiben vom 06.06.2012 selbst vorgetragenen Gründen sei dieser Umstand aber vorliegend nicht erheblich.
Nach der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 03.07.2012 beantragt die Antragstellerin nunmehr,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung beginnend mit der Eignungsprüfung einzutreten undie Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragsstellerin für notwendig zu erklären;
d die Prüfung und Wertung der Angebote in einem den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren;
die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr ebenfalls,
sie zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung beginnend mit der Eignungsprüfung einzutreten und die Prüfung und Wertung der Angebote in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren,
und im Übrigen,
den Kostenantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2 hat keinen Antrag gestellt.
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer hat die Antragsgegnerin die Angebote der Beigeladenen zu 1 mit Schreiben vom 04.07.2012 wegen vorsätzlich unzutreffender Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung gemäß § 6 EG Abs. 6 lit. eVOL/A ausgeschlossen und dies der Vergabekammer mit Schriftsatz vom gleichen Tage mitgeteilt.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 25.06.2012 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 16.07.2012 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 03.07.2012 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und überwiegend begründet. Die erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens getroffene Entscheidung der Antragsgegnerin, das Angebot der Antragstellerin vom streitgegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen, verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB. Die Voraussetzungen des § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A, nach der Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, zwingend auszuschließen sind, liegen bei der Bietergemeinschaft der Antragstellerin zumindest insgesamt nicht vor. Die Antragsgegnerin hat bezüglich der Antragstellerin das ihr durch § 19 EG Abs. 5 VOL/A eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Beurteilung der Eignung der Bietergemeinschaft nicht ausgeübt, weil sie von einem zwingenden Ausschluss des Angebotes wegen einer Beteiligung eines Newcomers an der Bietergemeinschaft ausgegangen ist. Die Tatsache, dass mit der xxxxxx an der aus fünf Unternehmen bestehenden Bietergemeinschaft ein Unternehmen beteiligt ist, dass erst am 18.04.2011 in das Handelsregister eingetragen worden ist und deshalb in der Eigenerklärung zur Eignung nur den Umsatz für ein statt der geforderten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre angeben konnte, führt nicht automatisch zur mangelnden Eignung der Bietergemeinschaft der Antragstellerin insgesamt. Vielmehr ist die Antragsgegnerin gehalten, im Zuge der Eignungsprüfung gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A zu prüfen, ob die Bietergemeinschaft der Antragstellerin unter Berücksichtigung der vier anderen Unternehmen, die im Angebot der Antragstellerin die geforderten Umsätze für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre mit ihren Eigenerklärungen nachgewiesen haben, bereits die erforderliche Eignung besitzt (im Folgenden 2 a). Dagegen ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Angebot der Beigeladenen zu 1, auf das sie ursprünglich ausweislich der Information gemäߧ 101a GWB vom 15.05.2012 den Zuschlag erteilen wollte, im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 19 EG Abs. 4 VOL/A i.V.m. § 6 EG Abs. 6 lit. eVOL/A wegen vorsätzlich unzutreffender Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung auszuschließen, vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene zu 1 hat ihrem Angebot unstreitig Prüfzeugnisse verschiedener Geräte und Maschinen aus den Jahren 2008 bis 2010 vorgelegt, die auf die Beigeladene zu 1 ausgestellt waren. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um Prüfzeugnisse, die das Prüfinstitut xxxxxx ursprünglich auf die Fa. xxxxxx ausgestellt hatte und nunmehr auf deren Veranlassung für das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren auf die Beigeladene zu 1 umgeschrieben wurden (im Folgenden 2 b). Soweit die Antragstellerin allerdings die Auffassung vertritt, dass auch das Angebot der Beigeladenen zu 2 wegen eines vermeintlich mangelhaften Stützpunktkonzeptes zur Erreichbarkeit der Einsatzstellen innerhalb von 60 Minuten von der Angebotswertung ausgeschlossen werden muss, ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. Das von der Beigeladenen zu 2 mit ihrem Angebot eingereichte Stützpunktkonzept genügt den Anforderungen der Antragsgegnerin gemäß Nr. 5 der EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe vom xxxxxx.2012 (im Folgenden 2 c). Die Antragsgegnerin ist allerdings gehalten, die Angemessenheit des von der Beigeladenen zu 2 angebotenen Preises gemäß § 19 EG Abs. 6 VOL/A zu prüfen, da der Preisabstand zum Angebot der Antragstellerin fast 30% beträgt (im Folgenden 2 d).
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Zwar ist gemäß Nr. 1 der EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe ausdrücklich beabsichtigt, den verfahrensgegenständlichen Antrag im Namen und für Rechnung (Auftraggeber) der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Niedersachsen und des Landkreises xxxxxx, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich xxxxxx, zu vergeben. Die Antragsgegnerin ist jedoch auch passiv legitimiert, soweit der Auftrag für die Bundesrepublik Deutschland vergeben werden soll. Nach der Rechtsprechung ist in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, das eine Bundesauftragsangelegenheit im Sinne derArt. 85, 90 Abs. 2 GG zum Gegenstand hat, das Land und nicht der Bund Antragsgegner (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 06.06.2011 - 13 Verg 2/11, zitiert nach ibr-online).
Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um die Vergabe eines Auftrags zur Fahrbahnreinigung nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung (VgV) in der zum Zeitpunkt der EU-weiten Bekanntmachung vom xxxxxx.2012 noch geltenden Fassung ein Schwellenwert von 193.000 EUR gilt. Werden Dienstleistungsaufträge, wie vorliegend, losweise ausgeschrieben, so beträgt der Schwellenwert 80.000 EUR oder bei Losen unterhalb von 80.000 EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Ausweislich der Dokumentation unter 1.7 des vorliegenden Vergabevermerks vom 26.04.2012 beträgt der geschätzte Gesamtauftragswert xxxxxx EUR (netto).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bietergemeinschaft ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Antragsgegnerin habe ihr Angebot zu.U.nrecht von der Wertung ausgeschlossen, weil an ihrer Bietergemeinschaft mit der xxxxxx ein Unternehmen beteiligt ist, das erst am 18.04.2011 in das Handelsregister eingetragen worden ist und deshalb in der Eigenerklärung nur den Umsatz für ein statt der geforderten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre angeben konnte. Dieser Sachverhalt erfülle die Voraussetzungen des § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A nicht. Vielmehr habe die Antragsgegnerin nicht berücksichtigt, dass die aus 5 Unternehmen bestehende Bietergemeinschaft insgesamt die Eignungsanforderungen der Antragsgegnerin für den streitbefangenen Auftrag erfülle. Darüber hinaus sei das Angebot der Beigeladenen zu 1 auszuschließen, da diese lediglich als "Strohmann" für die xxxxxx fungiere, die bei einer vorangegangenen Ausschreibung der Antragsgegnerin wegen Unzuverlässigkeit ausgeschlossen worden sei. Aber auch auf das Angebot der Beigeladenen zu 2 dürfe kein Zuschlag erteilt werden, da diese aus xxxxxx stamme und aufgrund der eigenen Marktkenntnisse zu vermuten sei, dass diese nicht das von der Antragsgegnerin geforderte Stützpunktkonzept beibringen kann. Schließlich habe es die Antragsgegnerin versäumt, die Angemessenheit der von der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 geforderten Angebotspreise zu überprüfen, obwohl sie dazu Anlass habe. Voraussetzung der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/ Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin wurde durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15.05.2012 gemäß § 101a GWB darüber informiert, dass beabsichtigt ist, auf ihr Angebot den Zuschlag nicht zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sie nicht das wirtschaftlichste Angebot gemäß § 21 EG Abs. 1 VOL/A abgegeben habe. Der Zuschlag solle frühestens am 29.05.2012 auf das Angebot der Fa. xxxxxx, also der Beigeladenen zu 1, erteilt werden. Das Informationsschreiben ging nach Angaben der Antragstellerin am 21.05.2012 bei der Antragstellerin ein. Mit Schreiben vom 23.05.2012 rügte die Antragstellerin die Entscheidung der Antragsgegnerin. Zur Begründung trug sie vor, dass die Antragsgegnerin das Angebot der Beigeladenen zu 1 nicht berücksichtigen dürfe, weil sich die Beigeladene zu 1 auf das Personal, die Gerätschaften und die Logistik der xxxxxx stützen wolle, die die Antragsgegnerin selbst in einem vorangegangenen Vergabeverfahren wegen Unzuverlässigkeit ausgeschlossen habe. Aber auch das Angebot der Beigeladenen zu 2, deren Beteiligung am Vergabeverfahren sie aufgrund ihrer eigenen Marktkenntnis vermute, könne nicht berücksichtigt werden, da das aus xxxxxx stammende Unternehmen bislang in dem vom ausgeschriebenen Auftrag umfassten Gebiet noch nicht tätig sei und daher davon auszugehen sei, dass sie nicht das von der Antragsgegnerin geforderte Stützpunktkonzept beibringen kann. Diese nur innerhalb von zwei Tagen nach Erhalt der ablehnenden Information der Antragsgegnerin gemäß § 101a GWB abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Als unverzüglich in diesem Sinne gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rz. 2). Es kann daher vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rs. C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/2010, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10). Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag darüber hinaus gegen den nachträglich verfügten Aus-schluss ihres Angebotes wendet, war eine Rüge entbehrlich, da der Ausschluss erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erfolgte. Die Antragstellerin hat diesen mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 08.06.2012 mitgeteilten Angebotsausschluss gleichwohl mit Schreiben vom 12.06.2012 umgehend gegenüber der Antragsgegnerin gerügt und dies der Vergabekammer mitgeteilt.
2. Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend begründet. Er ist lediglich unbegründet, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass auch das Angebot der Beigeladenen zu 2 wegen eines vermeintlich mangelhaften Stützpunktkonzeptes zur Erreichbarkeit der Einsatzstellen innerhalb von 60 Minuten von der Angebotswertung ausgeschlossen werden muss. Das von der Beigeladenen zu 2 mit ihrem Angebot eingereichte Stützpunktkonzept genügt den Anforderungen der Antragsgegnerin, die sie unter Nr. 5 der EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe vom xxxxxx.2012 festgelegt hat.
a) Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A nachträglich auszuschließen, weil an der Bietergemeinschaft der Antragstellerin mit der xxxxxx ein Unternehmen beteiligt ist, das erst am 18.04.2011 in das Handelsregister eingetragen worden ist und deshalb in der Eigenerklärung zur Eignung nur den Umsatz für ein statt der geforderten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre angeben konnte. Die Antragsgegnerin hat bei der Prüfung der Eignung der Antragstellerin nicht von dem ihr durch § 19 EG Abs. 5 VOL/A eingeräumten Beurteilungsspielraum und Ermessen Gebrauch gemacht, weil sie nicht berücksichtigt hat, dass es sich bei der Antragstellerin um eine Bietergemeinschaft handelt. Sie hätte prüfen müssen, ob die Bietergemeinschaft der Antragstellerin insgesamt für den ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrag geeignet ist und dabei insbesondere prüfen müssen, ob der Umsatznachweis für die zurückliegenden drei Geschäftsjahre nicht bereits durch die vier übrigen Unternehmen der Bietergemeinschaft, die alle entsprechende Angaben in ihren Eigenerklärungen gemacht haben, hinreichend erbracht ist. Die fachliche Eignung der xxxxxx im Übrigen, die bereits für die Antragsgegnerin im Jahre 2011 tätig war, wird von der Antragsgegnerin nicht bestritten.
Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist der Antragsgegnerin insoweit ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Vergabekammer zugänglich ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.04.2006, Az.: Verg 8/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2005, Az.: VII-Verg 55/05; Wey-and, Vergaberecht, 2. Auflage 2007, Rdnr. 396 m.w.N.). Die Vergabekammer überprüft die Beurteilung der Auftraggeberin hinsichtlich der Eignung der Antragstellerin nur darauf, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wird, wenn nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird, wenn sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird (vgl. Weyand, a.a.O.). Vorliegend hat die Antragsgegnerin den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin auf § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A gestützt. Danach sind Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, zwingend auszuschließen. Die Antragsgegnerin hatte die Bieter mit ihrer EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 15.02.2012 ausdrücklich aufgefordert, ihrem Angebot den ausgefüllten Vordruck HVA L-StB Eigenerklärung Eignung ausgefüllt beizufügen. In diesem Vordruck zur Eigenerklärung heißt es:
"Umsatz des Unternehmens in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren, soweit er Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, und unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Leistungen."
Die Antragstellerin hatte ihrem Angebot für jedes ihrer fünf Mitgliedsunternehmen eine entsprechende Eigenerklärung beigefügt. Ihr Mitgliedsunternehmen xxxxxx, das erst am 18.04.2011 in das Handelsregister eingetragen worden ist und somit erst sei einem Jahr am Markt tätig ist, konnte dementsprechend nur den Umsatz für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2011 in Höhe von xxxxxx EUR angeben, den sie vornehmlich mit Verkehrsflächenreinigung für die Antragsgegnerin in xxxxxxxxxxxxn und xxxxxx erzielt hat, wie sich aus den von der xxxxxx in der Eigenerklärung benannten drei Referenzen ergibt. Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass dadurch, dass mit der xxxxxx ein Newcomer an der Bietergemeinschaft der Antragstellerin beteiligt ist, der die geforderten Umsätze für die zurückliegenden drei Geschäftsjahre nicht nachweisen kann, ein Ausschluss gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A zwingend ist und kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Antragstellerin verbleibt. Sie beruft sich diesbezüglich auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf vom 16.11.2011 -Verg 60/011. Das OLG Düsseldorf hatte in dem dort zugrunde liegenden Verfahren (zitiert nach ibr-online) über den Ausschluss eines Bieterunternehmens zu entscheiden, das sich für den verfahrensgegenständlichen Auftrag eines Nachunternehmers bedienen wollte. Der dortige Auftraggeber hatte gefordert, dass die Bieter und ihre Nachunternehmer ein Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung) auszufüllen haben. Darin war u.a. der Umsatz des Unternehmens in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren anzugeben. Während der Bieter selbst die entsprechenden Angaben gemacht hatte, konnte der Nachunternehmer Angaben nur für zwei zurückliegende Geschäftsjahre machen, weil er erst zwei Jahre zuvor gegründet wurde. Der Bieter wurde deswegen ausgeschlossen. Der dagegen gerichtete Nachprüfungsantrag und die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hatten im Ergebnis keinen Erfolg. Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde zurück. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, dass aus der Tatsache, dass im Formblatt Angaben zur Geschäftstätigkeit in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren sowie entsprechende Umsatzangaben für 2008 bis 2010 verlangt waren, sich ohne weiteres die Mindestanforderung ergebe, dass das Unternehmen vor Erteilung des Auftrags bereits drei Jahre auf dem einschlägigen Markt tätig gewesen sein muss. Wenn also der fest eingeplante Nachunternehmer eine geschäftliche Tätigkeit nur in den letzten zwei Geschäftsjahren vorweisen könne, so schlage dies als Eignungsmangel auf den Bieter durch und führe zum Ausschluss. Faktisch führt diese Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zu einem regelmäßigen Ausschluss von Newcomern immer dann, wenn entweder das Bieterunternehmen selbst oder ein oder mehrere Nachunternehmer, auf die sich das Bieterunternehmen für den jeweils ausgeschriebenen Auftrag stützt, keine Umsatzangaben für die drei zurückliegenden Geschäftsjahre machen kann.
Für diese restriktive Rechtsprechung spricht zunächst nach Auffassung der Vergabekammer der eindeutige Wortlaut des § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A und der entsprechenden Regelung in der VOB/A. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich bei dem Bieter um ein Einzelunternehmen handelt, das keine Umsätze für die drei zurückliegenden Geschäftsjahre nachweisen kann oder auch soweit es sich um ein Einzelunternehmen handelt, das selbst zwar den entsprechenden Nachweis erbringen kann, sich aber zur Bedienung des ausgeschriebenen Auftrags auf einen Nachunternehmer stützen will, der die entsprechenden Nachweise nicht erbringen kann. Dies gilt bezüglich des Nachunternehmers insbesondere dann, wenn sich der Bieter im Wege der Eignungsleihe gemäß § 7 EG Abs. 9 VOL/A auf den Nachunternehmer stützt. Danach kann ein Unternehmen sich, auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft, zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesem Unternehmen bestehenden Verbindungen.
Gegen diese Rechtsprechung, die es Newcomern erschwert oder sogar unmöglich macht, sich mit einem eigenen Angebot an Vergabeverfahren zu beteiligen, in denen der Auftraggeber eine Erklärung oder einen Nachweis bezüglich der Umsätze in den zurückliegenden drei Geschäftsjahren zu erbringen, spricht allerdings die Regelung des § 7 EG Abs. 5 Satz 2 VOL/A. Dort ist geregelt, dass immer dann, wenn ein Unternehmen aus einem stichhaltigen Grund die vom Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen kann, es seine Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom Auftraggeber für geeignet erachteter Belege nachweisen kann.
Diese Rechtsfrage ist jedoch vorliegend nicht entscheidungserheblich. Denn der der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Sachverhalt bereits nicht vergleichbar.
Bei der Antragstellerin handelt es sich nicht um ein Einzelunternehmen, das sich zur Bedienung des ausgeschriebenen Auftrags auf die Dienste eines Nachunternehmers stützt, der seinerseits keine Umsätze für die zurückliegenden drei Geschäftsjahre nachweisen kann. Vielmehr handelt es sich um eine Bietergemeinschaft.
Gemäß § 6 EG Abs. 2 VOL/A sind Bewerber- und Bietergemeinschaften wie Einzelbewerber und -bieter zu behandeln. Charakteristikum einer Bietergemeinschaft ist es gerade, dem Auftraggeber gegenüber gemeinsam als Vertragspartner aufzutreten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind häufig aufgrund der ihre Kapazitäten übersteigenden Auftragsvolumina gezwungen, derartige Zusammenschlüsse zur erfolgreichen Teilnahme am Vergabeverfahren einzugehen. Um eine möglichst breiten Wettbewerb zu ermöglichen, ist die umfassende Zulassung von Bietergemeinschaften zu Vergabeverfahren sachgerecht (vgl. Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 6 EG, Rdnr. 18). Ebenso wie bei Einzelbietern hat der Auftraggeber zu prüfen, ob die Bietergemeinschaft angesichts ihres Zusammenschlusses geeignet ist, den Auftrag auszuführen. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Fachkunde kommt es dabei auf die Bietergemeinschaft insgesamt an, das heißt, ein Mitglied einer Bietergemeinschaft kann etwaig vorhandene Defizite eines anderen Mitglieds beispielsweise hinsichtlich der technischen Ausrüstung ausgleichen (vgl.OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2004 - Verg 48/04 = VergabR 2005, S. 207 ff., 209). Da Bietergemeinschaften gerade deshalb gebildet werden, damit sich ihre Mitglieder gegenseitig ergänzen, ist im Einzelfall zu prüfen, ob wirklich jedes Mitgliedsunternehmen sämtliche Eignungsanforderungen erfüllen muss. Nicht in jedem Fall müssen die sachlichen und persönlichen Eignungskriterien bei jedem Mitglied erfüllt sein (vgl. Dittmann in: Kulartz/ Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 208; OLG Naumburg, Beschluss vom30.04.2007, 1 Verg 1/07). Hinsichtlich der Fachkunde und Leistungsfähigkeit kommt es daher auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehenden Fähigkeiten an. Etwas anderes gilt nur für die Zuverlässigkeit einer Bietergemeinschaft. Diese ist im berechtigten Interesse des Auftraggebers von jedem Mitglied nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2004, VII-Verg 48/04; Müller-Wrede, a.a.O., § 6 EG, Rdnr. 20; Dittmann, a.a.O., § 19 EG, Rdnr. 208). Auch das OLG München hat in einem aktuellen Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/12, die Auffassung vertreten, dass im Rahmen einer Bietergemeinschaft die Eignungsdefizite eines einzelnen Mitgliedsunternehmens durch die anderen Mitglieder der Bietergemeinschaft kompensiert werden können. Der Sinn der Forderung nach einem bestimmten Mindestumsatz innerhalb der letzten drei Geschäftsjahre liege darin, eine Feststellung zu ermöglichen, ob das jenige Unternehmen, welches sich um den ausgeschriebenen Auftrag bemüht, in der Lage war, in der Vergangenheit Aufträge dieses Volumens zu bewältigen, so dass von einer gewissen Erfahrung mit Aufträgen der ausgeschriebenen Größenordnung ausgegangen werden könne. Zwar handele es sich auch bei einem Umsatz konzernverbundener Unternehmen um den Umsatz von Drittunternehmen, auf die sich die dortige Beigeladene nicht ohne weiteres berufen konnte. Dies, so das OLG München, wäre vielmehr nur dann möglich und zulässig gewesen, wenn sie ein Angebot in Form einer Bietergemeinschaft mit einem anderen Unternehmen der Konzerngruppe abgegeben hätte oder ein anderes Unternehmen der Konzerngruppe als Nachunternehmer angegeben und entsprechende Eignungsnachweise für dieses Nachunternehmen vorgelegt hätte.
Die Vergabekammer teilt darüber hinaus die Auffassung der Antragstellerin, dass die generelle Forderung einer Geschäftstätigkeit von drei Jahren für jedes Mitglied einer Bietergemeinschaft als wettbewerbsbeschränkende Maßnahme gegen den Wettbewerbsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen die Vorschrift des § 7 EG Abs. 9 VOL/A verstößt, wonach sich ein Unternehmen, auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft, zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann. Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, im Rahmen der erneut durchzuführenden Eignungsprüfung zu prüfen, ob die Bietergemeinschaft insgesamt über die für den ausgeschriebenen Auftrag notwendige Eignung verfügt. Dazu hat die Antragsgegnerin umso mehr Anlass, da sie selbst keinerlei Zweifel an der Leistungsfähigkeit und der Fachkunde der Mitglieder der Bietergemeinschaft hat und die vier anderen Mitglieder der Bietergemeinschaft mit ihren Eigenerklärungen Umsätze für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre mitgeteilt haben, die das ausgeschriebene Volumen ohne weiteres übersteigen. Dass das Mitgliedsunternehmen xxxxxx auch als Newcomer im Übrigen die notwendige Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit aufweist, hat es im Rahmen verschiedener, gleichartiger Aufträge der Antragsgegnerin im Geschäftsjahr 2011 unstreitig gezeigt.
b) Dagegen ist die erst auf den Nachprüfungsantrag erfolgte Entscheidung der Antragsgegnerin, das Angebot der Beigeladenen zu 1, auf das sie ursprünglich ausweislich der Information gemäß § 101a GWG vom 15.05.2012 den Zuschlag erteilen wollte, nachträglich gemäß § 19 EG Abs. 4 VOL/A i.V.m. § 6 EG Abs. 6 lit. e VOL/A wegen vorsätzlich unzutreffender Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung auszuschließen, vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Da die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemacht hat, auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil diese ihre Eignung nur im Wege der Eignungsleihe bei der xxxxxx erstellen könne, die aber ihrerseits wegen Unzuverlässigkeit von der Antragsgegnerin in einem vorangegangenen Vergabeverfahren ausgeschlossen worden ist, was die erkennende Vergabekammer mit Beschluss vom 12.12.2011 - Az.: VgK-53/2011 - bestätigt habe, hat die Vergabekammer im Rahmen dieses Nachprüfungsverfahrens das Angebot der Beigeladenen zu 1 überprüft. Dabei ist der Vergabekammer im Rahmen der Prüfung aufgefallen, dass die Beigeladene zu 1 der Antragsgegnerin auf deren Anforderung vom 25.04.2012 zwar die geforderten Nachweise über die Fahrzeug- und Geräteausstattung vorgelegt hatte. Beigefügt waren u.a. hinsichtlich der geforderten Geräteliste Prüfzeugnisse verschiedener Geräte und Maschinen des Prüfinstitutes xxxxxx. Diese Prüfzeugnisse stammten aus den Jahren 2008 bis 2010 und waren auf die Beigeladene zu 1 ausgestellt. Dies stand im Widerspruch zu einem von der Beigeladenen zu 1 an die Antragsgegnerin übersandten Schreiben der Fa. xxxxxx, in dem sie erklärte, dass sie der Beigeladenen zu 1 im Falle gewonnener Ausschreibungen Fahrzeuge, Maschinen und Personal überlassen werde. Die Beigeladene zu 1 beabsichtigte somit unstreitig, ihre Eignung im Wege der Eignungsleihe bei der xxxxxx herzustellen, was prinzipiell möglich gewesen wäre. Wenn die Beigeladene zu 1 aber ausweislich der Prüfzeugnisse des Prüfinstituts xxxxxx bereits 2008 bis 2010 über geeignete Maschinen und Geräte verfügte, wäre eine derartige Eignungsleihe nicht nötig gewesen. Auf den Hinweis der Vergabekammer hat die Antragsgegnerin diesen Widerspruch im Zuge des Nachprüfungsverfahrens aufgeklärt. Die Beigeladene zu 1 hat daraufhin erklärt, dass zu den Ausschreibungsbedingungen u.a. auch der Nachweis der technischen Eignung der zum Einsatz kommenden Reinigungstechnik gehöre. Die betreffenden Geräte seien durch das Prüfinstitut xxxxxx auch sämtlich positiv beurteilt worden. Da diese aber auf die ursprüngliche Inhaberin xxxxxx ausgestellt waren, habe es die Beigeladene zu 1 für notwendig gehalten, diese auf ihren Namen "umschreiben" zu lassen, damit diese im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens vorgelegt werden konnten. Sie gehe inzwischen ebenfalls davon aus, dass diese Vorgehensweise möglicherweise nicht plausibel erscheinen könne und sogar überflüssig gewesen sein mag. Angesichts des in der Vergabeakte dokumentierten Bietergesprächs vom 19.04.2012 und der dort dokumentierten ausführlichen Schilderung der betrieblichen Verhältnisse der Beigeladenen zu 1 sei jedoch ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 gegenüber der Antragsgegnerin den Eindruck erwecken wollte, es habe bereits 2008 Erfahrungen auf dem Gebiet der Ölspurbeseitigung gegeben. Vielmehr konnten die Mitarbeiter der Antragsgegnerin nach Auffassung der Beigeladenen zu 1 keine Zweifel daran haben, dass die Beigeladene zu 1 ihre angegebenen Umsätze als Spedition und nicht auf dem Gebiet der Ölspurbeseitigung erzielt hat und deshalb auf Personal und Gerätschaften der xxxxxx zurückgreifen wollte. Die Tatsache der Umschreibung der Prüfzeugnisse sei deshalb für die Frage ihrer Eignung nicht erheblich.
Gemäß § 6 Nr. 6 lit. e VOL/A können Bewerber ausgeschlossen werden, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) abgegeben haben. Dadurch sollen solche Bewerber ausgeschlossen werden können, die aufgrund ihres Verhaltens gegenüber dem Auftraggeber nicht vertrauenswürdig erscheinen (vgl. Hausmann/ von Hoff in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG, Rdnr. 126, m.w.N.). Dabei ist ein Verschulden im Sinne eines vorsätzlichen Handels für die Abgabe falscher Erklärungen explizit erforderlich, da es hier gerade um die subjektive Komponente der Vertrauensbindung zwischen Auftraggeber und Bewerber geht. Maßgeblich für die Frage, welche Angaben in Bezug auf die Eignung im konkreten Vergabeverfahren relevant sind, sind in erster Linie die Vorgaben des Auftraggebers in den Vergabeunterlagen. Bei dem Ausschluss nach § 6 EG Abs. 6 lit. e VOL/A handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Vergabestelle (vgl. VK Bund, Be-schluss vom 20.07.2005 - VK-72/05). Es ist dem Auftraggeber überlassen zu entscheiden, ob sein Vertrauensverhältnis durch vorsätzlich unzutreffende oder unvollständige Erklärungen eines Bewerbers so nachhaltig gestört ist, dass eine vertragliche Bindung nicht mehr zumutbar ist und somit eine Teilnahme dieses Unternehmens am Wettbewerb von vornherein nutzlos wäre oder - wie im vorliegenden Fall - dass der Auftraggeber erst im Zuge des Vergabeverfahrens feststellt, dass der Bieter als Bewerber von der Teilnahme am Wettbewerb hätte ausgeschlossen werden können (§ 19 EG Abs. 4 VOL/A i.V.m. § 6 EG Abs. 6 VOL/A) (vgl. Hausmann/von Hoff, a.a.O., § 6 EG, Rdnr. 131; VK Nordbayern, Beschluss vom 21.05.2003 - 320.VK-3194-14/03).
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 18.06.2011 gegenüber der Vergabekammer mitgeteilt, dass sie Rücksprache mit der xxxxxx als Ausstellerin des Prüfzeugnisses genommen habe. Diese habe auf telefonische Anfrage erklärt, dass das Zeugnis ursprünglich auf die Fa. xxxxxx gelautet habe. Frau Martius als Geschäftsführerin der xxxxxx habe aber vor kurzem darum gebeten, das Zeugnis "umzuschreiben", da die xxxxxx praktisch nicht mehr existiere und jetzt xxxxxx heiße. Dem sei entsprochen worden. Auf kritische Nachfrage seitens der Antragsgegnerin habe die xxxxxx erklärt, dass sehe man auch als richtig an und das Unternehmen schreibe auch sonst Zeugnisse um. Die Antragsgegnerin hat das Ergebnis ihrer Aufklärung als Anlass ihrer Prüfung genommen, ob das Angebot der Beigeladenen zu 1 gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. g VOB/A (richtig: § 19 EG Abs. 4 VOL/A i.V.m. § EG Abs. 6 lit. e VOL/A) wegen vorsätzlicher unzutreffender Erklärung in Bezug auf die Eignung auszuschließen ist. Mit Schriftsatz vom 04.07.2012 hat die Antragsgegnerin der Vergabekammer ein an die Beigeladene zu 1 gerichtetes Informationsschreiben gemäߧ 101a GWB vom 04.07.2012 vorgelegt. Dort wird der Beigeladenen zu 1 mitgeteilt, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde, weil ein Ausschlussgrund nach § 6 EG Abs. 6, Buchstabe e VOL/A vorliegt. Zur Begründung wird darin Bezug genommen auf ein an die Beigeladene zu 1 gerichtetes Anhörungsschreiben vom 18.06.2012. Die Erklärungen der Beigeladenen zu 1 in ihrer Antwort vom 21.06.2012 sowie im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26.06.2012 an die Vergabekammer enthielten keine tatsächlichen Argumente, die Zweifel an der Begründetheit des Ausschlusses wecken könnten. Insbesondere sei nicht von Belang, ob die Erklärung letztlich überflüssig gewesen sei. Das Wahrheitsgebot gelte umfassend, auch und gerade für Erklärungen, die nicht abgegeben zu werden brauchten, aber freiwillig abgegeben wurden. Die Norm eröffne ein Ermessen. Hier würden die Gründe für einen Ausschluss überwiegen. Die Bedeutung der Korrektheit der eingereichten Unterlagen sei im vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung. Es solle eine Eignungsleihe bei einem Unternehmen erfolgen, das wegen Korruptionsfällen keine Aussicht mehr auf erfolgreiche Beteiligung am vorliegenden Verfahren hat. Das ausgerechnet diese Eignungsleihe unter Abgabe wahrheitswidriger Erklärungen erfolgt, gebe Anlass zu Bedenken. Um die Gefahr weiterer negativer Überraschungen zu vermeiden, sehe die Vergabestelle daher von einer weiteren Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 1 ab.
Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen ihres durch § 19 EG Abs. 4 i.V.m. § 6 EG Abs. 6 lit. e VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie die durch die Beigeladene zu 1 bzw. auf ihre Veranlassung durch die xxxxxx in die Wege geleitete, wahrheitswidrige Umschreibung der Prüfzeugnisse aus den Jahren 2008 bis 2010 als vorsätzlich unzutreffende Erklärung in Bezug auf die Eignung der Beigeladenen zu 1 bewertet und das Angebot der Beigeladenen zu 1 wegen Störung des Vertrauensverhältnisses von der Wertung ausgeschlossen hat. Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob die Beigeladene zu 1 ihre Eignung ohne diese Verfehlung im Wege der Eignungsleihe bei der xxxxxx - sei es im Wege eines Nachunternehmerverhältnisses oder einer bloßen Zurverfügungstellung von Personal und Gerät - möglich gewesen und das Angebot der Beigeladenen zu 1 eine realistische Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Durch ein derartiges Verhalten ist es dem Auftraggeber kaum möglich, das für den Vertragsschluss und die Leistungserbringung notwendige Vertrauen zu einem Unternehmen aufzubringen (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 6 EG, Rdnr. 81, m.w.N.).
c) Die Antragsgegnerin ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht gehalten, auch das Angebot der Beigeladenen zu 2 wegen vermeintlich fehlender Eignung gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A i.V.m. § 7 EG Abs. 1, 5 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen. Die Antragstellerin hat die Vermutung geäußert, dass die Beigeladene zu 2 ihrem Angebot nicht ein den Anforderungen der Antragsgegnerin genügendes Stützpunktkonzept beigefügt hat. Dies folge daraus, dass die Beigeladene zu 2 aus xxxxxx stamme und im die Ausschreibung betreffenden örtlichen Bereich nicht über die erforderliche Anzahl von Stützpunkten, wie sie von den Bietern gefordert wurden, verfüge.
Gemäß Nr. 5.1 der EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 15.02.2012 hatten die Bieter mit dem Angebot ein Stützpunktkonzept zur Erreichbarkeit der Einsatzstellen innerhalb von 60 Minuten vorzulegen. Wörtlich heißt es dort:
"Das Stützpunktkonzept sollte aus einer Liste der geplanten Stützpunkte und einer Markierung der Stützpunkte in der beigefügten Bezirkskarte bestehen."
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Beigeladene ihrem Angebot wie die übrigen Bieter einen entsprechenden Auszug der Bezirkskarte beigefügt, die vorgesehenen Standorte markiert und damit benannt. Diese Darstellung genügt den sehr knappen, von der Antragsgegnerin in der Aufforderung zur Angebotsabgabe formulierten Anforderungen. Sofern die Antragsgegnerin Anlass sieht, über ihre formulierten Anforderungen hinaus detailliertere Angaben zu den vorgesehenen Stützpunkten zu erhalten, müsste sie diesbezüglich von der Beigeladenen zu 2 im Wege der Aufklärung gemäß § 18 EG VOL/A weitere Angaben verlangen. Die Antragsgegnerin hat jedoch bereits in ihrer Antragserwiderung darauf hingewiesen, dass die von der Beigeladenen zu 2 vorgelegten Unterlagen die Vergabestelle überzeugt haben, dass die Leistung entsprechend den Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen ausgeführt werden können. Das vorgelegte Konzept sei plausibel. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 2 auch bereits zuvor in Ort und Art identische Leistungen für die Vergabestelle zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Sie habe daher keinen Grund, daran zu zweifeln, dass dies wiederum der Fall sein wird. Weder das Angebot der Beigeladenen zu 2 selbst noch der in der Vergabeakte dokumentierte Sachverhalt im Übrigen geben Anlass dafür, an der Leistungsfähigkeit und damit an der Eignung der Beigeladenen zu 2 zu zweifeln.
d) Angesichts des Preisabstandes zwischen dem Angebot der Beigeladenen zu 2 als dem nach Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen zu 1 verbleibenden preislich niedrigsten Angebot zum nächsthöheren Angebot der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin allerdings gehalten, vor der Entscheidung über den Zuschlag die Angemessenheit des von der Beigeladenen zu 2 angebotenen Preises gemäß § 19 EG Abs. 6 VOL/A zu prüfen. Gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 172). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotspreises verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen. Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleiches mit den Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, ggf. aber auch aufgrund der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung -z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 213, und § 19 EG, Rdnr. 225).
Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugspunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächsthöhere Angebot (= 100%). Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist zwar nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 178). Gemäߧ 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes (LVergabeG) vom 15.12.2008 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 19.01.2012 (Nds. GVBl. Nr. 1/2012, S. 6) kann die Vergabestelle die Kalkulation eines unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot ist sie hierzu verpflichtet. Das Landesvergabegesetz gilt jedoch ausweislich seiner Präambel und seiner Regelung in § 2 Abs. 1 LVergabeG ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20-%-Schwelle (vgl. OLG Celle,Beschluss vom 17.11.2011, 13 Verg 6/11, zitiert nach ibr-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII-Verg 77/04; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 842 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/ Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 215, m.w.N.; Müller-Wrede/Horn, a.a.O., § 19 EG, Rdnr. 178). Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 23.01.2008 (VII-Verg 36/07) entschieden, dass in einem Fall, in dem der Abstand des Angebotes der dort erstplatzierten Beigeladenen zu 1 zu dem nächsthöheren Angebot der Beigeladenen zu 2 sowie der Abstand zwischen diesem und dem nächstplatzierten Angebot eines dritten Bieters weniger als 20% betrug, die Aufgreifschwelle, die einen im Verhältnis zur angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis indiziert, nicht erreicht ist.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Antragsgegnerin vorliegend gehalten, die Angemessenheit des von der Beigeladenen zu 2 geforderten Angebotspreises zu überprüfen, indem sie von der Beigeladenen zu 2 Aufklärung zu ihrer Kalkulation verlangt. Nach dem Ergebnis der rechnerischen Prüfung des Auftraggebers (EU-Vergabevermerk, S. 8, Nr. 6.2) wird die Aufgreifschwelle von 20% vorliegend bei Los 1 und Los 3 bei weitem überschritten. Lediglich hinsichtlich der Angebote zu Los 2 beträgt der Abstand unter 3%. Über die Summe aller Lose liegt der Abstand bei 29,7%. Auch wenn dem Auftraggeber gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A und § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zusteht, ob er ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig einstuft (vgl. Vavra in: Ziekow, Völlink, Vergaberecht, § 16 VOL/A, Rdnr. 8 mit Verweis auf § 16 VOB/A, Rdnr. 47), so mussten dem Antragsgegner vorliegend zumindest bezüglich der Lose 1 und 3 die Angebotspreise der Beigeladenen zu 2 ungewöhnlich niedrig und damit aufklärungsbedürftig erscheinen. Erscheint ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so ist der Auftraggeber hinsichtlich der Art und Weise der Überprüfung nicht völlig frei. Vielmehr muss der Auftraggeber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A vom Bieter Aufklärung verlangen.
Dies hat die Antragsgegnerin vorliegend ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte bislang unterlassen. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Angebotspreise der Antragstellerin ungewöhnlich hoch sind, wie die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 06.06.2012 unter Nr. 3.1.3 (S. 4 ff.) ausgeführt hat. In der Vergabeakte selbst ist keine Angemessenheitsprüfung dokumentiert. Im vordruckmäßigen EU-Vergabevermerk (HVA L-StB EU-Vergabevermerk VOL 03-11) vom 26.04.2012 heißt es zum Angebot der seinerzeit noch erstplatzierten, inzwischen ausgeschlossenen Beigeladenen zu 1 lediglich:
"Das Hauptangebot des Mindestbietenden weicht um mehr als 20% vom Hauptangebot des an preislich zweiter Stelle liegenden Bieters ab: Ja - Wenn ja, Aufklärung des Sachverhaltes. Mündliche Aufklärung am 19.04.2012 - Ergebnis und Bewertung der Aufklärung: Der erstplatzierte Bieter bestätigt die Auskömmlichkeit seiner Preise."
Eine Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise der Beigeladenen zu 2 erfolgte bislang noch nicht, da die preislich an erster Stelle liegende Beigeladene zu 1 erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens ausgeschlossen wurde. In Ermangelung einer entsprechenden Angemessenheitsprüfung war die Antragsgegnerin daher vorliegend zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Angebote der Beigeladenen zu 2 für die Lose 1 und 3 zu wiederholen und die Beigeladene zu 2 zur Aufklärung ihrer Angebotskalkulation aufzufordern. Dabei hat die Antragsgegnerin Prüfung und Ergebnis der Angemessenheitsprüfung in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der unter II.2 festgestellten Mängel des Vergabeverfahrens war die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung mit dem Stadium der Eignungsprüfung einzutreten, die Angebotswertung unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu wiederholen, vor Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes die Beigeladene zu 2 zur Aufklärung der Preise aufzufordern und Prüfung und Ergebnisse in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Lediglich, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass das Angebot der Beigeladenen zu 2 wegen vermeintlich mangelnder Leistungsfähigkeit (Stützpunktekonzept) auszuschließen ist, war der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt für die verfahrensgegenständlichen Lose 1 -3 für die zweijährige Vertragslaufzeit xxxxxx EUR. Dieser Betrag entspricht dem von der Antragsgegnerin im Vergabevermerk vom 26.04.2012 dokumentierten Gesamtauftragswert nach den Angeboten der Antragstellerin für alle Lose und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Aufteilung der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene zu 1, die in der mündlichen Verhandlung eigene Anträge gestellt hat, unterlegen sind.
Die Beigeladene zu 2 hat in diesem Verfahren keinen eigenen Antrag gestellt. Sie ist daher an der Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 nicht zu beteiligen.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostGbefreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu je 1/2 zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu je 1/2 zu tragen.
Die Beigeladene zu 1 wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den auf sie entfallenden Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxx x
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx