Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 23.05.2014, Az.: VgK-13/2014

Europaweite Ausschreibung der Beförderung von körperlich, geistig, seelisch oder lernbehinderten Schülern

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
23.05.2014
Aktenzeichen
VgK-13/2014
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 17691
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
den xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegner -
wegen
Schülerbeförderungsleistungen im Landkreis xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Ruff auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2014
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx €. festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für den Antragsgegner notwendig.

[Gründe]

I.

Die Vergabestelle als Antragsgegner hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2014 die Beförderung von Schülerinnen und Schülern im freigestellten Schülerverkehr europaweit im offenen Verfahren als Dienstleistungsauftrag gem. VOL/A ausgeschrieben. Befördert werden sollten körperlich, geistig, seelisch oder lernbehinderte Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz im gesamten Landkreis xxxxxx zu verschiedenen Förderschulen in und außerhalb des Kreisgebietes. Die Leistung war in 8 Lose unterteilt, die zwischen einem und max. 103 Schülerinnen und Schüler umfassten. Es konnte auf ein, mehrere oder alle Lose geboten werden. Die Beförderungsleistungen sollten vom 08.09 bzw. 11.09.2014 bis zum 27.01.2017 erbracht werden, d. h. vom Beginn des Schuljahres 2014/2015 bis zum Ende des Schulhalbjahres 2016/2017. Für jedes Los bestand die Möglichkeit der optionalen Verlängerung um 1 bis zu maximal 3 Jahren.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit war gem. Abschnitt III.2.2) der Bekanntmachung u. a. eine Eigenerklärung über eine Eigenkapitalbescheinigung gefordert. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war gem. Abschnitt IV.3.4) der Bekanntmachung der 29.04.2014, 10:00 Uhr. Einziges Zuschlagskriterium war gem. Abschnitt IV.2.1 der Bekanntmachung der niedrigste Preis.

Als Kalkulationsgrundlage wurde den Bietern als Anlage 1.1 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes eine sogenannte Grunddatei mit Stand zum Stichtag 31.01.2014 zur Verfügung gestellt. Diese Grunddatei enthielt pro Los folgende Angaben:

- Schülernummer;

- Wohnort, Straße;

- Abholort, ggf. Kontaktperson;

- Zielschule mit Schulstandort;

- Klassenstufe;

- Max. Beförderungszeit;

- Art der Behinderung;

- Besonderheiten, Hilfsmittel, Begleitperson;

- Aktueller Stundenplan des lfd. Schuljahres;

- Generelle Schulanfangs- und -endzeiten;

Hierzu wurde in der Leistungsbeschreibung (Anlage 1 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes) unter Ziffer 4 der ausdrückliche Hinweis gegeben, dass es sich hierbei um Grundinformationen zur Orientierung handeln würde. Der Datenbestand würde laufenden Veränderungen, insbesondere zum Schuljahreswechsel, unterliegen. Die endgültigen Daten, insbesondere die Anschriften, die Beförderungsarten und ggf. die Standorte weiterer Zielschulen sollten den Auftragnehmern kurz nach Abschluss der Aufnahmeverfahren des Schülers oder der Schülerin mitgeteilt werden. Zur Abschätzung der insgesamt über alle Lose zu erwartenden Veränderungen der Schülerzahlen wurden den Bietern in den Anlagen 1.3 und 1.4 zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes die diesbezüglichen Veränderungen vom Schuljahr 2011/12 zum Schuljahr 2012/2013 und vom Schuljahr 2012/13 zum Schuljahr 2013/14 bekannt gegeben.

Gem. Ziffer 7.3 der Leistungsbeschreibung war während evtl. Praktikumszeiten nicht die Schule, sondern der Praktikumsort als Zielort anzufahren. Die anfallenden Praktikumsfahrten während des Schuljahres innerhalb und außerhalb des Kreisgebietes sollten zum vereinbarten km-Preis als Sonderfahrten durchgeführt und abgerechnet werden. Aus den bestehenden Touren sollten die Schülerinnen und Schüler für die Zeit des Praktikums herausfallen.

Gem. Ziffer 12.1 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes war je Los ein Leistungspreis anzugeben. Dieser sollte sich aus dem Preis pro besetzt gefahrenen Kilometer ("Besetztkilometerpreis") und der Fahrleistung zusammensetzen. Dieser war pro Woche (netto) zu ermitteln. Hierzu hatten die Bieter anhand der Stundenpläne alle Touren für Hin- und Rückfahrten einer Musterwoche durchzuplanen. Die sich hieraus ergebenden Besetztkilometer, multipliziert mit dem entsprechenden Besetztkilometerpreis der eingesetzten Fahrzeuge ergaben dann den Angebotspreis je Woche. Der so für alle einzusetzenden Fahrzeuge ermittelte Nettobesetztkilometerpreis war dann je Los zu addieren und ergab den Leistungspreis pro Los, der gewertet werden sollte. Für die spätere Abrechnung waren die tatsächlich gefahrenen Kilometer der eingesetzten Fahrzeuge zugrunde zu legen.

Der zu schließende Schülerbeförderungsvertrag (Anlage 2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes) sah unter bestimmten Umständen Anpassungsansprüche der zu zahlenden Entgelte vor. So sollte gem. Ziffer 1.2.1 des Schülerbeförderungsvertrages ein Anpassungsanspruch für den Leistungserbringer bestehen, wenn die tatsächlich erbrachte Fahrleistung um mehr oder weniger als 25 % von den angebotenen Besetztkilometern pro Schuljahr abweichen würde. Gem. Ziffer 1.2.2 des Schülerbeförderungsvertrages sollte ein weiterer Anpassungsgrund bestehen, soweit sich durch Veränderungen der Leistung die Anzahl der vom Bieter kalkulierten Fahrzeuge um mindestens ein Fahrzeug mehr oder weniger verändern würde. Gemäß Ziffer 1.2.3 des Schülerbeförderungsvertrages sollte ein Anpassungsanspruch bestehen, soweit sich der Verbraucherpreisindex um mehr als 5 % im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr ändern würde. Die Veränderung sollte entsprechend auf die bestehenden Besetztkilometerpreise angerechnet werden.

Gem. Anlage 9 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes war von den Bietern mit dem Angebot eine Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vorzulegen.

Die Antragstellerin beteiligte sich zum Ende der Angebotsfrist am 29.04.2014 mit einem Angebot.

Vor Angebotsabgabe rügte die Antragstellerin am 28.03.2014 erstmalig mit einem umfangreichen, 25-seitigen Schreiben das Vergabeverfahren und stellte zudem zahlreiche Fragen zu den Vergabeunterlagen. Sie rügte u. a. zahlreiche vermeintliche Verstöße gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A wegen nicht eindeutiger und erschöpfender Leistungsbeschreibung, die eine seriöse Kalkulation unmöglich machen und ihr ein ungewöhnliches Wagnis überbürden würden. Sie rügte weiter die Anpassungsregelungen des Schülerbeförderungsvertrages in Bezug auf die Fahrleistung, den Fahrzeugbestand und den Verbraucherpreisindex. Im Weiteren rügte sie die Abrechnung der Praktikumsfahrten als Sonderfahrten anhand des Besetztkilometerpreises, verschiedene Fehler in der den Bietern überlassenen Grunddatei, unklare Schülerbeförderungszeiten, die Nichtbekanntgabe der Schülerzahlveränderungen in Bezug auf die einzelnen Lose und einen Verstoß durch die Abforderung einer Eigenkapitalbescheinigung nach der Berufszugangsverordnung, die vorliegend nicht anwendbar wäre.

Auf die Rüge hin änderte der Antragsgegner die Vergabebekanntmachung, die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes, die Leistungsbeschreibung und die Anpassungsregelungen des Schülerbeförderungsvertrages. Im Weiteren korrigierte der Antragsgegner Fehler in der Grunddatei und beantwortete die zahlreichen Fragen zu den Verdingungsunterlagen. Die geänderten Vergabeunterlagen und die Fragen und Antworten zu den Verdingungsunterlagen stellte der Antragsgegner mit Bieterinformation vom 09.04.2014 allen beteiligten Bietern zur Verfügung.

Nach Erhalt der Rügebeantwortung rügte die Antragstellerin erneut mit Schreiben vom 15.04.2014 das Vergabeverfahren, da der Antragsgegner aus Sicht der Antragstellerin nicht allen Rügen abgeholfen und einige Fragen aus ihrer Sicht nur unzureichend beantwortet hatte. Der Antragsgegner beantwortete die Rüge und die Fragen zu den Vergabeunterlagen mit einer zweiten Bieterinformation vom 17.04.2014 an alle Bieter.

Nachdem auch die Beantwortung der zweiten Rüge aus Sicht der Antragstellerin nicht zufriedenstellend ausfiel, beantragte diese mit Schriftsatz vom 24.04.2014 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und auch begründet. Es liege zum einen ein Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A aufgrund unzumutbarer Vertragsregelungen vor, die eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht zulassen würden.

Der für den Leistungsumfang erhebliche Datenbestand unterliege gem. Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung laufenden Veränderungen, insbesondere verstärkt zum Schuljahreswechsel. So sollen u. a. zukünftig auch Schulen angefahren werden, die bisher noch nicht bekannt und auch nicht Gegenstand der Grunddatei seien. Aber auch während eines Schuljahres könnten sich gem. Ziffer 7 der Leistungsbeschreibung laufend Änderungen ergeben. All diese Änderungen hätten erhebliche Auswirkungen auf den für die Leistungserbringung erforderlichen Aufwand des Auftragnehmers. Anhand der Angaben in der Leistungsbeschreibung könne jedoch nicht abgeschätzt werden, welche Änderungen in welchem Umfang und welcher Kombination eintreten werden und in welcher Größenordnung sich daraus Kostensteigerungen für den Auftragnehmer ergeben würden. Der Antragstellerin bzw. den Bietern würden hierdurch Risiken überbürdet, die sich aufgrund der Mannigfaltigkeit der möglichen Leistungsänderungen kaufmännisch nicht seriös kalkulieren ließen. Ein solches ungewöhnliches Wagnis dürfe trotz des Wegfalls der früher in § 8 Abs. 3 VOL/A enthaltenen Regelung zum ungewöhnlichen Wagnis auch jetzt nicht dem Auftragnehmer übertragen werden.

Trotz dieser Unsicherheiten solle eine Anpassung des für die Vergütung maßgeblichen Besetztkilometersatzes nur unter den Bedingungen der unter Ziffer 1.2.1 bis 1.2.4 des Schülerbeförderungsvertrages geregelten Voraussetzungen erfolgen.

So solle ein Anpassungsanspruch nach Ziffer 1.2.1 des Schülerbeförderungsvertrages bei veränderter Fahrleistung nur bestehen, soweit die tatsächlich vom Auftragnehmer pro Schuljahr erbrachte Fahrleistung um mehr oder weniger als 25 % von der angebotenen Anzahl der Besetztkilometer pro Schuljahr abweiche. So könne der Antragsgegner verlangen, dass der Auftragnehmer für einen bestimmten Zeitraum ein Vielfaches an Besetztkilometern zu erbringen habe, solange die Jahresmenge unterhalb von 25 % bleibe. Umgekehrt könne der Antragsgegner aber in diesem Rahmen auch weniger Besetztkilometer abrufen, obwohl der Auftragnehmer stets die für die ausgeschriebene Leistung erforderliche Anzahl von Fahrzeugen vorhalten müsse. Dies stelle einen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A dar, denn eine Regelung, wonach ein Auftragnehmer für einen kurzen Zeitraum ungewiss viele Mehr- oder Minderleistungen erbringen müsse, ohne dass eine Anpassung der Vergütung erfolge, sei unzumutbar.

Im Weiteren solle ein Anpassungsanspruch bei einem veränderten Fahrzeugbedarf nach Ziffer 1.2.2 des Schülerbeförderungsvertrages nur bestehen, soweit über dem Durchschnitt eines Schuljahres mindestens ein Fahrzeug pro Los und Woche mehr oder weniger gemessen an der für die Musterwoche kalkulierten Anzahl der Fahrzeuge erforderlich werde. Dies habe zur Folge, dass keine Anpassung erfolge, obwohl der Auftragnehmer kurzfristig mehrere zusätzliche Fahrzeuge einsetzen müsse, z. B. zu Beginn eines Schuljahres, wenn die Stundenpläne noch nicht feststünden, während der Praktikumszeiten oder bei nur vorübergehenden Änderungen. Eine derartige Regelung sei ebenfalls unzumutbar.

Zudem sei eine Anpassung bei einem veränderten Zeitaufwand nach dem Schülerbeförderungsvertrag gar nicht vorgesehen. Dies sei insbesondere im Hinblick auf den zukünftig nach dem NTVergG anzuwendenden höheren Tariflohn ebenfalls nicht zumutbar, soweit durch zukünftige, zzt. in zu übersehende Leistungsänderungen, wesentlich mehr Zeit aufzuwenden sei.

Auch in Bezug auf den Anpassungsanspruch aufgrund eines veränderten Indexes nach Ziffer 1.2.4 des Schülerbeförderungsvertrages sei der erteilten Rüge nicht abgeholfen worden. Der Beförderungsvertrag stelle nach wie vor auf den Verbraucherpreisindex ab, der erkennbar keinen Bezug zu dem Charakter der ausgeschriebenen Leistung habe, insbesondere nicht zu den schwankenden Treibstoffpreisen und den sonstigen Fahrzeugkosten.

Schließlich sollen nach den Vorgaben des Antragsgegners in der Bieterinformation vom 09.04.2014 die Praktikumsfahrten nicht in der Musterwoche berücksichtigt werden. Dennoch sollen diese Fahrten zum Besetztkilometerpreis des jeweiligen Loses abgerechnet werden, obwohl ggf. pro Praktikant ein zusätzliches Fahrzeug eingesetzt und eventuell mehr Zeit investiert werden müsse.

Neben den unzumutbaren Vertragsregelungen, die nicht geeignet seien, die aus den unklaren Vergabeunterlagen resultierenden Risiken auszugleichen, verstießen die Vergabeunterlagen in weiteren Punkten gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 Abs. 1 EG VOL/A.

So enthalte die Grunddatei trotz der vorausgegangenen Rügen in den Losen 4 bis 7 zu einigen Schülerinnen und Schülern unrichtige Angaben und entspreche damit nicht, wie vom Antragsgegner vorgegeben, dem Beförderungsbedarf zum Stichtag 31.01.2014.

Auch die gerügten unklaren Schülerbeförderungszeiten blieben weiterhin unklar. Gem. Ziffer 12 der Leistungsbeschreibung seien die von den Schulen vorgegebenen Abhol- und Bringzeiten zu beachten. Da diese Vorgaben verbindlich seien, müssten die derzeit geltenden Vorgaben der Schulen auch für die Bieter transparent und umfassend beschrieben werden, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei.

Trotz vorangegangener Rüge habe der Antragsgegner zudem nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben, mit wie vielen Schülerzahländerungen am Anfang eines Schuljahres durchschnittlich pro Los zu disponieren sei. In der zweiten Bieterinformation vom 17.04.2014 habe der Antragsgegner lediglich angegeben, wie viele Veränderungen insgesamt in allen Losen in den vergangenen zwei Schuljahren angefallen seien. Die Bieter aber müssten individuelle Preise für jedes einzelne Los kalkulieren, was vorliegend nicht möglich sei.

Schließlich liege ein Verstoß gegen § 7 EG VOL/A vor. Bei den durchzuführenden Beförderungen handele es sich um Fahrten nach § 1 Nr. 4 d der Freistellungsverordnung, d. h. das Personenbeförderungsgesetz finde keine Anwendung. Trotzdem werde eine Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der auf dem Personenbeförderungsgesetz beruhenden Berufszugangsverordnung gefordert. Für eine Abforderung dieser Erklärung bestehe aber nach § 7 EG VOL/A keine rechtliche Grundlage, zumal nach § 7 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A auch grundsätzlich nur Eigenerklärungen zu verlangen seien.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    dem Antragsgegner zu untersagen, auf der Grundlage des bisherigen Verfahrens den Zuschlag zu erteilen,

  2. 2.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabedokumentation zu gewähren,

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

  3. 3.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Antragsgegners aufzuerlegen.

Der Nachprüfungsantrag sei bereits teilweise unzulässig.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, soweit die Antragstellerin unter Ziffer 2 auf S.11 ihres Antrages Fehler in der Grunddatei in Bezug auf verschiedene Schülerinnen und Schüler moniere, die von in ihren vorausgegangenen Rügen nicht erfasst wurden. Eine Rüge sei nur dann entbehrlich wenn der Bieter die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße erst im Laufe des Vergabeverfahrens erkennen konnte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Grunddatei sei von Anbeginn des Verfahrens bekannt gewesen, der diesbezügliche Vortrag mangels Rüge deshalb präkludiert.

Der Vortrag sei im Weiteren unzulässig, soweit die Antragstellerin sich auf Verstöße gegen § 7 EG Abs. 1 und Abs. 2 VOL/A berufe. Die Antragstellerin habe diesbezüglich nicht vorgetragen, warum ihr durch die behauptete Verletzung des § 7 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A ein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe. Die Eigenkapitalbescheinigung diene der Überprüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bieter im Sinne von § 7 EG Abs. 1 u. Abs. 2 VOL/A und habe keinerlei Auswirkungen auf deren Kalkulation.

Schließlich sei die Antragstellerin auch mit ihrem Vortrag hinsichtlich eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 7 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A präkludiert. Zwar habe die Antragstellerin bezüglich der Vorlage des Formblattes Eigenkapitalbescheinigung nach der Berufszugangsverordnung eine Rüge erhoben, jedoch rügte sie in diesem Zusammenhang keinen Verstoß gegen § 7 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A, wonach grundsätzlich Eigenerklärungen zu verlangen seien. Auch diesbezüglich sei nicht erkennbar, wie dieser vermeintliche Verstoß ihre Kalkulation hätte beinträchtigen können.

Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet.

Ein Verstoß gegen eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung gem. § 8 EG Abs. 1 VOL/A liege nicht vor. Nach dieser Vorschrift habe der Auftraggeber die Leistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber diese im gleichen Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote erwartet werden können. Dies habe der Antragsgegner getan, indem er den Bietern u. a. insbesondere die Grunddatei Stand 31.01.2014 mit zahlreichen detaillierten Informationen über die zu transportierenden Schülerinnen und Schüler als Kalkulationsgrundlage zur Verfügung gestellt habe.

Die Verpflichtung zur eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung sei dabei nicht grenzenlos. Der Auftraggeber sei nur dazu verpflichtet, die Informationen herauszugeben, über die er tatsächlich verfüge oder die mit zumutbarem Aufwand innerhalb angemessener Zeit beibringen könne. Dies gelte vorliegend umso mehr, als dass der gegenständliche Schülerbeförderungsvertrag eine Laufzeit von 2 Jahren und 5 Monaten vorsehe und die Leistung in der Erbringung flexibeler Beförderungsleistungen bestehe und nicht etwa in der mehr oder weniger statischen Auskehr von Diensten. Diesbezüglich verfüge der Auftraggeber nur über Erkenntnisse aus der Vergangenheit, die in der Grunddatei abgebildet würden. Es liege demgemäß in der Natur der Sache, dass der Auftraggeber zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung des Auftrages über die exakte Beschaffenheit der Beförderungen noch keine Kenntnis hatte. Welche Kinder zu welchem Zeitpunkt von welchem Ausgangspunkt zu welcher Schule konkret zu befördern seien stehe erst in der Zukunft fest.

Die Arten von Veränderungen, die über den Leistungszeitraum eintreten können, seien unter Ziffer 7 der Leistungsbeschreibung ausführlich dargestellt worden. Um den Bietern zu verdeutlichen, in welchem Umfang die ausgeschriebene Leistung diesen Veränderungen in der Vergangenheit unterlagen, habe der Auftraggeber die Veränderungen in den Schuljahren 2011/12 und 2012/13 mitgeteilt. Die Veränderungen bezögen sich auf einen Zeitraum, in dem die jetzt vorgenommene Losaufteilung noch nicht zur Anwendung kam. Folglich seien die Veränderungen nicht losweise, sondern auf den gesamten Leistungsgegenstand mitgeteilt worden.

Weitergehende Information darüber, wie sich die Leistung zu Vertragsbeginn und über die Vertragslaufzeit genau darstellen werde, seien dem Auftraggeber schlicht nicht möglich und somit auch nicht zumutbar. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass selbst eine fehlerhafte Leistungsbeschreibung eindeutig und erschöpfend im Sinne von § 8 EG Abs. 1 VOL/A sein könne, solange alle Bieter die fehlerhafte Leistungsbeschreibung in derselben Weise verstehen würden.

Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin, werde dem Auftragnehmer vorliegend auch kein ungewöhnliches Wagnis durch unzumutbare Preisanpassungsklauseln aufgebürdet.

Zum einem bestehe das Verbot der Überbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses seit der Novellierung der VOL/A im Jahr 2009 nicht mehr. Zum anderen werden dem Auftragnehmer durch die gegenständliche Leistungsbeschreibung keine ungewöhnlichen Wagnisse übertragen. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Risiken beträfen allesamt Risiken aus der Sphäre des Auftragnehmers. Eine Übertragung von Risiken, die dem Auftraggeber obliegen, finde nicht statt.

Hinsichtlich der Besetztkilometerleistung werde der Antragstellerin kein ungewöhnliches Wagnis auferlegt. Der Auftragnehmer trage das Risiko, die Leistung über die gesamte Vertragslaufzeit kostendeckend zu erbringen. Die in diesem Zusammenhang vom Auftraggeber verwendete Regelung gebe den Schwankungsbereich des Umfanges der Leistungen ohne Anpassung mit 25 % eindeutig an und begrenze damit das Risiko der zu leistenden Besetztkilometer eindeutig. Der Auftragnehmer sei mitnichten gezwungen, unbegrenzte Mengenschwankungen in Bezug auf die zu leistenden Besetztkilometer einzukalkulieren.

Gleiches gelte auch für den Fahrzeugbedarf. Die Planung der für die Leistungserbringung erforderlichen Ressourcen und damit des Leistungspreises sei ureigenstes Kalkulationsrisiko des Auftragnehmers. Zwar sei der Antragstellerin zuzustimmen, dass nicht absehbar sei, welche Schwankungen gerade zu Beginn des Schuljahres eintreten würden. Das liege aber in der Natur der Sache. Der Auftraggeber verfüge insoweit über keine gesicherten Erkenntnisse. Er habe den Bietern die ihm vorliegenden Informationen der letzten Jahre mitgeteilt. Als erfahrenes Fachunternehmen sei nunmehr die Antragstellerin gefordert, auf Basis ihres Expertenwissens eine entsprechende Kalkulation samt Risikoaufschlägen vorzunehmen. Durch das vertraglich zugesicherte Anpassungsrecht beim Fahrzeugbedarf werde das dem Bieter obliegende Preisrisiko weiter minimiert.

Auch die Planung des Zeitaufwandes für die Touren betreffe die Erstellung des Angebotes und falle damit eindeutig in den Aufgabenbereich der Bieter. Der Zeitaufwand pro Tour sei aber durch die zulässigen Maximalbeförderungszeiten der Kinder unmittelbar vorgegeben. Folglich bestehe für jede Tour eine zeitliche Obergrenze. Sobald diese nicht mehr eingehalten werden könne, seien die Kinder auf einer anderen Tour zu befördern. Sei die Beförderung auf bestehenden Touren nicht möglich, so werde die Installation eines weiteren Fahrzeugs inklusive Personal erforderlich. Dieses Fahrzeug fahre dann zusätzliche Besetztkilometer, die extra vergütet würden. Sofern ein Fahrzeug dauerhaft benötigt werde, bestehe ein Anpassungsrecht nach Ziffer 1.2.2 des Schülerbeförderungsvertrages.

Auch hinsichtlich der Ansetzung des Verbraucherpreisindexes liege das Risiko der Preisentwertung beim Bieter. Es bestehe seitens des Auftraggebers keine Verpflichtung, dieses Risiko zu mindern oder gar zu übernehmen. Indem der Auftraggeber dennoch eine Koppelung an den Verbraucherpreisindex vorgenommen habe, übernehme der Auftraggeber einen Teil des den Bietern obliegenden Preisrisikos. Hierin liege ein Entgegenkommen des Auftraggebers und nicht etwa eine Rechtsverletzung der Bieter.

Schließlich habe die Antragstellerin in Bezug auf die Praktikumsfahrten vorgetragen, dass sie durch deren Nichtberücksichtigung in der Musterwoche in ihren Rechten verletzt würde. Diesbezüglich habe der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gegeben, wie viele Schüler über welchen Zeitraum ein Praktikum absolviert hätten. Folglich stellten sich die Praktikumsfahrten als Veränderung der regulären Beförderungsleistung dar. Als solche würden sie auch behandelt. Eine gesonderte Berücksichtigung in der Musterwoche sei demnach nicht erforderlich. Sofern durch die Praktikumsfahrten die Grenzen der vertraglichen Anpassungsrechte überschritten würden, lösten sie allein oder im Verbund mit anderen über das Jahr auftretenden Veränderungen einen Anpassungsanspruch aus.

Nach alledem lägen keine unzumutbaren Preisanpassungsklauseln vor.

Soweit die Antragstellerin vermeintliche Verstöße gegen § 7 EG Abs. 1 Satz 1 und 2 vortragen habe, sei dieser nicht nur unzulässig sondern auch ungegründet. So komme es vergaberechtlich nicht darauf an, dass die angeführte Berufszugangsverordnung auf den hier zu vergebenden Auftrag nicht anzuwenden sei. Der Antragsgegner habe sich in vergaberechtskonformer Art und Weise dieses Formblattes bedient, weil er dies für eine geeignete Grundlage zur Überprüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistung erachtet habe. Unabhängig davon sei auch nicht ersichtlich, inwieweit diese Forderung eine Rechtsverletzung der Antragstellerin bewirken solle. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen den grundsätzlichen Vorrang von Eigenerklärungen vor. Der Antragsgegner habe in Ziffer III.2.2 der maßgeblichen EU-Bekanntmachung ausdrücklich nur eine Eigenerklärung der Bieter verlangt.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vorträge der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

1. Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren finden die Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung vom 15.10.2013 und die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13. Dezember 2013 zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG, 2004/18/EG Anwendung. Das streitbefangene Vergabeverfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2014 eingeleitet.

2. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Der Antragsgegner Landkreis xxxxxx ist eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB, somit öffentlicher Auftraggeber i. S. d. 4. Teils des GWB. Der Antragsgegner beabsichtigt, mit dem entgeltlichen Vertrag über eine Dienstleistung einen öffentlichen Auftrag gemäß § 99 Abs. 4 GWB zu vergeben.

Der Auftrag übersteigt gemäß der Kostenschätzung im Vergabevermerk (Akte 1 Bl. 89) den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Artikel 1 setzt für Sektorenauftraggeber andere Schwellenwerte fest als Artikel 2 für allgemeine Dienstleistungsaufträge.

Bei den verfahrensgegenständlichen Leistungen handelt es sich um die Vergabe von freigestelltem Schülerverkehr im Landkreis xxxxxx. Es handelt sich nicht um eine Verkehrsleistung gemäß Art. 5 der Sektorenrichtlinie 2004/17-EG. Unter Verkehrsleistungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der VKR 2004/17-EG fallen nur solche Dienstleistungen, die der Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen dienen. Bei dem Transport von Schülern handelt es sich zwar um eine Verkehrsleistung, jedoch dient sie nicht der Allgemeinheit. Daher sind diese Verkehre aufgrund des § 57 Abs. 1 Nr. 8 PersBefG 2013 durch die Freistellungsverordnung vom 30.08.1962 von den Vorschriften des PersBefG freigestellt (vgl. § 1 Nr. 4 g FreistellungsVO). Somit ist hinsichtlich der Überschreitung des Schwellenwertes die Regelung zur Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden. Der gemäß Art. 2 Ziffer 1 b) der VO 1336/2013 für Dienstleistungsaufträge maßgebliche Schwellenwert beträgt 207.000 €. Dieser Wert ist überschritten.

Die Antragstellerin ist im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Danach darf jedes Unternehmen einen Nachprüfungsantrag stellen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Die Antragstellerin trägt vor, dass sie aufgrund unzumutbarer Vertragsregelungen, die keine kaufmännisch vernünftige Kalkulation zulassen, daran gehindert sei, ein seriös kalkulierbares Angebot vorzulegen. Insbesondere sei es unzumutbar, dass ihr erst ab einer Änderung des Auftragsvolumens von mehr als 25 % zugebilligt werde, einen anderen Besetztkilometerpreis zu fordern als nach ihrem Angebot vorgesehen. Auch die alternative Regelung, dass eine Preisänderung des jeweiligen Besetztkilometerpreises zulässig sei, wenn sich die Zahl benötigter Fahrzeuge ändere, sei nicht ausreichend. Sie trägt vor, durch diese Regelung müsse sie kurzfristige Belastungsspitzen von mehr als 25 % ohne eine Änderung des Besetztkilometerpreises hinnehmen, weil erst die Mehr- oder Minderleistung von 25 % über ein ganzes Jahr hinweg dazu berechtige, einen anderen Besetztkilometerpreis zu fordern. Gleiches gelte für planbare Belastungsspitzen, wie Praktikumsfahrten. Zudem sei die Grunddatei fehlerhaft, daher die Leistungsbeschreibung nicht eindeutig und erschöpfend. Die Grunddatei enthalte zu einzelnen Schülern unrichtige Angaben und darüber hinaus nicht immer die notwendigen Informationen, zum erforderlichen Typ des einzusetzenden Fahrzeugs. Verbindliche Vorgaben der Schulen zur Schülerbeförderung seien nicht vollständig abgebildet worden und die Veränderungen im Schülerbestand zum Schuljahreswechsel seien zwar für die vergangenen Jahre dargestellt, jedoch nicht nach den einzelnen Losen getrennt aufgeschlüsselt, sondern nur als Gesamtzahl für alle acht Lose. Es sei daher für das einzelne Los nicht abschließend erkennbar, in welchem Umfang hier Veränderungen drohten. Überdies sei sie zu Unrecht abgefordert worden, eine Eigenkapitalbescheinigung durch Erklärung eines Dritten vorzulegen.

Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin schlüssig darlegt, dass sie den Zuschlag bei vergabekonformem Verhalten des Antragsgegners auch tatsächlich erhalten hätte. Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrags (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06, Ziff. 1a, zitiert nach VERIS). Erst wenn die Zuschlagserteilung auf das Angebot der jeweiligen Antragstellerin von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen ist, weil z.B. etwaige Gründe zum Ausschluss der Antragstellerin evident vorliegen, führt dies zum Wegfall der Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB (Kadenbach in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht-Kompaktkommentar, 3. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 39). Die Vergabekammer vermag eine solche Evidenz nicht zu erkennen.

Die Antragstellerin hat die von ihr im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Vergabeverstöße auch rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 28.03.2014 umfangreiche Rügen erhoben, die sie mit weiterem Schreiben vom 15.04.2014 modifiziert bzw. erweitert hat. Diese erhält sie aufrecht, soweit der Antragsgegner dem nicht abgeholfen hat. Bei der fortlaufend modifizierten Rüge, die Grunddatei enthalte Fehler, handelt es sich nicht um eine Vielzahl einzelner Rügen zu den jeweils behaupteten Unrichtigkeiten der Grunddatei, sondern nur um eine Rüge mit dem Inhalt, dass diese Grunddatei unrichtig sei. Diese Rüge enthält allerdings diverse Unterpunkte und Modifikationen. Es ist für eine wirksame Rügeerhebung nicht erforderlich, jeden Fehler einzeln zu benennen. Vielmehr genügt die konkrete Bezeichnung einiger Fehler in der Grunddatei, um den Antragsgegner zu veranlassen, diese Datei insgesamt zu überprüfen. Eine in der Eile des Angebotsverfahrens abgegebene Rüge muss nicht allumfassend sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 20.03.2014, Verg 17/13). Es genügt, wenn die Rüge die gesamte Problematik verständlich umschreibt. Es würde überspannte Anforderungen an das Rügeerfordernis stellen, wenn dem jeweiligen Antragsteller abschließend auferlegt würde, bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist alle Fehler einer bestimmten Datei abschließend zu benennen.

Allerdings darf die Antragstellerin die ihr bekannten Fehler nicht zurückhalten. Die Rügeobliegenheit findet ihre Rechtfertigung in dem besonderen vorvertraglichen Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Bietern, das spätestens mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen entsteht und durch wechselseitige Rechte und Pflichten, insbesondere den Grundsatz von Treu und Glauben geprägt ist (Hattig in: Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht, 2. Auflage 2014, § 107 GWB, Rdnr. 64). Für ein bewusstes Zurückhalten einzelner Fehler der Grunddatei sind hier allerdings keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar. Die fortlaufende Modifizierung der von der Antragstellerin gerügten Fehler in der Grunddatei ist lediglich eine Konkretisierung der mit der Rüge vom 28.03.2014 geltend gemachten Fehlerhaftigkeit dieser Grunddatei (vgl. VgK Niedersachsen, Beschluss vom 13.02.2012, VgK-02/2012).

Soweit die Antragstellerin den Einwand erhebt, von ihr sei erstmals in den Vergabeunterlagen eine Eigenkapitalbescheinigung gefordert worden, zudem nicht als Eigenerklärung, sondern als Fremddokument, ist sie hiermit nicht präkludiert. Die Antragstellerin hat dies bereits auf Blatt 25 der Rüge vom 28.03.2014 moniert. Die vom Antragsgegner vorgenommene Aufspaltung dieses Sachverhalts in die Anforderung einer Eigenkapitalbescheinigung einerseits und die Anforderung einer Fremderklärung andererseits ist nach den obigen Ausführungen zur notwendigen Konkretisierung der Rüge nicht geeignet, eine teilweise Rügepräklusion zu begründen.

Soweit sich die Antragstellerin mit ihrer fortlaufend modifizierten Rüge gegen die angebliche Überwälzung eines ungewöhnlichen Wagnisses wendet, ist sie gleichfalls nicht präkludiert, da sie diese Rüge dem Grunde nach erstmals am 28.03.2014 erhoben hat und nach der Teilabhilfe vom 09.04.2014 des Antragsgegners innerhalb einer Woche mit weiterer Rüge vom 15.04.2014 unverzüglich angepasst und weiterverfolgt hat. Die geänderte Rüge vom 15.04.2014 innerhalb einer Woche nach Erhalt der ergänzenden Informationen durch den Antragsgegner ist unverzüglich gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB erhoben worden.

3. Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer in dem hier zu entscheidenden Einzelfall kein ungewöhnliches Wagnis oder unzumutbares Risiko, wenn er den der Abrechnung zugrunde gelegten Besetztkilometerpreis bis zu einer Abweichungstoleranz von 25% nach oben und unten gegenüber den vom Auftragnehmer angebotenen Zahlen fixiert (nachfolgend zu a). Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, eine Preisanpassungsklausel anhand des Verbraucherpreisindexes vorzusehen (nachfolgend zu b). Da die Angebotskalkulation wegen der ständig wechselnden Auftragsvolumina nicht anhand des aktuellen Bedarfs, sondern anhand eines zu einem zeitnahen Stichtag gegriffenen Musterbedarfs erfolgen soll, ist es unschädlich, wenn der ausschließlich der Angebotskalkulation dienende Musterbedarf am Stichtag vom aktuellen Tagesbedarf abweicht, oder einzelne Fehler enthält (nachfolgend zu c). Die unzureichend dokumentierte (nachfolgend zu e) Forderung sachlich nach Aktenlage nicht gerechtfertigter Eignungsnachweise verletzt die Antragstellerin nicht so sehr in ihren Rechten, dass eine Maßnahme nach § 114 GWB geboten ist, da sie gleichwohl in der Lage war, die geforderten Eignungsnachweise vorzulegen (nachfolgend zu d). Eine gleichwohl ausgesprochene Zurückversetzung der Vergabe würde dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz widersprechen.

a) Der Antragsgegner verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, indem er einen Entgeltanpassungsanspruch erst zulässt, wenn einer von zwei internen Auslösern eintritt, nämlich in Ziffer 1.2.1 den Anpassungsanspruch aufgrund einer langfristig veränderten Fahrleistung oder gemäß Ziffer 1.2.2 aufgrund eines langfristig veränderten Fahrzeugbedarfs. Beide Schwellen, sowohl die über die Dauer eines Schuljahrs um 25 % nach oben und unten von der angebotenen Anzahl der Besetztkilometer abweichende Fahrleistung oder ein Mehr- oder Minderbedarf von einem Fahrzeug jeweils je Los sind hoch angesetzte Schwellen für die Anpassung des Entgeltes. Die Antragstellerin sieht darin die Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses.

Die Vergabekammer Niedersachsen geht auch nach In-Kraft-Treten der VOL/A 2009 davon aus, dass das Verbot der Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse im Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A enthalten und damit weiterhin im Vergabeverfahren zu beachten ist, obwohl das ungewöhnliche Wagnis gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A a. F. sich in der aktuellen VOL/A nicht mehr ausdrücklich wiederfindet (vgl. Beschlüsse vom: 4.10.2011, VgK-26/2011; 03.09.2012 VgK-28/2012, 03.09.2012 VgK-29/2012; ebenso OLG Dresden, Beschluss vom 19.05.2011 - 1/SVK/015/11; OLG Jena, Beschluss vom 22.08.2011 - 9 Verg 2/11). Einige Oberlandesgerichte kommen auf dogmatisch abweichendem Weg zu vergleichbaren Ergebnissen. Danach sei dieses Verbot mit dessen Wegfall nicht mehr existent. Gleichwohl sei es Sinn und Zweck des § 8 EG Abs. 1 VOL/A, dass die Grenzen der Zumutbarkeit für eine vernünftige kaufmännische Kalkulation einzuhalten seien (vgl. OLG München, Beschluss vom 06.08.2012, Verg 14/12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2011, Verg 54/11, und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011, Verg 96/11). Damit besteht unabhängig von der dogmatischen Herleitung kein praktischer Anwendungsunterschied zwischen beiden Auffassungen. Der öffentliche Auftraggeber muss den Anbietern die ihm zugänglichen Parameter, die das Kalkulationsrisiko begrenzen können, aus Gründen der Zumutbarkeit oder aufgrund des Gebotes der erschöpfenden Leistungsbeschreibung vollständig bekanntgeben.

Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit nach § 8 EG Abs. 1 VOL/A unzulässig oder unzumutbar ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04; VK Bund, Beschluss vom 06.05.2005, VK III 28/05). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 EG Abs. 1 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen.

Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK-74/2009). Ob damit die Grenzen der Zumutbarkeit für eine vernünftige kaufmännische Kalkulation überschritten sind, kann nicht abstrakt anhand allgemeiner Grundsätze dargestellt werden, sondern ist aufgrund der branchenspezifischen Risiken im Einzelfall sorgfältig gegeneinander abzuwägen.

Der öffentliche Auftraggeber muss bestehende Mengenrisiken nicht zu seinen Lasten übernehmen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.04.2013, VII - Verg 50 / 12). Er wird die Überwälzung von Risiken möglicherweise mit Wagnisaufschlägen bezahlen müssen, aber es ist nicht Aufgabe der Vergabenachprüfungsinstanzen, ihm eine möglichst billige Kalkulation aufzudrängen (VK Rheinland-Pfalz, 20.09.2012 - VK 2-25/12). Andererseits ist die Vorgabe des zu vergebenden Auftragsvolumens eine nicht entbehrliche Grundlage jeder Kalkulation. Fehlt sie vollständig, so sind vergleichbare Angebote nicht mehr zu erwarten (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2011, 1 VK 25 / 11, zit. nach VERIS).

Hier ist der Antragsgegner als Auftraggeber von erheblichen Bedarfsrisiken betroffen. Es handelt sich bei den freigestellten Schülertransporten um individuelle Einzelschicksale, die nicht wie eine normale Schülerlaufbahn im Voraus planbar und damit regelmäßig zu kalkulieren sind. Dagegen sind nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung aufgrund der zum Schuljahr 2013 beschlossenen, in Umsetzung befindlichen Inklusion keine erheblichen Änderungen des Transportbedarfes mehr zu erwarten. Von den 185 derzeit in den Losen 6 - 8 beförderten Kindern besuchen nur 44 noch eine Förderschule, die anderen 141 Kinder nehmen bereits am Unterricht der regulären Schulen teil. Planerische Risiken leitet der Antragsgegner vielmehr aus den Folgewirkungen des NTVerG ab. Diese betreffen jedoch nicht den Umfang der Transportleistungen, sondern die Höhe der dafür zu leistenden Vergütung.

Es verbleiben somit lediglich die durch Krankheiten, Schulausfälle und Sonderfahrten wie Praktikumsfahrten entstehenden tendenziell kurzfristigen Bedarfsschwankungen. Die teilweise dramatischen Ausführungen der Antragstellerin zur möglichen Höhe dieser kurzfristigen Schwankungen verlieren an Relevanz, wenn man berücksichtigt, dass sie als derzeitige Auftragnehmerin diese Schwankungen tatsächlich zu meistern vermag, ohne dass der Antragsgegner Zweifel an ihrer fachlichen Leistungsfähigkeit dokumentiert hat.

Die Bedarfsschwankungen sind zu bestimmten Zeiten wie Schuljahresbeginn, Grippezeit oder Praktikumsphasen erwartbar eher höher, im Übrigen abgesehen von statistischen Ausreißern eher geringer. Es ist daher zu prüfen, ob der Antragsgegner diese Risiken zunächst in vollem Umfang bis zu der großen Abweichungstoleranz von 25 % nach oben und nach unten dem Auftragnehmer auferlegt. Wenn sich das bestätigt, ist zu prüfen, ob es einen sachlichen Grund für die Verlagerung des Risikos auf den Auftragnehmer gibt, oder damit die Schwelle des ungewöhnlichen Wagnisses oder der unzumutbaren Kalkulation überschritten ist.

Bei den sogenannten Taumittelfällen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2011, WVerg 0004 / 11) wird das Maximum der zulässigen Abweichungstoleranz schon bei je 10 % nach oben und unten gesehen, auch weil der Auftraggeber Mehrbeschaffungen einlagern kann. Die Dienstleistung Schülertransport ist dagegen eine raumzeitlich bestimmte Fixleistung. Sie ist nur zu einem bestimmten Zeitpunkt (auf 2 Minuten pünktlich, Akte I Blatt 243 f) an einem vorgegebenen Ort erbringbar, nicht nachholbar. Der Auftraggeber kann sie nicht später sinnvoll nutzen.

Der Auftraggeber hat also keine Möglichkeit, aus vergeblichen Anfahrten Nutzen zu ziehen. Gleichwohl enthält Ziffer 7.1 der Leistungsbeschreibung (Akte I Blatt 60, 241f) eine Regelung, wonach der Auftragnehmer in den ersten 5 Tagen einer Krankheit die Tour nicht anzupassen hat, folglich also die auf das kranke Kind entfallenden Besetztkilometer erbringen und abrechnen kann. Der Antragsgegner fängt damit das Abnahmerisiko der Antragstellerin zu seinen eigenen Lasten teilweise ab, es liegt keine vollständige Risikoverlagerung vor.

Das OLG Düsseldorf hat zur alten VOL/A 2006 mit dem darin noch ausdrücklich enthaltenen Begriff des "ungewöhnlichen Wagnisses" ausgeführt: "Die objektive und unvermeidbare Ungewissheit über das künftige Auftragsvolumen durfte (der Auftraggeber) somit als branchenspezifisches Auslastungsrisiko an den Auftragnehmer weiterreichen. Aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit und des Nichtbestehens eines Formen- und Typenzwangs im Zivilrecht können die Vertragsparteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos der Dienstleistung vom Dienstherrn auf den Auftragnehmer bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) vereinbaren. Risiken (Wagnisse) fallen dann in die Sphäre des öffentlichen Auftragsgebers und dürfen nicht dem Auftragnehmer auferlegt werden, wenn das jeweilige Risiko auf Umständen und Ereignissen beruht, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat, das Risiko nach Art und Umfang ungewöhnlich ist und die Einwirkung des Risikos auf Preise und Fristen durch den Auftragnehmer nicht geschätzt werden kann. Aus dieser Vorschrift folgt nicht, dass die Verlagerung eines Wagnisses per se unzulässig ist. Die Verlagerung von Wagnissen, die auf Umständen und Ereignissen beruhen, auf die der Auftragnehmer Einfluss hat, und/oder deren Einwirkungen auf die Preise er schätzen kann, ist vergaberechtlich nicht unzulässig" (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.11.2009, VII - Verg 19 / 09; a.A. noch VK Bund, Beschluss vom 15.05.2009, VK 3 - 127 / 09).

Die um kurzfristige Krankheiten reduzierten Bedarfsschwankungen sind für die Antragstellerin kalkulierbar.

Der Antragsgegner hat keine Veranlassung, eine Bestandsgarantie für die dem Angebot zugrunde liegende Zahl der zu befördernden Kinder zu übernehmen. Die Zahl der zu leistenden Besetztkilometer sinkt nicht linear mit jedem Schüler, der aus einem Transportlos entfällt. Vielmehr führt gerade bei den größeren kreisinternen Losen 6 bis 8 und den großvolumigen Transporten zu Schulen außerhalb des Kreises der Lose 4 und 5 eine sinkende Zahl der zu transportierenden Schüler zwar zu einer geringeren Auslastung der Sitze im jeweils eingesetzten Fahrzeug, aber nicht sofort zu einer relevanten Reduzierung der anfallenden Besetztkilometer. Die Zahl der Besetztkilometer ändert sich zunächst nur in dem geringen Umfang, indem die Wohnortadressen wegfallen. Die Transportstrecke bleibt. Die anstehenden Veränderungen führen also nicht sofort zu einem hohen Ausfallrisiko, sondern nur zu kleineren Umplanungen.

Bei den kleineren Losen 1 bis 3 wird dagegen aufgrund der geringeren Fahrzeuganforderungen schnell die vom Antragsgegner gesetzte Nachverhandlungsschwelle, dass ein Fahrzeug nicht mehr benötigt wird, erreicht. Ein Verstoß gegen die zur alten Rechtslage entwickelten Vorgaben, erst recht nicht gegen eine auftraggeberfreundlichere Interpretation zur Last des Verwenderrisikos aufgrund der EG-VOL/A 2009 ist im Verhalten des Antragsgegners nicht ersichtlich.

Der Antragsgegner hat keine Veranlassung, das Risiko für die zu beschaffenden Fahrzeuge partiell oder ganz zu übernehmen. Die Antragstellerin setzt derzeit ca. 70 bis 80 Fahrzeuge für alle Lose ein. Davon haben nur 15 eine Sondervorrichtung für Rollstühle. Auch die von ihr für den Auftrag vorzuhaltenden personellen Reserven sind nicht ausschließlich für diesen Auftrag verwendbar, sondern können ergänzend im (Personen)-Kraftverkehr eingesetzt werden. Daher ist der Auftraggeber nicht alleiniger Abnehmer dieser Leistungsart und hat nach der obigen Rechtsprechung somit keine Veranlassung, sich am Verwendungsrisiko zu beteiligen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist eine Kalkulation für Schülertransportleistungen auch nicht übermäßig kompliziert. Ausfälle und kurzfristige Leistungsänderungen gehören branchentypisch zum Risikoprofil freigestellter Schülertransporte. Bei der Beförderung von aktuell bis zu 313 Schülern (in 8 Losen) ist es nicht möglich, den Fahrzeugpark ohne das Vorhalten von Reservefahrzeugen zu bemessen, insbesondere dann nicht, wenn die eingesetzten Fahrzeuge bis zu 10 Jahre alt sein dürfen (Leistungsbeschreibung Ziffer 14.2). Eine solide Kalkulation muss daher Reservefahrzeuge und auch Reservefahrer enthalten, um kurzfristige Ausfälle auf der Auftragnehmerseite oder Mehrleistungen von der Auftraggeberseite abfedern zu können.

Der Antragsgegner hat schließlich zugunsten aller Auftragnehmer davon abgesehen, eine Rahmenvereinbarung gemäß § 4 EG Abs. 1 VOL/A zu vergeben. Hätte sich der Antragsgegner der Argumentation der Antragstellerin angeschlossen, dass die Leistungsbeschreibung mit dem künftigen Vertragsumfang identisch sein muss, wäre er wahrscheinlich zum Ergebnis gekommen, dass das Auftragsvolumen nicht abschließend festgelegt werden kann. Ihm hätte dann die Möglichkeit eines Rahmenvertrages offengestanden. Damit hätte er die Schülerbeförderung aufgrund des konkreten Beschaffungsbedarfs (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012, 15 Verg 9/12) ohne eine Mindestabnahme (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012, Verg 91/11) und ohne Änderungsoption für die Preise als Rahmenvertrag vergeben können. Dies hätte die Unsicherheiten auf der Seite der Auftragnehmer deutlich erhöht, ohne sie in ihren Rechten zu verletzen. Ob die Verpflichtung der Antragstellerin, mit der Beschaffung der Transportfahrzeuge in Vorleistung zu treten, den Antragsgegner an der Vergabe nach dem Rahmenvertragsmodell hindert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013, Verg 4/13) hat die Vergabekammer nicht zu entscheiden. Der Antragsgegner hat jedenfalls bei der Gestaltung der Vergabe nicht das Modell gewählt, welches die Risiken in größtmöglichem Umfang den Anbietern auferlegt, sondern einen branchenspezifisch vertretbaren Abnahmekorridor mit festgelegten Preisen zugesichert, und einzelnen Risiken selbst übernommen. Das erlaubt eine zwar risikobehaftete, gleichwohl nicht mit ungewöhnlichem Wagnis behaftete Kalkulation.

Die Antragstellerin hat in durchaus beeindruckender Weise vorgetragen, dass sie hohe Ansprüche an die Transportdienstleistung hat. Sie erwartet von ihren Fahrern, dass diese ihre Kinder kennen müssen, um mit deren Besonderheiten umzugehen. Sie fordert von ihren Fahrern, sich einmal bei den Familien vorzustellen, um Vertrauen herzustellen. Das sind lobenswerte interne Anforderungen, die sicher geeignet sind, den Schülertransport reibungslos und zur Zufriedenheit der Eltern abzuwickeln. Es mag sein, dass sich nicht alle dieser Anforderungen mit Handreichungen für die ggf. wechselnden Fahrer zu den einzelnen Touren erfüllen lassen. Solche hohen qualitativen Ansprüche hat aber der Antragsgegner im alleinigen Zuschlagskriterium "Preis" nicht abgebildet. Er hat vielmehr in Ziffer 18 der Leistungsbeschreibung allgemeine und inhaltlich geringere Anforderungen an die Beförderung gestellt. Der Antragsgegner geht daher in der Leistungsabforderung von allseits einsetzbaren Fahrern ohne besondere Beziehung zu den Kindern aus. Wenn die Antragstellerin aus eigenem Antrieb eine höhere Qualifikation liefern will, führt dies trotz höheren Personaleinsatzes bei dieser Vergabegestaltung nicht zu besseren Zuschlagschancen.

Die Vergabekammer sieht aufgrund der obigen Erwägungen die getroffene Regelung unter Ziff. 1.2.1 und 1.2.2 des Schülerbeförderungsvertrages als in diesem Einzelfall zulässige Konkretisierung der in § 2 Nr. 3 VOL/B enthaltenen Preisanpassungsregel an. Die Höhe der Abweichungstoleranz von 25 % der Besetztkilometer nach oben und untern scheint zunächst erheblich zu sein.

§ 2 Nr. 3 VOL/B enthält aber keine dem § 2 Abs. 3 Nr. 1, 2 VOB/B vergleichbar konkrete Regelung, wonach innerhalb eines Korridors von 10 % Abweichung von den angegebenen Mengenangaben dieselben Einheitspreise gelten, bei Mengenabweichungen darüber hinaus eine Vereinbarung über den Einheitspreis zu treffen ist. Es ist also im Bereich der EG-VOL/A zulässig, im Einzelfall andere Regelungen vorzugeben, solange diese nicht einseitig den Anbieter belasten.

Die Vergabekammer sieht in der Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 3 VOL/B keineswegs nur eine (hier untersagte) Befugnis zur Preiserhöhung des Auftragnehmers, sondern ebenso die Möglichkeit, dass diese Regelung Preissenkungen wegen Minderkosten erlaubt. Da die Abeichungstoleranz nach oben und unten gleichermaßen ausgedehnt ist, schützt sie auch die Antragstellerin vor einer Preissenkung aufgrund niedrigerer Besetztkilometer.

Überdies besteht bei einer nicht von Beginn an erfolgten Definition zur nicht wesentlichen, also die Grundlagen des Preises verändernden Erweiterung des Auftragsgegenstandes die Pflicht des Auftraggebers, die Vertragserweiterung neu zu vergeben (Krohn, NZBau 2008, 619ff 624f). Daher ist der nicht einseitig vorgegebene, sondern zuvor vom Anbieter mit allen Wagnisreserven kalkulierte und schließlich von ihm im Angebot unterzeichnete Preis je Kilometer für den Anbieter nicht ausschließlich eine Belastung, sondern in gleichem Maße auch ein Schutz vor Preissenkungen aufgrund des oben geschilderten Risikos einer geringeren Leistungsabfrage. Zugleich definiert diese Regelung die Grenze, bis zu der die Antragstellerin bei einer Volumenerweiterung vor einer neuen Vergabe mit konkurrierenden Anbietern geschützt ist.

Da die etwaigen Mehrleistungen nicht unentgeltlich zu erbringen sind, sieht die Vergabekammer kein ungewöhnliches Wagnis (so auch für eine Mengenabweichung von 25 % ohne die hier verwendete ergänzende Regelung eines Mehrbedarf von Fahrzeugen, OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12).

Die Argumentation der Antragstellerin, dass für das erste Jahr keine Anpassung möglich sei, ist unzutreffend. Da sich erst nach einem Jahr feststellen lässt, ob der Schwellenwert von 25 % Mehr- oder Minderleistung erreicht ist, ist eine rückwirkende Festlegung des Besetztkilometerpreises der logische Weg, so wie bei einer Nebenkostenabrechnung für Mietwohnungen. Die weiteren Einwendungen wie die Forderung nach einer Tarifstruktur ähnlich der des Taxigewerbes mit Innerorts- und Außerortstarifen missverstehen die Befugnis des Auftraggebers, den Vergabegegenstand zu bestimmen.

Der Antragsgegner hat das Risiko der Antragstellerin durch den zweiten unabhängig greifenden Anpassungsanspruch aufgrund des nachgewiesenen geänderten Fahrzeugbedarfs begrenzt, damit wohl bewusst die Bedenken in der obige Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12) umgesetzt. Dieser zweite Anpassungsanspruch tritt schon bei einer sehr geringen Abweichung der gefahrenen Besetztkilometer ein, und entlastet die Antragstellerin insbesondere dann von kalkulatorischen Risiken, wenn Kinder mit besonderen Transportbedürfnissen nicht mehr oder anders befördert werden müssen, so dass das bisher verwendete Fahrzeug nicht mehr zusätzlich auf anderen Routen eingesetzt werden kann. Ein ungewöhnliches Wagnis oder ein unzumutbares Kalkulationsrisiko durch den erst bei langfristiger Bedarfsänderung entstehenden Anpassungsanspruch vermag die Vergabekammer aufgrund der obigen Ausführungen zu den vorzuhaltenden Reserven nicht zu erkennen. Die Vergabekammer sieht hier keine Veranlassung, dem Antragsgegner, der sich bewusst unterhalb der Schwellen obergerichtlicher Entscheidungen bewegt, aus eigener Anschauung heraus, im Nachhinein strengere Auflagen aufzuerlegen, als vom OLG München entschieden. Mit einer solchen abweichenden Wertung würde die Gestaltung von Vergabeunterlagen für die Auftraggeber zu einem nicht mehr vorhersehbaren Wagnis.

b) Der Antragsgegner verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihren Rechten, indem er einen Entgeltanpassungsanspruch nur bei Eintritt eines von zwei beschriebenen externen Auslösern zulässt, nämlich einer Änderung der Gesetzeslage, insbesondere der Änderung des Nds. Tariftreue- und Vergabegesetzes, sowie einer Änderung des Verbraucherpreisindexes von 5 Prozentpunkten im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr (Akte 1 Blatt 247).

Durch den Entgeltanpassungsanspruch aufgrund der Gesetzesänderung (NTVergG) ist die Antragstellerin unstreitig nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Steigerung des Verbraucherpreisindexes von 5 % als Auslöser für einen weiteren Entgeltanpassungsanspruch (Akte 1 Blatt 247) erscheint zunächst als in der Höhe üblich. Allerdings hat der Antragsgegner mit der Verknüpfung zum jeweiligen Vorjahr und nicht zum ersten Jahr des Vertragsschlusses eine hohe Schwelle für die Preisanpassung gesetzt, die seit 1992 nicht mehr erreicht worden ist. Dennoch ist eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin hier nicht erkennbar. Bereits zur alten Rechtslage der Auferlegung des ungewöhnlichen Wagnisses hatte das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09.07.2003, Verg 26/03; ebenso OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2008 - 1 Verg 9/08) entschieden, dass selbst der Ausschluss einer Entgeltanpassung über einen längeren Zeitraum nicht dazu führe, dass dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt werde. Es falle in den Risikobereich des Bieters, wenn bei einem unverändert bleibenden Leistungsgegenstand seine Lieferkosten aufgrund veränderter gesetzlicher (oder wirtschaftlicher) Rahmenbedingungen steigen. Der Auftraggeber bürde dem Auftragnehmer deshalb kein ungewöhnliches Wagnis auf, wenn er für derartige Steigerungen der Verwertungs- und Beseitigungskosten eine Entgeltanpassung ausschließe. Es sei vielmehr Sache des Auftragnehmers, für derartige Kostensteigerungen Vorsorge zu treffen, und sie durch einen entsprechenden Wagniszuschlag in seiner Preiskalkulation zu berücksichtigen. Dies gilt erst recht nach Wegfall des ausdrücklich formulierten Verbots, dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis aufzuerlegen.

Dem schließt sich die Vergabekammer an. Preisgleitklauseln oder Anpassungsklauseln sind ein probates Mittel des Auftraggebers, den Angebotspreis weitestmöglich zu senken. Dazu ist er aber nicht verpflichtet, insbesondere nicht gegenüber den Anbietern. Das gilt sowohl für die hier zugrunde gelegten allgemeinen Preissteigerungen als auch für die von der Antragstellerin geforderten spezifischen Preissteigerungen für Treibstoff und übrige Fahrzeugkosten, die konkret in Abteilung 7 "Verkehr" des Verbraucherpreisindexes abgebildet werden http://www.destatis.de .Aus der Darstellung dort werden die vorgetragenen exorbitanten Schwankungen in den letzten Jahren nicht bestätigt.

c) Die von der Antragstellerin geltend gemachten Fehler in der Grunddatei führen nicht zu einer Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Abs. 1, § 97 Abs. 7 GWB. Ebenso liegt kein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 EG VOL/A vor. Gemäß § 97 Abs. 1 GWB beschaffen öffentliche Auftraggeber Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. Gemäß § 97 Abs. 7 GWB haben die Unternehmen ein Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.

Der Begriff der Transparenz wird auch in § 8 EG Abs. 1 VOL/A konkretisiert. Die Leistung ist eindeutig und erschöpfend so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind (Leistungsbeschreibung). Der Antragsgegner hat die Leistung sehr umfangreich und sehr detailgenau beschrieben. Es ist zu erwarten, dass alle Bewerber diese Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen. Es ist daher auch zu erwarten, dass miteinander vergleichbare Angebote eingehen werden. Der Antragstellerin ist allerdings zuzustimmen, dass diese Angebote sich nicht vollständig auf die ab dem September zu erbringende Dienstleistung beziehen werden.

Der Antragsgegner hat klargestellt, dass die Leistungsbeschreibung sich auf einen Zeitpunkt der Vergangenheit bezieht, nämlich den 31.01.2014. Er hat zugleich verdeutlicht, dass die in der Zukunft zu erbringende Leistung eine andere sein wird, nämlich die aufgrund der Schülerzahlen des Schuljahres 2014/2015 mit den zahlreichen geänderten Transportvorgaben und Transportbedingungen, die durch den Schulwechsel, Krankheitsausfälle etc. entstehen werden. Gleichwohl sollten die Bewerber aufgrund der Leistungsbeschreibung zum überholten Zeitpunkt 31.01.2014 für eine Woche einen Preis kalkulieren. Diese Musterkalkulation hat nur die Aufgabe, miteinander vergleichbare Preisangebote der verschiedenen Bewerber zu schaffen. Deren Preis ergibt sich aus dem jeweiligen Besetztkilometerpreis und einer möglichst geschickten und im Interesse des Antragsgegners kostengünstigsten Zusammenstellung der Transporttouren bei dennoch vollständiger Berücksichtigung der objektiven Anforderungen an die Art des Transports und die engen zeitlichen Vorgaben.

Aus der Summe der kalkulierten Besetztkilometer ergibt sich auch eine deutliche Indizwirkung des jeweiligen Angebots für die Auftragsvergabe. Der Anbieter und spätere Auftragnehmer wird auffällige Abweichungen von den im Angebot ausgewiesenen Routen sachlich mit Veränderungen in der Menge oder der technischen Anforderungen des Transportbedarfs begründen müssen.

Die von der Antragstellerin geltend gemachten berechtigten Fehler in der Grunddatei konnten nur von ihr gerügt werden, da sie als derzeitige Auftragnehmerin für den Schülertransport die einzige Anbieterin ist, die vielleicht besser als der Antragsgegner weiß, welche Anforderungen die jeweiligen Schüler an die Transportmittel haben, wann diese jeweils abzuholen sind, und welche weiteren Vorgaben für den Schülertransport bestehen. Die Leistungsbeschreibung ist aber auch dann eindeutig und erschöpfend, wenn sie im Ergebnis sachlich unzutreffend ist.

Eine Leistungsbeschreibung, die im April 2014 bereits die künftige ab September 2014 zu erbringende Leistung vollständig beschreibt, ist schon aufgrund der erst in den Sommerferien zu fertigenden Stundenpläne objektiv nicht erstellbar. Daher hat die Vergabekammer auch keine Bedenken, dass der Antragsgegner hier eine erkennbar fehlerhafte und damit im Ergebnis unzutreffende Leistungsbeschreibung zur Grundlage seiner Angebotswertung machen will. Entscheidend ist, dass die Leistungsbeschreibung leistungsnah ist. Darüber hinaus muss sie gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A zum einen eindeutig und erschöpfend sein, und zum anderen vergleichbare Angebote erwarten lassen. All dies ist hier gegeben.

Unerheblich sind daher auch die von der Antragstellerin in das Nachprüfungsverfahren eingeführten Wünsche des pädagogischen Personals einer Schule zum Transport der Kinder (Bl. 13 der Antragsschrift). Das ist wie die Unrichtigkeiten der Leistungsbeschreibung kein Umstand, der bereits bei der Angebotskalkulation zu berücksichtigen wäre. Nur am Rande weist die Vergabekammer darauf hin, dass Auftraggeber ausschließlich der Antragsgegner ist, insofern auch dringlich als Anforderungen formulierte Wünsche des pädagogischen Personals der Schulen nicht direkt an den Auftragnehmer gerichtet werden sollten, sondern über den Landkreis als Schulbeförderungsträger an die Antragstellerin zu richten sein werden. Ansonsten würde es sich bei einer etwaigen Anweisungsbefugnis des pädagogischen Personals um ein Vertragsverhältnis zulasten Dritter, nämlich des Antragsgegners als finanzierendem Schülerpersonenverkehrsträger handeln.

Dem Antragsgegner war die Zahl der Schulausfälle durch Krankheit, Reha, Praktika etc. nicht bekannt, so dass er diese Zahlen nicht nach Losen spezifiziert dargestellt hat (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 12.01.2007, VgK-33/2006). Da die Eltern ihre Kinder nicht beim Schulträger, sondern der Schule krank melden, konnten ihm diese Zahlen auch nicht vorliegen. Er hat überdies mit der Regelung gemäß Ziffer 7.1 der Leistungsbeschreibung dafür Sorge getragen, dass ein wesentlicher Anteil der Krankheitsfälle nicht angebotsrelevant ist.

Überdies hat die Antragstellerin krankheitsbedingte Veränderungen nicht gerügt. Vielmehr hat sie in ihrer Rüge vom 15.04.2014 (Akte 1 Bl. 259) nur gerügt, dass die Veränderungen zum Schuljahreswechsel nicht nach Losen spezifiziert, sondern für alle Lose als einheitliche Zahl angegeben worden seien.

Insgesamt bleibt die Kalkulation künftiger Schülertransportverkehre zwangsläufig mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden. Der Antragsgegner hat sich mit einer umfassenden Leistungsbeschreibung nach Kräften bemüht, diese Unwägbarkeiten zu beschreiben. Eine noch stärkere Ausdifferenzierung der Leistungsbeschreibung würde der Antragstellerin zwar zusätzliches Zahlenmaterial geben, allerdings keine Sicherheit für die Kalkulation verschaffen. Eine Verletzung ihrer Rechte ist daher durch die fehlerhafte Grunddatei nicht erkennbar.

d) Die Antragstellerin ist zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer nicht mehr in ihren Rechten verletzt, soweit sie geltend macht, von ihr sei eine von Dritten zu erstellende Erklärung zur Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr gefordert worden. Der Antragsgegner hat sich erstmals im Nachprüfungsverfahren mit der Antragserwiderung dazu eingelassen, dass er eine Fremderklärung nicht gewollt habe, dass die Abweichung in den Vergabeunterlagen zum Inhalt der Vergabebekanntmachung nur der Verwendung eines bestimmten Formblattes geschuldet sei und er deshalb nur eine Eigenerklärung fordere, nicht jedoch eine Fremderklärung. Dies wertet die Vergabekammer sinngemäß als Versprechen künftiger Abhilfe. Für die Angebotsabgabe der Antragstellerin ist dies gleichwohl zu spät.

Soweit der Antragsgegner eine Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr gefordert hat, ist dies inhaltlich fehlerhaft. Die Antragstellerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Personenbeförderungsgesetz gemäß § 1 Nr. 4d der Freistellungsverordnung für den hier zu vergebenden Auftrag keine Anwendung findet. Somit kann formal auch keine Eigenkapitalbescheinigung für den Straßenpersonenverkehr gefordert werden. Allerdings erlaubt § 7 EG Abs. 2d VOL/A dem Auftraggeber, von den Bietern eine Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu verlangen.

Die Angabe des Gesamtumsatzes ist jedoch inhaltlich etwas anderes als die geforderte Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr. In jenem Formular findet sich der Begriff des Gesamtumsatzes nicht. Vielmehr finden sich dort finanztechnische Fachbegriffe, die abgefordert werden. Es mag sein, dass diese Begriffe in einer Einnahmeüberschussrechnung oder einer Jahresbilanz enthalten sind. Die geforderte Eigenkapitalbescheinigung geht jedoch inhaltlich deutlich über den Inhalt des § 7 EG Abs. 2d VOL/A hinaus.

Da die Antragstellerin jedoch in der Lage gewesen ist, die geforderte Eigenkapitalbescheinigung als Anlage 9 ihres Angebots als Fremderklärung des Steuerberaters fristgerecht erstellen zu lassen, sieht die Vergabekammer hier keinen Schaden, der unter Berücksichtigung des i § 110 GWB enthaltenen Beschleunigungsgrundsatzes zu einer Maßnahme der Vergabekammer nach § 114 GWB führen müsste.

e) Der Antragsgegner hat bei im Übrigen gut aufgebauter und vollständig transparenter Dokumentation in der Vergabeakte einen Fehler begangen. Er hat die zum Mindestgehalt der Dokumentation gehörende Anforderung einer Fremd- bzw. Eigenerklärung für den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht hinreichend dokumentiert. Gemäß § 24 EG Abs. 2 i VOL/A umfasst die Dokumentation mindestens die Gründe, warum der Gegenstand des Auftrags die Vorlage von Eignungsnachweisen erfordert und ggf. warum in diesen Fällen Nachweise verlangt werden müssen, die über Eigenerklärungen hinaus gehen. Der Vergabevermerk enthält einen Passus zu § 7 EG, Nachweis der Eignung. Daraus ergibt sich, dass dem Antragsgegner bewusst war, dass die geforderte Eigenkapitalbescheinigung nicht unmittelbar auf das vorliegende Vergabeverfahren anzuwenden war. Des Weiteren wird ausgeführt "allerdings enthält das Formblatt alle wesentlichen Informationen, die auch der Auftraggeber von den Bietern abfragen möchte".

In dieser Dokumentation fehlt die Begründung, weshalb hier mehr Angaben gefordert werden, als gemäß der Regelanforderung zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß § 7 EG Abs. 2d VOL/A, nämlich die Erklärung über den Gesamtumsatz als Eigenerklärung. Ebenso fehlt die Begründung für die geforderte Fremderklärung. Insofern ist die Dokumentation unzureichend.

Eine Maßnahme gemäß § 114 GWB kann jedoch nur dann aus dem Dokumentationsmangel hergeleitet werden, wenn der Dokumentationsmangel auch ursächlich für eine Rechtsverletzung der Antragstellerin geworden ist. Eine Rechtsverletzung kann in diesem Vergabeverfahren erst dadurch entstehen, dass der Antragsgegner aufgrund der vorgelegten Unterlage die Eignung verneint. Dies ist bis zur mündlichen Verhandlung der Vergabekammer jedoch nicht geschehen, daher von einer etwaigen Bestandskraft dieser Entscheidung nicht umfasst.

Wegen der Einlassung in der Antragserwiderung Blatt 24 ist ein Angebotsauschluss wegen der Abforderung einer Fremderklärung auch nicht zu erwarten.

Der BGH hat zu den Folgen einer Verletzung der Dokumentationspflicht einschränkend ausgeführt: Das Gesetz gebe der Vergabekammer vor, bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf zu achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt werde (§110 Abs. 1 Satz 4 GWB). Mit dieser dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz verpflichteten Regelung sei es (in diese Richtung auch OLG München, VergabeR 2010, 992, 1006), nicht vereinbar, bei Mängeln der Dokumentation im Vergabevermerk generell und unabhängig von deren Gewicht und Stellenwert von einer Berücksichtigung im Nachprüfungsverfahren abzusehen und stattdessen eine Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens anzuordnen. Dieser Schritt sollte vielmehr Fällen vorbehalten bleiben, in denen zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation lediglich im Nachprüfungsverfahren nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten. (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4 / 10, zit. nach VERIS).

Die Vergabekammer Niedersachsen hat ergänzt (Beschluss vom 05.12.2013, VgK-39/2013), dass die Dokumentationspflicht auch in Ansehung der Rechtsprechung des BGH fortbesteht. Die Dokumentationspflichten der Vergabe- und Vertragsordnungen sind eine wesentliche Säule des vergaberechtlichten Transparenzgebotes gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Sie wären völlig wirkungslos und überflüssig, wenn man den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit einräumen wollte, jegliche fehlende Dokumentation, sei der betroffene Wertungsvorgang bzw. der zu dokumentierende Sachverhalt auch noch so wichtig, jederzeit erst aufgrund eines Nachprüfungsantrags einfach nachreichen zu können. Vielmehr ist der öffentliche Auftraggeber weiterhin gehalten, einen überhaupt nicht dokumentierten Wertungsabschnitt erneut oder ggf. erstmalig durchzuführen und dann zeitnah gemäß § 24 EG VOL/A zu dokumentieren.

Derartig gravierende Dokumentationsfehler liegen hier aber nicht vor. Eine Maßnahme gemäß § 114 GWB wäre daher unverhältnismäßig.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Die Antragstellerin hat auf alle Lose geboten. Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Angebot der Antragstellerin xxxxxx € brutto für eine Woche mit 5 Transporttagen. Dieser Angebotspreis ist zunächst auf die verbindlich festgelegte Vertragslaufzeit hochzurechnen. Gemäß der Darstellung des Antragsgegners (Akte I Blatt 89) haben die ersten beiden Schuljahre je 190, das letzte Halbjahr 95 Tage. Dies entspricht 38 bzw. 19 Wochen, insgesamt also 95 Wochen. Multipliziert man den Angebotspreis mit 95 so ergibt sich ein Wert von xxxxxx €. Dieser Betrag entspricht zunächst dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Die weitere Verlängerung des Vertrags bis zum Schulhalbjahr 2019/2020 also um weitere 3 Jahre mit je 38 Transportwochen steigert den Auftragswert auf xxxxxx €. Die Verlängerung ist als einseitig vom Antragsgegner ausübbare Option gestaltet (Akte I Blatt 97, Ziffer 7.3 des Beförderungsvertrags). Bei der Bemessung des Interesses der Antragstellerin im Rahmen der Kostenentscheidung können nur unverbindliche Verlängerungsmöglichkeiten außen vor gelassen werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2003, VII - Verg 63 / 03).

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein, wie er hier angefallen ist. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin dem Auftraggeber als Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten.

Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der EG-VOL/A oder EG-VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können. Daher wird die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein, wenn der öffentliche Auftraggeber in einer ex ante zu Beginn eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.07.2013 - 11 Verg 7/13) zu erstellenden Prognose zu dem Ergebnis gelangt, dass auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10; jetzt auch OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 - Verg 8/11). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB umfasst, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

Hier verfügt der Antragsgegner über nur einen Juristen, der sich nicht mit Vergaberecht befasst. Er ist daher personell trotz der im Übrigen guten Struktur mit der eigenen Vergabestelle nicht ausreichend aufgestellt, um vergaberechtliche Fragen selbst abschließend bearbeiten zu können. Rechtlich handelt es sich zwar nur um eine einzelne Frage zur EG-VOL/A, welche Umfang und Inhalt der Leistungsbeschreibung betrifft. Das Problem ist allerdings umfassend in der Rechtsprechung diskutiert, und keineswegs immer einheitlich entschieden worden. Die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners war daher in diesem Fall geboten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für den Auftraggeber als notwendig anzuerkennen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus
Peter
Ruff