Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 03.09.2012, Az.: VgK-29/2012
Vereinbarkeit einer Ausschreibung bzgl. der Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör mit dem Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung i.S.d. § 8 VOL/A-EG
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 03.09.2012
- Aktenzeichen
- VgK-29/2012
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 29261
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8 VOL/A-EG
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 97 Abs. 4 GWB
- § 97 Abs. 5 GWB
In dem Nachprüfungsverfahren der
xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
das xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
wegen
der Lieferung muskuloskeletaler Implantate und Zubehör
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Biologe Sameluck, auf die mündliche Verhandlung vom 16.08.2012
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2012 die Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör für den Zeitraum vom 01.12.2012 bis zum 30.11.2015 mit der Option der Verlängerung um 12 Monate als beschleunigtes Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben. Der Auftrag war in 12 Lose in Bezug auf die unterschiedlichen Eingriffsbereiche des menschlichen Körpers wie Hüfte, Knie, Schulter und Wirbelsäule aufgeteilt. Es konnte auf ein oder mehrere Lose geboten werden. Mit dem jeweils erfolgreichen Bieter sollte eine Rahmenvereinbarung über die Vertragslaufzeit geschlossen werden. Nebenangebote waren nicht zugelassen.
Unter III.2.2) und III.2.3) der Vergabebekanntmachung waren verschiedene Angaben und Nachweise zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit und zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit gelistet. Die Nichtvorlage dieser Angaben und Nachweise sollte nicht unmittelbar zum Angebotsausschluss führen, andererseits sollten diese aber auch nicht nachgefordert werden. In Bezug auf die persönliche Lage der Bieter war es gem. III.2.1) der Vergabebekanntmachung zwingend erforderlich, Erklärungen über die Nichtvorlage von Ausschlusskriterien gem. § 6 EG Abs. 4 Ziffer a) - g) VOL/A und § 6 EG Abs. 6 Ziffer a) - e) VOL/A abzugeben. Die diesbezüglichen Formulierungen waren in dem einzureichenden Teilnahmeantrag enthalten und waren durch die Bieter mit Unterschrift zu bestätigen.
Bestandteil des Angebotes sollte u.a. ein von den Bietern zu erstellendes und im Falle der Auftragserteilung umzusetzendes Managementkonzept sein. Gemäß Ziff. II 1.5 der Auftragsbekanntmachung und Abschnitt VI. Nr. 5 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte das Managementkonzept mindestens folgende Punkte vorsehen:
Sicherstellung der ausreichenden Instrumentenversorgung aller Standorte
Vorhaltung der Konsignationsware in ausreichender Artikelmenge und -breite
Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes
Optimierung des Bestell- und Logistikkonzeptes aller Standorte
Schulung des Personals (ärztlicher Dienst, pflegerischer Dienst, Funktionsdienst, Einkauf und Logistik etc.)
Begleitung der reibungslosen Einführung der neuen Produkte an allen Standorten
Kontinuierliche Identifikation, Vorbereitung und Umsetzung von standortübergreifenden Produktstandardisierungen und -harmonisierungen
- Mediation zwischen klinischen Anwendern aller Standorte sowie dem Bereich Einkauf und Logistik des xxxxxx
Gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte die Ausschreibung produktneutral erfolgen. Diesbezüglich wurden den Bietern lediglich die Arten der gewünschten Versorgung auf Basis des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) vorgegeben. So wurden z.B. im Bereich des Loses 1 für die Hüftendoprothetik die Versorgungsarten primäre TEP nicht zementiert/teilzementiert/zementiert, primäre TEP Kurzschaft nicht zementiert und Hemiprothese zementiert/nicht zementiert vorgegeben. Um den Bietern eine Abschätzung in Bezug auf die Anzahl der zu erwartenden Eingriffe pro Versorgungsart zu ermöglichen, wurde diesen mit den Vergabeunterlagen umfangreiche Listen über die eingesetzten Materialien und deren jeweilige Anzahl, bezogen auf den Jahresverbrauch 2011, überlassen.
In Bezug auf die jeweils gewünschte Versorgungsart waren von den Bietern in einem Tabellenblatt die angebotenen einzelnen Komponenten (Typen) der Implantate sowie deren Preise einzutragen. Pro Versorgungsart konnten von den Bietern beliebig viele Optionen angegeben werden. Die Summe der Preise der einzelnen Komponenten der Implantate ergab dann den sog. Versorgungspreis. Gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte der Versorgungspreis alle Kosten für die benötigten Implantate, das notwendige Instrumentarium sowie die Umsetzung des vorgeschlagenen Managementkonzeptes enthalten.
Die derart für die unterschiedlichen Arten der Versorgung kalkulierten Versorgungspreise waren schließlich in eine Excel-Tabelle zu übertragen, in der die Antragsgegnerin unterschiedliche Mengenstaffeln für die einzelnen Arten der Versorgung vorgegeben hatte. Den Bietern war es dabei freigestellt, bei einer höheren Mengenstaffel Preisreduktionen anzubieten. Durch Multiplikation der angebotenen Preise mit der jeweiligen vorgegebenen Anzahl der Versorgungen und der Aufsummierung der sich ergebenen Produkte dividiert durch die insgesamt vorgegebene Anzahl von Eingriffen ergab sich der von der Antragsgegnerin gewünschte einheitliche Versorgungspreis pro Eingriff im Bereich der Hüftendoprothetik in Bezug auf die jeweilige Mengenstaffel. Der sich aus den verschiedenen Mengenstaffeln ergebende Durchschnittswert sollte der weiteren Angebotswertung zu Grunde gelegt werden. Diesbezüglich war der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine Bewertungsmatrix mit Erläuterungen beigefügt. Danach sollte der sich ergebende durchschnittliche Versorgungspreis mit 60%, die Qualität mit 30% und das Managementkonzept mit 10% gewichtet werden.
Gemäß dem eingereichten Teilnahmeantrag beabsichtigte die Antragstellerin, Angebote für die Lose 3 - 12 abzugeben. Nach dem Teilnahmewettbewerb wurde die Antragstellerin für die Angebots- und Verhandlungsphase zugelassen und erhielt am 18.06.2012 die Vergabeunterlagen. Mit Datum vom 25.06.2012 rügte die Antragstellerin das Vergabeverfahren in mehreren Punkten. Unter anderem rügte sie den von der Antragsgegnerin gewünschten einheitlichen Versorgungspreis pro Los und die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes. Mit Schreiben vom 02.07.2012 half die Antragsgegnerin den Rügen teilweise ab, in Bezug auf den einheitlichen Versorgungspreis und das Managementkonzept wies sie die Rüge zurück.
Am 17.07.2012 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Der Antrag sei zulässig und auch begründet. Im Hinblick auf die Zulässigkeit habe sie insbesondere alle geltenden Rügefristen gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 - 4 eingehalten.
Der Antrag sei aber auch begründet. Insbesondere die Forderung der Antragsgegnerin, für jedes Los einen fixen und einheitlichen Versorgungspreis, bezogen auf den jeweiligen Operationsschlüssel (OPS), anzubieten, verstoße gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 VOL/A-EG. Hiernach müsse der Bieter Gegenstand, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen können. Diese Anforderungen würden bei der pauschalen Abforderung eines Einheitspreises für höchst unterschiedliche Produkte mit nicht vorhersehbaren Abrufzahlen jedoch in keiner Weise erfüllt. Vielmehr obliege es allein dem Bieter zu entscheiden, welche Art und Qualität der Komponenten er der jeweiligen Versorgung und dem dafür zu kalkulierenden Preis zu Grunde lege. Damit verlagere der Auftraggeber die ihm obliegende Pflicht der Leistungsbestimmung in unzulässiger Weise auf den Bieter. Zugleich sei weder eine Kalkulierbarkeit noch eine Vergleichbarkeit der Angebote möglich, da den Angeboten unterschiedliche Arten und Anzahlen der Komponenten, insbesondere aber auch unterschiedliche Qualitäten der Versorgung zu Grunde liegen würden. So werde beispielsweise in Bezug auf das Los 4 unter dem OPS-Code 5-835.5 (Fixation durch Schrauben-Stabsystem) die durchgeführte Prozedur mit Fokus auf Implantate verstanden. Dieser Code besage alleine, dass die Osteosynthese dorsal durch ein Schrauben-Stabsystem erfolge. Allerdings regele dieser Code nicht, aus wie vielen Komponenten eine Versorgung bestehen würde. Dies könne eine monosegmentale Versorgung mit 10 Komponenten genauso umfassen wie eine multisegmentale Versorgung mit beispielsweise über 40 Artikeln. Ferner enthalte die Produktliste zu Los 4 ausschließlich Stäbe als Implantate. Zu jedem Stab würden jedoch immer zwei Schrauben und zwei Verschlüsse gehören. Da es sich bei den angegebenen Stäben um unterschiedliche Längen handele, sei kein definitiver Rückschluss auf die dazugehörigen Schrauben möglich. Es sei daher nicht kalkulierbar, welcher Materialaufwand Bestandteil des Vertrages sein solle.
Verstärkt würden diese Unsicherheiten und Ungenauigkeiten, indem die Antragsgegnerin ausführe, dass der Anwender stets die Wahlfreiheit habe, wie die Versorgung im Einzellfall durchzuführen sei. Auf Grund der medizinischen Wahlfreiheit der Anwender sei davon auszugehen, dass sich der Anwender im Zweifelsfall bei einem einheitlichen Versorgungspreis immer für die höherwertige Versorgung entscheiden werde. Der Auftraggeber habe nämlich auf Grund des einheitlichen Preises keinerlei Anreiz mehr, sich wie bisher im medizinisch vertretbaren Fällen für ein einfaches und preisgünstiges Produkt zu entscheiden. Die hierdurch entstehenden Kalkulationsrisiken seien von erheblicher Tragweite.
Zugleich finde durch die Ausschreibungsweise eine unzumutbare Risikoverlagerung zu Lasten der Bieter i. S. eines ungewöhnlichen Wagnisses statt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass ungewöhnliche Wagnisse auf die Bieter übertragen werden dürften, sei dies jedenfalls nur unter der Voraussetzung zulässig, dass diese Risiken eindeutig benannt und konkret kalkulierbar bzw. kompensierbar seien. Dies sei dem Bieter vorliegend auf Grund der unklaren Beschreibung der Leistung aber gerade nicht möglich, da eben nicht vorhersehbar sei, welche Produkte in welcher Qualität und in welcher Menge abgerufen werden würden. Es bestehe damit die Gefahr, dass die Bieter einen eher niedrigen, allenfalls durchschnittlichen Produktstandard kalkulieren, dann aber die hochpreisigen Waren abgerufen würden.
Auch die Beschreibung des geforderten Managementkonzeptes verstoße gegen das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Die Antragsgegnerin habe in der Angebotsaufforderung lediglich stichpunktartig aufgelistet, um welche Dienstleistungen es sich handeln solle. Auf Grund der nur sehr wagen Beschreibung sei für die Bieter nicht erkennbar, welche einzelnen Leistungspflichten und damit verbundenen Risiken sie letztlich übernehmen müssen. Auf Grund der Unterschiedlichkeit der angebotenen Leistungen sei auch in diesem Fall eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht möglich. Bei den Forderungen nach einer Sicherstellung der ausreichenden Instrumentenversorgung, einer Implementierung eines Bestell- und Logistigkonzepts und dessen Optimierung, den Schulungsleistungen und der standortübergreifenden Produktstandarisierung handele es sich insgesamt um ein Sammelsurium inhaltsleerer, beliebig deutbarer Schlagwörter.
Soweit die Antragsgegnerin schließlich vorgetragen habe, dass es Ziel der Ausschreibung sei, lediglich eine "Standardversorgung" mit muskoloskeletalen Implantaten abzudecken und bei gegebener medizinischer Notwendigkeit die dann benötigten spezielleren Komponenten außerhalb des zu abzuschließenden Rahmenvertrages beschaffen zu wollen, verstoße dies gegen das Gebot einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung, da es völlig unabsehbar und unkalkulierbar sei, welche Leistungsbestandteile dies im Einzelfall sein werden. Dieses Vorgehen verletze auch den Transparenzgrundsatz, da die anderen Bieter im Vergabeverfahren von dieser Vorgehensweise nicht in Kenntnis gesetzt worden seien. Die Beschaffung außerhalb der zu schließenden Verträge verstoße schließlich auch gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 3 VOL/A-EG, nach der über dieselbe Leistung nicht mehrere Rahmenvereinbarungen abgeschlossen werden dürfen. Erst recht sei es unzulässig, über Leistungsgegenstände des geschlossenen Rahmenvertrages auf sonstige Weise - oder gar in Form einer Direktvergabe - mit Dritten Verträge zu schließen.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
das streitgegenständliche Vergabeverfahren (EU-Amtsblatt xxxxxx) über die Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör aufzuheben,
hilfsweise
das Vergabeverfahren in den Stand der Angebotsabgabe zurückzuversetzen und der Vergabestelle aufzugeben, den verfahrensgegenständlichen Bedarf unter Vermeidung der von der Vergabekammer festgestellten Vergabeverstößen auf vergaberechtskonformer Basis neu auszuschreiben, hilfsweise ihn vergabekonformer Weise neu zur Angebotsabgabe aufzufordern;
- 2.
der Antragstellerin umgehend und voll umfassend Akteneinsicht zu gewähren
(§ 111 GWB);
- 3.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- 4.
die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen;
- 2.
der Antragstellerin Akteneinsicht nur beschränkt auf den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens und unter Wahrung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses der Wettbewerber zu gewähren.
- 3.
Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Auftraggeberin notwendig.
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, aber in Gänze unbegründet.
In Bezug auf den fixen und einheitlichen Versorgungspreis wende sich die Antragstellerin grundsätzlich gegen ein neues Ausschreibungs- bzw. Versorgungskonzept. Wesentliches Kennzeichen des Vergütungskonzeptes sei die Versorgung des xxxxxx mit allen benötigen Materialien zu festen Versorgungspreisen. Der Versorgungspreis beinhalte alle Kosten für benötigte Implantate, entsprechendes Hersteller- und implantatabhängiges Zubehör (Instrumentarium) sowie das Produkteinführungs- und Versorgungskonzept. Die Versorgungspreise sollen zum einen Kostensicherheit für die Auftraggeberin und die Auftragnehmer schaffen, zum anderen ein Anreiz für die Auftragnehmer bieten, die wirtschaftliche Produktstandardisierung, die logistische Versorgung sowie das entsprechende Management in Mitverantwortung durchzuführen.
Derartige ganzheitliche Versorgungskonzepte würden in den unterschiedlichsten Bereichen im Gesundheitswesen bereits entwickelt und erfolgreich angewendet. So würden beispielsweise im Bereich der Labordiagnostik, Laborreagenzien und Labordiagnostikgeräte zu einem Befundpreis ("Analystenfestpreis") vergütet. Der Befundpreis beinhalte die Bereitstellung der notwendigen Labordiagnostikgeräte, deren Wartung und Instandhaltung, alle Laborreagenzien und Verbrauchs- und Reinigungsmaterialien, die für die Laboranalyse notwendig seien.
In diesem Sinne sollten einerseits die OPS-Codes (chirurgische Prozeduren und Eingriffe) dazu dienen, Aufkommen und Anzahl der chirurgischen Eingriffe mit Einsatz von muskuloskeletalen Implantaten zu beschreiben, andererseits solle ein als Anlage zum Leistungsverzeichnis übersandter exemplarischer Jahresverbrauch an Einzelkomponenten "muskuloskeletaler Implantate" einen Einblick in das aktuell verwendete Produktspektrum geben. Dementsprechend sei das Leistungsverzeichnis aufgebaut. Auf Tabellenblatt 1 des Leistungsverzeichnisses würden Versorgungspreise für unterschiedliche Mengen angeboten und auf dem Tabellenblatt 2 des Leistungsverzeichnisses seien die für die Einzelversorgungsarten angegebenen Produkte einzutragen. In dem Tabellenblatt 2 könnten zudem verschiedene Optionen für Versorgungssysteme angeführt werden, die in dem Versorgungspreis enthalten seien. Dabei sei es den Bietern überlassen, Preisreduktionen in Abhängigkeit der Mengenstaffeln anzubieten. Aus den Durchschnittswerten der Versorgungspreise pro Implantatkategorie ergebe sich dann der Versorgungspreis für das jeweilige Los. Vor diesem Hintergrund lasse sich nicht nachvollziehen, weshalb der Konformität mit dem Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 VOL/A-EG nicht Genüge getan sein soll. Neben der Möglichkeit, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen zu können, sei auch eine exakte Preisermittlung sowie eine Vergleichbarkeit der Preise gewährleistet.
Dass es bei einem Einzeleingriff Unterschiede im Implantatverbrauch geben könne, die einerseits von den unterschiedlichen herstellerspezifischen Implantatsystemen, andererseits von chirurgischer Vorgehensweise und Besonderheiten seitens Operateur und Patient abhängig seien, sei sicherlich richtig. Da der feste Versorgungspreis pro Los sich jedoch auf einzelne detailliert beschriebene Einzelkomponenten in verschiedenen Mengenstaffeln beruhe, sei das Risiko für den Auftragnehmer überschaubar und im Voraus kalkulierbar. Damit stelle sich auch die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage zur Zulässigkeit der Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses durch den Wegfall dieser Regelung in der VOL/A 2009 nicht mehr.
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass die im Rahmen des Managementkonzeptes erwarteten Dienstleistungen unklar und in keiner Weise erschöpfend beschrieben worden seien, sei festzustellen, dass dieses vergaberechtlich nicht erforderlich sei, da es gerade in das Ermessen des Anbieters gestellt werde, in welchem Umfang er ein Managementkonzept anbieten möchte, um mit den Anwendern gemeinsam wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Lösungskonzepte zu erarbeiten. Vor diesem Hintergrund sei es dem Bieter möglich, den im Rahmen des Managementkonzeptes vorgesehenen Leistungsumfang und die damit verbundenen Risiken zu beschreiben und damit in das Angebot mit einzukalkulieren. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass sich die angebotenen Managementkonzepte unterscheiden werden, dieses werde aber durch die Bewertung im Rahmen der offen gelegten Bewertungsmatrix berücksichtigt. Hierdurch sei eine Bewertung und somit auch eine Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt. Dies gelte grundsätzlich für alle Bestandteile des Managementkonzeptes wie die Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes, die kontinuierliche Optimierung dieses Konzeptes, die Schulungsleistungen und auch für die Einführung einer standortübergreifenden Produktstandardisierung.
Es sei gerade Gegenstand des Verhandlungsverfahrens, dass hierfür eine Lösung angeboten werde. Letztlich habe ein Bieter auf Grund des vorliegend ausgeschriebenen Versorgungskonzeptes die Möglichkeit, anhand der durch ihn angebotenen Versorgungssysteme unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Nach Abschluss des Vertrages sei es möglich, auf Grundlage der angebotenen Produkte den Anwendern Operationslösungen unter Einbeziehung der angebotenen Produkte vorzustellen und zu erörtern. Die Befürchtung, dass die Umsetzung eines Managementkonzeptes zu Fehlanreizen führe, sei unbegründet, da für die medizinischen Anwender stets die bestmögliche medizinische Versorgung in Vordergrund stehe.
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass es unzulässig sei, über Leistungsgegenstände des geschlossenen Rahmenvertrages auf sonstige Weise - oder gar in Form einer Direktvergabe - mit Dritten Verträge zu schließen, verkenne sie, dass es gerade Gegenstand des Verhandlungsverfahrens sei, die Art der angegebenen Versorgungsmöglichkeiten festzulegen und dementsprechend auch überwiegende Versorgungsmöglichkeiten abzudecken. Der Antragstellerin sollte als Lieferant von Implantaten bewusst sein, dass im Einzelfall spezifische Versorgungsnotwendigkeiten bestehen können. In diesem Fall handele es sich jedoch nicht um ein- und dieselbe Leistung. Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 3 VOL/A-EG verhindere ausdrücklich nur den Abschluss paralleler Rahmenvereinbarungen über dieselbe Leistung, jedoch nicht jedwede nachgelagerte Auftragsvergabe spezieller Komponenten.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig, im Übrigen unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht gem. § 97 Ab. 7, § 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend zulässig.
a)
Bei der Antragsgegnerin, der xxxxxx, handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB.
Die Antragsgegnerin ist aufgrund der gewählten Betriebsform als selbständige GmbH kein Sondervermögen einer Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Bei der xxxxxx handelt es sich gemäß § 3 Abs. 1 NKomVG um eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Die xxxxxx GmbH ist eine juristische Person des privaten Rechtes, die im alleinigen Eigentum der xxxxxx steht. Bei der GmbH im Eigentum der xxxxxx handelt es sich nicht um deren Sondervermögen gemäß § 130 NKomVG bzw.§ 98 Nr. 1 GWB. Der in § 130 NKomVG definierte Begriff des kommunalen Sondervermögens umfasst nur die wirtschaftlichen Einrichtungen. Gemäß § 136 Abs. 3 NKomVG sind die Einrichtungen der Kommune nicht identisch mit den in § 136 Abs. 2 NKomVG genannten kommunalen Unternehmen.
Nach § 98 Nr. 2 GWB sind auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechtes, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, öffentliche Auftraggeber, wenn Stellen, die unter Nr. 1 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihre zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmen. Die Antragsgegnerin ist zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Das Allgemeininteresse ergibt sich aus dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 1 KHG ist Zweck des Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Gemäß § 9 KHG fördern die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers Investitionskosten, darunter insbesondere für die Errichtung von Krankenhäusern für die Erstausstattung mit notwendigen Anlagegütern, für die Wiederbeschaffung von Anlagegütern und weitere im Einzelnen genannte Positionen. Somit handelt es sich bei dem Betrieb eines zu errichtenden Krankenhauses auch in der Form eines privatrechtlichen Unternehmens nicht um eine auf Gewinnerzielung gerichtete gewerbliche Tätigkeit, sondern um eine im wesentlichen mit öffentlichen Mitteln geförderte und ermöglichte Aufgabe zur Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 KHG.
Darüber hinaus finanziert die xxxxxx neben den o. g. Zuschüssen Dritter und neben den Pflegesätzen der durch gesetzlich normierte Pflichtbeiträge finanzierten Krankenkassen (vgl. EUGH Urteil vom 11.06.2009, NJW 09, S. 2427, C-300/07 Oymanns) die xxxxxx aufgrund ihrer Gesellschafterstellung überwiegend.
b)
Es handelt es sich bei der streitgegenständlichen Beschaffung um einen öffentlichen Auftrag gemäߧ 99 GWB, da die Auftraggeberin in ihrer Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber einen entgeltlichen Vertrag über die Beschaffung von muskuloskeletalen Implantaten und deren Zubehör zu schließen beabsichtigt.
c)
Der hier streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt worden sind. Gemäß § 2 Nr. 2 VgV in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrags (xxxxxx.2012) geltenden Fassung gilt ein Schwellenwert von 200.000 EUR (vgl. Änderung der Vergabeverordnung vom 14.03.2012, BGBl. I, S. 488). Gemäß Ziffer 4 des Vergabevermerkes hat die Antragsgegnerin den Gesamtauftragswert netto für alle 12 Lose auf ca. xxxxxx EUR geschätzt, so dass dieser Schwellenwert durch den hier zu vergebenden Auftragswert überschritten ist.
d)
Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, da sie als potentielles Bieterunternehmen im vorliegenden Vergabeverfahren ein Interesse an den Losen 3 bis 12 des Auftrags hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Zwar hat sie kein Angebot abgegeben. Sie hat aber geltend gemacht, von der Unterbreitung eines zuschlagsfähigen Angebots gerade durch angeblich vergaberechtswidrige Passagen der Leistungsbeschreibung abgehalten worden zu sein (vgl. Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR, 2. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 27). Ihr Interesse am Auftrag ergibt sich aus dem Teilnahmeantrag, der Rüge und aus dem Nachprüfungsantrag. Als potentielles Bieterunternehmen hat sie im vorliegenden Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag. Sie vertritt die Auffassung, der von der Antragsgegnerin gewünschte einheitliche Versorgungspreis pro Los, die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes, insbesondere die dort geforderte preisunabhängige und standortübergreifende Produktstandardisierung, die geplante Beschaffung von Implantaten abseits dieses Vergabeverfahrens und damit eine nachträgliche Eingrenzung auf Standardversorgungen seien vergaberechtswidrig. Insbesondere die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes seien nicht hinreichend konkretisierte offene Leistungen, die nicht seriös zu kalkulieren seien. Damit werde der Antragstellerin eine Angebotsmöglichkeit verwehrt.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstanden oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat durch ihre Rügen bzw. ihre Einwendungen im Nachprüfungsverfahren zumindest schlüssig dargelegt, dass sie sich durch die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße in ihren Chancen beeinträchtigt sieht, ein konkurrenzfähiges Angebot abzugeben und den Zuschlag zu erhalten. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99).
e)
Die Antragstellerin ist nur teilweise ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zu rügen.
Gemäß § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von 1 bis 3 Tagen (vgl. OLG Koblenz,Beschluss vom 18.09.2003, Az. 1 Verg 4/03; Bechtolt, GWB, § 107, Rz. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wird die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK-3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; jetzt auch OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2). Die 1. VK Bund sieht eine Rüge innerhalb von 6 Arbeitstagen bei Einholung externen Rechtsrats noch als unverzüglich an (1. VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK 1 - 152/07).
Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin bereits frühzeitig über den einheitlichen Versorgungspreis und das Managementkonzept informiert. An den vor dem 06.06.2012 übersandten Teilnahmeantrag war ein 20-seitiges Informationsdokument angehängt, welches bis Ziffer IV auf Blatt 8 identisch mit der später übermittelten Aufforderung zur Angebotsabgabe ist und auch danach in vergleichbarer Tiefe die nächsten Verfahrensschritte erläutert. Unter Ziffer I wird das Projekt mit der Vergütung zu festen, auf OPS-Basis ermittelten Versorgungspreisen dargestellt, ebenso das gesamte Managementkonzept. Somit hatte die Antragsgegnerin der Antragstellerin schon zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags Verfahrenskenntnisse übermittelt, die jene ohne weiteres in die Lage versetzten, die Auswirkungen des einheitlichen Versorgungspreises und des Managementkonzeptes zu überprüfen. Gleichwohl hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung dargestellt, man habe erst die (erneute) Übersendung dieser Informationen mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe zum Anlass einer anwaltlichen Prüfung genommen. Eine Rüge am 25.06.2012 für Fakten, die bereits ab dem 06.06.2012 bekannt waren, erscheint zunächst deutlich verspätet.
Die Frist zur Rügeerhebung beginnt allerdings erst, wenn der Antragsteller sowohl von den tatsächlichen Umständen, auf die er seinen Vorwurf einer ihn betreffenden Vergaberechtsverletzung stützt, Kenntnis erlangt, als auch aufgrund einer zumindest laienhaften Wertung wusste, dass sich aus ihnen eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergibt, oder dass die Vergabestelle mit dem betreffenden Verhalten gegen solche ihn als Bieter schützende Vorschriften des Vergaberechts verstößt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.09.2009, VII Verg 12/09; Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 2. Auflage, 11. Los § 107 GWB, Rz. 58).
Bei einem aufgrund seiner Produktpalette zwangsläufig im öffentlichen Auftragswesen erfahrenen und dort notwendigerweise zumindest mit einem wesentlichen Geschäftsanteil präsenten Bieter mit einem Jahresumsatz im dreistelligen Millionenbereich liegt es nahe, dass dieser grundsätzlich hinreichend eigene Rechtskenntnisse besitzt, um auch ohne anwaltliche Beratung die in erster Linie kaufmännisch zu verortende mögliche Brisanz eines einheitlichen Versorgungspreises zu erkennen und Unverständnis über ein nicht verstandenes Managementkonzept zu äußern.
Hier liegt aber die im Vergabevermerk unter Ziffer 12 dokumentierte und von der Antragstellerin eingangs der mündlichen Verhandlung bestätigte Besonderheit vor, dass für Beschaffungen von Implantaten auch mit Werten deutlich über den Schwellenwerten des§ 2 Nr. 2 VgV Vergaben nach dem GWB in der Vergangenheit absolut unüblich waren. Somit kann in dieser besonderen atypischen Marktsituation nicht ohne Weiteres von den ansonsten marktüblichen Vergabekenntnissen ausgegangen werden.
Daher ist zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags aufgrund der der Vergabekammer vorgetragenen Aktenlage zwar Kenntnis der Antragstellerin von den tatsächlichen Umständen, nicht aber von den rechtlichen Folgen des einheitlichen Versorgungspreises und des Managementkonzeptes anzunehmen. Dies hat zur Folge, dass die Frist zur unverzüglichen Rüge noch nicht mit Abgabe des Teilnahmeantrags begann. Mangels weiterer Anhaltspunkte für eine frühzeitige Kenntnis der Antragstellerin, für die nach in der Rechtsprechung vorherrschender Meinung die Antragsgegnerin darlegungspflichtig wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 - Verg 75/11), kann die Vergabekammer eine Kenntnis der Antragstellerin von den Folgen des einheitlichen Versorgungspreises und des Managementkonzeptes erst ab dem von der Antragstellerin dargestellten Zeitpunkt mit Erhalt der Vergabeunterlagen am 18.06.2012 annehmen.
Das gilt selbst dann, wenn die Antragsgegnerin der Antragstellerin wie hier unter größtmöglicher Transparenz gemäß § 97 Abs. 1 GWB bereits frühzeitig umfassende Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, aus denen sich hinsichtlich des Verhandlungsverfahrens die damit verbundenen Besonderheiten in einer den Vergabeunterlagen vergleichbaren Klarheit ergeben. Denn nach der vorherrschenden Rechtsprechung gibt es keine Obliegenheit eines Bieters, sich sachkundig zu machen, auch nicht, wenn diese Obliegenheit sich auf die Durchsicht der zur Verfügung gestellten Teilnahmeunterlagen beschränkt (OLG Dresden, Beschluss vom 23.04.2009, WVerg 11/08, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2008, VIIVerg 55/08; OLG Naumburg, Beschlüsse vom 13.05.2008 und vom 05.12.2008, 1 Verg 3/08 und 1Verg 9/08; Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, § 107, Rdnr. 60). Eine Verpflichtung zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen im Hinblick auf etwaige Vergabeverstöße besteht nicht. Eine Ausnahme wird nur in den Fällen angenommen, in denen der Wissensstand des Antragstellers einen solchen Grad erreicht hat, dass seine gleichwohl nicht sichere Kenntnis von dem Vergabeverstoß darauf beruht, dass er sich ihr mutwillig verschlossen hat.
Ob sich die Antragstellerin bereits mutwillig der Kenntnis vom potentiellen Vergabeverstoß verschlossen hat, ist von der Vergabekammer nicht zu prüfen, da sich die Antragsgegnerin bisher nicht darauf berufen hat.
Die Antragstellerin hat die Vergabeunterlagen am 18.06.2012 erhalten, daraufhin eine rechtliche Überprüfung auf Vergabeverstöße vorgenommen. Die Antragstellerin hat unwiderlegt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie bei Abfassung der Rüge vom 25.06.2012 erstmals anwaltlich unterstützt worden sei. Eine Rüge gegen die Durchführung der Vergabe in der Form des Verhandlungsverfahrens hätte daher nach den obigen Ausführungen binnen einer Woche, ab dem 18.06.2012, mithin spätestens am 25.06.2012 erfolgen müssen. Somit hat die Antragstellerin ihre Rüge vom 25.06.2012 noch rechtzeitig i. S. des § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB erhoben.
Die Antragstellerin hat in ihrer Rüge keine auf konkrete Lose bezogene Rüge erhoben, sondern sich nur pauschal gegen die Festlegung des einheitlichen Versorgungspreises gewandt. Im Nachprüfungsantrag hat sie dagegen die Darstellungen zu den Losen 4 bis 6 aus dem Nachprüfungsverfahren VgK-28/2012 wiederholt, insoweit ihren Vortrag tiefer substanttiiert und erweitert. Die Vergabekammer hat daher zu entscheiden, ob es sich hier um einen neuen nicht gerügten Sachverhalt handelt, oder um eine inhaltliche Vertiefung der fristgerecht erhobenen Rüge.
Um den Zugang zum Nachprüfungsverfahren zu eröffnen, bedarf es der Darlegung zumindest einer konkreten - nicht völlig vagen und pauschal behaupteten - Vergaberechtsverletzung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2006 - Az.: 27/06). Ist ein Antragsteller diesem gerecht geworden, ist er auch nicht gehindert, andere Vergaberechtsverletzungen zum Gegenstand desselben Vergabenachprüfungsverfahrens zu machen, mögen diese auch bis dahin nur andeutungsweise oder gar nicht im Streit gewesen und erst im Verlaufe des Nachprüfungsverfahrens zutage getreten sein (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). An die Substantiierung einer Rüge dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, weil ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens haben wird. Deshalb darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines - oft nur beschränkten - Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (jurisPK-VergR/Summa, 2. Aufl., § 107 GWB, Rz. 58). Der Bieter muss daher alle ihm bekannten Verstöße rügen. Vergabestelle und Vergabekammer müssen daher bei ihrer Prüfung würdigen, ob der jeweilige Antragsteller aufgrund notwendigerweise unvollständiger Kenntnisse des Sachverhalts und der Eile nicht in der Lage gewesen ist, den dem Vergaberechtsverstoß zugrunde liegenden Sachverhalt in voller Tiefe zu durchdringen.
Auf der Grundlage dieser Überlegungen ist im Streitfall ein Rügeversäumnis klar erkennbar. Die Antragstellerinnen in den Verfahren VgK-28/2012 und VgK-29/2012, beide Töchter desselben Konzerns, wurden bereits zum Zeitpunkt der Rügen von derselben Anwaltskanzlei beraten. Die Rüge im Verfahren VgK-28/2012 wurde einige Tage vor der Rüge im Verfahren VgK-29/2012 erhoben. Es gab daher keinen sachlichen Grund, etwa aufgrund unvollständiger Kenntnisse des Sachverhalts, die für die in diesem Verfahren VgK-29/2012 auftretende Antragstellerin zu verfassende Rüge weniger detailliert auszugestalten, als in jenem Verfahren. Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit ist es, der Vergabestelle während des laufenden Vergabeverfahrens eine Korrektur vergaberechtswidrigen Verhaltens zu ermöglichen, um der Einleitung unnötiger Nachprüfungsverfahren entgegenzuwirken. Die Unternehmen werden durch die Rügeobliegenheit zu einem kooperativen Verhalten gegenüber der Vergabestelle angehalten (Hattig in Hattig/Maibaum, § 107 Rz. 49). Die Rügepflicht ist Ausfluss des Gebots von Treu und Glauben. Die Antragstellerin war definitiv aufgrund ihres Teilnahmeantrags u.a. an den Aufträgen aus den Losen 4 bis 6 interessiert. Sie hatte zumindest aufgrund der aus der Rüge im Verfahren VgK-28/2012 dokumentierten anwaltlichen Beratung ausreichende Anhaltspunkte, dass in den Losen 4 bis 6 kein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchgeführt worden sei. Also musste sie das in der ihr ausweislich der Rüge der Konzernschwester vom 22.06.2012 möglichen Weise umsetzten. Da sie dies versäumt hat, ist sie mit ihrem Vortrag zu den Losen 4 bis 6 gem. § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB präkludiert.
Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren erstmals vorträgt, ihre Rechte seien durch eine unzulässige nachträgliche Eingrenzung der Vergabe auf Standardversorgung und eine beabsichtigte Vergabe an Dritte in Bezug auf Auftragsbestandteile beeinträchtigt, ist sie mit diesem Vortrag ebenfalls gem. § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB präkludiert. Fehler, die objektiv erst im laufenden Nachprüfungsverfahren erkannt werden können, unterliegen nicht der Rügeobliegenheit. Das gilt insbesondere für Verletzungen der Dokumentationspflicht, die vor der Akteneinsicht allenfalls unsubstantiiert auf Verdacht und damit nicht in einer gemäß § 107 Abs. 3 GWB zulässigen Weise gerügt werden können (Kadenbach in Willenbruch/ Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 60). Die Pflicht zur Rüge dient der Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens. Somit verfehlt eine Rüge nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ihren Zweck (vgl. auch OLG Düsseldorf vom 19.11.2003, Verg 22/03; Hattig/Maibaum, Vergaberecht, § 107, Rn. 121).
Die Information, dass der Rahmenvertrag nicht den gesamten Beschaffungsbedarf erfasst, ergab sich jedoch objektiv nicht erst aus einem Schriftsatz der Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren. Die Antragsgegnerin hat in der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ziffer VI 3. nur die Vergabe von mindestens 80% der Versorgungsarten in den Angeboten gefordert. Daher lag es nicht nur nahe, sondern war objektiv erkennbar, dass eine Entscheidung über die höchstens weiteren 20% auf anderem Wege erfolgen werde, z.B. indem die Antragsgegnerin den Auftragsgegenstand später um die sogenannten Spezialversorgungen erweitern werde. Auch die Bieterfragen 39 und 41 befassen sich damit. Etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht durch diese Vorschrift wären daher spätestens am 25.06.2012 zu rügen gewesen.
Die Antragstellerin ist mit ihren Einwänden zum Managementkonzept nicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Anders als bei § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB kommt es hier nicht auf den Zeitpunkt an, in dem der Bieter den Vergabeverstoß erkannt hat, sondern auf einen Zeitpunkt, in dem der Vergabeverstoß objektiv erkennbar war. Objektiv erkennbar war aus Ziffer II.1.5 der europaweiten Bekanntmachung die Verbindung des Lieferauftrags mit dem dort benannten Managementkonzept sowie aus Ziffer IV 1.1 die Anwendung des beschleunigten Verhandlungsverfahrens mit einer kurzen Begründung. Als Termin für die Abgabe des Teilnahmeantrags hat die Antragsgegnerin den 08.06.2012 festgelegt. Das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 25.06.2012 wurde deutlich später erstellt. Dennoch ist die Rüge nicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert, da die Darstellung des Managementkonzeptes in der öffentlichen Bekanntmachung noch nicht erkennen lässt, dass auch in der Leistungsbeschreibung keine detailliertere Information folgen werde. Also waren die später gerügten Vergaberechtsverstöße nicht aufgrund der Bekanntmachung und bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrags objektiv erkennbar.
Die Antragstellerin hat den Nachprüfungsantrag rechtzeitig gem. § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt. Danach ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine echte Rechtsbehelfsfrist, die durch einen ausführlichen Hinweis in der Vergabebekanntmachung in Kraft zu setzen ist. Die Antragsgegnerin hat unter Ziff. VI 4.2 der Vergabebekanntmachung auf die Rechtsbehelfsfrist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB hingewiesen, diese Rechtsbehelfsfrist somit in Kraft gesetzt. Sie hat ferner mit Schriftsatz vom 02.07.2012 der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie zumindest den o. g. Rügen nicht abhelfen werde. Somit war der Nachprüfungsantrag spätestens bis zum 17.07.2012 zu erheben. Die Antragstellerin hat diese Frist mit Erhebung des Nachprüfungsantrages am 17.07.2012 gewahrt.
2.
Die Antragsgegnerin hat durch die gewählte Form der funktionalen Leistungsbeschreibung mit der Wahl eines pauschalierten einheitlichen Versorgungspreises nicht gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung verstoßen (vgl. nachfolgend 2. a). Es genügt den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung, wenn die geforderte Darstellung branchenüblicher begleitender Dienstleistungen sich auf in der Branche bekannte Stichworte beschränkt (vgl. nachfolgend 2. b).
a)
Die Antragstellerin ist durch die Verpflichtung, für jedes Los einen fixen und einheitlichen Versorgungspreis bezogen auf den jeweiligen Operationsschlüssel (OPS) anzubieten, nicht in ihren Rechten aus § 8 EG Abs. 1 VOL/A verletzt. Gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind.
Die Vergabekammer vertritt die Auffassung, dass ein ungewöhnliches Wagnis auch nach Wegfall der früher in § 8 Abs. 3 VOL/A, Ausgabe 2006, enthaltenen ausdrücklichen Regelung zum ungewöhnlichen Wagnis auch jetzt nicht dem Auftragnehmer übertragen werden kann. Das Verbot der Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses ist im Gebot der eindeutigen Leistungsbeschreibung gem. § 8 EG Abs. 1 VOL/A enthalten (vgl. VgK Niedersachsen, Beschluss vom 04.10.2011 - VgK-26/2011, OLG Dresden, Beschluss vom 19.05.2011 - 1/SVK/015/11; OLG Jena, Beschluss vom22.08.2011 - 9 Verg 2/11; a.A. Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage 2011, § 8 EG, Rz. 37 f; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 96/11).
Hier handelt es sich bedingt durch die funktionale und streng produktneutrale Leistungsbeschreibung, aber auch durch die Vorgabe, in jedem Los 80% der Versorgungsarten abdecken zu müssen, um eine komplizierte und nicht leicht zugängliche Leistungsbeschreibung. Gleichwohl ist die Leistungsbeschreibung für einen fachkundigen Bieter abgesehen von hier wegen der Präklusion nicht zu erörternden Ausnahmen eindeutig und erschöpfend.
Die Forderung nach einem fixen und einheitlichen Versorgungspreis unabhängig von der Art der tatsächlich im Rahmen der Einzelabrufe eingesetzten Implantate schöpft den Bereich des dem öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung einzuräumenden weiten Beurteilungsspielraums lediglich aus.
Der Auftraggeber trägt die Verantwortung für die Erstellung der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Da er die benötigte Leistung durch die von ihm vorgegebene Leistungsbeschreibung spezifiziert, legt der Auftraggeber prinzipiell auch die Risiken fest, die der Auftragnehmer später mit der Ausführung seiner Leistung übernimmt. Der Auftragnehmer trägt dagegen die Verantwortung für die von ihm erbrachte Leistung. Er ist grundsätzlich für die Risiken verantwortlich, die sich aus der Übernahme der vertraglichen Verpflichtung ergeben (Erfüllungsrisiko). § 8 EG Abs. 1 VOL/A soll jedenfalls unter Einbeziehung des Verbots der Übertragung ungewöhnlicher Wagnisse verhindern, dass öffentliche Nachfrager aufgrund ihrer Marktmacht den häufig auf öffentliche Aufträge angewiesenen Bietern die Vertragsbedingungen diktieren und auf diese Weise Wagnisse aufbürden können, die normale vertragliche unternehmerische Risiken übersteigen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04). Diese Vorschrift schützt nicht nur den Bieter. Mittelbar dient die Vorschrift auch den Interessen des öffentlichen Auftraggebers, indem sie ihn vor unangemessenen Preisforderungen in Folge überhöhter Risikozuschläge schützt.
Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit nach der obigen Interpretation des § 8 EG Abs. 1 VOL/A unzulässig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04; VK Bund, Beschluss vom 06.05.2005, VK III 28/05). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 EG Abs. 1 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen. Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK-74/2009)
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs und unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit der Vertragsbedingungen im Zusammenhang mit öffentlichen Finanzierungen und Erstattungen im Gesundheitswesen sind Fallpauschalen auch für Lieferanten von Implantaten jedenfalls bei der bestehenden gesetzlichen Ausgangslage, die Fallpauschalen bewusst als Mittel zur Kostensenkung im Gesundheitssystem eingeführt hat, sowie in der bestehenden Marktsituation mit einer sehr geringen Nachfragemacht der öffentlichen Auftraggeber vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Im Gesundheitssystem ist zwischen der Antragsgegnerin und den diese wesentlich finanzierenden Krankenkassen eine Abrechnung auf Basis des sog. DRG-System gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Krankenhausentgeltgesetzes i.V.m. der Verordnung zum DRG-Entgeltkatalog für das Jahr 2012, DRG-Entgeltkatalogverordnung 2012 gesetzlich vorgeschrieben. Es handelt sich somit nicht um eine interne Budgetierung der Antragsgegnerin. Diese Abrechnung nach den diagnosebezogenen Fallgruppen (Diagnosis Related Groups) ist ein Fallpauschalensystem, welches in Deutschland seit 2003 sukzessive das alte Mischsystem ablöst. Darin ist ein Anteil für Sachkosten enthalten, der wiederum - soweit geboten - einen festen Anteil für die Implantate beinhaltet. Dieser Anteil ist unabhängig davon, welches Implantat mit welcher Versorgungsqualität und welchem Kostenanteil im Einzelfall verwendet worden ist. Mit der vorliegenden Vergabe bezieht die Antragsgegnerin die Lieferanten der Implantate in dieses Abrechnungssystem und die ihr darin gesetzlich auferlegten kalkulatorischen Unsicherheiten ein. Dabei reicht sie das von ihr zu tragende Risiko nicht in voller Höhe weiter, sondern mildert es zugunsten des jeweiligen Auftragnehmers ab.
Soweit nämlich die Antragstellerin in Bezug auf die aus ihrer Sicht unklare Leistungsbeschreibung und das ihr daraus erwachsende erhebliche Kalkulationsrisiko vorgetragen hat, dass die Gefahr bestehe, dass die Bieter um in der Ausschreibung zum Zuge zu kommen, einen niedrigen, allenfalls aber durchschnittlichen Produktstandard anbieten, dann aber hochpreisige Ware abgerufen werde, besteht genau diese Gefahr durch die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens aus Sicht der Vergabekammer nicht. Die Bieter haben im Rahmen der Angebotslegung zunächst anzugeben, welche Typen von Implantaten zu welchen Preisen sie in Bezug auf die verschiedenen Versorgungsarten anbieten. Hieraus resultiert ein Hauptangebot pro Los, dessen Qualitäten durch die Typangaben hinterlegt sind. Durch die gegebene Möglichkeit, Optionen anzubieten, haben die Bieter sodann die Möglichkeit, weitere Hauptangebote zu unterbreiten, indem sie andere Qualitäten zu anderen Preisen als beim ersten Angebot anbieten. Es besteht, je nach Portfolio des jeweiligen Bieters, damit die Möglichkeit, dem Auftraggeber eine Vielzahl von Hauptangeboten mit unterschiedlichsten Qualitäten und Preisen zu unterbreiten. Die Bieter bestimmen selbst, welche Preisspanne in einem Hauptangebot enthalten ist. Alle Hauptangebote, mit unterschiedlichsten feststehenden Produktpaletten hinterlegt, durchlaufen dann den weiteren Wertungsvorgang, wobei nach den Vorgaben der Bewertungsmatrix der jeweilige Preis mit 60% und die angebotene Qualität mit 30% gewertet wird. Am Ende des Wertungsvorganges wird dann diejenige Produktpalette mit der höchsten Punktzahl bezuschlagt, d.h. diejenige, die aus Sicht des Auftraggebers das beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Nur aus dieser Produktpalette kann der Auftraggeber zukünftig Abrufe beim Bieter tätigen. Soweit aus medizinischer Sicht fallbezogen die Notwendigkeit besteht, andere Qualitäten oder Produkte zu verwenden als die bezuschlagten, ist der Auftraggeber gehalten, diese außerhalb der vorliegenden Ausschreibung zu beschaffen. Die Gefahr, dass ein nur durchschnittlicher Produktstandart angeboten wurde und dann aber ausschließlich hochpreisige Ware abgerufen wird, besteht damit aber gerade nicht. Aus Sicht der Vergabekammer handelt es sich damit um eine funktional gestaltete, produktneutral gehaltene, aber nicht unklare Leistungsbeschreibung.
Die Antragsgegnerin hat den Anbietern zudem die Möglichkeit gegeben, eine Prognose über die künftig abzurufenden Versorgungsarten mit hinreichender Sicherheit zu erstellen. In der Beantwortung der Bieterfragen 29 bis 31 hat sie gegenüber allen Bietern offengelegt, dass sie in der Produktliste den beispielhaften Jahresverbrauch abgebildet hat, um den Bietern eine Orientierung zum Umfang der bisher abgeforderten Implantate und damit zum Versorgungsumfang zu geben. Nach den Erläuterungen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ergibt die Summe der abgerufenen Teile aus der jedem Los beigefügten Materialliste jeweils die Mengenstaffel 3 des Leistungsverzeichnisses für jedes Los und entspricht dem vollständigen (100%) Jahresverbrauch des Jahres 2011.
Für einen fachkundigen, mit der Materie vertrauten Anbieter ist das auch hinreichend klar aus den Vergabeunterlagen erkennbar. Daher liegt hier kein Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung einschließlich des darin enthaltenen Verbotes, ungewöhnliche Wagnisse an den Auftragnehmer weiterzugeben, vor.
Eine nicht erschöpfende und nicht eindeutige Leistungsbeschreibung kommt nur in Betracht, wenn das Risiko auf Umständen und Ereignissen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des Anbieters liegen, von ihm nach Art der Vertragsgestaltung und nach dem allgemein geplanten Ablauf nicht zu erwarten ist und im Einzelfall wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer mit sich bringen kann (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK 74/2009).
Die Anzahl der künftig abzurufenden Implantate bezogen auf die verschiedenen Versorgungsarten liegen außerhalb des Einflussbereiches der Anbieter. Allerdings hat die Antragsgegnerin dafür Sorge getragen, dass das Risiko nicht unabschätzbar ist. Vielmehr hat sie mit der Offenlegung der abgerufenen Implantatzahlen des Jahres 2011 deutlich gemacht, welche Art von Implantaten bisher abgerufen worden sind, allerdings ohne eine Zusicherung künftiger Abnahmemengen abzugeben. Da jedoch die Bevorratung mit Implantaten weder besondere Lagerstätten voraussetzt, noch überregional mit jährlichen gravierenden Bedarfsschwankungen zu rechnen ist, begründet der Abschluss eines Rahmenvertrages ohne garantierte Abnahmeverpflichtung kein ungewöhnliches Wagnis. Die von der Antragstellerin vorgetragene Befürchtung, es würden künftig nur noch hochpreisige Produkte abgefragt werden, lässt sich aus einer medizinischen Indikation nicht herleiten. Auch ein wirtschaftlicher Vorteil der Antragsgegnerin ist nicht erkennbar, da der Vermögensvorteil, ein Implantat aus dem Hochpreissegment zu erhalten, nicht bei ihr, sondern bei dem Patienten verbleibt. Eine geänderte Behandlungspraxis ohne medizinische Indikation bleibt somit ohne ethisch vertretbares Motiv und ist daher in diesem Nachprüfungsverfahren als sachlich nicht gerechtfertigte Spekulation auf eine schädigende Absicht abzulehnen.
Wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer im Sinne einer drohenden Abhängigkeit des Auftragnehmers von einem übermächtigen Auftraggeber und damit die Gefahr eines ihm auferlegten unverhältnismäßigen Risikos können hier ausgeschlossen werden. Zwar hat die Antragsgegnerin in der Region ein beträchtliches Gewicht (xxxxxx EUR JahresumSatz 1aut Ärztezeitung vom xxxxxx.2011). Allerdings ist schon die Antragstellerin aufgrund der von ihr angegebenen Umsatzzahlen und ihrer europaweiten Aufstellung weit von der Möglichkeit eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einer Regionalklinik entfernt.
Schließlich ist Voraussetzung eines unzulässigen, ungewöhnlichen Wagnisses, dass der Auftragnehmer das Wagnis und dessen Einwirkung auf Preise und Fristen nicht im Voraus schätzen kann, so dass sowohl das "ob" des Wagnisses, als auch das "wie hoch" des Wagnisses für den Auftragnehmer ungewiss ist und er keine Möglichkeit hat, es abzuwenden. Ein Auftrag im Wert von wenigen Prozent des Jahresumsatzes kann auch bei den von der Antragstellerin benannten Risiken kein Risiko auslösen, das nicht mit üblichen Risikozuschlägen bei der Kalkulation des Preises abzufedern wäre. Daher liegt auch bei genauer Prüfung und unter Berücksichtigung des ungewöhnlichen Wagnisses keine unvollständige Leistungsbeschreibung vor.
Die Vergabekammer hat in einer ergänzenden indikativen Prüfung die ihr von der Antragsgegnerin vorgelegten Angebote daraufhin ausgewertet, ob die Anbieter die Angebotsunterlagen dem Grunde nach richtig verstanden und miteinander vergleichbare Angebote unterbreitet haben. Das hat sich bestätigt. Die weit überwiegende Zahl der durchaus zahlreichen Anbieter hat wertbare Angebote abgegeben. Allerdings haben es nur wenige Anbieter auf sich genommen, den von der Antragsgegnerin gewünschten, in der Excel-Tabelle aber nicht mit einer Formel hinterlegten Gesamtversorgungspreis anzugeben. Ebenso haben nur wenige Anbieter die eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielräume genutzt, und verschiedene Optionen angeboten. Beides ist jedoch nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung.
b)
Die Antragsgegnerin hat nicht gegen das Leistungsbestimmungsgebot aus § 8 EG Abs. 1 VOL/A verstoßen, indem sie das geforderte Managementkonzept auf Blatt 4 und 11 der Aufforderung zur Angebotsabgabe in Stichworten erläuterte. Das Managementkonzept ist ausweislich des § 10 im Entwurf des Rahmenvertrags und VI 3. der Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht Gegenstand der im indikativen Angebot zwingend zu bepreisenden Leistungen. Mit dem indikativen Angebot wird lediglich eine Darstellung der das Angebot begleitenden Dienstleistungen verlangt. Art und Umfang der von den Anbietern zu erbringenden begleitenden Dienstleistungen hängen vom Inhalt der Hauptleistung ab. Da schon die Hauptleistung einer abschließenden Beschreibung im offenen Verfahren nicht zugänglich war, gilt dies auch für die sie begleitende Dienstleistungen. Die zur Beschreibung des Managementkonzepts dargestellten Unterpunkte verstoßen daher nicht gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung und verletzten die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die Darstellung ist auch ausweislich der vorgelegten Angebote aus der Sicht eines fachkundigen Bieters ohne weiteres nachvollziehbar und verglichen mit andern von der Vergabekammer entschiedenen Fällen vergleichsweise hilfreich beschrieben (vgl. VgK-39/2010 Beschluss vom 05.10.2010, sog. "Technischer Wert" mit den Unterkriterien Bauverfahren, Bauablauf; VgK-21/2007, Beschluss vom 22.06.2007 "Technischer Wert" mit den beiden Unterkriterien Bauablauf, Geräteliste). Die Antragstellerin hat zwar richtig darauf hingewiesen, dass der Spielraum der Anbieter bei dieser Position grenzenlos ist, das erforderliche Korrektiv ergibt sich jedoch aus der Bewertung durch die Antragsgegnerin.
So ist die "Sicherstellung der ausreichenden Instrumentenversorgung aller Standorte" notwendige Voraussetzung für die Vergabe. Die Zahl der Standorte ist auf Blatt 3 der Aufforderung zur Angebotsabgabe mit 12 und damit hinreichend konkret angegeben.
Der "Vorhalt der Konsignationsware in ausreichender Artikelmenge und -breite" ist für einen fachkundigen Anbieter nicht erklärungsbedürftig. Konsignationsware ist Ware, die am Standort des Auftraggebers vorgehalten wird, allerdings bis zur Verwendung im Eigentum des Auftragnehmers bleibt. Es handelt sich nicht um eine Neuerung, sondern um ein nicht nur im medizinischen Bereich allgemein übliches, der Antragstellerin bekanntes Verfahren.
Die "Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes" ist gleichfalls weder eine Neuerung noch ein besonders erläuterungsbedürftiger Vorgang. Aus der Auswertung der Angebote ergibt sich, dass die Anbieter hierunter auch einfache, aber effiziente Abrufsysteme verstanden haben.
Gleiches gilt für die "kontinuierliche Optimierung des Bestell- und Logistikkonzepts" aller Standorte. Hier genügt die Darstellung des eigenen Bestell- und Logistikkonzeptes.
Auch die Schulung des Personals ist nicht gesondert erklärungsbedürftig. Zwar hat die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass es keinen sachlichen Grund gibt, zwischen den inhaltlichen Anforderungen einer Leistungsbeschreibung als Nebenleistung oder als Hauptleistung zu differenzieren. Daher hätte die Antragsgegnerin die Leistungsbeschreibung auch so ausgestalten können, dass sie eine bestimmte Zahl von Kursen mit vorgegebener Schulungsdauer, definierten Inhalten und eine zulässigen Mindest- bzw. Höchstzahl der Teilnehmer je Kurs vorgibt. Andererseits ist es nicht möglich, angesichts des hier vorliegenden konkreten Vergabegegenstandes die notwendigen Anforderungen an die hier funktional gestaltete Leistungsbeschreibung aus anderen, nur scheinbar vergleichbaren Vergaben zu übertragen.
Hier sind die Vergabeunterlagen bewusst so konzipiert, dass der jeweilige Bieter einen maßgeblichen Einfluss auf den Umfang der erforderlichen Schulungsmaßnahmen hat. Letztendlich entscheiden das Produkt und das Konzept des Bieters darüber, wie viele Teilnehmer je Los über welchen Zeitraum zu schulen sind, um das Ziel eines sicheren Umgang mit den jeweiligen Instrumenten des Anbieters zu gewährleisten. Kompliziert und aufwändig einzubauende Implantate, die eventuell von einem größeren OP-Team eingebaut werden müssen, erfordern einen hohen Schulungsaufwand, einfache oder sogar bereits in der Klinik verwendete Implantate ermöglichen einen geringen oder sogar keinen Schulungsaufwand.
Die "Begleitung der reibungslosen Einführung der neuen Produkte an allen Standorten" ist ebenfalls nicht erklärungsbedürftig. Hier kann jeder Anbieter gemäß seiner Einschätzung darstellen, welche Dienstleistungen er zur reibungslosen Einführung erbringen werde. Die Antragsgegnerin hat mit der Aussage in der mündlichen Verhandlung, dass einzelne Anbieter auch die Begleitung im OP-Raum angeboten hätten, diese beispielhaft erläutert.
Die "kontinuierliche Identifikation, Vorbereitung und Umsetzung von standortübergreifenden Produktstandardisierungen und -harmonisierungen" erschöpft sich ebenfalls in der kurzen Darstellung einer Bereitschaft des Bieters, den Auftraggeber in der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit zu unterstützen.
Aus der obigen Auswertung der vorliegenden Angebote ergibt sich, dass kaum ein Anbieter Probleme hatte, die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Konkretisierungen des Managementkonzeptes mit einer Darstellung der eigenen Leistungsfähigkeit zu beantworten.
c)
Selbst unter der Annahme, dass die Antragstellerin mit ihrem Einwand, ihre Rechte seien durch eine unzulässige nachträgliche Eingrenzung der Vergabe auf Standardversorgung und eine beabsichtigte Vergabe an Dritte in Bezug auf Auftragsbestandteile beeinträchtigt, nicht präkludiert sei (vgl. Ziffer 1. e) Blatt 11), wäre der Nachprüfungsantrag insoweit unbegründet.
Die Antragstellerin ist nicht dadurch beschwert, dass die Antragsgegnerin abseits dieses Vergabeverfahrens weitere Beschaffungen vornimmt. Den Gegenstand der Vergabe bestimmt in Ausübung seines unter Ziffer 2. a) dargestellten Leistungsbestimmungsrechts ausschließlich der Auftraggeber. Es ist ihm gerade im Verhandlungsverfahren möglich, eine zuvor den Anbietern offengelegte geringe Variation des Leistungsgegenstandes zuzulassen (Maibaum in Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht, § 101, Rz. 73; OLG Celle, Beschluss vom 16.01.2002, 13 Verg 1/02; Haak/Preißinger in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR, 2. Auflage, 3. Los, § 101, Rdnr. 20). Die Antragsgegnerin hat gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ziffer VI 3. offengelegt, dass sie den Zuschlag auch auf Angebote erteilen wolle, die nur mindestens 80% der Versorgungsarten umfassen. Damit war klar, dass sie sich zumindest vorbehält, die höchstens weiteren 20% entweder im Rahmen des Verhandlungsverfahrens oder auf anderem Wege zu beschaffen. Bei dieser Modifikation des Auftragsgegenstandes handelt es sich um die später im Nachprüfungsverfahren als Spezialversorgungen bezeichneten Beschaffungen. Die Antragstellerin hat die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht gerügt. Wenn am Ende des Verhandlungsverfahrens feststeht, dass einzelne Spezialversorgungen hier nicht bezuschlagt werden, wird die Antragsgegnerin, die hier als eine der ersten aus dem öffentlichen Sektor ihrer Branche bei der Implantatbeschaffung den Weg des Vergaberechts beschritten hat, pflichtgemäß entscheiden, ob die Beschaffungen der weiteren Spezialversorgungen planbar, somit nach Vergaberecht, oder dringlich gemäß § Abs. 3 b) VOL/A nach den Erfordernissen auf dem OP-Tisch zu erfolgen hat.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).
Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 EUR, die Höchstgebühr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach der Schätzung der Antragsgegnerin für die Lose 3 bis 12 an denen die Antragstellerin ihr Interesse bekundet hat, xxxxxx EUR netto, mithin xxxxxx EUR brutto. Dies entspricht ihrem Interesse am Auftrag.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxx EUR. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat sie die Kosten zu tragen.
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin als Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten.
Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme desGWB sind, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.
Hier handelt es sich um eine aufwändige funktionale Leistungsbeschreibung in Kombination mit dem nur ausnahmsweise zulässigen Verhandlungsverfahren, zudem in einem Umfeld, das vergaberechtlich weitgehend als unerschlossen zu gelten hat. Hier ist auch für eine vergaberechtlich erfahrene Auftraggeberin wie die Antragsgegnerin die anwaltliche Begleitung ohne Weiteres geboten.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.