Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 26.06.2012, Az.: VgK-18/2012

Europaweite Ausschreibung der Entwurfsplanung einer beidseitigen Rastanlage an der BAB mit der Möglichkeit der Reduzierung des Honorars

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
26.06.2012
Aktenzeichen
VgK-18/2012
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 23258
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, vertreten durch die Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Regionaler Geschäftsbereich xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren "Entwurfsplanung einer beidseitigen Rastanlage an der BAB xxxxxx im Bereich xxxxxx"
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende Regierungsdirektorin Dr. Raab, den hauptamtlichen Beisitzer Baurat Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Dierks auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2012
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Beigeladene notwendig.

Begründung

1

I.

Die Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2011 die Entwurfsplanung einer beidseitigen Rastanlage an der BAB xxxxxx im Bereich von xxxxxx europaweit als Verhandlungsverfahren gemäß VOF ausgeschrieben. Es war beabsichtigt, zunächst die Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI zu beauftragen, die Leistungsphase 5 sollte als mögliche Option abgefragt werden.

2

Gemäß Abschnitt IV.2.1 der Vergabebekanntmachung sollte der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen. Hierbei sollte der Preis mit 50 %, der fachliche und technische Wert mit 40 % und die Qualität mit 10 % gewichtet werden. Den Bewerbungsunterlagen für die erste Stufe des Verhandlungsverfahrens beigefügt war eine Bewertungsmatrix mit den bekannt gegebenen Kriterien, weiteren Unterkriterien und deren prozentualer Gewichtung sowie den Vorgaben für die Punktevergabe innerhalb der verschiedenen Kriterien für die erste und die zweite Stufe des Verfahrens. Die Punktevergabe für die zweite Stufe des Verfahrens wurde im Abschnitt 10.2 des Formblattes "Aufforderung zur Angebotsabgabe" noch näher erläutert. Gemäß der Leistungsbeschreibung war zur Ermittlung des Honorars von anrechenbaren Kosten von xxxxxx € pro Rastanlage auszugehen. Das Honorar sollte entsprechend den Vergabeunterlagen für jede Rastanlage einzeln berechnet und ausgewiesen werden. Hinweise auf Honorarminderungsmöglichkeiten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder § 11 Abs. 2 HOAI enthielten die Vergabeunterlagen nicht. Eine Honorarzone wurde durch die Antragsgegnerin ebenfalls nicht vorgegeben.

3

Nach einer Vorauswahl anhand der bekannt gegebenen Wertungskriterien wurden sechs Bewerber zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. Alle Bieter wählten die Honorarzone 2 der HOAI und boten den dortigen Mindestsatz an. Drei Bieter boten eine Reduzierung des Honorars entsprechend § 11 Abs. 2 für die zweite Rastanlage über die Leistungsphasen 1 bis 5 an, darunter die jetzige Antragstellerin. Ein weiterer Bieter bot eine Reduzierung für die zweite Anlage über die Leistungsphasen 1 bis 4 an. Zwei Bieter erstellten ihr Angebot auf der Grundlage für getrennte Objekte gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 ohne Honorarreduzierung, darunter die jetzige Beigeladene.

4

Nachdem die Antragsgegnerin mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 06.03.2012 mitgeteilt hatte, den Zuschlag auf das Angebot der jetzigen Antragstellerin erteilen zu wollen, beantragte die jetzige Beigeladene nach vorheriger Rüge die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründete ihren Nachprüfungsantrag im Wesentlichen damit, dass die Antragsgegnerin offensichtlich beabsichtige, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, das unterhalb der Mindestsätze der HOAI liegen würde. Dies würde sich aus dem mitgeteilten Punkteabstand zum erstplatzierten Bieter und der Tatsache ergeben, dass sie selbst den Mindestsatz der Honorarzone 2 der HOAI angeboten habe. In dem damaligen Nachprüfungsverfahren teilte die Vergabekammer der Antragsgegnerin mit, dass aus ihrer Sicht eine mögliche Honorarminderung gemäß dem § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 bzw. dem § 11 Abs. 2 HOAI allen Bietern vor Angebotsabgabe hätte bekannt gegeben werden müssen, da es sich bei den dortigen Formulierungen ("weitgehend vergleichbare Objektbedingungen im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang" bzw. "im Wesentlichen gleichartige Objekte im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang") um durchaus unterschiedlich interpretierbare Begrifflichkeiten handele. Hieraufhin teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie unter Berücksichtigung dieses Hinweises erneut in die Angebotswertung eintreten werde. Auf dieses Schreiben hin erklärten Antragstellerin und Antragsgegnerin das Nachprüfungsverfahren übereinstimmend für erledigt.

5

Mit Schreiben vom 17.04.2012 teilte die Antragsgegnerin allen Bietern mit, dass sie aufgrund des Nachprüfungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt sei, dass im vorliegenden Vergabeverfahren eine Honorarminderungsmöglichkeit des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI zur Anwendung kommen könne. Die Antragsgegnerin berechnete die Angebotssummen auf Basis des Mindestsatzes der Honorarzone 2, der gegebenen Honorarminderungsmöglichkeit und der jeweils angebotenen Nebenkosten neu, teilte diese den Bietern mit und bat um schriftliche Erklärung bis zum 25.04.2012, ob sie unter diesen Voraussetzungen zu der neu berechneten Angebotssumme stehen würden. Nach erfolgter Bestätigung durch alle Bieter beabsichtige die Antragsgegnerin, die Angebotswertung in Bezug auf das Honorar erneut durchzuführen und die Bieter gemäߧ 101a GWB über das Ergebnis zu informieren.

6

Fünf der sechs Bieter erklärten fristgerecht, dass sie mit der vorgeschlagenen Verfahrensweise einverstanden seien. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 19.04.2012 und ergänzendem Schreiben vom 25.04.2012 das Vorgehen der Antragsgegnerin. Sie begründete ihre Rüge im Wesentlichen damit, dass sie weiterhin von einer Honorarminderungsmöglichkeit des § 11 Abs. 2 ausgehe, ihr ursprünglich vorgelegtes Angebot damit die Mindestsätze der HOAI nicht unterschreite und folglich wertbar sei und Bieter, die über den Mindestsätzen angeboten hatten, nunmehr durch das Vorgehen der Antragsgegnerin eine vergaberechtlich unzulässige Abpreisung erfahren würden. Die Antragsgegnerin trat dem Vorbringen der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.04.2012 entgegen und wies die Rüge vollumfänglich zurück.

7

Auf die Rügezurückweisung hin beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie habe mit ihrem finalen Angebot ein zuschlagsfähiges Angebot abgegeben, das sich unter Anwendung des § 11 Abs. 2 im Rahmen der zulässigen Mindest- und Höchstsätze der HOAI bewege. Der § 11 Abs. 2 HOAI sei anzuwenden, soweit der Auftrag mehrere im Wesentlichen gleichartige Objekte umfasse, die im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang unter gleichen baulichen Verhältnissen geplant oder errichtet werden sollen. Dies sei vorliegend der Fall. Gegenstand der Aufgabe sei die Planung einer beidseitigen unbewirtschafteten Rastanlage an der BAB xxxxxx. Die Antragsgegnerin habe im Vergabeverfahren identische funktionale Vorgaben für beide Rastanlagen gemacht. Dies habe sowohl die Hochbauten (WCs) wie auch die Ver- und Entsorgungsanlagen, wie Wasserversorgung, Stromversorgung, Schmutzwasser- und Regenwasserentsorgung sowie die Verkehrsanlagen betroffen. Relevante Unterschiede für die beiden Anlagen seien aus der Aufgabenstellung nicht zu erkennen. Unerheblich seien in diesem Zusammenhang geringfügige Unterschiede in der vorhandenen Topografie der Rastanlagen sowie beim landschaftlichen Umfeld und dem nachgeordneten Straßennetz. Genau diese Auffassung habe auch die Antragsgegnerin in dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren in ihrer Rügeantwort vom 12.03.2012 und in ihrer Antragserwiderung vom 23.03.2012 vertreten. Die Voraussetzungen für eine Honorarminderung entsprechend dem § 11 Abs. 2 HOAI hätten deshalb vorgelegen.

8

Es hätte im Weiteren auch kein Grund für die Antragsgegnerin gegeben, Honorarangebote von Bietern neu zu bewerten, deren ursprüngliches Angebot den nunmehr von der Vergabestelle ermittelten Mindestsatz unter Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI überschritten hätten. In der Rechtsprechung sei lediglich anerkannt, dass Honorarangebote, die den Mindestsatz der HOAI nicht erreichen würden, nicht ohne Aufklärung durch die Vergabestelle ausgeschlossen werden dürften. Eine Neubewertung von Angeboten, die auch nach Neuberechnung der Vergabestelle über dem Mindestsatz der HOAI liegen würden, sei aber nicht möglich. Habe ein Bieter ein Honorarangebot abgegeben, das über den Mindestsätzen liege, so stehe ihm kein Recht zu, dass die Vergabestelle dieses nunmehr im Rahmen einer "Nachverhandlung" nach unten korrigiere und dadurch seine Position in der Angebotswertung insgesamt verbessere. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin gegen den Wettbewerbsgrundsatz verstoßen, indem sie den Bietern in ihrem Schreiben vom 17.04.2012 die Anwendung des Mindestsatzes der HOAI vorgeschrieben habe. Die Angebotsautonomie der Bieter erlaube es diesen, ein Angebot zwischen Mindest- und Höchstsatz der HOAI abzugeben. Eine Neubewertung von Angeboten, die über dem Mindestsatz liegen würden, sei unzulässig.

9

Darüber hinaus sei der Beigeladenen die Bewertungsmatrix aus dem vorangegangenem Nachprüfungsverfahren bekannt gewesen. Dadurch habe sich der Beigeladenen die Möglichkeit eröffnet, ihr Honorarangebot in Kenntnis dieser Matrix anzupassen. Dieser Wissensvorsprung stelle einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil dar.

10

Aus der Akteneinsicht hätten sich zudem weitere Vergabeverstöße ergeben. So habe die Beigeladene in der Bewertungsmatrix vom 21.02.2012 für das Kriterium "Erfahrung Projektleiter und Stellvertreter" insgesamt 15 Punkte, in der Bewertungsmatrix vom 14.04.2012 jedoch 20 Punkte erhalten, ohne dass diese Änderungen bekannt gegeben oder dokumentiert worden seien. Ebenso wenig sei die Bewertung des Kriteriums "Stundensätze" erklärbar. Obwohl nach der Erläuterung in der Matrix eine Bewertung nach Ranking von 0 bis 5 Punkten vorgenommen werden sollte, hätten drei Bieter 0 Punkte, die Beigeladene die volle Punktzahl und der zweitplatzierte Bieter 1,369 Punkte erhalten. Das Zustandekommen dieser Punktzahl sei nicht nachvollziehbar dokumentiert.

11

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das die Mindestsätze der HOAI erreichende finale Angebot der Antragstellerin unverändert in die Angebotswertung aufzunehmen. Im Übrigen wird die Antragsgegnerin verpflichtet, das die Mindestsätze der HOAI erreichende finale Angebot anderer Bieter ebenfalls unverändert in die Angebotswertung aufzunehmen und nur die finalen Angebot, die die Mindestsätze der HOAI unterschreiten, nach einer privatautonomen Preiskorrektur des jeweiligen Bieters, die zunächst zum Erreichen der Mindestsätze der HOAI führt, in die Angebotswertung aufzunehmen.

  2. 2.

    Hilfsweise wird beantragt:

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die zweite Stufe des Verhandlungsverfahrens ab der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

  3. 3.

    Äußerst hilfsweise wird beantragt,

    das Vergabeverfahren insgesamt aufzuheben.

  4. 4.

    Es wird weiter beantragt:

    Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt. Der Antragsgegnerin werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen auferlegt.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

13

Hilfsweise wird beantragt,

das Verhandlungsverfahren in den Stand der zweiten Stufe, vor Abgabe des finalen Angebotes, jedoch nach Durchführung der Verhandlungsgespräche, zu versetzen.

14

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin habe die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI mit Schreiben vom 19.04.2012 zwar unverzüglich gerügt, habe dann jedoch mit ergänzendem Schreiben vom 25.04.2012 ihre Zustimmung zum weiteren Vorgehen erteilt. Durch diese Zustimmung sei der Nachprüfungsantrag unzulässig. Darüber hinaus sei der Antrag aber auch unbegründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 und die Honoraranpassung aller Angebote durch die Antragsgegnerin wende.

15

Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI sei zu klären, ob es sich um vergleichbare, also ähnliche, sinngemäße Objekte oder gleichartige, also übereinstimmende, identische Objekte handele. Im vorliegenden Falle würden sich die angrenzende Lage des Autobahnkreuzes xxxxxx sowie der Ortschaften xxxxxx und xxxxxx merklich auf die Planung der südlichen Rastlage auswirken. Die Ausgestaltung der beiden Rastanlagen werde sich insbesondere hinsichtlich der Anbindung an die BAB unter Beachtung von Zwangspunkten, der Gestaltung des Lärm- und Sichtschutzes, der Einbindung in die Landschaft, der Planung von Ver- und Entsorgungsanlagen und letztlich auch in den Herstellungskosten unterscheiden. Somit seien die Anforderungen des§ 11 Abs. 2 HOAI bei dieser Planung nicht erfüllt und damit der § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 anwendbar.

16

Hinsichtlich der erfolgten Honoraranpassung durch die Antragsgegnerin sei der Prüfungsmaßstab des § 11 Abs. 5 Satz 3 VOF maßgeblich, der sich auf § 7 Abs. 1 HOAI beziehe. Danach sei ein Preiswettbewerb nur innerhalb der Mindest- und Höchstsätze zulässig. Die finalen Angebote aus dem Januar 2012 aller sechs Bieter hätten aber im Vergleich zu den sich aus § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 ergebenden Honoraren entweder unterhalb des Mindestsatzes oder oberhalb des Höchstsatzes gelegen. Um die Möglichkeit auszuschließen, dass die Bieter ihren Preis so gestalten, dass sie den Auftrag erhalten, sowie keine Bieter wegen Über- oder Unterschreitung der Mindest- bzw. Höchstsätze ausschließen zu müssen, habe die Vergabestelle unter Anwendung des maßgeblichen § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI die Angebote gemäß dem zwingenden Preisrecht der HOAI angepasst und die Bieter um Bestätigung gebeten. Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 VOF könne hierin nicht gesehen werden, da es sich bei dieser Änderung nicht um ein Nachverhandeln, sondern um eine Honoraranpassung an die gesetzlichen Vorgaben gehandelt habe. Die Antragsgegnerin habe den Bietern die Mindestsätze der HOAI auch nicht "aufgezwungen", wie die Antragstellerin meine. Die Bieter seien um Zustimmung zum Vorgehen gebeten worden. Allen Bietern hätte es freigestanden, ihre Angebote innerhalb des Honorarrahmens anzupassen und dies der Antragsgegnerin mitzuteilen. Eine zwingende Preisvorgabe sei durch die Antragsgegnerin damit nicht erfolgt.

17

Schließlich sei auch kein Wettbewerbsvorteil für die Beigeladene aus der Kenntnis der Bewertungsmatrix aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren entstanden. Auch der Antragstellerin sei die Matrix bekannt gegeben worden. Ein Wettbewerbsvorteil ergebe sich daraus jedoch nicht, denn die Antragsgegnerin habe für alle Bieter gleichermaßen die Anpassung des Honorars nach den verbindlichen Vorgaben der HOAI durchgeführt. Alle Bieter hätten dies akzeptiert. Eine Änderung der Bieterreihenfolge konnte von keinem der Bieter durch das geänderte Honorar in der Matrix erreicht werden.

18

Die Beigeladene unterstützt den Vortrag der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.06.2012 und beantragt,

die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen,

19

hilfsweise,

das Verhandlungsverfahren in den Stand der zweiten Stufe, vor Abgabe des finalen Angebots jedoch nach Durchführung der Verhandlungsgespräche, zu versetzen.

20

Weiter wird beantragt,

die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen für notwendig zu erklären und der Antragstellerin die Kosten insoweit aufzuerlegen.

21

Die Vergabekammer hat mit Verfügung der Vorsitzenden vom 05.06.2012 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 02.07.2012 verlängert.

22

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2012 und die Vergabeakte Bezug genommen.

23

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin wird nicht in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Antragsgegnerin hat das Vergabeverfahren nach dem Hinweis der Vergabekammer im vorausgegangenen Nachprüfungsverfahren VgK-10/2012 dem Vergaberecht entsprechend fortgesetzt, dabei insbesondere den Wettbewerbs- und Gleichheitsgrundsatz gewahrt.

24

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin ist eine öffentliche Auftraggeberin gemäߧ 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Der für die vorliegende Ausschreibung geltende Schwellenwert liegt bei der Vergabe von freiberuflichen Dienstleistungen gemäß § 2 Nr. 2 VgV bei 200.000 € netto. Auftragsgegenstand des anhängigen Nachprüfungsverfahrens ist die Entwurfsplanung einer beidseitigen Rastanlage an der BAB xxxxxx im Bereich xxxxxx Der zu Grunde zu legende Auftragswert ist nicht nach einem Angebot der Antragstellerin zu ermitteln, sondern nach der Kostenschätzung der Antragsgegnerin gem. § 3 VgV. Diese ermittelte einen voraussichtlichen Auftragswert von xxxxxx € netto pro Rastanlage. Die Planung erfolgt für eine beidseitige Rastanlage an der BAB xxxxxx, so dass sich ein Auftragswert von insgesamt xxxxxx € netto ergibt. Somit erreicht der Gesamtauftragswert den für den Dienstleistungsauftrag maßgeblichen Schwellenwert.

25

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterunternehmen im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Sie vertritt die Auffassung, die Antragsgegnerin habe rechtsfehlerhaft eine Neuberechnung der Angebotspreise sowie eine Neubewertung der Angebote vorgenommen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt, das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass die Antragsgegnerin vergaberechtswidrig eine Neuberechnung der Angebotspreise aller Bieter auf der Basis von § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI durchgeführt habe. Da die Antragstellerin mit ihrem finalen Angebot jedenfalls vor der anschließenden Neubewertung auf dem ersten Rang gelegen hat, ist sie ohne Weiteres antragsbefugt.

26

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt, und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00.

27

Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der vergaberechtlichen Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von 1 bis 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/04; Bechtolt, GWB, § 107, Rdnr. 2). Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt eine Rügefrist von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB zumindest regelmäßig nicht (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: WVerg 13/06). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau2000, S. 45 ff.), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.

28

Nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.04.2012 alle Bieter des Vergabeverfahrens aufgefordert hat zu erklären, ob sie bei Anwendung von § 11 Abs. 1 HOAI zu ihrem Angebot mit den vom Antragsgegner nachgerechneten Preisen stehen würden, und angekündigt hat, die Wertung des Kriteriums Preis zu wiederholen, hat die Antragstellerin diese Vorgehensweise mit Schreiben vom 19.04.2012 unverzüglich gerügt. Auch hat die Antragstellerin die 15-Tages-Frist aus § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB eingehalten.

29

Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Obgleich die Antragstellerin den von der Antragsgegnerin für ihr Angebot neu ermittelten Preis bestätigt hat, hat sie sich gerade nicht mit der vom Antragsgegner gewählten Vorgehensweise einverstanden erklärt. Beides lässt sich voneinander trennen. Der Antragstellerin kann hier nicht abgesprochen werden, zweigleisig ihre Rechte zu wahren und weiter am Vergabeverfahren teilzunehmen.

30

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht in ihren Rechten i. S. der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Antragsgegnerin hat das Vergabeverfahren nach dem Hinweis der Vergabekammer im vorausgegangenen Nachprüfungsverfahren VgK-10/2012 dem Vergaberecht entsprechend fortgesetzt.

31

In dem damaligen Nachprüfungsverfahren teilte die Vergabekammer der Antragsgegnerin mit, dass aus ihrer Sicht eine mögliche Honorarminderung gemäß dem § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 bzw. dem § 11 Abs. 2 HOAI allen Bietern vor Angebotsabgabe hätte bekannt gegeben werden müssen, da es sich bei den dortigen Formulierungen ("weitgehend vergleichbare Objektbedingungen im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang" bzw. "im Wesentlichen gleichartige Objekte im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang") um durchaus unterschiedlich interpretierbare Begrifflichkeiten handele. Dies zeigte sich in den ursprünglichen Angeboten der sechs nach dem Teilnahmewettbewerb verbliebenen Bieter: Drei Bieter - darunter die jetzige Antragstellerin - boten eine Reduzierung des Honorars entsprechend § 11 Abs. 2 HOAI für die zweite Rastanlage über die Leistungsphasen 1 bis 5 an, ein weiterer Bieter bot eine Reduzierung für die zweite Anlage über die Leistungsphasen 1 bis 4 an, sowie zwei Bieter - darunter die jetzige Beigeladene - erstellten ihr Angebot auf der Grundlage von getrennten Objekten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 ohne Honorarreduzierung. Die Vergabekammer wies darauf hin, dass in dieser Situation angesichts einer Gewichtung des Preises mit 50 % keine vergleichbaren Angebote vorliegen würden. Die Unterschiede bei den Punkten für den Preis in der damaligen Bewertungsmatrix vom 17.04.2012 waren extrem, obgleich alle Bieter zum Mindestsatz in der Honorarzone 2 angeboten hatten. Hinzu kam, dass die jetzige Beigeladene auf ihre Nachfrage hin eine telefonische Auskunft erhielt, die sie durch eine unwidersprochen gebliebene E-Mail vom 16.01.2012 bestätigte, nach der sie davon ausgehen musste, dass ohne Honorarminderungsmöglichkeit anzubieten war. Der bestätigenden E-Mail lässt sich entnehmen, dass die jetzige Beigeladene in die Irre geleitet wurde. Sie lautet wie folgt: "Sehr geehrte Frau xxxxxx, der guten Ordnung halber möchte ich hiermit ihre Aussage auf meine heutige telefonische Anfrage bestätigen. Sie teilten mit, dass ... und dass die Honorare für Rastanlage 1 und Rastanlage 2 getrennt ermittelt und aufaddiert werden müssen. Frei wählbar sind somit, neben den Stunden und Tagessätzen, nur die Honorarzone sowie die Nebenkosten. Insofern wird sich das Honorar gegenüber unserem Erstangebot erhöhen, und eine Bestätigung unseres Erstangebots - wie im Auftragsgespräch am 10.01.2012 von Frau xxxxxx angesprochen - ist somit nicht möglich".

32

Die Antragsgegnerin hat den Bietern auf den Hinweis der Vergabekammer nunmehr zu Recht eine Honorarminderungsmöglichkeit vorgegeben und sich dabei entgegen ihrer anfänglich schriftsätzlich im Nachprüfungsverfahren VgK-10/2012 geäußerten Annahme, es sei von § 11 Abs. 2 HOAI auszugehen, nach detaillierter Prüfung mit ausführlicher Begründung entschieden, dass es sich um die Situation des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI handelt. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden und entspricht der Auffassung der Vergabekammer, dass in dem Grenzfall der streitgegenständlichen beidseitig der Autobahn zu planenden Rastanlage xxxxxx schon angesichts der unterschiedlichen Bodenverhältnisse sowie der abweichenden Lärmschutzproblematik von so wesentlichen Unterschieden bei der Planung auszugehen ist, dass keine "im Wesentlichen gleichartigen Objekte" i. S. d. § 11 Abs. 2 HOAI vorliegen. So ist der Untergrund im Norden der Autobahn felsiges Gelände der Bodenklasse 7, hingegen herrschen im Süden große Bereiche mit lockeren nicht bindigen Böden der Bodenklasse 3 vor, was z. B. ganz unterschiedliche Vorgaben für die Entwässerung bedeutet. Ein Regenrückhaltebecken soll ohnehin nur auf einer Seite entstehen. An der Südseite befindet sich wegen der angrenzenden Ortschaften xxxxxx und xxxxxx ein 10 m hoher Lärmschutzwall, der für die Autobahnraststätte unterbrochen und wieder geschlossen werden muss. An der Nordseite befindet sich keine Wohnbebauung, allerdings ist Lärmschutz für LKW-Fahrer, der grundlegend anderen Anforderungen unterliegt, vorzusehen. Es ist demnach festzuhalten, dass zwar das Erfordernis des zeitlichen oder örtlichen Zusammenhangs von Planung und Errichtung gegeben ist, aber das Tatbestandsmerkmal "unter gleichen baulichen Verhältnissen" für die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 2 HOAI nicht erfüllt ist. Die Anwendbarkeit von § 11 Abs. 1 S. 2 und 3 HOAI war für die Bieter auch voraussehbar, denn die Antragsgegnerin hat in den ordnungsgemäß dokumentierten Bietergesprächen alle Bieter ausführlich auf die Randbedingungen hingewiesen, so dass die Bieter von den unterschiedlichen Verhältnissen wissen mussten.

33

Auch die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, die ihre Erkenntnis der zwingenden Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI in das Vergabeverfahren umsetzen musste, entspricht dem Vergaberecht, wahrt insbesondere den Wettbewerbs- und Gleichheitsgrundsatz. Um keine Bieter wegen Über- oder Unterschreitung der Mindest- bzw. Höchstsätze ausschließen zu müssen, hat die Vergabestelle unter Anwendung des maßgeblichen § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 HOAI die Angebote gemäß dem zwingenden Preisrecht der HOAI angepasst und die Bieter um Bestätigung gebeten. Die Antragsgegnerin hatte zuvor ermittelt, dass die finalen Angebote aller sechs Bieter aus dem Januar 2012 netto und ohne Nebenkosten entweder unterhalb des Mindestsatzes oder über dem Höchstsatz unter Anwendung des § 11 Abs. 1 HOAI lagen. Es ist anerkannt, dass die Vergabestelle im Rahmen von Nachverhandlungen die Angebote, die sich nicht in dem durch die Gebührenordnung vorgegebenen Rahmen halten, insbesondere unterhalb der Mindestsätze liegen, auf die Mindestsätze der HOAI anheben kann. Gleiches muss auch gelten, wenn die Angebote oberhalb der HOAI Sätze liegen. Dies lässt sich § 11 Abs. 5 Satz 3 VOF entnehmen, der festhält: "Ist die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten, ist der Preis nur im dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen". Damit ist dem Argument der Antragstellerin zu begegnen, die verlangt, dass die Antragsgegnerin lediglich die Honorarangebote neu bewerten solle, die die Mindestsätze der HOAI nicht erreichen, dabei § 11 Abs. 2 HOAI zugrunde legen solle.

34

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass selbst wenn mit der Antragstellerin von der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 2 HOAI auszugehen wäre, die Antragsgegnerin dies wegen der herzustellenden Vergleichbarkeit der Angebote ebenso hätte vorgeben und die Angebote anpassen müssen, wobei sich auch keine Änderung der Bieterreihenfolge ergeben würde.

35

Es ist auch kein Wettbewerbsvorteil für die Beigeladene aus der Kenntnis der Bewertungsmatrix aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren entstanden. Beiden Bietern, also auch der Antragstellerin, ist die Matrix bekannt gegeben worden. Ein Wettbewerbsvorteil ergibt sich daraus nicht, denn die Antragsgegnerin hat für die sechs Bieter, die alle zum Mindestsatz in Honorarzone 2 angeboten hatten, gleichermaßen die Anpassung des Honorars nach den verbindlichen Vorgaben der HOAI durchgeführt. Im Gegenteil: Durch die Anpassung hat die Antragsgegnerin die Möglichkeit ausgeschlossen, dass die Bieter ihren Preis nunmehr in Kenntnis der Matrix so gestalten, dass sie den Auftrag erhalten.

36

Die Antragsgegnerin hat den Bietern ihren Preis auch nicht "aufgezwungen", wie die Antragstellerin meint. Die Bieter sind um Zustimmung zum Vorgehen und zur Honoraranpassung gebeten worden. Allen Bietern hat es dabei jedenfalls freigestanden, zuzustimmen oder abzulehnen. Alle Bieter - die Antragstellerin eingeschlossen - haben jedoch den angepassten Preis akzeptiert. Für die Beigeladene bedeutet die Preisanpassung seitens der Antragsgegnerin, dass ihr Angebot wieder exakt den ursprünglichen Preis hat, zu dem sie vor der irreführenden Auskunft der Antragsgegnerin angeboten hatte.

37

Auch ein Verstoß gegen den freien oder geheimen Wettbewerb ist nicht zu erkennen, da die Angebote vor der Preisanpassung insgesamt abgegeben und bewertet waren, nun lediglich der Preis, der ohnehin im Wettbewerb nach VOF keine große Bedeutung hat, so angepasst wurde, dass die Angebote vergleichbar sind. Der Wettbewerb hat vorher stattgefunden, die Punkte insbesondere für die Bieterpräsentation sind vergeben. Die Ergebnisse des Qualitätswettbewerbs sind durch die Vorgehensweise der Antragsgegnerin unverändert in die angepasste Bewertungsmatrix transportiert worden. Für eine Rückversetzung in einen früheren Verfahrensstand, die die Antragsstellerin fordert, gibt es keinen Grund, zumal die Antragsgegnerin auch für Beschleunigung gesorgt hat. Die Antragsgegnerin hat letztlich dafür Sorge getragen, dass der Preis im Rahmen der Honorarordnung berücksichtigt wird und der Qualitätswettbewerb im Vordergrund steht. Das Angebot der Beigeladenen, die für die fachliche Präsentation im Auftragsgespräch (30 % der Gesamtbewertung) die höchste Punktzahl erhalten hat, steht nunmehr an erster Stelle.

38

Dies entspricht § 11 Abs. 5 S. 3 VOF und der Rechtsprechung der Vergabekammern, nach der auch die Honorarzonen von den Auftraggebern vorzugeben sind. So hat die VK Sachsen (Beschluss v. 20.10.2011, 1 /SVK/039) entschieden, dass sich aus § 6 Abs. 1 VOF für den öffentlichen Auftraggeber die Pflicht ergebe, im Anwendungsbereich der HOAI für die zu erbringenden Planungsleistungen eine Honorarzone vorzugeben, denn nur so sei es möglich, vergleichbare Angebote zu erhalten und ein für die Bieter ungewöhnliches Wagnis auszuschließen. Gleiches gilt für die Minderungsmöglichkeiten nach § 11 HOAI, die vom Auftraggeber vorzugeben ist.

39

Sonstige Verstöße gegen das Vergaberecht sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat gerügt, dass die Beigeladene in der Bewertungsmatrix vom 21.02.2012 für das Kriterium "Erfahrung Projektleiter und Stellvertreter" insgesamt 15 Punkte, in der Bewertungsmatrix vom 17.04.2012 jedoch 20 Punkte erhalten habe, ohne dass diese Änderungen bekannt gegeben oder dokumentiert worden seien. Die Höherwertung beruht auf einer berechtigten Rüge der Beigeladenen und ist ordnungsgemäß dokumentiert. Zudem ist diese Höherwertung für das Gesamtergebnis nicht ausschlaggebend.

40

Auch die von der Antragstellerin gerügte Bewertung des Kriteriums "Stundensätze" hat die Antragsgegnerin ordnungsgemäß durchgeführt. Zwar hat die Antragsgegnerin zwischenzeitlich - wie die Antragstellerin zu Recht bemerkt hat - versehentlich in der Erläuterung der Matrix vom 17.04.2012 eine Bewertung nach Ranking von 0 bis 5 Punkten erwähnt, aber schließlich die maßgebliche Auswertung korrekt nach dem in der EU-Aufforderung zur Angebotsabgabe genannten Modus vorgenommen (s. Anlage 6 zum Vergabevermerk v. 14.05.2012). Durch die sehr gute Dokumentation des Verfahrens in den Vergabeakten ist dies ohne weiteres nachvollziehbar.

41

Mit ihrem auf Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Hilfsantrag kann die Antragstellerin erst Recht nicht durchdringen. Die Gewichtung des Preises als Zuschlagskriterium mit 50 % trotz der geringen Bedeutung ist zulässig. Im Bereich der HOAI findet ein Preiswettbewerb in der Regel ohnehin nur über die Nebenkosten statt, da es allgemein üblich ist, zu den Mindestsätzen anzubieten. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der HOAI, denn der Qualitätswettbewerb steht im Vordergrund. Zudem hat die Antragstellerin dies erst in der mündlichen Verhandlung und damit zu spät gerügt, so dass insoweit Rügepräklusion eingetreten ist.

42

Der Nachprüfungsantrag war demnach insgesamt zurückzuweisen.

43

III. Kosten

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 €, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

45

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

46

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht ausweislich der Vergabeakte der finalen Angebotssumme der Antragstellerin für ihr Angebot und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

47

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 €(§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

48

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €.

49

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

50

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen.

51

Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.

52

Die gemäß Ziffer 4 des Tenors ergangene Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".

53

Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

54

Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i. S. d. hier analog anzuwendenden § 62 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

55

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx unter Angabe des Kassenzeichens

56

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

57

xxxxxx.

IV. Rechtsbehelf

58

...

Dr. Raab
Peter
Dierks