Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.01.2012, Az.: VgK-57/2011

Ermittlung von Auftragnehmern für ein öffentliches Bauprojekt aus dem Kreis der Preisträger eines vorangegangenem Wettbewerbs; Beachtung der Vorschrift des § 3 Abs. 4 lit. b VOF bei Durchführung eines Planungswettbewerbs; Bindung eines öffentlichen Auftraggebers an die Reihenfolge der Preisgerichtsentscheidung und an die Preisgerichtsempfehlung; Abschließende Festlegung der Bewerber für einen öffentlichen Auftrag durch § 17 Abs. 1 VOF

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
10.01.2012
Aktenzeichen
VgK-57/2011
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 39625
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
...
wegen
Vergabe eines Architektenvertrages für die Planung des Neubaus eines Kurhauses in
...
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Ök. Brinkmann, auf die mündliche Verhandlung vom 10.01.2012
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in das Verhandlungsverfahren einzutreten, die Verhandlungen ausschließlich mit den Preisträgern des abgeschlossenen, mit Bekanntmachung vom ......2010 durchgeführten nicht offenen Wettbewerbs auf den Grundlagen der Richtlinien für die Planungswettbewerbe RPW 2008 durchzuführen, den Preisträgern mit der Einladung zu den Verhandlungsgesprächen die Bewertungsmatrix inklusive Gewichtung bekannt zu geben und das gesamte Verhandlungsverfahren und die dort getroffenen Entscheidungen in einer den Anforderungen des § 12 Abs. 1 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf ... EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.

Begründung

I.

Die Stadt ... beabsichtigt, auf dem Gelände des Kurparks an Stelle des vorhandenen Kurhauses ein neues Kurhausgebäude zu errichten. Hierzu hat sie mit europaweiter Bekanntmachung vom ......2010 einen nichtoffenen Wettbewerb auf den Grundlagen der Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2008 ausgeschrieben, um alternative Lösungs-vorschläge zu erhalten und einen geeigneten Architekten als Auftragnehmer für Planungsleistungen zu ermitteln. Für die Bewertung der Projekte wurden folgende Kriterien bekannt gegeben:

"Erfüllung des Raumprogramms, Erfüllung der funktionalen Anforderungen, Einhaltung planungs- und bauordnungsrechtlicher Vorschriften, Qualität der Baumassengliederung und Einbindung in die Umgebung, Qualität der Innen- und Außenraumbeziehungen, Qualität der innenräumlichen Organisation und der inneren und äußeren Erschließungssysteme, baulicher Aufwand für Baukonstruktion und betriebstechnische Einrichtungen, Einhaltung des Investitionsrahmens, voraussichtliche Höhe der Unterhaltungs- und Betriebskosten."

Für den Wettbewerb wurden als Preisgelder für den 1. Preis 16.000 EUR, für den 2. Preis 9.000 EUR, für den 3. Preis 6.000 EUR, für den 4. Preis 4.000 EUR und für Anerkennungen 3.000,- EUR ausgesetzt. In Bekanntmachung und Auslobung wurde mitgeteilt, dass 3 Teilnehmer, hierunter die Beigeladene, bereits gesetzt sind.

In der Auslobung wurde unter Ziffer 12 für den Wettbewerb vorgegeben:

"Die Missachtung der zwingenden Vorgaben der Auslobung führt zum Ausschluss der Arbeit von der Beurteilung. Zwingende Vorgaben sind:

- Einhaltung der Grenze zum Überschwemmungsgebiet

- Einhaltung des Kostenrahmens".

Unter Ziffer 14 wurde zur weiteren Bearbeitung der Aufgabe bekannt gegeben:

"Die Ausloberin erklärt, dass sie einem der Preisträger die weitere Bearbeitung der Aufgabe, zumindest die Leistungsphasen 2-5, § 33 HOAI übertragen wird,

- sofern kein wichtiger Grund einer Beauftragung entgegensteht, insbesondere

- soweit und sobald die dem Wettbewerb zugrunde liegende Aufgabe realisiert werden soll,

- soweit mindestens einer der teilnahmeberechtigten Wettbewerbsteilnehmer, dessen Wettbewerbsarbeit mit einem Preis ausgezeichnet wurde, eine ein-wandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet.

Die Ausloberin wird auf der Basis des Wettbewerbsergebnisses Anträge auf Bezuschussung stellen. Eine Realisierung der Aufgabe ist auch von der Zusage der Bezuschussung abhängig.

...

Vor einer Beauftragung mit diesem Leistungsumfang wird die Ausloberin einen oder mehrere Preisträger mit einer Kostenberechnung beauftragen, um sicherzustellen, dass die Wettbewerbsarbeit des Teilnehmers, der mit den Planungsleistungen beauftragt werden soll, innerhalb des Kostenrahmens realisiert werden kann."

Ziffer 6. "Wirtschaftliche Rahmenbedingungen" in Teil B der Auslobung enthält folgenden Hinweis:

"Die Maßnahme kann nur realisiert werden, wenn die in Aussicht gestellten Förder-mittel der N-Bank zur Verfügung gestellt werden. Nach Durchführung des Wettbewerbs wird die Stadt xxxxxx einen entsprechenden Antrag auf Förderung der Baumaßnahme stellen. Für die gesamte Baumaßnahme steht dann ein Investitionsrahmen von maximal 5,5 Mio. EUR (netto) für die Kostengruppen 200 bis 700 nach DIN 276 zur Verfügung. Diese Summe darf auf keinen Fall überschritten werden."

Ziffer 7. enthält folgende verbindliche Vorgaben:

"Die bereits erwähnte Grenze zum Überschwemmungsgebiet ist zwingend einzuhalten. Ein Verstoß hiergegen zieht den Ausschluss der Arbeit von der Bewertung nach sich. Ebenfalls verbindlich ist der einzuhaltende Kostenrahmen von EUR 6,0 Mio. (netto). Vor einer Beauftragung mit weiteren Leistungen wird die Ausloberin deshalb einen oder mehrere Preisträger mit einer Kostenberechnung beauftragen, um sicherzustellen, dass die Wettbewerbsarbeit des Teilnehmers, der mit den Planungsleistungen beauftragt werden soll, innerhalb des Kostenrahmens realisiert werden kann."

Die Vergabeakte enthält auf den Seiten 402-407 eine Zusammenstellung von zusätzlichen schriftlichen Rückfragen der Teilnehmer. Die Fragen 4.1, 34.1 und 35.1, die sich auf die Berechnung der Wirtschaftlichkeit und die Einhaltung des Investitionsrahmens beziehen, werden dahingehend beantwortet, dass die Wirtschaftlichkeit der Entwürfe über BRI, BGF und NF gemäß DIN 276 nachgewiesen werden soll. Hierzu sollen die Teilnehmer entsprechende Angaben in Form von Excel-Tabellen vorlegen. Mittels dieser Angaben werde die Vorprüfung die voraussichtlich entstehenden Kosten über BKI Baukostenvergleichswerte ermitteln. Einzuhalten ist ein Kostenrahmen von 5,5 Mio. EUR netto.

Insgesamt gingen 15 Wettbewerbsentwürfe ein. Jeder Wettbewerbsbeitrag wurde einer Vorprüfung unterzogen. Die Ergebnisse wurden jeweils in einem Vorprüfbericht festgehalten. Im zusammenfassenden "Bericht über die Vorprüfung" vom 09.11.2010 wird u.a. vermerkt:

"Die Arbeiten wurden hinsichtlich Programmerfüllung, der erreichten Nutzflächen, Bruttogeschossflächen und des Bruttorauminhaltes geprüft und die Ergebnisse tabellarisch den Vorprüfberichtsblättern der einzelnen Arbeiten angefügt und nochmals in einer Vergleichstabelle zusammengefasst. Sie können ebenso wie die ermittelten Verhältniskennwerte zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit herangezogen werden."

Am 09.11.2010 fand die Preisgerichtssitzung statt. Nach Maßgabe des hierüber gefertigten Protokolls (S. 354) schloss das Preisgericht aus den ermittelten Werten für den BRI Bruttorauminhalt auf eine Wirtschaftlichkeit/Unwirtschaftlichkeit der Erstellung des Bauwerks/des Kurhausbetriebes. Die in der Auslobung angekündigte Ermittlung der entstehenden Kosten anhand der Gebäudekennwerte und der Baukostenvergleichswerte ist in der Vergabeakte ebenso wenig dokumentiert wie eine Prüfung der Einhaltung des in der Auslobung vorgegebenen Kostenrahmens. Für den Entwurf der Antragstellerin wird vermerkt: " Die kompakte Gebäudeform lässt eine wirtschaftliche Bauweise zu; Die Unterhaltskosten dürften, trotz der großen Fensterflächen, akzeptabel sein." Für den Entwurf der Beigeladenen wird vermerkt: "Der Verfasser erkauft sich das Konzept mit einer üppigen Gebäudekubatur, die erwarten lässt, dass die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes im Vergleich zu den übrigen Arbeiten der engeren Wahl eher im unteren Bereich zu sehen ist". Nach Maßgabe des Protokolls vergab das Preisgericht einen 1. Preis und zwei 3. Preise. Der 1. Preis ging an das Architekturbüro xxxxxx, die 3. Preise an die Antragstellerin und das Architekturbüro xxxxxx. Ein 4. Preis wurde nicht vergeben. 3 Teilnehmer, hierunter die Beigeladene, erhielten eine Anerkennung.

Wann und auf welcher Basis Verhandlungen mit dem 1. Preisträger aufgenommen worden sind, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Dokumentiert sind in der Vergabeakte (S. 214 bis 341) mehrere Überarbeitungen des Wettbewerbsentwurfs des 1. Preisträgers aus den Monaten November/Dezember 2010 und Februar 2011 sowie Kostenermittlungen des 1. Preisträgers, die jüngste vom 09.02.2011.

Mit Schreiben vom 04.08.2011 wurden der 1. Preisträger und die beiden 3. Preisträger darüber informiert, dass wegen nicht gesicherter Finanzierung die Entwurfs- und Ausführungsplanung noch nicht beauftragt worden ist. Der Rat habe auch noch nicht entschieden, welcher Entwurf ggf. zur Ausführung gelangen soll. Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Vergabe der Planungsleistungen wurden der 1. Preisträger und die beiden 3. Preisträger zur Verhandlung auf Grundlage des § 11 VOF sowie des § 8 der RPW 2008 eingeladen.

Mit Email vom 22.08.2011 bat die Antragstellerin um Informationen zum gewünschten Ablauf und zu den von der Antragsgegnerin erwarteten Inhalten. Außerdem fragte sie, ob es eine Bewertungsmatrix gebe, die zur Verfügung gestellt werden könne. Die Antragsgegnerin teilte hierzu mit, eine Powerpoint-Präsentation sei nicht erforderlich, zur Erläuterung seien die Pläne aus dem Wettbewerb ausreichend. Inhalt des Gespräches würden die zu erwartenden Bau- und Betriebskosten sowie die Inhalte der Beurteilungskriterien unter Ziffer 11 und 12 der Wettbewerbsauslobung sein. Eine entsprechende Bewertungsmatrix sei zwar vorbereitet, habe den Teilnehmern aus Zeitgründen aber nicht vorher zugesandt werden können. Auch der Antragstellerin werde die Matrix erst am Termin ausgehändigt werden.

Die Verhandlungen mit den Preisträgern fanden am 16.08.2011, am 22.08.2011 und am 06.09.2011 statt. Zum Ergebnis der Verhandlungen mit dem 1. Preisträger am 16.08.2011 wird in der ergänzenden Beurteilung vom 18.08.2011 (S. 195) u.a. festgestellt:

"Kostenrahmen 5,5 Mio. EUR wird nicht eingehalten

Kostenrahmen 6,0 Mio. EUR wird nicht eingehalten

Kein Alleinstellungsmerkmal erkennbar, das Aussicht auf die erhöhte

Bezuschussung bietet

Ausschlusskriterium Kostenrahmen sicher nicht eingehalten".

Das Gespräch mit dem zweiten 3. Preisträger, xxxxxx, fand am 22.08.2011 statt. In der ergänzenden Beurteilung vom 24.08.2011 (S. 143 der Vergabeakte) wird u.a. festgestellt:

"Kostenrahmen von 5,5 Mio. EUR wird nicht eingehalten

Kostenrahmen 6,0 Mio. EUR mit Einsparungen (u.a. bei den Außenanlagen)

voraussichtlich einzuhalten".

Für diesen Bieter sind in der Bewertungsmatrix (S. 140 der Vergabeakte) insgesamt 280 Punkte eingetragen. Bezüglich der Erfüllung des Ausschlusskriteriums "Einhaltung des Kostenrahmens" ist vermerkt: "mit Ausstattung zweifelhaft".

Am 06.09.2011 wurden die Verhandlungen mit der Antragstellerin geführt. Das Protokoll wurde der Antragstellerin per Email am 18.09.2011 übersandt. Am 19.09.2011 bedankte sich die Antragstellerin in einer Email für die Übersendung des Verhandlungsprotokolls und gab folgenden Hinweis: "Eine Sache ist uns auf der Rückreise eingefallen, auf die wir Sie noch hinweisen wollten: Unseres Wissens ist gemäß den Regeln der RPW 2008 eine Vergabe nur an die Preisträger des Wettbewerbs und nicht an Ankäufe möglich." Die Antragsgegnerin reagierte auf diesen Hinweis nicht.

In der ergänzenden Beurteilung für die Antragstellerin vom 30.09.2011 (S. 114 der Vergabeakte) wird u.a. festgestellt:

"Kostenrahmen 5,5 Mio. EUR wird nicht eingehalten

Kostenrahmen 6,0 Mio. EUR erfordert Verkleinerung des Foyers

Kein Alleinstellungsmerkmal erkennbar, das Aussicht auf die erhöhte

Bezuschussung bietet".

In einer für den Entwurf der Antragstellerin erstellten Bewertungsmatrix (S. 115 der Vergabeakte) sind insgesamt 285 erreichte Punkte eingetragen.

Auf den Matrizen beider 3. Preisträger hat die Antragsgegnerin zusätzlich vermerkt:

"Das Vorhaben kann nur realisiert werden, wenn beantragte Zuschüsse der NBank und des LK ... in der beantragten Höhe bewilligt werden. Der vorgeschlagene Entwurf muss die Zustimmung des Rates der Stadt ... und des künftigen Betreibers des Kurhauses finden."

Bereits mit Schreiben vom 07.09.2011 hatte die Antragsgegnerin die Empfänger der Anerkennungen zu Verhandlungen eingeladen. Mit diesen wurden am 22., 26., und 27.09.2011 Verhandlungsgespräche geführt.

Zum Ergebnis der Verhandlungen mit der Beigeladenen wird in der ergänzenden Beurteilung vom 23.09.2011 (S. 48 der Vergabeakte) u.a. festgestellt:

"Kostenrahmen 5,5 Mio. EUR wird eingehalten

Einziger Entwurf mit Alleinstellungsmerkmal: Das in das Gebäude integrierte Gradierwerk könnte eine höhere Bezuschussung begründen".

Für die Beigeladene waren in der Bewertungsmatrix (S. 49) insgesamt 300 Punkte eingetragen.

In einer mit dem 28.09.2011 datierten Gesamtbewertungsmatrix (S. 7) wurden die Ergebnisse der Verhandlungen zusammengestellt. Auf den ersten Preisträger des Architektenwettbewerbs entfielen 0 Punkte. Er hat als einziger das Ausschlusskriterium "Einhaltung des Kostenrahmens" nicht erfüllt. Für die Beigeladene ist mit 305 Punkten die höchste Punktzahl vermerkt. Auf Rang 2 folgt die Antragstellerin mit 285 Punkten, auf Rang 3 liegt das xxxxxx mit 280 Punkten.

Mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 18.10.2011 teilte die Antragsgegnerin mit, dass im Falle der Realisierung des Projektes die Architektenleistungen an die Beigeladene vergeben werden sollen. Zur Entscheidung erläuterte sie:

"Die Kostenermittlungen wurden nach vorherigen Ergänzungen der Kostengruppen 200 und 600 durch die Stadt xxxxxx verglichen. Der Kostenrahmen wird durch einen Preisträger des Wettbewerbs sicher nicht eingehalten. Dieser kann entsprechend wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nicht berücksichtigt werden. (Ziff. 12 und 14 der Auslobung) und die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer (Anerkennungen) rücken in der Rangfolge nach."

Mit Schreiben vom 21.10.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Beauftragung der Beigeladenen. Unter Verweis auf die RPW 2008 trägt sie vor, eine Vergabe des Auftrages sei nur an Preisträger, nicht aber an die Verfasser der Ankäufe möglich. Mit der beabsichtigten Vergabe der Architektenleistungen an einen Nicht-Preisträger werde gegen das in der Auslobung formulierte Auftragsversprechen verstoßen. Sie könne sich auch nicht vorstellen, dass keiner der Preisträger in der Lage sein soll, eine einwandfreie Ausführung der Planungsleistungen zu gewährleisten.

Mit Antwortschreiben vom 11.11.2011 wies die Antragsgegnerin die Rüge als unberechtigt zurück und teilte mit, durch den Wettbewerb sei der Kreis der potentiellen Auftragnehmer für die Planungsleistungen grundsätzlich festgelegt. Es müsse jedoch nicht zwingend der erste Preisträger beauftragt werden. Mit Teil A Ziffer 12 der Auslobung sei u.a. die Einhaltung des Kostenrahmens als zwingendes Ausschlusskriterium vorgegeben worden. Ergänzend hierzu wurde in Ziffer 14 bezüglich der Kosten eine nachgeschaltete Prüfung geregelt. Dem entsprechend sei der 1. Preisträger aufgefordert worden, eine Kostenberechnung nach DIN 276 durchzuführen. Trotz mehrfacher Überarbeitung sei es ihm nicht gelungen, den festgelegten Kostenrahmen von 5,5 Mio. EUR netto einzuhalten. Er wurde wegen Überschreitung des verbindlichen Kostenrahmens ausgeschlossen. Daraufhin seien gemäß § 8.1 RPW 2008 die beiden 3. Preisträger auf Rang 2 und die drei Anerkennungen auf Rang 3 nachgerückt.

In den Verhandlungen habe sie unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes mit allen Teilnehmern über insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen erforderliche Überarbeitungen zur Optimierung der Wettbewerbsentwürfe verhandelt.

Mit anwaltlichem Rügeschreiben vom 15.11.2011 trug die Antragstellerin ergänzend vor, ein Anlass für ein Nachrücken i.S. des § 8.1 RPW 2008 sei im vorliegenden Fall gar nicht gegeben, denn der 1. Preisträger sei zur Teilnahme berechtigt und habe auch nicht gegen Wettbewerbsregeln verstoßen. Zudem seien die Regelungen der RPW 2008, insbesondere die Bestimmungen über das eventuelle Nachrücken, nur für den Planungswettbewerb relevant. Dieser habe aber mit dem Votum der Jury im November 2010 seinen Abschluss gefunden.

Der unter Ziffer 12 der Auslobung formulierte Ausschluss ziele ausschließlich auf die Beurteilung im Wettbewerb. Ein Überschreiten des Kostenrahmens hätte im Planungswettbewerb erkannt und vollzogen werden müssen. Der Beitrag des 1. Preisträgers sei aber zur Beurteilung zugelassen worden. Für die an den Planungswettbewerb anschließenden Verhandlungen über eine Beauftragung seien die Regelungen unter § 8.1 RPW 2008 nicht anzuwenden. Die Regelung unter Ziffer 14 der Auslobung diene dazu, sicherzustellen, dass die erfolgreiche Wettbewerbsarbeit innerhalb des Kostenrahmens realisiert werden kann. Wenn - nach Kündigung des Vertrages mit dem ersten Preisträger - das Vergabeverfahren weitergeführt werden soll, scheide ein Nachrücken von weiteren Teilnehmern, im vorliegenden Fall den Empfängern der Anerkennungen, aus, da diese eben keine Preisträger seien. Die gebotenen Verhandlungen dürften nur mit Preisträgern geführt werden, die Empfänger der Anerkennungen seien nicht einzubeziehen. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass wegen Ausfalls eines Preisträgers ein Platz aufzufüllen sei, käme hierfür nicht die Beigeladene in Betracht, denn sie liege in der Rangfolge der Anerkennungen auf dem mittleren Platz.

Mit Schreiben vom 22.11.2011 wies die Antragsgegnerin die Rüge der Antragstellerin zurück. Mit der Entscheidung des Preisgerichts finde zwar der Architektenwettbewerb seinen Abschluss, aber erst hiernach sei der öffentliche Auftraggeber gehalten, eine Prüfung der Eignung der Preisträger vorzunehmen und eine Auswahl aus ihrem Kreis für die Verhandlungen über die Ausführung zu treffen. Da das Preisgericht die Einhaltung des Kostenrahmens nur begrenzt überprüfen könne, sei diesbezüglich in Ziffer 14 der Auslobung eine nachgeschaltete Prüfung vorgesehen worden. In dieser nachgeschalteten Prüfung sei der 1. Preisträger gescheitert. § 8.1 RPW 2008 sehe ausdrücklich vor, dass die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer in der Rangfolge des Preisgerichts nachrücken, wenn nach Abschluss des Wettbewerbs ein Preisträger nicht berücksichtigt werden kann. In diesem Sinne seien die beiden 3. Preisträger auf Rang 2 und die Empfänger der Anerkennungen auf Rang 3 vorgerückt.

Mit Nachprüfungsantrag vom 06.12.2011 wandte sich die Antragstellerin an die Vergabekammer. Unter Bezugnahme auf ihre Rüge beanstandet sie die Einbeziehung der Empfänger der Anerkennungen in die Verhandlungen über die Vergabe der Architektenleistungen als vergaberechtswidrig. Hierzu trug sie vor, die Regelungen des § 8 Abs. 1 RPW 2008 wie auch die korrespondierenden Regelungen in § 16 VOF bezögen sich ausschließlich auf den Wettbewerb selbst, nicht aber auf die anschließenden Verhandlungen. Sie seien der notwendigen Anonymität des Wettbewerbs geschuldet und seien anzuwenden, wenn sich nach Aufhebung der Anonymität herausstelle, dass einer der Preisträger nicht über die Voraussetzungen zur Teilnahme am Wettbewerb verfügt. Ihm werde in diesem Fall der Preis aberkannt. Der 1. Preisträger sei teilnahmeberechtigt, habe also nicht gegen Wettbewerbsregeln verstoßen. Die Einhaltung des in der Auslobung festgelegten Kostenrahmens gehöre nicht zu den Wettbewerbsregeln, sondern sei eine Eigenschaft des Wettbewerbsbeitrages, der vom Preisgericht zu beurteilen war. Da sie zwingendes Kriterium für die Auswahlentscheidung des Preisgerichtes gewesen ist, sei davon auszugehen, dass die erfolgreichen Wettbewerber dieses Kriterium erfüllt haben. Der Wettbewerb ersetze die Bewerberauswahl gemäß § 10 Abs. 1 VOF. Die anschließenden Verhandlungen dienten dazu, unter den durch Preisvergabe ausgewählten Bewerbern den Besten zu finden. Einen Rückfall in den Architektenwettbewerb gebe es hierbei nicht. Die Antragsgegnerin habe die Nachfolgeregelungen auch nicht als Rechtsfolge für den Fall festgelegt, dass ein Preisträger nach Kostenberechnung den festgelegten Kostenrahmen nicht einhalten kann.

Für den Fall, dass die Verhandlungen mit dem 1. Preisträger nicht zum Vertragsschluss führen und das Vergabeverfahren ohne ihn weitergeführt werden soll, kämen nur Verhandlungen mit den zwei 3. Preisträgern in Betracht, nicht aber Verhandlungen mit den Empfängern der Anerkennungen.

Auch im Falle eines Nachrückens i.S. des § 8 Abs.1 RPW 2008 könnte zudem nur ein Platz aufgefüllt werden. Auch hierbei käme nicht die Beigeladene in Betracht, da sie nach Maßgabe des Protokolls bei den Anerkennungen auf dem 2. Rang liege.

Die Antragstellerin beantragt

  • festzustellen dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist;

  • das Vergabeverfahren in den Stand zurückzuversetzen, in dem es sich nach Beendigung des Architektenwettbewerbs gemäß Protokoll des Preisgerichts vom 09.11.2010 befunden hat;

  • die Antragsgegnerin zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer mit den Preisträgern - und nur mit diesen - über eine Beauftragung mit den Architektenleistungen für den Neubau des Kurhauses in xxxxxx zu verhandeln;

  • die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären;

  • der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt

  • die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen;

  • die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären;

  • der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen

Sie hält den Nachprüfungsantrag für unbegründet. Zudem sei die Antragstellerin mit einem Teil ihres Vortrags präkludiert, denn unverzüglich vorgetragen habe sie in ihrem Rügeschreiben vom 21.10.2011 lediglich, dass die weitere Bearbeitung der Aufgabe zwingend einem Preisträger zu übertragen sei.

Das Preisgericht habe zwar einen weiten Beurteilungsspielraum, es sei aber bei seiner Auswahl an die Vorgaben der Auslobung gebunden und dürfe nicht unabhängig hiervon entscheiden. Die Beachtung der Verfahrensvorschriften durch das Preisgericht sei Voraussetzung für die Respektierung seines Beurteilungsergebnisses. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften dürfe der Auslober selbst wie auch die Vergabekammer aufgreifen.

Das BMVBS habe in seinem Einführungserlass zu § 5 der RPW 2008 verlangt, bei Festlegung der Auslobungstexte verstärkt darauf zu achten, dass nur solche Vorgaben als bindend ausgelobt werden, von denen nicht abgewichen werden darf. Verstoßen Wettbewerbsarbeiten gegen solche bindenden Vorgaben, sind sie zwingend auszuschließen.

Dies sei vorliegend der Fall.

Mit Teil B der Vergabeunterlagen seien die Wettbewerber darüber informiert worden, dass die Maßnahme nur realisiert werden kann, wenn die in Aussicht gestellten Fördermittel der NBank zur Verfügung gestellt werden. Für die Kostengruppen 200 bis 700 der Baumaßnahme steht dann ein Investitionsrahmen von 5,5 Mio. EUR netto zur Verfügung. Daher wurde in der Auslobung u.a. zwingend vorgegeben, dass diese Summe nicht überschritten werden darf und andernfalls die Wettbewerbsarbeit von der Beurteilung ausgeschlossen wird.

In der Auslobung wurde auch angekündigt, dass einer der Preisträger zumindest mit den Leistungsphasen 2 bis 5 nach § 33 HOAI beauftragt werden wird,

  • sofern kein wichtiger Grund einer Beauftragung entgegensteht,

  • soweit die im Wettbewerb zugrunde liegende Aufgabe realisiert werden soll und

  • soweit mindestens einer der teilnahmeberechtigten Preisträger eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistung gewährleistet.

Angekündigt wurde auch, dass vor einer Beauftragung ein oder mehrere Preisträger mit einer Kostenberechnung beauftragt werden, um sicherzustellen, dass die mit einem Preis ausgezeichnete Wettbewerbsarbeit des Teilnehmers innerhalb des Kostenrahmens realisiert werden kann.

Das Preisgericht habe einen 1. Preis, zwei 3. Preise und drei Anerkennungen vergeben, darüber hinaus aber keine Rangfolge festgelegt. Im Hinblick darauf, dass dem Preisgerichtsprotokoll auch nicht zu entnehmen sei, ob der in der Auslobung als K.-o.-Kriterium geregelte Kostenrahmen bei der Entscheidung des Preisgerichtes hinreichend berücksichtigt wurde, stelle sich die Frage, ob die Entscheidung des Preisgerichts überhaupt Verbindlichkeit besitze. Gemäß der Ankündigung unter A 14 der Auslobung sei, der Empfehlung des Preisgerichts folgend, der erste Preisträger mit einer Kostenberechnung nach DIN 276 beauftragt worden. Dieser habe jedoch auch unter Berücksichtigung der von ihm benannten Einsparungen den vorgegebenen Kostenrahmen nicht einhalten können und sei daher wegen Missachtung des vorgegebenen Kostenrahmens auszuschließen. Sowohl die Regelungen der RPW 2008 als auch § 16 Abs. 6 VOF sehen in diesem Fall ein Nachrücken der übrigen Preisträger sowie sonstiger Teilnehmer vor. Nach § 17 Abs. 1 VOF sei zwar im Regelfall ein Preisträger zu beauftragen, hiernach sei aber nicht ausgeschlossen, dass gar kein Preisträger beauftragt wird.

In der Zeit vom 16.08.2011 bis zum 06.09.2011 seien Verhandlungen mit den drei Preisträgern geführt worden. In der Zeit vom 22.09.2011 bis zum 27.09.2011 fanden Verhandlungen auch mit den Empfängern der drei Anerkennungen statt, die - mangels Festlegung einer Rangfolge durch das Preisgericht - nach Ausschluss des 1. Preisträgers alle in den Rang von Preisträgern aufgerückt seien. Mit allen Verhandlungsteilnehmern sei in gleicher Weise über eine Überarbeitung und Optimierung der Wettbewerbsentwürfe verhandelt worden. Bei Wertung der wertbaren fünf Angebote erhielt schließlich die Beigeladene die beste Bewertung. Wegen ungesicherter Finanzierung sei ihr ein Auftrag noch nicht erteilt worden.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 22.12.2011 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 24.01.2012 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.01.2012 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Verhandlungsverfahren zur Vergabe der verfahrensgegenständlichen Planungsleistungen nicht nur mit den Preisträgern des vorangegangenen Wettbewerbs gemäß §§ 15, 16 VOF, sondern auch mit der Beigeladenen und den übrigen im Wettbewerb lediglich mit einer Anerkennung gemäß § 7 Abs. 1 der Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2008 ausgezeichneten Teilnehmern zu verhandeln und die Beigeladene gemäß § 17 Abs. 1 VOF mit den weiteren Planungsleistungen zur Realisierung der Wettbewerbsaufgabe zu beauftragen, in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Gemäß § 17 Abs. 1 VOF war und ist die Antragsgegnerin gehalten, den Auftragnehmer ausschließlich aus dem Kreis der drei Preisträger aus dem vorangegangenen Wettbewerb zu ermitteln, sofern mindestens einer der Preisträger eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet und sonstige wichtige Gründe einer Beauftragung nicht entgegenstehen. Die Verhandlungen zumindest mit den Trägern des dritten Preises hat die Antragsgegnerin nicht zu Ende geführt. Die Voraussetzungen für die von der Antragsgegnerin in Anspruch genommene Nachrückregelung des § 16 Abs. 6 zweiter Unterabsatz VOF liegen nicht vor. Ferner hat es die Antragsgegnerin versäumt, den Verlauf des Verhandlungsverfahrens und die dort getroffenen Entscheidungen nebst Begründungen in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der Wert des streitgegenständlichen Auftrags übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitgegenständlichen Leistungen handelt es sich um Planungsleistungen auf der Grundlage eines vorangegangenen Wettbewerbs gemäß § 17 VOF und damit um freiberufliche Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOF, für die gemäß § 2 Nr. 2 VOF ein Schwellenwert von 193.000 EUR gilt. Der Wert der ausgeschriebenen Planungsleistungen gemäß Leistungsphasen 2 bis 5 HOAI übersteigt ausweislich der in der Vergabeakte enthaltenen Kostenermittlungen der Bewerber diesen Schwellenwert.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als erfolgreiche Teilnehmerin des vorangegangenen Wettbewerbs gemäß §§ 15, 16 VOF ein Interesse an einer Beauftragung mit den weiteren Planungsleistungen gemäß § 17 Abs. 1 VOF hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabe-vorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Antragsgegnerin habe die Auftragsverhandlungen zu Unrecht über den Kreis der Preisträger des Wettbewerbs auf die Teilnehmer erstreckt, die für ihre Arbeiten lediglich eine Anerkennung im Sinne des § 7 Abs. 1 RPW 2008 erhalten haben. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin den Träger des ersten Preises im Zuge des Verhandlungsverfahrens ausgeschlossen hat, weil dieser die vom Auslober festgesetzte Kostengrenze von 5,5 Mio. EUR nicht einhalten könne, sei der Antragsgegnerin ein Rückgriff auf die Nachrückregelung gemäß § 16 Abs. 6 Unterabsatz 2 VOF nicht möglich, weil die dortigen Voraussetzungen nicht vorliegen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - 10 ZB 14/06).

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters oder des Bewerbers von den Tatsachen. Die Antragstellerin wurde durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18.10.2011 gemäß § 101a GWB darüber informiert, dass im Falle der Realisierung des Projektes die Architektenleistungen an die Beigeladene vergeben werden sollen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kostenermittlungen der Bewerber nach vorherigen Ergänzungen der Kostengruppen 200 und 600 durch die Antragsgegnerin verglichen wurden. Der Kostenrahmen werde durch einen Preisträger des Wettbewerbs sicher nicht eingehalten. Dieser könne entsprechend wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nicht berücksichtigt werden. Die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer (Anerkennungen) würden in der Rangfolge nachrücken. Bereits mit Schreiben vom 21.10.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Beauftragung der Beigeladenen. Unter Verweis auf die RPW 2008 begründete sie ihre Rüge damit, dass eine Vergabe des Auftrags nur an Preisträger, nicht aber an die Verfasser der Ankäufe möglich sei. Diese nur innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Information gemäß § 101a GWB abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Es kann daher vorliegend dahin stehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 08.01.2010 in den Rs C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/2010, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10).

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen die Vorgaben des § 17 Abs. 1 VOF verstoßen, da sie das verfahrensgegenständliche Verhandlungsverfahren nicht nur mit den Preisträgern des vorangegangenen Wettbewerbs gemäß §§ 15, 16 VOF durchgeführt, sondern auch die Beigeladene und die übrigen Teilnehmer berücksichtigt hat, die im Wettbewerb eine Anerkennung im Sinne des § 7 Abs. 1 der Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2008 erhalten hatten (im Folgenden a). Ferner genügt die Dokumentation des Verhandlungsverfahrens in der Vergabeakte nicht den Anforderungen des § 12 VOF (im Folgenden b).

a) Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, neben den Preisträgern auch die mit einer Anerkennung ausgezeichneten Teilnehmer am Verhandlungsverfahren über die Beauftragung mit weiteren Planungsleistungen zur Realisierung der Wettbewerbsaufgabe zu beteiligen. Gemäß § 17 Abs. 1 VOF sind einem oder mehreren der Preisträger weitere Planungsleistungen nach Maßgabe der in § 15 Abs. 2 VOF genannten einheitlichen Richtlinien zu beauftragen, sofern mindestens einer der Preisträger eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet und sonstige wichtige Gründe der Beauftragung nicht entgegenstehen. Gemäß § 15 Abs. 2 VOF können Wettbewerbe, die dem Ziel dienen, alternative Vorschläge für Planungen insbesondere auf dem Gebiet der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens auf der Grundlage veröffentlichter einheitlicher Richtlinien zu erhalten (Planungswettbewerbe), jederzeit vor, während oder ohne Verhandlungsverfahren ausgelobt werden. Als einheitliche Richtlinie im Sinne des § 15 Abs. 2 VOF hat die Antragsgegnerin dem vorangegangenen Wettbewerb die Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2008 zugrunde gelegt. Da Planungswettbewerbe jederzeit vor, während oder ohne Verhandlungsverfahren ausgelobt werden können, obliegt dem Auftraggeber somit die Entscheidung nach seinem pflichtgemäßem Ermessen, ob er einen Planungswettbewerb durchführt oder nicht (vgl. Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht 2011, Stand: 23.12.2011, § 15 VOF, Rdnr. 8). Hat der öffentliche Auftraggeber einen Planungswettbewerb durchgeführt, so hat er in der Folge neben § 17 Abs. 1 VOF auch die Vorschrift des § 3 Abs. 4 lit. b VOF zu beachten. Danach können Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn im Anschluss an einen Wettbewerb im Sinne des Kapitel 2 der VOF der Auftrag gemäß den einschlägigen Bestimmungen an den Gewinner oder an einen Preisträger des Wettbewerbs vergeben werden muss. Im letzteren Fall müssen ausdrücklich alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden.

Hat der Auftraggeber wie im vorliegenden Fall einen Realisierungswettbewerb durchgeführt, so ist er gemäß § 17 Abs. 1 VOF i.V.m. § 3 Abs. 4 lit. b VOF grundsätzlich verpflichtet, einem oder mehreren der Preisträger weitere Planungsleistungen zu übertragen, soweit und sobald die Wettbewerbsaufgabe realisiert werden soll. Die Regelung des § 17 Abs. 1 VOF geht ebenso wie die Vorgängerregelung des § 25 Abs. 9 VOF a.F. auf die Rechtsprechung des BGH zu den Grundsätzen und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens - GRW 1977 und GRW 1995 - zurück, welche die Interessen der Teilnehmer einerseits und die des Auslobers andererseits analysiert und einer Abwägung unterzieht (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2004, Az.: III ZR 433/02 = NZBau 2004, S. 250, Urteil vom 22.01.1987, Az.: III ZR 271/85 = NJW 1987, S. 2369). Die für das vorliegende Vergabeverfahren geltenden RPW 2008 berücksichtigen ebenso wie die Vorgängerregelungen der GRW 1995 in ihrer Präambel insbesondere auch, dass der erhebliche Aufwand eines Wettbewerbs für Teilnehmer und Auslober gerechtfertigt ist, wenn der Wettbewerb sorgfältig vorbereitet wird, seine Ergebnisse der Lösung der gestellten Aufgaben dienen und zumindest einer der Preisträger die ernsthafte Aussicht hat, an der Verwirklichung seiner Konzeption mitzuwirken. Wettbewerbe, die die Grundsätze der Gleichbehandlung aller Teilnehmer im Wettbewerb und auch im Bewerbungsverfahren, die Grundsätze einer klaren und eindeutigen Aufgabenstellung, eines angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnisses, eines kompetenten Preisgerichts, der Anonymität der Wettbewerbsbeiträge und den Grundsatz des Auftragsversprechens beachten, bieten ein zeit- und kostensparendes Planungs- und Vergabeinstrument. Wettbewerbe erlauben es den Auftraggebern, in einem klar strukturierten, transparenten Verfahren den geeigneten Auftragnehmer zu finden. Auftraggeber und Auftragnehmer sollen danach auf faire und partnerschaftliche Weise zueinander finden. Wettbewerbe sollen laut Präambel der RPW 2008 im wetteifernden Vergleich die schöpferischen Kräfte herausfordern und innovative Lösungen fördern. Da der im Wettbewerb zuerkannte Preis oder ein Ankauf nach § 17 Abs. 2 VOF den Aufwand der Teilnehmer bei weitem nicht ausgleicht, besteht für diese ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Beauftragung der weiteren Bearbeitung. Der materielle Anreiz der Teilnehmer besteht bei Realisierungswettbewerben von vornherein primär in eben dieser Beauftragung (vgl. Müller-Wrede, VOF, 4. Auflage, § 17, Rdnr. 5; BGH, Urteil vom 03.11.1983, Az.: III ZR 125/82 = NJW 1984, S. 1533 ff., 1536).

Entscheidet sich der Auslober wie vorliegend für die Realisierung der Wettbewerbsaufgabe, so ist er verpflichtet, einen Preisträger mit weiteren Planungsleistungen zu beauftragen, sofern mindestens einer der Preisträger die einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet und sonstige wichtige Gründe der Beauftragung nicht entgegenstehen. Dabei steht es dem Auslober grundsätzlich frei, welchen Preisträger er beauftragt (vgl. Müller-Wrede, VOF, 4. Auflage, § 17, Rdnr. 9, m.w.N.; OLG Nürnberg, Urteil vom 31.07.2002 - 4 U 391/02 = ibr 2003, S. 30). Er ist insbesondere auch nicht an die Reihenfolge der Preisgerichtsentscheidung und an die Preisgerichtsempfehlung gebunden, so dass der erste Preisträger diesbezüglich keine bessere Stellung als die anderen Preisträger hat (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.1996 - 12 U 220/95 = BauR 1998, S. 163 ff., 164). Gemäß dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 VOF ist einer oder sind mehrere der Preisträger mit den weiteren Planungsleistungen zu beauftragen. Damit wird dem Auslober ein Wahlrecht zugestanden, ob er die weiteren Planungsleistungen in Gänze von einem einzigen Preis-träger wahrnehmen lässt, oder ob er die Leistungen unter mehreren Preisträgern aufteilt. Dieses Wahlrecht wird jedoch wiederum durch § 8 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 1 RPW 2008 eingeschränkt. Denn danach hat der Auslober ausdrücklich einen der Preisträger mit den weiteren Planungsleistungen zu beauftragen. Der insoweit eindeutige Wortlaut der RPW 2008 lässt insoweit keinen Auslegungsspielraum zu, wodurch eine Auftragsvergabe an mehrere Preisträger letztlich nicht in Betracht kommt. § 17 Abs. 1 VOF ist jedoch ungeachtet dessen insoweit ein bieterschützender Charakter beizumessen, dass diese Regelung jedenfalls in den Fällen, in denen sich der Auslober auf eine Realisierung des Wettbewerbsvorhabens festgelegt hat, den Kreis der Preisträger, die eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenen Leistungen gewährleisten und deren Beauftragung sonstige wichtige Gründe nicht entgegenstehen, schützt (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 17 VOF, Rdnr. 50).

Damit legt § 17 Abs. 1 VOF zugleich den Kreis der Bewerber, die am Verhandlungsverfahren teilnehmen dürfen, abschließend fest. Die Preisträger des vorangegangenen Wettbewerbs haben einen Anspruch darauf, dass sie sich nur noch im Wettbewerb untereinander befinden. Der Kreis der Teilnehmer des Verhandlungsverfahrens darf nicht auf Teilnehmer des Wettbewerbs ausgedehnt werden, deren Arbeiten zwar nicht mit einem Preis, aber mit Anerkennungen ausgezeichnet wurden, weil die Arbeiten dem Auslober besondere Anregungen für die Verwirklichung der dem Wettbewerb zugrunde liegenden Aufgabe liefern oder hervorragende Teilleistungen beinhalten (Nr. 5.6.8 GRW 1995, § 7 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 RPW 2008). Durch § 7 Abs. 1 Unterabsatz 2 RPW 2008 wird deutlich, dass Anerkennungen eben keine nachrangigen Preise sind. Denn danach werden Preise nur auf Wettbewerbsbeiträge zuerkannt, die die Grundlage einer Realisierung der Wettbewerbsaufgabe darstellen können, während Anerkennungen für "bemerkenswerte Teilleistungen" vergeben werden (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 16 VOF, Rdnr. 5, m.w.N.). Anerkannt ist deshalb, dass ein mit einer Anerkennung prämierter Wettbewerbsbeitrag nicht als Gewinner des Wettbewerbs gelten kann. "Gewinner" eines Wettbewerbs sind eben nur die mit einem Preis bedachten Arbeiten (vgl. VK Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.2009 - VK-21/2009).

Die Antragsgegnerin durfte und darf daher die Verhandlungen nach § 17 Abs. 1 VOF nur mit den Preisträgern, nicht aber auch mit der Beigeladenen und den übrigen Teilnehmern des Wettbewerbs führen, die (lediglich) eine Anerkennung erhalten haben.

Die Antragsgegnerin war entgegen ihrer Auffassung auch nicht berechtigt, den Kreis der zum Verhandlungsverfahren nach § 17 Abs. 1 VOF zugelassenen Bewerber erst im Zuge des Verhandlungsverfahrens noch durch einen Rückgriff auf die Nachrückregelung des § 16 Abs. 6 zweiter Unterabsatz VOF um die Wettbewerbsteilnehmer zu erweitern, die im vorangegangenen Wettbewerb zwar keinen Preis, aber eine Anerkennung erhalten haben. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 Unterabsatz 2 VOF liegen nicht vor. Danach rücken, soweit ein Preisträger wegen mangelnder Teilnahmeberechtigung oder Verstoßes gegen Wettbewerbsregeln nicht berücksichtigt werden kann, die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer in der Rangfolge des Preisgerichts nach, soweit das Preisgericht ausweislich seines Protokolls nichts anderes bestimmt hat. Diese Regelung bezieht sich schon aufgrund ihres Wortlauts und ihres Standorts in § 16 VOF ausdrücklich nicht auf die Stufe des Verhandlungsverfahrens gemäß § 17 Abs. 1 VOF. Vielmehr regelt sie das Verfahren der Wettbewerbsdurchführung selbst unmittelbar im Anschluss an die Entscheidung des Preisgerichts, der ihm in diesem Zuge obliegenden Erstellung eines Berichts über die Rangfolge der von ihm ausgewählten Projekte und die einzelnen Wettbewerbsarbeiten und der Publikation der Ergebnisse gemäß § 16 Abs. 6 Unterabsatz 1 VOF. Die Regelung des § 16 Abs. 6 zweiter Unterabsatz VOF trägt dem in Wettbewerbsverfahren geltenden Prinzip der Anonymität (§ 15 Abs. 6 VOF) Rechnung. Das Prinzip der Anonymität des Wettbewerbsverfahrens bringt es mit sich, dass erst nach Bekanntgabe des Wettbewerbsergebnisses vollumfänglich geprüft werden kann, ob die Preisträger überhaupt teilnahmeberechtigt waren bzw. die von ihnen eingereichten Arbeiten zur Beurteilung zugelassen werden durften. Stellt sich bei der Prüfung unmittelbar nach Veröffentlichung der Entscheidung des Preisgerichts heraus, dass der Verfasser einer ausgezeichneten Arbeit etwa gegen Wettbewerbsregeln verstoßen hat und daher nicht an dem Verfahren hätte beteiligt werden dürfen, ist ihm der Preis abzuerkennen (vgl. Martini in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, § 16 VOF, Rdnr. 31). Es stellt sich dann die Frage, ob der Preis neu zu vergeben und wem er in diesem Fall zuzusprechen ist. Dies beantwortet § 16 Abs. 6, 2. Unterabsatz VOF. Vorrang hat danach grundsätzlich die Handlungsanweisung, die das Preisgericht für diesen Fall in seiner Niederschrift angeordnet hat. Soweit dies - wie im vorliegenden Fall - nicht geschehen ist, rücken die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer in der Rangfolge, die das Preisgericht in seiner Entscheidung ursprünglich festgelegt hat, nach.

Die Antragsgegnerin hat vorliegend ihre Entscheidung für die Beigeladene und damit einen Teilnehmer, der aus dem vorausgegangenen Wettbewerb nicht als Preisträger, sondern als Träger einer Anerkennung hervorgegangen ist, in ihrem Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 18.10.2011 gegenüber der Antragstellerin damit begründet, dass die Bewertung der einzelnen Büros auf Grundlage der vorgelegten Bewertungsmatrix erfolgt sei. Dabei habe die Beigeladene die höchste Punktzahl erreicht. Wörtlich heißt es dort:

"Die Kostenermittlungen wurden nach vorherigen Ergänzungen der Kostengruppen 200 und 600 durch die Stadt xxxxxx verglichen. Der Kostenrahmen wird durch einen Preisträger des Wettbewerbs sicher nicht eingehalten. Dieser kann entsprechend wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nicht berücksichtigt werden (Ziffer 12 und 14 der Auslobung) und die übrigen Preisträger sowie sonstige Teilnehmer (Anerkennungen) rücken in der Rangfolge nach."

Die Antragsgegnerin hat den Träger des ersten Preises vorliegend allerdings nicht etwa zeitnah nach Veröffentlichung der Entscheidung des Preisgerichts gemäß § 16 Abs. 6 erster Unterabsatz VOF im Rahmen der Überprüfung nach § 16 Abs. 6 zweiter Unterabsatz VOF durchgeführt. Denn ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen, undatierten Protokolls des Preisgerichts (Bl. 242 ff. und Bl. 354 ff. der Vergabeakte) fand die Preisgerichtssitzung am 09.11.2010 statt. Der Ausschluss wegen Überschreitung des Kostenrahmens fand vielmehr erst nach einem längeren Verhandlungsverfahren mit dem ersten Preisträger gemäß § 17 Abs. 1 VOF statt. Zwar geht aus der Vergabeakte nicht explizit hervor, wann und auf welcher Basis Verhandlungen mit dem ersten Preisträger aufgenommen worden sind. Dokumentiert sind in der Vergabeakte (Bl. 214 - 341) aber mehrere Überarbeitungen des Wettbewerbsentwurfs des ersten Preisträgers aus den Monaten November 2010 und Februar 2011 sowie mehrere Kostenermittlungen des ersten Preisträgers, die jüngste davon vom 09.02.2011. Entscheidend für den Bewerberausschluss war letztlich das in der Vergabeakte (Bl. 199 ff.) dokumentierte Vergabegespräch mit dem Träger des ersten Preises am 16.08.2011. Daraus ergibt sich, dass auf Basis der Kostenermittlung des ersten Preisträgers vom 09.02.2011 von Gesamtkosten in Höhe von xxxxxx EUR auszugehen ist. Unter Berücksichtigung der vom ersten Preisträger vorgetragenen Einsparungsmöglichkeiten würden die Kosten voraussichtlich xxxxxx EUR betragen. Ein Vermerk zur ergänzenden Beurteilung des Entwurfs des ersten Preisträgers vom 18.08.2011 (Bl. 195 der Vergabeakte) stellte daher fest:

"Entwurf xxxxxx

Kostenrahmen 5,5 Mio. EUR wird nicht eingehalten

kein Alleinstellungsmerkmal erkennbar, das Aussicht auf die erhöhte Bezuschussung bietet

Ausschlusskriterium Kostenrahmen sicher nicht eingehalten"

Zwar wäre das Preisgericht gehalten gewesen, das Angebot des Teilnehmers xxxxxx bereits im Wettbewerb auszuschließen, sofern bereits aus dem Wettbewerbsentwurf ersichtlich war, dass dieser Teilnehmer den von dem Auslober gesetzten Kostenrahmen überschreitet. Denn in der Auslobung wurde unter Ziffer 12 für den Wettbewerb ausdrücklich vorgegeben:

"Die Missachtung der zwingenden Vorgaben der Auslobung führt zum Ausschluss der Arbeit von der Beurteilung. Zwingende Vorgaben sind:

- Einhaltung der Grenze zum Überschwemmungsgebiet

- Einhaltung des Kostenrahmens"

(Hervorhebung durch die Vergabekammer)

Unter Ziffer 6 "Wirtschaftliche Rahmenbedingungen" in Teil B der Auslobung wurde folgender ausdrücklicher Hinweis aufgenommen:

"Die Maßnahme kann nur realisiert werden, wenn die in Aussicht gestellten Fördermittel der NBank zur Verfügung gestellt werden. Nach Durchführung des Wettbewerbs wird die Stadt ... einen entsprechenden Antrag auf Förderung der Baumaßnahme stellen. Für die gesamte Baumaßnahme steht dann ein Investitionsrahmen von max. 5,5 Mio. EUR (netto) für die Kostengruppen 200 bis 700 nach DIN 276 zur Verfügung. Diese Summe darf auf keinen Fall überschritten werden."

Davon abweichend enthält Ziffer 7 der Wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Teil B der Auslobung einen höheren Kostenrahmen. Dort heißt es:

"Die bereits erwähnte Grenze zum Überschwemmungsgebiet ist zwingend einzuhalten. Ein Verstoß hiergegen zieht den Ausschluss der Arbeit von der Bewertung nach sich. Ebenfalls verbindlich ist der einzuhaltende Kostenrahmen von EUR 6 Mio. (netto). Vor einer Beauftragung mit weiteren Leistungen wird die Ausloberin deshalb einen oder mehrere Preisträger mit einer Kostenberechnung beauftragen um sicherzustellen, dass die Wettbewerbsarbeit des Teilnehmers, der mit den Planungsleistungen beauftragt werden soll, innerhalb des Kostenrahmens realisiert werden kann."

Auf Nachfrage der Vergabekammer hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der höhere Kostenrahmen von 6 Mio. EUR netto ursprünglich angesetzt wurde. Im Zeitpunkt der Endfassung des Auslobungstextes und seiner Versendung habe aber festgestanden, dass lediglich ein Kostenrahmen von 5,5 Mio. EUR netto zur Verfügung steht. Der erhöhte Kostenrahmen sei daher irrtümlich genannt worden. Dies erklärt allerdings nicht, dass sich die Nennung beider Kostenrahmen nach Feststellung der Vergabekammer durch die gesamte Vergabeakte fortsetzt und auch etwa in den jeweils knappen Vermerken zur ergänzenden Beurteilung der Entwürfe ausdrücklich beide Kostenrahmen genannt wurden. Die Berücksichtigung in den ergänzenden Beurteilungen erfolgte offenbar bewusst. So heißt es etwa in der ergänzenden Beurteilung des Entwurfs der Antragstellerin vom 30.09.2011 (Bl. 114 der Vergabeakte):

"Entwurf ...

- Kostenrahmen 5,5 Mio. EUR wird nicht eingehalten, Kostenrahmen 6 Mio. EUR erfordert Verkleinerung des Foyers."

Da sich der Auslober in Ziffer 12 des Auslobungstextes ausdrücklich dahin gehend gebunden hat, dass eine Missachtung der zwingenden Vorgabe der Einhaltung des Kostenrahmens zum Ausschluss vom Wettbewerb führt, wäre das Preisgericht gehalten gewesen, das Angebot des späteren ersten Preisträgers und ggf. auch die Angebote weiterer Teilnehmer bereits vom Wettbewerb auszuschließen, soweit bereits aus den Wettbewerbsentwürfen ersichtlich war, dass diese zumindest den höheren Kostenrahmen nicht einhalten. Weder das Preisgericht selbst noch in der Folge der Auslober nach Bekanntgabe der Entscheidung des Preisgerichts haben jedoch einen Anlass dafür gesehen, das Angebot eines Teilnehmers wegen Überschreiten des Kostenrahmens auszuschließen. Zwar hat das Preisgericht ausweislich des Protokolls vom 09.11.2010 (Bl. 354 ff. der Vergabeakte) die Wettbewerbsentwürfe einer Vorprüfung durch das betreuende Architekturbüro xxxxxx unterzogen, deren Durchführung und Ergebnis in der Vergabeakte als Anlage zum Protokoll des Preisgerichts (Bl. 366 ff. der Vergabeakte) dokumentiert ist. In diesem Vorprüfbericht werden zu jedem einzelnen, mit einer Tarnzahl versehenen Wettbewerbsentwurf die Gebäudekennwerte, die Vollständigkeit der Unterlagen und die Verhältniskennwerte dokumentiert und erläutert. Ausdrückliche Angaben zur Einhaltung des Kostenrahmens werden in den Vorprüfberichten nicht getroffen. Im zusammenfassenden "Bericht über die Vorprüfung" vom 09.11.2010 wird jedoch u.a. vermerkt:

"Die Arbeiten wurden hinsichtlich Programmerfüllung, der erreichten Nutzflächen, Bruttogeschossflächen und des Bruttorauminhaltes geprüft und die Ergebnisse tabellarisch den Vorprüfberichtsblättern der einzelnen Arbeiten angefügt und nochmals in einer Vergleichstabelle zusammengefasst. Sie können ebenso wie die ermittelten Verhältniskennwerte zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit herangezogen werden."

Es ist jedoch nicht dokumentiert, ob und ggf. inwieweit das Preisgericht anhand dieser Verhältniskennwerte die Einhaltung des Kostenrahmens überprüft hat. Vielmehr hat das Preisgericht ausweislich des Protokolls über die Preisgerichtssitzung vom 09.11.2011 aus den ermittelten Werten für die BRI Bruttorauminhalt auf eine Wirtschaftlichkeit/Unwirtschaftlichkeit der Erstellung des Bauwerks/des Kurhausbetriebes geschlossen. Die in der Auslobung angekündigte Prüfung der Einhaltung des in der Auslobung vorgegebenen Kostenrahmens der entstehenden Kosten anhand der Gebäudekennwerte und der Baukostenvergleichswerte ist in der Vergabeakte jedoch nicht dokumentiert. So heißt es etwa zum Entwurf der Antragstellerin lediglich:

"Die kompakte Gebäudeform lässt eine wirtschaftliche Bauweise zu; die Unterhaltskosten dürften, trotz der großen Fensterflächen akzeptabel sein."

Zum Entwurf der Beigeladenen heißt es:

"Der Verfasser erkauft sich das Konzept mit einer üppigen Gebäudekubatur, die erwarten lässt, dass die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes im Vergleich zu den übrigen Arbeiten der engeren Wahl eher im unteren Bereich zu sehen ist."

In der Beurteilung des ersten Preisträgers (Tarnzahl 540) auf S. 6 und 7 des Preisgerichtsprotokolls (Bl. 359, 360 der Vergabeakte) finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass das Preisgericht davon ausgegangen ist, dass der Wettbewerbsbeitrag den Kostenrahmen in keinem Falle einhält. Dort heißt es zwar:

"Bezieht man die baulichen Ergänzungen im Bereich des Thermalbades mit Eingangshalle, Überdeckung der Filteranlage etc. ebenso ein wie einige über-flüssige Technikräume im Untergeschoss des Kurhauses, so wird das Programm um fast 40% überschritten. Reduziert man diese "freiwilligen" und nicht notwendigen oder entscheidenden Zusatzflächen, ergibt sich jedoch eine wirtschaftlich vertretbare Gesamtfläche von 2.300 qm BGF oder etwa 115% des Programms. ... Insgesamt überzeugt die Arbeit durch ein hervorragendes städtebauliches Gesamtkonzept, das das Potenzial dieser Lage im Park sichtbar macht und entwurflich ausschöpft."

Vorliegend haben also weder das Preisgericht selbst noch in der Folge der Auslober im Rahmen der Überprüfung nach § 16 Abs. 6 erster Unterabsatz VOF einen Anlass für die Feststellung oder wenigstens die Besorgnis gesehen, dass die Wettbewerbsbeiträge nicht die in der Auslobung unter Ziffer 12 vorgegebene zwingende Einhaltung des Kostenrahmens gewährleisten. Da die Antragsgegnerin erst im Rahmen des Verhandlungsverfahrens gemäß § 17 Abs. 1 VOF aufgrund des Verhandlungsgesprächs mit dem ersten Preisträger am 16.08.2011 und aufgrund mehrerer von diesem überarbeiteter Entwürfe - 10 Monate nach der Preisgerichtssitzung vom 09.11.2010 - festgestellt hat, dass der erste Preisträger den Kostenrahmen nicht einhält, kann sich die Antragsgegnerin nicht mehr nachträglich auf die allein für die Wettbewerbsphase geschaffene Ausschluss- und Nachrückregelung des § 16 Abs. 6 zweiter Unterabsatz VOF berufen.

Gerechtfertigt sein könnte ein Ausschluss des ersten Preisträgers im Verhandlungsverfahren vielmehr ausschließlich gemäß § 17 Abs. 1 VOF selbst. Denn danach ist der Auslober und Auftraggeber dann nicht zur Beauftragung eines oder mehrerer der Preisträger gehalten, sofern das Verhandlungsverfahren ergibt, dass nicht mindestens einer der Preisträger eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet oder sonstige wichtige Gründe der Beauftragung entgegenstehen. Als explizit geregelten wichtigen Grund sieht die VOF ausdrücklich den Fall an, dass keiner der Preisträger eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet. Die Gewähr einer einwandfreien Auftragsausführung im Sinne des § 17 Abs. 1 VOF kann nur im Hinblick auf einen Preisträger angenommen werden, der die Mindestanforderungen an die Eignung materiell erfüllt, was im vorliegenden Fall bei den Preisträgern unstreitig gegeben ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.12.2009 - VII-Verg 39/09). Als sonstiger, zur Nichtbeauftragung wichtiger Grund kommt nur ein Umstand von vergleichbarem Gewicht in Betracht, der es für den Auslober unzumutbar erscheinen lässt, einen Preisträger zu beauftragen. Es muss sich um einen außerordentlichen, erst nach der Auslobung aufgetretenen oder bekannt gewordenen Umstand handeln, damit der Auslober den durch den Wettbewerb und das Preisgericht begründeten Status der Preisträger nicht umgehen bzw. beseitigen kann (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 17, Rdnr. 29; BGH, Urteil vom 03.11.1983 - III ZR 125/82 = NJW 1984, S. 1533 ff., 1536).

Die Nichteinhaltung eines vorgegebenen, dem Auslober und Auftraggeber zur Verfügung stehenden Kostenrahmens durch einen vom Preisträger im Zuge des Verhandlungsverfahrens mehrfach überarbeiteten und konkretisierten Entwurf wäre ein wichtiger Grund in diesem Sinne. Denn ein wichtiger Grund im Sinne des § 17 Abs. 1 VOF kann nach Auffassung des BGH ebenfalls vorliegen, wenn der öffentlichen Hand einkalkulierte Subventionen nachträglich gestrichen werden oder z.B. Steuereinnahmen "wegbrechen" und somit wirtschaftliche Gründe es erforderlich machen, von der Verwirklichung des preisgekrönten Entwurfs abzusehen und sich für einen alternativen Entwurf zu entscheiden, welcher in der neuen Situation realisierbar erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2004 - III ZR 433/02 = BauR 2004, S. 1326 ff., 1328; Müller-Wrede, a.a.O., § 17 VOF, Rdnr. 30). Unter der Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BGH muss dann die Nichteinhaltung eines bereits im Wettbewerb vorgegebenen Preisrahmens durch einen Preisträger erst recht zur Nichtberücksichtigung führen. Die Prüfung und Entscheidung über die Nichtberücksichtigung ist dann aber ebenfalls in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Nach der sehr knappen Dokumentation in der Vergabeakte wurden die Verhandlungen jedoch zumindest mit der Antragstellerin und dem anderen dritten Preisträger nicht zu Ende geführt, was auch die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. Vielmehr wird in der ergänzenden Beurteilung des Entwurfs der Antragstellerin (Bl. 114 der Vergabeakte) festgehalten, dass der Kostenrahmen von 5,5 Mio. EUR zwar nicht eingehalten wird. Zum Kostenrahmen von 6 Mio. EUR, der den Teilnehmern des Wettbewerbs ebenfalls bekannt gemacht worden war und der offenbar zumindest ausweislich der Vergabeakte nach wie vor Bedeutung für die Antragsgegnerin hat, heißt es dagegen:

"Kostenrahmen 6 Mio. EUR erfordert Verkleinerung des Foyers."

Auch in der Beurteilung des Entwurfs des anderen dritten Preisträgers vom 24.08.2011 (Bl. 143 der Vergabeakte) heißt es:

"Kostenrahmen 6 Mio. EUR mit Einsparungen (u.a. bei den Außenanlagen) voraus-sichtlich einzuhalten."

Dementsprechend wurde von der Antragsgegnerin in der abschließenden Gesamtbewertungsmatrix vom 28.09.2011 (Bl. 7 der Vergabeakte) nur für den Entwurf des ersten Preisträgers vermerkt, dass dieser das Ausschlusskriterium der Einhaltung des Kostenrahmens nicht erfüllt. Zu den Entwürfen der Antragstellerin und des zweiten dritten Preisträgers ist diesbezüglich lediglich vermerkt, dass die Einhaltung des Kostenrahmens zweifelhaft sei.

§ 17 Abs. 1 VOF gewährt den Preisträgern des vorangegangenen Wettbewerbs einen Anspruch darauf, dass das Verhandlungsverfahren nur mit den Preisträgern durchgeführt wird. Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, dass Verhandlungsverfahren gemäß § 17 Abs. 1 VOF ausschließlich mit den Preisträgern unter Ausschluss der Beigeladenen und der übrigen Träger einer Anerkennung zu wiederholen, und die Verhandlungen und das Ergebnis in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

Die Antragsgegnerin ist dabei verpflichtet, gemäß § 11 Abs. 4 VOF den Preisträgern mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle Zuschlagskriterien bekannt zu geben, deren Anwendung vorgesehen ist. Ferner hat sie anzugeben, wie die einzelnen Kriterien gewichtet werden. Auch diese Vorgabe hat die Antragsgegnerin vorliegend nicht eingehalten. Vielmehr hat die Antragsgegnerin auf eine Anfrage der Antragstellerin vom 22.08.2011, mit der diese um Informationen zum gewünschten Ablauf und zu den von der Antragsgegnerin erwarteten Inhalten und um die Zurverfügungstellung einer Bewertungsmatrix gebeten hatte, mitgeteilt, dass eine entsprechende Bewertungsmatrix zwar vorbereitet sei, den Teilnehmern "aus Zeitgründen" aber nicht vorher, also vor Beginn der Verhandlungen zugesandt werden könne. Der Antragstellerin werde die Matrix daher ebenso wie den anderen Teilnehmern erst am Termin ausgehändigt werden.

Die Vergabestelle kann zur Erleichterung der Auswahlentscheidung vorab eine Bewertungsskala aufstellen, was auch zweckmäßig ist. Sowohl die Zuschlagskriterien als auch deren Gewichtung müssen gemäß § 11 Abs. 4 VOF aber auch dieser Bewertungsmatrix zu entnehmen sein und den Bewerbern spätestens mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe respektive der Vergabegespräche rechtzeitig bekannt gemacht worden sein (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 11 VOF, Rdnr. 111). Den Bewerbern wird so die Möglichkeit eröffnet, sich im Rahmen der Bewerbung auf die für die Auftragsvergabe relevanten Kriterien zu konzentrieren und vorab zu prüfen, ob sie den gestellten Anforderungen im Verhandlungsverfahren überhaupt gerecht werden können (vgl. Ruhland in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, § 11 VOF, Rdnr. 8, m.w.N.).

Ferner weist die Vergabekammer darauf hin, dass die in der Vergabeakte dokumentierte Bewertungsmatrix das an sich übliche Wirtschaftlichkeits- und Zuschlagskriterium Preis/Honorar gemäß § 11 Abs. 5 VOF überhaupt nicht beinhaltet.

Die Vergabekammer weist darauf hin, dass die Antragsgegnerin nach der in der Vergabeakte dokumentierten Bewertungsmatrix (Bl. 7 der Vergabeakte) zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 11 Abs. 5 VOF zwar durchweg zulässige und zweckmäßige Zuschlagskriterien verwendet hat und auch zumindest das Ausschlusskriterium der Einhaltung des Kostenrahmens berücksichtigt hat. Sie hat jedoch das von den Bewerbern auf Basis ihrer jeweiligen Entwürfe zu fordernde Honorar und damit den Preis der mit dem vorliegenden Vergabeverfahren ausgeschriebenen Dienstleistung gar nicht berücksichtigt. Gemäß § 11 Abs. 5 VOF berücksichtigen die Auftraggeber bei der Entscheidung über die Auftragserteilung verschiedene, durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien, z.B. Qualität, fachlicher oder technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Kundendienst und technische Hilfe, Leistungszeitpunkt, Ausführungszeitraum oder -frist und Preis/ Honorar. Zwar kommt dem Preis in der VOF nicht die gleiche Bedeutung zu wie in den anderen Verdingungsordnungen. Ziel eines Verfahrens nach der VOF ("bestmögliche Leistung") ist es nicht, auf den billigsten zu erwartenden Preis abzuschließen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2002 - Verg 45/02; Beschluss vom 08.10.2003, VII Verg 48/03). Freiberufliche Leistungen entziehen sich, insbesondere dann, wenn sie geistiger Natur und dementsprechend nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind, weitgehend einem Preiswettbewerb. Sie gehören regelmäßig nicht zu den standardisierten Produkten. Angesichts seiner geringen Bedeutung muss dem Kriterium des Preises nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung auch keine Mindestwertigkeit zukommen (vgl. BayObLG vom 20.08.2001 - Verg 9/01).

Allerdings darf auch nicht von vornherein gänzlich auf die Wertigkeit des Preises verzichtet werden (vgl. Ruhland in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, § 11 VOF, Rdnr. 16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002 - 2 Verg 10/02). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren-Honorar-Ordnung zu vergüten ist - vorliegend nach der HOAI - und der Preis deshalb gemäß § 11 Abs. 5 Satz 3 VOF nur im dort vorgeschriebenen Rahmen berücksichtigt werden darf. Nach Auffassung der Rechtsprechung gibt diese Bestimmung nur vor, dass die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten und der Preis nur im dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen ist. Sei aber innerhalb dieses Rahmens eine Schwankungsbreite der Angebote zulässig und denkbar, so gewinne der Preis wieder eine zumindest mit entscheidende Bedeutung (vgl. Ruhland, a.a.O., § 11 VOF, Rdnr. 16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002 - 2 Verg 14/02).

b) Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der unter II.2.a festgestellten Tatsache, dass die Antragsgegnerin zulasten der Antragstellerin und der übrigen Preisträger gegen die Vorgaben des § 17 Abs. 1 GWB verstoßen hat, indem sie im Verhandlungsverfahren auch Bewerber berücksichtigt hat, die nicht zum Kreis der Preisträger des Wettbewerbs gemäß § 15, 16 VOF gehören, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in das Vergabeverfahren einzutreten und das Verhandlungsverfahren nach § 17 Abs. 1 VOF erneut und nur mit den Preisträgern des vorangegangenen Wettbewerbes durchzuführen. Dabei hat die Antragsgegnerin zu gewährleisten, dass sie allen Preisträgern gleichermaßen rechtzeitig zur Vorbereitung der Verhandlungen, spätestens mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der Einladung zu den Verhandlungsgesprächen, gemäß § 11 Abs. 4 VOF die Bewertungsmatrix inkl. aller Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung bekannt gegeben wird. Ferner hat sie eindeutig festzulegen und den Bewerbern vorzugeben, welche Kostengrenze (5,5 Mio. oder 6 Mio. EUR?) einzuhalten ist und unter Zugrundelegung welcher Parameter und ggf. welchem Index die Entwürfe der Bewerber von der Antragsgegnerin auf Einhaltung dieses Kostenrahmens überprüft werden.

Auch im Übrigen hat die Antragsgegnerin darauf zu achten, dass das gesamte Verhandlungsverfahren, Inhalt und Ergebnisse der Verhandlungsgespräche, ihre getroffenen Entscheidungen und ihre Begründungen in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert werden. Gemäß § 12 Abs. 1 VOF ist das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Zweck dieser zwingenden Dokumentationspflicht des Auftraggebers, die inhaltsgleich auch in § 20 VOL/A, § 24 Abs. 1 EG VOL/A und § 20 Abs. 1 VOB/A geregelt ist, ist es, einen jederzeit nachvollziehbaren Überblick über den aktuellen Stand des Verfahrens, seinen Ablauf, seinen materiellen Inhalt und über die Rechtmäßigkeit der einzelnen Entscheidungen zu ermöglichen (vgl. Portz in: Müller-Wrede, VOF, 4. Auflage, § 12, Rdnr. 4 - 6, m.w.N.). Die Dokumentation der einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens sowie der Maßnahmen und der Begründung der einzelnen Entscheidungen ist Ausfluss des in § 97 Abs. 1 normierten und EU-rechtlich verankerten Transparenzgrundsatzes (vgl. Diehl in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 24 EG, Rdnr. 2, m.w.N.). Der Anwendungsbereich des § 12 VOF erstreckt sich ebenso wie die entsprechenden Regelungen in der VOB/A und der VOL/A dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. § 12 Abs. 2 VOF enthält dabei lediglich einen Katalog über den Mindestgehalt der Dokumentation. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Dies galt bereits nach alter Rechtslage, wo der Wortlaut des § 18 VOF a.F. ebenso wie die entsprechenden Regelungen der VOL/A und der VOB/A noch ausdrücklich den Begriff des Vergabevermerks verwandte. Die Dokumentation muss gemäß § 12 Abs. 1 VOF jedoch ausdrücklich laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Entscheidungen und deren Gründe sind daher jeweils zeitnah zu dokumentieren (vgl. Diehl, a.a.O., Rdnr. 43; BayObLG, Beschluss vom 01.10.2001, Az.: Verg 6/01 = VergabeR 2001, S. 63 ff., 69). Es ist nicht ausreichend, dass der Vermerk etwa erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich einer (drohenden) rechtlichen Überprüfung angefertigt wird (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07). Die Dokumentation muss somit den jeweiligen Stand des Vergabeverfahrens wiedergeben.

Sofern die Antragsgegnerin im Zuge des erneut durchzuführenden Verhandlungsverfahrens nach § 17 Abs. 1 VOF feststellen sollte, dass keiner der Preisträger die Gewähr bietet, dass der von ihr gesetzte Kostenrahmen für die Gesamtbaumaßnahme eingehalten wird oder sonstige wichtige Gründe einer Beauftragung entgegenstehen, ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, einem Preisträger den Auftrag zu erteilen. Sie ist dann an den vorangegangenen Wettbewerb nicht mehr gebunden, muss aber ein erneutes Verhandlungsverfahren gemäß §§ 3 ff. VOF mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb) durchführen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx EUR (brutto). Diesen Wert hat die Vergabekammer in Ermangelung einer in der Vergabeakte dokumentierten Honorarforderung der Antragstellerin aus der Gesamtkostenschätzung der Antragstellerin nach DIN 276 (Stand: Baumassenreduzierung 06.09.2011) (Bl. 126 d. Vergabeakte) auf der Grundlage der Vorgaben der HOAI (vgl. Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 32 (2) HOAI) ermittelt.

Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR

(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Bei einer Ausschreibungssumme von ... EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von

... EUR.

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden

Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der An-tragstellerin zu tragen.

IV. Rechtsbehelf

Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. ...

Gause
Rohn
Brinkmann