Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 23.11.2012, Az.: VgK-43/2012
Europaweite Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen bzgl. Abfuhr von Biomüll, Restmüll und Verwertung von Altpapier
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 23.11.2012
- Aktenzeichen
- VgK-43/2012
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 35202
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 7 EG Abs. 1 VOL/A
- § 19 EG Abs. 5 VOL/A
- § 19 EG Abs. 9 VOL/A
- § 21 EG Abs. 1 VOL/A
- § 24 EG VOL/A
In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
den xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegner -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen xxxxxx, Los 1,
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl. Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Biologe Sameluck auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2012
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.
- 3.
Die Kosten trägt die Antragstellerin.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Beigeladene, nicht aber für den Antragsgegner notwendig.
Begründung
I.
Mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2012 hat der Landkreis xxxxxx Entsorgungsdienstleistungen in 3 Losen europaweit ausgeschrieben. Los 1 umfasst die Abfuhr von Biomüll und Restmüll einschließlich des zugehörigen Behälterdienstes, Los 2 die Abfuhr, Übernahme und weitere Verwertung von Altpapier einschließlich Behältergestellung und Los 3 die Abfuhr und weitere Verwertung von Sperrmüll und Elektrogeräten sowie die Abfuhr von Weihnachtsbäumen. Als einziges Zuschlagskriterium wurde der niedrigste Preis bekannt gegeben.
Zur Angebotserstellung erhielten die Bieter die Vergabeunterlagen bestehend aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe, den Bewerbungsbedingungen, der Leistungsbeschreibung, dem Entsorgungsvertrag, dem Angebot und 9 Anhängen mit Informationen zur Kalkulation.
In Kapitel 2.15.1 Bietereignung wird unter Bezugnahme auf § 19 EG (5) VOL/A darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter anhand der vorgelegten Unterlagen, den Bietererklärungen und ggf. weiterer ihm zugegangener oder von Bietern angeforderter Unterlagen überprüfen wird.
Kapitel 3.7.2 enthält Regelungen für die Abfuhrfahrzeuge. Gemäß Absatz 1 hat der AN zur Sicherstellung einer umweltfreundlichen Abfallentsorgung Fahrzeuge zu benutzen, die für eine hinsichtlich Staub, Schadgasen und Lärm emissionsarme Abfuhr geeignet sind. Alle eingesetzten Fahrzeuge haben mindestens die Abgasnorm Euro 5 einzuhalten.
Kap. 3.7.2 regelt in Absatz 9:
"Fahrzeuge bzw. Wechselbehälter sollen in der Regel nur für die Abfuhr einer Abfallfraktion eingesetzt werden. Bei einem Wechsel hat der AN sicherzustellen, dass sich keine Abfallreste im Behälter oder im Schüttungsbereich befinden."
In Kapitel 3.7.7 (6) wird verlangt:
"Der AN hat im Übrigen an mindestens einer Betriebsstätte im Kreisgebiet die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Anschlusspflichtige gegen Vorlage eines vom AG ausgestellten Berechtigungsnachweises zu üblichen Dienstzeiten (Mo-Fr von 9-16 Uhr) Abfallbehälter persönlich abholen können."
§ 3 (12) des Entsorgungsvertrages trifft für Los 1 folgende Regelung:
"Aus Gründen der Erreichbarkeit, der Koordinierung und der Bürgernähe ist es erforderlich, dass der AN nach Auftragserteilung für die Dauer des Vertrags eine Zweigniederlassung im Landkreis xxxxxx unterhält, von wo aus die Leistungen zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen zu erbringen sind und insbesondere eine direkte persönliche und telefonische Erreichbarkeit für Benutzer und Auftraggeber montags bis freitags 07:00 bis 17:00 Uhr sowie während etwaiger Samstagsabfuhren gewährleistet ist."
Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots wird in Kapitel 2.15.3 folgende Verfahrensweise angekündigt:
"Innerhalb des Kreises der wertbaren Angebote und der geeigneten Bieter wird der Zuschlag losweise auf das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis (Summe nach Leistungsverzeichnis) erteilt. Dabei werden mögliche Rabatte, die von Bietern für den Fall der Vergabe von zwei oder mehr Losen an ihn eingeräumt werden, im Wertungspreis berücksichtigt. Maßgeblich für die Vergabe ist der niedrigste Gesamtwertungspreis (incl. USt. von derzeit 19%) über alle Lose oder Loskombinationen."
Auf den Seiten 81 bis 83 werden mit einem Leistungsverzeichnis die Preise für die Lose 1 bis 3 abgefragt. Bei der Abfrage für Los 2 sind unter den Positionen 1, 2 und 3 die Entgelte für die PPK-Behältergestellung und deren Abfuhr und das Entgelt für Container für Vereinssammlung und Annahmestellen anzugeben. Die Positionen 4-1 bis 4-3 betreffen die weitere Verwertung von Altpapier durch den AN. Hier ist unter 4-2 als gleitender Verwertungserlös, ermittelt nach dem Vordersatz von 6.600 t und dem Indexwert des Statistischen Bundesamtes (Stand März 2012) von 77 €/t, ein Betrag von 508.200 € vorgegeben, der als Abzug in den Gesamtpreis eingeht. Zur Position 4-2 wird vom Bieter mit gleichem Vordersatz der Preis für einen festen Aufschlag pro Tonne abgefragt und einkalkuliert.
Auf Seite 84 der Vergabeunterlagen konnte der Bieter Rabatte anbieten. Der Abfrage der Rabatte vorangestellt sind folgende, durch Bieterinfo Nr. 1 vom 18.07.2012 geänderte Hinweise:
"Der Bieter kann für die gleichzeitige Vergabe von mehreren Losen einen Rabatt anbieten. Es steht ihm frei, für welche Loskombinationen er einen Rabatt anbietet. Ebenso steht es ihm frei, auf einen Rabatt zu verzichten. ... Der eingeräumte Rabatt ist als Prozentwert anzugeben. Dieser Prozentwert gilt für alle Entgeltpositionen der bezuschlagten Loskombination, nicht aber für die Erlöspositionen 4-2 und 4-3 des Loses 2."
Nach Maßgabe der Niederschrift über die Angebotseröffnung waren insgesamt 7 Angebote fristgemäß beim Auftraggeber eingegangen. Die Antragstellerin hatte - ohne Gewährung von Rabatten - auf die Lose 1 und 3 angeboten, die Beigeladene hatte Angebote für alle drei Lose vorgelegt und für die gleichzeitige Vergabe von mehreren Losen Rabatte gewährt. Ohne Berücksichtigung der angebotenen Rabatte hat die Beigeladene für Los 1 das preislich günstigste Angebot vorgelegt, auf Rang 2 folgt das Angebot der Antragstellerin.
Mit der Prüfung und Wertung der Angebote hatte der Auftraggeber die Fa. xxxxxx betraut, die das Vergabeverfahren und dessen Ergebnis im Vergabevermerk vom 28.09.2012 dokumentierte.
Hiernach hat die Eignungsprüfung ergeben, dass alle Bieter, die aufgrund des Angebotspreises für einen Zuschlag in Betracht kommen, die erforderliche Eignung für die von ihnen angebotenen Leistungen besitzen.
Die Angebote wurden rechnerisch und fachtechnisch überprüft. Gegenstand der fachtechnischen Überprüfung war u.a. die von den Bietern im Angebot dargestellte Logistik. Zum Angebot der Beigeladenen zu Los 1 wurde die Frage gestellt, ob der von ihr vorgesehene Fahrzeugeinsatz ausreichend ist. Beim Vergleich der Angebotspreise wurde festgestellt, dass das Angebot der Beigeladenen auf Los 1 ungewöhnlich niedrig erscheint und der Preisprüfung bedarf.
Die Beigeladene wurde mit Email vom 28.08.2012 um Aufklärung ersucht. Sie wurde gebeten, ihre Kalkulation entsprechend der Strukturvorgabe aus Anhang 9 der Vergabeunterlagen darzulegen, zu erläutern und hierbei nach den Leistungsbestandteilen Restmüllabfuhr 2-Rad, Restmüllabfuhr 4-Rad, Sachabfuhr, Biomüllabfuhr und Biomülltransport zu unterscheiden.
Mit Schreiben vom 04.09.2012 erläuterte die Beigeladene ihr Angebot und legte ihre Urkalkulation zu Los 1 vor.
Außerdem fand am 24.09.2012 ein Bietergespräch insbesondere zu folgenden Themen statt:
- a)
Leistungswerte Restmüll und Biomüll
- b)
Leistungswert 4-Rad
- c)
Umlaufzeit Transporte
- d)
Treibstoffkosten bei Seitenladerbetrieb und Heckladerbetrieb
- e)
RWU-Kosten Seiten- und Hecklader
- f)
Gesamtergebnis der Kalkulation mit Blick auf das rabattierte Angebot Los 1/2.
Dem hierüber gefertigten Protokoll sind Unterlagen zu den kalkulierten Fahrzeug- und Treibstoffkosten beigefügt.
Die Kalkulation der Beigeladenen wurde hinsichtlich des Fahrzeugeinsatzes, der kalkulierten Leistungswerte, der Kostenansätze für Fahrzeuge und Personal, Verwaltung, Wagnis und Gewinn überprüft. Prüfung und Ergebnis wurden im Vergabevermerk dokumentiert. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass die Beigeladene ihr Angebot zwar knapp, aber nicht unauskömmlich kalkuliert habe.
Der Antragsgegner hat die Ergebnisse der Prüfung und Wertung der Angebote mit Schreiben vom 28.09.2012 mit dem Hinweis auf die beabsichtigte Auftragsvergabe an das RPA des Landkreises zur Prüfung übersandt.
Am 15.10.2012 informierte er die Bieter per Email über den beabsichtigten Zuschlag auf das rabattierte Gesamtangebot der Beigeladenen für die Lose 1 und 2 und auf das Angebot der Antragstellerin zu Los 3. Der Antragstellerin wurde mitgeteilt, dass ihr Angebot auf Los 1 nicht das wirtschaftlichste gewesen sei.
Mit Schreiben vom 17.10.2012 rügte die Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung zu Los 1 als vergaberechtswidrig. Aus der mitgeteilten Entscheidung und ihrer eigenen Kalkulation zu Los 1 müsse sie auf eine fehlerhafte Angebotswertung schließen.
Die Beigeladene verfüge nicht über die zur Leistungserbringung erforderlichen Fahrzeuge und auch nicht über eine Betriebsstätte im Landkreis xxxxxx. Von ihrem Stammsitz in xxxxxx aus könne sie die Leistung nicht wirtschaftlich erbringen. Ihr für die zu erbringenden Leistungen angebotener Preis sei nicht auskömmlich und lasse darauf schließen, dass sie den Vorgaben der Ausschreibung entsprechende Investitionen nicht einkalkuliert habe und ausschreibungskonforme Leistungen zum angebotenen Preis nicht erbringen könne. Bei einer ordnungsgemäßen Prüfung des Angebotes und insbesondere des Preises hätte der Antragsgegner erkennen müssen, dass es der Beigeladenen an der erforderlichen technischen Leistungsfähigkeit mangelt und ihr Angebot nicht den Vorgaben der Ausschreibung entspricht. Zu vermuten sei, dass die Beigeladene die in Kapitel 3.7.7 (6) geforderte Unterhaltung einer Betriebsstätte im Kreisgebiet, zu der auch die kostenaufwendige Einrichtung eines Behälterwaschplatzes gehöre, nicht einkalkuliert habe und - ausschreibungswidrig - für die Leistungen der Lose 1 und 2 dieselben Fahrzeuge einsetzen werde.
Es sei auch zu vermuten, dass bei Ermittlung des in die Wertung eingestellten rabattierten Gesamtpreises für die Lose 1 und 2 der Beigeladenen die Verwertungserlöse für PPK fehlerhaft berücksichtigt wurden.
Sie gehe davon aus, dass das nicht rabattierte Angebot der Beigeladenen auf Los 1 nicht das wirtschaftlichste Angebot ist und sie selbst das wirtschaftlichste Einzelangebot auf Los 1 vorgelegt hat. Es widerspreche den Regelungen des § 21 EG Abs. 1 VOL/A, wenn ein rabattiertes Gesamtangebot dem wirtschaftlichsten unrabattierten Einzelangebot eines anderen Bieters vorgezogen wird.
Mit Email vom 19.10.2012 wies der Antragsgegner die Rügen der Antragstellerin als unbegründet zurück. Hierbei teilte er mit, dass auch das unrabattierte Angebot der Beigeladenen auf Los 1 wirtschaftlicher sei als das Angebot der Antragstellerin. Im Rahmen der Angebotsprüfung sei festgestellt worden, dass der angebotene Preis zwar knapp, aber plausibel kalkuliert und auskömmlich sei. Es gebe weder Hinweise auf eine Marktverdrängungsabsicht noch Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die Beigeladene habe für die Leistungserbringung die Unterhaltung einer Betriebsstätte und den Einsatz von Neufahrzeugen kalkuliert, welche die Euronorm 5 erfüllen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass für die Abfuhr von Rest- und Bioabfall und von PPK dieselben Fahrzeuge eingesetzt werden sollen.
Die Beigeladene verfüge über die erforderliche Eignung, einen Grund für den Ausschluss ihres Angebotes gebe es nicht. Die Antragstellerin habe die vorgenommene Wertung ins Blaue hinein gerügt, Vergaberechtsfehler seien auch diesbezüglich nicht zu erkennen.
Am 22.10.2012 wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Unter Bezugnahme auf ihre Rügen beanstandete sie den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen als vergaberechtswidrig. Die unklaren Rügeantworten des Antragsgegners und die begrenzt gewährte Akteneinsicht ließen nicht auf eine vollständige und fehlerfreie Angebotsprüfung und -wertung schließen und seien nicht geeignet, sie von der Rechtmäßigkeit der Zuschlagsentscheidung zu überzeugen. Daher müsse sie die als Rügen vorgetragenen Beanstandungen der formellen Angebotsprüfung, der Eignungsprüfung, der Preisprüfung und der Wirtschaftlichkeitsauswertung im Nachprüfungsverfahren als Rechtsverletzungen geltend machen.
Sie vermute, dass bereits formale Gründe für den Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen vorliegen, welche der Antragsgegner vergaberechtswidrig für unschädlich gehalten habe. Bei der Eignungsprüfung habe man sich - ohne erkennbare Ermessensausübung - darauf beschränkt festzustellen, ob die geforderten Eignungsnachweise vorgelegt worden sind. Bewertende differenzierte Erwägungen des Antragsgegners zur Zuverlässigkeit, zur Leistungsfähigkeit und zur Fachkunde fehlen bzw. seien unzureichend. Im Rahmen der Eignungsprüfung sei unbeachtet geblieben, dass der sehr niedrige Angebotspreis Indiz dafür sei, dass die Beigeladene nicht über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfüge. Sie habe den geforderten Betriebsstandort mit Behälterwaschplatz weder konkret geplant noch einkalkuliert und die von ihr geplante und kalkulierte Fahrzeugausstattung sei z.T. für die Leistungserbringung ungeeignet.
Auch die durchgeführte Preisprüfung sei unzureichend. Auffällig sei, dass - bei gleichen Prämissen für die Kalkulation der Preise der Lose 1 und 3 - die Rangfolge der Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin für beide Lose nicht gleich sei. Dies hätte für den Antragsgegner Anlass sein müssen, die Preisstruktur und Kalkulation der Beigeladenen für die beiden Lose näher zu untersuchen und zu vergleichen, was nicht geschehen sei.
Selbst wenn die Beigeladene auch ohne Rabattierung auf Los 1 das günstigste Angebot vorgelegt habe, dürfe hierauf gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A der Zuschlag nicht erteilt werden, da es nicht auskömmlich sei.
Die Antragstellerin beantragt
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist;
- 2.
dem Antragsgegner für Los 1 des Vergabeverfahrens zu untersagen, den Zuschlag zu erteilen und ihn zu verpflichten, die Angebote der Beigeladenen für Los 1 vom Vergabeverfahren auszuschließen sowie die Angebotswertung nach Maßgabe der notwendigen Anordnung der Vergabekammer zu wiederholen;
- 3.
hilfsweise, andere zur Wahrung der Rechte der Antragstellerin gebotene Anordnungen zu treffen;
- 4.
dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin; aufzuerlegen;
- 5.
festzustellen, dass die Hinzuziehung von Rechtsanwälten durch die Antragstellerin notwendig war.
Der Antragsgegner beantragt
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
- 2.
die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners der Antragstellerin aufzuerlegen;
- 3.
die Hinzuziehung der rechtsanwaltlichen Vertretung durch den Antragsgegner für notwendig zu erklären.
Er hält den Nachprüfungsantrag mangels hinreichend substantiierter Rügen zum Teil für unzulässig. Die Antragstellerin habe auf Basis schlichter Spekulation und mit der Absicht zur Ausforschung ins Blaue hinein gerügt. Konkrete Hinweise auf Rechtsverletzungen habe sie nicht gegeben.
Der Nachprüfungsantrag sei zudem unbegründet. Es gebe keinen Grund, das Angebot der Beigeladenen aus formellen Gründen auszuschließen. Die Beigeladene besitze auch die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung. Diese sei anhand der Eignungsnachweise überprüft worden. Ein Nachweis eines Betriebsstandorts/eines genehmigten Waschplatzes sei als Eignungsnachweis nicht gefordert worden, dies nicht zuletzt deshalb, weil eine solche Forderung den Bestandsunternehmer unzulässig bevorzugt hätte. Die Forderung zur Vorhaltung eines Betriebsstandortes sei an den Auftragnehmer gerichtet, der bis zum Leistungsbeginn im Januar 2014 hinreichend Zeit haben werde, einen Betriebsstandort einzurichten und die Behälterreinigung zu organisieren. Ob die Beigeladene die Einrichtung einer Betriebsstätte, die Behälterreinigung und die Beschaffung von Neufahrzeugen mit Euro-5-Norm in der Kalkulation berücksichtigt habe, sei keine Frage der Eignung sondern betreffe die Auskömmlichkeit ihres Angebotes.
Die Angebote seien ordnungsgemäß geprüft und gewertet worden. Im Rahmen der Preis- und Plausibilitätsprüfung seien die Aussagen der Beigeladenen zur Logistik geprüft worden.
Die Preisprüfung habe ergeben, dass die Einrichtung eines Betriebsstandortes von der Kalkulation gedeckt ist. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene nicht ausschreibungskonform leisten wird.
Soweit die Antragstellerin unterstelle, dass die Rabattierung der Beigeladenen auf die Lose 1 und 2 nicht ordnungsgemäß gewertet worden sei, sei dieser Vorhalt für das streitbefangene Los 1 unwesentlich, da auch das unrabattierte Angebot der Beigeladenen wirtschaftlicher ist als das der Antragstellerin. Die Verwertungserlöse zu Los 2 seien im Übrigen entsprechend den Vorgaben der Vergabeunterlagen unrabattiert berücksichtigt worden.
Die Beigeladene hat sich schriftsätzlich nicht geäußert. In der mündlichen Verhandlung hat sie beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- 2.
die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen notwendigen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene für notwendig zu erklären.
Die Beigeladene unterstützt den Vortrag des Antragsgegners. Sie vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass die Antragstellerin aus der Verpflichtung des Antragsgegners auf Durchführung der Angemessenheitsprüfung keine subjektiven Bieterrechte ableiten kann. Ihr Angebotspreis sei angemessen. Sie habe bei der Kalkulation alle für die Leistungserbringung notwendigen Kosten berücksichtigt, was auch durch ihre dem Antragsgegner ausgehändigte und in der Vergabeakte dokumentierten Kalkulation belegt werde. Dies gelte insbesondere auch für den erforderlichen Fahrzeugeinsatz und die Einrichtung und Vorhaltung eines Betriebshofes. Sie sei seit Jahren auch im Landkreis xxxxxx aktiv. Sie wisse, welche Kennzahlen dort bei der Kalkulation eines Auftrages der vorliegenden Größenordnung zu berücksichtigen sind und sei auch darüber orientiert, wie sie den entsprechenden Fahrzeug- und Personaleinsatz kalkulieren müsse. Sie habe darüber hinaus auch mit vergleichbaren Entsorgungsgebieten aufgrund eigener Verträge Erfahrungen und beabsichtige durchaus, wie in den Ausschreibungsunterlagen gefordert, im Zuschlagsfall einen Betriebshof auf dem Gebiet des Landkreises xxxxxx zu errichten. Entsprechende Vorgespräche hätten bereits stattgefunden. Die entsprechenden Kalkulationsansätze habe sie in ihrer Kalkulation unter der Position Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn vorgenommen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.11.2012 hat der Antragsgegner eine nachträgliche Erklärung seiner mit der Vergabe betrauten Mitarbeiter der Verwaltung vom 16.11.2012 zur Vergabeentscheidung in der Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen im Landkreis xxxxxx 2012 vorgelegt, mit der diese erklären, dass sie sich im Rahmen der Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen mit dem Vergabevorschlag des beratenden Ingenieurs xxxxxx vom 28.09.2012 inhaltlich vollumfänglich auseinandergesetzt haben und die dort getroffenen Vorschläge reflektiert, geprüft und sie sich billigend zu Eigen gemacht haben. Die Vergabeentscheidung sei durch sie getroffen worden. Der Antragsgegner hat in seinem Schriftsatz betont, dass diese Erklärung vorsorglich nachgereicht werde, obwohl nach seiner Auffassung die von der Antragstellerin vorgeworfenen Dokumentationsmängel nicht vorliegen und auf Rechtsprechung zu Heilungsmöglichkeiten bei Dokumentationsmängeln mittels Anwaltschriftsatz im Nachprüfungsverfahren verwiesen.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2012 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Der Antragsgegner hat in vergaberechtlich nicht zu beanstandender Weise das Angebot der Beigeladenen als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne der §§ 19 EG Abs. 9, 21 EG Abs. 1 VOL/A ermittelt. Er hat sich dabei insbesondere auch bei der Prüfung und positiven Bewertung der Eignung der Beigeladenen im Rahmen des ihm durch § 19 EG Abs. 5 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten und dabei die vom ihm geforderten und von der Beigeladenen beigebrachten Nachweise der Eignung gemäß § 7 EG VOL/A berücksichtigt. Er hat ferner auch die Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Angebotspreises ausführlich geprüft und die gesamte Angebotswertung in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert. Der Antragsgegner ist im Ergebnis auch der Verpflichtung gemäß § 97 Abs. 1 GWB und § 19 EG VOL/A nachgekommen, als öffentlicher Auftraggeber eine eigenverantwortliche Entscheidung im Vergabeverfahren zu treffen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der verfahrensgegenständliche Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den verfahrensgegenständlichen Leistungen handelt es sich um die Entsorgung von Bioabfall, Restmüll, Papier, Pappe, Karton und Sperrmüll im Gebiet des Landkreises xxxxxx für einen Zeitraum von mindestens 7 Jahren und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung (VgV) in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrags geltenden Fassung ein Schwellenwert von 200.000 € gilt. Dieser Schwellenwert wird ausweislich der im Vergabevermerk Teil 1 vom 17.08.2012 dokumentierten Vorabschätzung auf der Basis der Kosten für das Jahr 2011 mit insgesamt ca. xxxxxx € deutlich überschritten.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, der Entscheidung des Antragsgegners liege eine fehlerhafte Wertung zugrunde. Unter Berücksichtigung ihrer eigenen Kalkulation müsse sie angesichts des Preisabstandes der Beigeladenen davon ausgehen, dass diese nicht die erforderliche Anzahl der Fahrzeuge einkalkuliert habe. Ferner verfüge die Beigeladene auch nicht über die nach den Vergabeunterlagen geforderte Betriebsstätte im Landkreis xxxxxx. Von ihrem Stammsitz in xxxxxx könne diese die geforderte Leistung nicht wirtschaftlich erbringen. Dies lasse darauf schließen, dass die Beigeladene die den Vorgaben der Ausschreibung entsprechenden Investitionen nicht einkalkuliert habe und ausschreibungskonforme Leistungen zum angebotenen Preis nicht erbringen könne. Der Antragsgegner habe die ihm obliegende Prüfung der Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen nicht in einer den Anforderungen des § 19 EG Abs. 6 VOL/A genügenden Weise durchgeführt. Andernfalls hätte der Antragsgegner nach Auffassung der Antragstellerin erkennen müssen, dass es der Beigeladenen an der erforderlichen technischen Leistungsfähigkeit mangele und ihr Angebot nicht den Vorgaben der Ausschreibung entspreche. Schließlich habe der Antragsgegner auch nicht dokumentiert, dass er eine dem öffentlichen Auftraggeber obliegende eigenverantwortliche Vergabeentscheidung getroffen habe. Vielmehr sei der Antragsgegner unreflektiert dem Vergabevorschlag des mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx gefolgt. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller die Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt, zumal sie im Falle des von ihr begehrten Ausschlusses des Angebotes der Beigeladenen ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hätte.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Antragsgegner unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin wurde durch den Antragsgegner mit E-Mail vom 15.10.2012 über den beabsichtigten Zuschlag auf das rabattierte Gesamtangebot der Beigeladenen für die Lose 1 und 2 und auf das Angebot der Antragstellerin zu Los 3 informiert. Dabei wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihr Angebot auf das Los 1 nicht das wirtschaftlichste gewesen sei. Die Antragstellerin rügte diese Entscheidung daraufhin bereits mit Schreiben vom 17.10.2012. Zur Begründung ihrer Rüge trug sie vor, dass sie aus der mitgeteilten Entscheidung unter Berücksichtigung ihrer eigenen Kalkulation zu Los 1 auf eine fehlerhafte Angebotswertung schließen müsse. Ferner trug sie vor, dass angesichts des deutlich niedrigeren Angebotspreises der Beigeladenen zu vermuten sei, dass die Beigeladene die in den Vergabeunterlagen geforderte Betriebsstätte im Kreisgebiet, zu der auch die kostenaufwändige Einrichtung eines Behälterwaschplatzes gehöre, nicht einkalkuliert habe und auch die für die Durchführung des Auftrages notwendigen Fahrzeuge nicht ordnungsgemäß angesetzt habe. Daraus sei auch auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit und Eignung der Beigeladenen zu schließen. Diese nur innerhalb von zwei Tagen nach Erhalt der ablehnenden Information des Antragsgegners gemäß § 101a GWB abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Als unverzüglich in diesem Sinne gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rz. 2). Es kann daher vorliegend dahin stehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rs. C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/2010, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Az.: Verg 2/12 - jeweils zitiert nach ibr-online).
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne der §§ 19 EG Abs. 9, 21 EG Abs. 1 VOL/A ermittelt hat. Der Antragsgegner hat das gesamte Vergabeverfahren auch von Anbeginn in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise fortlaufend dokumentiert. Dies gilt insbesondere auch für die von der Antragstellerin beanstandete Eignungsprüfung der Beigeladenen gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A (im Folgenden a) und die gebotene Überprüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Angebotspreises gemäß § 19 EG Abs. 6 VOL/A (im Folgenden b). Schließlich ist unter Berücksichtigung der gesamten Dokumentation in der Vergabeakte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner unter Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen § 19 EG VOL/A keine dem öffentlichen Auftraggeber obliegende eigenverantwortliche Entscheidung im Vergabeverfahren getroffen hat, sondern unreflektiert dem Vergabevorschlag des von ihm mit der Begleitung beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx gefolgt ist (im Folgenden c).
a)
Der Antragsgegner hat sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Rahmen seines ihm gemäß § 19 EG Abs. 4 VOL/A eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten, als er die Eignung der Beigeladenen auf der Grundlage der von den Bietern geforderten Eignungsnachweise gemäß § 7 EG VOL/A positiv festgestellt hat. Er hat die Eignungsprüfung und das Ergebnis auch in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte, dort im Vergabevermerk Teil 3 vom 28.09.2012 auf den Seiten 20, 21 unter der lfd. Nr. 5, dokumentiert. Der Antragsgegner hatte insbesondere, entgegen der Auffassung der Antragstellerin, auch keinen Anlass, die Leistungsfähigkeit und damit die Eignung der Beigeladenen für die ausgeschriebenen vertraglichen Verpflichtungen gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A i. V. m. § 7 EG Abs. 1 VOL/A in Zweifel zu ziehen, weil die Beigeladene bislang unstreitig noch keine Betriebsstätte auf dem Gebiet des Antragsgegner vorhält. Eine solche Betriebsstätte war weder nach den Vorgaben der Vergabebekanntmachung noch nach den Festlegungen in der Aufforderung zur Angebotsabgabe und den Vergabeunterlagen bereits mit Angebotsabgabe nachzuweisen.
Gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur die Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Eignung besitzen. Dabei dürfen Auftraggeber gemäß § 7 EG Abs. 1 VOL/A von den Bietern zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nur Unterlagen und Angaben fordern, die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind. Grundsätzlich sind Eigenerklärungen zu verlangen. Die Forderung von anderen Nachweisen als Eigenerklärungen haben die Auftraggeber in der Dokumentation zu begründen. Die mit dem Angebot oder dem Teilnahmeantrag vorzulegenden Unterlagen, die die Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers oder des Bieters verlangen, müssen gemäß § 7 EG Abs. 5 VOL/A bereits aus der Bekanntmachung ersichtlich sein. Der öffentliche Auftraggeber muss daher nach Abschluss der formalen Wertung der Angebote gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A in einer zweiten Wertungsstufe überprüfen, ob die Bieter die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Eignung besitzen. Eine Eignungsprüfung erfolgt in zwei Schritten: Erstens ist zu prüfen, ob die Eignung in der vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Form nachgewiesen wurde, und zweitens, ob in materieller Hinsicht die Eignungsanforderungen des Auftraggebers erfüllt werden (vgl. Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 169, 172).
Die im Rahmen der zweiten Wertungsstufe stattfindende Prüfung der Eignung der Bieter dient dazu, diejenigen Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Leistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen, und die unzureichend qualifizierten Bieter auszuscheiden (vgl. Frister in: Kappellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 16 VOB/A, Rdnr. 61, m. w. N.). Dabei ist eine unternehmensbezogene Untersuchung durchzuführen, durch die prognostiziert werden soll, ob das Unternehmen zur Ausführung des Auftrags in der Lage sein wird (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, A § 25, Rdnr. 22a). Somit sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten die erforderlich Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Diese Regelung deckt sich grundsätzlich mit der entsprechenden Regelung in § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Az.: Verg 13/02). Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist davon auszugehen, dass diese Begriffe den Auftraggebern einen Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten sind (vgl. Weyand, Vergaberecht, 97, Rdnr. 396, m. w. N.; OLG München, Beschluss vom 21.04.2006, Az.: Verg 8/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VII-Verg 55/05). Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn
- das vorgegebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
- nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird,
- sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird
(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2002 - Verg 37/02). |
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Während es sich etwa bei den Ausschlussgründen des § 16 Abs. 3 VOL/A noch um relativ schnell feststellbare, eher objektiv einzustufende Merkmale von Bietern und Angeboten handelt, stellt die Überprüfung der Eignungskriterien - Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit - gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A i. V. m. § 7 EG VOL/A deutlich höhere Anforderungen an die Prüfung. Letztlich bewegt sich der Prüfungsrahmen dabei auf einem gerade auch an der Überzeugung der Vergabestelle orientierten Maßstab (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage, § 25, Rdnr. 52).
Der Antragsgegner hat ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks Teil 3 vom 28.09.2012 (dort unter der lfd. Nr. 5, S. 20/21, Vergabeakte, Ordner II) die Eignung der Beigeladenen auf der Grundlage der geforderten Eignungsnachweise geprüft und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in dr Vergabeakte dokumentiert. Der Antragsgegner hat dort dokumentiert, welche Referenzen die Beigeladene für die jeweiligen Lose beigefügt hat und sodann tabellarisch, gegliedert nach den Eignungsmerkmalen Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde, das Vorliegen der von den Bietern geforderten Eignungsnachweise dokumentiert. Hinsichtlich der Zuverlässigkeitsprüfung hält der Vermerk fest, dass die Beigeladene das geforderte Efb-Zertifikat hinsichtlich einer regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sowie den geforderten Handelsregisterauszug vorgelegt hat. Ferner hatten die Bieter zum Nachweis der Zuverlässigkeit gemäß Nr. 5.1.2 und 5.2 des Angebotsvordrucks inkl. Leistungsverzeichnis mit ihrer Unterschrift unter dem Angebot rechtsverbindliche Bietererklärungen, darunter auch eine Eigenerklärung über die Zahlung von Steuern und Abgaben, aus der hervorgeht, dass der Bieter seine Verpflichtung zur Zahlung der Steuern und Abgaben nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem er ansässig ist, erfüllt hat, abzugeben. Der Vergabevermerk Teil 3 schließt auf Seite 21 bezüglich der Zuverlässigkeitsprüfung mit der Feststellung, dass die Beigeladene auch diese Bietererklärung unterzeichnet hat und das Unternehmen insgesamt als zuverlässig anzusehen ist. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit wird festgehalten, dass die Beigeladene, wie gefordert, ihren Gesamtumsatz für 2011 und darüber hinaus leistungsbezogen auf die einzelnen Lose den anteiligen Umsatz angegeben hat. Auch hier schließt der Vermerk mit der Feststellung, dass die Beigeladene eine ausreichende Leistungsfähigkeit nachgewiesen hat. Auch hinsichtlich der Fachkunde hält der Vermerk fest, dass die Beigeladene das diesbezügliche Efb-Zertifikat für das Einsammeln, Befördern von gemischten Leistungsabfällen gemäß Los 1 sowie der Leistungen zu den anderen beiden Losen beigebracht hat. Ferner hält der Vermerk fest, dass die Beigeladene damit auch die geforderte Mindestanforderung erfüllt. Schließlich erfülle sie auch die Referenzanforderungen für alle Lose und habe ein schlüssiges Konzept für die logistische Durchführung und Behandlung vorgelegt. Der Vermerk schließt hinsichtlich der Fachkundeprüfung mit der Feststellung, dass die Fachkunde nachgewiesen wurde. Als Gesamtergebnis hält der Vermerk für die Beigeladene fest, dass somit an der Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Beigeladenen für alle drei Lose keine Zweifel bestehen. Nach der Feststellung der Vergabekammer enthält das Angebot der Beigeladenen alle in Bezug genommenen Nachweise, Erklärungen und Angaben.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin genügt die Dokumentation der Eignungsprüfung auch den Anforderungen des § 24 EG VOL/A. Gemäß § 24 EG VOL/A ist das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Die Dokumentation der einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens sowie der Maßnahmen und der Begründung der einzelnen Entscheidungen ist ein Ausfluss des in § 97 Abs. 1 GWB normierten sowie EU-rechtlich verankerten Transparenzgrundsatzes (vgl. Diehl in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 24 EG, Rdnr. 2, m. w. N.). Sinn dieser Bestimmung (ebenso wie der des § 20 VOL/A) ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB/A, § 30, Rdnr. 1, m. w. N.; Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 8, Rdnr. 33).
Der Anwendungsbereich des § 24 EG VOL/A erstreckt sich dabei ebenso wie der Anwendungsbereich des § 20 VOL/A sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Dabei enthält § 24 EG Abs. 2 VOL/A im Gegensatz zu § 20 VOL/A auch einen entsprechenden Katalog über den Mindestgehalt der Dokumentation. Insbesondere auf die Dokumentation der Angebotswertung und der Zuschlagsentscheidung als der Kernaufgabe des Auftraggebers im Vergabeverfahren muss die größte Sorgfalt verwandt werden. Es muss nachvollziehbar sein, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll (vgl. Zeise, a. a. O., § 2, Rdnr. 25). Hierzu müssen die Tatsachen, Umstände und Überlegungen, welche die in Aussicht genommene Entscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden. Aus der Dokumentation sollen alle Erwägungen hervorgehen, die bei der Entscheidung über den Zuschlag eine Rolle gespielt haben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2003, Az.: 46/03, zitiert nach ibr-online). Um den Anforderungen der Transparenz zu genügen, muss das Ergebnis sachlich nachvollziehbar sein. Dies gilt in besonderem Maße für die Wertung, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. VK Bund, Beschluss vom 06.04.2004 - VK2-148/03). Hier müssen nicht nur die Tatsachenumstände, sondern auch die Überlegungen, die die geplante Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden.
Der Wertungsvorgang ist dabei ausreichend dokumentiert, wenn er für nicht am Vergabeverfahren beteiligte, aber gleichwohl sachkundige Dritte nachvollziehbar ist (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 10.01.2008 - 1/SVK051-08; Diehl, a. a. O., § 24 EG, Rdnr. 29, m. w. N.). Dabei muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei die Dokumentation - wie auch im vorliegenden Fall - aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Dies galt bereits nach alter Rechtslage, wo der Wortlaut der Norm noch den Begriff des Vergabevermerks verwandte. Die Dokumentation muss gemäß § 24 EG VOL/A jedoch ausdrücklich laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Entscheidungen und deren Gründe sind daher jeweils zeitnah zu dokumentieren (vgl. Diehl, a. a. O., § 24 EG, Rdnr. 43; BayObLG, Beschluss vom 01.10.2001, Az.: Verg 6/01 = VergabeR 2001, S. 63 ff., 69). Es ist nicht ausreichend, dass der Vermerk etwa erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich einer (drohenden) rechtlichen Überprüfung angefertigt wird (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07).
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Dokumentation in der Vergabeakte. Der Antragsgegner hat das Vergabeverfahren und insbesondere die einzelnen Stufen der Angebotswertung und die dort getroffenen Entscheidungen und Begründungen in zeitlicher Abstufung (Vergabevermerk Teil 1, Teil 2 und Teil 3) in der Vergabeakte dokumentiert. Die Dokumentation erfolgte nicht im Nachhinein, sondern, wie von § 24 EG VOL/A gefordert, fortlaufend. Sie genügt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch bezüglich der Eignungsprüfung inhaltlich den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Vergabevermerk, da aus der Dokumentation ersichtlich wird, dass der Antragsgegner die Eignung der Bieter anhand der mit den Vergabeunterlagen geforderten Eignungsnachweise überprüft hat, welche Nachweise und Erklärungen die Bieter jeweils beigefügt haben und zu welchem Ergebnis der Antragsgegner bei der Prüfung der einzelnen Eignungsmerkmale gekommen ist. Zu einer detaillierteren Dokumentation hatte der Antragsgegner vorliegend keinen Anlass.
Der Antragsgegner hatte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch keinen Anlass, die Leistungsfähigkeit und damit die Eignung der Beigeladenen für die ausgeschriebenen vertraglichen Verpflichtungen gemäß § 19 EG Abs. 5 VOL/A i. V. m. § 7 EG Abs. 1 VOL/A in Zweifel zu ziehen, weil die Beigeladene bislang unstreitig noch keine Betriebsstätte auf dem Gebiet des Antragsgegners vorhält. Zu Recht hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass er in Kapitel 3.7.7 Abs. 6 lediglich verlangt hat, dass der Bieter im Auftragsfall eine entsprechende Betriebsstätte im Kreisgebiet einrichten und vorhalten muss. Dort heißt es:
"Der Auftragnehmer hat im Übrigen an mindestens einer Betriebsstätte im Kreisgebiet die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Anschlusspflichtige gegen Vorlage eines vom Auftraggeber ausgestellten Berechtigungsnachweises zu üblichen Dienstzeiten (Mo. - Fr. von 9.00 bis 16.00 Uhr) Abfallbehälter persönlich abholen können."
Darüber hinaus heißt es in § 3 Abs. 12 des Entsorgungsvertrages für Los 1:
"Aus Gründen der Erreichbarkeit, der Koordinierung und der Bürgernähe ist es erforderlich, dass der Auftragnehmer nach Auftragserteilung für die Dauer eines Vertrags eine Zweigniederlassung im Landkreis xxxxxx unterhält, von wo aus die Leistungen zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen zu erbringen sind und insbesondere eine direkte persönliche und telefonische Erreichbarkeit für Benutzer und Auftraggeber montags bis freitags 07.00 bis 17.00 Uhr sowie während etwaiger Samstagsabfuhren gewährleistet ist."
Die Beigeladene hat diese für den Zuschlagsfall geltenden Bedingungen mit der Unterschrift unter ihrem Angebot ausdrücklich akzeptiert.
Die in der Vergabeakte dokumentierte Eignungsprüfung genügt daher den Anforderungen der §§ 19 EG Abs. 5, 24 EG VOL/A. Der Antragsgegner hat sich im Rahmen des ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als er die Eignung der Beigeladenen positiv bewertete.
b)
Der Antragsgegner hat ausweislich der vorliegenden Vergabeakte die Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Preises gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A geprüft und Prüfung und Ergebnis in der Vergabeakte (Vergabeakte, Ordner II, Angebotsauswertung und Vergabevermerk, Teil 3, vom 28.09.2012, Nr. 6, S. 25 - 31) in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise dokumentiert. Der Antragsgegner hatte keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises von der Angebotswertung auszuschließen.
Gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen (vgl. Horn in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 172). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotes verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen. Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung - z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 213, und § 19 EG, Rdnr. 225). Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftraggegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugpunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächst höhere Angebot (= 100 %). Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist allerdings nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an (vgl. Horn, a. a. O., § 19 EG, Rdnr. 178). Gemäß § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes (LVergabeG) in der Fassung vom 15.12.2008 (Nds. GVBl., S. 411) kann die Vergabestelle die Kalkulation eines unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ist sie dazu verpflichtet. Das Landesvergabegesetz gilt jedoch ausweislich seiner Präambel und seiner Regelung in § 2 Abs. 1 LVergabeG ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine derart verbindliche Auftragsschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20-%-Schwelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII-Verg 77/04; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 242 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 215, m. w. N.; Horn in: Müller-Wrede, a. a. O., § 19, Rdnr. 178). Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23.01.2008, Az.: VII-Verg 36/07) hat ebenfalls entschieden, dass in einem Fall, in dem der Abstand des Angebotes der dort erstplatzierten Beigeladenen zu 1 zu dem nächst höheren Angebot der dortigen Beigeladenen zu 2 sowie der Abstand zwischen diesem und dem nächst platzierten Angebot eines dritten Bieters weniger als 20 % betrug, die Aufgreifschwelle, die einen im Verhältnis zu der angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis indiziert, nicht erreicht ist.
Vorliegend hat der Antragsgegner ausweislich der Dokumentation im Vergabevermerk Teil 3 (3 Prüfung der Angebote, S. 6 ff.) ermittelt, dass der von der Beigeladenen angebotene Preis zu Los 1 - insbesondere unter Berücksichtigung der angebotenen Rabatte im Falle der Beauftragung mehrerer Lose - gegenüber dem nächst höheren Angebot der Antragstellerin um mehr als 20 % niedriger ist. Der Antragsgegner hat daher zu Recht festgestellt, dass er gehalten ist, gemäß § 19 EG Abs. 6 VOL/A die Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Angebotspreises zu überprüfen (Vergabevermerk Teil 3, Nr. 3.6, S. 9, 10).
Der Antragsgegner hat die Beigeladene daher mit E-Mail vom 28.08.2012 zur Vorlage der Kalkulation aufgefordert, die diese auch vorgelegt hat (Vergabeakte, Ordner II, unter H (E-Mail) und unter L (Erläuterungsschreiben der Beigeladenen vom 04.09.2012 nebst beigefügter Urkalkulation zu Los 1)). In der Folge hat der Antragsgegner daraufhin die Beigeladene mit E-Mail vom 13.09.2012 (Vergabeakte, Ordner II, unter PQ) noch zu einem Bietergespräch eingeladen und darauf hingewiesen, dass Gegenstand die Leistungsdurchführung der Beigeladenen bezüglich Los 1 und Los 2 sowie die zu Los 1 vorgelegte Kalkulation sein soll. Detailliert hat der Antragsgegner die Beigeladene darum gebeten, sich auf konkret benannte Themen vorzubereiten und entsprechende Unterlagen mitzubringen. Zu den Themen gehörten u. a. die Leistungswerte Restmüll und Biomüll, der Leistungswert 4-Rad, Umlaufzeit Transporte, Treibstoffkosten, RWU-Kosten Seiten- und Hecklader sowie das Gesamtergebnis der Kalkulation mit Blick auf das rabattierte Angebot Los 1/2 . Über das Bietergespräch vom 24.09.2012 ist in der Vergabeakte ein Protokoll vom 26.09.2012 (Vergabeakte, Ordner II, unter S) enthalten. Die Angemessenheitsprüfung unter Berücksichtigung der Angaben der Beigeladenen, ihrer Urkalkulation und des Ergebnisses des Bietergespräch hat der Antragsgegner schließlich im Vergabevermerk Teil 3 unter der lfd. Nr. 6, S. 25 - 32 ausführlich dokumentiert. Bei der Angemessenheitsprüfung des § 19 EG Abs. 6 VOL/A handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, die sich auf die Frage der Angemessenheit des Gesamtpreises des niedrigsten Angebotes richtet. Zwar ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, eine derartige Überprüfung im Wege der Aufklärung vorzunehmen, wenn ihm - wie im vorliegenden Fall - das preislich günstigste Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint. Auch kann sich der Auftraggeber nicht allein auf eigene Kalkulationen stützen, sondern er muss darauf hinwirken, die erforderlichen Informationen über die konkrete Preisbildung vom betreffenden Bieter zu verlangen (vgl. Horn in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 180). Dies hat der Antragsgegner jedoch vorliegend, wie bereits erläutert, durch das in der Vergabeakte dokumentierte Aufklärungsgespräch vom 24.09.2012 und die Anforderung und Prüfung der Urkalkulation und der Stellungnahme der Beigeladenen in nicht zu beanstandender Weise getan und die Überprüfung und die Schlüsse, die er aus dem Aufklärungsgespräch gezogen hat, im Vergabevermerk Teil 3 vergaberechtsgemäß dokumentiert. Trägt der Bieter, wie vorliegend, durch nachvollziehbare Angaben zur Aufklärung bei, ist der Auftraggeber nicht per se gehindert, den Zuschlag sogar auf ein Unterkostenangebot (unauskömmliches Angebot) zu erteilen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 VErg 12/01; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 217, m. w. N.) Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nichtauskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen. Das in § 16 VOL/A und § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A geregelte Verbot, Zuschläge auf Angebote zu erteilen, deren (End-) Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, hat nur einen eingeschränkt bieterschützenden Charakter (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 45/2011, zitiert nach ibr-online). Einen Bieterschutz im Rechtssinn entfaltet die Bestimmung nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbswidrige Praktiken im Vergabeverfahren zu verhindern, den Ausschluss des unangemessen niedrig gerügten Angebots gebietet. Selbst dann, wenn das Angebot preislich eine bestimmte Aufgreifschwelle unterschreitet, kann dies für sich genommen einen Ausschluss des Angebotes keinesfalls rechtfertigen. Auch die bloße Unauskömmlichkeit eines Preisangebotes stellt für sich allein betrachtet keinen zwingenden Grund zu der Annahme dar, der betreffende Bieter werde die ausgeschriebene Leistung nicht zuverlässig und vertragsrecht erbringen können.
Vorliegend hätte der Antragsgegner seinen Beurteilungsspielraum bei der Angemessenheitsprüfung allenfalls dann überschritten, wenn er bei der Plausibilitätsprüfung von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen wäre und insbesondere bei der Überprüfung der Kostenpositionen von irrealistischen eigenen Vergleichszahlen ausgegangen wäre. Anhaltspunkte dafür bietet der Sachverhalt, insbesondere die Dokumentation in der Vergabeakte, jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht.
Ausweislich des Vergabevermerk Teil 3 hat der Antragsgegner vielmehr ausführlich die Kalkulationsansätze der Beigeladenen im Hinblick auf den Fahrzeugeinsatz, die Leistungswerte (Berechnung des Fahrzeugbedarfs für Rest- und Bioabfälle auf Basis der jährlich durchzuführenden Leerungen) sowohl für die von der Beigeladenen vorgesehen 2-Rad-Fahrzeuge als auch für die 4-Rad-Fahrzeuge ausführlich überprüft und dabei berücksichtigt, dass aufgrund eigener Auswertungen des Antragsgegners und des von ihm beauftragten Ingenieurbüros mindestens ein Drittel des Entsorgungsaufwandes auf die reine Durchfahrt durch das Entsorgungsgebiet entfällt, ohne dass ein Behälter entleert würde (fixer Aufwand). Die übrigen zwei Drittel hat der Antragsgegner bei der Überprüfung als variablen Aufwand für Leerungen und Transporte angesetzt. Hinsichtlich der Biomüllabfuhr hat der Antragsgegner darüber hinaus berücksichtigt, dass die Behälterdichte erheblich geringer ist als die Behälterdichte beim Restmüll, und den dortigen Anteil mit 17 % der Leerungen angesetzt.
Der Antragsgegner hat ausweislich der Dokumentation errechnet, dass der Fahrzeugansatz in der Kalkulation der Beigeladenen im Vergleich zur eigenen Kalkulation des Antragsgegners hinsichtlich der Restmüllabfuhr 2-Rad und der Restmüllabfuhr 4-Rad den rechnerischen Bedarf leicht bzw. - bei der Restmüllabfuhr 4-Rad - sogar deutlich überschreitet. Bei der Biomüllabfuhr 2-Rad ist der feste Kalkulationsansatz der Beigeladenen gegenüber dem vom Antragsgegner errechneten Bedarf etwas geringer. Darauf angesprochen hat die Beigeladene dem Antragsgegner ausweislich der Dokumentation erklärt, dass der tatsächliche Leistungsbedarf, sofern dieser den kalkulatorischen Ansatz überschreitet, durch punktuellen Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge gedeckt werden könne, so dass eine vollständige Leistungserbringung sichergestellt sei. Der Antragsgegner hat dies akzeptiert. Den Kalkulationsansatz der Beigeladenen hinsichtlich der Transportfahrzeuge mit einem entsprechenden Stundenansatz pro Jahr hat der Antragsgegner als ausreichend konservativ und ausdrücklich machbar bewertet. Gleiches gilt für die von der Beigeladenen kalkulierten Investitionskosten. Für die einzusetzenden Fahrzeuge, die Abschreibung, die Ansätze für RWU und Reifen, Steuern und Versicherungen, Autobahnmaut und Treibstoffe hat der Antragsgegner sowohl für Seitenlader als auch den von der Beigeladenen vorgesehen Hecklader sogar als recht großzügig bemessen bewertet. Die Ansätze für die Pritsche und das Hakenliftfahrzeug entsprechen nach den Darstellungen des Antragsgegners üblichen Ansätzen. Der von der Beigeladenen einkalkulierte Stundenlohn für den Kostenansatz Personal ist nach den Feststellungen des Antragsgegners branchenüblich und deutlich über dem Mindestlohn der Entsorgungsbranche. Inklusive Berücksichtigung der Lohnnebenkosten (Sozialabgaben, Berufsgenossenschaft etc.) ergäbe sich sogar ein Kostenansatz, der im Vergleich zu anderen Entsorgern ein relativ hoher Wert sei. Der Ansatz der Beigeladenen für Verwaltung, Wagnis und Gewinn liege im unteren Mittelfeld. Üblich seien Ansätze zwischen 12 % und 20 %. Der Ansatz der Beigeladenen liegt dazwischen.
Die Beigeladene hat betont, dass sie in diesem Kostenansatz auch die kalkulatorischen Kosten für die Einrichtung und die Vorhaltung eines Betriebshofes untergebracht hat. Im Ergebnis hat die Preisprüfung ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte ergeben, dass die Beigeladene eine knappe Kalkulation vorgelegt hat. Denn während die Leistungswerte beim Restmüll noch marktüblich aber bereits hoch sind, sind sie nach den Feststellungen des Antragsgegners beim Biomüll zu hoch. Dies könne beim Biomüll zu den dort errechneten Mehrkosten führen. Dafür sei aber beim kalkulatorischen Ansatz der Beigeladenen für die Abfuhr der 4-Rad-Behälter und den Transportern noch "Luft". Damit sei ein Teil des Mehrbedarfs bei der Biomüllabfuhr bereits ausgeglichen. Es verbleibe eine Unterdeckung bei der Biomüllabfuhr von 2,6 %. Fahrzeugkosten und Personalkosten seien plausibel bzw. sogar großzügig angesetzt. Der Aufschlag für Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn weise einen ausreichenden Deckungsbeitrag auf, so dass auch hier nicht von einem Unterangebot auszugehen sei. Im Ergebnis ist der Antragsgegner zu dem Schluss gelangt, dass der von der Beigeladenen angebotene Preis jedenfalls nicht in einem offenbaren Missverhältnis im Sinne des § 19 EG Abs. 6 VOL/A steht, so dass das Angebot zuschlagsfähig ist. Der Antragsgegner hat somit ausweislich des Vergabevermerks eine detaillierte Prüfung der Kalkulation der Beigeladenen durchgeführt und ihre Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlüsse nachvollziehbar erläutert. Auch die Angemessenheitsprüfung des Antragsgegners genügt daher den Anforderungen des § 19 EG Abs. 6 VOL/A und den Anforderungen an die Dokumentation gemäß § 24 EG VOL/A. Der Antragsgegner hat sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums gehalten, als er den von der Beigeladenen angebotenen Preis als angemessen bewertet hat.
c)
Schließlich ist unter Berücksichtigung der gesamten Dokumentation in der Vergabeakte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner unter Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen die Vorgaben des § 19 EG VOL/A keine dem öffentlichen Auftraggeber obliegende eigenverantwortliche Entscheidung im Vergabeverfahren getroffen hat, sondern unreflektiert dem Vergabevorschlag des von ihm mit der Begleitung beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx gefolgt ist.
Es ist nicht festzustellen, dass der Auftraggeber die Grenze der Beteiligung externer Dritter überschritten hat. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachversand verfügen (vgl. 1. VK Sachsen, Beschluss vom 15.02.2011 - 1/SVK/052-10, zitiert nach ibr-online). Nicht zulässig ist es dagegen, die Verantwortung für die Vergabe an externe Dritte vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber hat das Handeln der eingeschalteten Stelle zu begleiten, zu überwachen und ggf. zu korrigieren (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07.06.2007 - 13 Verg 5/07, zitiert nach ibr-online). Er muss insbesondere eigenverantwortlich die wesentlichen Schritte des Vergabeverfahrens durchführen und nachvollziehen. Dazu gehört insbesondere, dass sich der öffentliche Auftraggeber im Verhandlungsverfahren an Vertragsverhandlungen beteiligt, mögliche Ausschlussgründe nachvollzieht und über den Zuschlag in Kenntnis der gesamten Aktenlage entscheidet und nicht die Mitwirkung an dem Vergabeverfahren auf ein bloßes "Abnicken" beschränkt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.07.2010 - 11 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online).
Diese Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers zur eigenverantwortlichen Entscheidung besteht nach wie vor ungeachtet der Tatsache, dass die VOL/A in der Fassung vom 20.11.2009 keine ausdrückliche diesbezügliche Regelung mehr enthält. § 2 Nr. 3 der VOL/A in der Fassung vom 06.04.2006 enthielt noch ausdrücklich folgenden Grundsatz:
"Leistungen sind unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestellen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber zu angemessenen Preisen zu vergeben."
Ungeachtet der Tatsache, dass diese ausdrückliche Regelung entfallen ist, gilt der Grundsatz der eigenverantwortlichen zutreffenden Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers aber nach wie vor. Er ergibt sich ohne weiteres bereits aus § 97 Abs. 1 GWB. Dort heißt es ausdrücklich:
"Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren." (Hervorhebung durch die Vergabekammer.)
Auch im Übrigen verpflichten die Regelungen des Vergaberechts unmittelbar und unmissverständlich den öffentlichen Auftraggeber selbst. So heißt es etwa in § 19 EG Abs. 8 VOL/A:
"Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber entsprechend der von ihnen bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind."
Weiter heißt es in § 19 EG Abs. 9 VOL/A:
"Bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigen die Auftraggeber verschiedene durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien ..." (Hervorhebungen jeweils durch die Vergabekammer.)
Es ist daher davon auszugehen, dass der Grundsatz der eigenverantwortlichen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers und die dazu entwickelte Rechtsprechung zu den Grenzen der Beteiligung Dritter am Vergabeverfahren nach wie vor fortgelten (so auch Fett in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 2. Auflage, 8. Los, § 24 VOL/A EG, Rdnr. 5).
Dieser Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf eine eigene Vergabeentscheidung genügt ein Auftraggeber, wenn er zumindest die Wertung durch einen externen Dritten und dessen Zuschlagsvorschlag durch einen Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift billigt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.06.2010, 11 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 29.09.2009, Verg 12/09 - jeweils zitiert nach ibr-online). Derartige ausdrückliche Zustimmungsvermerke enthalten Teil 1 und Teil 2 der vom Ingenieurbüro xxxxxx gefertigten Vergabevermerke in der vorliegenden Vergabeakte. So heißt es am Ende des Vergabevermerks Teil 1 vom 17.08.2012:
"Die vorstehend dokumentierten Entscheidungen hat die Vergabestelle jeweils zum relevanten Zeitpunkt nach Vorschlag durch die Berater geprüft, erörtert und sich zu Eigen gemacht. Die Prüfung und Freigabe der Bekanntmachung und damit der in Kapitel 1 bis 3 dokumentierten Sachverhalte erfolgte am 05.07.2012 durch Herrn xxxxxx."
Unterschrieben ist dieser Billigungsvermerk wie folgt:
"Landkreis xxxxxx, Der Landrat, Wasser, Abfall und Naturschutz, gez. xxxxxx"
Der zweite Teil des Vergabevermerks vom 05.09.2012 enthält folgenden Billigungsvermerk:
"Die Vergabestelle hat vorstehende Empfehlung der Berater geprüft, erörtert und sich zu Eigen gemacht. Landkreis xxxxxx, Der Landrat, Wasser, Abfall und Naturschutz, Im Auftrag xxxxxx"
Diese Billigungsvermerke genügen ohne weiteres den oben erörterten Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an einen erforderlichen billigenden Prüfungsvermerk der Vergabestelle und damit des Auftraggebers. Der die Dokumentation des Vergabeverfahrens abschließende Teil 3 des Vergabevermerks vom 28.09.2012 enthält einen solchen ausdrücklichen billigenden Vermerk der Antragsgegnerin jedoch nicht.
Die Billigung des gesamten Vergabevermerks wird jedoch dokumentiert durch das im Ordner II der Vergabeakte unter xxxxxx vorangestellte Schreiben des als Vergabestelle zuständigen Fachdienstes xxxxxx des Landkreises xxxxxx an den Fachdienst Rechnungsprüfung des Landkreises xxxxxx vom 28.09.2012. Dort heißt es ausdrücklich:
"Es ist beabsichtigt, den folgenden Auftrag zu erteilen: Entsorgungsdienstleistungen, Lose 1 - 3, Vergabe an Fa. xxxxxx (Beigeladene) (abzüglich Erlöse) Lose 1 und 2 und an xxxxxx (Antragstellerin) für Los 3."
In der Folge wird in diesem Schreiben an das RPA die ermittelte Gesamtauftragssumme benannt, auf den die Rangfolge der Angebote dokumentierenden detaillierten zu den einzelnen, losbezogenen Angebotspreisen der Bieter und den beigefügten "Vergabevermerk nach § 20 VOB/VOL" Bezug genommen. Unterschrieben ist das Schreiben vom Leiter des Fachdienstes xxxxxx und damit der zuständigen Vergabestelle des Antragsgegners, Herrn xxxxxx. Indem die Vergabestelle den vom Ingenieurbüro xxxxxx entworfenen Vergabevermerk nebst Anlagen zur rechnerischen Prüfung an das RPA übersandt hat und erklärt hat, dass beabsichtigt sei, den Auftrag auf der Grundlage dieses Vergabevermerks mit den dort festgestellten Angebotssummen zu erteilen, hat sich die Vergabestelle und damit der Auftraggeber den Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx zu Eigen gemacht.
Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob die vom Antragsgegner im Nachgang zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 19. November 2012 nachgereichte Erklärung der Mitarbeiter der Vergabestelle des Antragsgegners noch als Dokumentation in der Vergabeakte im Sinne des § 24 EG VOL/A bewertet werden kann. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung sowie in Erwiderung auf einen im Nachgang eingegangen Schriftsatz der Antragstellerin vom 14.11.2012 mit Anwaltsschriftsatz vom 19.11.2012 noch einmal schriftlich vorsorglich erklärt, dass die für die Vergabe zuständigen und mit dieser betrauten Mitarbeiter der Verwaltung xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx sich im Vorgriff zur Vorlage des Vergabevermerks an das Rechnungsprüfungsamt vollumfänglich inhaltlich mit dem Vorschlag des Beraters auseinandergesetzt und diesen gebilligt hätten. Höchst vorsorglich werde als Anlage eine entsprechende Erklärung zur Vergabeakte nachgereicht. Zur Heilung der - nach Auffassung des Antragsgegners hier nicht vorliegenden - Dokumentationsmängel (sogar bei Ermessensentscheidungen) z. B. mit Anwaltsschriftsatz werde auf die Rechtsprechung verwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2011, Az.: X ZB 4/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012, Az.: Verg 7/12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2011, Az.: Verg 48/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, Az.: 13 Verg 15/10).
In der beigefügten Erklärung der Mitarbeiter der Vergabestelle vom 16.11.2012 wird der Ablauf der Prüfung und Bildung der Vergabeentscheidung anhand der Empfehlung von Herrn xxxxxx vom beauftragten Ingenieurbüro xxxxxx erläutert. Mit E-Mail vom 28.08.2012 sei die Beigeladene um Aufklärung ihres Angebotes und Vorlage der Urkalkulation zu Los 1 bis zum 04.09.2012 gebeten worden. Dies sei fristgerecht erfolgt, was in der Vergabeakte auch dokumentiert ist. Am 05.09.2012 habe Herr xxxxxx vom Büro xxxxxx einen Zwischenvermerk des Teils 3 des Vergabevermerks vorgelegt, der noch nicht die vierte Wertungsstufe (z.B. Preisprüfung Beigeladene) enthalten habe. Dieser Vermerk sei von Herrn xxxxxx an Herrn xxxxxx, Herrn xxxxxx und Herrn xxxxxx weitergeleitet und entsprechend durchgearbeitet worden. Mit E-Mail vom 13.09.2012 sei die Beigeladene zu einem Bietergespräch für den 24.09.2012 eingeladen worden. Gegenstand sei die mögliche Leistungsdurchführung bezüglich Los 1 und Los 2 und die zu Los 1 vorgelegte Kalkulation gewesen. Ausweislich des Protokolls haben an diesem Bietergespräch seitens des Landkreises xxxxxx Herr xxxxxx und Herr xxxxxx sowie Frau xxxxxx vom RPA teilgenommen, was ebenfalls in der Vergabeakte dokumentiert ist. Am 17.09.2012 habe Herr xxxxxx den überarbeiteten Teil 3 des Vergabevermerks vorgelegt, der wiederum im Fachdienst xxxxxx durchgearbeitet worden sei. Dieser Vermerk sei auch Grundlage für das Bietergespräch mit der Beigeladenen am 24.09.2012 gewesen. Am 27.09.2012 habe Herr xxxxxx Herrn xxxxxx um Einarbeitung letzter Korrekturen in Teil 3 des Vergabevermerks gebeten. Am 28.09.2012 habe Herr xxxxxx den abschließenden Vermerk Teil 3 vorgelegt. Am gleichen Tage sei seitens des Fachdienstes ein Vermerk als Anlage zur Auftragsvergabe gefertigt worden, aus dem sich die Rangfolge der Angebote sowie die Preise ergeben hätten. Mit Schreiben vom 28.09.2012 habe man sodann dargelegt, dass beabsichtigt ist, die Aufträge für Entsorgungsdienstleistungen zu Los 1 - 3 zu erteilen und das RPA des Landkreises xxxxxx um Prüfung gebeten. Die Erläuterung der Mitarbeiter der Vergabestelle vom 16.11.2012 schließt mit folgender Erklärung:
"Hiermit erklären wir, die Herren xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx, dass wir uns im Rahmen der Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen (xxxxxx) mit dem Vergabevorschlag des beratenden Ingenieurs xxxxxx, vom 28.09.2012 inhaltlich und vollumfänglich auseinandergesetzt haben und die dort getroffenen Vorschläge reflektiert, geprüft und sie uns billigend zu Eigen gemacht haben. Die Vergabeentscheidung wurde durch uns getroffen."
Der Antragsgegner hat in seinem Schriftsatz vom 19.11.2012 die Auffassung vertreten, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Dokumentationsmängel in der Vergabeakte zwar nicht vorliegen, derartige Mängel aber jedenfalls durch die nachträgliche Erklärung auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung geheilt worden seien. Dies ist allerdings nach Auffassung der Vergabekammer insofern fraglich, weil diese ausdrückliche Billigung des Entscheidungsvorschlags des beratenden Ingenieurs, Herrn xxxxxx, vom 28.09.2012 erst am 16.11.2012 gefertigt wurde und am 19.11.2012 bei der Vergabekammer eingegangen ist. Wenn eine derartige Nachholung erforderlich gewesen wäre, wäre sie zumindest nicht mehr zeitnah erfolgt. Zwar können im Einzelfall nach der zitierten Rechtsprechung Dokumentationen und sogar unterlassene Ermessensentscheidungen im Wege von anwaltlichen Schriftsätzen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.11.2011 - 13 Verg 15/10, zitiert nach ibr-online). Voraussetzung ist jedoch, dass dies so zeitnah geschieht - im vom OLG Celle entschiedenen Fall z. B. nur 4 Tage später - dass die maßgeblichen Feststellungen hinreichend detailliert und zutreffend erfasst und Manipulationen ausgeschlossen sind (OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09 - zitiert nach VERIS). Zumindest der in den zitierten Entscheidungen des OLG Celle zugebilligte Zeitrahmen ist hier deutlich überschritten worden.
Wenn die Dokumentation nicht ausreichend gewesen wäre, hätte die nachträgliche Erklärung der Vergabestelle daher nach Auffassung der Vergabekammer allenfalls als Selbstabhilfe berücksichtigt werden können. Denn auch in einem Beschluss nach § 114 Abs. 1 GWB hätte die Vergabekammer als geeignete Maßnahme, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern, nicht mehr verlangen können, als dass der Auftraggeber noch einmal überprüft, ob sie dem Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros folgen kann und Prüfung und Entscheidung in einer den Anforderungen des § 24 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
Bereits mit dem in der Vergabeakten enthaltenen Schreiben des zuständigen Fachdienstes xxxxxx an das RPA des Landkreises xxxxxx vom 28.09.2012, spätestens jedoch mit der nachträglichen Erklärung der Mitarbeiter der Vergabestelle vom 16.11.2012, hat sich der Antragsgegner auch den 3. Teil des Vergabevermerks und damit den Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx zu Eigen gemacht. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch eine nicht eigenverantwortlich getroffene Entscheidung des Antragsgegners liegt somit ebenfalls nicht vor. Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 €, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx € (brutto). Dieser Wert entspricht dem Angebot der Antragstellerin für das verfahrensgegenständliche Los 1 und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einem Auftragswert von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten für Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i. S. d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Kosten des Antragsgegners:
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten. Zu diesen Kosten gehören z.B. Reisekosten zur mündlichen Verhandlung der Vergabekammer oder sonstige notwendige Aufwendungen.
Die anwaltliche Vertretung des öffentlichen Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht (mehr) grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB betrifft, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.
Der Antragsgegner ist eine größere Gebietskörperschaft mit eigenem Rechtsamt und juristisch geschultem Personal. Er ist daher tendenziell in der Lage, zumindest einfache vergaberechtliche Probleme selbst zu bearbeiten. Gleichwohl ist er berechtigt, in Ausübung des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bei der Binnenorganisation andere Entscheidungsabläufe anzuwenden. Das wirkt sich nach den obigen Grundsätzen der Rechtsprechung aber jedenfalls dann nicht zu Lasten der Antragstellerin aus, wenn die Sache fachlich keine besonderen Anforderungen an die Bearbeitung stellt. Hier handelt es sich zwar um unterschiedliche, im Wesentlichen aber einfach gelagerte Fragen zur VOL/A EG, die die elementaren Inhalte eines Angebots betreffen. Die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners war daher in diesem Fall nicht geboten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für den Auftraggeber daher im vorliegenden Fall nicht als notwendig anzuerkennen.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.