Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.02.2000, Az.: 4 M 4713/99

Darlehen; Hilfe zum Lebensunterhalt; Kaution; Mietkaution; Mietsicherheit; Sozialhilfe

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.02.2000
Aktenzeichen
4 M 4713/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 41928
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Anspruch auf Übernahme einer Mietkaution durch den Sozialhilfeträger trotz entspannter Situation auf dem Wohnungsmarkt.

Gründe

1

Der Antrag des Antragsgegners auf Zulassung der Beschwerde ist nicht begründet.

2

Nach § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 146 Abs. 4 VwGO (i.d.F. des 6. VwGO-Änderungsgesetzes vom 1. November 1996, BGBl. I S. 1626) ist die Beschwerde nur zuzulassen, wenn

3

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen,

...

4

5.  ein der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegender

5

Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

6

Diese geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

7

Insbesondere bestehen nicht "ernstliche Zweifel" an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Sie ist nicht deshalb unrichtig, weil die Antragstellerin, als sie den noch nicht unterschriebenen Mietvertrag über ihre Unterkunft im Sozialamt der Stadt L. vorgelegt hat, darauf hingewiesen worden ist, dass Mietsicherheiten aus Sozialhilfemitteln auch nicht darlehensweise erbracht würden. Der Senat hat im vorliegenden und im Verfahren 4 O 4714/99 (Beschluss vom 31. Januar 2000) Auskünfte von Mieter- und Vermietervereinen eingeholt und die Ausführungen eines Maklerbüros berücksichtigt. Der Senat ist weiterhin dem Hinweis des Antragsgegners auf konkrete Vermietungsangebote nachgegangen, von denen er angenommen hat, sie würden nicht von der Bestellung einer Mietsicherheit abhängig gemacht. Danach hat sich ein eindeutiges Bild nicht ergeben. Der Senat kann deshalb -- wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung -- nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es einem Sozialhilfeempfänger ohne Weiteres möglich sei, im Gebiet des Antragsgegners eine Wohnung anzumieten, ohne dem Vermieter eine Mietsicherheit stellen zu müssen. Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass es zur Aufgabe der Sozialhilfe gehört, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG. Dazu gehört es, der Gefahr der Ausgrenzung des Hilfebedürftigen aus der Gemeinschaft entgegen zu wirken. Er muss in die Lage versetzt sein, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben, und deshalb ist sicher zu stellen, dass er gegenüber der übrigen Wohnbevölkerung "nicht aus dem Rahmen fällt" (Senat, vgl. zuletzt Beschl. v. 6.1.2000 -- 4 M 25/00 --). Diese Aufgabe könnte die Sozialhilfe bei der Suche nach einer angemessenen Unterkunft nicht erfüllen, wenn ein Sozialhilfeempfänger nur solche Unterkünfte anmieten könnte, die unabhängig von der Bestellung einer Mietsicherheit angeboten werden. Selbst wenn dies in Einzelfällen oder verstärkt in regionalen Wohnungsmärkten möglich ist, darf der Hilfesuchende nicht auf ein begrenztes Segment des Wohnungsmarktes verwiesen werden, indem die -- darlehensweise -- Übernahme von Mietsicherheiten aus Sozialhilfemitteln generell versagt wird. Eine solche generelle Versagung widerspricht auch § 3 Abs. 1 Satz 6 RegelsatzVO, wonach die Zustimmung zur Übernahme von Mietkautionen erteilt werden soll, wenn ohne sie eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

8

Die Beschwerde ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Eine damit geltend gemachte Verletzung des Anspruchs des Antragsgegners auf rechtliches Gehör liegt nicht vor, weil der behauptete Hinweis an die Hilfesuchende -- wie ausgeführt -- unzutreffend ist und deshalb keinen Einfluss auf den sozialhilferechtlichen Anspruch der Antragstellerin hat. Damit kann die angefochtene Entscheidung nicht darauf beruhen, dass der Vortrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 22.11.1999 unberücksichtigt geblieben (übersehen worden) ist.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 188 Satz 2, 154 Abs. 2 VwGO, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf § 166 VwGO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

10

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.