Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.09.2010, Az.: 11 LA 275/08
Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Teilnehmers an einer zwar für aufgelöst erklärten aber dennoch im vorgesehenen Umfang durchgeführten Versammlung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.09.2010
- Aktenzeichen
- 11 LA 275/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 25609
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0920.11LA275.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO
- § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Zum - hier verneinten - Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Teilnehmers an einer Versammlung, die zwar für aufgelöst erklärt, aber dennoch im vorgesehenen Umfang durchgeführt worden ist
Gründe
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Auflösung einer von ihm am 2. Juni 2007 in Lüneburg besuchten Versammlung, deren rechtliche Qualifikation im Einzelnen zwischen den Beteiligten streitig ist, rechtswidrig gewesen ist. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil dem Kläger das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO sind teilweise schon nicht hinreichend dargelegt und im Übrigen auch in der Sache nicht gegeben.
1.
Das Verwaltungsgericht ist i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht von einem vom Bundesverfassungsgericht in dessen Beschluss vom 3. März 2004 (- 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 ff.) aufgestellten Rechtssatz zum Vorliegen des Fortsetzungsfeststellungsinteres i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in versammlungsrechtlichen Verfahren abgewichen.
Der Zulassungsgrund einer Abweichung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nur anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht ausdrücklich oder doch hinreichend erkennbar einen fallübergreifenden Rechts- oder Tatsachensatz gebildet hat, der objektiv von der Rechtsprechung eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichts abweicht. Weicht das Verwaltungsgericht nicht bewusst und ausdrücklich von einer divergenzfähigen Entscheidung ab, so ist eine Divergenz nur dann zu bejahen, wenn die Entscheidungsgründe ohne weitere Sachaufklärung unmittelbar und hinreichend deutlich einen abweichenden Rechts- oder Tatsachensatz erkennen lassen. Ein nicht ausdrücklich formulierter divergenzfähiger Rechtssatz des Verwaltungsgerichts muss sich daher als abstrakte Grundlage der Entscheidung eindeutig und frei von vernünftigen Zweifeln aus der Entscheidung selbst ergeben (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 1. 10. 2008 - 5 LA 64/06 -, [...], sowie zum Revisionsrecht: BVerwG, Beschl. v. 7. 3. 1975 - 6 CB 47/74 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 130, jeweils m.w.N.). Eine Divergenz liegt demnach nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht gegen den Rechts- oder Tatsachensatz eines Divergenzgerichts nur dadurch verstoßen hat, dass es ihn im Einzelfall unzutreffend anwandte. Dementsprechend erfordert die Darlegung einer Divergenz, in dem Zulassungsantrag die beiden einander widerstreitenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze des Divergenzgerichts einerseits und des Verwaltungsgerichts andererseits zu zitieren oder - sofern sie im Urteil nicht bereits ausdrücklich genannt sind - herauszuarbeiten und zu bezeichnen (Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 124a, Rn. 107, m.w.N.).
a)
Hieran gemessen fehlt es schon an einer hinreichenden Darlegung der vorgetragenen Divergenz. Denn der Kläger benennt keinen Rechtssatz, den das Verwaltungsgericht tragend aufgestellt hat und der von den in der Zulassungsbegründung angeführten Rechtssätzen des Bundesverfassungsgerichts aus dessen o. a. Beschluss abweicht, zumal sich das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf diese Rechtsprechung berufen hat.
b)
Auch in der Sache liegt keine Divergenz vor.
aa)
Soweit sich das Vorbringen des Klägers auf das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses wegen eines "tiefgreifenden Grundrechtseingriffs" bezieht, rügt er vielmehr inhaltlich eine unzutreffende Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts. Es habe ausgeführt, die Versammlung sei trotz der Auslösungsverfügung "weiter abgehalten worden", substantiierte Anhaltspunkte für einen andernfalls längeren oder anderen Verlauf der Veranstaltung fehlten; damit habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass die Versammlung tatsächlich wegen der Auflösungsverfügung "erheblich eiliger durchgeführt worden sei" und deshalb i.S.d. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein tiefgreifender Grundrechtseingriff zu bejahen sei. Auf einen solchen - vermeintlichen - Fehler bei der Subsumtion kann eine Divergenzrüge jedoch nicht erfolgreich gestützt werden.
bb)
Ebenso wenig hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich oder auch nur konkludent einen von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweichenden Rechtssatz zu den Anforderungen an die hier maßgebliche Wiederholungsgefahr aufgestellt. Es hat dazu für erforderlich erachtet, "dass die Behörde unter wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Regelung" treffen wird. Ein inhaltlicher Unterschied zu der vom Bundesverfassungsgericht genannten Voraussetzung, dass die Behörde bei einer "gleichartigen Veranstaltung an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird", liegt darin nicht. Ob dieser Rechtssatz zutreffend angewandt worden ist, ist für das Vorliegen der Divergenz unerheblich.
2.
Dem Verfahren kommt aus den vom Kläger dargelegten Gründen keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, a.a.O., m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 124a, Rn. 72) sowie jedenfalls näher zu begründen, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht.
a)
Auch insoweit ist schon die Darlegung mangelhaft, weil aus dem Vorbringen des Klägers, der keine Frage formuliert, auch konkludent nicht zu entnehmen ist, welcher tatsächlichen oder rechtlichen Frage er eine solche grundsätzliche Bedeutung beimisst.
b)
Sollte er einer Frage zu dem zutreffenden Verständnis des Begriffs der "Ersatzveranstaltung" eine grundsätzliche Bedeutung zumessen - wofür die Ausführungen auf Seite 6 der Begründung des Zulassungsantrages sprechen könnten -, so ist auch diesbezüglich kein Zulassungsgrund i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gegeben. Denn ist es schon nicht ersichtlich, welche Frage, etwa zum territorialen Geltungsbereich des Verbots einer Ersatzveranstaltung, sich vorliegend genau stellen und warum sie sich bei der erfolgten Abweisung der Klage als unzulässig entscheidungserheblich stellen soll. Außerdem handelt es sich bei dem Begriff der "Ersatzveranstaltung" nicht um ein normatives Tatbestandsmerkmal des Versammlungsrechts. Vielmehr ist er hier jeweils in den Verbotsverfügungen der Versammlungsbehörden von Mecklenburg-Vorpommern verwandt worden und dementsprechend vorrangig nach Maßgabe des Verständnisses der jeweiligen Verfügungen auszulegen. Das steht einer fallübergreifenden Begriffsklärung aber grundsätzlich entgegen und spricht zudem dafür, insoweit sich stellende Fragen vorrangig gegenüber der Versammlungsbehörde zu klären, die ein solches Verbot der Ersatzveranstaltung erlassen hat. Weiterhin dürfte vorliegend auch insoweit eine der Annahme, es handele sich um einen Fall grundsätzlicher Bedeutung, entgegenstehende Sondersituation gegeben sein, als die Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern nach Aktenlage "entscheidend" wegen eines polizeilichen Notstandes, d.h. gegenüber einem Nichtstörer, und nicht - wie im gesetzlichen Regelfall - gegenüber einem Störer erlassen worden sind und sich dementsprechend auch insoweit bei der Auslegung des Begriffs der "Ersatzveranstaltung" andere Fragen als im Regelfall stellen. Schließlich ist das Versammlungsverbot für die hier streitige Veranstaltung von der Beklagten im Gerichtsverfahren ergänzend auch auf eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Versammlung selbst gestützt worden; insoweit sind aber erst recht keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.
3.
Die Berufung kann schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 f.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 26.11.2007 - 11 LA 297/06 -, Nds. VBl. 2008, 42 f.; BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838 f.).
Solche Zweifel bestehen nicht, soweit sich der Kläger gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet, das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei weder aus Gründen der Rehabilitation (a) noch wegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs (b) oder einer Wiederholungsgefahr (c) zu bejahen.
a)
aa)
Es ist schon fraglich, ob die Kritik des Klägers an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts den Anforderungen an die Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO insoweit genügt, als er sich gegen die Verneinung eines Rehabilitationsinteresses wendet. Denn aus seinem Vorbringen wird nicht hinreichend deutlich, ob er sich gegen den insoweit vom Verwaltungsgericht gebildeten Obersatz, wonach der Kläger durch die hier streitige Maßnahme, d.h. die Auflösungsverfügung der Beklagten, in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigt worden sein muss, oder gegen die Subsumtion unter diesen Satz wenden will. Denn der Kläger bezeichnet zwar die vom Verwaltungsgericht aufgeführten Obersätze ausdrücklich als richtig, mahnt mit seinen nachfolgenden Ausführungen in der Sache aber doch allgemein ein weitergehendes als vom Verwaltungsgericht für zutreffend erachtetes Verständnis der potentiell diskriminierenden Folgewirkungen der umstrittenen Auflösungsverfügung an.
bb)
Diese Bedenken können jedoch zurückgestellt werden. Denn jedenfalls bestehen insoweit in der Sache aus den vom Kläger dargelegten Gründen keine ernstlichen Zweifel. Streitgegenstand ist vorliegend die Auflösungsverfügung der Beklagten. Eine solche Verfügung ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt zu verstehen, d.h. so wie sie der Empfänger unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss; Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., § 35, Rn. 54 f.; BVerwG, Urt. v. 5.11.2009 - 4 C 3/09 -, DVBl. 2010, 180 ff., jeweils m.w.N.). Nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt war die Auflösungsverfügung als Allgemeinverfügung nicht persönlich an den Kläger adressiert. Er hat sie nach seinen eigenen Angaben nicht einmal unmittelbar wahrgenommen. Ebenso wenig ist der Kläger bei Bekanntgabe der Auflösungsverfügung als Verantwortlicher der aufgelösten Versammlung in Anspruch genommen worden. Wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen ausgeführt hat, enthielt die Auflösungsverfügung vielmehr gar keine Ausführungen zum Kläger. Die Auflösung ist nach Aktenlage nicht einmal tragend wegen des Verhaltens des Klägers oder anderer Beteiligter als Leiter, Redner oder Teilnehmer der Versammlung in Lüneburg selbst, sondern wegen der Annahme erfolgt, es handele sich um eine Ersatzveranstaltung für in Mecklenburg-Vorpommern aus Gründen des polizeilichen Notstandes verbotene Versammlungen. Dies war den Teilnehmern nach Aktenlage auch bekannt. Bei dieser Sachlage kam der Auflösungsverfügung nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt nicht der vom Kläger im Zulassungsantrag geltend gemachte Inhalt zu, dass er damit von der Beklagten für ein rechtswidriges Verhalten der Versammlungsteilnehmer in Lüneburg verantwortlich gemacht worden und dies für ihn diskriminierend sei. Auch außenstehende Dritte konnten - soweit es nach den vorherigen Ausführungen auf ihre Einschätzung überhaupt ankäme - einen solchen Eindruck nicht gewinnen, da der Kläger nach seinen eigenen, nach Aktenlage nicht offensichtlich falschen Angaben die Versammlung nicht geleitet hat und auch nicht öffentlich als Leiter in Anspruch genommen worden ist. Ebenso wenig konnte bei objektiver Würdigung allein aus dem Auftreten des Klägers als einer von mehreren Rednern der Veranstaltung bei Dritten, denen weder die Einzelheiten des Versammlungsrechts noch die der betroffenen Veranstaltung bekannt sind, die aber in der Regel auch den Kläger weder namentlich noch persönlich kennen und damit auch seinen Einfluss auf andere Versammlungsteilnehmer nicht einschätzen können, der Eindruck entstehen, gerade der Kläger sei als solcher oder als Redner für den Ablauf der Versammlung und damit auch für deren Auflösung verantwortlich gewesen. Die vom Kläger angeführten Berichte in der "Lünepost" oder der "Lüneburger Landeszeitung" mögen für ihn in der Tat diskriminierend gewesen sein. Nur sind sie nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Der Beklagten ist eine von ihr nicht zu verantwortende Berichterstattung über die Versammlung in der privaten Presse auch nicht mittelbar zuzurechnen. Im Übrigen dürfte sich bereits dem durchschnittlichen Leser erschließen, dass in den zitierten Presseartikeln keine Berichterstattung erfolgt ist, die eine juristische Bewertung der Versammlung zulässt. Insbesondere trägt die dem Oberbürgermeister zugeschriebene Aufforderung an Versammlungsteilnehmer, die Stadt zu verlassen, weil man hier unerwünscht sei, die Untersagung oder Auflösung einer Versammlung rechtlich offensichtlich nicht. Andere Gründe werden jedoch in den Presseartikeln nicht konkret genannt. Schließlich kann ein Rehabilitationsinteresse auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass dem Kläger von der Presse durch das Nichtverlassen der aufgelösten Versammlung ein rechtswidriges Verhalten unterstellt worden sei. Denn ein entsprechender Vorwurf ist weder Streitgegenstand dieses gegen die Beklagte gerichteten Verfahrens noch zwangsläufige Folge der streitigen Auflösungsverfügung. Im Übrigen beinhaltet nicht jeder Vorwurf, sich rechtswidrig verhalten zu haben, zugleich eine hier relevante, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründende Persönlichkeitsverletzung; insoweit kommt es vielmehr auf das Gewicht des umstrittenen Verstoßes an. Allein dem Nichtbefolgen einer für rechtswidrig erachteten polizeilichen Verfügung kommt grundsätzlich ein solches Gewicht nicht zu. Dass der Kläger sich dadurch aus Sicht der Beklagten zugleich ordnungswidrig oder gar strafbar verhalten habe, macht er im Zulassungsverfahren selbst nicht geltend.
b)
Dem Kläger kann weiterhin nicht in der Annahme gefolgt werden, vorliegend habe jedenfalls im Hinblick auf eine erfolgte Grundrechtsverletzung ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht werden müssen.
aa)
Soweit er sich dazu auf seine Ausführungen zur Divergenz beruft, genügt sein Vorbringen schon nicht dem Darlegungserfordernis, da insoweit jeweils unterschiedliche Voraussetzungen zu beachten sind und es nicht Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts ist, das Vorbringen für den jeweiligen Zulassungsantrag erst sachgerecht "aufzubereiten".
bb)
Ungeachtet dessen sind auch insoweit keine ernstlichen Zweifel in der Sache begründet. Der Senat muss dazu die vom Bundesverfassungsgericht in dessen grundlegenden o. a. Beschluss vom 3. März 2004 nicht entschiedene Frage nicht abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine schwer wiegende Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit auch dann anzunehmen ist, wenn zwar eine Auflösungsverfügung ergangen, sie aber - wie hier - als solche missachtet worden ist. Denn jedenfalls unter den hier maßgebenden Umständen kann keine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit des Klägers festgestellt werden.
Da sich der Kläger nach eigenen Angaben der Versammlung nur angeschlossen, sie also nicht geleitet hat und er weder an weiteren Redebeiträgen noch an sonstigen von ihm ursprünglich beabsichtigten versammlungsbezogenen Handlungen gehindert worden ist, mangelt es zunächst an einem Eingriff in die Freiheit des Klägers zur Planung oder Durchführung einer Versammlung. In dem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen, dem internet entnommenen Bericht des Klägers vom 3. Juni 2007 hebt er stattdessen vielmehr den "aus unserer Sicht ausgesprochen erfreulichen Ablauf" der Versammlung ausdrücklich hervor.
Vor diesem Hintergrund überzeugt auch der weitere Einwand des Klägers nicht, ohne Erlass der Auflösungsverfügung hätte entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Versammlung einen anderen, weniger eiligen Verlauf genommen; zumindest insoweit sei er also als Teilnehmer einer andernfalls längeren Veranstaltung durch die Auflösungsverfügung schwer wiegend in seiner Versammlungsfreiheit betroffen. Zwar kann der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch auf Zweifel an der Richtigkeit tatsächlicher Feststellungen gestützt werden; solche Rügen sind nicht§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorbehalten. Allerdings müssen die tragenden Tatsachenfeststellungen auch solchen ernstlichen Zweifeln unterliegen, was vorliegend nicht der Fall ist. Der Kläger macht schon keine konkreten Angaben dazu, welche zusätzlichen Aktivitäten ohne Auflösung der Versammlung entwickelt worden wären, und bezeichnet diesbezüglich im Zulassungsverfahren auch keine Beweismittel für ein nachfolgendes Berufungsverfahren. Ein entsprechendes Vorbringen mag ihm angesichts der weiterhin geltend gemachten Spontanität der Versammlung und des Fehlens eines Leiters auch schwer fallen. Ungeachtet dessen reicht der bloße Verweis darauf nicht aus, dass die Versammlungsteilnehmer sich ungewöhnlich schnell bewegt hätten. Denn es ist schon nicht zu erkennen und auch nicht vorgetragen worden, dass die Schnelligkeit ihren Grund in der Auflösungsverfügung hatte. Andernfalls hätte sich die Versammlung davor langsamer als danach fortbewegen müssen. Das ist aber weder vom Kläger dargelegt worden noch dem sehr detaillierten Verlaufsprotokoll der Beklagten zu entnehmen. Danach verlief der Aufzug bereits vor der um 10.45 Uhr erfolgten Auflösungsverfügung zügig durch die Lüneburger Innenstadt. Außerdem sind noch nach Erlass der Auflösungsverfügung weitere Versammlungsteilnehmer mit einem Lautsprecherwagen hinzugekommen, ist eine weitere Rede gehalten und zum Abschluss das Deutschlandlied gesungen worden. Für eine besondere, auflösungsbedingte Eile spricht dieser Verlauf ebenso wenig wie die bereits wiedergegebene zusammenfassende Würdigung des Versammlungsverlaufs durch den Kläger.
c)
Schließlich ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen auch nicht, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine Wiederholungsgefahr verneint hat.
aa)
Auch insoweit ist schon die Darlegung unzureichend, weil sich der Kläger nicht mit der vom Verwaltungsgericht angeführten weiteren Voraussetzung auseinandersetzt, dass mit einer gleichartigen Fallgestaltung zu rechnen sein muss und dies wegen der Besonderheiten der Ereignisse im Juni 2007 nicht zu erwarten sei.
bb)
Dies ist in der Sache auch für den Senat nicht zu erkennen. Dass die Beklagte ihre Auflösungsverfügung unverändert für rechtmäßig hält, ist nur ein Tatbestandsmerkmal der Wiederholungsgefahr. Hinzukommen muss aber die realistische Erwartung, dass sich auch die Umstände, die für die Auflösung maßgeblich waren, im Wesentlichen wiederholen werden. Es müsste also erneut eine vom Kläger und dem Verwaltungsgericht als Spontandemonstration bezeichnete Versammlung von der Beklagten als verbotene Ersatzveranstaltung aufgelöst werden. Das ist jedoch nach den Erfahrungen des seit längerem mit dem Versammlungsrecht betrauten Senats eine so ungewöhnliche Konstellation, dass ohne - hier fehlendes - näheres Vorbringen eine Wiederholung nicht angenommen werden kann.