Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.09.2010, Az.: 2 ME 278/10

Verlangen der Zuweisung eines behinderten Schülers mit einem festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf an eine wohnortnähere Regelgrundschule mit dem Hinweis auf Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.09.2010
Aktenzeichen
2 ME 278/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 25589
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0916.2ME278.10.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Zuweisung eines behinderten Schülers mit einem festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung an eine wohnortnähere Regelgrundschule kann zurzeit nicht mit dem Hinweis auf Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - BRK - verlangt werden.

Gründe

1

I.

Der am ... 2001 geborene Sohn C. der Antragsteller leidet an einer angeborenen Duchenne Muskeldystrophie. Mit Bescheid vom 4. Juli 2007 stellte die Antragsgegnerin bei ihm einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt Sprache fest und überwies ihn zum Beginn des Schuljahres 2007/2008 an die Sprachheilschule D. - einer Förderschule mit dem entsprechenden Schwerpunkt -, die er bis zur 3. Jahrgangsstufe besuchte. Nach Durchführung eines Verfahrens auf Feststellung eines erweiterten sonderpädagogischen Förderbedarfs aufgrund der zunehmenden körperlichen Beeinträchtigungen des Schülers stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 8. Juni 2010 fest, dass nunmehr ein erweiterter sonderpädagogischer Förderbedarf in den Bereichen Sprache sowie körperliche und motorische Entwicklung vorliegt, und überwies ihn - zunächst befristet bis zum 31. Januar 2011 - ab dem Schuljahr 2010/2011 auf die E. -Schule, einer Grundschule in F., damit er - wie von seinen Eltern gewünscht - integrativ in einer Regelschule unterrichtet wird. Nach Darstellung der Antragsgegnerin seien an dieser Grundschule die personellen, sächlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine integrative Beschulung gegeben, zumal diese Schule in enger Kooperation sowohl mit der ebenfalls in F. ansässigen G. -Schule - einer Förderschule mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung sowie Lernen - als auch der H. -Schule - einer Hauptschule in F. - arbeite. Den Wunsch der Antragsteller auf Beschulung in der Grund- und Hauptschule I. lehnte die Antragsgegnerin ab, weil an dieser Schule die personellen und organisatorischen Voraussetzungen nicht gegeben seien.

2

Hiergegen haben die Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht mit dem Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, ihren Sohn mit Beginn des Schuljahres 2010/2011 an die Grund- und Hauptschule I., hilfsweise an die Grundschule J. zuzuweisen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt.

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Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgen.

4

II.

Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

5

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg erweist sich als richtig, da es vorliegend an einem Anordnungsanspruch fehlt. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht und verweist deshalb zur Begründung auf den angefochtenen Beschluss (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller, auf dessen Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Hierzu ist - teils die Erwägungen des Verwaltungsgerichts wiederholend, teils vertiefend und ergänzend - Folgendes auszuführen:

6

1.

Die Antragsteller können für ihren Sohn C. weder eine integrative Beschulung an der Grund- und Hauptschule I. noch an der Grundschule J. verlangen. Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NSchG bestimmt die Landesschulbehörde, welche Schule bei sonderpädagogischem Förderbedarf zu besuchen ist. Im Hinblick auf die in § 4 NSchG festgeschriebene vorrangige Beschulung in integrativer Form hat die Antragsgegnerin über die geeignete Fördermaßnahme unter Berücksichtigung der organisatorischen, personellen und sachlichen Gegebenheiten nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei steht der Schulbehörde ein planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Einsatzes von Lehrkräften zu. Es steht in ihrem Ermessen, ob unter den personellen und organisatorischen Gegebenheiten ein Einsatz des sonderpädagogischen Fachpersonals auch außerhalb der Förderschule erfolgen kann und soll, um ein Verbleiben des Schülers an der Grundschule zu ermöglichen und eine begleitende Betreuung zur Behebung der Leistungsdefizite aussichtsreich erscheint. Im Hinblick auf die Sicherstellung des Unterrichtsangebots in der Förderschule können ein Schüler und seine Erziehungsberechtigten nicht mit Erfolg verlangen, dass in ihrem Interesse und zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler der Förderschule pädagogische Fachkräfte abgezogen werden (Brockmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Juni 2010, § 68 Anm. 4. a. E. m.w.N.). Dies muss erst Recht gelten, wenn nicht das "Ob" einer integrativen Beschulung, sondern - wie hier - lediglich das "Wo" in Frage steht. Der subjektive Anspruch des betroffenen Kindes und seiner Erziehungsberechtigten erstreckt sich nicht auf die aus ihrer Sicht - theoretisch - bestmögliche Schulorganisation, sondern darauf, dass die Landesschulbehörde eine ermessensfehlerfreie Entscheidung trifft, die den individuellen Belangen des betroffenen Kindes und den Wünschen seiner Erziehungsberechtigten auf der Grundlage der organisatorischen, personellen und sächlichen Gegebenheiten im notwendigen Umfang angemessen Rechnung trägt (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 21.7.2009 - 1 A 52/09 -; VG Braunschweig, Beschl. v. 11.1.2006 - 6 B 506/05 -).

7

Im Hinblick auf diesen beschränkten gerichtlichen Prüfungsumfang (§ 114 Satz 1 VwGO) ist die Zuweisung des Sohnes der Antragsteller an die Grund- und Hauptschule F. nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat dem Wunsch der Antragsteller nach integrativer Beschulung - wenn auch zunächst befristet bis zum 31. Januar 2011 - ausdrücklich Rechnung getragen, indem sie C. gerade einer Regelgrundschule zugewiesen hat. Die Zielvorgabe des § 4 NSchG, nach welcher vorrangig integrativ beschult werden soll, wurde damit vollumfänglich erfüllt. Sämtliche Überlegungen der Antragsgegnerin im Hinblick auf den Schulort sind darauf ausgerichtet, eine bestmögliche Förderung C. sicherzustellen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die langjährige Kooperation der Grundschule F. mit der benachbarten Körperbehindertenschule und die dadurch erweiterten Betreuungsmöglichkeiten. Wenn die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung an die besondere pädagogische Erfahrung der Lehrkräfte in F. anknüpft, ist dies angesichts des komplexen Leistungs- und Krankheitsbildes C. nicht zu beanstanden. Gerade in Bezug auf ein Erlernen des Umgangs mit dem Rollstuhl, die Akzeptanz der Behinderung, die Vorbereitung auf ein Leben mit behinderungsbedingten Abhängigkeiten und die Anwendung besonderer Möglichkeiten zur Rhytmisierung des Schulalltags scheint eine intensive pädagogische Förderung sachgerecht und notwendig.

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Soweit die Antragsteller unter Verweis auf die massiven motorischen Einschränkungen ihres Sohnes einwenden, dass in der Grundschule F. der Unterricht der 4. Klasse, der C. zugewiesen ist, zurzeit seit Beginn des laufenden Schuljahres im Obergeschoss stattfinde, wohingegen in den gewünschten Schulen der Unterricht ebenerdig erfolge, führt dies keineswegs zu einer Ermessensüberschreitung. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass vorrangig eine erneute Verlegung des Klassenraums in das Erdgeschoss zu erwägen ist. Dass dies nicht möglich ist oder von der E. -Grundschule verweigert wird, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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2.

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Antragsteller, nach welchem die Fahr- bzw. Wartezeiten von ihrem Wohnort zu der rund 30 km entfernten Grundschule in F. zu einem Zeitverlust von jeweils knapp zwei Stunden pro Fahrtrichtung führten, da ihr Sohn zurzeit kurz nach 6.00 Uhr vom Sammeltransport abgeholt werde und sein Unterricht erst um 8.00 Uhr beginne. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, bestünde vorrangig ein Anspruch auf eine anderweitige Beförderung zu der durch die Entscheidung der Antragsgegnerin verbindlich festgelegten Schule gegen den Landkreis D. als Träger der Schülerbeförderung, der gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG dafür Sorge zu tragen hat, dass die Bewältigung des Schulweges in einem auch zeitlich zumutbaren Rahmen möglich ist.

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3.

Der weitere Einwand der Antragsteller, die Zuweisung ihres Sohnes an die Grundschule in F. sei auch deshalb unverhältnismäßig sei, weil unter Hilfestellung einer - von dem Landkreis D. bereits zugesagten - Schulassistenz auch eine ortsnähere Beschulung möglich sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Unterstützungshandlungen durch einen Schulassistenten können dem umfassenden sonderpädagogischen Förderbedarf C. nicht ausreichend Rechnung tragen, da es gerade auf die pädagogische Qualifikation der beteiligten Lehrkräfte ankommt und diese - wie von der Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen - nur in F. vorhanden sind. Die Unterstützung des Schulassistenten beschränkt sich dagegen auf die Hilfestellung bei alltäglichen Routineverrichtungen und kann die erforderliche Hilfe im pädagogischen Bereich nicht ersetzen. Nach dem oben Gesagten ist die Antragsgegnerin auch nicht verpflichtet, entsprechende Lehrkräfte nach J. oder I. abzuordnen, da dies einen unzulässigen Eingriff in ihre Personalplanung zum Nachteil der anderen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf darstellen würde und ein derartiger Leistungsanspruch mithin nicht besteht.

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4.

Ein Anspruch auf Besuch der Grund und Hauptschule K. oder der Grundschule J. lässt sich entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht aus Art. 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderten - sogenannte UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) - vom 13. Dezember 2006 in Verbindung mit dem Ratifizierungsgesetz des Bundes vom 21. Dezember 2008 (BGBl. II S. 1419) herleiten.

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Auf der einen Seite trägt die Antragsgegnerin mit der Zuweisung des Sohnes der Antragsteller an die Grundschule in F. deren Wunsch nach integrativer Beschulung durchaus Rechnung. Auf der anderen Seite begehren die Antragsteller für ihren Sohn unter Berufung auf Art. 24 BRK gerade eine wohnortnähere integrative Beschulung, da aus ihrer Sicht und unter Berufung auf die in dem englischsprachigen Originaltext dieser Vorschrift genannte "inclusive education" nur dadurch ihrem Anspruch auf diskriminierungsfreie Beschulung und Gleichbehandlung mit nichtbehinderten Schülern Rechnung getragen werden kann. Damit dringen sie im Ergebnis nicht durch.

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a)

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, inwieweit der englische Terminus "inclusive education" begrifflich weiter reicht als die in der deutschen Übersetzung gewählte Formulierung "integrativ". Schließlich ist die Konvention mit dem deutschen Ratifizierungsgesetz nur insoweit Bestandteil des Bundesrechts gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG geworden, als dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Keine Umsetzung in nationales Recht ist demgegenüber durch die Ratifizierung für diejenigen Bestandteile des völkerrechtlichen Übereinkommens erfolgt, die nach Art. 70 Abs. 1 GG dem Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfallen; hierzu zählt auch das der Kultushoheit zuzuordnende Schulwesen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. hierzu ausführlich Hessischer VGH, Beschl. v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 -, NVwZ-RR 2010, 602 = [...] Langtext Rdnr.5 ff.; sowie Brockmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, a.a.O., § 4 Anm. 1.). Eine gesonderte Umsetzung der das öffentliche Schulwesen betreffenden Zielvorgaben in Art. 24 BRK ist vom niedersächsischen Gesetzgeber bisher nicht vorgenommen worden

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b)

Davon abgesehen erfüllt Art. 24 BRK auch nicht die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendbarkeit. Die unmittelbare Anwendbarkeit einer Völkervertragsbestimmung ist nur dann zu bejahen, wenn sie alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um berechtigen oder verpflichten zu können. Die Vertragsbestimmung muss nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet sein, rechtliche Wirkungen auszulösen. Insbesondere ist eine unmittelbare Vollzugsfähigkeit einer Vertragsbestimmung (sog. "self-executing") nur gegeben, wenn sie zur Entfaltung rechtlicher Wirkungen hinreichend bestimmt ist. Dagegen fehlt die unmittelbare Anwendbarkeit einer Vertragsbestimmung, wenn diese zu ihrer Ausführung noch einer normativen Ausfüllung bedarf (BVerwG, Beschl. v. 5.10.2006 - 6 B 33.06 -, Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 163 = [...] Langtext Rdnr. 4 m.w.N.). Art. 24 BRK genügt diesen Anforderungen nicht (so auch Hessischer VGH, Beschl. v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 -, a.a.O. = [...] Langtext Rdnr. 27 ff. mit ausführlicher Begründung). Danach wäre für eine hinreichende Bestimmtheit der genannten Vertragsabrede insbesondere erforderlich, dass die gewählten Formulierungen in zumutbarer Weise erkennen lassen, ob das zu gewährleistende inklusive Bildungssystem (inclusive education system) voraussetzungslos gilt, oder ob hierfür näher zu bezeichnende tatbestandliche Voraussetzungen gegeben sein müssen. Den Anforderungen an eine solche hinreichende Bestimmtheit genügt Art. 24 BRK nicht. Die Regelungen sprechen selbst keine entsprechenden Verpflichtungen aus. Die in Art. 24 Abs. 1 bis 5 BRK gewählten Begriffe wie "recognize" (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BRK : "anerkennen"), "shall ensure" (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BRK: "gewährleisten" und Art. 24 Abs. 2 und 5 BRK: "stellen sicher "), "shall enable" (Art. 24 Abs. 3 BRK: "ermöglichen") und "shall take appropriate measures" (Art. 24 Abs. 4 BRK: "treffen geeignete Maßnahmen") sind von ihrem Wortlaut her lediglich auf ein vereinbartes Ziel ausgerichtet, ohne eine bestimmte Art und Weise der Zielerreichung festzulegen. Das in Art. 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 b BRK genannte integrative/inklusive Bildungssystem steht im Kontext dieser fünf Absätze und ist dahin zu verstehen, dass es der Handlungsfreiheit der Vertragsstaaten überlassen bleibt, welche geeigneten Maßnahmen sie ergreifen, um die genannten Ziele zu erreichen. Damit spricht Überwiegendes dafür, dass sich die Vertragsbestimmungen in Art. 24 BRK für eine unmittelbare Anwendung auf die zu entscheidenden Lebenssachverhalte als zu unbestimmt erweisen.

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Bestätigt wird dieses Ergebnis der Auslegung nach dem Wortlaut insbesondere durch die Vereinbarungen in Art. 4 Abs. 2 BRK. Diese im allgemeinen Teil des Übereinkommens getroffenen Vertragsbestimmungen sind bei einer systematischen Auslegung des Art. 24 BRK ebenfalls zu berücksichtigen. In Art. 4 BRK sind die allgemeinen Verpflichtungen der Vertragsstaaten ("General obligations") festgehalten. Nach Art. 4 Abs. 2 BRK verpflichtet sich hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte jeder Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Maßnahmen zu treffen, um nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen, unbeschadet derjenigen Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen, die nach dem Völkerrecht sofort anwendbar sind ("With regard to economic, social and cultural rights, each State Party undertakes to take measures to the maximum of its available resources and, when needed, within the framework of international cooperation, with a view of achieving progressively the full realization of these rights ..."). Zu den letztgenannten Verpflichtungen zählen diejenigen, die verbindliche Regelungen enthalten. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte werden nach Art. 4 Abs. 2 BRK hingegen unter den Vorbehalt der verfügbaren Mittel der Vertragsstaaten gestellt. Weiterhin ist die Verwirklichung dieser Rechte in Art. 4 Abs. 2 BRK auf eine mittelfristige Entwicklung angelegt. Das Ziel einer fortschreitenden Realisierung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Verwirklichung der im Übereinkommen formulierten Rechte nicht innerhalb kürzester Zeit erreicht werden kann. Die Berücksichtigung der in Art. 4 BRK genannten allgemeinen Verpflichtungen bei der Ermittlung des Regelungsgehaltes von Art. 24 BRK macht deutlich, dass sich hieraus keine unbedingte völkervertragliche Verpflichtung zu einer sofortigen und ausnahmslosen inklusiven Beschulung aller Schüler mit Behinderungen ergibt. Vielmehr zeichnen sich die in Art. 24 BRK niedergelegten Vereinbarungen dadurch aus, dass sie proklamationsartig soziale Ziele aufstellen, die es durch die von den Vertragsstaaten zu ergreifenden Maßnahmen zu erreichen gilt, nicht aber dadurch, dass in Form von Rechtsregelungen für bestimmte Lebenssachverhalte bestimmte Rechtsfolgen unmittelbar, zwingend und sofort ab Inkrafttreten des Vertrages eintreten sollen. Schließlich zeigen auch die Regelungen in Art. 31, 33 und 35 BRK, dass das von den Vertragsstaaten vereinbarte Ziel der Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht auf eine unmittelbare Anwendbarkeit im innerstaatlichen Bereich angelegt ist.