Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.09.2009, Az.: 12 LA 287/07
Autobahn; Gefahrenlage; Schwerlastverkehr; Überholverbot
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.09.2009
- Aktenzeichen
- 12 LA 287/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 45293
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0910.12LA287.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- 45 I 1 StVO
- 45 IX 2 StVO
Tatbestand:
Das Verwaltungsgericht hat mit seinem im Tenor bezeichneten Urteil die gegen die Anordnung eines Überholverbotes für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t (Verkehrszeichen 277 zu § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO) auf der Bundesautobahn (BAB) 1 im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle (AS) Wildeshausen-West und der AS Delmenhorst-Ost für beide Fahrtrichtungen in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr gerichtete Klage abgewiesen.
Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die streitgegenständliche verkehrsbehördliche Anordnung des Straßenbauamts Oldenburg vom 28. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchbescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Dezember 2004 sei rechtmäßig. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO könnten die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken, wobei die Regelungsbefugnis der Straßenverkehrsbehörden nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO eingeschränkt werde. Danach dürften Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der durch § 45 StVO geschützten Rechtsgüter erheblich übersteige. Diese Voraussetzungen seien für das streitgegenständliche Überholverbot erfüllt. Die BAB 1 sei auf dem hier betroffenen Streckenabschnitt besonders stark frequentiert bei einem überdurchschnittlich hohen Anteil des Schwerlastverkehrs (rund ein Viertel bis ein Drittel gegenüber 11 % im Bundesdurchschnitt). Angesichts des hohen Anteils des Schwerlastverkehrs liege eine im Vergleich zu weniger belasteten oder mehr als vierspurig ausgebauten Teilstrecken von Autobahnen eine deutlich erhöhte Unfallgefährdung vor. Zu vergleichbaren Verkehrsverhältnissen habe das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 27. April 2006 - 4 LB 8/05 - (gemeint 4 LB 7/05) zutreffend ausgeführt, dass es bei einer hohen Verkehrsdichte mit hohem Lkw-Anteil in kurzer Abfolge zu Verkehrsabläufen komme, die in hohem Maße Unfallgefahren in sich bürgen.
Für den hier in Rede stehenden Streckenabschnitt habe die Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Polizeikommissariats BAB Ahlhorn vom 15. Juni 2007 das Problem der Staubildung und der Verkehrsgefährdung durch ausscherende Lkw schlüssig und nachvollziehbar erläutert. Auch aus den von der Beklagten vorgelegten Statistiken gehe hervor, dass auf dem Streckenabschnitt vom Jahr 2000 bis zur Einrichtung des Überholverbotes Mitte 2004 an mehr als jedem zweiten Tag ein Verkehrsunfall zu verzeichnen gewesen sei (durchschnittlich 190 Unfälle pro Jahr) und daher die Annahme einer aufgrund der örtlichen Verhältnisse überdurchschnittlich hohen Gefahrenlage nicht zu beanstanden sei. Die Beklagte habe auch von ihrem Anordnungsermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die Geeignetheit des angeordneten Überholverbotes werde durch die ermittelten Unfallstatistiken belegt. Nach Einführung des Überholverbotes sei ein Rückgang der Verkehrsunfälle auf durchschnittlich 133 Unfälle pro Jahr und damit um rund ein Drittel dokumentiert. Die Unfälle mit Lkw-Beteiligung hätten sich sogar deutlicher vermindert als die allgemeinen Unfallzahlen. Soweit der Kläger die vorgelegten Zahlen anders auswerte, beruhe dieses darauf, dass er einen Vergleich zwischen den Unfallzahlen des Jahres 2003 mit den Zahlen der Jahre 2005 und 2006 anstelle, mithin allein mit der für ihn günstigsten Unfallzahl aus dem Jahr 2003 operiere. Das angeordnete Überholverbot sei schließlich auch ein angemessenes Mittel. Eine für alle Kraftfahrer geltende Geschwindigkeitsbegrenzung stelle kein milderes Mittel dar, weil dadurch wesentlich mehr Verkehrsteilnehmer betroffen würden. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass die Interessen des Klägers durch das streitige Überholverbot nur eine geringe Beeinträchtigung erführen und daher die öffentlichen Belange und Interessen zum Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Verbesserung des Verkehrsflusses im Allgemeinen überwögen.
Gründe
II.
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils mit der Begründung geltend, dass das Verwaltungsgericht einen unzureichenden Prüfungsmaßstab angelegt habe. Das Gericht benenne keinen Grund, nach dem die streitgegenständliche Anordnung auf eine örtliche Besonderheit zurückzuführen sei. Die angeführte Verkehrsbelastung und der hohe Anteil des Schwerlastverkehrs stellten weder eine örtliche Besonderheit noch eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefahrenlage dar. Die Erwägung, dass es bei hoher Verkehrsbelastung zu "Elefantenrennen" kommen könne, sei allgemeiner Art und nicht geeignet, die (engen) Voraussetzungen einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 9 StVO zu rechtfertigen. Eine erhöhte Gefahrenlage könne auch nicht den von der Beklagten vorgelegten Belastungs- und Unfallzahlen auf dem fraglichen Streckenabschnitt entnommen werden. Die Anzahl der Verkehrsunfälle schwanke in den Jahren 2000 bis 2006 und lasse aufgrund von Saisoneffekten keine Rückschlüsse zu. Im Übrigen seien die Unfallzahlen auf einem von der Beklagten benannten Vergleichsabschnitt auf der BAB 1 höher. Die vorgelegten Zahlen belegten auch nicht den vom Verwaltungsgericht angenommenen Rückgang der Unfallquote. Die getroffene Maßnahme habe somit keinerlei Effekt gezeigt und sei ungeeignet. Die Maßnahme sei darüber hinaus nicht erforderlich. Gefährdungen bei Überholvorgängen resultierten daraus, dass nachfolgende Verkehrsteilnehmer zu schnell und zu dicht aufführen, so dass vorrangig eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung für alle Kraftfahrer zu prüfen sei.
Die Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 4. Juli 2007 - 3 B 79.06 - ( NJW 2007, 3015 [BVerwG 04.07.2007 - BVerwG 3 B 79.06]-3016), mit dem eine Zulassung der Revision gegen das vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. April 2006 - 4 LB 7/05 - ( NordÖR 2006, 300 [OVG Schleswig-Holstein 27.04.2006 - 4 LB 7/05]-302) abgelehnt worden ist, ausdrücklich ausgeführt, dass sich eine Gefahrenlage im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, auch aus der Verkehrsbelastung der betreffenden Strecke und einem überproportional hohen Anteil des Schwerlastverkehrs ergeben kann. Der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab lässt Rechtsfehler daher nicht erkennen. Mit dem Zulassungsvorbringen ist auch nicht dargetan, dass auf dem streitigen Streckenabschnitt - entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - eine besondere Verkehrsbelastung nicht gegeben ist. Das Verwaltungsgericht benennt in seinen Entscheidungsgründen zwar keine ausdrücklichen Zahlen zur Verkehrsbelastung, folgt insoweit jedoch den Angaben der Beklagten, die vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestritten worden sind. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 10. Mai 2007 zur Verkehrsbelastung unter Abschnitt V. ausgeführt, dass die BAB 1 das Ruhrgebiet und große Teile der westlich gelagerten BENELUX-Länder mit den Wirtschaftsräumen Cuxhaven und Hamburg verbinde und über die A1 der in/aus Richtung skandinavischer Länder fließende Verkehr abgewickelt werde.
Zur Darlegung der Verkehrsbelastung bezog sich die Beklagte auf die Daten einer allgemeinen Verkehrszählung aus den Jahren 1995, 2000 und 2005. Die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (sog. DTV-Wert) variiert danach - in Abhängigkeit von dem jeweiligen Streckenabschnitt und dem Zeitraum (in der Woche, werktags, Urlaubszeit und sonntags) - von ca. 40 000 bis ca. 60 000. Die im DTV-Wert ausgedrückte durchschnittliche Verkehrsstärke ist für die Beurteilung der Verkehrsbelastung maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschl.v. 4.7.2007 - 3 B 79.06 -, a.a.O.). Für das Bundesgebiet betrug der mittlere DTV-Wert im Jahr 2005 auf Autobahnen 47 600 Kfz/24 h (vgl. Bericht V-160 der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen 2005, abrufbar im Internet unter www.bast.de). Dieser Wert wird auf dem hier streitigen Streckenabschnitt zu bestimmten Zeiten teilweise sehr deutlich überschritten. Auch wenn in dem fraglichen Abschnitt anders als in dem vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall keine zeitweise Überschreitung des durchschnittlichen DTV-Wertes um das Doppelte festzustellen ist, belegen die von der Beklagten dargelegten Zahlen die vom Verwaltungsgericht angenommene starke Frequentierung des Streckenabschnitts. Da der Anteil des sog. Schwerlastverkehrs ebenfalls ein die besonderen örtlichen Verhältnisse beeinflussender Faktor darstellt und dieser - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt - etwa ein Drittel bis ein Viertel beträgt und im Vergleich zu dem durchschnittlichen Anteil des Schwerlastverkehrs auf Autobahnen von 11 % überproportional hoch ist, ist eine besondere örtliche Verkehrsbelastung hinreichend dargetan.
Auch das weitere Erfordernis, wonach die vorzufindende Gefahrenlage das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigen muss, ist erfüllt. Die Bejahung einer konkreten Gefahrenlage setzt eine sorgfältige Prüfung der Verkehrssituation voraus, es bedarf jedoch nicht der Ermittlung eines Unfallhäufigkeits-Prozentsatzes oder anderer vertiefter Ermittlungen zu der Frage, wie hoch konkret der Anteil an feststellbaren bzw. zu erwartenden Unfällen ist, der ausschließlich oder überwiegend auf die festgestellte besondere Verkehrssituation zurückzuführen ist. Ausreichend ist, dass mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermehrt Schadensfälle eintreten würden, sähe die Straßenverkehrsbehörde von jeglicher gefahrvermindernder Tätigkeit ab ( BVerwG, Urt.v. 5.4.2001 - 3 C 23.00 -, NJW 2001, 3139 [BVerwG 05.04.2001 - 3 C 23/00]-3140). Der hohe Anteil des Schwerlastverkehrs führt nach den Ermittlungen der Beklagten - wie sowohl in dem Protokoll über die Besprechung zur Einrichtung eines Überholverbotes vom 14. Mai 2004 als auch in den ergänzenden Stellungnahmen vom 10. und 11. Mai 2007 plausibel dargelegt - auf dem hier betroffenen Streckenabschnitt zu einer Häufung von Lkw-Überholmanövern und damit einhergehend zu vermehrten Gefahrensituationen durch plötzliches Ausscheren von Lkw und Staubildungen. Die beschriebenen Verkehrsabläufe bergen damit in erhöhtem Maße Unfallgefahren in sich, die über das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der durch § 45 StVO geschützten Rechtsgüter hinausgehen. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung, dass der für diesen Streckenabschnitt festgestellten besonderen Gefahrenlage durch die Anordnung eines Überholverbotes für Lkw wirksam begegnet werden kann und dadurch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts vermehrter Schadensfälle verringert wird.
Für diese Annahme sprechen im Übrigen die von der Beklagten ermittelten Unfallzahlen, auch wenn es in diesem Zusammenhang nicht allein entscheidend auf die Ermittlung konkreter Unfallzahlen ankommen kann, da Unfälle auf Autobahnen selten "monokausal" sind, sondern ganz überwiegend auf einer Mehrzahl von zusammenwirkenden Ursachen beruhen. Die absoluten Unfallzahlen in den Jahren 2005 und 2006 nach Einführung des Überholverbotes Mitte 2004 liegen unter denen für die Jahre 2000 bis 2003. Ein Rückgang der Verkehrsunfälle ergibt sich auch für das Jahr 2004, selbst wenn man mit dem Kläger die von der Beklagten vorgenommene Hochrechnung der Unfallzahlen für das 1. und 2. Halbjahr als statistisch unzulässig erachtet und den vom Kläger "bereinigten" Wert von 148 Unfällen zugrunde legt. Eine rückläufige Verkehrsunfallquote ergibt sich ebenfalls aus der von der Beklagten ermittelten Anzahl an Unfällen je Streckenkilometer. Dies gilt auch dann, wenn man die vom Kläger für das Jahr 2004 "bereinigte" Zahl von 5,5 Unfällen pro Kilometer berücksichtigt. Die in dem Zahlenmaterial zum Ausdruck kommende rückläufige Entwicklung ist ein Indiz dafür, dass die Einführung des Überholverbots langfristig zu einer Verringerung der Verkehrsunfälle auf dem betroffenen Streckenabschnitt beigetragen hat. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bereits im Jahr 2003 vor der Einführung des Überholverbots Mitte 2004 die Anzahl an Unfällen in Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesunken ist (von 204 Unfällen im Jahr 2002 auf 155 Unfälle im Jahr 2003). In den Jahren 2000 bis 2002 betrug die durchschnittliche Unfallquote in etwa 200 Unfälle pro Jahr, während die durchschnittliche Unfallquote danach bei etwa 150 Unfällen pro Jahr lag. Dass ein auf mehrere Jahre bezogener Rückgang der Verkehrsunfallquote in einer Größenordnung von einem Viertel allein auf allgemein rückläufige Unfallzahlen bzw. statistische Schwankungen zurückzuführen ist, hält der Senat für nicht plausibel.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet entgegen der Auffassung des Klägers auch keinen rechtlichen Bedenken, soweit es die Anordnung des Überholverbotes für Lkw als nicht ermessensfehlerhaft angesehen hat. Die Eignung dieser Maßnahme zur Gefahrminimierung bei durch den Schwerlastverkehr bedingten besonderen Gefahrenlagen steht außer Frage. Auch der von der Beklagten vorgelegten Statistik zur Entwicklung der Verkehrsunfallzahlen in den Jahren 2000 bis 2006 lässt sich wie dargelegt nicht entnehmen, dass die getroffene Maßnahme - wie der Kläger meint - ohne jeglichen Effekt geblieben wäre. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung der möglichen Einrichtung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung keinen Vorrang geben musste, da eine solche ungleich mehr Verkehrsteilnehmer getroffen hätte, ist dieses ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht durchgreifend einwenden, dass die Gefahren bei Überholvorgängen von Lkw durch PKW-Fahrer entstünden, die infolge von Abstands- und Geschwindigkeitsverstößen zu dicht aufführen, und diese vorrangig in Anspruch zu nehmen seien. Die Behauptung des Klägers findet bereits keine Bestätigung in den behördlichen Feststellungen, wonach die Gefahrsituationen auch durch plötzliches Ausscheren von Lkw entstehen (vgl. Stellungnahme des Polizeikommissariats BAB Ahlhorn vom 11. Mai 2007). Im Übrigen ist ein allgemeines Überholverbot für Lkw auch im Hinblick auf mögliche Alternativen zur Unfallvermeidung erforderlich und verhältnismäßig, soweit es wie hier um die Minimierung spezifischer Gefahren durch Überholvorgänge von Lkw geht. Die Anordnung eines Überholverbots stellt in diesem Zusammenhang auch keine unzulässige Privilegierung anderer Verkehrsteilnehmer dar (vgl. Schleswig-Holsteinisches OVG, Urt.v. 27.4.2006 - 4 LB 7/05 -, a.a.O.).
Die Rechtssache hat schließlich nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll.
Sämtliche von dem Kläger in seinem Zulassungsantrag unter 2. a) formulierten Fragen zu den Voraussetzungen einer Gefahrenlage im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO lassen sich mit der bereits zitierten Rechtsprechung beantworten bzw. stellen sich in dieser Form nicht, da die Annahme des Klägers, dass ein signifikanter Nachweis des hier angeordneten LKW-Überholverbotes auf die Verkehrssicherheit nicht nachgewiesen werden kann, unzutreffend ist. Soweit der Kläger unter 2. b) Fragen zur Geeignetheit eines Lkw-Überholverbotes formuliert, zeigt er keine Gesichtspunkte auf, die fallübergreifend in einem Berufungsverfahren zu klären wären. Die grundsätzliche Eignung eines Überholverbots für Lkw zur Gefahrminderung bei Streckenabschnitten mit hohem Verkehrsaufkommen bei überproportional hohem Anteil des Schwerlastverkehrs steht außer Frage und Bedarf keiner weiteren Klärung. Zur Darlegung der Eignung von Lkw-Überholverboten bedarf es auch nicht der abstrakten Benennung örtlicher Besonderheiten eines Streckenabschnitts, die eine solche Maßnahme rechtfertigen. Im Übrigen geht es bei der hier streitigen Maßnahme nicht um die allgemeine Erwägung, sog. "Elefantenrennen" zu verbieten, sondern um die Begrenzung einer besonderen Gefahrenlage, die auf einem bestimmten Streckenabschnitt einer Autobahn aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und des hohen Anteil des Schwerlastverkehrs festzustellen ist.
Dass eine vergleichbare Gefährdungslage auf nahezu allen anderen Autobahnabschnitten vorliegt, wird von dem Kläger lediglich behauptet, jedoch nicht weiter belegt. Aus diesem Grund stellen sich auch die von dem Kläger unter 2. c) formulierten Fragen nicht, da die hier streitige Maßnahme nicht - wie vom Kläger unterstellt - allein mit allgemeinen Erwägungen begründet worden ist. Soweit der Kläger unter 2. d) die grundsätzliche Frage aufwirft, ob ein Überholverbot auf einer Bundesautobahn ihrer Widmung widerspreche, ist bereits im Ansatz nicht klar, inwieweit ein Überholverbot für Lkw auf einem Streckenabschnitt von rund 20 km der Widmung als Autobahn entgegenstehen kann. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob ein Überholverbot auf einer Autobahn eine "besonders sorgfältige Prüfung der Verhältnismäßigkeit" erfordert, da die konkrete Verkehrssituation bei verkehrsbeschränkenden Maßnahmen von der Straßenverkehrsbehörde stets zu berücksichtigen ist. Schließlich ist auch hinreichend geklärt, dass ein auf Lkw beschränktes Überholverbot auch im Hinblick auf gegebenenfalls zur Verfügung stehende Alternativen wie verbesserte Polizeikontrollen oder allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkungen erforderlich und verhältnismäßig sein kann und keine unzulässige Privilegierung anderer Verkehrsteilnehmer darstellt. Es besteht daher kein Grund, den von dem Kläger in seinem Zulassungsantrag unter 2. e) und f) formulierten Fragen zu den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung und zur "Privilegienfeindlichkeit der StVO" fallübergreifend im Interesse der Rechtsklarheit in einem Berufungsverfahren nachzugehen.