Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.03.2017, Az.: 10 LC 39/16

betriebsindividueller Betrag; Betriebsprämie; Futterfläche; Herabsetzung; Kartoffeln; Neufestsetzung; Rindersonderprämie; Stichtagsregelung; teleologische Reduktion; Vertrauensschutz; Vertrauensschutz Agrarförderung; Zahlungsanspruch; Zahlungsansprüche; Zahlungsansprüche VO (EG) Nr. 1782/2003

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.03.2017
Aktenzeichen
10 LC 39/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54094
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 21.04.2016 - AZ: 4 A 132/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen der Wert der Zahlungsansprüche für Betriebsprämien gemäß Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 noch nach dem 1. Januar 2010 herabgesetzt werden kann.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 4. Kammer - vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte  zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die nachträgliche Herabsetzung des Wertes seiner normalen, erstmals für das Jahr 2005 festgesetzten Zahlungsansprüche im Rahmen der Betriebsprämienregelung, und zwar im Einzelnen gegen die Kürzung/“Kappung“ der - in den betriebsindividuellen Beitrag eingeflossenen - Rindersonderprämie 2002 wegen unzureichender Futterfläche; in der Sache streiten sich die Beteiligten dabei um die Fragen, ob der Kläger im Jahr 2002 auch zum Anbau von Kartoffeln genutzte Flächen als „Futterflächen“ anmelden durfte und - falls nein - ob eine Korrektur des Wertes der Zahlungsansprüche auf einen solchen Fehler gestützt werden kann oder ihr ein nach Unionsrecht schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegensteht, weil der dann im Jahr 2002 erfolgte und auf die Festsetzung der Zahlungsansprüche ab dem Jahr 2005 fortwirkende Fehler für den Kläger nicht bzw. nicht rechtzeitig erkennbar gewesen oder die Korrektur jedenfalls verspätet erfolgt ist.

Der Kläger bewirtschaftete mindestens seit dem Jahr 2000 einen landwirtschaftlichen Betrieb in A. (Landkreis Emsland) mit im Jahr 2002 rd. 180 ha Fläche sowie Schweine- und Rindermast (rd. 90 Bullen jährlich). Nach einem Betriebsbericht der damaligen Landwirtschaftskammer Weser-Ems vom Jahresende 2002 war der Betrieb im Übrigen durch einen intensiven Kartoffelanbau (40 ha Stärkekartoffeln, 50 ha Veredelungskartoffeln und 10 ha eigenes Pflanzgut) gekennzeichnet.

Im Jahr 2002 beantragte der Kläger mit insgesamt acht Teilanträgen jeweils die Rindersonderprämie. Die Bewilligung dieser Prämie hing nicht nur von den - den jeweiligen Anträgen beigefügten - Nachweisen zur Schlachtung der Rinder, sondern gemäß Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 u.a. auch von der dem jeweiligen Antragsteller u.a. für seine Rinder zur Verfügung stehenden Futterfläche ab. Dazu waren in dem jeweiligen Antragsformular für die Rindersonderprämie jedoch keine eigenständigen Angaben zu machen; stattdessen wurde insoweit auf die Angaben im - jährlich einmal abzugebenden - „Beihilfeantrag Flächen“ Bezug genommen und vom Antragsteller erklärt, dass die dort „aufgeführte Futterfläche für die Rinder- und Schafhaltung mindestens vom 1. Januar bis 31. Juli 2002 zur Verfügung steht“ bzw. stand.

Damit korrespondierend war in Ziffer 8.2 des in Bezug genommenen Antragsformulars u.a. für die Flächenförderung 2002 die Erklärung abzugeben, dass „die in diesem Antrag nebst Anlagen enthaltenen Daten gleichzeitig für eventuelle Anträge auf Sonderprämien für männliche Rinder (…) gelten“. Eine so lautende Erklärung gab der Kläger in seinem am 15. Mai 2002 gestellten Agrarförderantrag Fläche 2002 ab. Als Anlage 1 zu diesem Flächenantrag war der Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis (= GFN) auszufüllen. Darin waren wiederum nicht nur die Flächen zu kennzeichnen, für die eine Flächenzahlung beantragt wurde oder die für eine Stilllegung vorgesehen waren, sondern auch alle „sonstigen“ landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebs, und zwar unterteilt nach den in den Ausfüllhinweisen vorgesehenen Kulturarten mit vorgegebenen Codes. Diese Kulturarten waren nach Getreide (I), Ölsaaten (II), Eiweißpflanzen (III), anderem Lein als Faserlein (IV), Konjunkturelle Stilllegung (V), Futterbau (VI), Sonstige Fruchtarten (VII) und weitere Flächenarten (VIII und IX) gegliedert. Zum „Futterbau“ gehörten nach der Codenummer 412 „Futterhackfrüchte“, zu den „Sonstigen Fruchtarten“ nach den Codenummern 616 bis 618 Stärkekartoffeln und 619 „sonstige Kartoffeln“. In den textlichen Erläuterungen zu den Ausfüllhinweisen wurde bezogen auf die Nr. 619 ausgeführt: „hierunter fallen alle sonstigen Kartoffeln“. Der Kläger codierte in seinem GFN 2002 verschiedene Flächen mit der Nr. 617 für an die Emsland Stärke GmbH zu liefernde Stärkekartoffeln, mit der Nr. 618 für an die AVEBE zu liefernde Stärkekartoffeln (insgesamt 86,19 ha) sowie mit der Nr. 619 für sonstige Kartoffeln (21,47 ha). Unter den lfd. Nummern 136 - 138 und 140 des GFN 2002 gab er für vier weitere Flurstücke im Umfang von insgesamt 11,84 ha die Nr. 412 für eine „Futterhackfrucht“ an.

Das damals für die Bewilligung zuständige Amt für Agrarstruktur Meppen (= AfA) berechnete auf dieser Grundlage nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 2 b) Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 die maßgebende Futterfläche und bezog darin die o.a. 11,84 ha ein. Zusammen mit den im GFN 2002 unter der Nr. 452 für „Mähweiden“ angegebenen Flurstücken ermittelte es eine Hauptfutterfläche im Gesamtumfang von 30,9733 ha. Bei einem - ebenfalls in Art 12 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 enthaltenen - Besatzdichtefaktor 2002 von 1,9 GVE/ha waren danach maximal 58,8 GVE förderfähig. Diese Festsetzung wurde in den Bescheid des AfA vom 1. Juli 2003 u.a. über die Rindersonderprämie 2002 aufgenommen. Hierauf beruhend wurde dem Kläger eine Rindersonderprämie für das Jahr 2002 in Höhe von insgesamt 17.808 EUR gewährt.

Wegen des Verdachts, der Kläger habe u.a. im Jahr 2002 zu wenig ausdrücklich so bezeichnete Anbauflächen für Kartoffeln angegeben, führte die Beklagte im Betrieb des Klägers ab Mitte Februar 2008 eine Vor-Ort-Kontrolle durch. Der Verdacht bestätigte sich. Auf den vom Kläger im Jahr 2002 mit Futterhackfrüchten codierten o.a. Flurstücken waren Kartoffeln angebaut worden. Mitte Mai 2008 erklärte der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten, die Kartoffeln seien zum Teil an seine Bullen verfüttert und zum Teil an andere Kartoffelverarbeiter weitergeliefert worden.

Die Beklagte vertritt unter Bezug auf Stellungnahmen der (damaligen) EG-Kommission die Ansicht, dass Flächen, auf denen Kartoffeln angebaut werden, (generell) nicht zur Futterfläche gehören. Dies folge bereits daraus, dass Kartoffeln zu den Produkten des „Gartenbaus“ zu rechnen seien, die nach Art. 12 Abs. 2 b) Satz 2 2. Spiegelstrich 3 Alt. Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 nicht zur Futterfläche gehörten. Inhaltlich solle so verhindert werden, dass u.a. sämtliche Kartoffelfelder als Futterflächen angegeben werden und dann - wegen der effektiv unmöglichen Kontrolle der endgültigen Verwendung - die Gefahr bestehe, dass die Kartoffeln nicht verfüttert, sondern auf dem Markt verkauft werden. Ein solcher Verkauf solle jedoch auch mittelbar nicht gefördert werden. Ergänzend verwies die Beklagte darauf, dass die Antragsteller in zahlreichen Informationsveranstaltungen auf die richtige Codierung hingewiesen worden seien. Es sei kein anderer Antragsteller bekannt, der Speise- und Pflanzkartoffeln als „Futterhackfrüchte“ codiert habe.

Mit einem Schreiben vom 24. April 2009 hörte die Beklagte deshalb den Kläger gemäß § 28 VwVfG unter der Überschrift „Sonderprämie für männliche Rinder und Schlachtprämie 2002 bis 2004, Betriebsprämie ab 2005 und Stärkekartoffelbeihilfe“ u.a. dazu an, dass er aus dem o.a. Grund im Jahr 2002 die Futterfläche um 11,84 ha zu hoch angegeben habe. Kartoffeln könnten schon grundsätzlich nicht als Futterfläche beantragt werden, jedenfalls aber nicht solche, die tatsächlich nicht verfüttert worden seien. „Die gemachten Feststellungen werden zur Kürzung ihrer Ansprüche auf Sonderprämie für männliche Rinder, auf den Betriebsindividuellen Betrag, der 2005 auf der Basis von 2002 (fehlt: berechnet/ermittelt wurde,) und der Stärkekartoffelbeihilfe führen. Die zuviel gezahlten Gelder beabsichtigten wir dann von Ihnen zurück zu fordern.“

Der Kläger bzw. sein damaliger Agrarberater Herr Scholz entgegnete am 22. Mai 2009, dass Kartoffelanbauflächen durchaus als Futterflächen für die Sonderprämie zu berücksichtigen seien, auch wenn die Kartoffeln tatsächlich nicht verfüttert, sondern für eine andere, keiner „Prämienregelung unterliegende“ Nutzung herangezogen würden. Der Kläger habe sich „bei den … Antragsangaben auf die Beratungsempfehlungen Ihres Hauses verlassen“. Diese Ansicht wurde auch von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mit einem - auf die (wegen der o.a. Bedenken zurückgestellte) Bewilligung der Betriebsprämie 2009 gerichteten - Schreiben vom Januar 2010 vertreten.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2010 (i. d. F. vom 9. März 2011) nahm die Beklagte die Bewilligungsbescheide zur Rindersonderprämie mit Wirkung für die Vergangenheit für das Antragsjahr 2002 (aus dem o.a. Bescheid vom 1. Juli 2003) sowie für das Folgejahr 2003 jeweils teilweise, für das Jahr 2004 ganz zurück und forderte den überzahlten Gesamtbetrag von 103.200,93 EUR zuzüglich Zinsen zurück; für das Jahr 2002 errechnete die Beklagte einen überhöhten Betrag von 6.825 EUR. Denn die o.a. 30,9733 ha Futterfläche seien um 11,84 ha tatsächliche Kartoffelanbaufläche auf 19,1312 ha zu vermindern. Bei dem Besatzdichtefaktor von 1,9 GVE/ha habe für Rinder damit nur bis zur Grenze von 36,3 GVE (statt 58,8 GVE) eine Sonderprämie gewährt werden dürfen. Damit ergebe sich der o.a. Überzahlungsbetrag von 6.825 EUR. Die 11,84 ha Anbauflächen für Kartoffeln seien aus den bezeichneten Gründen nicht als Futterflächen anzuerkennen gewesen. Da dies dem Kläger bekannt gewesen sei, habe er vorsätzlich gehandelt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage blieb erfolglos (vgl. Urt. des VG Osnabrück v. 12.9.2013  - 4 A 56/13 -). Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht unter Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. März 2007 (C-34/05 -, juris) aus, die Beklagte habe die Antragsflächen, deren Kartoffelertrag der Kläger an Dritte veräußert habe, zu Recht nicht als Futterflächen angesehen. Dass sich diese Flächen abstrakt als Futterflächen geeignet hätten, reiche nicht aus. Sie hätten dazu auch tatsächlich genutzt werden müssen, woran es hier mangele. Der Kläger habe (bedingt) vorsätzlich gehandelt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Mitarbeiter der Beklagten den Kläger nicht dahingehend falsch beraten hätten, dass er seine Kartoffelanbauflächen als Futterflächen habe codieren dürfen. Den gegen das vorgenannte Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2014 (- 10 LA 82/13 -) ab, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Das o.a. erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 12. September 2013 nahm die Beklagte nach Aktenlage zum Anlass, mit dem - nunmehr hier umstrittenen - Bescheid vom 16. Oktober 2013 auch die in dem o.a. Anhörungsschreiben vom 24. April 2009 (bezogen auf den betriebsindividuellen Betrag (= BIB)) angeführte Korrektur des Wertes der dem Kläger insoweit (auf seinen Antrag vom 13. Mai 2005) mit Bescheid vom 7. April 2006 - i. d. F. einer hier nicht maßgebenden Änderung vom 29. Juli 2008 - zugewiesenen normalen Zahlungsansprüche vorzunehmen:

In dem vorausgegangenen Formularantrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen, den der Kläger am 13. Mai 2005 als Teil des Sammelantrages 2005 abgegeben hatte, hatte er allgemein eine solche Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich des BIB beantragt und weiter angegeben, im gesamten Bezugszeitraum 2000 - 2002 Inhaber des Betriebes gewesen zu sein, für den der BIB begehrt wird. Zusätzliche Angaben u.a. hinsichtlich der Rindersonderprämien für die Jahre 2000 bis 2002 aus seinem Betrieb waren hingegen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen nicht erforderlich und waren vom Kläger nicht gemacht worden.

Die in dem Bescheid vom 7. April 2006 folgende Festsetzung der Zahlungsansprüche an den Kläger beruhte hinsichtlich des BIB (Anlage 2) und insoweit hinsichtlich der Rindersonderprämie 2002 in Höhe von 17.808 EUR deshalb auf denselben Annahmen zur Futterfläche wie die Festsetzung der Rindersonderprämie mit Bescheid vom 1. Juli 2003.

Ein (erster) Änderungsbescheid vom 29. Juli 2008 korrigierte nur die Zahl der Zahlungsansprüche im Bescheid vom 7. April 2006 und nicht die hier maßgebende Berechnung des BIB (vgl. dessen Anlage 2).

Dieser BIB wurde erst durch den nunmehr streitigen (zweiten) Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2013 von 28.637,26 EUR auf 26.362,26 EUR (jeweils vor der Kürzung zu Gunsten der Nationalen Reserve) vermindert (Differenz: 2.275 EUR). Denn für das Jahr 2002 flossen in die Berechnung der Rindersonderprämie nicht mehr - wie ursprünglich - 17.808 EUR, sondern nur noch der um die o.a. 6.825 EUR auf 10.983 EUR (52,3 statt zuvor 84,8 Einheiten zu einem Satz in Höhe von 210 EUR) herabgesetzte Betrag ein.

Als Rechtsgrundlage für die Herabsetzung bezeichnete die Beklagte § 10 Abs. 1 MOG. Der Wert der dem Kläger durch den Festsetzungsbescheid vom 7. April 2006 i. d. F. vom 29. Juli 2008 zugewiesenen Zahlungsansprüche sei wegen der darin im Umfang von 6.825 EUR zu Unrecht eingeflossenen Rindersonderprämie 2002 rechtswidrig überhöht gewesen. Ein schutzwürdiges Vertrauen stehe der Korrektur nach Art. 73 a Verordnung (EG) Nr. 796/2004 nicht entgegen.

Der Kläger hat am 13. November 2013 Klage erhoben und zur Begründung an seiner Ansicht festgehalten, dass die Angabe von Kartoffelanbauflächen als solche für „Futterhackfrüchte“ in seinem Flächenantrag 2002 richtig gewesen sei und der Verwaltungspraxis der Beklagten bzw. des vormals zuständigen AfA entsprochen habe. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folge, sei die Neuberechnung der Zahlungsansprüche jedenfalls im Jahr 2013 nicht mehr zulässig gewesen. Denn nach Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 würden Zahlungsansprüche, die einem Betriebsinhaber vor dem 1. Januar 2009 zugewiesen worden seien, ab dem 1. Januar 2010 als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten. Ein Ausnahmefall nach Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 sei nicht gegeben. Sein Antrag auf Gewährung der Rindersonderprämie 2002 sei nicht „sachlich fehlerhaft“ gewesen. Vielmehr habe er - wie dargelegt  wahrheitsgemäß und zu Recht - angegeben, dass er die hier in Rede stehenden Flächen zum Anbau von Futterhackfrüchten nutzen werde, was er mit den Anbau von Kartoffeln getan habe, die auch in seiner Bullenmast verwendet worden seien. Selbst wenn man jedoch insoweit unter Bezug auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes  vom 1. März 2007 zu Art. 12 Abs. 2 b Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 anderer Ansicht sei, also eine ausschließliche Verwendung des Ertrages als Futter verlange, habe er seinen dann vorliegenden Fehler jedenfalls  i. S. des  Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht erkennen können, genieße also Vertrauensschutz. Denn nach der angeführten, teilweise auch publizierten damaligen gegenteiligen Verwaltungspraxis habe er im Jahr 2002 nicht erkennen können, dass Futterflächen, deren Aufwuchs nicht vollständig an die Rinder verfüttert würden, rechtlich nicht als „Futterflächen“ gegolten hätten und daher nicht als solche hätten angegeben werden dürfen.

Der Kläger hat beantragt,

den Änderungsbescheid der Beklagten über die Zahlungs-
ansprüche 2005 vom 16. Oktober 2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ergänzend zu ihrem vorprozessualen Vorbringen geltend gemacht, dass einer Änderung des Wertes der dem Kläger zugewiesenen Zahlungsansprüche auch Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht entgegenstehe. Zwar seien die Voraussetzungen für einen Bestandsschutz nach Absatz 1 dieser Norm gegeben.  Nach Absatz 2 finde jedoch Absatz 1 keine Anwendung auf Zahlungsansprüche, die dem Betriebsinhaber aufgrund von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen worden seien, es sei denn, der Fehler sei für ihn bei vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar gewesen. Vorliegend habe die überhöhte Festsetzung des Wertes der dem Kläger zugewiesenen Zahlungsansprüche auf einem sachlich fehlerhaften Antrag des Klägers beruht, wobei dieser Fehler für ihn erkennbar gewesen sei. Denn zu den „fehlerhaften Anträgen“ im Sinne von Art. 137 Abs. 2 Verordnung Nr. 73/2009 gehöre auch ein fehlerhafter Antrag aus dem Jahr 2002 hinsichtlich von Futterflächen, da u.a. die auf der Grundlage dieser Antragsangaben aus dem Jahr 2002 berechnete Rindersonderprämie (im Bundesgebiet) über den BIB in die Höhe des Wertes der Zahlungsansprüche 2005 eingeflossen sei. Der entsprechende Antrag des Klägers aus dem Jahr 2002 sei aus den o.a. Gründen durch die Codierung von Kartoffelanbaufeldern als „Futterhackfruchtflächen“ fehlerhaft gewesen. Diesen Fehler habe der Kläger auch erkennen können, da er insoweit sogar vorsätzlich falsche Angaben gemacht habe, wie vom  Verwaltungsgericht Osnabrück in dessen o.a. Urteil vom 12. September 2013 (4 A 56/13) sowie im Beschluss des erkennenden Senats vom 31. Januar 2014 (10 LA 82/13) bestätigt worden sei. Im Übrigen sei der Kläger andernfalls, d.h. wenn man allein auf die Angaben des Jahres 2005 abstelle, nach den Erläuterungen unter Punkt 22 des Sammelantrages 2005 jedenfalls verpflichtet gewesen, den (fortwirkenden) Fehler bei der im Jahr 2002 für seine Rinder zur Verfügung stehenden Futterfläche von sich aus für die Festsetzung der Zahlungsansprüche zu korrigieren.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück - 4. Kammer - hat die Klage auf die mündlichen Verhandlungen vom 11. Februar und 21. April 2016 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Änderung sei § 10 MOG i. V. m.  Art. 73a Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 (Abs. 2) Verordnung (EG) Nr. 1122/2009. Rechtswidrig überhöht zugewiesene Werte von Zahlungsansprüchen seien danach grundsätzlich einzuziehen. Ein solcher Fall sei vorliegend aus den Gründen des angefochtenen Bescheides vom 16. Oktober 2013 gegeben. Der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich auf den, die o.a. europäischen Normen ergänzenden und seinem Vertrauensschutz dienenden Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 berufen. Zwar seien die Voraussetzung des Absatzes 1 dieser Norm gegeben, zugleich habe er aber die Rückausnahme nach Absatz 2 verwirklicht. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt habe, sei mit den in Absatz 2 Halbsatz 1 dieser Norm angeführten „fehlerhaften Anträgen“ nicht nur ein fehlerhafter Sammelantrag selbst gemeint, sondern auch die (fehlerhaften) vorhergehenden Anträge, an die die Festsetzung des Wertes von Zahlungsansprüchen anknüpfe - wie im Bundesgebiet die Berechnung des BIB hinsichtlich der Rindersonderprämien der Jahre 2000 bis einschließlich des hier maßgebenden Jahres 2002. Hieran gemessen habe der Kläger einen „fehlerhaften Antrag“ gestellt, wie sich aus dem o.a. Urteil vom 12. September 2013 ergebe. Der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich auf die i. S. d. Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 für ihn fehlende Erkennbarkeit dieses Fehlers berufen. Wie sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Juli 2015 (C-422/13) ergebe, komme insoweit ein Vertrauensschutz nur in Betracht, wenn der Betroffene nicht bereits vor dem Stichtag des 1. Januar 2010 über den Fehler unterrichtet worden sei. Das sei hier aber in dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 24. April 2009 erfolgt, in dem sie den Kläger auf die Folgen der im Jahr 2002 falschen Codierung auch für den BIB und damit für die Festsetzung des Wertes der Zahlungsansprüche hingewiesen habe. Es komme deshalb weder auf die vom Kläger thematisierte Verwaltungspraxis „der Beklagten“ im Jahr 2002 noch darauf an, dass der Begriff der „Futterflächen“ vom Europäischen Gerichtshof erst im Jahr 2007 in dem (nunmehr) von der Beklagten geltend gemachten Sinn ausgelegt und geklärt worden sei. Im Übrigen sei die maßgebende Regelung des Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 insoweit bereits zuvor hinreichend klar gewesen.

Der Kläger hat die - vom Verwaltungsgericht wegen angenommener grundsätzlicher Bedeutung der Auslegung von Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 - zugelassene Berufung gegen das ihm am 26. April 2016 zugestellte Urteil am 24. Mai 2016 eingelegt und am 22. Juni 2016 begründet. Er macht ergänzend zum erstinstanzlichen Vorbringen geltend, dass es nach dem Sinn und Zweck für die Richtigkeit der Angaben im Sinne des Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 auf den Zeitpunkt der Abgabe des Sammelantrages ankomme; im Mai 2005 habe er aber keine - zumal keine fehlerhaften - Angaben über die Futterfläche des Jahres 2002 gemacht. Vielmehr habe die Beklagte damals bei der Festsetzung des BIB insoweit auf den bestandskräftigen Bewilligungsbescheid für die Rindersonderprämie 2002 zurückgegriffen. Andernfalls müsse sich die Beklagte auch bei falschen Bewilligungsbescheiden bis zur Aufhebung deren Bestandskraft entgegen halten lassen. Hilfsweise werden die o.a. Gründe dazu wiederholt, dass ein unterstellter Fehler im Jahr 2002 für ihn jedenfalls im Sinne des Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht erkennbar gewesen sei; die Rechtskraft der vorhergehenden Entscheidung bzw. die Bestandskraft des Rücknahmebescheides erstrecke sich nicht auf diese Frage. Zeitlich maßgebend seien insoweit die Verhältnisse bei der Antragstellung im Jahr 2002, spätestens aber im Jahr der Erstbeantragung der Zahlungsansprüche, also 2005. Dass er durch das Anhörungsschreiben der Beklagten im April 2009 auf den (vermeintlichen) Fehler hingewiesen worden sei, reiche damit nicht aus, wie sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2015 (- 3 C 11/14 -) ergebe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 4. Kammer -
vom 21. April 2016 zu ändern und den Änderungsbescheid
der Beklagten vom 16. Oktober 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Bezug auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte (in diesem Verfahren) und der Beiakten einschließlich der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Osnabrück aus dem Verfahren 2 B 26/11 und 4 A 56/13 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die nach der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im übrige zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Als Rechtsgrundlage für die Herabsetzung des Wertes der normalen Zahlungsansprüche hat das Verwaltungsgericht in Anknüpfung an die Senatsrechtsprechung (Urt. v. 17.6.2014 - 10 LC 148/12 -) § 10 MOG i. V. m.  Art. 73a (Abs. 2) Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 (Abs. 2) Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 angeführt. Dem ist im Ergebnis zu folgen.

Dabei kann mangels Entscheidungserheblichkeit weiter offen bleiben (vgl. Senatsurt. v. 31.3.2016 - 10 LB 40/14 - Bl. 8), ob es des Rückgriffs auf § 10 MOG überhaupt bedarf oder die Regelung in Art. 73a (Abs. 2) Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 (Abs. 2) Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 nicht auch so verstanden werden kann, dass sie unmittelbar und abschließend die Aufhebung der Festsetzung von Zahlungsansprüchen betrifft, und weiterhin, ob sich die Aufhebung von - wie hier - erstmals für das Jahr 2005 festgesetzten Zahlungsansprüchen, soweit auf die vorgenannten europarechtlichen Bestimmungen abzustellen ist, nur nach der erst- oder zweitgenannten Norm oder jeweils zeitanteilig nach beiden Normen (d.h. für die Jahre bis 2009 einschließlich nach der ersten und ab dem Jahr 2010 nach der zweiten) bestimmt.

Jedenfalls gelten diese Bestimmungen auch nach der Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 fort. Denn die zuletzt geltende Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist zwar nach Art. 43 Satz 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 grundsätzlich mit Wirkung ab dem 1. Januar 2015 aufgehoben worden. Nach Satz 2 a) gilt jedoch u.a. die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 weiterhin für „Beihilfeanträge für Direktzahlungen“, die für vor dem 1. Januar 2015 beginnende Prämienzeiträume eingereicht wurden. Zu den „Beihilfeanträgen“ i. S. d. letztgenannten Norm gehört auch die hier streitige Festsetzung von Zahlungsansprüchen bezogen auf Direktzahlungen für den Zeitraum vor dem Jahresbeginn 2015. Aus demselben Grund gilt nach Art. 72 Abs. 2 UAbs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1307/3013 i. d. F. des Art. 7 Nr. 4 Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 auch der - vorliegend zwischen den Beteiligten vorrangig umstrittene - Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 fort (ebenso BVerwG, Urt. v. 16.9.2015 - 3 C 11/14 -, juris, Rn. 12).

Hieran gemessen war der Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 7. April 2006 - i. d. F. der hier nicht maßgebenden Änderung vom 29. Juli 2008 - hinsichtlich des Wertes der dem Kläger zugewiesenen normalen Zahlungsansprüche rechtswidrig zu hoch.

Der Wert der einem Betriebsinhaber im Bundesgebiet für die Jahre ab 2005 (anfänglich) je ha zuzuweisenden Zahlungsansprüche setzte sich nach dem sog. Kombinationsmodell (vgl. §§ 2, 5 BetrPrämDurchfG) aus dem betriebsindividuellen (Standardmodell, Art. 43 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, § 5 Abs. 2 BetrPrämDurchfG) und dem flächenbezogenen Betrag (Art. 59 Abs. 1 und 3 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG, Regionalmodell) zusammen (vgl. zum Folgenden Senatsurt. v. 16.12.2014 - 10 LB 157/10 - S. 10). Die Höhe des flächenbezogenen Betrages bestimmte sich dabei nach § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG und die des betriebsindividuellen Betrages im Ausgangspunkt (nach dem Sprachgebrauch der Beklagten im Bescheid: als „Top up“) nach den durchschnittlich in den Jahren 2000 bis 2002 nach Anhang VI Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 „gewährten“ Prämien, u.a. für die Produktion von Rindfleisch mit den Direktzahlungen Sonderprämie für männliche Rinder (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 29.1.2013 - 3 B 24/12 -, juris), Mutterkuhprämie einschließlich der Zahlungen für Färsen, Schlachtprämie für Kälber sowie Extensivierungsprämie in bestimmter Höhe (vgl. § 5 Abs. 2 BetrPräm-DurchfG). Wie sich aus der klarstellenden Regelung in Art. 3a Verordnung (EG) Nr. 795/2004 sowie dem hierauf bezogenen fünften Erwägungsgrund (Satz 2) der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1974/2004 ergibt, waren bei der Ermittlung der Höhe u.a. der „gewährten“ Rindersonderprämie für die Festsetzung der Zahlungsansprüche auch die „Kürzungen zu berücksichtigen, die sich aus der Anwendung von Grundflächen, Obergrenzen oder anderen quantitativen Begrenzungen“ für die Jahre 2000 bis 2002 ergaben (vgl. EuGH, Urt. v. 11.6.2009 - C-170/08 -). Hierzu gehörten Regelungen über die Besatzdichte nach Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999, durch die die Gesamtzahl der Betriebe, für die u.a. die Sonderprämie gewährt werden konnte, begrenzt wurde (vgl. Senatsurt. v. 15.12.2010 - 10 LB 121/09 - juris).

Es kann offen bleiben, ob sich danach die Rechtswidrigkeit der am 7. April 2006 erfolgten Wertfestsetzung der Zahlungsansprüche zu Gunsten des Klägers hinsichtlich der darin eingeflossenen Höhe der Rindersonderprämie 2002 bereits aus der Bestandskraft des Bescheides der Beklagten vom 25. Juni 2010 ergibt, mit dem die dem Kläger für das Jahr 2002 „gewährte“ Rindersonderprämie rückwirkend um 6.825 EUR herabgesetzt worden ist. Selbst wenn eine solche Bindung nicht besteht und die Rechtmäßigkeit dieser Kürzung für die Berechnung des BIB noch einmal eigenständig zu prüfen ist, erweist sich die Kürzung als rechtmäßig.

Denn in die ursprüngliche Festsetzung der Rindersonderprämie 2002 und hieran anknüpfend des BIB war eine um 11,84 ha überhöhte Futterfläche i. S. d. Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 eingeflossen.

In diesem Umfang hatte der Kläger mit Kartoffeln bebaute Flurstücke als vermeintliche Futterfläche angemeldet, obwohl Kartoffeln zum „Gartenbau“ i. S. d. Art. 12 Abs. 2b) Satz 2 3. Alt Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 und damit nicht zur „Futterfläche“ gehörten, wie sich aus der auf die Systematik der Agrarförderbestimmungen gestützten Begründung der EG-Kommission ergibt (vgl. Bl. 83 f. Beiakte 8), der der Senat folgt. Die Entscheidung, dass der Anbau von bestimmten Kulturen - wie Kartoffeln außer Stärkekartoffeln und andere Gartenbauprodukte wie Karotten u.a. im Jahr 2002 - nicht gemeinschaftsrechtlich gefördert wurde, sondern dass diese Kulturen vom Erzeuger nach Marktpreisen veräußert werden sollten, sollte von Betriebsinhabern nicht dadurch unterlaufen werden, dass Kartoffelanbauflächen als Futterfläche angegeben wurden und damit ihr Anbau mittelbar gefördert wurde, ohne dass Vorkehrungen für eine Kontrolle ihrer Zweckverwendung getroffen waren. Unterstützt wird dieses Verständnis durch die weitere Rechtsentwicklung ab dem Jahr 2005 (vgl. insoweit Senatsbeschl. v. 24.1.2011 - 10 LA 257/08 -, juris, Rn. 9). Danach war in der Annahme, andere Kartoffeln außer Stärkekartoffeln seien erstmals in die Agrarförderung einbezogen worden, für ihre Förderfähigkeit vorübergehend eine sog. OGS - Genehmigung erforderlich, ohne dass von diesem zusätzlichen Genehmigungserfordernis Futterkartoffeln ausgenommen waren - wie es auf der Grundlage des Rechtsverständnisses des Klägers wegen der dann schon zuvor bestehenden Förderfähigkeit folgerichtig gewesen wäre; auch in der Praxis ist nach dem Kenntnisstand des Senats nicht entsprechend differenziert worden. Soweit der Kläger diesem Verständnis unter Bezug auf die Definition von Kartoffeln als „anderes Ackerbauerzeugnis“, also nicht als „Gartenbauspezialität“ i. S. d. Entscheidung der Kommission vom 24. November 1999 entgegentritt, sind entsprechende Definitionen für statische Zwecke auf die anderen Zielen und einer abweichenden Systematik folgende Agrarförderbestimmung des Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 nicht übertragbar (vgl. EuGH, Urt. v. 2.10.2014 - C-47/13 -, juris, Rn. 39); ebenso wenig wird deshalb eine allein am Wortlaut haftende Auslegung des  Art. 12 Abs. 2b) Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 ihrem vorgenannten Zweck gerecht.

Außerdem gehörten Kartoffeln  - selbst wenn dieser Ausschlusstatbestand nicht eingriffe - objektiv auch deshalb nicht zur „Futterfläche“, weil eine solche nach Art. 12 Abs. 2b) Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 ausschließlich zur Ernährung der (dort während des gesamten Kalenderjahrs gehaltenen) Tiere bestimmt gewesen sein muss (vgl. EuGH, Urt. v. 1.3.2007 - C-34/05 - juris, Rn. 38). Dies wird durch die in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung enthaltene Definition der Besatzdichte unterstrichen, die in „GVE je innerbetriebliche Futterfläche ausgedrückt wird, die zur Ernährung der Tiere verwendet wird“. Mit den - nochmals wiederholten - Einwänden des Klägers gegen dieses Normverständnis hat sich der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 9. Mai 2012 (- 10 ME 43/12 -) und vom 31. Januar 2014 (- 10 LA 82/13 -) auseinandergesetzt; hierauf wird Bezug genommen.

Die auf den hier betroffenen 11,84 ha angebauten Kartoffeln hat der Kläger aber schon nach den eigenen Angaben auch verkauft und nicht nur an seine Rinder verfüttert.

Ohne diese damit nicht zur „Futterfläche“ zählenden 11,84 ha „Kartoffelanbaufläche“ standen ihm nicht 30,9733 ha, sondern nur 19,1312 ha tatsächliche Futterfläche zur Verfügung. Bei einem Besatzdichtefaktor für das Jahr 2002 von 1,9 GVE/ha konnte daher dem Kläger eine Sonderprämie für Rinder nur bis zur Grenze von 36,3 GVE (statt zuvor 58,8 GVE) gewährt werden. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung einer Prämie von 210 EUR pro Tier und der nach dem Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 altersabhängigen Anrechnung von 1 bzw. 0,86 bzw. 0 GVE je männliches Rind der o.a. Kürzungsbetrag von 6.825 EUR, der vom Kläger rechnerisch nicht in Zweifel gezogen wird und gegen dessen Richtigkeit auch im Übrigen keine Bedenken bestehen.

Diese rechtswidrig zu hohe Festsetzung des BIB führte nach dem/den gegenüber § 10 Abs. 1 MOG vorrangingen, insoweit keinen Vertrauensschutz enthaltenden Art. 73a Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 grundsätzlich zwingend zur Neufestsetzung. Da die genannten Normen insoweit keine Einschränkung enthalten, steht der hierauf gestützten Herabsetzung der erstmals am 7. April 2006 für den Kläger festgesetzten Zahlungsansprüche auch nicht entgegen, dass diese vor dem hier angegriffenen (zweiten) Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2013 - durch einen ersten Änderungsbescheid vom 29. Juli 2008 - schon einmal herabgesetzt worden waren. Da diese Änderung auf anderen tatsächlichen Feststellungen beruhte und deshalb nur die Zahl, nicht aber den Wert der Zahlungsansprüche betraf, besteht auch kein Raum für die Annahme eines ungeschriebenen primärrechtlich schutzwürdigen Vertrauens des Klägers darauf, dass es zu keiner weiteren Kürzung mehr kommen dürfe (vgl. zu einer abweichenden Fallgestaltung: Senatsurt. v. 19.11.2013 - 10 LB 57/12 -, juris).

Der Herabsetzung steht auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nach dem - aus den o.a. Gründen fortgeltenden - Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 entgegen. Die Norm lautet in den hier maßgebenden Absätzen 1 und 2:

Artikel 137

 Bestätigung von Zahlungsansprüchen

 (1)   Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem 1. Januar 2009 zugewiesen wurden, gelten ab dem 1. Januar 2010 als rechtmäßig und ordnungsgemäß.
(2)   Absatz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsansprüche, die Betriebsinhabern auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen wurden; hiervon ausgenommen sind Fälle, in denen der Fehler für den Betriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war.

Aus den nachfolgend im Einzelnen  genannten Gründen spricht Überwiegendes dafür, dass schon kein Anwendungsfall des Absatzes 1 gegeben ist (1.); jedenfalls findet Absatz 1 jedoch wegen eines sachlich fehlerhaften Antrages (2.a), der für den Kläger erkennbar war (2.b), nach Absatz 2 keine Anwendung.

1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (- 10 LC 148/12 -) ausgeführt, dass sich ein Betriebsinhaber nach Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht erfolgreich auf Vertrauensschutz berufen kann, „wenn eine Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch die Behörden des jeweiligen Mitgliedstaats bereits vor dem 1. Januar 2010 stattgefunden hat, die Überprüfung lediglich zu diesem Stichtag noch nicht mit dem Erlass eines entsprechenden Bescheides formal beendet wurde“ und der betroffene Betriebsinhaber auf die Absicht, die ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche aus diesem Grund zu ändern, bereits vor dem 1. Januar 2010 hingewiesen worden ist. In diesem Umfang sei eine telelogische Reduktion des Wortlauts geboten.

In dem folgenden Revisionsverfahren ist das Bundesverwaltungsgericht dieser Ansicht nicht gefolgt und hat eine so verstandene teleologische Reduktion für unzutreffend erachtet (Urt. v. 16.9.2015 - 3 C 11/14 -).

Den Senat überzeugen diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere auch in Hinblick auf das Verständnis der zur Auslegung des Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes nicht. Denn dieser hat in seinem Urteil vom 5. Juni 2014 (C-105/13) den Absatz 1 des Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gerade nicht wortgetreu als Stichtagsregelung verstanden, sondern bei einer auch noch nach dem Jahresende 2009 als Stichtag angestrebten Änderung der Zahlungsansprüche zu Gunsten des Betriebsinhabers für unanwendbar erklärt, d.h. den Anwendungsbereich der Norm also jedenfalls für diese Fallgestaltung entsprechend ihrem Zweck reduziert. Die nachfolgende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Juli 2015 (- C-684/13 -) betrifft hingegen eine auch hier in Rede stehende nachträgliche Änderung von Zahlungsansprüchen zu Lasten des Betriebsinhabers, auch wenn dies aus der deutschsprachigen Fassung der Ziffer 2  des Tenors dieses Urteils nicht hinreichend deutlich wird. Nach Satz 1 ist „Art. 137 der Verordnung Nr. 73/2009 dahin auszulegen, dass sich ein Betriebsinhaber, der vor dem 1. Januar 2010 davon unterrichtet wurde, dass ihm Zahlungsansprüche zu Unrecht zugewiesen worden sind, nicht auf diese Vorschrift berufen kann, um eine Berichtigung dieser Ansprüche zu erlangen.“ Wie sich aus dem Vergleich u.a. mit der englischsprachigen Fassung („regularised“), aber auch eindeutig aus den Gründen des Urteils ergibt, dürfte dabei das Wort „Berichtigung“ sinnentstellend falsch übersetzt worden sein, stattdessen müsste es richtig: „Bestätigung“ heißen. Denn der Betroffene wendet sich gerade gegen eine Herabsetzung der Zahl oder des Wertes seiner Zahlungsansprüche, die er abwenden will. Dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck eine „Berichtigung“ zu Gunsten des Betriebsinhabers nicht regelt, aber auch nicht ausschließt, hatte der Europäische Gerichtshof hingegen - wie dargelegt - schon in seinem vorhergehenden Urteil vom 5. Juni 2014 (C-105/13) entschieden (Rn. 52 ff.). Die so verstandene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 2. Juli 2015 bezieht sich damit dem Wortlaut nach auf die Auslegung des Art. 137 der genannten Verordnung insgesamt und nicht lediglich auf ihren Absatz 2 Halbsatz 2, ist aber jedenfalls nicht eindeutig im gegenteiligen Sinne zu verstehen; andernfalls hätte es ausgereicht, darauf zu verweisen, dass der „Fehler“ i. S. d. Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 für den Betriebsinhaber spätestens bis zum Jahresende 2009, insbesondere durch einen (zutreffenden) Hinweis der Bewilligungsbehörde auf den Fehler, erkennbar gewesen sein muss.

Mangels Entscheidungserheblichkeit lässt der Senat gleichwohl offen, ob demnach an der Ansicht aus dem Senatsurteil vom 17. Juni 2014 festgehalten wird, dass sich ein Betriebsinhaber nicht erfolgreich auf den Schutz des Art. 137 (Abs. 1) Verordnung (EG) Nr. 73/209 berufen kann, wenn er bereits vor dem 1. Januar 2010 (zutreffend) auf die zu seinen Gunsten fehlerhafte Festsetzung der ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche und weiterhin auf die Absicht der Bewilligungsbehörde hingewiesen worden ist, deshalb diese Zahlungsansprüche neu festzusetzen, d.h. herabzusetzen.

Diese Voraussetzungen für eine fehlende Anwendbarkeit des Absatzes 1 wären hier gegeben. Denn die Beklagte hatte bereits zum Jahresbeginn 2009 erkannt, dass der Kläger im Jahr 2002 die Futterfläche um 11,84 ha zu hoch angegeben hatte und dass deshalb nicht nur der Anspruch des Klägers auf die Rindersonderprämie für das Jahr 2002 zu kürzen war, sondern entsprechend auch der Zahlungsanspruch hinsichtlich des BIB, der 2005 auf der Basis der 2002 bewilligten Rindersonderprämie berechnet/festgesetzt worden war. Hierzu und weiter zu der Korrektur der Betriebsprämien ab dem Jahr 2005 - soweit damit die in Rede stehenden Zahlungsansprüche aktiviert worden sind -  ist der Kläger deshalb bereits mit Schreiben vom 24. April 2009 angehört worden. Dass diese Anhörung nicht ausdrücklich als eine solche zur Herabsetzung des Wertes der Zahlungsansprüche gekennzeichnet war, ist unerheblich. Denn aus dem Schreiben wurde jedenfalls in der Sache hinreichend deutlich, dass, aus welchem Grund und in welchem Umfang die Beklagte nachträglich die Festsetzung des BIB für das Jahr 2002 als rechtswidrig ansah und deshalb den Wert der dem Kläger zugewiesenen Zahlungsansprüche vermindern wollte. Für den Kläger als langjährigem hauptberuflichen Landwirt war klar, dass mit der angekündigten Kürzung des „Betriebsindividuellen Betrag, der 2005 auf der Basis von 2002 … ,“ eine Herabsetzung des hierauf beruhenden Wertes seiner Zahlungsansprüche gemeint war, zumal anders die zugleich angekündigte teilweise Rückzahlung der ihm ab dem Jahr 2005 gewährten Betriebsprämien nicht möglich ist.

2. Geht man jedoch mit dem Bundesverwaltungsgericht von der Anwendbarkeit des Art. 137 (Abs. 1) Verordnung (EG) Nr. 73/2009 auch unter den vorgenannten Voraussetzungen aus und bejaht man hier weiter die Voraussetzungen des dann wörtlich nur als Stichtagsregelung für den Erlass des Änderungsbescheides zu verstehenden Absatzes 1, weil die Beklagte ihren (zweiten) Neufestsetzungsbescheid erst im Oktober 2013 und damit nach dem Stichtag zum Jahresende 2009 erlassen hat, so steht einem dann nach diesem Absatz grundsätzlich schutzwürdigen Vertrauen des Klägers aber jedenfalls entgegen, dass dann (auch) der Ausschlusstatbestand des Absatzes 2 gegeben ist, weil dem Kläger der BIB 2002 „auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen“ wurde (2.a) und die Fehlerhaftigkeit des Antrages für den Kläger erkennbar war (2.b).

2.a) Mit den „sachlich fehlerhaften Anträgen“, auf die in Absatz 2 Bezug genommen wird, sind alle gemeint, auf deren „Grundlage“ die Festsetzung der Zahl und des Wertes der Zahlungsansprüche (jedenfalls des Jahres 2005) beruht, also nicht nur Fehler in dem Formular, mit dem im Jahr 2005 (im Bundesgebiet) die Zuteilung von Zahlungsansprüchen zu beantragen war. Dies folgt schon aus dem so lautenden Wortlaut der Norm, die weder eine Beschränkung auf den „Zahlungsantrag“ noch eine zeitliche Eingrenzung enthält; zudem wäre andernfalls die Verwendung des Plurals („Anträge“ statt „Antrag“) unverständlich. Der Sinn und Zweck der Regelung unterstreicht dieses Verständnis. Sie dient - wie dargelegt - dem Vertrauensschutz des Betriebsinhabers. Ein schutzwürdiges Vertrauen ist jedoch im Ausgangspunkt nicht zu bejahen, wenn die rechtswidrig zu hohe Festsetzung auf Fehler des Betriebsinhabers selbst zurückgeht. Es erschiene im Gegenteil sinnwidrig, in einem solchen Fall nicht nur die Korrektur für die Vergangenheit - d.h. die Jahre 2005 bis 2009 -, sondern auch für die Zukunft, d.h. ab dem Jahr 2010 auszuschließen, den Betroffenen also selbst bei vorsätzlichen Falschangaben davon noch zukünftig profitieren zu lassen.

Systematische Überlegungen stützen dieses Verständnis. Denn nach dem historischen Modell, von dem in Artikel 43 der grundlegenden Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ausgegangen wurde, bedurfte es gar keiner näheren Antragsangaben hinsichtlich der Zuweisung von Zahlungsansprüchen, da die dafür maßgebenden Direktzahlungen aus dem abgelaufenen Bezugszeitraum bekannt waren und „es Sache der Behörde war, die für die Zahlungsansprüche maßgeblichen Daten selbst zu ermitteln“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 - 3 C 16/13 - juris, Rn. 14). Art. 22 dieser Verordnung schrieb deshalb zwar einen jährlich zu stellenden Beihilfeantrag vor, nicht aber gemeinschaftsrechtlich zwingend einen solchen auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen; stattdessen wurde in Art. 34 Abs. 1 (c) dieser Verordnung den Mitgliedstaaten (bei dem historischen Modell) nur aufgegeben, den Betriebsinhabern ein Antragsformular zuzusenden, in dem die Zahl und die Werte der Zahlungsansprüche bereits (vorläufig) verzeichnet gewesen sind (vgl. ergänzend Art. 12 Verordnung (EG) Nr. 795/2004), d.h. weitere Einzelheiten zum Antragsinhalt auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung sind nicht gemeinschaftsrechtlich vorgegeben gewesen. Verstünde man die Vertrauensschutzregelung in Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nur als auf einen Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen bezogen, so würde er also in Ermangelung eines solchen detaillierten Antrages bei den Mitgliedstaaten, die ausschließlich dem historischen Modell gefolgt sind, ganz oder zumindest teilweise ins Leere gehen; das kann nicht angenommen werden, zumal andernfalls das Ausmaß des Vertrauensschutzes national unterschiedlich weit wäre.

Hieran anknüpfend ist also Bezugspunkt für die Feststellung, ob ein der Festsetzung des Zahlungsanspruchs zu Grunde liegender Antrag „fehlerhaft“ war, die Rechtslage unmittelbar hinsichtlich der Leistung, die damit beantragt worden ist - hier also u.a. für die Rindersonderprämie des Jahres 2002.

Dementsprechend wurde dem Kläger der streitige BIB-Wert seiner Zahlungsansprüche auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen, nämlich auf der Grundlage seiner Rindersonderprämienanträge hinsichtlich des Jahres 2002 i. V. m. der darin in Bezug genommenen Anlage 1 (GFN) zum Flächenantrag des Jahres 2002. Diese Anlage war fehlerhaft, weil darin - wie dargelegt - vom Kläger die Futterfläche um 11,84 ha zu hoch angegeben worden war.

Dass diese Angabe von der Beklagten bei der Erstfestsetzung der dem Kläger zugewiesenen Zahlungsansprüche (durch Bescheid vom 7. April 2006) inhaltlich irrtümlich aus dem damals noch bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 1. Juli 2003 übernommen worden war, ist unerheblich. Denn diese übernommene Festsetzung ist jedenfalls dann Gegenstand und nicht Maßstab der Korrektur nach Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009, wenn zwischenzeitlich - wie hier - auch die übernommene Festsetzung rückwirkend aufgehoben worden ist.

2.b) Dieser Fehler war für den Kläger auch i. S. d. Art. 137 Abs. 2 Halbsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erkennbar.

Wie sich bereits aus dem Wortlaut „erkennbar“ ergibt, muss der Betriebsinhaber den „Fehler“ nicht gesehen, also vorsätzlich gehandelt haben; ausreichend ist vielmehr, dass der Fehler für ihn bei der gebotenen Sorgfalt zu erkennen gewesen wäre. Bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs kann dem Kläger im Ausgangspunkt darin gefolgt werden, dass von einem durchschnittlichen Betriebsinhaber nicht die Lektüre und das Verständnis der gemeinschaftsrechtlichen Förderbestimmungen oder der dazu ergangenen Rechtsprechung erwartet werden kann, sondern auf die für ihn bestimmten Informationen abzustellen ist, d.h. insbesondere auf einzelfallbezogene oder allgemeine Angaben der für ihn zuständigen Förderbehörden, jedenfalls soweit diese Angaben mit der EG- bzw. nachfolgend der EU-Kommission abgestimmt sind und nicht eindeutig dem Wortlaut der maßgebenden gemeinschafts- bzw. unionsrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen (vgl. nochmals Senatsurt. v. 19.11.2013, a.a.O., juris, Rn. 45, sowie EuGH, Urt. v. 2.7.2015, a.a.O., Rn. 87, m. w. N.).

Auf welchen Zeitpunkt nach diesem Maßstab abzustellen ist, d.h. auf die Erkennbarkeit für den Betriebsinhaber im Zeitpunkt der Abgabe der falschen Erklärung - hier also im Jahr 2002 -, der Abgabe des Antrages auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen - hier also im Jahr 2005 - oder, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, auch auf spätere Zeitpunkte bis spätestens zum Jahresende 2009 als Stichtag, kann hier offen bleiben.

Denn der Fehler war für den Kläger aus den folgenden Gründen schon im Jahr 2002 erkennbar und diese Erkennbarkeit ist nicht nachträglich bis zum Jahresende 2009 als spätesten in Betracht kommenden Zeitpunkt wieder durch gegenteilige Hinweise entfallen.

Da der Fehler darin lag, dass der Kläger Flächen, die er nach seinen Angaben im Umfang von 11,84 ha mit Kartoffeln bestellt hat, statt mit der Nr. „619“ für sonstige Kartoffeln mit dem Nr. „412“ für Futterhackfrüchte codiert hat, ist zunächst einmal auf die Erläuterungen dieser Codierung in den Antragsformularen selbst abzustellen. Die Nr. 412 wurde nicht näher erläutert, dafür aber die Nr. 619. Darunter waren nach der Ausfüllanleitung „alle anderen Kartoffeln“ zu verstehen. Das schließt nach dem Wortlautverständnis neben den ausdrücklich genannten Stärkekartoffeln eben auch Kartoffeln ein, die teilweise (an Rinder) verfüttert werden sollten. Systematisch spricht dies daher gegen die Annahme, Kartoffeln seien - wie isoliert nach dem Wortlaut möglich - stattdessen allgemein oder unter bestimmten Umständen „Futterhackfrüchte“ i. S. d. der Codierung Nr. 412; andernfalls wäre auch die Zuordnung einerseits zum „Futterbau“ und andererseits zu den „sonstigen Fruchtarten“ wenig verständlich.

In dem vorhergehenden Verfahren hatte sich der Kläger darauf berufen, dass ihm gleichwohl von Beratern der Beklagten, bei deren Funktionsvorgängern die Flächenanträge u. a. im Jahr 2002 einzureichen waren, eine Codierung mit der Nr. 412 nahe gelegt worden sei. Diese Annahme hat sich nach der Anhörung von zwei Beratern als Zeugen aber gerade nicht bestätigt (vgl. das rechtskräftige Urteil des VG Osnabrück vom 12.9.2013 - 4 A 56/13 -). Insbesondere hat der Zeuge B. glaubhaft angegeben, mit dem Kläger im Mai 2004 - also ohnehin nicht bereits im Jahr 2002 - zwar über eine Codierung von Stärkekartoffeln als Futterhackfrüchte gesprochen, diese Frage aber als Problem erkannt und ihn deshalb entsprechend der Dienstanweisung an das AfA verwiesen zu haben. Außerdem hat der Zeuge darauf verwiesen, dass seines Wissens in den gesamten Jahren kein anderer Bullenzüchter Kartoffelfelder als Futterfläche codiert habe. Der zweite Berater, der Zeuge C., hat angegeben, dass der Kläger ihm die in Rede stehende Codierung als Futterfläche ggf. im Gespräch genannt habe, er, der Zeuge, ihm, dem Kläger, diese Codierung aber nicht empfohlen oder ihr zugestimmt, sondern den Kläger wahrscheinlich entsprechend der üblichen Praxis an die übergeordnete Stelle verwiesen habe.

Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist auch seine wegen fehlerhafter Beratung durch Mitarbeiter der Beklagten erhobene Schadenersatzklage inzwischen rechtskräftig abgewiesen worden. Damit spricht auch die einzelfallbezogene Beratung des Klägers durch die Beklagte nicht gegen eine Erkennbarkeit des Fehlers für den Kläger.

Wenn der Kläger - wie er vorträgt - insbesondere im Jahr 2002 von der Richtigkeit dieser Codierung ausgegangen wäre und nicht einmal ein Problembewusstsein gehabt hätte, so wäre zudem unverständlich, warum er sich dann bei unveränderter Sach- und Rechtslage insoweit im Jahr 2004 nochmals bzw. erstmals erkundigt haben soll. Der Kläger konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf keine klare Antwort geben.

Berücksichtigt man zusätzlich die allgemeine Auskunftslage, so spricht diese ebenfalls für die Annahme, der Kläger habe auch im Jahr 2002 erkennen können, dass Kartoffeln nicht zur Futterfläche zählen, zumindest hätte er diese Frage aber als Problem erkennen und verbindlich beantworten lassen müssen. Denn wenn Kartoffelfelder allgemein oder zumindest dann, wenn die Kartoffeln teilweise verfüttert werden (sollten), zur Futterfläche gehört hätten, so hätte auf diese Weise die Futterfläche, damit die Besatzdichte und damit - jedenfalls bei der weit verbreiteten grenzwertigen Flächenvergütbarkeit, wie im Falle des Klägers - die Höhe u.a. der Rindersonderprämie erheblich gesteigert werden können. Ein entsprechendes „Optimierungsmodell“ wäre dann von den Interessenverbänden empfohlen und nachfolgend praktiziert worden. Beides ist jedoch - soweit ersichtlich - nicht der Fall gewesen. Weder hat das Beispiel des Klägers „Schule gemacht“ noch sind entsprechende Empfehlungen ausgesprochen worden; allein am Mangel anderer interessierter Betriebsinhaber kann dies nicht gelegen haben.  Vielmehr wurde beispielhaft in der „top agrar 4/2002“ unter der Überschrift „Verschenken Sie keine einzige Rindersonderprämie“ ausdrücklich zur „Optimierung von Ausgleichszahlungen“ aufgerufen, und zwar gerade auch unter dem Gesichtspunkt, wie Mäster „weitere Hauptfutterfläche nachweisen können.“ Ein Hinweis auf die vermeintliche Möglichkeit, Kartoffelanbauflächen als Futterfläche zu deklarieren, findet sich darin aber gerade nicht.

Stattdessen wird darin allerdings auf den - auch vom Kläger in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellten - Gesichtspunkt hingewiesen, dass es damals entgegen der späteren, o.a. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom 1. März 2007 noch für zulässig erachtet worden ist, „den Aufwuchs von Hauptfutterflächen“ (jedenfalls teilweise) zu verkaufen. Insoweit musste der Kläger damals nicht „schlauer“ sein. Dies führt aber deshalb zu keiner abweichenden Bewertung, weil sich der Hinweis auf die Zulässigkeit des Verkaufs des Ertrages einer „Hauptfutterfläche“ gerade nicht auf alle in Betracht kommenden „Futterarten“ einschließlich der hier in Rede stehenden Kartoffeln, sondern auf Getreide bezog (vgl. bereits S. 5 des Senatsbeschl. v. 31.1.2014 - 10 LA 82/13 -). Wie ein Vergleich mit älteren Artikeln aus dieser Zeitschrift zeigt, erfolgte diese Beschränkung bewusst. So war bereits in der „top agrar 8/2001“ unter der Überschrift “Rinderprämien - Was die neuen Brüsseler Beschlüsse bedeuten“ ausgeführt worden, dass „Rinderhalter bis 2003 somit rechnerisch 137 DM pro ha verlieren … Das betrifft Betriebe mit voller Härte, die keine weiteren Futterflächen (Mais, Getreide, Grünland) ausweisen können.“ Damit übereinstimmend konnten nach Ziffer 7 der Hinweise zum Ausfüllen des Formulars für den Flächenantrag 2002 „neben Silomaisflächen auch andere Getreideflächen als Futterflächen ausgewiesen werden“. Aus dem vom Kläger vorgelegten Auszug aus einem Artikel des bei einer Funktionsvorgängerin der Beklagten tätigen Herrn Eilers ergibt sich für Kartoffeln nichts anderes. Danach galt zwar: „Der Verkauf des Aufwuchs von Futterflächen ist weiterhin möglich.“ Die Reichweite dieser Aussage wurde aber durch die folgende Erläuterung entscheidend eingeschränkt: „Diese Auslegung bedeutet, dass auch Getreide, Mais und Ölsaaten, sofern sie mit einem entsprechenden Kode in Spalte 16 eingetragen sind, als Futterfläche anerkannt werden können;“ ein Hinweis darauf, dass dies auch für Kartoffeln allgemein oder bestimmte Arten von Kartoffeln gelte, fehlte hingegen und drängte sich - wie dargelegt - nach der Systematik der Codierung nicht auf; anders als unter den Nummern 411, 415 bis 417 fehlte insoweit gerade für die Nummer 412 ein Hinweis darauf, dass es sich um eine auch anders verwendbare Frucht in ihrer Verwendung als Futterfrucht handele. Schließlich enthalten auch die vom Kläger in der Anlage seines Schriftsatzes vom 20. März 2017 nachgereichten Schreiben des Landvolkes Niedersachsen aus dem Jahr 2000 keinen Hinweis darauf, dass auch Kartoffelfelder zur Futterfläche gehören sollen.

Die Zulässigkeit einer Angabe und Codierung von Kartoffeln als „Futterhackfrüchte“ und damit der Anbaufelder als auf die Besatzdichte anrechenbare „Futterfläche“ hätte der Kläger daher vor der Antragstellung 2002 klären müssen. Dies ist jedoch - wie dargelegt - unterblieben. Als Inhaber eines großen Kartoffelanbaubetriebs musste dem Kläger auch klar sein, dass Kartoffeln im Jahr 2002 anders als Getreide gefördert wurden, d.h. Stärkekartoffeln gekoppelt und andere Kartoffeln nicht, und daher insoweit eine Gleichbehandlung mit dem grundsätzlich flächenbezogen geförderten Anbau von Getreide, Mais und Ölsaaten nicht gegeben war, d.h. die Rechtslage für diese Kulturarten nicht automatisch auf den Anbau von Kartoffeln übertragen werden konnte.

Anders ausgedrückt hätte man dem Kläger also im Jahr 2002 auf der Grundlage der genannten, teilweise mit der EG-Kommission abgestimmten Informationsquellen zwar nicht die Codierung etwa von Weizen oder Mais, d.h. Getreide, als Futterfläche als für ihn „erkennbaren“ Fehler vorwerfen können, wohl aber ist ihm die unterbliebene Klärung vorzuhalten, ob dies auch für alle oder bestimmte Arten von Kartoffeln galt.

Kein anderes Ergebnis ergibt sich im Übrigen, wenn man entgegen den vorherigen Ausführungen als Maßstab für die Erkennbarkeit des Fehlers nicht auf die unmittelbar an den Betriebsinhaber gerichteten Informationen, sondern schlicht auf den Wortlaut der Norm abstellt (vgl. im Grundsatz: EuGH, Urt. v. 2.7.2015, a.a.O., Rn. 86). Danach war zwar nicht eindeutig, dass Kartoffeln nach Art. 12 Abs. 2 b) Satz 2, 2. Spiegelstrich, 3. Alt Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 zum „Gartenbau“ und damit schon grundsätzlich nicht zur „Futterfläche“ gehören. Jedenfalls ergab sich aber - wie vom Verwaltungsgericht unter Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausgeführt - aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 b) Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 noch hinreichend deutlich, dass eine solche Fläche dann jedenfalls im gesamten Kalenderjahr ausschließlich als Futtergrundlage für die eigenen Tiere des Betriebsinhabers bestimmt sein musste, ein Verkauf des Ertrages zu anderen Zwecken also ausgeschlossen war.

Schließlich kann dem Kläger auch nicht in der Annahme gefolgt werden, er habe in dem GFN 2002 seine hier in Rede stehenden vier Schläge gar nicht - unterstellt zu Unrecht - zum Bestandteil der Futterfläche erklärt, sondern nur - tatsächlich zutreffend - angegeben, dort Kartoffeln anzubauen, die auch zu Futterzwecken bestimmt waren. Denn eine so lautende Erklärung hat der Kläger nicht abgegeben. Die stattdessen erfolgte Codierung mit der Nr. 412 führte vielmehr erkennbar und vom Kläger gewollt dazu, dass die nicht näher bezeichnete „Futterhackfrucht“ zur Futterfläche gerechnet wurde. Für die Bewilligungsbehörde war hingegen aus den Antragsangaben nicht zu erkennen, dass es sich bei der Futterhackfrucht um Kartoffeln handeln sollte; andernfalls wäre es vermutlich bereits im Jahr 2002 zu einer Klärung der Frage gekommen, ob auch Kartoffelanbaufelder zur Futterfläche zählen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.