Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.06.2014, Az.: 10 LC 148/12

Beschränkung von nach Art. 137 Abs. 1 VO 73/2009/EG den Betriebsinhabern zugewiesenen Zahlungsansprüchen nach Sinn und Zweck der Vorschrift

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.06.2014
Aktenzeichen
10 LC 148/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 21338
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0617.10LC148.12.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Reichweite des Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009, wonach Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem 01. Januar 2009 zugewiesen wurden, ab dem 01. Januar 2010 als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten, ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu beschränken.

Aus dem 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ergibt sich, dass Art. 137 Abs. 1 darauf abzielt, Betriebsinhaber zu schützen, die ohne eigenes Verschulden bzw. gutgläubig rechtsgrundlose Zahlungen erhalten haben und die sich auf schutzwürdiges Vertrauen berufen können. Daneben soll Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 im Interesse der Mitgliedstaaten langwierige Verwaltungsverfahren vermeiden.

Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht anwendbar, wenn die mit der Vorschrift verfolgten Ziele nicht erreicht werden.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 21. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung und Neufestsetzung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämienregelung.

Sie bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb in G. im Landkreis H.. Am 17. Mai 2005 stellte sie bei der Landwirtschaftskammer I. den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie den Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen. Unter Teil II. Ziffer 4.6 des Antragsformulars beantragte sie die Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen (BIB) aus der nationalen Reserve wegen Investitionen in Produktionskapazitäten oder Flächen, die bis zum 15. Mai 2004 begonnen wurden. Dazu reichte sie ebenfalls am 17. Mai 2005 den Vordruck J ("Antrag auf Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve") ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie gemäß einem genehmigten/angezeigten Bauplan bzw. einer Umnutzungsgenehmigung durch (Um-)Bau eines Stalles in die Rindersonderprämie investiert habe. Vor der Investition seien 65 Stallplätze für Bullen vorhanden gewesen, nach der Investition stünden 301 Stallplätze für Bullen zur Verfügung. Der Umfang der bis zum 17. Mai 2005 tatsächlich getätigten Investitionen belaufe sich auf 23.254,15 €. Sie werde eine nachträgliche Genehmigung für den Bullenmaststall beantragen.

Mit Schreiben vom 21. September 2005 bat die Landwirtschaftskammer I. die Klägerin um die Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere um eine Bestätigung des Landkreises H., dass die Baugenehmigung bis zum 15. Juli 2005 beantragt wurde. Am 10. Oktober 2005 übersandte die Klägerin die erbetenen Unterlagen mit dem Hinweis, dass die Investition für den Bullenstall am 15. Juli 2005 abgeschlossen gewesen sei. Beigefügt war ein Schreiben des Landkreises H. vom 14. Juli 2005, in dem dieser der Klägerin den Eingang des Antrags auf Genehmigung des Neubaus eines Bullenstalls nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bestätigt.

Unter dem 15. Dezember 2005 übersandte die Landwirtschaftskammer I. der Klägerin ein Informationsschreiben über den zu gewährenden betriebsindividuellen Betrag. Darin war ein zusätzlicher BIB aus der nationalen Reserve in Höhe von 17.546,76 € ausgewiesen. Die Landwirtschaftskammer I. legte der Berechnung des zusätzlichen BIB aus der nationalen Reserve statt der beantragten 301 Stallplätze lediglich "209 Plätze bzw. 50 % der Plätze für männliche Rinder und weibliches Jungvieh" zugrunde. Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 31. Januar 2006, dass die Berechnung des zusätzlichen BIB fehlerhaft sei. Es sei von einer größeren Kapazitätserhöhung auszugehen.

Mit Schreiben vom 22. März 2006 erinnerte die Beklagte, die mit Wirkung vom 01. Januar 2006 an die Stelle der Landwirtschaftskammer I. getreten ist, die Klägerin daran, dass die benötigte Negativbescheinigung des Landkreises H. noch nicht vorliege; diese Bescheinigung sei umgehend nachzureichen. Es handele sich hierbei um eine antragsbegründende Unterlage, ohne deren Vorlage bis zum 15. Mai 2006 der Antrag der Klägerin abgelehnt werden müsse. Die Klägerin teilte daraufhin unter dem 03. April 2006 mit, dass aus der beigefügten Bestätigung des Landkreises H. vom 03. April 2006 hervorgehe, dass eine Baugenehmigung vor dem 17. Mai 2005 und somit fristgerecht beantragt worden sei. In diesem Fall sei die entsprechende Baugenehmigung bis zum 15. Mai 2006 der Bewilligungsstelle vorzulegen. Aufgrund ihres Viehbestandes sei ein Baugenehmigungsverfahren nicht möglich. Es sei daher ein Antrag auf Genehmigung nach dem BImSchG für den Neubau eines Bullenstalles gestellt worden. Dieses Genehmigungsverfahren benötige einige Zeit. Ihr sei es deshalb nicht möglich, die entsprechende Genehmigung bis zum 15. Mai 2006 vorzulegen. Sie bitte daher um eine Fristverlängerung für die Vorlage der Genehmigung von drei Monaten.

Mit Bescheid vom 07. April 2006 setzte die Beklagte für die Klägerin Zahlungsansprüche fest. Dabei legte sie den betriebsindividuellen Betrag auf insgesamt 38.929,53 € fest. Sie wies der Klägerin einen durchschnittlichen BIB über die Referenzjahre in Höhe von 21.382,77 € und einen zusätzlichen BIB aus der nationalen Reserve in Höhe von 17.546,76 € (84,4 Einheiten Sonderprämie männliche Rinder à 210,00 € = 17.724,00 € abzüglich 1 % für die nationale Reserve) zu.

Daraufhin erhob die Klägerin am 05. Mai 2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stade (Az.: 6 A 1130/06). Sie begehrte einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag aus der nationalen Reserve in Höhe von weiteren 15.960,00 € (abzüglich 1 % für die nationale Reserve).

Im Laufe dieses Klageverfahrens teilte der Landkreis H. der Beklagten mit Schreiben vom 01. November 2006 Details zum Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG mit. Der Genehmigungsbescheid datiere vom 24. Oktober 2006. Er werde der Klägerin jedoch erst nach Zahlung der Gebühren ausgehändigt. Der genannte Genehmigungsbescheid enthält eine aufschiebende Bedingung; die Genehmigung wird erst wirksam, wenn die Abluftreinigungsanlage fertiggestellt und durch die zuständige Immissionsschutzbehörde abgenommen worden ist. Die Fertigstellung der Abluftreinigungsanlage - nicht jedoch die Abnahme - erfolgte im Sommer 2007.

Mit Schreiben vom 08. November 2006 hörte die Beklagte die Klägerin zu der Absicht an, den Antrag auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve vom 17. Mai 2005 abzulehnen, den Bescheid vom 07. April 2006 entsprechend zu ändern ("aufzuheben") sowie den Bescheid zur Betriebsprämienregelung vom 31. Mai 2006 teilweise aufzuheben und einen Betrag in Höhe von 17.546,76 € zurückzufordern. Die Baugenehmigung (richtig: Genehmigung nach dem BImSchG) liege nach wie vor nicht vor. Die nicht rechtzeitige Vorlage der Genehmigung habe die Klägerin zu vertreten.

Daraufhin übersandte die Klägerin der Beklagten mit Faxschreiben vom 16. November 2006 die Genehmigung nach dem BImSchG. Unter dem 11. Dezember 2006 nahm die Klägerin zu dem Anhörungsschreiben vom 08. November 2006 Stellung. Die nicht rechtzeitige Erteilung der Genehmigung nach dem BImSchG beruhe auf Umständen, die sie nicht zu vertreten habe. Mit Schreiben vom 04. April 2007 legitimierte sich der aktuelle Prozessbevollmächtigte der Klägerin und bat die Beklagte, den in Aussicht gestellten Aufhebungsbescheid noch zurückzustellen und Akteneinsicht zu gewähren. Diesem Wunsch kam die Beklagte nach. Die Klägerin nahm mit Scheiben vom 22. Juni 2007 Stellung und bat um Bestätigung, dass das Verfahren eingestellt werde. Gegebenenfalls werde um Mitteilung gebeten, welche Vorwürfe ihr gemacht würden. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 teilte die Bewilligungsstelle J. der Beklagen der Klägerin mit, dass sie das Verfahren nicht mehr gesondert weiterführe, sondern es zur weiteren Entscheidung, auch im Hinblick auf das laufende Klageverfahren (Az.: 6 A 1130/06), an die Rechtsabteilung der Beklagten abgegeben habe. Die zwischenzeitlich verwaltungsintern vorbereitete Neufestsetzung der Zahlungsansprüche erfolgte - zunächst - nicht.

Im Rahmen des Klageverfahrens (Az.: 6 A 1130/06) wies die Beklagte mit Schriftsätzen vom 04. und 11. Februar 2008 darauf hin, dass bei der Klagebearbeitung festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für die Zuweisung von höherwertigen Zahlungsansprüchen im Betrieb der Klägerin insgesamt nicht gegeben seien. Eine Rückführung der 84,4 Einheiten Rindersonderprämie werde geprüft. Die Klägerin erklärte ihrerseits mit Schriftsatz vom 11. Februar 2008 gegenüber dem Gericht, dass die Beklagte ihr außergerichtlich mitgeteilt habe, den hier in Rede stehenden Bescheid dahingehend zu ändern, dass die zusätzlich bewilligten Einheiten aus der nationalen Reserve zurückgenommen werden. Dieses außergerichtliche Verfahren ruhe zurzeit.

Mit Urteil vom 12. Februar 2008 (Az.: 6 A 1130/06) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stade die Beklagte, der Klägerin einen weiteren zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag aus der nationalen Reserve in Höhe von 7.654,50 € (abzüglich 1 %) zu gewähren und die Zahlungsansprüche der Klägerin entsprechend zu erhöhen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Auf den Antrag der Beklagten ließ der Senat die Berufung durch Beschluss vom 15. Mai 2009 zu (Az.: 10 LA 151/08). Mit Urteil vom 18. Januar 2011 (Az.: 10 LB 70/09) änderte der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Klage insgesamt ab. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für die Gewährung eines BIB aus der nationalen Reserve wegen einer Investition lägen schon dem Grunde nach nicht vor. Nach § 15 Abs. 4a Satz 2 der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV -) sei die beantragte Genehmigung bis zum 15. Mai 2006 nachzuweisen gewesen. Eine Ausnahme gelte nur für den Fall, dass die Klägerin die nicht rechtzeitige Vorlage der Genehmigung nicht zu vertreten habe. Sämtliche schuldhaften Verzögerungen des Genehmigungsverfahrens seien anspruchsschädlich. Bislang sei keine wirksame Genehmigung erteilt worden. Die aufschiebende Bedingung der Genehmigung sei noch nicht eingetreten; es sei keine Abnahme der Abluftreinigungsanlage erfolgt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die fehlende Abnahme der Abluftreinigungsanlage und damit das Nichterteilen einer Genehmigung nicht zu vertreten habe. Mit Erhalt des Anhörungsschreibens der Beklagten vom 08. November 2006 seien der Klägerin die Anforderungen des § 15 BetrPrämDurchfV bekannt gewesen. Seither habe sie gewusst, dass die Beklagte den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach bestreite. Daran ändere auch nichts, dass die Beklagte die Klägerin nicht auf den fehlenden Nachweis des Bedingungseintritts hingewiesen habe. Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 08. Dezember 2011 zurück (Az.: 3 B 39/11).

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 hörte die Beklagte die Klägerin (erneut) zu der beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Zuweisung eines BIB aus der nationalen Reserve, zur teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 07. April 2006 sowie zur teilweisen Aufhebung und Rückforderung der Betriebsprämienbescheide 2005 bis 2011 an. Sie verwies auf das Urteil des Senats vom 18. Januar 2011 und auf die eigene Anhörung vom 08. November 2006.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2012 setzte die Beklagte die Zahlungsansprüche der Klägerin neu fest. Sie hob den Festsetzungsbescheid vom 07. April 2006 auf und ersetzte ihn durch diesen Bescheid. Sie lehnte den Antrag der Klägerin auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve ab und setzte den BIB aus der nationalen Reserve auf 0,00 € fest. Die entsprechenden Voraussetzungen lägen bereits dem Grunde nach nicht vor.

Die Klägerin hat am 26. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen: Der Bescheid vom 27. Februar 2012 sei rechtswidrig. Die Beklagte habe Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht beachtet, wonach die Zahlungsansprüche ab dem 01. Januar 2010 als rechtmäßig gelten würden. Die Beklagte sei der Auffassung, dass die Regelung nicht einschlägig sei, da es sich nicht um rechtskräftig zugewiesene Zahlungsansprüche handle. Diese Auffassung sei verfehlt. Im Vorgängerverfahren habe sie den Bescheid vom 07. April 2006 nur angefochten, soweit darin die Zuweisung von (weiteren) BIB aus der nationalen Reserve abgelehnt worden sei. Im Übrigen sei der Bescheid bestandskräftig geworden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte über ihren Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen entschieden habe, hätten ihr alle Unterlagen vorgelegen, die aus ihrer Sicht für die Entscheidung über den Antrag erforderlich gewesen seien. Sie sei von der Beklagten nach Erlass des Bescheides vom 07. April 2006 nicht aufgefordert worden, noch weitere Unterlagen beizubringen. Die Voraussetzungen des Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 lägen hier nicht vor. Sie habe keine falschen Angaben gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2012 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Die zugewiesenen Zahlungsansprüche seien mit den BIB als eine Einheit zu verstehen. Die Festsetzung der Zahlungsansprüche sei mit der Klage vom Mai 2006 angegriffen worden. Eine rechtskräftige Entscheidung über den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen und über den Antrag auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve sei daher noch nicht erfolgt. Der Vertrauensschutz nach Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 sei nicht einschlägig, da es sich nicht um rechtskräftig zugewiesene Zahlungsansprüche handele. Ein Irrtum habe - sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite - im Rahmen der Erstzuteilung der Zahlungsansprüche nicht vorgelegen. Vielmehr habe die Klägerin zur Antragstellung 2005 ganz bewusst angegeben, in die Erhöhung von Produktionskapazitäten investiert zu haben und die Nachweise beizubringen. Sie, die Beklagte, sei zum damaligen Zeitpunkt noch von einer fristgerechten Nachreichung der erforderlichen Unterlagen ausgegangen. Diese lägen jedoch bis heute nicht vor. Zudem sei der Antrag vom 17. Mai 2005 sachlich fehlerhaft gewesen. Die Klägerin habe den Hinweis auf die Vorlage der baulichen Anzeige bzw. Genehmigung unterschrieben, sei dem aber bis heute nicht nachgekommen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. November 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz - MOG -) lägen vor. Der Festsetzungsbescheid vom 07. April 2006 sei rechtswidrig, soweit darin der Klägerin ein BIB aus der nationalen Reserve im Umfang von 17.546,76 € zugewiesen worden sei. Der (teilweisen) Aufhebung stehe die Vorschrift des Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht entgegen. Danach würden Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem 01. Januar 2009 zugewiesen wurden, ab dem 01. Januar 2010 als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten. Die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 07. April 2006 festgesetzten Zahlungsansprüche werde nicht fingiert. Wie aus dem Erwägungsgrund 49 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 deutlich werde, solle die Vorschrift nicht lediglich dem Vertrauensschutz der betroffenen Bürger, sondern auch der Verwaltungsvereinfachung dienen. Die Behörden der Mitgliedsstaaten sollten nicht mehr gezwungen sein, komplizierte Verfahren erstmals umfänglich in Bezug auf eine Rückabwicklung zu bearbeiten. Wenn jedoch die Behörden der Mitgliedsstaaten den Sachverhalt bereits im Verwaltungsverfahren, das zu einer Neufestsetzung geführt habe und vor dem 31. Dezember 2009 abgeschlossen worden sei, überprüft hätten, greife diese Erwägung nicht. Eine vergleichbare Fallgestaltung liege hier vor. Die Beklagte habe der Klägerin in dem Anhörungsschreiben vom 08. November 2006 mitgeteilt, dass sie erwäge, den Antrag der Klägerin vom 17. Mai 2005 abzulehnen und den Bescheid vom 07. April 2006 entsprechend zu ändern, da die in Aussicht gestellte Genehmigung nach wie vor nicht vorliege. Die Beklagte stütze den streitgegenständlichen Bescheid auf damit zusammenhängende Gründe. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei bereits vor dem 01. Januar 2010 geklärt gewesen. Auch im Hinblick auf den Schutz der Betriebsinhaber sei eine Anwendung der Vorschrift in solchen Fällen nicht von ihrem aus dem Erwägungsgrund erkennbaren Zweck gedeckt. Die Vorschrift solle ein entstandenes Vertrauen des Betriebsinhabers schützen, nicht mehr wegen weit zurückliegender Sachverhalte mit Rückforderungen rechnen zu müssen. Die Klägerin habe seit dem Anhörungsschreiben vom 08. November 2006 nicht darauf vertrauen können, dass ihr die Zahlungsansprüche mit dem im Bescheid vom 07. April 2006 zugewiesenen Wert zustünden. Sie selbst habe mit Schreiben vom 04. April 2007 darum gebeten, den in Aussicht gestellten Aufhebungsbescheid zunächst zurückzustellen. Noch im Schriftsatz vom 11. Februar 2008 an das Verwaltungsgericht habe die Klägerin auf dieses außergerichtliche "Ruhen" hingewiesen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin sei daher bis zum 01. Januar 2010 nicht entstanden. Zudem sei der Antrag der Klägerin vom 17. Mai 2005 sachlich fehlerhaft im Sinne des Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009. Die Klägerin habe in dem von ihr ausgefüllten Vordruck J erklärt, dass sie die erforderliche Genehmigung beantragt habe und sie innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4a Satz 2 BetrPrämDurchfV nachreiche. Dies habe sie aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht getan. Dies wirke auf die Antragstellung zurück und mache sie fehlerhaft. Dies sei für die Klägerin erkennbar gewesen.

Nach Zustellung des Urteils am 03. Dezember 2012 hat die Klägerin am 12. Dezember 2012 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Der Wortlaut des Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 sei eindeutig. Ausnahmen seien nur in Absatz 2 der Vorschrift normiert. Dem Verordnungsgeber sei bewusst gewesen, dass am 01. Januar 2009 Verfahren bereits eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Er habe diesbezüglich aber bewusst keine Ausnahmeregelung aufgenommen. Vielmehr sollten langwierige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vermieden werden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Vertrauensschutz gingen an dem Regelungscharakter der Vorschrift vorbei. Es handele sich nicht um eine Regelung, die im Interesse des Bürgers Vertrauensschutz gewähren wolle. Vielmehr wolle der Verordnungsgeber Rechtssicherheit schaffen; dies gelte insbesondere vor der weitreichenden Regelung in Art. 81 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009. Im Übrigen habe sie, die Klägerin, aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 12. Februar 2008 darauf vertrauen dürfen, dass sie die erteilte Baugenehmigung rechtzeitig im Sinne des Gesetzes vorgelegt habe; das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei erst am 18. Januar 2011 ergangen. Zudem sei die im Anhörungsschreiben vom 08. November 2006 genannte Begründung nicht entscheidend für das Urteil des Oberverwaltungsgerichts gewesen. Vielmehr habe dieses darauf abgestellt, dass die Baugenehmigung mit einer aufschiebenden Bedingung versehen gewesen sei, die noch nicht eingetreten war. Ihr könne auch nicht entgegengehalten werden, dass sie selbst das Ruhen des Verfahrens beantragt habe. Das Verfahren sei von der Beklagten nicht mehr weiterbetrieben worden. Schließlich habe sie keine sachlich fehlerhaften Angaben im Sinne des Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gemacht. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2005 habe die Baugenehmigung nicht vorgelegen; der Antrag sei im Hinblick auf diesen Punkt nicht fehlerhaft gewesen. Bei der Frage, ob sie die erteilte Baugenehmigung unverzüglich vorgelegt habe, handele es sich um eine Wertung, die von der Beklagten vorzunehmen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 21. November 2012 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Verwaltungsgerichts Stade vom 21. November 2012 und macht sich diese zu Eigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zu Recht hat die Beklagte den Bescheid vom 07. April 2006 aufgehoben und die Zahlungsansprüche neu festgesetzt. Im Rahmen der Neufestsetzung hat sie zu Recht den Antrag der Klägerin auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve abgelehnt und den BIB aus der nationalen Reserve auf 0,00 € festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheids vom 07. April 2006 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz - MOG -) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sind anzuwenden.

1.

Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist erfüllt.

Die der Klägerin zugeteilten und mit dem streitgegenständlichen Bescheid (teilweise) wieder entzogenen Zahlungsansprüche unterfallen als Direktzahlungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Zu den Direktzahlungen gehört die einheitliche Betriebsprämie nach Titel III der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 270, S. 1). Zahlungsansprüche sind Teil der Betriebsprämienregelungen nach Titel III Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 [vgl. Urteil des Senats vom 20.12.2011 - 10 LC 174/09 -, DVBl 2012, 647 (Leitsatz) = juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 16.02.2009 - 19 B 08.2522 -, RdL 2010, 133 = BayVBl 2010, 411].

§ 10 MOG geht den Regelungen über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender bzw. den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte in § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG vor. Denn nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG und § 1 Abs. 1 VwVfG gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nur in dem Umfang für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes oder des Bundes eine inhaltsgleiche oder eine entgegenstehende Regelung enthalten. Eine solche Regelung ist in § 10 Abs. 1 und 2 MOG zu sehen (vgl. Urteil des Senats vom 20.12.2011, a. a. O.).

Das Unionsrecht hindert die Anwendung des § 10 MOG nicht. Denn es weist im gegenwärtigen Stand keine Rechtsvorschriften auf, welche die Befugnis der Behörde dem Beihilfeempfänger gegenüber regeln, in der Durchführung des Gemeinschaftsrechts gewährte Prämien und Beihilfen zu widerrufen oder zurückzunehmen [vgl. EuGH, Urteile vom 19.09.2002 - C-336/00 (Huber) -, Slg. 2002, I-7699; vom 13.03.2008 - C-383/06 (Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening) -, Slg. 2008, S. I-1561; und vom 15.01.2009 - C-281/07 (Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank) -, Slg. 2009, S. I-91; BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 3 C 22/02 -, RdL 2004, 132 = NVwZ-RR 2004, 413 = AUR 2004, 263 [BVerwG 10.12.2003 - 3 C 22.02]]. Dies gilt auch für die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und die hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. L 141, S. 1) und (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. L 141, S. 18) sowie die Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 30, S. 16) und die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen (EG) Nr. 1121/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 (ABl. L 316, S. 27) und (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 (ABl. L 316, S. 65). Zwar regelt Art. 73a Abs. 1 UAbs. 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 Abs. 1 UAbs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009, dass der Betriebsinhaber die zu Unrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche an die nationale Reserve zurückgeben muss, wenn nach der Zuweisung von Zahlungsansprüchen festgestellt wird, dass bestimmte Zahlungsansprüche zu Unrecht zugewiesen wurden. Gemäß Art. 73a Abs. 1 UAbs. 3 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 Abs. 1 UAbs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 gelten die zu Unrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche als von Anfang an nicht zugewiesen. Die Befugnis der nationalen Behörden, einen Bescheid über die Zuweisung von Zahlungsansprüchen aufzuheben, ergibt sich aus den genannten Bestimmungen jedoch nicht (vgl. Urteil des Senats vom 20.12.2011, a. a. O.).

2.

Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG liegen vor.

Der Bescheid der Beklagten vom 07. April 2006, mit dem für die Klägerin Zahlungsansprüche festgesetzt worden sind, ist rechtswidrig, soweit darin der Klägerin ein BIB aus der nationalen Reserve in Höhe von 17.546,76 € zugewiesen worden ist. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 18. Januar 2011 (Az.: 10 LB 70/09) entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines BIB aus der nationalen Reserve wegen einer Investition i.S.d. Art. 21 Verordnung (EG) Nr. 795/2004 schon dem Grunde nach nicht vorliegen. Auf die Ausführungen in diesem Urteil wird Bezug genommen. Die dagegen erhobene Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08. Dezember 2011 (Az.: 3 B 39/11) zurückgewiesen; damit ist das Urteil des Senats rechtskräftig geworden.

Der Annahme, der Bescheid der Beklagten vom 07. April 2006 sei hinsichtlich des BIB rechtswidrig, steht die Vorschrift des Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 nicht entgegen. Die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 07. April 2006 festgesetzten Zahlungsansprüche wird nicht gemäß Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 fingiert. Danach gelten Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem 01. Januar 2009 zugewiesen wurden, ab dem 01. Januar 2010 als rechtmäßig und ordnungsgemäß. Absatz 1 findet gemäß Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 keine Anwendung auf Zahlungsansprüche, die Betriebsinhabern auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen wurden; hiervon ausgenommen sind Fälle, in denen der Fehler für den Betriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war.

Nach seinem Wortlaut konkretisiert Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 das Prinzip der Rechtssicherheit für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen umfassend. Dem würde es entsprechen, den 01. Januar 2010 als letzten möglichen Zeitpunkt für eine Korrektur zu verstehen [vgl. EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin vom 06.02.2014 - C-105/12 (Vonk Noordegraaf) -, curia.europa.eu]. Danach stünde Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 - dessen Anwendbarkeit hier nicht nach Art. 137 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ausgeschlossen ist - vorliegend einer Aufhebung und Neufestsetzung der mit Bescheid vom 07. April 2006 zugewiesenen Zahlungsansprüche entgegen. Die Zahlungsansprüche wurden der Klägerin vor dem 01. Januar 2009 zugewiesen. Die Aufhebung und Neufestsetzung der Zahlungsansprüche ist erst mit Bescheid vom 27. Februar 2012, d.h. nach dem 01. Januar 2010 erfolgt.

Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Reichweite der durch Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 begründeten Rechtssicherheit jedoch zu beschränken. Der 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 hält zur Intention der Vorschrift Folgendes fest: "Bei der ursprünglichen Zuteilung der Zahlungsansprüche durch die Mitgliedstaaten haben einige Irrtümer zu besonders hohen Zahlungen für manche Betriebsinhaber geführt. Diese Nichteinhaltung der Vorschriften ist normalerweise Gegenstand einer finanziellen Berichtigung, bis Abhilfemaßnahmen getroffen werden. Die erforderlichen Abhilfemaßnahmen würden jedoch in Anbetracht der Zeit, die seit der ersten Zuteilung der Zahlungsansprüche vergangen ist, zu unverhältnismäßigen rechtlichen und administrativen Zwängen für die Mitgliedstaaten führen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte daher die Gewährung dieser Zahlungen ordnungsgemäß geregelt werden."

Nach dem 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zielt Art. 137 Abs. 1 nur darauf ab, den Bestand ganz bestimmter Zuweisungen abzusichern. Diese Bestimmung wurde danach eingeführt, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, auf die Rückforderung bestimmter besonders hoher Zahlungen zu verzichten, die irrtümlich erfolgten (vgl. EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin vom 06.02.2014, a. a. O.). Im Kern ist Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 somit nur anwendbar, wenn die ursprüngliche Zuteilung der Zahlungsansprüche auf einem Irrtum beruhte. Der Begriff des Irrtums findet sich in Art. 19 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 21 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 wieder und ist in diesem Zusammenhang entsprechend zu verstehen. Danach enthält der Irrtumsbegriff eine objektive Komponente, die in der Abweichung des irrtümlich "Falschen" (einschließlich des Unvollständigen) von einem "Richtigen" besteht, und eine subjektive Komponente, die sich auf die Kenntnis und die Vorwerfbarkeit dieser Abweichung bezieht. Der genannten subjektiven Komponente ist das Erfordernis der "Gutgläubigkeit" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 15/08 -, RdL 2010, 162 = NL-BzAR 2009, 481, und vom 27.09.2012 - 3 C 19/11 -, RdL 2013, 226; Beschluss vom 03.09.2012 - 3 B 9/12 -, juris) zuzuordnen. Gutgläubigkeit verlangt Redlichkeit. In Bezug auf das Antragsverfahren auf Agrarförderung handelt nur derjenige Antragsteller redlich, der die mit dem Antragsverfahren verbundenen Pflichten erfüllt. Nach den Regelungen zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem im Bereich der Agrarförderung gehört es zu den Pflichten eines Beihilfeempfängers, aktiv an der korrekten Durchführung der Verfahren mitzuwirken und dafür zu sorgen, dass die von ihm beizubringenden Informationen von vornherein vollständig und richtig sind [vgl. EuGH, Urteile vom 16.05.2002 - C-63/00 (Schilling und Nehring) -, Slg. 2002, S. I-4483; vom 28.11.2002 - C-417/00 (Agrargenossenschaft Pretzsch) -, Slg. 2002, S. I-11053; und vom 04.10.2007 - C-375/05 (Geuting) -, Slg. 2007, S. I-7983].

Vorliegend beruhte die zugunsten der Klägerin erfolgte Festsetzung der Zahlungsansprüche nicht auf einem Irrtum. Zunächst liegt auf Seiten der Beklagten kein Irrtum vor. Die zu Unrecht erfolgte Gewährung eines BIB aus der nationalen Reserve wegen Investitionen i.S.d. Art. 21 Verordnung (EG) Nr. 795/2004 beruht nicht auf einem Versehen der Beklagten, sondern auf den Antragsangaben der Klägerin. Die Umstände, die zur zu Unrecht erfolgten Gewährung eines BIB aus der nationalen Reserve an die Klägerin geführt haben, sind damit nicht der Beklagten, sondern der Sphäre der Klägerin zuzuordnen (vgl. Beschluss des Senats vom 20.12.2012 - 10 LB 191/11 -, RdL 2013, 170 = AUR 2013, 112 [OVG Niedersachsen 20.12.2012 - 10 LB 191/11]). Auf Seiten der Klägerin scheitert die Annahme eines Irrtums jedenfalls an der fehlenden Gutgläubigkeit. Denn sie hat die mit dem Antragsverfahren verbundenen Pflichten nicht erfüllt und damit nicht redlich gehandelt. Nach § 15 Abs. 4a Satz 2 BetrPrämDurchfV hatte die Klägerin die beantragte Genehmigung des Neubaus eines Bullenstalls bis zum 15. Mai 2006 nachzuweisen. Dies ist - entgegen der Angaben der Klägerin bei der Antragstellung - nicht geschehen. Die Klägerin hat auch nicht nachgewiesen, dass sie die fehlende Abnahme der Abluftreinigungsanlage und damit das Nichterteilen einer Genehmigung nicht zu vertreten hatte. Die Klägerin ist damit ihren Pflichten aus dem Antragsverfahren nicht nachgekommen.

Diese Zielrichtung zeigt sich auch in dem bereits angesprochenen Absatz 2 des Art. 137 Verordnung (EG) Nr. 73/2009. Diese Bestimmung beschränkt die Reichweite der durch Absatz 1 begründeten Rechtssicherheit, indem sie eine Anwendung auf Betriebsinhaber ausschließt, die für Fehler bei der Berechnung der Zahlungsansprüche verantwortlich sind. Das Ziel von Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 besteht also darin, aus Gründen, die mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zusammenhängen, Betriebsinhaber zu schützen, die ohne eigenes Verschulden bzw. gutgläubig rechtsgrundlose Zahlungen erhalten haben [vgl. EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-105/12 (Vonk Noordegraaf) -, curia.europa.eu; EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin vom 06.02.2014, a. a. O.]. Die Klägerin ist - wie oben dargelegt - nicht ohne eigenes Verschulden bzw. gutgläubig in den Genuss überhöhter Zahlungsansprüche gekommen, so dass sie nicht schutzwürdig ist. Sie hat die ihr obliegenden Pflichten aus § 15 Abs. 4a Satz 1 BetrPrämDurchfV nicht erfüllt und auch nicht nachgewiesen, dass sie das Nichterteilen einer Genehmigung nicht zu vertreten hatte.

Für eine Beschränkung der Reichweite und des Anwendungsbereichs des Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 streitet zudem das im 49. Erwägungsgrund der Verordnung genannte "Interesse der Rechtssicherheit" (vgl. EuGH, Urteil vom 05.06.2014, a. a. O.). Die Rechtssicherheit zählt zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinizips. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz (vgl. zum deutschen Recht: BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261 = DÖV 1962, 220; BVerwG, Urteile vom 30.08.2012 - 4 C 1/11 -, BVerwGE 144, 82 = NVwZ 2013, 304 = RdL 2013, 91; und vom 16.05.2007 - 6 C 24/06 -, NVwZ 2007, 1201 = GewArch 2007, 485).

Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie konnte bis zum Erlass des hier streitgegenständlichen Bescheides vom 27. Februar 2012 nicht darauf vertrauen, dass ihr die Zahlungsansprüche mit dem im Bescheid vom 07. April 2006 zugewiesenen Wert zustehen. Schon mit Schreiben vom 08. November 2006 hat die Beklagte die Klägerin zu der Absicht angehört, den Antrag auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve vom 17. Mai 2005 abzulehnen und den Bescheid vom 07. April 2006 entsprechend zu ändern ("aufzuheben"). Ab diesem Zeitpunkt wusste die Klägerin, dass eine Neufestsetzung der Zahlungsansprüche beabsichtigt war. Der Umstand, dass eine Neufestsetzung der Zahlungsansprüche nicht zeitnah zur Anhörung vom November 2006 erfolgt ist, vermag nichts daran zu ändern, dass die Klägerin nicht schutzwürdig ist. Denn ihr musste auch in der Folgezeit bewusst sein, dass eine Neufestsetzung der Zahlungsansprüche weiterhin im Raum stand, jedoch zunächst mit Blick auf das laufende Klageverfahren betreffend die Gewährung eines weiteren zusätzlichen betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve zurückgestellt worden war. So hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 mitgeteilt, dass sie das Verfahren zur weiteren Entscheidung, auch im Hinblick auf das laufende Klageverfahren, an die Rechtsabteilung abgegeben habe. Mit Schriftsätzen vom 04. und 11. Februar 2008 hat die Beklagte im Rahmen des genannten Klageverfahrens (Az.: 6 A 1130/06) darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Klagebearbeitung festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für die Zuweisung von höherwertigen Zahlungsansprüchen im Betrieb der Klägerin insgesamt nicht gegeben seien. Eine Rückführung der 84,4 Einheiten Rindersonderprämie werde geprüft. Die Klägerin hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 11. Februar 2008 gegenüber dem Gericht erklärt, dass die Beklagte ihr außergerichtlich mitgeteilt habe, den dort in Rede stehenden Bescheid dahingehend zu ändern, dass die zusätzlich bewilligten Einheiten aus der nationalen Reserve zurückgenommen werden. Dieses außergerichtliche Verfahren ruhe zurzeit. Das Klageverfahren betreffend die Gewährung eines weiteren zusätzlichen betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve, das für die hier streitige Entscheidung der Beklagten vorgreiflich war, ist erst mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 08. Dezember 2011 endgültig beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt wusste die Klägerin dann auch positiv, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve wegen einer Investition i.S.d. Art. 21 Verordnung (EG) Nr. 795/2004 schon dem Grunde nach nicht vorliegen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin konnte daher nicht entstehen.

Daneben spricht das mit Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 angestrebte Ziel der Verwaltungsvereinfachung dafür, die Reichweite der durch diese Vorschrift begründeten Rechtssicherheit - in zeitlicher Hinsicht - zu beschränken. Nach dem 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zielt Art. 137 Abs. 1 darauf ab, unverhältnismäßige rechtliche und administrative Zwänge für die Mitgliedstaaten zu verhindern, die in Anbetracht der Zeit, die seit der ersten Zuteilung der Zahlungsansprüche vergangen ist, bei den erforderlichen Abhilfemaßnahmen entstehen würden. Es sollen im Interesse der Mitgliedstaaten langwierige Verwaltungsverfahren vermieden werden. Aus diesem Grund wurde für Zahlungsansprüche ab dem 01. Januar 2010 eine Rechtmäßigkeitsfiktion eingeführt. Dem Sinn und Zweck der Verwaltungsvereinfachung wird jedoch dann nicht entsprochen, wenn eine Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch die Behörden des jeweiligen Mitgliedstaats bereits vor dem 01. Januar 2010 stattgefunden hat und die Überprüfung lediglich zu diesem Stichtag noch nicht mit dem Erlass eines entsprechenden Bescheides formal beendet wurde. Denn in einem solchen Fall wird ein Verwaltungsaufwand nicht vermieden, sondern wird im Gegenteil sinnlos, wenn eine Korrektur nach dem 01. Januar 2010 nicht mehr möglich wäre. In zeitlicher Hinsicht muss somit das Verwaltungsverfahren zur Neufestsetzung der Zahlungsansprüche als Ganzes und nicht lediglich sein Endpunkt, d.h. der Erlass des entsprechenden Bescheides, in den Blick genommen werden.

Vorliegend hat die Beklagte die Aufhebung und Neufestsetzung der Zahlungsansprüche zwar erst mit Bescheid vom 27. Februar 2012 vorgenommen. Der Fehler bei der Zuweisung der Zahlungsansprüche ist jedoch schon im November 2006 offenbar geworden, als die Beklagte nähere Informationen zu dem Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG und dem Inhalt des Genehmigungsbescheides vom 24. Oktober 2006 erhalten hat. Diese Informationen haben zu der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte geführt. Schon mit Schreiben vom 08. November 2006 hat die Beklagte die Klägerin zu ihrer Absicht angehört, den Antrag auf Zuweisung von BIB aus der nationalen Reserve vom 17. Mai 2005 abzulehnen und den Bescheid vom 07. April 2006 entsprechend zu ändern. In der Folgezeit stellte die Beklagte die - ausweislich der Verwaltungsvorgänge bereits im Sommer 2007 verwaltungsintern vorbereitete - Neufestsetzung der Zahlungsansprüche mit Blick auf das laufende Klageverfahren der Klägerin betreffend die Gewährung eines weiteren zusätzlichen betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve zurück. Bereits zu diesem Zeitpunkt, d.h. im Sommer 2007 und damit deutlich vor dem 01. Januar 2010, war jedoch die Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch die Beklagte abgeschlossen, d.h. der Verwaltungsaufwand entstanden. Es hätte schon zu diesem Zeitpunkt die - verwaltungsintern vorbereitete - Neufestsetzung der Zahlungsansprüche erfolgen können. Es wurde lediglich aus prozessökonomischen Gründen das laufende Klageverfahren abgewartet. Dieses ist endgültig erst mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 08. Dezember 2011 beendet worden. Unmittelbar danach hat die Beklagte die Klägerin erneut zur Neufestsetzung der Zahlungsansprüche angehört und sodann mit Bescheid vom 27. Februar 2012 umgesetzt. Vor diesem zeitlichen Hintergrund, wonach die eigentliche Arbeit der Behörde, d.h. der Verwaltungsaufwand, schon vor dem 01. Januar 2010 entstanden und lediglich die endgültige Entscheidung zurückgestellt worden ist, entspricht es nicht dem Sinn und Zweck der Verwaltungsvereinfachung, eine Neufestsetzung der Zahlungsansprüche nunmehr nicht mehr zuzulassen.

3.

Auf der Rechtsfolgenseite räumt § 10 Abs. 1 MOG der Behörde kein Ermessen ein. Der Kläger kann sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der Verweis des § 10 Abs. 1 MOG auf § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG, nach dem grundsätzlich zu prüfen ist, inwieweit einer Rücknahme ein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen entgegensteht, findet keine Anwendung. Die EU-Kommission hat mit den Art. 73 und 73a Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 80 und 81 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 eigene abschließende Vertrauensschutzregelungen getroffen hat, die dem nationalen Recht vorgehen. Für die Rückabwicklung zu Unrecht zugewiesener Zahlungsansprüche hat der Verordnungsgeber in Art. 73a Verordnung (EG) Nr. 796/2004 bzw. Art. 81 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 eine eigenständige, auf die Besonderheiten der Zahlungsansprüche zugeschnittene Regelung getroffen. Nach dem Absatz 1 der jeweiligen Vorschrift muss der Betriebsinhaber die zu Unrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche an die nationale Reserve zurückgeben, wenn nach der Zuweisung von Zahlungsansprüchen festgestellt wird, dass bestimmte Zahlungsansprüche zu Unrecht zugewiesen wurden. Die zu Unrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche gelten dann von Anfang an nicht als zugewiesen. Wird festgestellt, dass der Wert der Zahlungsansprüche zu hoch ist, so wird der Wert nach Absatz 2 der jeweiligen Vorschrift entsprechend angepasst. Der Verordnungsgeber hat hiermit die Folgen einer zu Unrecht erfolgten Zuweisung von Zahlungsansprüchen geregelt, ohne Vertrauensschutz vorzusehen. Ein solcher ist lediglich für eine auf der Grundlage der fälschlich festgesetzten Zahlungsansprüche erfolgte Zahlung der Betriebsprämien vorgesehen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.04.2013 - 10 LA 51/12 -, n. v.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zu. Grundsätzliche Bedeutung kommt der entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Frage zu, ob Art. 137 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 aufgrund einer teleologischen Reduktion einschränkend - wie hier geschehen - auszulegen ist.