Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.03.2017, Az.: 1 ME 7/17

faktische Zurückstellung; Negativplanung; hinreichend konkrete Planungsabsichten; Zurückstellung Baugesuch

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.03.2017
Aktenzeichen
1 ME 7/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54213
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 16.12.2016 - AZ: 2 B 19/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ist eine Gemeinde zugleich Bauaufsichtsbehörde, bedarf es keines Antrags nach § 15 Abs. 1 BauGB.
2. Hinreichend konkrete Planungsabsichten können auch dann bestehen, wenn die Gemeinde wegen gewandelter städtebaulicher Absichten das konservieren will, was in unterwertiger Ausnutzung der bestehenden Planfestsetzungen entstanden ist.
3. Zur Anrechnung faktischer Zurückstellungen auf die Höchstdauer nach § 15 Abs. 1 BauGB.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin sieht ihr Vorhaben, auf einem seiner letzten unbebauten Streifen die Festsetzungen des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 38A „D. E. Weg“ aus dem Jahr 1998 durch Bau von drei 4-Parteien-Wohnhäusern auszunutzen, durch deren Bescheid vom 27. Juni 2016 ohne städtebaurechtlich zureichenden Grund um ein volles Jahr zurückgestellt.

Das Baugrundstück (Flurstücke 702/1-3, Flur 12 der Gemarkung C.) liegt südlich des F. weges im Geltungsbereich des genannten Bebauungsplanes. Dieser liegt zwischen dem E. Weg im Süden und dem Außenbereich im Norden und reicht vom G. teich im Westen (dort ist die Bebauung um eines der beiden Regenwasserrückhaltebecken gruppiert) bis zur H. straße im Osten. Gemeinsam ist allen Baugrundstücken, dass sie als allgemeines Wohngebiet festgesetzt sind; eine Ausnahme gilt für das Mischgebiet, welches die Antragsgegnerin im Südwesten des Planes am Nordrand des E. Weges festgesetzt hatte.

Der Plan weist zwei unterschiedlich ausgestaltete, nur durch wenige fußläufige Erschließungsanlagen miteinander verbundene Hälften auf. Die westliche um das erwähnte Rückhaltebecken im Norden und beiderseits des I. weges darf mit zwei Vollgeschossen und einer Grundflächenzahl von 0,4 sowie einer Geschossflächenzahl von 0,8 in geschlossener Bauweise ohne weitere Vorschriften hinsichtlich der Gebäudeart bebaut werden. Für den (wohl) durch eine nordsüdlich verlaufende öffentliche Grünfläche davon getrennten Ostteil gelten folgende Festsetzungen: Ein Vollgeschoss, Grund- und Geschossflächenzahl: 0,4, Einzel- oder Doppelhäuser. Das Baugrundstück liegt in diesem Teilbereich. Dort sind nordwestlich sowie nördlich des Baugrundstücks weitere Grundstücke bislang unbebaut geblieben. Der Westteil des Planbereichs ist, soweit sich dies den Luftaufnahmen von google-maps entnehmen lässt, hingegen im Wesentlichen bebaut.

Am 13. August 2015 (Bl. 209 ff. BA 001) beantragte die Antragstellerin, ihr die Genehmigung zur Errichtung dreier Mehrfamilienhäuser mit je vier Wohneinheiten zu erteilen. In der Folgezeit kam es insbesondere wegen der Zahl der unterzubringenden Einstellplätze - beide Beteiligten nahmen an, dass 1,25 Einstellplätze je Wohneinheit, insgesamt also 15 geschaffen werden müssten - zwischen den Beteiligten zu längerer Korrespondenz. In seiner zuletzt zur Genehmigung gestellten Gestaltung sollen zwischen den drei Baukörpern jeweils vier Carports positioniert und an den Seitenrändern insgesamt drei Einstellplätze plaziert werden: zwei an der Westgrenze, einer an der Ostgrenze. Zwei davon sollten außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche liegen (vgl. Bl. 230 und 232 BA 001).

Gegen Ende des Verwaltungsverfahrens bot die Antragstellerin an, die fehlenden vier Einstellplätze, welche auf dem Baugrundstück nicht (ohne Befreiung) unterzubringen waren, auf dem in einer Entfernung von rund 150 m südlich des zur Bebauung vorgesehenen Areals liegenden Grundstück J. Straße 6 zu schaffen und dies mit Baulast zu sichern.

Das Vorhaben stieß bei der Nachbarschaft auf Widerstand (vgl. Bl. 185 ff. BA 001). Diese machte - unter anderem mit einer Sammeleingabe vom 5. Oktober 2015 - geltend, das Vorhaben falle im Vergleich zu seiner Umgebung erheblich zu massiv aus. In der Folgezeit wurde die Frage nach der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem tatsächlich vorhandenen Gebietscharakter unter anderem im Stadtentwicklungsausschuss (11.4.2016) erörtert. Am 4. Mai 2016 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 38A „D. E. Weg“ das fünfte Mal zu ändern. In der Unterrichtungsvorlage VL-99/2016 vom 27.4.2016 zu dieser Sitzung heißt es:

Zur Wahrung des Gebietscharakters als Ein- und Zweifamilienhausgebiet kann die Stadt C. planerisch agieren. Dies würde die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens erfordern, in dem die Anzahl der höchstzulässigen Wohneinheiten je Wohngebäude beschränkt würde.

In der Beschlussvorlage VL-130/2016 des Amts für Stadtentwicklung an den Verwaltungsausschuss für dessen Sitzung vom 15. Juni 2016 heißt es:

Im Plangebiet lassen sich verschiedene Charakteristika von Teilbereichen feststellen. Im östlichen Bereich (K. weg, F. weg, L. weg ist eine Eingeschossigkeit festgesetzt. Hier sind bisher nur Ein- oder Zweifamilienhäuser entstanden. Obwohl auch Doppelhäuser zulässig sind, sind überwiegend Einzelhäuser errichtet worden. Der Bereich ist durch diese Baustruktur und durch überwiegend grüne Vorgärten geprägt. Hier ist das Ziel, diese Struktur zu wahren und neben der Beschränkung der Wohneinheiten z. B. auch Vorgartenzonen festzulegen, in denen maximal 50% versiegelt werden dürfen durch z. B. Zufahrten oder Stellplätze.

Der westliche Bereich (I. weg, M. weg, Am G. teich) ist neben Einzel- und Doppelhäusern als Ein- und Zweifamilienhäuser auch durch verdichtete Reihenhausbebauung und Mehrfamilienhäuser geprägt. Diese Baustruktur wurde möglicherweise durch die Festsetzung der Zweigeschossigkeit begünstigt. Auch in diesem Teilgebiet soll geprüft werden im Verfahren inwieweit die Anzahl der Wohneinheiten eingeschränkt wird, möglicherweise sollen aber in Teilbereichen auch kleinere Mehrfamilienhäuser zugelassen werden. Gleiches gilt auch für die Bebauung entlang des E. Wegs. …

Während des Planverfahrens werden die übrigen Festsetzungen des Plans ebenfalls überprüft.

Durch Bescheid vom 27. Juni 2016 (Bl. 243 BA 001) stellte die Antragsgegnerin das Vorhaben gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB unter Anordnung des Sofortvollzuges für 12 Monate ab Zustellungstag zurück. Sie verwies auf das Planerfordernis, die Charakteristika zu schützen, die sich im westlichen und im östlichen Planbereich gebildet hätten. Im letztgenannten Bereich seien bislang nur wenige Mehrparteienhäuser entstanden. Das solle beibehalten werden. Daher sei die Zulassung des streitigen Vorhabens geeignet, die Verwirklichung der Planungsabsichten ernstlich zu gefährden.

Den hiergegen gestellten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit der angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten verwiesen wird, und im Wesentlichen folgenden Gründen abgelehnt:

Der Sofortvollzug sei zureichend begründet worden. Die Voraussetzungen für eine Zurückstellung seien gegeben. Eines nach dem Gesetzeswortlaut erforderlichen Antrages bedürfe es nach der Senatsrechtsprechung nicht, wenn Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde - wie hier - identisch seien. Die formellen und materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre lägen vor. Ein Aufstellungsbeschluss sei gefasst und bekannt gemacht. Die beabsichtigte Planung sei zureichend konkretisiert. Das Planungsziel dürfe auch darin bestehen, den Status Quo zu erhalten, der sich in Ausnutzung eines Planes gebildet habe, der eigentlich Weitergehendes ermögliche. Es sei einer Gemeinde nicht verwehrt, nach Planerlass Folgerungen aus dem zu ziehen, was ein „unverbrauchter Blick“ auf seine Festsetzungen an Baumöglichkeiten zutage fördere, und das ins Verhältnis zu dem zu setzen, was im Planbereich tatsächlich (nur) entstanden sei. Das Sicherungsbedürfnis sei gleichfalls gegeben, weil die Antragstellerin die Planfestsetzungen zum Nennwert nehmen, d. h. über das Maß dessen hinaus umsetzen wolle, was im Ostteil des Planbereichs bislang im Wesentlichen entstanden sei. Dass im westlichen Planbereich keine Grundstücke mehr unbebaut seien, hindere die Annahme eines Sicherungsbedürfnisses nicht, eine weitere Nachverdichtung zu verhindern. Es sei nicht zu erkennen, dass das Planziel mit den Mitteln des geltenden Städtebaurechts schlichtweg nicht zu erreichen sei. Es sei hier (noch) nicht zu entscheiden, ob das beabsichtigte Ergebnis in Einklang mit dem Abwägungsgebot stehen werde. Die Dauer der Zurückstellung sei nicht zu beanstanden. Zeiten, in denen das Vorhaben faktisch zurückgestellt worden sei, seien diesem hier nicht gutzubringen. Dieses habe bis dahin aus anderen Gründen nicht genehmigt werden können. Das folge unter anderem daraus, dass weder die Bereitstellung der fehlenden Einstellplätze auf dem Drittgrundstück durch Baulast gesichert noch geklärt gewesen sei, ob sie dort überhaupt angelegt werden dürften.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

Eine wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die rechtzeitig geltend gemachten Beschwerdegründe zu beschränkende Prüfung ergibt, dass die Beschwerde keinen Erfolg haben kann.

Den nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB vermeintlich erforderlichen Antrag brauchte die Antragsgegnerin nicht als Gemeinde an sich selbst als Bauaufsichtsbehörde zu richten. Das Antragserfordernis soll lediglich sicherstellen, dass die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben nicht von sich aus zurückstellt. Die Zurückstellung ist ein Plansicherungsinstrument, das die Planungshoheit der Gemeinde flankiert und unterstützt. Dementsprechend bedarf es ihrer Mitwirkung. Das Antragserfordernis ist damit auf die Fälle zugeschnitten, in denen Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde nicht identisch sind. Ist diese zugleich jene, bedarf es eines Antrags nicht (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 15 Rdnr. 9 mwN in Fußnote 15; Hornmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, § 15 Rdnr. 19 aE; Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 15 Rdnr. 3 aE).

Insofern verhält es sich ähnlich wie bei dem nach § 36 Abs. 2 BauGB erforderlichen Einvernehmen. Sowohl die §§ 14 ff. BauGB als auch § 36 Abs. 2 BauGB dienen der Sicherstellung der Planungshoheit der Gemeinde (vgl. dazu neuerdings BVerwG, Urt. v. 9.8.2016 - 4 C 5.15 -, DVBl. 2016, 1543 = BauR 2017, 96 = ZfBR 2017, 62 mwN). Bei Außenbereichsvorhaben tritt die Gemeinde, welche das Amt der Bauaufsichtsbehörde versieht, sich nicht selbst gegenüber mit der Folge, dass sie den Bauantrag wegen fehlenden Einvernehmens ablehnen dürfte; sie ist dann vielmehr verpflichtet zu entscheiden, ob das Vorhaben dem öffentlichen Baurecht entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2004 - 4 C 16.03 -, BVerwGE 121, 339 = NVwZ 2005, 83 = BauR 2005, 361 = ZfBR 2004, 805).

Das Antragserfordernis hat nicht die Aufgabe, innergemeindlich eine bestimmte Stelle zu bestimmen, welche von derjenigen (möglicherweise) zu unterscheiden ist, die über Baugesuche verbindlich zu entscheiden hat. Ein solcher Regelungszweck ginge über die Befugnisse des Bundesgesetzgebers hinaus. Bei einer Gemeinde von der Größe der Antragsgegnerin - sie erfüllt immerhin die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde - ist nicht anzunehmen, dass die Zurückstellung nur vom Rat zu verantworten sein kann.

Die Antragsgegnerin setzt sich mit der Zurückstellung des Baugesuchs nicht in unauflöslichen Widerspruch zu ihrer Weigerung, dem ersten Antrag auf Eintragung einer Stellplatz-Baulast für das Grundstück J. Straße 6 zu entsprechen und erst dem zweiten stattzugeben. Die Zurückstellung dürfte die Antragsgegnerin zwar an der weiteren Bearbeitung des Bauantrags hindern. Davon zu trennen sind jedoch Maßnahmen anderer Art, und dienten sie auch der Vorbereitung der Bebauung des Grundstücks. Weder Eintragung noch Nichteintragung einer Baulast sagen zwingend etwas über die Triftigkeit und Ernsthaftigkeit des Wunsches aus, die städtebauliche Situation planerisch neu zu gestalten.

Die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nach § 15 Abs. 1 BauGB liegen vor. Diese sind: Es muss - erstens - („an sich“) die Möglichkeit bestehen, eine Veränderungssperre zu erlassen. Dazu muss die Gemeinde einen Planaufstellungsbeschluss gefasst und wirksam bekannt gemacht haben. Eine Veränderungssperre darf - zweitens - noch nicht beschlossen worden sein. Die Zurückstellung ist desgleichen ausgeschlossen, wenn eine Veränderungssperre zwischenzeitlich zwar außer Kraft getreten ist, aber (wieder) in Kraft gesetzt werden dürfte. Drittens muss ein Sicherungsbedürfnis bestehen. Das erfordert die - im Falle der Veränderungssperre erst im Rahmen eines Antrags nach § 14 Abs. 2 BauGB anzustellende - Prüfung, ob das in Rede stehende Vorhaben nach dem sich abzeichnenden Inhalt des „neuen“ Planes voraussichtlich doch zulässig ist/wäre.

All diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zur ersten Voraussetzung sind im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen die folgenden Ausführungen veranlasst:

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin durfte den Planaufstellungsbeschluss fassen. § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NKomVG reserviert dem Rat „nun einmal“ nur die „abschließende Entscheidung über die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen“. Andere Entscheidungen, die in diesem Zusammenhang nach Landes- oder Bundesrecht zu ergehen haben, darf der Verwaltungsausschuss treffen. Das gilt auch dann, wenn ein Verfahren zur Änderung eines Planes begonnen werden soll, den der Rat seinerzeit beschlossen hatte. Nur die abschließende Entscheidung über die neue Bauleitplanung ist in seine alleinige Zuständigkeit gegeben. Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat den Plan nicht mit einer verfahrensrechtlichen Ewigkeitsgarantie dergestalt versehen, dass nur das Gemeindeorgan ein Verfahren auch nur einleiten darf, das den zu ändernden Plan als Satzung beschlossen hatte. Vielmehr bleibt nach dem klaren Wortlaut des § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NKomVG auch im Falle der „Änderung“ einer bestehenden Planung nur, aber immerhin die abschließende Entscheidung dem Rat vorbehalten.

Anzeichen dafür, der damit formell zutreffend vom Verwaltungsausschuss gefasste Aufstellungsbeschluss sei in unwirksamer Weise bekannt gemacht worden, liegen nicht vor.

Die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre liegen gleichfalls vor. Die Planziele wurden hinreichend konkretisiert. Zu diesem Erfordernis hatte der Senat in seinem Urteil vom 24. August 2016 (- 1 KN 150/14 -, DVBl. 2016, 1476 = BauR 2017, 62 = ZfBR 2017, 73, JURIS-Rdnr. 49) ausgeführt:

Eine Veränderungssperre darf nicht erst dann erlassen werden, wenn der ihr zugrunde liegende Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen, über dessen voraussichtlichen Inhalt vollständig Aufschluss gibt. Es muss nur möglich sein, einen Ausnahmeantrag nach § 14 Abs. 2 BauGB sachgerecht zu bescheiden. Dazu dürfen die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sein. Diese müssen vielmehr in einem Umfang entwickelt sein, der es ermöglicht, die Vereinbarkeit der Planungsabsichten der Gemeinde mit denen des Eigentümers über die Nutzung seines Grundstücks zu beurteilen. Die Vorstellungen der Gemeinde können sich dabei nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung ergeben, sondern aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen wie etwa anderen Akten oder bekannter Vorgeschichte (BVerwG, B. v. 1.10.2009 - 4 BN 34.09 -, BauR 2010, 65 = NVwZ 2010, 42 = BRS 74 Nr. 121, JURIS-Rdnr. 9). Erst dann, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung in keiner Weise, d. h. nicht einmal ansatzweise absehen lässt, fehlt es an dieser materiellen Voraussetzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121; B. v. 15.8.2000 - 4 BN 35.00 -, BRS 64 Nr. 109, JURIS-Rdnr. 3).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dass die oben zitierten Unterlagen Grundlage des Beschlusses des Verwaltungsausschusses waren, nimmt die Antragstellerin nicht in Abrede. Der Vorwurf der Aktenmanipulation ist für dieses Verfahren irrelevant. Selbst wenn eine Sachbearbeiterin eine bestimmte Einschätzung zu Papier gebracht haben und diese dann nicht zum Inhalt des Verwaltungsvorgangs geworden sein sollte, ändert das nichts an der Triftigkeit der nachstehenden Erwägungen. Eine öffentliche Verwaltung ist kein monolithischer Block. Selbst wenn eine Mitarbeiterin (wohl Frau N.) und/oder der von der Antragsgegnerin eingeschaltete Rechtsanwalt (Dr. O.) Zweifel an der Tragfähigkeit und zureichenden Konkretheit der Umplanungsabsichten geäußert haben sollte, infiziert dies das Verfahren nicht dergestalt, dass nunmehr die Zurückstellung und/oder der Erlass der Veränderungssperre zu unterbleiben hätte.

Daher ist irrelevant, ob ein Arbeitsvermerk der Sachbearbeiterin N. in die Akte hätte eingefügt werden müssen oder wegen § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG dort nicht hätte eingeheftet werden müssen (zum Meinungsstand vgl. etwa Mann/Sennekamp/Uechtritz-Engel, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 29 Rdnr. 41 mit Hinweis auf OVG Hamburg, B. v. 2.10.2002 - 4 Bs 257/02 -, NordÖR 2003, 241 = NVwZ 2003, 1529, JURIS-Rdnr. 4; VG Hamburg, B. v. 13.12.1994 - 10 W 4040/93 -, NVwZ-RR 1995, 681; Kopp-Ramsauer, VwVfG, Komm., 17. Aufl. 2016, § 29 Rdnr. 12 c: spätere Korrekturen eines Vermerks haben nicht zur Folge, dass der Ur-Vermerk aus den Akten entfernt werden dürfte). Denn hier geht es weder um den Umfang, in dem ein Beteiligter Einsicht in Akten nehmen darf, noch um die Einschätzung eines Gemeindebediensteten von der Triftigkeit der Erwägungen, welche das dazu berufene Gemeindeorgan zur Grundlage einer Plansicherung nehmen will. Entscheidend ist allein, was dieses Gemeindeorgan zum Planaufstellungsbeschluss bewogen hat. Das ist unstreitig. Auf eine „Umkehr der Beweislast“ infolge unzureichender Aktenführung (vgl. dazu OVG Greifswald, B. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 -, NVwZ 2002, 104 = NordÖR 2001, 129, JURIS-Rdnrn. 56 f.) kommt es hier mithin nicht an.

Entgegen der Annahme der Antragstellerin handelt es sich bei den vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin angestellten Erwägungen nicht um eine reine Negativplanung. Nach dem grundlegenden Beschluss des BVerwG vom 18. Dezember1990 (- 4 NB 8.90 -, BauR 1991, 165 = UPR 1991, 154 = DVBl. 1991, 445 = ZfBR 1991, 123 = NVwZ 1991, 875 = BRS 50 Nr. 9) liegt eine „Negativplanung" nicht schon dann vor, wenn „ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (Fortführung von BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1972 - BVerwG 4 C 8.70 - BVerwGE 40, 258).“ (LS 1).

In Fortführung dieser Grundsätze hatte der Senat in seinem auch vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 28. November 2006 (- 1 ME 147/06 -, aaO, JURIS-Rdnr. 37) ausgeführt:

Die Vorstellungen der Gemeinde dürfen sich nicht darin erschöpfen, das Vorhaben zu verhindern. Die Veränderungssperre darf auch nicht nur zu dem Zweck eingesetzt werden, Zeit zu gewinnen, um Vorstellungen über die Gestaltung des in Rede stehenden Bereichs überhaupt erst zu entwickeln. Eine Planung, die sich darin erschöpfte, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht erträglich, wenn sie nur der Sicherung einer Planung dienen sollte, deren Inhalt sich noch in keiner Weise absehen lässt. Erforderlich sind damit positive Planungsvorstellungen vom künftigen Planinhalt. Diese Planungsvorstellungen müssen allerdings noch nicht so weit gediehen sein, dass sie sozusagen den Inhalt des künftigen Bebauungsplans im Wesentlichen erkennen lassen. Das widerspräche dem Beteiligungsverfahren. Dieses soll ja gerade zu dem Zwecke durchgeführt werden, durch die Äußerung der Bürger und Behörden die Grundlage für eine sachgerechte Abwägung zu schaffen. Das Beteiligungsverfahren muss daher in gewissem Umfang „ergebnisoffen“ geführt werden. Dementsprechend kann in diesem (regelmäßig anzutreffenden) frühen Stadium noch nicht verlangt werden, die Gemeinde solle sozusagen im Wesentlichen schon den Inhalt präsentieren, den sie erst nach durchgeführter Beteiligung festzusetzen beabsichtigt. Die Pflicht, eine Veränderungssperre nur bei einem Mindestmaß an positiven Planungsvorstellungen einsetzen zu dürfen, schließt allerdings nicht aus, dass das positive Ziel darin besteht, den gegenwärtigen, nunmehr als begrüßenswert eingestuften Zustand zu erhalten. In einem solchen Fall darf die Veränderungssperre auch mit dem Ziel eingesetzt werden, mit der Verwirklichung des Bauvorhabens eine Veränderung des gegenwärtig vorhandenen Zustandes zu verhindern. Dann erschöpft sich das Ziel der Veränderungssperre nicht darin, das konkrete Bauvorhaben zu verhindern, das den Anlass für den entsprechenden Planaufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre gegeben hat. Vielmehr besteht das weitergehende Ziel dann darin, die gegenwärtige und, wie sich nun zeigt, unzureichend gegen Veränderungen geschützte Situation nunmehr im städtebaulichen Interesse zu konservieren. Ein ausformulierter Planentwurf braucht nicht vorzuliegen. Das Gesetz schreibt auch keine Begründung für die Veränderungssperre vor. Daher kann nicht verlangt werden, dass sich die Planungsvorstellungen der Gemeinde, aus denen eben jenes Mindestmaß an Konkretisierung sich ergeben muss, nach Art des Entwurfes zu einer Planbegründung niedergelegt werden. Es reicht aus, wenn Sitzungs- oder sonstige Unterlagen die Planungsabsichten der Gemeinde so verlässlich dokumentieren, dass ausgeschlossen ist, die Gemeinde schiebe später Planungsziele lediglich nach.

Die oben zitierten Unterlagen bestätigen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Es ist immer wieder zu beobachten, dass Festsetzungen eines Bebauungsplanes in der Folgezeit verbreitet nicht maximal ausgenutzt werden, sondern das tatsächliche Baugeschehen jedenfalls überwiegend in eine Richtung geht, welche nach dem „Buchstaben“ der Planung unterwertig ist. Dann kann der auch hier gegebene Fall auftreten, dass diejenigen, die in einem Planbereich jedenfalls mehrheitlich eine bestimmte „Baugesinnung“ verwirklicht haben, ihre Erwartung frustriert sehen, diese werde auf den noch freien Flächen fortgesetzt werden. Ein geschütztes Vertrauen können die Anlieger dann zwar nicht reklamieren; denn der Plan wird allein durch seine unterwertige Ausnutzung nicht mit der Folge seiner Funktionslosigkeit derogiert. Die Gemeinde ist aber nicht gehindert, diesen „Beharrungswunsch“ aufzunehmen und durch Änderung des Bauleitplans festzusetzen (vgl. Senatsb. vom 28.11.2006 - 1 ME 147/06 -, aaO, JURIS-Rdnr. 38 f.). Mit anderen Worten: Dass das nun zur Genehmigung gestellte Vorhaben nach den unverändert geltenden Festsetzungen des Bebauungsplanes „an sich“ verwirklichungsfähig wäre, stellt danach gerade keinen Hinderungsgrund für eine Zurückstellung dar, sondern den im Grundsatz nicht zu beanstandenden Hintergrund für das Bestreben der Gemeinde, einen innerhalb von immerhin 18 Jahren planabweichend entstandenen tatsächlichen Zustand als städtebaulich nunmehr erwünscht anzusehen und aus Anlass eines Vorhabens auch rechtlich zu konservieren, das diesen „Komment“ kündigt. Das frustriert sicherlich die optimistische Erwartung, mit der ein Bauherr sein Vorhaben auf der Grundlage des Planes hatte beginnen dürfen. Einen zwingenden Grund, von einer solchen Planung von vornherein Abstand nehmen zu müssen und sie nicht mit plansichernden Instrumenten begleiten zu dürfen, stellt das aber nicht dar.

Hier durfte die Antragsgegnerin beobachten, dass zumindest in der östlichen Planhälfte die Planfestsetzungen allenfalls zum Teil, jedenfalls nicht verbreitet zur Schaffung von Mehrfamilienhäusern ausgenutzt worden waren. Dass solche in dieser Planhälfte hie und da anzutreffen sein mögen, ist irrelevant; auf die große Linie, das vorherrschende Gepräge kommt es an. Maßgeblich ist auch nicht, ob die Antragsgegnerin 1997/1998 mit der Beschränkung auf Einzel- und Doppelhäuser die - irrige - Erwartung verbunden hatte, damit werde die Zahl der Haushalte pro Gebäude beschränkt. War das der Fall, wäre ihr Planänderungs- eigentlich nur ein Vorhaben, das seinerzeit Gewollte in die allein ausreichenden Rechtsformen zu gießen und damit dem damaligen Willen zum Durchbruch zu verhelfen. War die Beschränkung hingegen nicht schon damals eigentliches Planungsziel, darf sie es unter dem Eindruck einer immerhin 18-jährigen zum Teil von den Planfestsetzungen abweichenden Bauentwicklung ins Auge fassen.

Es handelt sich auch um ein konkretes Planungsziel. Für dessen Formulierung reicht es grundsätzlich aus, die Art der künftigen Nutzung festsetzen/ändern zu wollen. Ob das auch bei einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB der Fall ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Diese Vorschrift ging zwar aus Ermächtigungsgrundlagen hervor, welche die Nutzungsart regelten (vgl. die §§ 3 und 4 jeweils Abs. 4 BauNVO Fassungen 1962, 1968 und 1977). Andererseits hat der Senat es in seinem Beschluss vom 2. November 1994 (- 1 M 6032/94 -, NVwZ-RR 1995, 497 = BRS 56 Nr. 43) vom Willen des Ortsgesetzgebers abhängig gemacht, ob eine solche Festsetzung nachbarschützende Wirkung entfaltet. Dessen hätte es nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 1993 (BVerwGE 94, 151) nicht bedurft, wenn er dies als Festsetzung der Nutzungsart angesehen hätte.

Das kann aber unentschieden bleiben. Denn schon die oben wiedergegebenen Äußerungen zeigen, dass die Antragsgegnerin den „nun einmal“, d. h. möglicherweise leicht planabweichend entstandenen Gebietscharakter erhalten will, indem sie die Zahl der Wohneinheiten je Baugrundstück beschränkt und zugleich bestimmt, wieviel Stellplätze nur je Baugrundstück zulässig sind und wieviel an Vorgartenfläche - dort werden diese Anlagen für gewöhnlich angeordnet - grün, d. h. ohne Positionierung von Einstellplätzen zu erhalten sind. Während des Verwaltungsverfahrens war gerade wegen der bei § 23 Abs. 5 BauNVO anzusiedelnden Frage eine kontrovers geführte Diskussion aufgekommen, ob die bisherigen Planfestsetzungen eine Positionierung von Einstellplätzen außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen ausschließen (vgl. dazu die Äußerung des von der Antragsgegnerin eingeschalteten Rechtsanwalts Dr. O. vom 13.6.2016, Bl. 159, 162 f. BA 001). Es stellt einen Teilaspekt konkreter Planung dar, von der in § 23 Abs. 5 Satz 1, Halbs. 1 BauNVO eröffneten Möglichkeit anderweitiger Planung Gebrauch machen zu wollen, um so den Charakter einer nur aufgelockert bebauten Siedlung zu erhalten/schaffen.

All das ist mehr als nur „noch“ hinreichend konkrete Um-Planungsabsicht anzusehen.

Es ist für diese Frage irrelevant, ob all die Anlieger, welche durch ihren Widerstand gegen das Bauvorhaben der Antragstellerin die Umplanungsabsichten der Antragsgegnerin initiiert haben, samt und sonders die Festsetzungen des geltenden Planes einhalten oder selbst die Vorgartenbereiche bereits über das hinaus für Nebenanlagen in Anspruch genommen haben, was die Antragsgegnerin sich als Planungsziel auf die Fahne geschrieben hat. Derjenige, der ein Umplanungsvorhaben anschiebt, muss nicht „frei von Bausünde“ sein. Sollten einige der Initianten die Vorgartenbereiche über das hinaus in Anspruch genommen haben, was sie zu erhalten vorgeben, so zeigte dies im Übrigen die Richtigkeit der Annahme, dass eine Reduktion der zulässigen Wohnungszahl/Gebäude eine noch weitergehende Inanspruchnahme von Vorgartenarealen begrenzen könnte. Denn das Bestreben, dies zu tun, wächst mit jeder Wohneinheit, die auf einem Grundstück geschaffen wird. Die im Plangebiet gelegenen Grundstücke sind nicht so groß, dass mit zumutbarem finanziellen Aufwand, etwa durch Tiefgaragen, Folgeeinrichtungen für jedwede Wohnungszahl geschaffen werden könnten, ohne den Vorgartenbereich anzutasten und damit das Erscheinungsbild dieser Siedlung zu beeinflussen.

Davon zu trennen ist, ob eine solche Planung abwägungsgerecht wird abgeschlossen werden können. Die Beantwortung dieser Frage gibt indes in Verfahren um eine Zurückstellung oder eine Veränderungssperre nur dann den Ausschlag, wenn sich bereits jetzt verlässlich absehen lässt, dass dies „auf keinen Fall“ wird gelingen können. Eine so weitgehende Erwartung ist hier nicht gerechtfertigt. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sowie §§ 21a und 22 Abs. 5 BauNVO bieten die Grundlage für das Umplanungsvorhaben der Antragsgegnerin. Es dürfte zumindest eine Überlegung wert sein, ob die fast zwei Jahrzehnte andauernde Karenz, dieses Areal trotz in der Nachbarschaft fortschreitender „unterwertiger Bebauung“ nicht in voller Ausnutzung der planerischen Festsetzungen zu bebauen, ein Vertrauen in die uneingeschränkte Fortgeltung des Planes nicht so weit reduziert hat, dass die ins Auge gefasste Umplanung vor § 1 Abs. 7 BauGB nicht zu beanstanden sein wird. Auf die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Doppelhäusern kommt es hierbei nicht an.

Das oben angesprochene Vertrauen der Antragstellerin in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen dürfte einen Gesichtspunkt darstellen, den die Antragsgegnerin in ihre Abwägung einzustellen haben wird. Regelrechte „Sperrwirkung“ kommt diesem Gesichtspunkt aber nicht zu. Es handelt sich nur um einen von mehreren in der Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten, der bei entsprechend gewichtigen konkurrierenden Aspekten überwunden werden kann.

Dass das Sicherungsbedürfnis besteht, bedarf keiner näheren Darlegung. Es ist die Antragstellerin, welche ein Vorhaben zu verwirklichen beabsichtigt, das auf einem der letzten noch freien, zudem „mitten im Gebiet“ gelegenen Areale eine dort bislang nicht vorhandene Verdichtung verwirklichen will. Es gibt weitere Grundstücke, auf denen dies - und sei es durch Umbau - ebenfalls verwirklicht werden könnte.

Aller Voraussicht nach wird die Wahl der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB höchstzulässigen Frist von 12 Monaten nicht zu beanstanden sein. Um ein ganz einfaches Planungsvorhaben handelt es sich nicht. Gerade weil auch der Westteil des Plangebiets betrachtet werden muss, hatte die Antragsgegnerin Anlass, sich ausreichend zeitlichen Puffer zu verschaffen.

Auf den damit in nicht zu beanstandender Weise gewählten Zeitraum von einem Jahr sind der Antragstellerin keine Zeiten „gut zu bringen“. Nach der Rechtsprechung des Senats (s. nochmals B. v. 28.11.2006 - 1 ME 147/06 -, aaO, JURIS-Rdnr. 48) ist bei Zurückstellungen zwar § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB „doppelt analog“ auf faktische Zurückstellungen anzuwenden. Die Bauaufsichtsbehörde darf den in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Höchstzeitraum von einem vollen Jahr in dem Umfang nicht ausschöpfen, in dem das streitige Vorhaben nach Ablauf der normalen Bearbeitungszeit „faktisch“, d. h. ohne Veränderungssperre oder Zurückstellung nicht positiv beschieden worden war, obwohl dies möglich gewesen wäre. Als normale Bearbeitungszeit sind dabei in der Regel drei Monate anzusehen (vgl. dazu auch Schmidt-Eichstaedt, Die Bescheidungsfristen für Baugesuche im Zusammenhang mit Zurückstellung und Veränderungssperre nach §§ 14, 15 BauGB, BauR 2016, 1847). Diese Frist beginnt in dem Augenblick, in dem das Baugesuch positiv beschieden werden kann. Auch wenn es die Antragstellerin hier bereits am 13. August 2015 angebracht hatte, war diese Frist bei Erlass des Bescheides vom 27. Juni 2016 noch nicht abgelaufen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Frage bis zum 25. Juni 2016 nicht im Sinne der Antragstellerin hatte beantwortet werden können, wo die notwendigen Einstellplätze geschaffen werden können.

Die Antragstellerin hatte anfangs sogar 24 Einstellplätze schaffen und alle auf dem Baugrundstück unterbringen wollen (vgl. Bl. 211 BA 001). Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Versiegelung selbst mit dem Gebietscharakter nicht zu vereinbaren war, der mit der Urfassung des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 38A maximal beschrieben war. Eine der Antragstellerin günstige Entscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO hätte daher nach dem sich derzeit abzusehenden Stand der Dinge nicht ergehen können.

Die Beteiligten sind in der Folgezeit dann auch zur Annahme gelangt, vorhabenbedingt müssten (3x4x1,25 =) 15 Einstellplätze geschaffen werden. Das wird nicht zu beanstanden sein. Der Stellplatzerlass vom 6. Juli 2016 (- 503-24 156/3-1 - NdsMBl. 2016, 714) hatte zwar zwei Einstellplätze pro Wohnung in einem Mehrfamilienhaus vorgesehen und sich damit von den bisherigen Richtzahlen (1-1,5 Stellplätze) abgekehrt. Nach erheblichem Protest der Bauaufsichtsbehörden (vgl. dazu etwa HAZ vom 30.7.2016) hatte dies das Nds. Sozialministerium durch Erlass vom 28.7.2016 (NdsMBl. 2016, 806) korrigiert. Seither gilt wieder, dass nur 1- 1,5 Einstellplätze je Wohnung in einem Mehrparteienhaus geschaffen werden müssen, davon 10% für Besucher. Damit bewegt sich die Antragsgegnerin nicht etwa am oberen Rand des Vertretbaren, sondern genau in der Mitte.

Diese 15 Einstellplätze konnten schlussendlich auch nach Auffassung der Antragstellerin nicht in zumutbarer Weise auf dem Baugrundstück geschaffen werden (vgl. Bl. 228 BA 001). Die zur Zahl 15 fehlenden 3 oder 4 Einstellplätze (vgl. Bl. 175 BA 001) sollten auf dem Grundstück J. Str. 6 geschaffen werden. Hierzu hatte die Antragstellerin nach Lage der Dinge erst im April 2016 die ihr allein obliegenden konkreten Anstalten getroffen (vgl. Bl. 282, 283 BA 001). Zur positiven Bescheidung des Baugesuchs vom 11./13. August 2015 war es zwar nicht erforderlich, dass diese Eistellplätze schon geschaffen waren. Erforderlich war in jedem Fall aber - erstens -, dass deren Benutzung zu diesem Zweck durch Baulast gesichert ist (§ 47 Abs. 4 Satz 1 NBauO 2012), und zweitens, dass diese Einstellplätze dort in Einklang mit der Rechtslage überhaupt angelegt werden können. Jedenfalls das erste Erfordernis war bis zum Erlass des Zurückstellungsbescheides vom 25. Juni 2016 nicht erfüllt. Der Antragstellerin sind mithin nicht in doppelter Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB Zeiten aus einer faktischen Zurückstellung gutzubringen. Die Wahl des höchstzulässigen Zurückstellungszeitraums von einem Jahr ist auch nicht aus sonstigen Gründen zu beanstanden.

Nicht hier zu diskutieren ist die Frage, ob die ins Auge gefassten externen Stellplätze trotz ihrer Entfernung von nur rund 150 m Fußwegs am Ende doch zu weit vom Baugrundstück entfernt liegen. Während des Verwaltungsverfahrens hatte die Antragstellerin den Eindruck aufkommen lassen, mit dem streitigen Vorhaben sollten Wohnungen für ältere Herrschaften geschaffen werden. Das wird in Baugenehmigungen kaum seinen Niederschlag finden können. Wäre dies aber so, stellte sich doch die Frage, ob es realistisch ist anzunehmen, solche Personen würden ihren Wagen so weit entfernt oder nicht lieber doch im öffentlichen Verkehrsraum abstellen. Selbst die Entladung von Einkäufen mit anschließendem Parken des Kraftfahrzeugs an anderer Stelle ist mit Beschwerlichkeiten verbunden, denen der eine oder andere betagte Wohnungsnutzer vielleicht doch auswiche.

Weitere Ausführungen zur Beschwerde sind nicht veranlasst.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2 VwGO, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG iVm Nrn. 1 lit. e), 13 und 18 lit. b) regelmäßigen Streitwertannahmen des Senats (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 iVm 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).