Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.03.2017, Az.: 2 ME 75/17

DQR; Gleichwertigkeit; Qualifikationsrahmen; weiterbildender Studiengang

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.03.2017
Aktenzeichen
2 ME 75/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54187
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 01.02.2017 - AZ: 6 C 65/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für die Gleichwertigkeit eines Abschlusses nach § 18 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 NHG, die nach dem überzeugend begründeten Ausgangsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2017 (- 6 C 65/16 -, juris) den Abschluss eines Studiums voraussetzt, kommt es auf Einstufungen nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) nicht an, solange der Gesetzgeber nicht selbst hieraus Folgerungen zieht.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer - vom 1. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin will den Abschluss ihrer Ausbildung zur Steuerberaterin als „gleichwertigen“ Abschluss (§ 18 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 NHG) für die Zugangsberechtigung zum Studiengang Tax Law bei der Antragsgegnerin anerkannt wissen.

Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt; auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug (vgl. Beschl. v. 1.2.2017 - 6 C 65/16 -, juris).

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin erneut geltend, § 18 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 NHG sei im Lichte des „Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (DQR)“ verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine individuelle Gleichwertigkeitsprüfung geboten sei, wobei ihre Ausbildung zur Steuerberaterin und ihre jahrelange berufliche Tätigkeit den Bachelor ersetzen könnten.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses.

Dabei lässt der Senat offen, welche Anforderungen für die hier beanspruchte Vorwegnahme der Hauptsache zu stellen sind, wenn eine Anspruchsgrundlage - wovon auch die Antragstellerin selbst ausgeht - nicht bereits bei Auslegung der zugrunde liegenden Norm mit „herkömmlichen“ Auslegungsmethoden, sondern erst bei von ihr reklamierter verfassungskonformer Auslegung zur Verfügung stünde. Denn im Ergebnis ist eine verfassungskonforme Auslegung in der von der Antragstellerin gewünschten Weise nicht geboten.

Das Verwaltungsgericht hat § 18 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 NHG, wonach die Zugangsberechtigung für einen weiterbildenden Studiengang u.a. den Nachweis eines Bachelorabschlusses oder eines „gleichwertigen“ Abschlusses voraussetzt, unter Auswertung der Gesetzgebungsgeschichte überzeugend dahin ausgelegt, dass „gleichwertig“ in diesem Sinne nur ein Abschluss ist, wenn er (mindestens) ein Studium abschließt. Auch in der Kommentierung werden als gleichwertige Abschlüsse nur Magister, Diplom und Master genannt (Epping, NHG, 2016, § 18 Rdnr. 49); für das baden-württembergische Landesrecht werden auch noch Staatsexamen und kirchlicher Abschluss erwähnt (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 29.1.2015 - 7 K 3300/14 -, juris).

Die Antragstellerin, die zutreffend auf die vom Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seinem (allerdings einen konsekutiven Studiengang betreffenden) Beschluss vom 14. Dezember 2016 (- 6 C 19.15 -, juris) zusammengefassten verfassungsrechtlichen Maßstäbe verweist, stützt sich daher selbst nur darauf, dass der Gemeinsame Beschluss der Ständigen Konferenz der Kultusminister usw. zum Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) ein abweichendes Verständnis des Begriffes „gleichwertig“ erfordere. Ihr beruflicher Werdegang führe zu einer Einstufung auf Niveaustufe sechs, die einem Bachelor-Grad entspreche.

Der Auffassung, dass der genannte Qualifikationsrahmen einen maßgeblichen Beitrag zur Auslegung landesrechtlicher Bestimmungen leisten könne, folgt der Senat nicht. Nach seinem eigenen Anspruch dient dieser Rahmen lediglich der Zuordnung zu Niveaustufen des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (EQR) und betont selbst, dass er damit keine Berechtigungen verleiht. Diese Einschätzung seines Bedeutungsgehalts hat auch die bisherige Rechtsprechung zugrunde gelegt (VG Münster, Urt. v. 12.5.2014 - 4 K 3369/12 -, juris; VGH München, Urt. v. 13.7.2015 - 7 BV 14.1507 -, BayVBl. 2016, 487; BGH, Beschl. v. 14.10.2015 - XII ZB 186/15 -, NJW-RR 2016, 8; OVG Saarlouis, Beschl. v. 6.2.2017 - 1 A 59/16 -, juris).

Unter diesen Umständen ist es Sache des Gesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob er das Vorhaben des gemeinsamen Qualifikationsrahmens zum Anlass nehmen will, die bislang in § 18 Abs. 8 NHG festgelegten Zugangsvoraussetzungen modifizieren; von Verfassungs wegen geboten ist weder eine solche Änderung noch eine erweiternde Auslegung des Begriff der Gleichwertigkeit.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 154 Abs. 2 VwGO, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).