Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.2017, Az.: 10 ME 4/17

Gesetzesvorbehalt; Gesetzesvorrang; Kommunale Einrichtung; Rechtsschutzbedürfnis; Satzungsautonomie; Wildtierverbot; Zirkus

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.2017
Aktenzeichen
10 ME 4/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53852
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.01.2017 - AZ: 1 B 7215/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für eine Beschwerde fehlt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis, wenn die erstinstanzlich unterlegene Behörde in Vollzug der einstweiligen Anordnung die streitige Erlaubnis vorbehaltlos und nicht mehr aufhebbar erteilt hat.

2. Eine Gemeinde kann einem reisenden Zirkusunternehmen, das über eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8d TierSchG verfügt, die Überlassung kommunaler Flächen nicht aus allgemeinen tierschutzrechtlichen Gründen versagen. Eine so begründete Ablehnung verstößt sowohl gegen den Vorrang von § 11 TierSchG als auch - wegen der objektiv berufsregelnden Tendenz - gegen den Gesetzesvorbehalt.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer - vom 12. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter Änderung der Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. Januar 2017 auch für das Verfahren in erster Instanz auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. Januar 2017 hat keinen Erfolg.

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Antragstellerin als Zirkusunternehmen Anfang April 2017 für vier Tage den im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und von ihr grundsätzlich zur Durchführung von Zirkusgastspielen zur Verfügung gestellten A. platz auch nutzen darf, wenn sie dabei „Zebras, Lamas und Kängurus“ mit sich führt.

In der Sitzung vom 15. Juni 2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, dass kommunale Flächen nur noch Zirkusbetrieben zur Verfügung gestellt werden sollen, die keine Tiere wildlebender Arten, zu denen u.a. Zebras und Kängurus gerechnet wurden,  mit sich führen. Der Beschluss wurde tierschutzrechtlich begründet. Wildtiere könnten in reisenden Zirkusbetrieben nicht artgerecht gehalten werden; wegen der Einzelheiten wird auf die Ratsvorlage 60/2016 verwiesen.  Die Antragsgegnerin lehnte deshalb durch E-Mails vom 18. August und 11. Oktober 2016 die zuvor von der Antragstellerin beantragte Vergabe des A. platzes für ein Gastspiel ab. Gegen die Ablehnung hat die Antragstellerin Verpflichtungsklage erhoben und zuvor am 5. Dezember 2016  den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass über die Zulassung, d.h. das „Ob“ der Nutzung des A. platzes als kommunale Einrichtung, durch Verwaltungsakt zu entscheiden sei und hat die Antragsgegnerin im Eilverfahren insoweit durch Beschluss vom 12. Januar 2017 zur Neubescheidung verpflichtet. Der Antragstellerin stehe nach § 30 Abs. 1 und 2 NKomVG grundsätzlich ein Anspruch auf Zulassung zum A. platz als kommunaler Einrichtung zu. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Beschränkung in Gestalt eines „Wildtierverbots“ sei rechtswidrig und deshalb unbeachtlich. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich (sinngemäß) sowohl aus einem Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt als auch gegen den Vorrang des Gesetzes. Ein förmliches Gesetz sei erforderlich, weil es sich bei dem Wildtierverbot um einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung von Zirkusunternehmen mit entsprechenden Tieren handele und nicht lediglich die Versagung einer Leistung. Ein Bundes- oder Landesgesetz mit einer entsprechenden Ermächtigung fehle. Weder das durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete gemeindliche Selbstverwaltungsrecht noch die Befugnis einer Kommune, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen selbst zu regeln (hier nach § 30 NKomVG), reichten aus. Zudem werde mit dem Wildtierverbot für kommunale Flächen verboten, was bundesrechtlich erlaubt sei. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d des (Bundes-)Tierschutzgesetzes (= TierSchG) enthalte ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für das Zurschaustellen von Tieren in Zirkussen; über eine solche Erlaubnis verfüge die Antragstellerin. Mit der tierschutzrechtlichen Begründung für das Verbot habe die Antragsgegnerin damit zugleich Belange für die Begrenzung der Widmung ihrer Einrichtungen eingestellt, die nicht in ihre Kompetenz fielen.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 17. Januar 2017 zugestellten Beschluss am 27. Januar 2017 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Am 6. Februar 2017 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin in der Form eines Bescheides die in Rede stehende viertägige Nutzungserlaubnis für den A. platz (als sog. Gastspielerlaubnis) erteilt und wegen der Einzelheiten auf einen nachfolgend von ihr am 14. Februar 2017 unterzeichneten Nutzungsvertrag verwiesen. Weder der Bescheid vom 6. Februar 2017 noch der Vertrag vom 14. Februar 2017 enthalten einen Vorbehalt hinsichtlich des Ausgangs des Beschwerdeverfahrens.

Die Antragsgegnerin meint, dass die o.a. „Gastspielerlaubnis“ noch aufgehoben werden könne und ihre Beschwerde deshalb sowie zusätzlich im Hinblick auf einen möglichen Schadenersatzanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 945 ZPO weiterhin zulässig sei. Sie sei auch begründet. Das Wildtierverbot beziehe sich weder unmittelbar auf eine Berufstätigkeit noch habe es objektiv eine berufsregelnde Tendenz; die jeweilige Tätigkeit könne weiterhin „überall außerhalb der kommunalen Flächen, auch auf dem Gebiet der Antragsgegnerin ausgeübt werden.“ Damit werde schon nicht in die nach Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit eingegriffen. Aus diesem Grund bestehe auch kein Widerspruch zwischen dem von ihr ausgesprochenen Wildtierverbot und der der Antragstellerin nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG erteilten Erlaubnis. Im Übrigen liege es im Rahmen ihrer Befugnisse, sich auf „Sicherheit und Ordnung“ zu berufen und sich mit dem Wildtierverbot an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bevölkerung bzw. der Besucher zu orientieren.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie bereits unzulässig ist (1.) und im Übrigen auch unbegründet gewesen wäre (2.).

1. Für die Beschwerde muss - wie für jeden Rechtsbehelf - ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein. Dass der Antragsgegner einer erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung nachgekommen ist, führt allein noch nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für seine Beschwerde, sondern nur dann, wenn die erfolgten Maßnahmen im Beschwerdeverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., Rn. 459, m. w. N.). Eine solche Fallgestaltung ist hier jedoch gegeben.

Denn die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die sog. Gastspielerlaubnis am 6. Februar 2017 dem Wortlaut nach vorbehaltlos erteilt und am 14. Februar 2017 mit ihr einen Nutzungsvertrag abgeschlossen, der keinen Hinweis darauf enthielt, dass er wirkungslos sei, wenn die Gastspielerlaubnis entfalle oder ihre Beschwerde Erfolg habe. Für die Auslegung der Gastspielerlaubnis als Verwaltungsakt kommt es auf ihren objektiven Erklärungsgehalt an, d.h. wie sie von der Antragstellerin als Empfängerin unter Berücksichtigung aller bekannten oder erkennbaren Umstände zu verstehen war (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.7. 2006 - 6 C 20/05 - BVerwGE 126, 254 ff.; juris, Rn. 78).  Danach war es für die Antragstellerin aber nicht zu erkennen oder gar selbstverständlich, dass ihre Zulassung nur in Erfüllung der verwaltungsgerichtlichen Anordnung und vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des (erkennenden) Oberverwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren gelten sollte. Denn ein solcher Hinweis fehlt und die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2017 ist der Antragstellerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten auch erst am 9. Februar 2017 zugegangen. Da zudem in § 13 des Nutzungsvertrages ein Vorbehalt aus unvorhersehbaren „kommunalpolitischen oder wirtschaftlichen“ Gründen enthalten ist, hätte es sich erst recht aufgedrängt, einen ausdrücklichen Vorbehalt für den Fall der - von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich beantragten - Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung in die Gastspielerlaubnis und den Nutzungsvertrag aufzunehmen. Schließlich hätte eine Zulassung unter dem o.a. Vorbehalt für die Antragstellerin ohnehin kaum einen Wert gehabt, da damit die erforderliche Planungssicherheit gerade nicht gegeben wäre.

Enthält die Gastspielerlaubnis aber keinen Vorbehalt, so kann sie nicht mehr aufgehoben werden. Eine Aufhebung nach § 49 VwVfG, d.h. ein Widerruf, scheidet schon deshalb aus, weil dazu ein Widerrufsgrund nach Absatz 2 dieser Norm gegeben sein müsste, es hieran aber mangelt. Aber auch eine Rücknahme nach § 48 (Abs. 3) VwVfG in Abhängigkeit von einem Erfolg der Beschwerde ist nicht mehr möglich. Denn  die Aufhebung setzt eine behördliche Ermessensentscheidung voraus, bei der Dispositionen des zugelassenen Bewerbers im Rahmen des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.11.2015 - 7 ME 90/15 -, juris, Rn. 6, unter Bezug auf den vorhergehenden Beschl. v. 17. 11.2009 - 7 ME 116/09 -, juris), und solche schutzwürdige Dispositionen hat die Antragstellerin auf der Grundlage ihrer vorbehaltlosen Zulassung vom 6. Februar 2017 mit der Planung ihres Gastspiels bei der Antragsgegnerin im April 2017 getroffen. Außerdem spräche gegen eine Rücknahme, dass dagegen wiederum ein effektiver Rechtsschutz möglich sein muss und dafür ggf. keine hinreichende Zeit mehr zur Verfügung steht.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde ergibt sich auch nicht im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 945 ZPO, wie die Antragsgegnerin unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 18.2.2013 - 12 CE 12.2104 -, juris, Rn. 34) geltend macht. Dabei kann offen bleiben, ob dieser Rechtsprechung überhaupt zu folgen ist oder ihr nicht der allgemein anerkannte Grundsatz entgegensteht, dass es nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes ist, die Rechtmäßigkeit einer in der Sache erledigten Entscheidung für einen Folgeprozess zu klären (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 23.5.2016 - 1 WDS-VR 8/15 -, juris, Rn. 21, m. w. N.). Jedenfalls mangelt es an einem vollzugsbedingten Schaden der Antragsgegnerin. Für die Überlassung des Platzes erhebt sie ein Entgelt. Die Durchführung einer von ihr abgelehnten Veranstaltung stellt daher nur einen ideellen Nachteil, nicht aber einen ersatzfähigen materiellen Schaden i. S. d. § 945 ZPO dar.

2. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen ohnehin zu Recht sowohl einen Anordnungsanspruch (2.1.) als auch einen Anordnungsgrund (2.2.) bejaht.

2.1 a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Kommune wie die Antragsgegnerin nach dem Vorrang des Gesetzes weder allgemein noch im Rahmen der Regelung der Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen gegen vorrangige u.a. bundesgesetzliche Normen verstoßen darf. Soweit der Bund also eine Materie abschließend geregelt hat, steht einer Gemeinde kein Regelungsspielraum zu. Von seiner nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG eröffneten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zum „Tierschutz“ hat der Bund in § 11 TierSchG aber abschließend Gebrauch gemacht, soweit es um die Voraussetzungen für das hier in Rede stehende Verbot des gewerbsmäßigen Zurschaustellen von (wildlebenden) Tieren an wechselnden Orten aus Gründen des Tierschutzes geht. Insoweit besteht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d, Satz 2 TierSchG ein Genehmigungsvorbehalt. Nach § 11 Abs. 4 TierSchG kann durch Rechtsverordnung unter den dort genannten Bedingungen das Zurschaustellen von Tieren an wechselnden Orten beschränkt oder verboten werden. Diese Regelungen sind abschließend und lassen daher keinen Raum, aus tierschutzrechtlichen Gründen auch nur teilweise, d.h. bezogen auf kommunale Einrichtungen, unabhängig von den bundesrechtlichen Normen und unterhalb der darin bezeichneten „Eingriffsschwelle“ ein generelles Verbot des Mitsichführens von (Wild-)Tieren durch Zirkusunternehmen auszusprechen.

Entgegen des Beschwerdevorbringens ist das Verbot in dem zugrunde liegenden Ratsbeschluss vom 15. Juni 2016 aber so, d.h. ausschließlich tierschutzrechtlich begründet worden. Denn in der Begründung der Ratsvorlage zu dem Verbot wird ausdrücklich auf die bislang vergeblichen Initiativen des Bundesrates für ein bundesrechtliches Verbot von Wildtieren in Zirkusbetrieben verwiesen, also der unzulässige Versuch unternommen, das insoweit rechtspolitisch als defizitär angesehene Bundesrecht auf kommunaler Ebene zu „verbessern“ bzw. zu „verwässern“.

Zur Klarstellung wird darauf verwiesen, dass von der vorbezeichneten Sperrwirkung gefahrenabwehrrechtliche (vgl. etwa Bayr. VGH, Beschl. v. 1.7.2012 - 10 CS 12.1475 -, juris, Rn. 4) einschließlich bauordnungsrechtlicher Gründe für ein Verbot des Mitsichführens von Wildtieren ebenso wenig mit umfasst sind wie ein Einschreiten aus tierschutzrechtlichen Gründen im Einzelfall, die nicht vom Regelungsgehalt der Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG eingeschlossen sind; ebenso wenig ist eine Kommune verpflichtet, für den Auftritt von Zirkussen mit Wildtieren geeignete Flächen überhaupt vorzuhalten oder allgemein Tiere in ihren Einrichtungen (außerhalb etwa von Tierheimen) zuzulassen.

b) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 16.10.2013             - 8 CN 1/12 -, Leitsatz 3, juris) ist geklärt, dass die den Kommunen eingeräumte allgemeine Satzungsbefugnis sowie die Befugnis, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln, keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellen, um einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen. Weiterhin ist danach (BVerwG, a.a.O., Rn. 24, m. w. N.) anerkannt, dass „auch nicht unmittelbar auf die berufliche Betätigung abzielende Maßnahmen infolge ihrer spürbaren tatsächlichen Auswirkungen geeignet sein können, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG mittelbar erheblich zu beeinträchtigen. Voraussetzung für die Anerkennung solcher faktischen Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit ist, dass ein enger Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs besteht und dass nicht nur vom Staat ausgehende Veränderungen der Marktdaten oder allgemeinen Rahmenbedingungen eintreten, sondern eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennbar ist (BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267, 302 und vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29, 48).“

Hieran gemessen dürfte auch der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts zu folgen sein, dass in dem - durch den in Rede stehenden Ablehnungsbescheid vom 18. August 2016 umgesetzten - Ratsbeschluss vom 15. Juni 2016 ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung von Zirkusunternehmen liegt. Denn dadurch soll reisenden Zirkusunternehmen das Mitführen von Wildtieren nicht mehr möglich sein, d.h. der Ratsbeschluss weist eine objektiv berufsregelnde Tendenz ebenso wie spürbare tatsächliche Auswirkungen auf. Den betroffenen Unternehmen verbleibt zwar rechtlich die Möglichkeit, ihre Wildtiere in stationären Einrichtungen sowie außerhalb von kommunalen Flächen zu präsentieren. Tatsächlich mangelt es aber im Bundesgebiet an einem Markt für entsprechende stationäre Zirkusbetriebsflächen und auch das Angebot an geeigneten, nicht kommunalen Flächen für reisende Zirkusbetriebe dürfte eng begrenzt sein.

2.2 Im Übrigen greifen auch die Einwände der Antragsgegnerin gegen die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht durch.

Die Antragsgegnerin stellt zu Recht nicht in Abrede, dass eine Klärung im Hauptsacheverfahren vor dem April 2017 nicht mehr möglich, also die Eilbedürftigkeit einer Regelung zu bejahen ist. Soweit sie unter Bezug auf die Kommentierung von Schoch (in: ders./Schneider/Bier, VwGO, § 123, Rn. 87a) darauf verweist, dass ein Anordnungsgrund auch dann fehlen kann, wenn der Antragsteller die zu befürchtenden Nachteile durch ein verspätetes Gesuch um Rechtsschutz selbst zu vertreten hat, bezieht sich dies auf Fallgestaltungen, in denen selbst der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu spät käme, nicht aber nur eine Klageerhebung - wie hier von der Antragsgegnerin angenommen. Der Antrag nach § 123 VwGO ist vorliegend jedoch von der Antragstellerin im Dezember 2016 und damit auch unter Einbeziehung der notwendigen Planungszeit noch rechtzeitig vor dem für Anfang April 2017 geplanten Gastspiel im Gebiet der Antragsgegnerin gestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an die Nrn. 22.3, 54.5 des Streitwertkatalogs ist zwar grundsätzlich von dem erwarteten Gewinn bei der Zulassung auszugehen. Verlässliche Angaben liegen hierzu aber nicht vor. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin ergäbe sich unter Abzug der Fixkosten für vier Tage bei den geplanten Auftritten an zwei Tagen kein Gewinn durch das Gastspiel mehr. Daher ist nach Nr. 22.3 auf den Auffangwert zurückzugreifen und dieser wegen der Vorwegnahme der Hauptsache ungekürzt zu Grunde zu legen. Die Änderung der Streitwertfestsetzung für die erste Instanz beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).