Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.12.2013, Az.: 2 LC 222/13
Zulässigkeit der Erteilung einer Wohnsitzauflage bei subsidiär Schutzberechtigten gem. § 60 Abs. 2 AufenthG
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.12.2013
- Aktenzeichen
- 2 LC 222/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 53274
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:1211.2LC222.13.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 19.08.2014 - AZ: BVerwG 1 C 3.14
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 2 AufenthG
- Art. 23 Genfer Flüchtlingskonvention
- Art. 26 Genfer Flüchtlingskonvention
- Art. 16a GG
Fundstellen
- AUAS 2014, 38-43
- DÖV 2014, 403
Amtlicher Leitsatz
Die Erteilung einer Wohnsitzauflage bei nach § 60 Abs. 2 AufenthG subsidiär Schutzberechtigten ist aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts von Art. 23, 26 Genfer Flüchtlingskonvention einerseits und Art. 28, 32 der Richtlinie 2004/83/EG bzw. Art. 29, 33 der Nachfolgerichtlinie 2011/95/EU andererseits zulässig (aA. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 18 A 1291/13 , [...]).
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 2. Senat - ohne mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Bremer, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Vogel, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Claaßen sowie die ehrenamtlichen Richterinnen C. und D.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer - vom 9. April 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die subsidiär schutzberechtigte Klägerin begehrt die Aufhebung einer Wohnsitzauflage, die die Beklagte der der Klägerin erteilten Aufenthaltserlaubnis beigefügt hat.
Die Klägerin wurde nach eigenen Angaben am .... Januar 19... in Syrien geboren und bezeichnet sich als kurdische Volkszugehörige yezidischer Glaubenszugehörigkeit. Nach ihren Angaben wohnte sie zuletzt in Syrien im Kreis E.. Sie will Syrien am 1. April 2001 - soweit ersichtlich zusammen mit ihrer Mutter und sechs Geschwistern - mit Hilfe eines Schleppers über die Türkei verlassen haben und auf dem Landweg in das Bundesgebiet eingereist sein.
Das Asylbegehren lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 7. Mai 2001 ab und stellte fest, dass auch die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht vorlägen. Zur Begründung führte es aus, Asyl gemäß Art. 16 a GG könne aufgrund der Einreise über einen sicheren Drittstaat (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG) nicht gewährt werden. Ein Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG liege nicht vor, da von einer politischen Verfolgung nicht auszugehen sei. Die yezidische Glaubens- und kurdische Volkszugehörigkeit reichten hierfür nicht aus. Zudem bestehe die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative durch Wohnsitznahme in einer der größeren Städte in Syrien. Auch die Asylantragstellung im Bundesgebiet führe bei Rückkehr nicht zu politischer Verfolgung. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG seien nicht ersichtlich. Im Laufe der daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG zurückgenommen.
Mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 21. März 2002 (6 A 110/01) hat das Verwaltungsgericht Braunschweig das aufrechterhaltene Begehren (§ 51 Abs. 1, 53 AuslG) abgewiesen.
In der Folgezeit erhielt die Klägerin, die keine Personalpapiere vorlegte, Duldungen mit einer räumlichen Aufenthaltsbeschränkung und der Vorgabe eines Wohnsitzes.
Im September 2004 und August 2005 wies die Beklagte darauf hin, dass in Syrien grundsätzlich jeder Bürger ab dem vollendeten 14. Lebensjahr verpflichtet sei, seine Identitätskarte mit sich zu führen und daher seine Identitätsnummer kennen müsse, mit deren Hilfe auch die Eintragungen im syrischen Personenstandsregister für syrische Staatsangehörige nachprüfbar seien. Zumindest die Mutter der Klägerin, F. B., geb. .........., müsse ihre maßgebliche Registriernummer und den Registrierungsort kennen. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Klägerin, ihre Großeltern stammten aus der Türkei und hätten dort auch gelebt, sie wisse nicht, wann diese nach Syrien eingereist seien. Nach Aktenlage kommen - soweit ersichtlich - der Großvater der Klägerin und ihre Urgroßeltern jeweils mütterlicherseits aus der Türkei.
Mit Bescheid vom 22. August 2006 wurde ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis (nunmehr Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG) abgelehnt, da sich weder die Klägerin noch ihre Mutter ausreichend um Identitätspapiere bemüht hätten. Die Nennung der Registrierungsnummer sei zumutbar, zumal die Klägerin nach ihren Angaben im Asylverfahren in Syrien einen Auszug aus dem Personalregister besessen habe und ihre Mutter ausweislich von Schreiben an die syrische Botschaft, Berlin, in Syrien über einen Reisepass verfügt habe. Die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist im Juni 2007 zurückgenommen worden.
Ein Begehren der Klägerin auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2008 gemäß § 11 Beschäftigungsverfahrensverordnung ab, weil die geduldete Klägerin aus von ihr zu vertretenden Gründen (Nichtvorlage von Personenstandspapieren) nicht abgeschoben werden könne. Die dagegen erhobene Klage hat die Klägerin zurückgenommen.
Im Mai 2008 teilte ein von der Klägerin bzw. ihrer Mutter beauftragter Rechtsanwalt (G. H.) aus Syrien mit, dass er trotz Vorsprache bei den Behörden in E. / El I. keine Personenstandspapiere erhalten habe. Im April 2010 wies der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass seiner 2003 volljährig gewordenen Mandantin etwaige unzureichende Mitwirkungshandlungen ihrer Mutter nicht zugerechnet werden könnten. Ihr selbst sei eine Registriernummer nicht bekannt.
Mit Runderlass vom 2. Mai 2011 setzte das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport aufgrund der politischen Entwicklung in Syrien Abschiebungen nach Syrien aus.
Die Klägerin beantragte daraufhin erneut die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Die Beklagte lehnte dieses mit Bescheid vom 7. Februar 2012 ab: Zwar sei das Abschiebungshindernis aufgrund des Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 2. Mai 2011 nicht mehr als selbstverschuldet anzusehen, das in § 10 Beschäftigungsverfahrensverordnung eingeräumte Ermessen werde jedoch dahin ausgeübt, den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für die Beschäftigung abzulehnen, da die Klägerin nach wie vor ihrer Passpflicht nicht nachgekommen sei, obgleich sie nach ihren Angaben vor dem Bundesamt einen Registerauszug besessen habe. Die Klägerin erhob dagegen erneut Klage, die später wegen Nichtbetreibens des Verfahrens (die Klägerin hatte zwischenzeitlich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, vgl. sogleich) eingestellt worden ist.
Auf Antrag der Klägerin vom Oktober 2011 auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG (früher § 53 AuslG) stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 30. März 2012 unter Abänderung des früheren Bescheides vom 7. Mai 2001 ein Abschiebungsverbot für die Klägerin nach § 60 Abs. 2 AufenthG fest und hob die im Bescheid vom 7. Mai 2001 enthaltene Abschiebungsandrohung auf. Das Bundesamt ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die Antragstellerin eine syrische Staatsangehörige mit kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit sei.
Unter dem 5. April 2012 wurde der Klägerin daher zunächst eine befristete Fiktionsbescheinigung (§ 81 AufenthG) mit dem Zusatz "Beschäftigung gestattet, Wohnsitz ist in der Region J. mit Ausnahme der Landeshauptstadt zu nehmen", erteilt. Ebenfalls am 5. April 2012, ausgehändigt am 23. Mai 2012, erhielt die Klägerin eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis nach dem damals für subsidiär Schutzberechtigte (noch) maßgebenden § 25 Abs. 3 AufenthG (idFdB. v. 25.2.2008 einschl. d. Änderungen bis zum Mai 2012). In einem Zusatzblatt vom 16. Mai. 2012 wurde die schon in der Fiktionsbescheinigung enthaltene Wohnsitzauflage übernommen.
Die Klägerin erhielt und erhält öffentliche Leistungen, seit dem 5. April 2012 nach dem SGB II (sog. ALG II).
Das Begehren auf Streichung der Wohnsitzauflage lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29. Mai 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (Nr. 12.2.5.2.2) stelle die wohnsitzbeschränkende Auflage ein geeignetes Mittel dar, um mittels einer regionalen Bindung die überproportionale fiskalische Belastung einzelner Länder und Kommunen durch ausländische Empfänger sozialer Leistungen zu verhindern. Entsprechende Auflagen könnten auch dazu beitragen, einer Konzentrierung sozialhilfeabhängiger Ausländer in bestimmten Gebieten und der damit einhergehenden Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf die Integration von Ausländern vorzubeugen. Solange und soweit Leistungen nach dem SGB II oder XII oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt würden, würden daher wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt. Lediglich bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG werde auf die Beifügung einer Wohnsitzauflage verzichtet.
Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, die ihr als subsidiär Schutzberechtigte nur aus fiskalischen Gründen erteilte Wohnsitzauflage verstoße gegen Art. 32 und 28 der Richtlinie 2004/83/EG. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, [...]), wonach eine Wohnsitzauflage bei nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkannten Flüchtlingen nicht zulässig sei, seien entsprechend auf subsidiär Schutzberechtigte zu übertragen.
Die Klägerin hat beantragt,
die der Aufenthaltserlaubnis beigefügte Wohnsitzauflage aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, nach der Erlasslage sei sie gehalten, eine wohnsitzbeschränkende Auflage zu erteilen, soweit und solange der Betroffene öffentliche Unterstützungsleistungen beziehe. Diese Vorgabe stehe in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2004/83/EG, die subsidiär Schutzberechtigten (lediglich) Bewegungsfreiheit, jedoch keine Wohnortwahl gewähre. Die für Flüchtlinge nach der GFK geltende andere Rechtslage beruhe auf dem von der Richtlinie abweichenden Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen in der GFK.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die bereits vom Verwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit zugelassene Berufung der Klägerin.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vertiefend vor, es sei nicht davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber bezogen auf Wohnsitzauflagen subsidiär Schutzberechtigte anders als Flüchtlinge iSd. GFK habe behandeln und mit den Regelungen in der Richtlinie 2004/83/EG hinter den Regelungen der GFK habe zurückbleiben wollen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verpflichten, die der Aufenthaltserlaubnis beigefügte Wohnsitzauflage aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass Art. 28 und 32 der Richtlinie 2004/83/EG ebenso wie die entsprechenden Regelungen der Nachfolgerichtlinie 2011/95/EU einerseits und Art. 23 und 26 GFK andererseits unterschiedliche Regelungen träfen. Da die Klägerin kein Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention, sondern lediglich subsidiär schutzberechtigt sei, könne sie sich auf die weitergehenden Gewährleistungen der GFK nicht berufen. Unerheblich sei zudem, dass die Klägerin als subsidiär Schutzberechtigte nach den Änderungen des AufenthG durch das Richtlinienumsetzungsgesetz (v. 28.8.2013, BGBl. 2013, 3474) seit Anfang Dezember 2013 einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG habe; denn das Nds. Ministerium für Inneres und Sport habe mit Erlass vom 26. November 2013 klargestellt, dass bei auf öffentliche Leistungen angewiesenen subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von der Art des Aufenthaltstitels (nach wie vor) eine Wohnsitzauflage zulässig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin als subsidiär Schutzberechtigte nach § 60 Abs. 2 AufenthG iVm. Art. 15 b der Richtlinie 2004/83/EG eine Wohnsitzauflage erteilt werden konnte.
1. Die Klage gegen die der Aufenthaltserlaubnis beigefügte Wohnsitzauflage ist als Anfechtungsklage zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, [...]). Die Wohnsitzauflage ist im April 2012 erstmals dem zu jener Zeit (noch) nach § 25 Abs. 3 AufenthG neu erteilten Aufenthaltstitel beigefügt worden und die Klägerin hat dagegen rechtzeitig Klage erhoben.
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz; denn die Wohnsitzauflage entfaltet Dauerwirkung, weil sie nicht nur jeweils für die befristete Zeit der Aufenthaltserlaubnis, sondern auch darüber hinaus gültig ist (§ 51 Abs. 6 AufenthG). Rechtsgrundlage der Wohnsitzauflage ist daher § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (idFdB v. 25.2.2008, einschl. d. Änd. durch das Richtlinienumsetzungsgesetz v. 28. 8.2013 u. durch das Gesetz v. 29.8.2013, BGBl. 2008, 162, 2013, 3474 u. 3484). Danach kann ein Aufenthaltstitel, der in der Regel für das gesamte Bundesgebiet erteilt wird (§ 12 Abs. 1 AufenthG), mit Auflagen, insb. einer räumlichen Beschränkung verbunden werden. Die Erteilung einer Wohnsitzauflage ist danach grundsätzlich zulässig, weil sie gegenüber der in der Vorschrift ausdrücklich genannten räumlichen Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis einen geringeren Eingriff darstellt. Sie ordnet eine Residenzpflicht zwar an, schränkt die Freizügigkeit im Bundesgebiet im Übrigen aber (anders als bei einer Duldung, vgl. § 61 AufenthG) nicht ein.
Die Entscheidung über die Beifügung einer Wohnsitzauflage steht im Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde. Diese Entscheidung ist daher nur auf Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) überprüfbar, mithin darauf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
a. Der Umstand, dass die auf einem Zusatzblatt zum elektronischen Aufenthaltstitel aufgenommene Auflage damals nicht begründet wurde, führt nicht zu einem Mangel der Ermessensausübung, weil die Beklagte die Begründung mit Schreiben vom 29. Mai 2012 nachgeholt hat.
b. Die Wohnsitzauflage steht mit der nationalen Erlasslage in Einklang
aa) Sie entsprach im April 2012 den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern (Allg. VV, v. 26.10.2009, GMBl. 2009, Nr. 42). Darin wird u.a. bestimmt:
12.2.5.1.2:
"Die der Ausländerbehörde bekannten oder erkennbaren Belange des Ausländers, die einer bestimmten Beschränkung der Wohnsitznahme im Einzelfall entgegenstehen (z. B. Notwendigkeit des Umzugs zwecks Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft oder eine Behinderung), sind von Amts wegen bereits bei der Entscheidung über die Auflagenerteilung zu berücksichtigen.
12.2.5.2.1:
Die wohnsitzbeschränkende Auflage stellt insbesondere ein geeignetes Mittel dar, um mittels einer regionalen Bindung die überproportionale fiskalische Belastung einzelner Länder und Kommunen durch ausländische Empfänger sozialer Leistungen zu verhindern. Entsprechende Auflagen können auch dazu beitragen, einer Konzentrierung sozialhilfeabhängiger Ausländer in bestimmten Gebieten und der damit einhergehenden Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf die Integration von Ausländern vorzubeugen. Entsprechende Maßnahmen sind auch gerechtfertigt, um Ausländer mit einem besonderen Integrationsbedarf an einen bestimmten Wohnort zu binden, damit sie dort von den Integrationsangeboten Gebrauch machen können.
12.2.5.2.2.:
Vor diesem Hintergrund werden wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt und aufrechterhalten bei Inhabern von Aufenthaltserlaubnissen nach Kap. 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes bzw. Niederlassungserlaubnissen nach § 23 Abs. 2, soweit und solange sie Leistungen nach dem SGB II oder XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Hierzu zählen auch Aufenthaltserlaubnisse nach §§ 104 a und 104 b.
12.2.5.2.3:
Für Asylberechtigte und Flüchtlinge, d. h. für Inhaber von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 1 und 2 kommen wohnsitzbeschränkende Auflagen nur in Betracht, soweit deren Verhängung auch aus migrations- und integrationspolitischen Interessen erforderlich ist, da sich aus dem Zusammenwirken der in Art. 26 Genfer Flüchtlingskonvention gewährten Freizügigkeit mit dem Grundsatz fürsorgerechtlicher Gleichbehandlung (Art. 24 Genfer Flüchtlingskonvention) ergibt, dass freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen gegenüber Flüchtlingen nicht allein zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Soziallasten eingesetzt werden dürfen ............."
Sie entsprach zudem der Erlasslage in Niedersachsen, die - nach vorübergehenden Irritationen im April/Mai 2012 - unter anderem im August 2012 und Februar 2013 vorgab, bei nur subsidiär Schutzberechtigten weiterhin eine Wohnsitzauflage nach Ziff. 12.2.5.2.2 zu erteilen, sofern öffentliche Leistungen bezogen werden.
bb. Auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats steht die Auflage mit den Erlassvorgaben in Übereinstimmung.
Allerdings sind durch das zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretene "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU" (v. 28.8.2013, BGBl. I 2013, 3474) wesentliche Änderungen im AufenthG erfolgt. Unter anderem ist der Wortlaut des § 25 AufenthG geändert worden. Subsidiär Schutzberechtige unterfallen nunmehr § 25 Abs. 2 AufenthG und haben einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr, bei Verlängerung für mindestens zwei Jahre. Nach § 104 Abs. 9 AufenthG ist der Klägerin von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG zu erteilen, da Hinweise auf etwaige Ausschlussgründe nicht ersichtlich sind. Das Nds. Ministerium für Inneres und Sport hat indes mit Erlass vom 26. November 2013 (GA Bl. 125) klargestellt, dass es bei auf öffentliche Leistungen angewiesenen subsidiär Schutzberechtigten weiterhin bei einer Wohnsitzauflage verbleibe.
cc. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es schließlich nicht zu beanstanden, wenn das Ermessen durch Erlasse gelenkt wird und sich die Vorgaben der Erlasse nicht auf einzelne Ausländer, sondern auf Gruppen von Ausländern beziehen und das Bedürfnis für eine Wohnsitzbeschränkung aus dem (bloß) erwarteten oder befürchteten Verhalten einer Ausländergruppe abgeleitet wird (hier: Gefahr einer überproportionale Belastung einzelner Kommunen in finanzieller Hinsicht und des Entstehens von sozialen Brennpunkten), solange nicht die Besonderheiten des Einzelfalles aus den Augen verloren werden (BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, [...], mwN., v. 19.3.1996 - 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335, [...]). Anhaltspunkte für berücksichtigungswürdige individuelle Belange der Klägerin liegen nicht vor. Sie sind weder von ihr geltend gemacht noch ergeben sie sich aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen, so dass es insoweit keiner weitergehenden Ermessenserwägungen bedurfte.
c. Ein Verstoß gegen Art. 2 Zusatzprotokoll IV zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK - (v. 16.9.1963, BGBl 1968 II, S. 423, 1109) liegt nicht vor. Danach hat jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Der rechtmäßige Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung wird aber durch nationales Recht, hier also auch durch die Wohnsitzauflage mit definiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.3.1996 - 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335, [...], zu einer räumlichen Beschränkung; erk. Ger., Urt. v 6.6.2001 - 9 LB 1404/01 -; Bay. VGH, Urt. v. 9.5.2011 - 19 B 10.2384 -, [...]; VG Bremen, Urt. v. 9.9.2013 - 4 K 185/13 -, [...] mwN.; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 12 Rnr. 50; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. S. 441; Fritzsch, Zur Zulässigkeit wohnsitzbeschränkender Auflagen, ZAR 2007, 356). Entsprechendes gilt in Bezug auf Art. 12 Abs. 1 und 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (v. 19.12.1966, BGBl 1973, II, S. 1534 und 1976 II, S. 1068; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.3.1996, aaO.; erk. Ger., Urt. v 6.6.2001 - 9 LB 1404/01 -; Bay. VGH, Urt. v. 9.5.2011 - 19 B 10.2384 -, [...]; Fritzsch, aaO.).
d. Die Wohnsitzauflage ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (v. 28.7.1951, BGBl. 1953 II S. 559, GFK; vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, aaO) als ermessensfehlerhaft anzusehen, weil die Klägerin "lediglich" als subsidiär Schutzberechtigte, nicht aber als Flüchtling im Sinne der GFK anerkannt worden ist.
e. Die Wohnsitzauflage verstößt auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht und hier insbesondere weder gegen Art. 32 (aa) noch gegen Art. 28 (bb) der "Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes" (v. 29.4.2004, Amtsbl. EU L 304/12, sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folg. QLR 2004; im einzelnen str., die Zulässigkeit einer Wohnsitzauflage bejahen u.a.: VG d. Saarlandes, Urt. v. 9.1.2014 - 6 K 945/13 -, [...]; VG Stade, Urt. v. 8.1.2014 - 6 A 2847/13 -; VG Hamburg, Urt. v. 17.6.2013 - 8 K 2952/ 12 -, [...]; VG Bremen, Urt. v. 9.9.2013 - 4 K 185/13 -, [...]; VG Münster, Urt. v. 18.4.2013 - 8 K 295/13 -, [...]; wohl auch Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 12 Rnr. 48; verneinend u.a. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 -, [...]; VG Aachen, Urt. v. 10.6.2013 - 9 K 2121/12 -, [...]; VG Augsburg, Urt. v. 21.2.2013 - Au 6 K 12.1391 -, [...]; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 31.1.2013 - 8 K 3538/12 -, [...]; VG Meiningen, Urt. v. 20.11.2012 - 2 K 349/12 -, [...]; VG Oldenburg, Urt. v. 28.1.2009 - 11 A 1756/07 -, [...]; Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 691; UNHCR, Kommentar zur QRL 2004, S. 40).
aa) Die QLR 2004, die erst mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Nachfolgerichtlinie 2011/95/EU zum 21. Dezember 2013 aufgehoben wird (vgl. Art. 39, 40 der Nachfolgerichtlinie) gilt sowohl für Flüchtlinge iSd. GFK als auch für - von der GFK nicht erfasste - subsidiär Schutzberechtigte, fasst unter dem Begriff "internationaler Schutz" beide Gruppen zusammen und geht in Art. 20 ff. vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten aus (Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 660). Abweichungen für subsidiär Schutzberechtigte bedürfen einer ausdrücklichen Regelung, wie sie z.B. in Art. 23 Abs. 2 Satz 2, 24 Abs. 2, 25 Abs. 2, 26 Abs. 3, 28 Abs. 2, 29 Abs. 2, 33 Abs. 2 getroffen ist (vgl. hierzu Marx, aaO., S. 661). Der vorliegend maßgebliche Art. 32 QRL 2004 differenziert allerdings nicht zwischen Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten. Die Vorschrift lautet:
"Art. 32
Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaates
Die Mitgliedstaaten gestatten die Bewegungsfreiheit von Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in ihrem Hoheitsgebiet unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.
(1) Allein aus dem Umstand, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in der Vorschrift einheitlich behandelt werden, kann nicht gefolgert werden, auch bei subsidiär Schutzberechtigten gelte das aus Art. 26 und 23 GFK (für Flüchtlinge) abzuleitende Verbot, Wohnsitzauflagen nur wegen der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zu erteilen. Diesem Ansatz steht entgegen, dass der Wortlaut von Art. 32 QLR 2004 in entscheidender Weise von 26 GFK abweicht, was zugleich einer erweiternden Auslegung Grenzen setzt. Art. 26 GFK lautet:
"Art 26
Freizügigkeit
Jeder vertragschließende Staat wird den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in seinem Gebiet befinden, das Recht gewähren, dort ihren Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen, vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden",
und in der englischen Version:
"Article 26
Freedom of movement
"Each contracting state shall accord to refugees lawfully in its territory the right to choose their place of residence and to move freely within its territory, subject to any regulations applicable to aliens generally in the same circumstances."
In der GFK wird mithin ausdrücklich zwischen dem Recht, den Aufenthalt zu wählen und dem Recht, sich frei zu bewegen, unterschieden (vgl. auch Renner/Bergmann/ Dienelt, AuslR, 2013, § 12 Rnr. 36). Soweit einzelne Veröffentlichungen der GFK - so u.a. die im Internet zum 60. Jubiläum des UNHCR bereitgestellten Fassung - das Wort "and" in Art. 26 GFK nicht enthalten, steht dies nicht in Übereinklang mit dem offiziellen Text der GFK, wie er z. B. im Bundesgesetzblatt (BGBl. 1953 II S. 559) oder in der United Nations Treaty Collection (https://treaties.un.org) niedergelegt ist. Schon mangels Vergleichbarkeit der Texte können daher aus der Rechtsprechung zu Art. 26 GFK keine Schlussfolgerungen für die Bedeutung von Art. 32 QLR 2004 gezogen werden (aA. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 -, [...]).
(2) Aber auch auf den Wortlaut allein von Art. 32 QLR 2004 kann die Klägerin ihr Begehren nicht stützen. Allerdings scheint die Überschrift von Art. 32 QRL 2004 in der deutschen Übersetzung ("Freizügigkeit") darauf hinzudeuten, dass der Artikel weit zu verstehen ist, denn nach deutschen Verständnis bedeutet Freizügigkeit die Möglichkeit "an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen" (Jarass/Pieroth, GG, 2012, Art. 11 Anm. 2).
In der bislang zu der hier aufgeworfenen Frage der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage ergangenen Rechtsprechung (vgl. oben) ist indes bereits ausführlich erörtert worden, dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen des Art. 32 QRL 2004 voneinander abweichen. Dies ist zu berücksichtigen; denn eine von den anderen Übersetzungen abweichende Sprachfassung darf nicht als alleinige Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Eine solche Vorgehensweise wäre mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts nicht vereinbar (EuGH, Urt. v. 19.9.2013 - C-140/12 -, [...]). Daraus folgt allerdings noch nicht zwingend, dass von einer Wortlautauslegung völlig abzusehen wäre und nur noch andere Auslegungsmethoden heranzuziehen wären. Erweist sich vielmehr bei einem Vergleich der Sprachfassungen, dass andere Fassungen in sich stimmig(er) sind, so sind diese Fassungen für das Verständnis der Norm heranzuziehen.
Vorliegend stehen in der französischen und englischen Fassung bezogen auf Art. 32 QRL 2004 Überschrift und Artikelinhalt jeweils im Gleichklang:
"Article 32
Freedom of movement within the Member State
Member States shall allow freedom of movement within their territory to beneficiaries of refugee or subsidiary protection status, under the same conditions and restrictions as those provided for other third country nationals legally resident in their territories."
bzw.
"Article 32
Liberté de circulation à l'intérieur de l'État membre
Les États membres permettent aux personnes bénéficiant du statut de réfugié ou du statut conféré par la protection subsidiaire de circuler librement à l'intérieur de leur territoire, dans les mêmes conditions et avec les mêmes restrictions que celles qui sont prévues pour les ressortissants d'autres pays tiers résidant légalement sur leur territoire.",
so dass der Sinngehalt dieser Fassungen zugrunde zu legen ist. Das bedeutet gleichzeitig, dass die deutsche Fassung von Art. 32 QRL 2004 korrigierend dahin zu verstehen ist, dass in der Überschrift an die Stelle des Begriffs der "Freizügigkeit" derjenige der "Bewegungsfreiheit" zu treten hat.
Allerdings bleibt Art. 32 QRL 2004 damit für die von ihm ebenfalls erfassten Flüchtlinge iSd. GFK deutlich hinter Art. 26 GFK zurück, der (nicht nur die Bewegungsfreiheit, sondern daneben) die Wahl des Wohnsitzes ermöglicht. Es scheint auf den ersten Blick auch unschlüssig, dass der Richtliniengeber, der mit der Richtlinie gerade die Vorgaben der GFK umsetzen und dadurch auf eine in den Mitgliedstaaten einheitliche Rechtsstellung der GFK-Flüchtlinge hinwirken will (Marx, aaO., S. 660; vgl. auch Erwägungsgrund 3 der QRL 2004: "Die Genfer Konvention und das Protokoll stellen einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen dar."), hinter Vorgaben der GFK für die Gruppe der Flüchtlinge zurückbleibt, wobei allerdings festzuhalten ist, dass die Rechte der GFK-Flüchtlinge durch die Richtlinie nicht eingeschränkt werden können, weil für diese unmittelbar Art. 26 GFK zur Geltung kommt (vgl. auch Art 20 Abs. 1 QRL 2004). Der Umstand, dass die Richtlinie gerade nicht die Formulierungen der GFK übernommen hat, deren Umsetzung sie unter anderem dient, lässt indes darauf schließen, dass die sprachlichen Differenzierungen mit Bedacht vorgenommen worden sind, so dass sie nicht mit Rückgriff auf generalisierende Erwägungen überspielt werden können. Dies gilt umso mehr, als z.B. Art. 7 Richtlinie 2003/9/EG (ebenso Art. 7 der Nachfolgerichtlinie 2013/33/EU), Art. 45 Abs. 2 lit. a. und c. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder auch Art. 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) zeigen, dass dem Richtliniengeber/den EU-Organen der unterschiedliche Bedeutungsgehalt der Begriffe "Bewegungsfreiheit" einerseits und "Wohnsitznahme" andererseits geläufig sind. Dafür, dass die sprachlichen Differenzierungen mit Bedacht vorgenommen worden sind, spricht zudem, dass etliche Staaten (schon) gegen die in Art. 26 GFK eröffnete freie Wahl des Wohnsitzes Vorbehalte angemeldet haben (vgl. Nachweis bei Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 2013, § 12 Rnr. 41).
Auch in der anstelle der QRL 2004 ab 21. Dezember 2013 maßgebenden Nachfolgerichtlinie "2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes" (v. 13.12.2011, Amtsbl. EU L 337/9, QRL 2011) hat der Richtliniengeber schließlich bezogen auf den hier maßgeblichen Artikel am Wortlaut keine Änderung vorgenommen (aus Art. 32 QRL 2004 wurden lediglich Art. 33 QRL 2011).
(3) Unabhängig von den obigen Überlegungen ermöglicht Art. 32 QRL 2004 schließlich generell Einschränkungen, die auch für andere rechtmäßig im Aufnahmestaat lebende Drittstaatsangehörige gelten (Grundsatz der Ausländergleichbehandlung). Da (zwar nicht für GFK-Flüchtlinge, aber) für etliche andere Drittstaatsangehörige (z.B. Personen mit einem nur nationalen Abschiebungshindernis, sonstige Ausländer, die über einen humanitären Aufenthaltstitel verfügen) im Bundesgebiet Wohnsitzbeschränkungen wegen des Bezugs von öffentlichen Leistungen zulässig sind (vgl. oben Allg. VV), spricht auch dieser Aspekt für die Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage.
bb) Es stehen auch nicht andere Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG einer an den Bezug von öffentlichen Leistungen geknüpften Wohnsitzauflage bei subsidiär Schutzberechtigten entgegenstehen.
Allerdings ergibt sich für GFK-Flüchtlinge aus dem Zusammenspiel der in Art. 26 GFK gewährten Freizügigkeit mit dem Grundsatz fürsorgerechtlicher Gleichbehandlung in Art. 23 GFK - dort heißt es
Öffentliche Fürsorge
"Die vertragschließenden Staaten werden den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen gewähren" - ,
dass freizügigkeitsbeschränkende Maßgaben gegenüber Flüchtlingen nicht (allein) zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Soziallasten eingesetzt werden dürfen (BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, [...]).
Der in Art. 23 GFK niedergelegte umfassende Grundsatz fürsorgerechtlicher Gleichbehandlung ist jedoch nicht in vergleichbarem Maße in die entsprechende Vorschrift des Art. 28 QRL 2004 übernommen worden, so dass auch Art. 28 QRL 2004 der Erteilung einer Wohnsitzauflage an subsidiär Schutzberechtigte nicht entgegensteht.
Art. 28 QRL 2004 lautet:
"1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der die jeweilige Rechtstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten.
2. Abweichend von der allgemeinen Regel nach Abs. 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren."
Während Art. 23 GFK für Flüchtlinge also eine "gleiche Behandlung" (engl.: "the same treatment") wie bei eigenen Staatsangehörigen fordert, bestimmt Art. 28 Abs. 1 QRL 2004 lediglich, dass "die notwendige Sozialhilfe" (engl.: "necessary social assistance") wie bei eigenen Staatsangehörigen zu gewähren ist. Die "gleiche Behandlung" iSv. Art. 23 GFK ist ein weit gefasster Ausdruck, der nicht nur die gleichen Leistungen nach Art und Höhe einschließt, sondern auch voraussetzt, dass in vergleichbaren Situationen mit Flüchtlingen nicht anders umgegangen wird als mit eigenen Staatsangehörigen (BVerwG, Urt. v. Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, [...], v. 18.5.2000 - 5 C 29.98 -, BVerwGE 111, 200, [...]). Da eigenen Staatsangehörigen (nur) wegen des Bezugs von öffentlichen Leistungen keine Wohnsitzbeschränkung auferlegt werden darf, steht Art. 23 GFK mithin einer (nur) auf den Bezug von öffentlichen Leistungen gestützten Wohnsitzbeschränkung bei Flüchtlingen entgegen (BVerwG, Urt. v. 15.1.2008, aaO.). Eine derart weitgehende Bedeutung ist jedoch der Vorgabe in Art. 28 Abs. 1 QRL 2004, die lediglich die Gewährung der "notwendigen Sozialhilfe" / "necessary social assistance" fordert, nicht zu entnehmen; denn die Vorgabe zielt nur darauf ab, öffentliche Hilfe nach Höhe und Leistungsart wie bei eigenen Staatsangehörigen zu gewährleisten (aA. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 -, [...]).
Somit bleibt der Richtliniengeber auch bei dieser sowohl für Flüchtlinge als auch für subsidiär Schutzberechtigte geltenden Bestimmung erneut für Flüchtlinge hinter den Vorgaben in Art. 23 GFK zurück. Wie schon oben zu Art. 32 QRL 2004 ausgeführt, lässt auch bezogen auf Art. 28 QRL 2004 gerade der Umstand, dass die Richtlinie nicht die Formulierungen der GFK übernommen hat, deren Umsetzung sie unter anderem dient, darauf schließen, dass die sprachlichen Differenzierungen auch an dieser Stelle mit Bedacht vorgenommen worden sind, so dass sie ebenfalls nicht mit Rückgriff auf generalisierende Erwägungen überspielt werden können.
Zu einem anderen Ergebnis gibt auch Art. 28 Abs. 2 QRL 2004 keinen Anlass. Darin wird zwar - was zulässig ist (vgl. Art. 20 Abs. 2 und Erwägungsgrund 34), in Deutschland aber nicht zum Tragen kommen dürfte, weil es generell keine auf "Kernleistungen" herabgesetzte Sozialhilfe für Inländer gibt (vgl. hierzu allg. Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 706) - (nur) für subsidiär Schutzberechtigte der Schutzstatus gegenüber Abs. 1 abgesenkt. Dies rechtfertigt es aber nicht, Art. 28 Abs. 1 QRL 2004 deswegen erweiternd zu verstehen.
Die Nachfolgerichtlinie (QRL 2011) rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Allerdings sollen nach Erwägungsgrund 39 subsidiär Schutzberechtigte, abgesehen von notwendigen Ausnahmen, dieselben Rechte und Leistungen wie Flüchtlinge erhalten. Durch die QRL 2011 soll mithin der subsidiäre Schutzstandard weiter dem Flüchtlingsschutz angeglichen werden (Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 497). Entsprechend ist in einzelnen Bereichen der bislang abgesenkte Status von subsidiär Berechtigten in der QRL 2011 aufgehoben (z.B. Art. 26, 30, 34) bzw. gemildert (Art. 25) worden (Marx, aaO., S. 700, 707). Unabhängig davon, dass die QRL 2011 im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch keine Geltung hatte, ist jedoch wesentlich, dass der Richtliniengeber auch in der QRL 2011 bezogen auf den hier maßgeblichen Artikel am Wortlaut gerade keine Änderung vorgenommen (aus Art. 28 QRL 2004 wurden lediglich Art. 29 QRL 2011).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 VwGO: