Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.12.2013, Az.: 4 LC 272/11

Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die Kürzung des Wohngeldes wegen vorheriger fehlerhafter Berücksichtigung eines Kindes zur Haushaltsgemeinschaft

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.12.2013
Aktenzeichen
4 LC 272/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 51616
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:1210.4LC272.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 01.09.2011 - AZ: 4 A 81/11

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung einer Wohngeldbewilligung.

Er ist Eigentümer eines Wohnhauses, das er im Jahre 2000 mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen drei Söhnen - dem am 25. Oktober 1993 geborenen B., dem am 20 Januar 1996 geborenen C. und dem am 7. September 1998 geborenen D. - bezog. Im April 2008 verließ die Ehefrau mit den drei Kindern die gemeinsame Wohnung. Ab August 2008 waren die Kinder B. und C. wieder unter der Anschrift des Klägers gemeldet.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger Wohngeld in Höhe von monatlich 236 EUR für die Zeit von Februar 2009 bis Januar 2010 durch Bescheid vom 6. April 2009 und in Höhe von monatlich 206 EUR für die Zeit von Februar 2010 bis Januar 2011 durch Bescheid vom 22. März 2010, wobei er von einem Haushalt mit vier Personen, bestehend aus dem Kläger und seinen drei Kindern, ausging. Der Kläger beantragte im Dezember 2010 die weitere Gewährung von Wohngeld für die Zeit ab Februar 2011. Dabei gab er an, dass seine drei Söhne zu seinem Haushalt gehörten. Dem Antrag war eine Durchschrift des Protokolls einer nicht öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Papenburg vom 29. Juli 2010 beigefügt, in der sich der Kläger im Rahmen eines Vergleichs verpflichtet hatte, für die Zeit ab August 2010 Kindesunterhalt für seinen Sohn D. in Höhe von monatlich 25 EUR zu Händen seiner getrennt lebenden Ehefrau sowie rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von Januar bis Juli 2010 in Höhe von insgesamt 175 EUR in Raten von 10 EUR an den Landkreis Ammerland als Träger des Unterhaltsvorschusses zu zahlen. Des Weiteren legte der Kläger einen an seine getrennt lebende Ehefrau gerichteten Bescheid der Gemeinde E. vom 12. Februar 2009 vor, durch den seiner Ehefrau und dem Sohn D. Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März bis August 2009 bewilligt worden waren. Aufgrund dieses Wohngeldantrags bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 31. Januar 2011 Wohngeld in Höhe von monatlich 142 EUR für die Zeit von Februar 2011 bis Januar 2012. Bei der Wohngeldberechnung legte der Beklagte erneut einen Haushalt mit vier Personen zugrunde und berücksichtigte Unterhaltszahlungen des Klägers in Höhe von jährlich 420 EUR einkommensmindernd.

Am 22. Februar 2011 erhob der Kläger Klage (4 A 35/11) mit dem Ziel der Gewährung höheren Wohngelds. Bereits am 17. Februar 2011 hatte er beim Beklagten eine Überprüfung der Wohngeldbewilligung für die Zeit von Februar 2009 bis Januar 2011 mit der Begründung beantragt, der Beklagte habe bei der Wohngeldbewilligung die im Steuerbescheid des Finanzamtes Papenburg vom 13. September 2010 für das Jahr 2009 ausgewiesenen und den Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigenden Werbungskosten nicht berücksichtigt. Daraufhin führte der Beklagte für die Zeit ab Februar 2009 u. a. unter Berücksichtigung der in dem genannten Steuerbescheid nach Abzug von Fahrtkostenersatz ausgewiesenen Werbungskosten in Höhe von jährlich 2.740 EUR eine Neuberechnung des Wohngeldes für den Kläger durch und änderte mit fünf Bescheiden vom 25. Februar 2011 die Wohngeldbewilligung für die Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012. Mit dem Bescheid Nr. 5 erhöhte er für die Zeit von Februar 2011 bis Januar 2012 den monatlichen Wohngeldbetrag von 142 EUR auf 174 EUR. Diese Bescheide wurden in das Verfahren 4 A 35/11 einbezogen. Zur Erledigung dieses Verfahrens schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 1. September 2011 einen Vergleich mit u. a. folgendem Inhalt: "Der Beklagte hebt die mit den Bescheiden Nr. 3 und 4 vom 25.02.2011 verfügte Aufhebung von Wohngeldbewilligungen und die damit verbundene Rückforderung in Höhe von insgesamt 91,00 € auf und verpflichtet sich, diesen Betrag an den Kläger zu zahlen. Die Parteien sind darüber einig, dass damit sämtliche im vorliegenden Verfahren 4 A 35/11 geltend gemachten Ansprüche erledigt sind."

Zuvor hatte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 7. April 2011 mitgeteilt, dass er beabsichtige, den Wohngeldbescheid Nr. 5 vom 25. Februar 2011 zurückzunehmen und das Wohngeld für einen 3-Personen-Haushalt neu zu berechnen. Denn bei Durchsicht der Wohngeldakte sei aufgefallen, dass der Kläger am 19. Januar 2011 erklärt habe, dass sein Sohn D. bei seiner Ehefrau wohne. Dem entgegnete der Kläger in seinem Schreiben an den Beklagten vom 13. April 2011, sein Sohn D. sei weiterhin seinem Haushalt zuzuordnen, weil das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens diene. Dies wäre nicht mehr gewährleistet, wenn D. hierbei keine Berücksichtigung fände. Es sei der Wohngeldstelle seit langem bekannt, dass D. den allgemein üblichen Umgangskontakt mit ihm habe, er also alle 14 Tage das Wochenende von Freitag bis Sonntag sowie die Ferien und die Feiertage jeweils zur Hälfte bei ihm verbringe. Im Übrigen besuche D. tagsüber aufgrund seines besonderen Förderbedarfes das F. in Westerstede. Lediglich abends und an den übrigen Wochenenden halte er sich bei der Kindesmutter auf. Es lägen daher die Voraussetzungen des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG vor, weil eine Betreuung zu annähernd gleichen Teilen gegeben sei. D. sei auch bei ihm mit dem Zweitwohnsitz gemeldet.

Der Beklagte hob den Wohngeldbescheid Nr. 5 vom 25. Februar 2011 durch seinen Bescheid vom 26. April 2011 insoweit auf, als er für die Zeit von Mai 2011 bis Januar 2012 den Wohngeldbetrag von monatlich 174 EUR auf monatlich 46 EUR reduzierte. Zur Begründung führte er aus, dass nach der Überprüfung der Familienverhältnisse des Klägers dessen Sohn D. bei der Wohngeldberechnung nicht mehr als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen sei. Auf die Rückforderung von überzahltem Wohngeld für die Zeit von Februar bis April 2011 verzichte er aus Gründen des Vertrauensschutzes. Demgegenüber sei Vertrauensschutz im Sinne des § 45 SGB X für die Zeit ab Mai 2011 nicht gegeben. Zum einen sei noch kein Wohngeld ausgezahlt worden und zum anderen sei in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens dem öffentlichen Belang einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Klägers am Bestehen des zu Unrecht ergangenen Bescheides einzuräumen.

Dagegen hat der Kläger am 13. Mai 2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass sein Sohn D. weiterhin seinem Haushalt zuzuordnen sei. Jedes seiner drei Kinder besitze in seinem Haushalt ein eigenes Zimmer. Er streite sich gegenwärtig mit der Kindesmutter über das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend D.. D. selbst sei bestrebt, ganz zu ihm zu ziehen. Er habe zu keinem Zeitpunkt falsche Angaben bezüglich des Aufenthaltes seines Sohnes D. gemacht. Die Mitarbeiter der Wohngeldstelle des Beklagten seien darüber informiert gewesen, dass D. sich nur zeitweilig im Rahmen des Umgangsrechtes bei ihm aufhalte. Entsprechende Belege würden sich auch in den Verwaltungsvorgängen befinden. D. sei auch nicht gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 WoGG wegen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II vom Wohngeld ausgeschlossen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26. April 2011 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und zur Begründung ausgeführt, dass in der Vergangenheit bei der Wohngeldberechnung zu Unrecht von vier Haushaltsangehörigen ausgegangen worden sei. Hierbei seien die Angaben des Klägers unter anderem in seinem Antrag vom 13. Dezember 2010 zu Grunde gelegt worden. Diese Angaben seien offenkundig unzutreffend. Der Kläger habe für die Zeit ab August 2010 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 25 EUR sowie für die Zeit von Januar bis Juli 2010 einen Unterhaltsrückstand an den Kreis Ammerland zu entrichten. Bereits hieraus sei zu schließen, dass D. seit Januar 2010 nicht im Haushalt des Klägers lebe und dementsprechend bei der Wohngeldberechnung nicht zu berücksichtigen sei. Im Übrigen habe der Kläger in einer Erklärung vom 19. Januar 2011 selbst angegeben, dass sein Sohn noch bei der Mutter lebe und es demnächst ein Verfahren über das Aufenthaltsbestimmungsrecht geben werde. Der Sohn D. des Klägers könne auch nicht deshalb als Haushaltsmitglied des Klägers angesehen werden, weil dieser für seinen Sohn weiterhin ein Zimmer vorhalte und der Sohn im Rahmen der Umgangsregelung zu Besuch komme. Ferner sei D. auch in dem gegenüber der Ehefrau des Klägers ergangenen Bescheid vom 12. Februar 2009 über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Ehefrau aufgeführt worden. Gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 WoGG seien Empfänger von Leistungen nach dem SGB II vom Wohngeld ausgeschlossen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 1. September 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 26.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die verfügte teilweise Aufhebung der Wohngeldbewilligung für die Zeit von Mai 2011 bis Januar 2012 ist § 45 SGB X. Nach Abs. 1 der Bestimmung darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Abs. 2 der Bestimmung nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Vorliegend war die mit Bescheid Nr. 5 vom 25.02.2011 verfügte Bewilligung von Wohngeldleistungen in Höhe von monatlich 174,00 € insoweit rechtswidrig, als damit ein höherer Wohngeldbetrag als monatlich 46,00 € bewilligt worden war. Vorliegend ist der Beklagte bei der Wohngeldbewilligung mit Bescheid Nr. 5 vom 25.02.2011 zu Unrecht von einem Haushalt mit vier Personen ausgegangen. Tatsächlich gehörten zu dem Haushalt des Klägers zum Zeitpunkt der Wohngeldbewilligung nur drei Personen. Insbesondere war der Sohn D. des Klägers nicht als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen. Bei Berücksichtigung von lediglich drei Personen ergibt sich der im angefochtenen Bescheid festgesetzte monatliche Wohngeldbetrag in Höhe von 46,00 €. Die Berechnung des Beklagten ist vom Kläger nicht beanstandet worden. Insoweit sind auch ansonsten Fehler nicht ersichtlich. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Sohn D. des Klägers nicht gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WoGG zum Haushalt des Klägers gehört, da D. den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen am Wohnort der Kindesmutter in E. hat. Eine Zurechnung von D. zum Haushalt des Klägers kommt nur nach der seit dem 01.01.2009 geltenden Vorschrift des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG in Betracht, wonach ein Kind ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen zu zwei verschiedenen Haushalten gehören kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar leben der Kläger und seine Ehefrau nicht nur vorübergehend getrennt und haben das gemeinsame Sorgerecht für D.. Ferner kann auch davon ausgegangen werden, dass der Kläger zusätzlichen Wohnraum für die Betreuung seines Sohnes D. bereithält. Es fehlt hier jedoch daran, dass D. annähernd zu gleichen Teilen vom Kläger und seiner Ehefrau betreut wird. Insoweit ist es nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich erforderlich, dass sich das betreffende Kind abwechselnd und regelmäßig (z.B. tage- und wochenweise) bei beiden Elternteilen aufhält (vgl. Stadler pp., Wohngeldgesetz, Stand: August 2010, § 5 Rdnr. 85). Mit der genannten Bestimmung sollte die bereits durch Verwaltungsvorschrift (Teil A Nr. 4.34 WoGVwV 2002) geregelte Praxis in das Gesetz aufgenommen werden (vgl. BT-Drs. 16/6543, S. 91). Nach Satz 1 der genannten Verwaltungsvorschrift ist es aber für die Zurechnung eines Kindes zu dem Haushalt eines Elternteiles, bei dem es nicht seinen Lebensmittelpunkt hat, erforderlich, "dass sich das Kind abwechselnd und regelmäßig in den Wohnungen der Elternteile aufhält und dort betreut wird". Vorliegend erfolgt die Betreuung von D. nicht abwechselnd durch den Kläger und seine Ehefrau. Vielmehr hält sich D. nur im Rahmen des allgemein üblichen "Umgangskontakts" beim Kläger auf, d.h. er verbringt alle 14 Tage das Wochenende sowie die Ferien und Feiertage je zur Hälfte beim Kläger. Nach Auffassung des Gerichts wird aber eine Betreuung im Rahmen des üblichen "Umgangskontaktes" nicht von der Vorschrift des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG erfasst. Hierfür spricht insbesondere auch die Systematik des § 5 Abs. 6 WoGG. Satz 2 der Bestimmung regelt, dass für den Fall, dass Eltern mindestens zwei Kinder im Sinne des Satzes 1 nicht zu annähernd gleichen Teilen betreuen, bei dem Elternteil mit dem geringeren Betreuungsanteil nur das jüngste dieser nicht zu annähernd gleichen Teilen betreuten Kinder Haushaltsmitglied ist. Diese Regelung basiert auf der Erwägung, dass der Elternteil aufgrund der minderteiligen Betreuung von zwei oder mehr Kindern in aller Regel einen zusätzlichen Wohnraumbedarf hat, der bei der minderteiligen Betreuung nur eines Kindes regelmäßig nicht auftritt. Demgemäß ist Voraussetzung für die Anwendung des § 5 Abs. 6 Satz 2 WoGG, dass die minderteilige Betreuung durch den Elternteil einen nur unwesentlichen Umfang und Inhalt überschreitet (vgl. BT-Drs. aaO.). Fielen aber Fälle wie der vorliegende, bei denen eine Betreuung nur im Rahmen des üblichen "Umgangskontaktes" erfolgt, bereits unter die Vorschrift des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG, so verbliebe für Satz 2 der Bestimmung nur noch ein sehr geringer Anwendungsbereich, nämlich die Fälle, in denen die Betreuung des Elternteiles einen nur unwesentlichen Umfang und Inhalt überschreitet, andererseits aber hinter dem üblichen "Umgangskontakt" zurückbleibt. Aus diesem Grunde ist der Auffassung des Klägers nicht zu folgen. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, vorliegend sei der Umfang der Betreuung durch die Kindesmutter in erheblichem Maße deshalb reduziert, weil sich D. von montags bis freitags tagsüber aufgrund seines besonderen Förderungsbedarfes im F. aufhalte. Dies ändert nichts daran, dass sich D. nicht, wie es für die Anwendung des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG erforderlich ist, abwechselnd und regelmäßig (z.B. tage- und wochenweise) bei beiden Elternteilen aufhält. Demnach ist also die Berücksichtigung des Sohnes D. des Klägers als Haushaltsmitglied bei der Wohngeldbewilligung durch Bescheid Nr. 5 vom 25.02.2011 rechtswidrig. Des Weiteren steht der verfügten, teilweisen Rücknahme der Wohngeldbewilligung für die Zeit von Mai 2011 bis Januar 2012, also für die Zukunft, der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht entgegen. Gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß Satz 2 der Bestimmung ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Da hier die Rücknahme der Wohngeldbewilligung für die Zukunft erfolgt ist, scheidet die erstgenannte Alternative (Verbrauch der erbrachten Leistungen) aus. Des Weiteren hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist es auch ansonsten nicht ersichtlich, dass er aufgrund der erfolgten Wohngeldbewilligung eine Vermögensdisposition getroffen hat. Insbesondere basiert die Hausbelastung des Klägers nicht auf einer derartigen Vermögensdisposition, da der Kläger das Einfamilienhaus bereits viele Jahre vor der hier streitigen Wohngeldbewilligung angeschafft hat. Demgemäß findet § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht zu Gunsten des Klägers Anwendung. Daher sind hier im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Belange des vom rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten mit dem öffentlichen Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände abzuwägen. Diese Abwägung fällt zum Nachteil des Klägers aus. Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu beachten, dass es sich bei der Gewährung von Wohngeld um die Bewilligung einer Dauerleistung handelt, bei der das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes in der Regel höher einzuschätzen ist als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit in der Regel stärker belastet als eine einmalige Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2001 - B 7 AL 6/00 R -, zitiert nach [...]). Es sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, die dazu führen, dass die Interessenabwägung dennoch zu Gunsten des Klägers ausfällt. Insbesondere war die Berücksichtigung des Sohnes D. als Mitglied des Haushaltes des Klägers durch den Beklagten bei der ursprünglichen Wohngeldbewilligung nicht grob fehlerhaft. Zwar hatte der Kläger verschiedene Unterlagen vorgelegt, die für den Beklagten Anlass gegeben hätten, daran zu zweifeln, dass D. zum Haushalt des Klägers gehörte. Insbesondere hatte der Kläger in der mittels eines Formblattes abgegebenen Erklärung vom 19.01.2011 über "Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen" dargelegt, dass sein Sohn D. noch bei der Mutter lebe, es demnächst ein Verfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht geben werde. Andererseits hatte der Kläger in dem unter dem 13.12.2010 unterzeichneten Formularantrag angegeben, dass sein Sohn D. zu seinem Haushalt gehören würde und hierzu eine entsprechende "Personenbescheinigung" der zuständigen Meldebehörde vorgelegt. Demnach war nach Aktenlage für den Beklagten nicht zweifelsfrei erkennbar, dass D. nicht zum Haushalt des Klägers gehörte, so dass dessen Berücksichtigung als Haushaltsmitglied bei der ursprünglichen Wohngeldbewilligung für den Kläger nicht grob fehlerhaft war. Insgesamt lässt sich somit feststellen, dass die Interessenabwägung im Rahmen des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorliegend zum Nachteil des Klägers ausfällt. Dem angefochtenen Bescheid vom 26.04.2011 lässt sich auch entnehmen, dass der Beklagte sich bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Es bedurfte vorliegend keiner detaillierten Abwägung des Für und Wider der verfügten Rücknahme der Wohngeldbewilligung. Der Kläger hat Gründe nicht vorgetragen, die es trotz mangelnden Vertrauensschutzes ausnahmsweise gebieten würden, von der (teilweisen) Aufhebung der Wohngeldbewilligung für die Zukunft abzusehen. Derartige Gründe sind auch ansonsten nicht ersichtlich, so dass die getroffene Ermessensentscheidung keinen rechtlichen Bedenken begegnet."

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, dass der Bescheid des Beklagten vom 26. April 2011 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze. Er sei deshalb aufzuheben. Es seien bereits nicht die Voraussetzungen des § 45 SGB X gegeben. Das Verwaltungsgericht habe insbesondere die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG hinsichtlich seines Sohnes D. verkannt. D. sei nämlich als Haushaltsmitglied zu berücksichtigen. Insofern sei zu beachten, dass D. sich in der Woche ganztägig im F. aufhalte und dort gefördert werde. Er habe mit seinem Sohn regelmäßig zusammengelebt und entsprechende Räumlichkeiten vorgehalten. Auch sei sein Sohn bei ihm mit dem Zweitwohnsitz gemeldet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 1. September 2011 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 26. April 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und nimmt zur Begründung Bezug u. a. auf seine erstinstanzlichen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht für erforderlich hält.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der mit der Klage angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. April 2011 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat durch diesen Bescheid den Wohngeldbescheid Nr. 5 vom 25. Februar 2011 zutreffend gemäß § 45 SGB X insoweit aufgehoben, als er dem Kläger für den Zeitraum von Mai 2011 bis Januar 2012 Wohngeld in Höhe von mehr als 46 EUR monatlich, das dem Kläger unter Berücksichtigung der seinem Haushalt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WoGG angehörenden zwei Söhne B. und C. zustand, bewilligt hatte, weil er im Falle des Klägers fehlerhaft von einem Haushalt mit vier Personen einschließlich des Sohnes D. ausgegangen war.

Der Sohn D. des Klägers hatte in dem hier entscheidungserheblichen Zeitraum von Mai 2011 bis Januar 2012 den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen nicht bei dem Kläger, da er ganz überwiegend bei seiner Mutter lebte, und ist deshalb kein Mitglied des Haushalts des Klägers im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WoGG gewesen. Der Sohn D. ist dem Haushalt des Klägers in dem Zeitraum von Mai 2011 bis Januar 2012 aber auch nicht gemäß § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG zuzurechnen. Danach ist jedes annähernd zu gleichen Teilen betreute Kind bei beiden Elternteilen Haushaltsmitglied, sofern die nicht nur vorübergehend getrennt lebenden Eltern das gemeinsame Sorgerecht für das jeweilige Kind haben und für dessen Betreuung zusätzlichen Wohnraum bereithalten. Hier haben der Kläger und seine Ehefrau, die nicht nur vorübergehend getrennt leben, zwar das gemeinsame Sorgerecht für ihren Sohn D.. Sie halten für diesen auch zusätzlichen Wohnraum bereit. Doch haben der Kläger und seine Ehefrau den Sohn D. nicht "annähernd zu gleichen Teilen" betreut, wie dies § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG fordert.

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer wohngeldrechtlicher Vorschriften vom 28. September 2007 (BT- Drucksache 16/6543, Seite 91) verfolgt diese Vorschrift ebenso wie die bisher durch die Verwaltungsvorschrift (Teil A Nr. 4.34 WoGVwV 2002) geregelte Praxis das Ziel, bei dauerhaft getrennt lebenden Eltern mit einem gemeinsamen Sorgerecht die abwechselnde Betreuung von Kindern hinsichtlich des bereitgehaltenen Wohnraum zu sichern, und billigt hierfür ausnahmsweise die Zurechnung eines Kindes als Haushaltsmitglied zu zwei Haushalten. Eine Betreuung annähernd zu gleichen Teilen soll danach dann vorliegen, wenn der Betreuungsumfang des einen Elternteils mindestens halb so groß ist wie der des anderen, also ein Verhältnis von mindestens einem Drittel Betreuungszeit bei dem einen Elternteil zu zwei Dritteln Betreuungszeit bei dem anderen Elternteil besteht (ebenso Stadler/Gutekunst/ Dietrich/Fröba, WoGG, § 5 Rn. 84). Es kann dahinstehen, ob bei einem solchen Verhältnis der Betreuungszeiten der Elternteile zueinander noch von einer Betreuung "annähernd zu gleichen Teilen" gesprochen werden kann, eine solche Auslegung also noch vom Wortlaut des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG gedeckt ist, da die Betreuung des Sohnes D. durch den Kläger noch nicht einmal ein Drittel des Betreuungsumfangs erreicht hat.

Der Kläger hat seinen Sohn nach seinen eigenen Angaben in der Hälfte der Ferienzeit, also höchstens 6 Wochen bzw. 42 Tage im Jahr, ferner jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag, also höchstens ca. 60 Tage (52 Wochen abzüglich 12 Wochen Ferien = 40 Wochen bzw. Wochenenden, davon an jedem zweiten Wochenende Betreuung im Umfang von maximal 3 Tagen, sofern der gesamte Freitag der Betreuungszeit des Klägers überhaupt zuzurechnen ist, also 20 x 3 Tage = 60 Tage), und an der Hälfte der Feiertage, also allenfalls 5 Tage, betreut. Dieser Betreuungsumfang von maximal 107 Tagen liegt deutlich unterhalb eines Drittels der gesamten Betreuungszeit von 365 Tagen im Jahr. Daher kann keine Rede davon sein, dass der Kläger seinen Sohn D. zu annähernd gleichen Teilen betreut hat, wie dies § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG fordert.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es insofern ohne Belang, dass sein Sohn D. von Montag bis Freitag die sonderpädagogische Schule / Einrichtung F. besucht hat, in der er nach dem Bericht der Schule von Oktober 2010 vormittags am Unterricht und ferner "gern und regelmäßig" an der Nachmittagsbetreuung teilgenommen hat. Denn dies erhöht weder die Zeit, in der der Kläger seinen Sohn D. betreut hat, noch mindert es die der Kindesmutter zuzurechnende Betreuungszeit. Dass ein Kind wochentags eine Ganztagsschule, einen Ganztagskindergarten oder eine andere Einrichtung besucht, ändert nämlich nichts daran, dass der betreffende Elternteil, der das Kind gegebenenfalls auch zu dieser Einrichtung bringt und von dort wieder abholt, die Gesamtverantwortung für das Kind und dessen Betreuung auch an diesen Tagen wahrnimmt und daher die betreffenden Tage in vollem Umfang der Betreuungszeit dieses Elternteils im Rahmen des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG zuzurechnen sind.

Dass die Berechnung des dem Kläger ausgehend von drei Haushaltsmitgliedern zustehenden Wohngeldes in dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 26. April 2011 fehlerhaft ist, hat der Kläger nicht geltend gemacht; insoweit sind Fehler auch nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend festgestellt, dass der Aufhebung der Wohngeldbewilligung durch den Bescheid vom 26. April 2011 für den zukünftigen Zeitraum vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Januar 2012 Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht entgegen gestanden und der Beklagte sein ihm gemäß § 45 Abs. 1 SGB X zustehendes Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat; insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen.