Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.2013, Az.: 12 LA 72/13

Bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Genehmigung als Schutz gegen nachträgliche, aus dem einschlägigen verschärften und unmittelbar geltenden Fachrecht folgende Anforderungen; Anforderungen an eine Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG i. R. der Sanierung und Erweiterung einer Legehennenhaltungsanlage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.2013
Aktenzeichen
12 LA 72/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 52134
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:1219.12LA72.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 15.06.2012 - AZ: 2 A 224/10

Fundstellen

  • AUR 2014, 472-474
  • BauR 2014, 683-684
  • BauR 2014, 1519
  • DÖV 2014, 311
  • IBR 2014, 437
  • NVwZ-RR 2014, 298-300
  • NordÖR 2014, 148
  • NordÖR 2014, 184-187
  • NuR 2014, 432-434
  • ZUR 2014, 296-298
  • ZfBR 2014, 169

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Genehmigung bietet keinen Schutz gegen nachträgliche Anforderungen, die aus dem einschlägigen verschärften und unmittelbar geltenden Fachrecht folgen.

  2. 2.

    Für die bei einer beantragten Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG gebotene vergleichende Immissionsbetrachtung kommt es darauf an, ob der Immissionsbeitrag der Anlage durch das Vorhaben im Vergleich zu dem rechtlich gesicherten Bestand in dem geforderten Maß reduziert wird.

[Gründe]

Die Klägerin begehrt unter Aufhebung des entgegenstehenden Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 23. August 2010 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung für die Sanierung und Erweiterung ihrer Legehennenhaltungsanlage am Standort F. G. in H., Gemarkung I., Flurstück J. der Flur K..

Mit Bescheid vom 25. November 1988 erteilte die Beklagte der Firma L. GmbH & Co. KG eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur wesentlichen Änderung der an dem oben bezeichneten Standort vorhandenen Anlage, in der seinerzeit ca. 120.000 Legehennen gehalten wurden. Die Anlage wurde später von der Klägerin erworben und bis November 2009 betrieben. Zuvor hatte die Beklagte die weitere Haltung von Legehennen in Gestalt der konventionellen Käfighaltung im Hinblick auf die veränderten tierschutzrechtlichen Anforderungen untersagt.

Unter dem 3. Mai 2010 reichte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung zum Zwecke des Umbaus und der Erweiterung der Anlage zur Legehennenhaltung ein. Es sei beabsichtigt, die bestehende Legehennenfarm von Käfig- auf Bodenhaltung umzustellen. Entsprechend der neuen Haltungsform würden zusätzliche Nutzflächen benötigt, so dass ein neuer Legehennenstall errichtet werden solle. Der zweite bestehende Altstall, der nicht den Erfordernissen einer artgerechten Tierhaltung entspreche, solle abgebrochen und durch den geplanten Neubau ersetzt werden. Die Gesamttieranzahl der Anlage solle um 20.000 Legehennen auf 140.000 Tierplätze erweitert werden. Die Änderung des Haltungssystems sei erforderlich geworden, um den gesetzlichen Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu entsprechen.

Mit Bescheid vom 23. August 2010 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil ein schlüssiger Nachweis über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für die Erteilung einer Änderungs-/Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG nicht geführt worden sei. Die insoweit bestehenden sachlichen und mit den fachlichen Stellungnahmen der Zentralen Unterstützungsstelle Luftreinhaltung und Gefahrstoffe des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim vom 13. November 2009 und 13. Juli 2010 näher bezeichneten Einwände seien nicht (vollständig) ausgeräumt. Zudem werde mit dem Antrag verkannt, dass unter Berücksichtigung der Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur noch ein zulässiger Bestand zur Haltung von 70.074 Legehennen bestehe, während sich der Betreiber unzutreffenderweise auf den aus seiner Sicht aus der Genehmigung vom 25. November 1988 abgeleiteten Bestandsschutz zur Haltung von 120.000 Legehennen berufe. Entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung hat die Klägerin gegen diesen Ablehnungsbescheid Klage erhoben und, nachdem das Widerspruchsverfahren nachgeholt worden war, den zurückweisenden Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22. Mai 2012 in das Verfahren einbezogen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem im Tenor bezeichneten Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei mit dem Verpflichtungsantrag und der hilfsweise begehrten Neubescheidung unbegründet. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig und es entspreche auch der Rechtslage, dass eine Genehmigung der beantragten Sanierung und Erweiterung der bestehenden Anlage in H. nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 BImSchG möglich sei, weil es sich bei den beabsichtigten Maßnahmen um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 BImSchG handele und nach Durchführung der Änderung nicht alle Immissionswerte der TA Luft eingehalten würden. Zu Recht sei die Beklagte der Auffassung, dass es der Klägerin mit den vorgelegten Unterlagen nicht gelungen sei, den notwendigen Nachweis zu führen, dass sie trotz Überschreitung der maßgeblichen Schutzwerte im Bereich der Ammoniakbelastung Anspruch auf eine sog. Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG habe. Dabei könne dahinstehen, ob die von dem Gutachterbüro M. im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen im Bereich des Haltungsverfahrens und der Abluftverbesserung geeignet und ausreichend seien, die Voraussetzungen der Nr. 1 und der Nr. 2 der zitierten Vorschrift zu erfüllen. Bedenken bestünden bereits insoweit, als der Gutachter seiner Bewertung der angeführten Verbesserungsmaßnahmen Nr. 3.5.4 der TA Luft zugrunde lege und nicht die seit dem 1. März 2010 maßgeblichen Regelungen des § 6 Abs. 3 BImSchG. Entscheidend und den geltend gemachten Anspruch ausschließend sei jedenfalls, dass der Gutachter von einer unzutreffenden Bezugsgröße für den Immissionsvergleich bei der Bewertung der Verbesserungen ausgehe. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittle keinen Schutz vor nachträglichen Änderungen der tierschutzrechtlichen Anforderungen. Mit den verschärften Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung seien die Pflichten der Betreiber von Haltungsanlagen für Legehennen zu Erwerbszwecken und die Anforderungen an die Haltungseinrichtungen unmittelbar gestaltet worden. Die Verordnung wirke damit unmittelbar auf die Rechtsposition der Betreiber bereits zugelassener Anlagen zur Haltung von Legehennen ein. An dem hier streitigen Standort sei mit dem Verbot der Käfighaltung und der Umstellung auf Bodenhaltung ein größerer Platzbedarf verbunden, so dass nach Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in dem genehmigten Stall nur noch 70.000 bzw. 70.074 Tiere gehalten werden konnten. Da hinsichtlich des Bestandsschutzes maßgeblich auf die vorhandene Stallanlage und die darin nach den Flächenvorgaben des § 13a der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zulässigerweise zu haltenden Tiere und nicht auf die Anzahl der entsprechend der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus dem Jahr 1988 bisher gehaltenen Tiere abzustellen sei, entstehe bei dem vorliegenden auf 140.000 Tierplätze gerichteten Antrag ein Genehmigungsbedarf für 70.000 neu zu schaffende Plätze. Das setze einen Immissionsvergleich zwischen der zulässigerweise betriebenen Anlage - 70.000 Tierplätze - und der beantragten Anlage - 140.000 Tierplätze - voraus. Das Gutachten des Büros M. gehe aber bei dem entsprechenden Immissionsvergleich von einem geschützten Bestand von 120.000 Tieren aus. Der prognostizierten Reduzierung der Ammoniakimmissionen auf die Waldfläche fehle - unabhängig davon, ob es sich dabei überhaupt um eine deutliche Reduzierung im Sinne des § 6 Abs. 3 Nr. 1 BImSchG handele - mithin die sachliche Rechtfertigung. Das Gutachten sei demgemäß nicht in der Lage, den gebotenen Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BImSchG zu führen. Eines Eingehens auf die weiteren unter den Beteiligten strittigen Genehmigungsvoraussetzungen bedürfe es daher im Rahmen dieses Verfahrens nicht.

II.

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) liegen nicht vor.

1. Zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht habe die Reichweite der Feststellungswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 25. November 1988 verkannt. Diese Genehmigung entfalte hinsichtlich des maximalen Tierbestands von 120.000 Legehennen Bestandskraft. Unter diesen Umständen sei nur der Nachweis erforderlich, dass sich der Immissionsbeitrag der Anlage bei einer Aufstockung um weitere 20.000 Plätze deutlich reduziere. Zwar vermittle die immissionsschutzrechtliche Genehmigung keinen Schutz vor nachträglichen Änderungen der tierschutzrechtlichen Anforderungen, genieße aber mit ihren immissionsschutzrechtlichen Regelungen weiterhin Bestandsschutz. Demgegenüber regele die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ausschließlich tierschutzrechtliche Fragen, sei also "immissionsschutzneutral". Aus der vorliegenden und vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung folge nichts anderes. Soweit darin Ausführungen zu den Grenzen des Bestandsschutzes enthalten seien, bezögen sie sich nur auf nachträgliche Rechtsänderungen mit tierschutzrechtlicher Zielrichtung und auf tierschutzrechtlicher Grundlage. Sie - die Klägerin - wende sich aber nicht gegen die tierschutzrechtlichen Einschränkungen der Feststellungswirkung, sondern berufe sich auf die verbleibende immissionsschutzrechtliche Legalisierungswirkung. Eine generelle und abschließende Beurteilung der Frage, wieweit die Feststellungswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Einzelnen reiche, habe das Bundesverwaltungsgericht bislang explizit nicht vorgenommen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten infrage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, in diesem Sinne ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die seinerzeit der Firma L. GmbH & Co. KG mit Bescheid vom 25. November 1988 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Tierhaltungsanlage am Standort H. überhaupt eine bestimmte Zahl von Hennenplätzen zum Inhalt und Gegenstand hat oder die Angabe "Haltung von ca. 120.000 Legehennen" lediglich unverbindlicher Teil der Begründung, wo sie sich auch findet, ist. Jedenfalls sind durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu erheben, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25. November 1988 vermittle keinen dauerhaften Bestandsschutz derart, dass ungeachtet der veränderten Rechtslage von einem gesicherten Bestand von 120.000 Tierplätzen auszugehen wäre. Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass in der genehmigten Stallanlage nach Inkrafttreten der geänderten Anforderungen durch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur noch 70.074 Legehennen gehalten werden konnten. Es stützt sich dabei auf die tierschutzrechtlichen Stellungnahmen des Amtes für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz des Landkreises Celle vom 10. Mai und 2. August 2010, wonach der von der Klägerin geplante Umbau und die Stalleinrichtungen im Altgebäude nur noch eine den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entsprechende Bodenhaltung von maximal 70.074 Legehennen ermöglichten. Gegen diesen Befund bringt die Klägerin Einwände nicht vor. Sie meint indes, die veränderten tierschutzrechtlichen Anforderungen ließen die immissionsschutzrechtlichen Regelungen der Genehmigung unberührt, welche weiterhin Bestandsschutz genössen. Damit geht sie jedoch fehl. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gestattet zum einen die Errichtung und den Betrieb der genehmigten Anlage und stellt zum anderen fest, dass die Anlage mit den zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Aufgrund der Anknüpfung der Feststellungswirkung an den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung kann sie sich jedenfalls nicht auf nachträgliche Rechtsänderungen erstrecken. Diesen kann daher nicht mit dem Einwand begegnet werden, in einen als rechtmäßig festgestellten Bestand dürfe nicht eingegriffen werden. Im Immissionsschutzrecht gibt es keinen Grundsatz, dass dem Betreiber eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderungen zu belassen sind und etwa nur gegen Entschädigung entzogen werden dürfen. Daraus folgt zugleich, dass es bei nachträglichen Rechtsänderungen weder auf den Genehmigungsinhalt noch darauf ankommt, ob der Genehmigung Nebenbestimmungen zur Einhaltung der im Genehmigungszeitpunkt geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beigefügt waren. Maßgeblich ist allein, ob die Verpflichtung, die Anlage nachträglichen Rechtsänderungen anzupassen, auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und in ihrer konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgt die Anpassungspflicht an nachträgliche Rechtsänderungen schon aus der dynamischen Natur der Betreiberpflichten im Sinne von § 5 BImSchG. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG genießen Anlagen keinen größeren Schutz als im Bereich der dynamischen Betreiberpflichten. Die Verpflichtung zu nachträglichen Änderungen beurteilt sich in diesem Bereich nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht, hier also den tierschutzrechtlichen Vorschriften. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat der Gesetzgeber für die Umsetzung der verschärften tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Haltung von Legehennen den Weg über die unmittelbar geltende Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschritten, welche die Pflichten der Betreiber von Haltungsanlagen für Legehennen zu Erwerbszwecken und die Anforderungen an die Haltungseinrichtungen gestaltet und damit unmittelbar auf die Rechtsposition der Betreiber bereits zugelassener Anlagen zur Haltung von Legehennen einwirkt. Die genannten, den Bestandsschutz im Immissionsschutzrecht regelnden und begrenzenden Vorschriften stellen verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (BVerwG, Urt. v. 23.10.2008 - 7 C 48.07 -, BVerwGE 132, 224, m. Anm. Neumann, jurisPR-BVerwG 1/2009 Anm. 5; Urt. v. 23.10.2008 - 7 C 4.08 -, NVwZ 2009, 647, vorgehend Nds. OVG, Urt. v. 18.12.2007 - 11 LC 139/06 -, AUR 2008, 209; BVerwG, Urt. v. 30.4.2009 - 7 C 14.08 -, NVwZ 2009, 1441, dazu nachgehend BVerfG, 1. Senat 3. Kammer, Nichtannahmebeschl. v. 14.1.2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, 771).

Für die von der Klägerin vertretene Unterscheidung des Bestandsschutzes nach tierschutzrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Anforderungen ist unter diesen Umständen ebenso wenig Raum wie für eine verbleibende allein immissionsschutzrechtliche Legalisierungswirkung. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung stellt - wie gesagt - lediglich bestandskräftig fest, dass die Anlage mit den im Zeitpunkt ihrer Genehmigung geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Ob der Betreiber seine Anlage geänderten Anforderungen aus anderen Sachbereichen - hier dem Tierschutzrecht - anpassen muss, richtet sich nach den für diesen Sachbereich geltenden Regelungen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und ihre Bestandskraft bieten keinen Schutz gegen nachträgliche Anforderungen aus anderen Sachbereichen. Das bedeutet zugleich, dass einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, der eine bestimmte seinerzeit zulässige Haltungsform mit einem danach möglichen Tierbesatz zugrunde lag, nicht die Wirkung zukommt, die genehmigte und betriebene Tierhaltung vor geänderten und verschärften - hier tierschutzrechtlichen - Anforderungen zu schützen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht generell ungeklärt geblieben, wie weit die Feststellungswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung reicht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht formuliert, es könne offenbleiben, wie weit die Feststellungswirkung der Genehmigung im Einzelnen reiche (Urt. v. 30.4.2009 - 7 C 14.08 -, a. a. O., [...] Rn. 22, und - 7 C 48.07 -, a. a. O., [...] Rn. 27). Es hat jedoch zugleich ausgeführt, dass die Feststellungswirkung an den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung anknüpft und sie sich deshalb jedenfalls nicht auf nachträgliche Rechtsänderungen erstrecken kann. Sie kann sich vielmehr nur auf die im Zeitpunkt des Genehmigungsbescheids geltenden Vorschriften beziehen (vgl. dazu auch BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 14.1.2010, a. a. O., [...] Rn. 38). Dazu gehörten hier die verschärften Anforderungen nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nicht. Im Übrigen kommt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Regelungswirkung nur in Bezug auf den Genehmigungsvorbehalt des § 4 BImSchG und im Hinblick auf die gemäß § 13 BImSchG eingeschlossenen Genehmigungen zu, nicht aber insoweit, als andere behördliche Zulassungen erforderlich bleiben oder - wie hier - das einschlägige Fachrecht nur materielle Anforderungen an die Anlagen stellt, ohne einen eigenständigen Genehmigungsvorbehalt vorzusehen (vgl. dazu ebenfalls BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 14.1.2010, a. a. O., Rn. 41 und vorgehend BVerwG, Urt. v. 30.4.2009 - 7 C 14.08 -, a. a. O.).

Konnte mithin die Anlage der Klägerin nach Inkrafttreten der strengeren Anforderungen an die Tierhaltung nur noch in dem beschriebenen reduzierten Rahmen betrieben werden, so hat die nach § 6 Abs. 3 BImSchG gebotene Prüfung der Zulässigkeit der beantragten Änderungsgenehmigung auch hinsichtlich des vorzunehmenden Immissionsvergleichs auf die eingeschränkte Rechtsposition des Betreibers und den verbliebenen, rechtlich gesicherten Bestand abzustellen.

Von dem Vorstehenden abgesehen dürfte der Erteilung der Änderungsgenehmigung auch entgegenstehen, dass die (Vor-)Genehmigung vom 25. November 1988 (inzwischen) erloschen ist, denn die Anlage wurde während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie die Anlage (lediglich) bis November 2009 betrieben hat, und auf einen entsprechenden Einwand der Beklagten mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 die Ansicht vertreten, die Drei-Jahres-Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wegen Nichtbetreibens der Anlage liefe erst im Herbst 2012 ab. Es ist indessen nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich, dass der Betrieb etwa innerhalb dieser Frist wiederaufgenommen worden wäre.

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Anders als die Klägerin meint, hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage nach der Reichweite der Feststellungswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht generell offengelassen, sondern - wie ausgeführt und soweit hier von Interesse - die Grenzen der Feststellungswirkung beschrieben. Ein weitergehender Klärungsbedarf besteht insoweit anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Er wird auch von der Klägerin nicht konkret bezeichnet.

3. Die Berufung ist auch nicht zuzulassen, weil - wie die Klägerin annimmt - die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 VwGO). Die Klägerin sieht diese Schwierigkeiten ebenfalls darin, dass die Reichweite des Bestandsschutzes immissionsschutzrechtlicher Komponenten der Genehmigung in der Rechtsprechung bislang ungeklärt sei und diese Frage auch nicht ohne weiteres mithilfe des Gesetzes beantwortet werden könne. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr ist diese Frage - soweit entscheidungserheblich - nach den vorangehenden Ausführungen ohne besondere rechtliche Schwierigkeiten zu beantworten und deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).