Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.04.2017, Az.: 8 PA 46/17
Aufhebung der zu einer Aufenthaltserlaubnis erteilten und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieser Aufenthaltserlaubnis fortgeltenden wohnsitzbeschränkenden Auflage (Wohnsitzauflage)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2017
- Aktenzeichen
- 8 PA 46/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 21173
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 15.02.2017
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 2 S. 2 AufenthG
- § 12a AufenthG
- § 25 Abs. 3 AufenthG
- § 25 Abs. 5 AufenthG
- § 51 Abs. 6 AufenthG
- § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 12 IPBPR
- § 4 AsylG
- § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO
Fundstellen
- InfAuslR 2017, 310-312
- ZAR 2017, 385
Amtlicher Leitsatz
Die zu einer Aufenthaltserlaubnis erteilte und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieser Aufenthaltserlaubnis gemäß § 51 Abs. 6 AufenthG fortgeltende wohnsitzbeschränkende Auflage (Wohnsitzauflage) wird regelmäßig dadurch konkludent aufgehoben, dass eine nachfolgend verlängerte oder neu erteilte Aufenthaltserlaubnis erneut mit einer Wohnsitzauflage versehen wird.
Tenor:
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 12. Kammer - vom 15. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger gegen den ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Hier fehlt der Rechtsverfolgung der Kläger die erforderliche Erfolgsaussicht. Denn nach der im Prozesskostenhilfeverfahren nur vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361, 362) ist ihre Klage auf Aufhebung der zu ihren Aufenthaltserlaubnissen erteilten Wohnsitzauflagen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten zur Änderung dieser Wohnsitzauflagen, teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Soweit die Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehren, die zu ihren Aufenthaltserlaubnissen erteilten Wohnsitzauflagen dahin zu ändern, dass ihnen die Wohnsitznahme in der Stadtgemeinde Bremen auferlegt wird, ist die Klage bereits unzulässig.
Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage setzt regelmäßig einen vor Klageerhebung bei der Behörde zu stellenden Antrag voraus, der, da es sich um eine Klage- und nicht um eine bloße Sachurteilsvoraussetzung handelt, im laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.7.2016 - BVerwG 3 B 41.15 -, Rn. 15; Urt. v. 24.2.1982 - BVerwG 6 C 8.77 -, Rn. 24 jeweils mit weiteren Nachweisen). Einen solchen Antrag auf Änderung der Wohnsitzauflage dahin, dass den Klägern die Wohnsitznahme in der Stadtgemeinde Bremen auferlegt wird, haben die Kläger vor Erhebung der Verpflichtungsklage nicht gestellt.
Soweit die Kläger die Aufhebung der zu ihren Aufenthaltserlaubnissen erteilten Wohnsitzauflagen begehren, ist die Klage zulässig, bleibt in der Sache aber voraussichtlich ohne Erfolg.
Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - weder eine mangelnde Verwaltungsaktsqualität der Wohnsitzauflagen noch ein Ablauf der Klagefrist entgegen.
Wird eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage (Wohnsitzauflage) versehen, ist diese Wohnsitzauflage selbstständig anfechtbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.1.2013 - BVerwG 1 C 7.12 -, BVerwGE 145, 305, 307; Senatsbeschl. v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, Rn. 9).
Aus § 51 Abs. 6 AufenthG ergibt sich im vorliegenden Fall nichts Anderes. Nach dieser Bestimmung bleibt die zu einer Aufenthaltserlaubnis erteilte Wohnsitzauflage auch nach Wegfall der Aufenthaltserlaubnis in Kraft, bis die Wohnsitzauflage aufgehoben wurde oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist. Hiernach bleibt eine Wohnsitzauflage zwar auch nach Ablauf einer befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis wirksam. Wird im Anschluss die Aufenthaltserlaubnis verlängert oder eine neue Aufenthaltserlaubnis erteilt und diese erneut mit einer Wohnsitzauflage versehen, ist hierin aber regelmäßig auch die konkludente Aufhebung der vorausgegangenen Wohnsitzauflage zu sehen mit der Folge, dass die Wirkung des § 51 Abs. 6 AufenthG endet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.2014 - BVerwG 1 C 1.14 -, Buchholz 402.242 § 12 AufenthG Nr. 3; Urt. v. 15.1.2008 - BVerwG 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, 150; Hamburgisches OVG, Urt. v. 26.5.2010 - 5 Bf 85/10 -, Rn. 32).
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte bei Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 3 AufenthG am 27. Mai 2014 (Klägerin zu 1.: Blatt 423 der Beiakte 2; Klägerin zu 2.: Blatt 211 der Beiakte 5; Klägerin zu 3.: Blatt 196 der Beiakte 6; Kläger zu 4.: Blatt 184 f. der Beiakte 3; Klägerin zu 5.: Blatt 86 f. der Beiakte 4) ausnahmsweise nicht erneut Wohnsitzauflagen verfügen, sondern sich auf den Fortbestand der nach § 51 Abs. 6 AufenthG fortgeltenden Wohnsitzauflagen zu den vorausgegangenen Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG vom 13. März 2008 (Blatt 170 der Beiakte 1), nach § 25 Abs. 5 AufenthG vom 23. Dezember 2009 (Blatt 248 der Beiakte 1) und nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 5. Juli 2012 (Klägerin zu 1.: Blatt 381 und 391 der Beiakte 2; Klägerin zu 2.: Blatt 177 der Beiakte 5; Klägerin zu 3.: Blatt 178 der Beiakte 6; Kläger zu 4.: Blatt 158 der Beiakte 3; Klägerin zu 5.: Blatt 71 f. der Beiakte 4) beschränken wollte, bestehen für den Senat derzeit nicht. In den Verwaltungsvorgängen des Beklagten ist für jede einzelne Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch die ausdrückliche "Entscheidung" dokumentiert, diese mit der Nebenbestimmung "Wohnsitznahme nur im Gebiet des Landkreises Hildesheim mit Ausnahme des Gebietes der Stadt Hildesheim gestattet." oder "Zur Wohnsitznahme im Kreisgebiet Hildesheim (ohne Stadt Hildesheim) verpflichtet." zu versehen. Teilweise sind auch die angestellten Erwägungen zur Aufrechterhaltung der Wohnsitzauflagen niedergelegt, so etwa in einem Schreiben vom 26. Juli 2010 (Blatt 270 der Beiakte 1). Auf eine Aufforderung des Prozessbevollmächtigten der Kläger (Blatt 428 der Beiakte 2) hat der Beklagte schließlich im Schreiben vom 7. Januar 2015 (Blatt 429 der Beiakte 2) ausdrücklich bestätigt, dass die Wohnsitzauflagen zu den Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 27. Mai 2014 aufgrund der Anfechtung vor dem Verwaltungsgericht nicht bestandskräftig geworden sind.
Die gegen die Wohnsitzauflagen zu den Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 27. Mai 2014 am 15. Dezember 2014 erhobene Anfechtungsklage wahrt auch die einjährige Klagefrist nach §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Im Hauptsacheverfahren noch zu klären ist indes, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung der Wohnsitzauflagen zu den Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 27. Mai 2014 besteht. Denn diese Wohnsitzauflagen dürften durch die zwischenzeitlich erfolgte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 9. Juni 2016 (Klägerin zu 1.: Blatt 483 f. der Beiakte 7; Klägerin zu 2.: Blatt 261 f. der Beiakte 8; Klägerin zu 3.: Blatt 241 f. der Beiakte 11; Kläger zu 4.: Blatt 228 f. der Beiakte 9; Klägerin zu 5.: Blatt 131 f. der Beiakte 10), die erneut mit einer Wohnsitzauflage versehen worden sind, aufgehoben worden sein.
Die Klage auf Aufhebung der Wohnsitzauflagen zu den Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 3 AufenthG vom 27. Mai 2014 ist voraussichtlich unbegründet. Die Wohnsitzauflagen erweisen sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
Die Wohnsitzauflagen sind nicht an den Vorgaben des § 12a AufenthG zu messen. § 12a AufenthG gilt nach seinem Absatz 7 nicht für Ausländer, denen vor dem 1. Januar 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erstmals erteilt worden ist, wie hier den Klägern am 5. Juli 2012 (Klägerin zu 1.: Blatt 381 und 391 der Beiakte 2; Klägerin zu 2.: Blatt 177 der Beiakte 5; Klägerin zu 3.: Blatt 178 der Beiakte 6; Kläger zu 4.: Blatt 158 der Beiakte 3; Klägerin zu 5.: Blatt 71 f. der Beiakte 4).
Eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen darf auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG grundsätzlich mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden (vgl. Senatsbeschl. v. 17.5.2016, a.a.O., Rn. 9). Ein Ausnahmefall, in dem die Erteilung einer Wohnsitzauflage von vorneherein ausgeschlossen ist (vgl. etwa zu wohnsitzbeschränkenden Auflagen für Asylberechtigte: Urt. v. 15.1.2013, a.a.O., S. 311; anerkannte Flüchtlinge: BVerwG, Urt. v. 15.1.2008, a.a.O., S. 151 f. und subsidiär Schutzberechtigte: EuGH, Urt. v. 1.3.2016 - C-443/14 u.a. -, NVwZ 2016, 445 [EuGH 01.03.2016 - C-443/14; C-444/14]), liegt hier nicht vor. Die Kläger sind insbesondere nicht subsidiär schutzberechtigt im Sinne des § 4 AsylG. Durch die Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. Mai 2012 (Blatt 376 f. der Beiakte 2 und Blatt 175 f. der Beiakte 6) wurde für die Kläger lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. zu dessen Rechtsqualität: BVerwG, Urt. v. 24.6.2008 - BVerwG 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, 202 ff.) in Bezug auf Kosovo festgestellt.
Die Betätigung des nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eröffneten Ermessens durch die zuständige Behörde ist nach § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und von dem Ermessen in eine dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich die Ausländerbehörde auf generelle Regelungen in Verwaltungsvorschriften bezieht, wie sie sich für die Erteilung einer Wohnsitzauflage in Nrn. 12.2.5.2.1 und 12.2.5.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz - AVwV AufenthG - vom 26. Oktober 2009 (GMBl. S. 877) finden. Danach wird die Wohnsitzauflage erteilt und aufrechterhalten bei Inhabern von Aufenthaltserlaubnissen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes, soweit und solange sie Leistungen nach dem SGB II oder XII oder dem AsylbLG beziehen (vgl. Nr. 12.2.5.2.2 Satz 1 AVwV AufenthG). Da diese Voraussetzungen bei den Klägern erfüllt sind, stellen sich die Wohnsitzauflagen als grundsätzlich ermessensgerecht dar.
Der Senat vermag derzeit auch nicht festzustellen, dass die Wohnsitzauflage mit Blick auf die Erkrankung des Lebensgefährten der Klägerin zu 1., Herrn F., ausnahmsweise unverhältnismäßig sein könnte. Nach Nr. 12.2.5.2.4.2 AVwV AufenthG ist die Zustimmung zum Umzug in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde unabhängig von der Sicherung des Lebensunterhaltes zu erteilen, wenn der Umzug der dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der benötigten Pflege von Betroffenen, die wegen ihres Alters oder wegen ihrer Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig sind, dient. Hier bestehen nach dem bisherigen Vorbringen indes keine Anhaltspunkte dafür, dass Herr F. krankheitsbedingt pflegebedürftig ist, diese Pflege von den Klägern erbracht wird und zur Verbesserung dieser Pflege eine Aufhebung der Wohnsitzauflagen aller Beteiligten notwendig ist.
Der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflagen steht - anders als es die Kläger meinen - auch Art. 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte - IPBPR - vom 19. Dezember 1966 (BGBl. II 1973, S. 1533; 1976, S. 1068) nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschluss vom 19. August 2014 ( -BVerwG 1 C 3.14 -, [...] Rn. 16 f.) keine Zweifel an der Vereinbarkeit einer Wohnsitzauflage mit Art. 12 IPBPR geäußert und ausgeführt:
"Die gegenüber der Klägerin angeordnete Beschränkung des Wohnsitzes verstößt nicht gegen die völkerrechtlichen Regelungen in Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 16. September 1963 (BGBl 1968 II S. 423, 1109) und in Art. 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) vom 19. Dezember 1966 (BGBl 1973 II S. 1533, 1976 II S. 1068).
Nach Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK hat nur derjenige, der sich "rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält", das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Nur soweit der Aufenthalt rechtmäßig ist, gelten die in Absatz 3 der Vorschrift normierten Grenzen für eine Beschränkung der in Absatz 1 gewährten Freiheit. Wurde der Aufenthalt von Anfang an nur - wie hier - mit der verfügten Wohnsitzbeschränkung gestattet, ist er auch nur in diesem Umfang rechtmäßig; die aufschiebende Wirkung des gegen die Wohnsitzauflage eingelegten Rechtsbehelfs verhindert lediglich deren Vollziehung, berührt aber nicht die Wirksamkeit der Wohnsitzauflage. Dass die räumliche Beschränkung die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bestimmt, entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. Entscheidung vom 20. November 2007 - Nr. 44294/04 - Omwenyeke/Deutschland - m.w.N. - ergangen zur räumlichen Beschränkung eines Asylbewerbers auf das Gebiet der Stadt Wolfsburg), des vorlegenden Gerichts (vgl. Urteil vom 19. März 1996 a.a.O. <346> bzw. S. 44) und der Kommentarliteratur (vgl. Grabenwarter, European Convention on Human Rights - Commentary - 2014, S. 412 Rn. 3). Die Wohnsitzbeschränkung ist dann nicht am Maßstab einer Einschränkung nach Absatz 3 von Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zu messen, weil sie bereits für den rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne von Absatz 1 konstitutiv ist. Das Gleiche gilt für die Auslegung von Art. 12 IPBPR. Denn der Aufenthalt ist von vornherein nur mit der Wohnsitzauflage rechtmäßig gewesen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IPBPR. Die Auflage ist daher nicht am Maßstab von Art. 12 Abs. 3 IPBPR zu messen. Die von den Klägern der Verfahren BVerwG 1 C 1.14 und BVerwG 1 C 7.14 dagegen zitierte Kommentierung zu Art. 12 IPBPR (UN Human Rights Committee (HRC), CCPR General Comment No. 27: Article 12 (Freedom of Movement), 2 November 1999, CCPR/C/21/Rev.1/Add.9 - marginal 12) bezieht sich auf Art. 12 Abs. 3 IPBPR und nicht auf den hier maßgeblichen Art. 12 Abs. 1 IPBPR."
Dieser Rechtsprechung haben sich der beschließende Senat (Beschl. v. 7.8.2015 - 8 LA 55/15 -, V.n.b.; Beschl. v. 23.2.2015 - 8 PA 13/15 -, AuAS 2015, 74 f.) und andere Senate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Urt. d. 2. Senats v. 11.12.2013 - 2 LC 222/13 -, Rn. 51; Beschl. d. 9. Senats v. 6.6.2001 - 9 LB 1404/01 -, Umdruck, S. 8 ff.) angeschlossen. Das Vorbringen der Kläger bietet keinen Anlass für eine abweichende Bewertung (vgl. auch Fritzsch, Zur Zulässigkeit wohnsitzbeschränkender Auflagen, in: ZAR 2007, 356, 360).
Der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflagen steht - entgegen der Auffassung der Kläger - schließlich auch eine etwaige Ungleichbehandlung der Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma gegenüber anderen Nachkommen der Überlebenden des nationalsozialistischen Völkermordes nicht entgegen. Der Senat hat bereits mehrfach festgestellt, dass der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG die von den Klägern eingeforderte aufenthaltsrechtliche Gleichbehandlung von Angehörigen der Roma mit den im Bundesgebiet lebenden Ausländern jüdischen Glaubens, insbesondere den jüdischen Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion, nicht erfordert (vgl. Senatsbeschl. v. 17.5.2016, a.a.O., Rn. 28; v. 9.3.2015 - 8 LA 17/15 -, V.n.b.; v. 29.3.2012 - 8 LA 25/12 -, InfAuslR 2012, 230 f.; v. 2.9.2011 - 8 LA 136/11 -, V.n.b.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO. Ein Streitwert ist nicht festzusetzen. Für die Höhe der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens gilt der streitwertunabhängige Kostentatbestand in Nr. 5502 der Anlage 1 (Kostenverzeichnis) zum Gerichtskostengesetz.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).