Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.12.2013, Az.: 7 OA 113/13
Festsetzung des Streitwerts i.R.e. Untersagung der gewerblichen Sammlung von Alttextilien und Schuhen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.12.2013
- Aktenzeichen
- 7 OA 113/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 51565
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:1213.7OA113.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 24.10.2013 - AZ: 5 B 5949/13
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs. 1 GKG
- § 52 Abs. 2 GKG
- § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG
- § 80 Abs. 5 VwGO
Fundstelle
- GewArch 2014, 130-131
Redaktioneller Leitsatz
1.
Die Bemessung des Streitwertes eines erledigten vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen die Untersagung einer gewerblichen Tätigkeit – hier eine angezeigte gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen – hat sich an Nr. 54.2.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu orientieren.
2.
Der Charakter des vorläufigen Rechtschutzverfahrens, welches in der Regel auf eine nur summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage angelegt ist, ist bereits bei der Festsetzung des Streitwerts und unabhängig von der gebührenrechtlichen Differenzierung zwischen den Verfahren in der Hauptsache und den vorläufigen Rechtschutzverfahren durch eine hälftige Minderung gegenüber demjenigen in entsprechenden Verfahren zur Hauptsache zu berücksichtigen.
[Gründe]
Die Antragstellerin hat beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. August 2013, mit dem dieser ihr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung von Zwangsgeld aufgegeben hatte, die von ihr unter dem 30. August 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen im Landkreis zu unterlassen und bereits aufgestellte Container zu entfernen. Nach Einstellung des Verfahrens aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht den Streitwert auf der Grundlage der §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und unter Hinweis auf Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327) in Höhe eines Betrags von 2.500 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei hier zunächst der Auffangstreitwert anzusetzen und dieser für das Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes zu halbieren.
Die dagegen erhobene Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie nur zum Teil Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zu niedrig festgesetzt. Entgegen seiner Annahme wird die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin durch den Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG in einem Verfahren zur Hauptsache und vorliegend den halben Auffangwert im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nur unzureichend berücksichtigt. Der Senat orientiert sich in seiner ständigen Streitwertpraxis an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (nunmehr i.d.F. 2013, abrufbar u.a. unter bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php). Dieser sieht für die Untersagung einer gewerblichen Tätigkeit, um die es hier im Wesentlichen geht, unter Nr. 54.2.1 einen Streitwert in Höhe des Jahresbetrags des erzielten oder erwarteten Gewinns vor, mindestens 15.000 EUR. Unter Berücksichtigung dieser Empfehlung und in Ermangelung greifbarer Anhaltspunkte für eine entsprechende Gewinnerzielung der Antragstellerin, die der Senat auch nicht ohne Weiteres anhand der Anzahl angezeigter Sammelcontainer bzw. des Sammelvolumens abzuschätzen vermag (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 -, [...]), schiene hier deshalb für ein Verfahren in der Hauptsache ein Betrag in Höhe von 15.000 EUR angemessen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, [...]: 7.500 EUR im Eilverfahren). Soweit der Senat in seinen Beschlüssen vom 14. August 2013 (7 ME 54/13) und 15. August 2013 (7 ME 62/13) für vergleichbare Konstellationen auf die Streitwertempfehlung unter Nr. 2.4.2 des Streitwertkatalogs - 20.000 EUR - abgehoben hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Nr. 2.4.2 betrifft Klagen des Abfallbesitzers gegen eine Untersagungsverfügung. Die Antragstellerin ist indes nicht als Abfallbesitzerin anzusehen. Ihr wurde das (zukünftige) gewerbliche Sammeln von Altkleidern und -schuhen untersagt, an denen sie derzeit keinen Besitz ausübt. Der Senat hält auch eine Streitwertbemessung entsprechend Nr. 2.1.3 des Streitwertkatalogs in Höhe von 1% der Investitionssumme nicht für sachgerecht (vgl. dazu noch Beschl. d. Senats v. 21.3.2013 - 7 LB 56/11 -), weil in dieser Empfehlung eine betriebsbezogene Betrachtung zum Ausdruck gebracht und die hier streitgegenständliche Untersagung der gewerblichen (Sammlungs-)Tätigkeit nur unzureichend abgebildet wird.
Nach der bisherigen Streitwertpraxis des Senats war der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber demjenigen in entsprechenden Verfahren zur Hauptsache in der Regel nicht zu vermindern. Der Senat hat dies damit begründet, dass § 53 Abs. 2 GKG für Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 123 VwGO uneingeschränkt auf § 52 Abs. 1 und2 GKG verweise und der gegenüber dem Hauptsacheverfahren möglicherweise geringeren Bedeutung der erstrebten vorläufigen Regelung durch die Gebührensätze des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG Rechnung getragen werde (vgl. nur Beschl. v. 15.8.2013, a.a.O.). Der Senat hält an dieser Handhabung nicht mehr fest. Hierzu sieht er sich aus Gründen der Vereinheitlichung und Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzungen veranlasst, nachdem die zuvor genannten Erwägungen - soweit ersichtlich - sich in der verwaltungsgerichtlichen Praxis weitgehend nicht haben durchsetzen können und auch in der Überarbeitung des Streitwertkatalogs 2013 keine Berücksichtigung gefunden haben. In der Neufassung des Streitwertkatalogs wird wie schon zuvor im Streitwertkatalog 2004 unter Nr. 1.5 Satz 1 empfohlen, dass der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes in der Regel 1/2 beträgt und - hier nicht einschlägig - in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sowie bei sonstigen auf bezifferte Geldleistungen gerichteten Verwaltungsakten 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes. Der Senat folgt nunmehr der Empfehlung und berücksichtigt damit den Charakter des vorläufigen Rechtschutzverfahrens, welches in der Regel auf eine nur summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage angelegt ist, bereits bei der Festsetzung des Streitwerts und unabhängig von der gebührenrechtlichen Differenzierung zwischen den Verfahren in der Hauptsache und den vorläufigen Rechtschutzverfahren.
Soweit in Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs vorgeschlagen wird, in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, könne der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben werden, kommt diese Empfehlung hier nicht zum Tragen, weil die Hauptsache durch das vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin nicht vorweggenommen worden ist. Auf den weiteren Vortrag des Antragsgegners dazu, weshalb nach der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 29.6. 2007 - 7 OA 125/07 -, NVwZ-RR 2007, 827) der Wert für das Verfahren in der Hauptsache nicht maßgeblich sein könne, kommt es danach nicht an.
Die in dem Bescheid vom 7. August 2013 ausgesprochene Anordnung, die aufgestellten Container zu entfernen, und die Androhung eines Zwangsgeldes haben bei der Bemessung des Streitwerts keine selbständige Bedeutung und wirken sich deshalb nicht streitwerterhöhend aus (Nrn. 1.1.1 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs).