Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.05.2018, Az.: 8 ME 3/18
Abschiebung; Bedingung; Beistandsgemeinschaft zwischen volljährigen Familienmitgliedern; Duldung; Erfolgsaussicht, offene; Interessenabwägung; Kind; Kind, deutsch; Klageerhebung; Straftaten; Vater-Kind-Beziehung; Volljähriger (Schutz der Familie)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.05.2018
- Aktenzeichen
- 8 ME 3/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 74182
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 18.12.2017 - AZ: 19 B 7062/17
Rechtsgrundlagen
- § 60a Abs 2 S 1 AufenthG
- Art 6 Abs 1 GG
- § 926 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die durch das Gericht festgelegte Bedingung, dass die Wirksamkeit einer einstweiligen Anordnung endet, wenn der Antragsteller nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist Klage in der Hauptsache erhebt, ist rechtlich zulässig.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 19. Kammer - vom 18. Dezember 2017 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen. Die Wirksamkeit der einstweiligen Anordnung endet auch dann, wenn der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses gegen die Antragsgegnerin Klage auf Erteilung einer Duldung erhoben hat. Sie endet spätestens zwei Wochen nach der Verkündung oder Zustellung eines Urteils des Verwaltungsgerichts über diese Klage. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens und unter Abänderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes werden auf jeweils 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen.
Der 1987 geborene Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er reiste 1993 mit seinen Eltern und Geschwistern in das Bundesgebiet ein und erhielt nach Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung Duldungen. Ein weiterer Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung wurde 2003 abgelehnt. In dem Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, eine freiwillige Ausreise der Familie sei mehrfach vorbereitet worden, aber nicht erfolgt.
Seit 2001 befand sich die Mutter des Antragstellers wegen einer depressiven Störung in psychiatrischer Behandlung. Im Hinblick darauf ordnete das Verwaltungsgericht Hannover durch Beschluss vom 19. Februar 2004 (10 B 3168/03) im Wege der einstweiligen Anordnung die Aussetzung der Abschiebung der Familie an, weil mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Person der Mutter ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG bestehe. Später, nach Eintritt der Volljährigkeit des Antragstellers, erhielten die Mutter eine Aufenthaltserlaubnis, der Vater und die minderjährigen Geschwister wurden deswegen geduldet.
Der Antragsteller besuchte die Schule für Lernhilfe sowie 2004 das Berufsvorbereitungsjahr und 2005 das Berufsgrundbildungsjahr, brach den Schulbesuch jedoch ab.
2008 war der Antragsteller in einem Minijob als Servicemitarbeiter tätig. Von November 2008 bis März 2009 war der Antragsteller sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nach unentschuldigten Fehlzeiten fristlos gekündigt. Im März 2009 nahm der Antragsteller eine andere Beschäftigung auf, die im Juni 2009 endete. Sodann legte er der Ausländerbehörde im Oktober 2009 einen Arbeitsvertrag als Außendienstmitarbeiter vor, nahm die Beschäftigung jedoch nicht auf. 2010 wurde ein Arbeitsvertrag vor Dienstbeginn durch den Arbeitgeber gekündigt.
Durch Bescheid vom 2. Juli 2010 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aufgrund von Straftaten aus, lehnte einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und drohte die Abschiebung in die Republik Kosovo an. Die Klage gegen diesen Bescheid wurde später zurückgenommen. In der Folgezeit erhielt er Grenzübertrittsbescheinigungen oder wurde geduldet.
2010 nahm der Antragsteller eine Ausbildung auf, brach diese aber nach vier Monaten ab. 2011 stimmten die kosovarischen Behörden einer Rückübernahme zu. Der Beschäftigung als Spüler, für die der Antragsteller einen Arbeitsvertrag vorgelegt hatte, stimmte die Bundesagentur 2012 nicht zu. Gleichwohl liegen Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers vor, die einen Eintritt im November 2011 bescheinigen. Die letzte in den Akten enthaltene Gehaltsabrechnung betraf November 2012. Von Mai 2012 an war ihm ausweislich seiner Duldung jede unselbständige Erwerbstätigkeit gestattet.
Der Psychiater C. gab am 2. August 2012 für den Sozialpsychiatrischen Dienst eine Stellungnahme dahingehend ab, dass mit einer merklichen Verschlechterung des psychischen Zustandes der Mutter bei einer Abschiebung des Antragstellers zu rechnen wäre. In diesem Fall wäre eine Suizidhandlung durchaus einzukalkulieren.
Der Antragsteller trat strafrechtlich in Erscheinung. Neben richterlichen Weisungen und Arbeitsauflagen kam es zu folgenden Verurteilungen:
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 15. November 2006 wegen räuberischer Erpressung und versuchter Nötigung zu 2 Wochen Dauerarrest. Er hatte mit einem Mittäter dem Geschädigten unter Androhung von Gewalt einen MP3-Player und ein Mobiltelefon abgenommen und die Gegenstände für etwa 30 Euro an Passanten verkauft.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 24. Juli 2008 wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen. Er hatte mit der Faust gegen die Frontscheibe eines abgestellten Autos geschlagen, so dass diese splitterte.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 13. August 2009 wegen gemeinschaftlicher versuchter Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 11. November 2009 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Er hatte auf dem Gehweg im Vorübergehen einen anderen angerempelt, in ein Streitgespräch verwickelt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen.
• Das Amtsgericht E. r (…) verurteilte den Antragsteller am 11. März 2010 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte einem anderen mit einer halbvollen Bierflasche auf den Kopf geschlagen, wobei die Flasche zerbrochen war und tiefe Schnittwunden hinterlassen hatte.
• Unter Einbeziehung der Verurteilungen vom 11. November 2009 und 11. März 2010 wurde eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten 1 Woche gebildet, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
• Das AG D. (…) verurteilte den Antragsteller am 6. Oktober 2010 wegen Beleidigung von Polizisten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 10. März 2011 wegen Beleidigung in 2 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit falscher Verdächtigung und Bedrohung, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 30. Januar 2013 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Cannabis) zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen.
• Das Landgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 24. Februar 2014 wegen Körperverletzung und Beleidigung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 30. Januar 2013 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten 1 Woche.
Der Antragsteller befand sich nach Bewährungswiderrufen vom 18. Juni 2014 bis zum 7. Januar 2015 in Strafhaft; die Vollstreckung des Strafrestes wurde zur Bewährung ausgesetzt. In der Haft nahm er an einer Qualifizierungsmaßnahme und an einer Gruppe für Cannabiskonsumenten teil und schloss sich einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker an.
• Das Amtsgericht D. (…) verurteilte den Antragsteller am 5. Januar 2017 wegen Sachbeschädigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte am 4. Juli 2016 die Wohnungstür seiner Lebensgefährtin aufgebrochen, mehrere Bildschirme eingeschlagen und das Schaumstoffmaterial des Sofas an zwei Stellen angezündet. Am 8. August 2016 hatte er bei Durchsetzung der Anordnung zum Verlassen der Wohnung seiner Lebensgefährtin um sich getreten, nach den Polizisten gespuckt, Schimpfwörter ausgesprochen und ihnen und ihren Kindern mit dem Tod gedroht. Am 15. September 2016 hatte er seine Lebensgefährtin an die Wand gedrückt, so dass diese Schmerzen und ein Hämatom am Oberarm erlitt. Am 16. September 2016 hatte er seine Lebensgefährtin mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihr gedroht, er werde ihre 5-jährige Tochter „ficken“.
Vom 18. April 2017 an war er nach Bewährungswiderrufen erneut in Haft.
Nachdem seine Lebensgefährtin schwanger geworden war, erkannte er die Vaterschaft an und übernahm die gemeinsame elterliche Sorge.
Am 3. August 2017 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in Bezug auf ihn abzusehen.
Durch Bescheid vom 14. August 2017 hat die Antragsgegnerin die Sperrwirkung der Ausweisung auf 5 Jahre und 5 Monate ab Ausreise befristet. Dagegen hat der Antragsteller Klage erhoben.
Am 21. August 2017 ist der Antragsteller aus der Haft entlassen worden.
Der Antragsteller hat sich auf die bevorstehende Geburt seines Kindes und Erkrankungen seiner Eltern berufen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 18. Dezember 2017 abgelehnt. Im Hinblick auf die bevorstehende Geburt sei der Antragsteller jedenfalls deshalb nicht zu dulden, weil er nicht dargetan habe, dass Mutter und Kind in besonderer Weise auf seine Hilfe angewiesen seien, und weil eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung angesichts der Gewalttaten des Antragstellers gegenüber der Lebensgefährtin nicht zu erwarten sei. Der Vortrag, seine Abschiebung würde für seine Mutter eine erhebliche Gesundheitsgefahr auslösen, sei nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegten Atteste seien unsubstantiiert. Der Vortrag des Antragstellers ergebe nicht, dass er für seinen Vater eine regelmäßige Lebenshilfe tatsächlich erbringe oder dass nicht seine Schwestern zur Unterstützung und Pflege des Vaters in der Lage seien.
Am … 2017 ist das Kind des Antragstellers geboren worden.
Der Antragsteller hat am 2. Januar 2018 Beschwerde erhoben. Er trägt vor, dass er sich täglich bei seiner Tochter und der Lebensgefährtin aufhalte, um beide zu unterstützen. Bereits vor der Geburt habe er die Lebensgefährtin bei Haushaltstätigkeiten und beim Einkaufen unterstützt. Dass er offiziell in den Haushalt seiner Eltern zurückgekehrt sei, liege daran, dass der Vermieter einem Zuzug in die Wohnung der Lebensgefährtin nicht zugestimmt habe. Es gebe keine Streitigkeiten zwischen ihm und der Lebensgefährtin. Das, was sich zuvor ereignet habe, hätten sie geklärt. Müsse er in sein Heimatland zurückkehren, bestehe eine unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben seiner Mutter. Entsprechende Bescheinigungen seien zur Akte gereicht worden; er legt ein weiteres Attest des F. vom 26. Januar 2018 vor. Sein Vater sei dement und bedürfe der ständigen Fürsorge und Beaufsichtigung. Diese habe der Antragsteller vor der Haft übernommen. Auch derzeit kümmere er sich weiter um seinen Vater, soweit kein anderes Familienmitglied dazu zeitlich in der Lage sei. Er habe keine Kostenzusage für eine Alkoholtherapie erhalten. Er lebe enthaltsam und trinke keinen Alkohol.
Der Antragsteller versichert an Eides Statt, er halte sich seit seiner Haftentlassung ständig in der Wohnung seiner Lebensgefährtin auf. Vor der Geburt seiner Tochter habe er seine Verlobte bei der Hausarbeit und beim Einkaufen unterstützt und deren 2011 geborene Tochter beaufsichtigt. Jetzt kümmere er sich darüber hinaus um die gemeinsame Tochter. Zu Streitigkeiten zwischen ihm und der Lebensgefährtin sei es nicht mehr gekommen. Sie verstünden sich gut. Soweit kein anderes Mitglied seiner Familie zur Verfügung stehe, kümmere er sich auch noch um seinen Vater. Seine Lebensgefährtin komme häufig mit. Für eine Antialkoholtherapie habe er keine Kostenzusage erhalten. Soweit diese erteilt werde, werde er eine ambulante Therapie antreten.
Die Lebensgefährtin hat an Eides Statt versichert, dass die vom Antragsteller an Eides Statt versicherten Tatsachen zuträfen.
Die Antragsgegnerin erwidert, das Beschwerdevorbringen sei nicht glaubhaft gemacht. Der Antrag sei auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Die Beschwerdebegründung setze sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht auseinander.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg. Aufgrund der mit der zulässigen Beschwerde geltend gemachten Geburt der Tochter des Antragstellers ist die Begründung des vor der Geburt erlassenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts inzwischen nicht mehr tragfähig. Die deswegen erforderliche vollständige Prüfung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt, dass dieser zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet ist.
1. Es ist offen, ob der Antragsteller einen im Hauptsacheverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung hat. Die deswegen erforderliche Interessenabwägung geht zu seinen Gunsten aus.
a. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Eilverfahrens kann die Beurteilung, ob die Abschiebung des Antragstellers i.S.d. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, nach dem gegenwärtigen zugrundezulegenden Sachverhalt nicht ohne Anhörung des Antragstellers erfolgen, die im Hauptsacheverfahren vorzunehmen ist. Dabei kann sich ergeben, dass die Abschiebung wegen seiner Beziehung zu seiner Tochter unmöglich ist (cc.). Im Hinblick auf die Beziehung zu seinen Eltern besteht ein Anordnungsanspruch hingegen nicht (aa., bb.).
aa. Der Abschiebung stehen ihre Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Mutter des Antragstellers nicht entgegen.
Die Beschwerde legt bereits nicht dar, dass das Verwaltungsgericht die vorgelegten Atteste zu Unrecht als zur Substantiierung eines Vorbringens einer psychischen Erkrankung ungeeignet angesehen hätte, weil sie die vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Mindestanforderungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 -, juris Rn. 15) nicht erfüllen. Auch das Attest vom 26. Januar 2018 erfüllt diese Anforderungen nicht.
Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer etwaigen Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht entgegengewirkt werden könnte. Insoweit ergeben sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls keine weitergehenderen Anforderungen für den Schutz eines nicht abzuschiebenden Dritten als für den Schutz der abzuschiebenden Person selbst. Dabei gilt:
Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (BVerfG, Beschl. v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 –, NVwZ 2014, 1511, 1513 m.w.N.).
Solche notwendigen Vorkehrungen könnten getroffen werden, wenn die Gefahr bestünde, dass die Mutter des Antragstellers auf dessen Abschiebung mit einer Destabilisierung ihres Zustands reagiert, so dass eine Verschlimmerung ihrer Erkrankung droht. Diese könnten darin bestehen, der Mutter des Antragstellers frühzeitig ärztliche Hilfe in ambulanter oder stationärer Form zugänglich zu machen.
bb. Im Hinblick auf Unterstützungsleistungen für seinen Vater ist der Antragsteller nicht zu dulden.
Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie zunächst als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus aber auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können. Der Schutz knüpft aber nicht an bloße formal-rechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft. In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen aber in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 9.8.2017 - 13 ME 167/17 -, juris Rn. 18 m.w.N.; vgl. Senatsurt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 48); die tatsächlich geleistete Hilfe muss eine wesentliche sein (Senatsbeschl. v. 5.3.2018 - 8 PA 5/18 -, juris Rn. 5; ThürOVG, Beschl. v. 15.11.2002 - 3 EO 438/02 -, InfAuslR 2003, 144, juris Rn. 26).
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, seinem Vater eine wesentliche Lebenshilfe zu leisten. Er betreut ihn nur, soweit kein anderes Familienmitglied dazu zeitlich in der Lage ist, also nachrangig nach seiner Mutter und seinen vier 1986, 1990, 1992 und 1998 geborenen Schwestern.
cc. Ob ein Duldungsanspruch im Hinblick auf die Beziehung des Antragstellers zu seiner Ende 2017 geborenen Tochter besteht, entzieht sich aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles der Prüfung im Eilverfahren.
Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung scheidet nicht bereits aufgrund der bestandskräftigen Ausweisung des Antragstellers aus. Vielmehr sind die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG unter Berücksichtigung der seither eingetretenen Veränderungen des Sachverhalts zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.8.2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35, juris Rn. 33).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles. Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann. Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 -, NVwZ 2013, 1207, juris Rn. 12 ff. m.w.N.).
Das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinem Kind ist für das Eilverfahren - noch - glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat an Eides Statt versichert, sich ständig in der Wohnung seiner Lebensgefährtin und damit bei seiner Tochter aufzuhalten und sich um diese zu kümmern. Soweit dieser Vortrag aufgrund seiner Knappheit möglicherweise nicht geeignet ist, nicht nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit, sondern auch die volle richterliche Überzeugung vom Bestehen der familiären Lebensgemeinschaft zu begründen, kommt eine weitere Sachaufklärung im Hauptsacheverfahren in Betracht.
Die Abschiebung des Antragstellers hätte eine längerfristige Trennung zur Folge, die die Tochter angesichts ihres Alters als endgültig empfinden könnte. Dadurch würde ihr der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters in einem für die kindliche Entwicklung besonders wichtigen Alter genommen. Der Antragsteller würde daran gehindert, diesen Beitrag zu leisten und am Aufwachsen seiner Tochter Anteil zu nehmen. Ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung hat nur dann ein Gewicht, das die Intensität des Grundrechtseingriffs noch übersteigt, wenn es der Abwehr der Gefahr der Begehung weiterer Straftaten des Antragstellers dient und die Straftaten mindestens von der Schwere der bisherigen sind. Ob ein solches Interesse besteht, lässt sich im Eilverfahren nicht beurteilen.
Eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf Straftaten wie die in der Vergangenheit begangenen würde den Eingriff rechtfertigen. Unter dem Einfluss von Alkohol hat der Antragsteller insbesondere mehrfach Körperverletzungen begangen. Zum Teil, namentlich bei dem Schlag mit der Bierflasche, bestand ein massives Verletzungspotential. Zu schützen ist die körperliche Unversehrtheit seiner Lebensgefährtin, die bei den letzten Straftaten Opfer seiner Angriffe war, aber nicht minder die körperliche Unversehrtheit und die Ehre einschreitender Polizeibeamter.
Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr lässt sich im Eilverfahren nicht aufklären. Dafür, dass der Antragsteller wieder straffällig werden kann, spricht, dass weiterhin eine Lebenssituation besteht, die Frustration und Alkoholmissbrauch begünstigt. Der Antragsteller ist beruflich und wirtschaftlich nicht integriert. Die Alkoholsucht ist nicht therapiert. Bisherige Versuche zu ihrer Bekämpfung hatten keinen Erfolg. Der Antragsteller ist Bewährungsversager. Soweit in der Beschwerdeschrift ausgeführt worden ist, der Antragsteller trinke keinen Alkohol, ist auffällig, dass dies gerade nicht an Eides Statt versichert worden ist.
Andererseits kann die Geburt der Tochter eine Zäsur darstellen. Die gegenwärtig anhaltende Versöhnung mit der Lebensgefährtin mag stabilisierend wirken.
Wesentliche Bedeutung hat zudem das Urteil des Amtsgerichts D. vom 5. Januar 2017, mit dem die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Allerdings besteht keine rechtliche Bindung an die tatsächlichen Feststellungen und an die Beurteilungen des Strafrichters. Das gilt auch bezüglich der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung. Trotzdem ist die Strafaussetzung gemäß § 56 StGB von tatsächlichem Gewicht. Sie stellt eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr dar. Zwar liegen dem Strafrecht und dem Ausländerrecht weitgehend unterschiedliche Gesetzeszwecke zugrunde. Der sachkundigen strafrichterlichen Prognose ist aber bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr wesentliche Bedeutung beizumessen und von ihr ist grundsätzlich nur bei Vorliegen überzeugender Gründe abzuweichen. Solche können z.B. dann gegeben sein, wenn der Ausländerbehörde umfassenderes Tatsachenmaterial zur Verfügung steht, das genügend zuverlässig eine andere Einschätzung der Wiederholungsgefahr erlaubt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1978 - I C 91.76 -, BVerwGE 57, 61, juris Rn. 14 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 27.8.2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35, juris Rn. 36).
Eine abweichende Einschätzung der Wiederholungsgefahr kann nach dem gegenwärtigen Stand des Eilverfahrens nicht getroffen werden. Es ist insbesondere kein umfassenderes Tatsachenmaterial vorhanden als das dem Strafgericht zur Verfügung stehende. Allerdings ist gegen den Antragsteller bereits gut drei Wochen nach seiner letzten Verurteilung erneut ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet worden. Das Verfahren wurde wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt. Da es sich um eine Straftat innerhalb der bestehenden Beziehung gehandelt haben soll, ist davon auszugehen, dass dann auch der Tatnachweis derzeit nicht geführt werden kann. Zeitlich spätere Straftaten sind nicht ersichtlich und auch von der Antragsgegnerin nicht angeführt worden.
Aufgrund der oben aufgezeigten, für eine Wiederholungsgefahr sprechenden Gesichtspunkte ist eine Einschätzung der Wiederholungsgefahr in dem vorliegenden Einzelfall nicht möglich. Vielmehr bedarf es der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren insbesondere durch Gewinnung eines persönlichen Eindrucks von dem Antragsteller und Feststellung des gegenwärtigen Standes seiner Resozialisierung.
b. Bei dieser rechtlich offenen Ausgangslage ergibt die in dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO gebotene Interessenabwägung, dass der Antragsgegnerin die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu untersagen ist.
Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, obwohl das Hauptsacheverfahren später ergibt, dass die Abschiebung des Antragstellers rechtlich unmöglich gewesen wäre, so tritt ein irreparabler Nachteil für die Vater-Kind-Beziehung ein. Diese wird getrennt, und es ist damit zu rechnen, dass die Tochter den Verlust als endgültig erlebt.
Dies wiegt schwerer als die Folgen, die eintreten, wenn die Abschiebung ausgesetzt wird, obwohl das Hauptsacheverfahren später ergibt, dass sie erfolgen kann. In diesem Fall besteht die Gefahr weiterer Straftaten durch den Antragsteller. Diese Gefahr wird für den Zeitraum bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens nicht mit den Mitteln des Ausländerrechts abgewehrt. Es handelt sich jedoch um eine Gefahr, die das Strafgericht in seiner Entscheidung gemäß § 56 StGB als hinnehmbar angesehen hat.
Hinzu kommt, dass die Entscheidung, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, revidiert werden kann. Sollten sich eindeutige Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr ergeben, so kann die Antragsgegnerin entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO bei dem Gericht der Hauptsache die Aufhebung der einstweiligen Anordnung beantragen (vgl. Senatsbeschl. v. 18.5.2010 - 8 ME 111/10 -, NdsRpfl 2010, 287, juris Rn. 4). Daher kann insbesondere eine erneute Straftat des Antragstellers auch vor der Entscheidung in der Hauptsache zur Abschiebung führen. Das Gericht geht davon aus, dass sein Prozessbevollmächtigter dies dem Antragsteller verdeutlicht.
2. Es besteht ein Anordnungsgrund, weil die Antragsgegnerin in der Vergangenheit deutlich gemacht hat, dass sie die konkrete Absicht hat, den Aufenthalt des Antragstellers zu beenden.
3. Die einstweilige Anordnung war unter den aus dem Tenor ersichtlichen Nebenbestimmungen zu erlassen. Zum einen beruht der Erlass der einstweiligen Anordnung in besonderer Weise auf der Notwendigkeit, das Bestehen eines Duldungsanspruchs durch Ermittlungen im Hauptsacheverfahren zu klären. Zum anderen ist es angesichts der Offenheit der Erfolgsaussicht von besonderer Bedeutung, die vorläufige Regelung in zeitlicher Hinsicht auf das erforderliche Mindestmaß zu begrenzen. Sie wird daher wirkungslos, wenn keine Klage erhoben wird. Sie läuft aus, wenn die erstinstanzliche Hauptsacheentscheidung getroffen ist. Sollte zu diesem Zeitpunkt noch Anlass für eine vorläufige Regelung bis zum Eintritt der Rechtskraft bestehen, kann diese anhand der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse getroffen werden.
Soweit das Gericht nach dem Vorstehenden entschieden hat, den Fortbestand der einstweiligen Anordnung an die rechtzeitige Erhebung der Klage in der Hauptsache zu binden, ist diese Bedingung rechtlich zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.10.1967 - I WB 43. 67 -, BVerwGE 33, 42, 43 f.; Hessischer VGH, Beschl. v. 26.7.1956 - B I 52/56 -, ESVGH 5, 226, 228; v. 10.7.1986 - 9 TG 811/85 -, NJW 1987, 1570 [VGH Bayern 16.02.1987 - 25 CE 87/00037], juris Rn. 30; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 123 Rn. 116). Allerdings wird vertreten, eine solche Bedingung sei unzulässig, weil § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO die Verpflichtung zur Klageerhebung von dem Antrag eines Beteiligten abhängig mache (vgl. Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 224; soweit dort auf BFH, Beschl. v. 16.10.1986 - V B 3/86 -, BFHE 147, 487, juris Rn. 24, verwiesen wird, wird in der Entscheidung nicht ausgesprochen, dass eine solche Bedingung unzulässig sei). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Antragsrecht aus § 926 Abs. 1 ZPO die Befugnis des Gerichts, die Entscheidungswirkung durch Nebenbestimmungen auszugestalten, einschränkt. Die Vorschrift ermöglicht es vielmehr einem Beteiligten, auch in Fällen, in denen das Gericht hierfür keine Bestimmung getroffen hat, die endgültige Klärung im Hauptsacheverfahren herbeizuführen. In verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten hat zudem der möglicherweise in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten weniger zum Tragen kommende Gesichtspunkt Bedeutung, dass die Wirksamkeit einer einstweiligen Anordnung enden soll, wenn der Antragsteller sein Recht nicht verfolgt. In diesem Fall besteht nämlich die Gefahr, dass der Antragsgegner länger als unabdingbar nötig gehindert wird, dem öffentlichen Interesse Geltung zu verleihen. Vorliegend kommt hinzu, dass Anlass für die einstweilige Anordnung gerade die Notwendigkeit weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren ist. Wird dieses nicht eingeleitet, wird der einstweiligen Anordnung die Grundlage entzogen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Die Bedeutung der Sache bewertet der Senat bei Anträgen nach § 123 VwGO, im Wege der einstweiligen Anordnung die Ausländerbehörde zur Aussetzung der Abschiebung zu verpflichten, grundsätzlich mit 2.500,00 Euro. Auch im vorliegenden Verfahren waren materiell Duldungsgründe zu prüfen, so dass durch den genannten Streitwert die Bedeutung der Sache für den Antragsteller angemessen erfasst wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).