Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.05.2018, Az.: 1 KN 53/17
Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer (ausschließlichen) Bekanntmachung einer Sanierungssatzung im Internet; Prüfung des Vorliegens eines Abwägungsfehlers; Erfordernis zur Einstellung von Eigentümerbelange in die Abwägung nach § 136 Abs. 4 S. 3 BauGB
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.05.2018
- Aktenzeichen
- 1 KN 53/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 63553
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2018:0529.1KN53.17.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 21.03.2019 - AZ: BVerwG 4 BN 38.18
Rechtsgrundlagen
- § 136 Abs. 4 S. 3 BauGB
- § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB
Fundstellen
- BauR 2018, 1377-1380
- DVBl 2019, 119-122
- DVBl 2019, 1329-1333
- GK 2018, 286-287
- NdsVBl 2018, 302-303
- UPR 2019, 119
- ZfBR 2018, 687-689
Amtlicher Leitsatz
Es spricht einiges für die Wirksamkeit einer (ausschließlichen) Bekanntmachung einer Sanierungssatzung im Internet. Jedenfalls aber ist die Bekanntmachung ordnungsgemäß, wenn sie zusätzlich in dem Organ erfolgt ist, das die Hauptsatzung vor Einführung der Internetbekanntmachung zur ortsüblichen Bekannmachung vorgesehen hat.
Zum Erfordernis, Eigentümerbelange in die Abwägung nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB einzustellen.
Tenor:
Die vom Rat der Antragsgegnerin am 26. April 2016 beschlossene Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Stadtumbau Wiethop" ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Sanierungssatzung "Stadtumbau Wiethop" der Antragsgegnerin, weil die Erhaltungsinteressen der Wohnungseigentümer darin nicht ausreichend beachtet worden seien.
Die Antragsgegnerin ist eine Stadt mit etwas über 11.000 Einwohnern. Hinzu kamen in der Vergangenheit im Umfeld der Stadt stationierte britische Soldaten, die mit ihren Angehörigen außerhalb des Militärgeländes, aber überwiegend in den in sich geschlossenen Baugebieten "Weinberg" und "Wiethop" am Süd- bzw. Südwestrand des eigentlichen Stadtgebiets wohnten (insgesamt ca. 2.300 Menschen). Beide Gebiete sind überwiegend von langen zwei- bis viergeschossigen Mehrfamilienhauszeilen aus den 1960er und 1970er (Weinberg) bzw. 1970er Jahren (Wiethop) geprägt und beherbergen jeweils zwischen 400 und 450 Wohnungen. Die Wohnungen befanden sich in Privatbesitz - überwiegend Wohneigentum - und wurden vom Bundesvermögensamt (später der BIMA) für die britischen Streitkräfte langfristig gemietet.
Zwischen 2010 und 2015 zogen die britischen Streitkräfte vom Standort ab. Ein im Auftrag der Antragsgegnerin im April 2015 vom Büro F. erstelltes integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) sah in den Gebieten Wiethop und Weinberg städtebauliche Missstände aufgrund teils schlechter Bausubstanz sowie bestehender/drohender Leerstände und empfahl, die vorhandenen Mehrfamilienhäuser abzureißen und im Gebiet Wiethop durch gehobene Einfamilienhäuser sowie Grünflächen, im Gebiet Weinberg durch Gewerbeflächen zu ersetzen.
Am 21.9.2015 legte der Rat der Antragsgegnerin u.a. die Gebiete Weinberg und Wiethop als Stadtumbaugebiete gem. § 171a bis d BauGB fest und beschloss für sie gleichzeitig die Einleitung vorbereitender Untersuchungen gemäß § 141 Abs. 3 BauGB (BA 1 Bl. 104a ff.). Den Beschluss stellte sie ab dem 6.10.2015 auf ihrer Internetseite bereit und wies hierauf durch Bekanntmachung in der Walsroder Zeitung vom 7.10.2015 hin (BA 1 Bl. 104 ff.). Im Januar/Februar 2016 beteiligte sie Träger öffentlicher Belange, am 7.3.2016 führte sie eine öffentliche Informationsveranstaltung durch (BA1 Bl. 113 ff.). Im März 2016 legte die mit der vorbereitenden Untersuchung betraute DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) eine "Zusammenstellung und Bewertung hinreichender Beurteilungsgrundlagen" (nachfolgend: DSK-Bericht) vor. Diese stellte, teils unter Bezugnahme auf das ISEK, in beiden Gebieten städtebauliche Missstände fest. Die Geschosswohnungen dort stünden nahezu vollständig (Wiethop) bzw. zu über 60% (Weinberg) leer, die Bausubstanz sei teils schlecht; für weite Teile sei ein Rückbau erforderlich. Der Wohnungsbestand sei zu verringern, um den Wohnungsmarkt zu entlasten und eine Ghettobildung zu verhindern.
In seiner Sitzung am 26.4.2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Satzungen über die förmliche Festlegung der Sanierungsgebiete "Stadtumbau Weinberg" und "Stadtumbau Wiethop". Die Sanierungsmaßnahmen sollten im umfassenden Verfahren durchgeführt werden. Die Satzungen machte sie nach Ausfertigung durch die Bürgermeisterin am 27.4.2016 in der Walsroder Zeitung sowie ergänzend durch Bereitstellung am 30.4.2016 auf ihrer Internetseite bekannt. In seiner Sitzung vom 22.8.2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, die Frist für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen in beiden Sanierungsgebieten auf 15 Jahre festzusetzen.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Gebäude G. 2, 4 und 6 sowie H. straße 31, 33 und 35 mit insgesamt 24 Wohneinheiten in der Nordwestecke des Sanierungsgebiets "Wiethop" (sog. WEG Wiethop IIa). Sie hat am 28.3.2017 den Normenkontrollantrag gestellt und trägt zur Begründung vor: Die Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen nach § 137 BauGB sei zu spät und nicht ergebnisoffen durchgeführt worden. Zum Erörterungstermin vom 7.3.2016 sei mit widersprüchlichen Zeitangaben (Walsroder Zeitung: 18h, Internet: 19h) geladen worden. Einwände der Eigentümer seien dort nicht zur Kenntnis genommen worden. Die vorbereitenden Untersuchungen nach § 141 BauGB seien mangelhaft. Der Beschluss zu deren Einleitung sei nur durch Bereitstellung im Internet bekanntgemacht worden; dies widerspreche dem Gedanken des § 4a Abs. 4 BauGB. Es sei nicht auszuschließen, dass deshalb die Untersuchung unvollständig sei. Auch der Sanierungssatzung selbst hafte dieser Mangel an; dass die Satzung im Volltext in einer Zeitung abgedruckt worden sei, heile dies nicht, da die Hauptsatzung nur die Bekanntmachung durch Bereitstellung im Internet vorsehe. Im Verwaltungsvorgang sei dem Ratsprotokoll die Satzung nicht als Anlage beigefügt, so dass bestritten werde, dass der Rat tatsächlich den bekannt gemachten Satzungsinhalt beschlossen habe. Die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend zwischen Stadtumbaumaßnahme nach §§ 171a ff. BauGB und Sanierungsmaßnahme nach §§ 136 ff. BauGB differenziert; es sei unklar, welches Instrument sie überhaupt nutzen wolle. Jedenfalls sei der Beschluss einer Sanierungssatzung ergänzend zu einer Stadtumbaumaßnahme unzulässig. Das Abwägungsgebot sei verletzt. Der Rat habe zu Unrecht die Leerstandsquoten zum Zeitpunkt der Erstellung des ISEK, unmittelbar nach Abzug der Briten, zugrunde gelegt. Zum 1.12.2015 seien beispielsweise all ihre Wohnungen belegt gewesen, und zwar nur zum kleinen Teil von Hartz-IV-Empfängern. Sie habe bis März 2016 fast 60.000,- € in ihre Gebäude investiert. Auch die benachbarten Wohnungen im Bereich der WEG Wiethop I seien zu einem erheblichen Teil belegt gewesen und heute fast vollständig belegt; genutzt würden ferner das ehemalige Community-Center, der ehemalige Supermarkt und die - ohne ersichtliches Differenzierungskriterium außerhalb des Sanierungsgebiets gelegenen - sog. Südheide-Blocks. Ihre sowie die Wohnblöcke Wiethop I wiesen keine nennenswerten Substanzschäden auf. Die schnelle Vermietung erkläre sich durch die hohe Beschäftigungsquote im Gebiet der Antragsgegnerin; der damit verbundene Wohnraumbedarf sei nicht zutreffend ermittelt worden. Es sei die Antragsgegnerin, die das Gebiet durch Vernachlässigung unattraktiv mache. Eigentümerbelange seien in die Abwägung nicht eingegangen. Die Einbeziehung ihrer Grundstücke in das Sanierungsgebiet sei willkürlich, namentlich mit Blick auf die Herausnahme der Südheide-Blocks aus dem Sanierungsgebiet.
Die Antragstellerin beantragt,
die vom Rat der Antragsgegnerin am 26.4.2016 beschlossene Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Stadtumbau Wiethop" für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie führt aus: Die Entscheidung des Senats zu § 4a Abs. 4 BauGB sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Zudem sei die Satzung "informell" im Volltext in der Walsroder Zeitung bekannt gemacht worden. Die Festlegung des Inkrafttretens auf den Tag der Bekanntmachung sei nicht zu beanstanden. Fehler bei der Betroffenenbeteiligung nach § 137 BauGB seien Verfahrensfehler und für die Wirksamkeit der Satzung unbeachtlich. Dem § 4a Abs. 4 BauGB vergleichbare Anforderungen seien an die Bekanntmachung von Schritten i.R.d. vorbereitenden Untersuchung nach § 141 BauGB nicht zu stellen, zumal von dieser gem. § 141 Abs. 2 BauGB sogar abgesehen werden könne. Stadtumbau- und Sanierungsmaßnahmen dürften kombiniert werden. Sie habe ersichtlich eine Sanierungssatzung aufstellen wollen. In der Sache seien die Sanierungssatzungen gerechtfertigt. Im Sanierungsgebiet Wiethop sei jedenfalls der Leerstand der sog. Holländerhäuser ein städtebaulicher Missstand. Die geltend gemachte Nutzung des Community-Centers sei nicht baugenehmigt und auch wieder aufgegeben. Die Belegungszahlen in den WEGs Wiethop I und Wiethop IIa seien für den Rat bei Satzungsbeschluss nicht erkennbar gewesen. Ob auch u.a. Maßnahmen an den Häusern der Antragsteller erforderlich würden, sei erst im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschließend zu klären. Dass die "Südheide"-Blöcke außerhalb des Satzungsgebiets lägen, liege an der Baustruktur der Umgebung; sie seien auch nicht von den Briten genutzt worden und daher nicht von ihrem Abzug betroffen. Die Einwohnerzahl Bad-Fallingbostels sei tatsächlich als fallend prognostiziert. Einzig der Flüchtlingszuzug sei in den Prognosen nicht berücksichtigt; für deren Integration seien aber Arbeitsplätze nötig, die im Sanierungsgebiet Weinberg geschaffen würden. Die Abgrenzung der Sanierungsgebiete sei nicht zu beanstanden. Der Leerstand der unrenovierten Blöcke beeinflusse die renovierten Gebäude; zudem wiesen diese - etwa Lärmschutz- und energetische - Defizite auf. Hinzu kämen Funktionsmängel des bislang dem Wohnen gewidmeten Gebiets, da das gebietsweit niedrige Mietniveau zu Zweckentfremdungen der Wohnungen einlade.
Die sog. Holländerhäuser habe sie im Übrigen mittlerweile aufgekauft. Ihr aktuelles Wohnraumversorgungskonzept sehe vor, dass nur noch 70% statt 100% der Wohnungen in den Gebieten Wiethop und Weinberg zurückgebaut werden müssten. Der städtebauliche Rahmenplan (SRP) für das Sanierungsgebiet Wiethop sehe einen Erhalt der Wohnungen in den WEGs Wiethop I und IIa, der SRP für das Sanierungsgebiet Weinberg einen Erhalt der Wohnungen in der WEG Oerbker Berg vor.
Beide Rahmenpläne hatte der Rat am 26.2.2018 beschlossen. Der SRP "Wiethop" sieht zwei Varianten vor, in denen die genannten Wohnanlagen erhalten, die übrigen im Wesentlichen durch Einfamilien- und Doppelhäuser sowie in einer Variante teils durch altengerechte Wohnanlagen ersetzt werden. Die Zahl der Wohneinheiten ist deutlich größer als im ISEK angedacht. Der SRP "Weinberg" sieht - abgesehen vom Erhalt der Anlage "Oerbker Berg" - weiterhin die Schaffung von (eingeschränkten) Gewerbegebieten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten - auch zum Parallelverfahren 1 KN 131/16 - verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet. Die Sanierungssatzung "Stadtumbau Wiethop" der Antragsgegnerin ist unwirksam.
I.
Die vom Antragsteller geltend gemachten Verfahrensfehler liegen zwar nicht vor.
1.
Soweit die Antragstellerin rügt, der Einleitungsbeschluss für die vorbereitende Untersuchung sei entgegen § 141 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht wirksam ortsüblich bekannt gemacht, da die Bekanntmachung im Internet unwirksam sei, ist dies gemäß § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich; der Fehler - wenn es denn einer sein sollte - ist im Katalog der beachtlichen Verfahrensfehler nicht aufgezählt. § 214 Abs. 1 BauGB gilt für sämtliche Satzungen nach dem BauGB, also auch für Sanierungssatzungen. Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin Mängel des Verfahrens der Betroffenenbeteiligung (§ 137 BauGB) - zu spät, nicht ergebnisoffen, mit irreführender Zeitangabe - rügt.
2.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war die Antragsgegnerin am Erlass von Sanierungssatzungen nicht deshalb gehindert, weil sie für dieselben Gebiete zuvor - mit Beschluss vom 21.9.2015 - Stadtumbaumaßnahmen beschlossen hatte. Die Antragstellerin meint, daraus, dass nach § 171a Abs. 1 BauGB Stadtumbaumaßnahmen auch anstelle von oder ergänzend zu sonstigen Maßnahmen nach dem BauGB nach den §§ 171a ff. BauGB durchgeführt werden könnten, ergebe sich im Umkehrschluss, dass nicht umgekehrt ein Sanierungsgebiet ergänzend zu einer Stadtumbaumaßnahme festgelegt werden könne. Dem folgt der Senat nicht. Gerade daraus, dass § 171a Abs. 1 BauGB die Nutzung des Instrumentariums der §§ 171a ff. BauGBergänzend zu der der sanierungsrechtlichen Vorschriften zulässt, ergibt sich die Möglichkeit, beides zu kombinieren, wie es die Antragsgegnerin getan hat. Eine bestimmte zeitliche Reihenfolge beider Maßnahmen, auf die die Rüge der Antragstellerin möglicherweise abzielt, ist weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des § 171a BauGB vorgegeben.
3.
Der Rat der Antragsgegnerin hat beide Sanierungssatzungen als solche beschlossen. Entgegen der Antragstellerin bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin auch den Beschluss einer Stadtumbaumaßnahme im Blick gehabt habe - diese hatte sie ja schon am 21.9.2015 beschlossen. Die "Zusammenstellung und Bewertung hinreichender Beurteilungsgrundlagen" der DSK war nach Inhalt und Kontext eindeutig (zumindest auch) der Abschluss einer vorbereitenden Untersuchung nach § 141 BauGB. Dass sie zusätzlich Aussagen zum Fortgang der beschlossenen Stadtumbaumaßnahmen für den ebenfalls ehemals von den Briten genutzten Bereich Adolphsheide enthält (S. 37 f.), steht dem nicht entgegen.
Die Zweifel der Antragstellerin, der Rat könnte andere als die streitgegenständlichen Satzungen beschlossen haben, sind unbegründet. Zutreffend ist allerdings, dass dem im Verwaltungsvorgang vorhandenen Protokoll der Ratssitzung vom 26.4.2016 entgegen seinem Wortlaut die Satzungen nicht als Anlagen 8 und 9 beigefügt waren. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin jedoch das Original des Protokolls vorgelegt. Indizien auf die Unrichtigkeit des Protokolls hat der Senat nicht. Es kursieren in den Verwaltungsvorgängen keine voneinander abweichenden Fassungen der Satzung, die bekannt gemachte Satzung entspricht auch dem Vorschlag der DSK. Die Annahme, dass der Rat die Satzungen kommentarlos beschlossen hätte, wenn sie ihm nicht als Anlage zur Ratsvorlage (vgl. BA1 Bl. 168) vorgelegen hätten, ist eher fernliegend und hätte besonderer Anhaltspunkte bedurft.
4.
Die Form der Bekanntmachung der Satzung ist nicht zu beanstanden. Dabei spricht bereits einiges dafür, dass die Bekanntmachung durch Bereitstellung im Internet gemäß § 9 Satz 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin wirksam war. Die gewählte Bekanntmachungsform entspricht § 11 Abs. 3 Satz 1 NKomVG iVm. § 9 S. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin. Ob die Erwägungen greifen, die der Senat in seinem Beschluss vom 4.5.2012 - 1 MN 218/11 -, DVBl. 2012, 777 = ZfBR 2012, 470 = BauR 2012, 1208 = juris Rn. 29 ff. zur Wirksamkeit der Auslegungsbekanntmachung für Bebauungsplanentwürfe im Internet angestellt hat, ist fraglich. Ob diese Erwägungen auch für die ortsübliche Bekanntmachung von Satzungsbeschlüssen griffen, hat der Senat a.a.O. nicht angesprochen und im Senatsbeschl. v. 29.11.2013 - 1 MN 157/13 -, BauR 2014, 503 = BRS 81 Nr. 57 = juris Rn. 17 ausdrücklich offengelassen. Zwar hat er Zweifel geäußert, ob die Ausbildung eines örtlichen Brauchs, Informationen nur im Internet bereitzustellen, den Interessen eines noch immer nicht unbeträchtlichen Anteils der Bevölkerung, der sich dem privaten Gebrauch des Internets entziehe, gerecht werde. Mit Blick auf die weiter fortschreitende Verbreitung dieses Mediums neigt der Senat allerdings dazu, diese Zweifel jedenfalls ab dem hier maßgeblichen Zeitraum (2016 ff.) aufzugeben. Mittlerweile dürften über das Internet mindestens so viele Betroffene eine Kenntnisnahmemöglichkeit von Satzungsinhalten haben wie über herkömmliche Medien der ortsüblichen Bekanntmachung (Lokalzeitungen, Amtsblätter, Anschlagtafeln).
Dies kann jedoch offenbleiben. Die Antragsgegnerin hat beide Sanierungssatzungen (entgegen ihrer Hauptsatzung) auch im Volltext mit Karte und Hinweisen in der Walsroder Zeitung bekannt gemacht. Bei Unwirksamkeit des § 9 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin n. F., kommt es nach der Senatsrechtsprechung (Senatsbeschl. v. 29.11.2013 - 1 MN 157/13 -, BauR 2014, 503 = BRS 81 Nr. 57 = juris Rn. 17) auf die Vorgängerfassung dieser Norm bzw. einen auf deren Grundlage entstandenen Brauch an. § 11 Abs. 1 der Hauptsatzung in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung sah eben diese Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Satzungen vor.
II.
Die Satzung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie leidet unter nach §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Abwägungsmängeln.
Nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das gilt für das "Wie" der auf Grundlage der Sanierungssatzung durchzuführenden Sanierung, aber auch für die Entscheidung über das "Ob" einer Sanierungssatzung und für deren räumliche Umgrenzung nach § 142 Abs. 1 Satz 2, 3 BauGB. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29; für das Sanierungsrecht u.a. VGH Mannheim, Urt. v. 16.11.2016 - 3 S 572/15 -, DVBl. 2017, 252 = juris Rn. 43 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers im Parallelverfahren 1 KN 131/16 ergibt sich ein Abwägungsausfall zwar nicht bereits daraus, dass der Rat dem DSK-Bericht lediglich "zugestimmt" habe. Wenn der Rat in einer Sitzung dem Ergebnisbericht einer vorbereitenden Untersuchung zustimmt und ohne Angabe einer abweichenden Begründung die darin vorgeschlagene Sanierungssatzung erlässt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass er sich einen im Bericht enthaltenen Abwägungsvorschlag zu eigen macht. Das ist zulässig, eine förmliche Begründungspflicht für die Satzung trifft die Gemeinde nicht (BVerwG, Beschl. v. 23.7.1993 - 4 NB 26.93 -, Buchholz 406.15 § 5 StBauFG Nr 4 = juris Rn. 7).
Allerdings lässt sich auch dem DSK-Bericht oder sonstigen vom Rat möglicherweise in seine Entscheidung einbezogenen Dokumenten keine Abwägung in dem Sinne entnehmen, dass die aus dem Erlass der Satzung den Eigentümern im Sanierungsgebiet entstehenden Nachteile ermittelt, gewichtet und den Sanierungsvorteilen ergebnisoffen gegenübergestellt worden wären. Die Antragsgegnerin verweist auf ihre Ausführungen auf S. 49 des DSK-Berichts, wo es unter der Überschrift "Begründung des qualifizierten Interesses der Öffentlichkeit an der Sanierung" heißt:
"Die Komplexität der Aufgabe erfordert qualifizierte Rechts- und Verfahrensinstrumente. In der Abwägung der gebotenen Instrumente reichen Maßnahmen des allgemeinen Städtebaurechts nicht dafür aus. Daher ist für die weitere Vorbereitung und Durchführung der Sanierung die Anwendung des besonderen Städtebaurechts gemäß § 136 BauGB sowohl das geeignete als auch notwendige Mittel. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dienen dem Wohl der Allgemeinheit und sollen u. a. dazu beitragen, dass die bauliche Struktur nach den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entwickelt wird, die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur unterstützt wird, die Siedlungsstruktur den Anforderungen an gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen entspricht (vgl. § 136 Abs. 4 BauGB).
Eine Umstrukturierung der Gebiete dient dem Gemeinwohl der Stadt Bad Fallingbostel. Die bestehenden städtebaulichen Missstände in den Gebieten wirken sich negativ auf den Gesamteindruck der Stadt und der weiteren Entwicklung des Wohnungsmarktes aus. Eine städtebauliche Erneuerung des Gebietes dient dem Gemeinwohl der Stadt Bad Fallingbostel. Eine grundlegende funktionale Umstrukturierung wird zur Sicherung der städtischen Strukturen und Funktionen der Gesamtstadt einen wesentlichen Beitrag leisten.
In den Medien findet eine Auseinandersetzung mit dem Fortgang der Entwicklung der betroffenen Gebiete statt. Diese Auseinandersetzung unterstützt den Kommunikationsprozess mit den betroffenen Eigentümern und den Bürgern der Stadt Bad Fallingbostel."
Diese Passage - die einzige in dem Bericht, die auch nur dem Wortlaut nach in Anspruch nimmt, eine Abwägung zu beinhalten - lässt nicht erkennen, dass und wie Interessen der Grund- bzw. Wohnungseigentümer im Plangebiet bewertet worden sind. Eine hinreichende Bewertung lässt sich auch nicht dem Abschnitt 2.1 "Städtebauliche Missstände/Problemlage" (DSK-Bericht S. 6-14) entnehmen, der seinerseits maßgeblich auf das ISEK Bezug nimmt. Die von der Antragstellerin sowie den Antragstellern im Parallelverfahren 1 KN 61/17 substantiiert dargestellten Sanierungsmaßnahmen und Vermietungserfolge in den Eigentümergemeinschaften I und IIa kommen darin nicht zum Ausdruck. Die kurze Zustandsbeschreibung auf S. 28 f. des ISEK genügt insoweit nicht. Das ISEK entstand im April 2015 zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht feststehen konnte, wie sich die Verhältnisse nach dem Wegzug der britischen Militärangehörigen entwickeln würden; der Abwägungsentscheidung des Rates waren aber die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zugrunde zu legen. Bereits deshalb hätte die Antragsgegnerin eine weitere Ermittlungspflicht getroffen; darauf, dass ihr betroffene Wohnungseigentümer von sich aus, d. h. unaufgefordert Neuvermietungen und Sanierungsmaßnahmen mitteilen würden, durfte sie sich nicht verlassen. Die Unzulänglichkeiten der Befunde des ISEK gleicht der DSK-Bericht nicht aus. Dieser hat (S. 7) zum Stand Dezember 2015 für das Gebiet "Wiethop" einen nahezu 100-prozentigen Leerstand angenommen, ohne deutlich zu machen, auf welcher Grundlage diese Annahme beruhte. Für die Zukunft werden Verschärfungstendenzen, aber auch ein gegenläufiger Trend der Vermietung an Transferleistungsbezieher prognostiziert. Die Antragstellerin hat demgegenüber substantiiert und von der Antragsgegnerin unbestritten vorgetragen, dass die Annahmen der Antragsgegnerin zur Belegungsrate dem Stand des ISEK (April 2015) entsprachen, zwischen dem 1.6. und 1.12.2015 aber nahezu alle Wohnungen in der WEG IIa vermietet wurden - davon nur 6 an Transferleistungsempfängern -, und auch in der WEG I jedenfalls am Tag des Satzungsbeschlusses 55 der 129 von ihrer Hausverwaltung betreuten Wohnungen vermietet waren.
Auch die subjektive Interessenlage der Eigentümer hat der Rat nur unzulänglich ermittelt. Die Einbeziehung der Eigentümer geschah, soweit ersichtlich, nur über zwei "Informationsveranstaltungen" am 5.3.2015 und 15.3.2016. Ob im Rahmen der ersteren Nutzungsvorstellungen der Eigentümer erhoben wurden, ist nicht erkennbar; im ISEK sind sie jedenfalls nicht dokumentiert, so dass sie auch über dieses und den DSK-Bericht keinen Eingang in die Ratsentscheidung finden konnten. Auch die Ergebnisse der Veranstaltung vom 15.3.2016 wurden in den DSK-Bericht nicht mehr eingearbeitet (DSK-Bericht S. 47). Über die Informationsveranstaltung wurde zwar ein Protokoll gefertigt, in dem durchaus Bedenken der anwesenden Wohnungsverwalter zum Ausdruck kommen (BA 001 Bl. 113 im Parallelverfahren 1 KN 131/16). Dieses Protokoll gehörte jedoch nicht zu den Anlagen zur Beschlussvorlage über die Sanierungssatzung (BA 001 Bl. 167 f. im Parallelverfahren 1 KN 131/16).
Dem kann nicht, wie dies der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung getan hat, entgegengehalten werden, es sei ohnehin offenkundig, dass die Eigentümer der Sanierungssatzung entgegenlaufende Interessen hätten; diese wortreich in der Abwägungsdokumentation zu behandeln, blähe diese lediglich ohne spürbaren Mehrwert auf. Denn die Interessenlage der Sanierungsbetroffenen lag jedenfalls im vorliegenden Fall nicht derart auf der Hand, dass auf ihre nähere Prüfung hätte verzichtet werden können. Für die Frage, ob eine Satzung, die wesentliche Weichen für die weitgehende Beseitigung eines vorhandenen Baubestandes stellt und der Stadt Handhaben gibt, die Beibehaltung eines vermietungsfähigen Zustands dieses Bestandes zu verhindern, spielt es eine nicht unerhebliche Rolle, welchen Wert dieser Baubestand hat und welchen Nutzen die Eigentümer aus ihm ohne die Sanierungssatzung ziehen könnten. Auch liegt eine ablehnende Haltung der Eigentümer zu den Sanierungszielen nicht auf der Hand: Wäre die Siedlung, wie der DSK-Bericht suggeriert, ohne die Sanierung ohnehin einem geradezu unausweichlichen Degenerationsprozess ausgesetzt ("DSK-Bericht S. 13: "Der ohne eine Bereinigung des Wohnungsmarktes absehbare dauerhafte Leerstand von einem Großteil der Wohnungen im Gebiet [...] stigmatisiert das Quartier als Getto"), so wäre durchaus denkbar gewesen, dass die Eigentümer Interesse an der Schaffung marktgängigeren Wohnraums haben könnten.
Der Abwägungsfehler ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich und wurde spätestens durch das der Antragsgegnerin per Fax vorab direkt übersandte Rügeschreiben der Antragstellerin vom 25.4.2017 binnen Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.