Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.05.2018, Az.: 13 PS 155/18

Entbindung eines ehrenamtlichen Richters bei einem Verwaltungsgericht; Berufung in den Vorbereitungsdienst eines Pfarrverwalters der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.05.2018
Aktenzeichen
13 PS 155/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 50073
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2018:0515.13PS155.18.00

Amtlicher Leitsatz

Das Ablehnungsrecht des § 23 Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann auch einer in Aussicht genommenen Pfarrverwalterin in ihrer Vorbereitungszeit zustehen.

Tenor:

Die ehrenamtliche Richterin

A.,

A-Straße,

A-Stadt,

wird auf ihren Antrag von ihrem Amt als ehrenamtliche Richterin in der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover entbunden.

Gründe

1

Die Entbindung der ehrenamtlichen Richterin beruht auf § 24 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

2

Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO ist ein ehrenamtlicher Richter auf seinen Antrag von seinem Amt zu entbinden, wenn er einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 VwGO geltend macht. Das ist hier mit Schreiben vom 23. April 2018 geschehen, mit dem die ehrenamtliche Richterin im Hinblick auf ihre Berufung in den Vorbereitungsdienst einer Pfarrverwalterin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche B. zum 1. August 2017 den Ablehnungsgrund des § 23 Abs. 1 Nr. 1 VwGO geltend macht. Diese Bestimmung räumt Geistlichen und Religionsdienern ein Ablehnungsrecht ein.

3

Mit der Berufung in den Vorbereitungsdienst einer Pfarrverwalterin ist die ehrenamtliche Richterin Geistliche im Sinne dieser Vorschrift geworden. Hierunter werden nur solche Mitglieder einer Religionsgemeinschaft verstanden, die - wie das Seelsorgeramt der beiden großen christlichen Konfessionen - die Angehörigen ihrer Gemeinschaft führen und betreuen, sie religiös unterweisen, religiöse Handlungen vornehmen oder in anderer Weise sonstige gottesdienstliche Handlungen vornehmen (vgl. BVerwG, Urt v. 11.12.1969 - VIII C 46.68 -, juris Rn. 20; Hess. VGH, Beschl. v. 5.9.1986 - 1 Y 2402/86 -, juris Rn. 6; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 6.12.2001 - 16 F 56/01 -, juris Rn. 12, 20 zum Begriff des Religionsdieners).

4

Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 des Pfarrverwaltergesetzes vom 15. August 1988 (KABl. 1988, S. 118, zuletzt geändert durch Artikel 6 des Kirchengesetzes vom 13. Juni 2017 (KABl. 2017, S. 58), hat der Pfarrverwalter nach seiner Berufung während der einjährigen Probezeit das Recht zur öffentlichen Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung im Rahmen des ihm für diese Zeit erteilten Auftrags. Die ehrenamtliche Richterin, die ausweislich des Schreibens des Landeskirchenamtes vom 13. Juli 2017 als Pfarrverwalterin in Aussicht genommen ist, befindet sich derzeit noch in der nach § 5 Abs. 3 Pfarrverwaltergesetz vorgeschriebenen Vorbereitungszeit, die der Berufung zum Pfarrverwalter und der einjährigen Probezeit vorausgeht. Während dieser einjährigen Ausbildungszeit ist sie der Kirchengemeinde C. -D. zugewiesen und arbeitet dort im Umfang der Hälfte des vollen Dienstes mit. Ausweislich ihres Schreibens vom 8. Mai 2018 gehören auch Gottesdienste, Taufen, Konfirmation, Trauungen und Beerdigungen zu ihren Aufgaben. Damit steht ihr das Ablehnungsrecht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu.