Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.04.2012, Az.: 8 ME 49/12
Unzumutbarkeit zum Abwarten des Verwaltungsaktes oder des Verwaltungshandelns als Voraussetzung für die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes; Verfassungsrechtlich gerechtfertigter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Seelotsen durch § 26 Abs. 1 S. SeeLG
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2012
- Aktenzeichen
- 8 ME 49/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 15246
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0404.8ME49.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 01.03.2012 - AZ: 7 B 2657/12
Rechtsgrundlagen
- § 14 SeeLG
- § 15 SeeLG
- § 26 Abs. 1 SeeLG
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 123 Abs. 1 VwGO
Fundstellen
- DSB 2012, 202
- DVBl 2012, 705-708
- DVP 2012, 522-523
- DÖV 2012, 569
- NJW-Spezial 2012, 281
- NVwZ 2012, 6
- NdsVBl 2012, 184-188
- NordÖR 2012, 426-430
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. das Verwaltungshandeln abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen nachträglichen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen.
- 2.
Die mit der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflicht des Seelotsen nach § 26 Abs. 1 SeeLG verbundene Einschränkung des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit ("nemo tenetur se ipsum accusare") stellt einen verfassungsrechtlich gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Seelotsen dar.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die das vorläufige Nichtbestehen seiner gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten als Seelotse gegenüber der Antragsgegnerin feststellt.
Der Antragsteller ist bestallter Seelotse auf dem Lotsrevier Weser I. Die für die Antragsgegnerin handelnde Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest ist Aufsichtsbehörde für das Seelotswesen im Lotsrevier Weser I.
Am 5. April 2011 erbrachte der Antragsteller Lotstätigkeiten auf der MS "Rhonestern". Im Bereich der Vegesacker Kurve überholte die MS "Rhonestern" die vom Seelotsen C. D. gelotste MS "Zapadnyy", die in der Folge mit einem am Vulkan-Pier fest vertäuten Schwimmdock der Bremer Lürssen Werft kollidierte. Durch die Kollision wurde das Schwimmdock von seinem Liegeplatz gerissen und trieb zeitweise auf der Weser. Das Fahrwasser wurde bis zur Bergung gesperrt. Am Dock und an der MS "Zapadnyy" entstanden erhebliche Sachschäden. Personen wurden nicht verletzt. Auch zu einer Schädigung der Umwelt kam es nicht.
Gegen die Kapitäne und die Seelotsen der beteiligten Motorschiffe wird wegen des Verdachts der Gefährdung des Schiffsverkehrs ermittelt. Das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wird bei der Staatsanwaltschaft Bremen unter dem Aktenzeichen 601 Js 36829/11 geführt und dauert an.
Mit Schreiben vom 27. April 2011 forderte die Antragsgegnerin die Lotsenbrüderschaft Weser I auf, Lotsenberichte nach§ 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz beizubringen. Der Seelotse C. D. erstattete diesen Bericht gegenüber der Antragsgegnerin unter dem 11. Mai 2011. Mit weiterem Schreiben vom 10. Januar 2012 forderte die Antragsgegnerin die Lotsenbrüderschaft Weser I auf, auch einen Bericht des Antragstellers über seine Lotstätigkeit auf der MS "Rhonestern" beizubringen. Dies lehnte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24. Januar 2012 im Hinblick auf das anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren ab. Hierauf teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Januar 2012 mit, dass sie den Bericht zur Ausübung ihrer Aufsicht über die Erfüllung der Berufspflichten und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs benötige und ohne vorherige Zustimmung des Antragstellers eine Weitergabe des Lotsenberichtes an die strafrechtlichen Ermittlungsbehörden nicht erfolgen werde.
Am 3. Februar 2012 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Oldenburg einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt und den Erlass einer einstweiligen Feststellungsanordnung begehrt. Er habe ein Interesse an der Feststellung, dass er bis zum Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht verpflichtet sei, der Antragsgegnerin über die Umstände des Unfalls am 5. April 2011 einen Bericht oder weitere Auskünfte zu erteilen. Sonst drohten ihm der Erlass eines für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsaktes mit der Aufforderung, die gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten zu erfüllen, und ein Bußgeld von bis zu 5.000 EUR. Letztlich könne die Antragsgegnerin ein Verfahren zum Widerruf seiner Bestallung als Seelotse einleiten und ihm vorläufig die Berufsausübung untersagen. Angesichts dieser schwerwiegenden Beeinträchtigungen für die Berufsausübung und das drohende Ordnungswidrigkeitenverfahren könne er nicht auf einen bloß repressiven Rechtsschutz verwiesen werden. Die gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung eines Berichts und weiterer Auskünfte verstoße gegen das verfassungsrechtliche Selbstbelastungsverbot. Dem Antragsteller stehe in dem gegen ihn als Beschuldigten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ein Aussageverweigerungsrecht zu. Dieses wäre sinnentleert, müsste der Antragsteller im Verwaltungsverfahren umfassende Auskunft erteilen und sich hierdurch selbst belasten. Denn die Staatsanwaltschaft könnte den an die Antragsgegnerin gerichteten Bericht beschlagnahmen und im Strafverfahren als Beweis verwerten. Ein gesetzliches Beschlagnahme- oder Beweisverwertungsverbot bestehe nicht.
Der Antragsteller hat beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass er bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht verpflichtet ist, der Antragsgegnerin über die Umstände und den Hergang der Kollision des MT "Zapadnyy" mit dem Schwimmdock der Lürssen Werft am 5. April 2011 auf der Weser einen Lotsenbericht zu erstatten und weitere Auskünfte gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz zu erteilen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Für den Erlass einer einstweiligen Feststellungsanordnung habe der Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis. Die von ihm aufgezeigten Möglichkeiten des Verwaltungshandelns seien bloße Spekulation. Selbst wenn ein solches Handeln erfolge, könnte er effektiven vorläufigen Rechtsschutz erlangen. Den nach dem Seelotsgesetz bestehenden Berichts- und Auskunftspflichten des Seelotsen stehe das verfassungsrechtliche Selbstbelastungsverbot nicht entgegen. Das Seelotswesen sei als präventives Element im "Sicherheitskonzept Deutsche Küste" implementiert, dessen Funktionsfähigkeit unter anderem mit den Berichts- und Auskunftspflichten der Seelotsen sichergestellt werde. Gerade nach einem Seeunfall müsse die Aufsichtsbehörde angesichts der Gefahren für Menschen, Umwelt und Sachgüter von erheblichem Wert, der dem Seelotsen anvertrauten hohen materiellen Werte und der erheblichen Technisierung des Schiffsverkehrs möglichst zügig ein umfassendes Bild vom Geschehen erhalten, um weitere Schädigungen vermeiden und notwendige präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Ein wesentlicher Baustein sei hier der Bericht des Seelotsen, zu dessen Erstattung er gesetzlich verpflichtet sei. Dieses Verfahren sei gesetzlich und verwaltungsorganisatorisch vom Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren getrennt. Berichte der Seelotsen, die zudem nur der Klärung der objektiven Geschehensabläufe, nicht aber der Klärung des Verschuldens und der Haftung dienten, würden ohne deren Zustimmung von der Aufsichtsbehörde weder an Ermittlungsbehörden noch an Strafgerichte herausgegeben. Sie dürften auch einem strafverfahrensrechtlichen Verwertungsverbot unterliegen. Könnte die Erteilung des Berichts und weiterer Auskünfte hingegen bis zum Abschluss eines Strafverfahrens verweigert werden und bestünden für die Aufsichtsbehörde keine weiteren Möglichkeiten der Sachaufklärung, könnte diese zur Gefahrenvermeidung in Einzelfällen gezwungen sein, dem Seelotsen bis zum Abschluss des Strafverfahrens vorläufig die Berufsausübung zu untersagen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 1. März 2012 abgelehnt. Der Antragsteller habe bereits einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sein Antrag sei auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, die allenfalls zur Vermeidung existenzbedrohender Nachteile oder der Gefahr schwerwiegender, unumkehrbarer Grundrechtsverletzungen zulässig sein könne. Eine solche Konstellation liege hier nicht vor. Die Antragsgegnerin habe zugesichert, den Lotsenbericht nicht ohne die Zustimmung des Antragstellers an die Ermittlungsbehörden herauszugeben. Fragen eines etwaigen Beweiserhebungs- und/oder -verwertungsverbotes seien im Strafverfahren zu beantworten. Entschließe sich die Antragsgegnerin zu dem vom Antragsteller geschilderten Verwaltungshandeln, etwa dem Erlass einer auf die Abgabe des Lotsenberichtes gerichteten Ordnungsverfügung oder der vorläufigen Untersagung seiner Lotsentätigkeit, könne der Antragsteller hiergegen effektiven vorläufigen Rechtsschutz nach§ 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung erlangen. Dies sei ihm auch zumutbar.
Am 2. März 2012 hat der Antragsteller Beschwerde erhoben, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen erneuert und weiter vertieft. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung hier nicht hinreichend effektiv. Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren drohe dem Antragsteller wegen seiner Weigerung, den Lotsenbericht zu erstatten, eine vorläufige Untersagung der Berufsausübung. Bis zu einer Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die Verwaltungsgerichte könne er dann seinen Beruf vollständig nicht ausüben. Dies sei ein nicht zumutbarer und durch den Erlass der hier begehrten einstweiligen Anordnung vermeidbarer Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. Angesichts der unnachgiebigen Haltung der Antragsgegnerin drohe auch eine die gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten des Antragstellers konkretisierende Ordnungsverfügung, die für sofort vollziehbar erklärt und anschließend mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden könnte. Ob hiergegen rechtzeitig vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung zu erlangen sei, könne der Antragsteller nicht absehen. Daneben drohe allein wegen der Weigerung, den Lotsenbericht zu erstatten, der Erlass eines Bußgeldbescheides. Die verwaltungsverfahrensrechtliche (Vor-)Frage seiner Berichtspflicht würde dann für den Antragsteller auf der Anklagebank erfolgen. Schon deshalb könne dem Antragsteller das Abwarten eines Bußgeldverfahrens nicht zugemutet werden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erstrebe der Antragsteller auch keine nur ausnahmsweise zulässige Vorwegnahme der Hauptsache. Eine solche liege nur dann vor, wenn die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erstrebte Anordnung dem Hauptsachebegehren uneingeschränkt entspreche, nicht unter dem Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung stehe und so zur Erledigung der Hauptsache führe. Daran fehle es hier. Denn die begehrte einstweilige Anordnung suspendiere die Berichtspflicht nur bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Unterliege der Antragsteller im Hauptsacheverfahren, könne er seine Berichts- und Auskunftspflichten nachträglich erfüllen. Dem Antragsteller stehe auch ein Anspruch auf die begehrte Feststellung zu. Der Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Selbstbelastungsverbot sei durch die angekündigte Weigerung der Antragsgegnerin, den Lotsenbericht nicht ohne Zustimmung des Antragstellers an die Ermittlungsbehörden herauszugeben, nicht zu beseitigen. Denn die Antragsgegnerin könne eine Beschlagnahme des Lotsenberichts durch die Ermittlungsbehörden nicht verhindern. Gesetzliche Beweiserhebungs- oder -verwertungsverbote bestünden nicht. Die Antragsgegnerin könne auch nicht rechtmäßig eine Sperrerklärung nach § 96 Strafprozessordnung erlassen, die zudem einer Beweisverwertung im Strafverfahren nicht entgegen stünde. Die Auffassung der Antragsgegnerin zu den sich aus dem Seelotsgesetz ergebenden Berichts- und Auskunftspflichten begründe Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz, die eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz rechtfertigten. Dass die gesetzliche Berichts- und Aufsichtspflicht nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz nicht notwendig sei, zeige der am 2. April 2012 von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung vorgelegte Entwurf eines Unfallberichts, zu dem die Antragsgegnerin nichts beigetragen habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 1. März 2012 zu ändern und im Wege der einstweiligen Anordnung mit Wirkung für die Zeit bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass der Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht verpflichtet ist, der Antragsgegnerin über die Umstände und den Hergang der Kollision des MT "Zapadnyy" mit dem Schwimmdock der Lürssen Werft am 5. April 2011 auf der Weser einen Lotsenbericht zu erstatten und weitere Auskünfte gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz zu erteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Weder das Verhalten des Antragstellers am 5. April 2011 noch die Nichtvorlage des Lotsenberichtes rechtfertigten eine negative Prognoseentscheidung im Sinne des § 14 Seelotsgesetz. Diesem drohe daher auch keine vorläufige Untersagung seiner Lotstätigkeit. Die Erstattung des Lotsenberichtes sei als wichtige Erkenntnisquelle bei der Ermittlung des Unfallshergangs aber von wesentlicher Bedeutung. Auch öffentliche Sicherheitsinteressen des Bundes, wie die Identifikation und zukünftige Vermeidung von Gefahren für die maritime Sicherheit, forderten eine aktive Mitwirkung des Seelotsen bei der Aufklärung eines Unfallgeschehens. Die Lotsenberichtspflicht bestehe daher unabhängig von einem Strafverfahren. Die Rechte des Seelotsen seien hinreichend gewahrt. Nach dem Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 11. Mai 1987 bestehe für Lotsenberichte weder ein Beschlagnahmerecht noch ein Beweisverwertungsrecht der Ermittlungsbehörden und Strafgerichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Beiakte A) verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Feststellung, dass der Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht verpflichtet ist, der Antragsgegnerin über die Umstände und den Hergang des Seeunfalls auf der Weser im Bereich der Vegesacker Kurve am 5. April 2011 einen Lotsenbericht zu erstatten und weitere Auskünfte zu erteilen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag nicht nur eine einstweilige Anordnung treffen, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO), oder wenn in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes kann auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Gestalt einer vorläufigen Feststellung des in der Hauptsache sachlich Begehrten geboten sein (sog. Feststellungsanordnung, vgl. BVerfG, Urt. v. 18.12.1985 - 2 BvR 1167/84 u.a. -, BVerfGE 71, 305, 347 [BVerfG 18.12.1985 - 2 BvR 1167/84]; Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.3.2010 - 11 CE 09.2712 -, VD 2010, 170 f.; Hessischer VGH, Beschl. v. 12.10.1989 - 3 TG 2633/89 -, [...] Rn. 14; Finkelnburg/Dolbert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rn. 217; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.4.1996 - 15 B 2786/95 -, NVwZ-RR 1997, 310).
Der danach grundsätzlich statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Feststellungsanordnung hat hier keinen Erfolg. Der Antrag ist unzulässig (1.) und auch unbegründet (2.).
1.
Der Zulässigkeit eines Antrages nach § 123 Abs. 1 VwGO steht zwar derzeit noch nicht die Möglichkeit eines gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangigen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entgegen. Denn die Antragsgegnerin hat gegenüber dem Antragsteller noch keinen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt erlassen, gegen den der Antragsteller einen repressiven Rechtsbehelf richten und dessen aufschiebende Wirkung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherstellen lassen könnte. Der Antragsteller begehrt vielmehr vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutz gegenüber einem solchen Verwaltungshandeln, der allenfalls im Verfahren nach § 123 VwGO gewährt werden kann.
Wegen des in § 123 Abs. 5 VwGO als einfachgesetzlicher Ausprägung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Gewaltenteilung angeordneten Vorrangs der Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO kommt die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. das Verwaltungshandeln abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen nachträglichen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.4.2007 - 9 VR 4/07 -, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 28; Finkelnburg/Dolbert/Külpmann, a.a.O., Rn. 104 m.w.N.). Eine derartige Unzumutbarkeit kann bestehen, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Dies ist anzunehmen, um der Schaffung vollendeter, später nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen zuvorzukommen, und wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.8.2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691, 3692 [BVerfG 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00]; BVerwG, Urt. v. 7.5.1987 - 3 C 53.85 -, BVerwGE 77, 207, 212 [BVerwG 07.05.1987 - BVerwG 3 C 53.85]; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 -, BayVBl. 2011, 214 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.6.2010 - 11 ME 583/09 -, NVwZ 2010, 1252, 1254; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.3.2004 - 13 B 2691/03 -, [...] Rn. 10 jeweils m.w.N.).
Derartige schwere und unzumutbare Nachteile drohen dem Antragsteller hier nicht.
Erlässt die Antragsgegnerin - etwa auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über das Seelotswesen - Seelotsgesetz (SeeLG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 1984 (BGBl. I S. 1213), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864), oder des § 3 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt - Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2876), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3069) - eine die gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten des Antragstellers konkretisierende Ordnungsverfügung und ordnet deren sofortige Vollziehung an, kann der Antragsteller Anfechtungsklage erheben und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen. Dass dem Antragsteller bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem solchen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes schwere oder irreparable und daher unzumutbare Nachteile drohen, ist nicht ernsthaft zu besorgen.
Die vom Antragsteller aufgezeigte Möglichkeit der Antragsgegnerin, wegen der Nichterfüllung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten nach § 15 SeeLG vorläufig die Berufsausübung als Seelotse zu untersagen und nach§ 14 SeeLG die Bestallung als Seelotse zu widerrufen, stellt eine bloß theoretische Möglichkeit des Verwaltungshandelns dar. Dass ein solches Verwaltungshandeln konkret bevorsteht, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Darstellung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin ein solches Verwaltungshandeln im erstinstanzlichen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht angekündigt. Die Antragsgegnerin hat vielmehr nur ausgeführt, dass bei einer generellen Suspendierung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten während laufender Strafverfahren gegen einen Seelotsen und fehlender Möglichkeiten der Aufsichtsbehörde zur weiteren Sachaufklärung diese in Einzelfällen zur Gefahrenvermeidung gezwungen sein könnte, dem Seelotsen bis zum Abschluss des Strafverfahrens vorläufig die Berufsausübung zu untersagen. Schon die hiermit verbundene Eingriffsintensität spreche gegen eine generelle Suspendierung der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten während laufender Strafverfahren. Im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 22. März 2012, dort S. 2, klargestellt, dass wegen der Nichtvorlage des Lotsenberichtes eine zur Untersagung der Lotsentätigkeit erforderliche negative Prognose für dessen Zuverlässigkeit nicht getroffen werden könne. Dem Antragsteller droht damit derzeit schon kein seine Berufsausübung untersagendes Verwaltungshandeln der Antragsgegnerin, das durch die begehrte einstweilige Feststellungsanordnung abgewehrt werden könnte. Im Übrigen bestehen für den Senat keine Zweifel, das auch gegen Verwaltungsakte, welche die Berufsausübung sofort vollziehbar untersagen, regelmäßig hinreichend effektiver Rechtsschutz im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO durch die Verwaltungsgerichte gewährt werden kann, mithin kein Rechtsschutzbedürfnis für vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutz nach § 123 VwGO besteht.
Nutzt die Antragsgegnerin die vom Antragsteller schließlich aufgezeigte Möglichkeit, wegen der Nichterfüllung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten einen Bußgeldbescheid zu erlassen, ist es dem Antragsteller möglich und regelmäßig auch zumutbar, den Schuldvorwurf in einem rechtsstaatlich ausgestalteten Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.5.1987, a.a.O.). Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten mit dem Ziel, den Erlass eines Bußgeldbescheides zu verhindern, ist regelmäßig nicht zu erlangen (vgl. Lässig, Zulässigkeit der vorbeugenden Feststellungsklage bei drohendem Bußgeldbescheid, in: NVwZ 1988, 410, 412 m.w.N.). Hierdurch würde die Zuständigkeit der Strafgerichte für die repressive Rechtmäßigkeitskontrolle behördlicher Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG umgangen, ohne dass dem Betroffenen allein durch den Erlass des Bußgeldbescheides wesentliche Nachteile treffen würden. Denn ein Bußgeldbescheid ist gemäß § 89 OWiG erst nach Eintritt der Bestandskraft vollstreckbar; eine sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes oder kraft besonderer behördlicher Anordnung kennt das Ordnungswidrigkeitengesetz nicht. Nur dann, wenn die Ahndung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren von der Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen abhängt, kann es dem Betroffenen nicht zuzumuten sein, diese Klärung "auf der Anklagebank" erleben zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.4.2003 - 1 BvR 2129/02 -, NVwZ 2003, 856, 857; BVerwG, Urt. v. 17.1.1972 - I C 33.68 -, BVerwGE 39, 247, 248 f.; Urt. v. 13.1.1969 - I C 86.64 -, [...] Rn. 19). Ob hier mit der Frage der Suspendierung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten durch das strafverfahrensrechtliche Selbstbelastungsverbot eine solche verwaltungsrechtliche Zweifelsfrage besteht, die es zwingend erfordert, gerade den Verwaltungsrechtsweg als "fachspezifischere" Rechtsschutzform in Anspruch zu nehmen, kann der Senat dahin stehen lassen. Denn jedenfalls ist wegen der Nichterfüllung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten bisher durch die Antragsgegnerin weder ein konkretes Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet noch die Durchführung eines solchen dem Antragsteller konkret angekündigt oder gar zur Erzwingung der Berichts- und Auskunfstpflichten angedroht worden. Nur unter diesen Voraussetzungen verdichten sich abstrakte Handlungsmöglichkeiten einer Verwaltungsbehörde gegenüber den generell Rechtsunterworfenen aber zu einem überhaupt feststellungsfähigen Rechtsverhältnis und vermögen die konkrete Gefahr der Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen "auf der Anklagebank" und die damit verbundene Notwendigkeit der Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes zu begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.1980 - 8 C 73.78 -, BVerwGE 60, 106, 107 [BVerwG 23.04.1980 - BVerwG 8 C 73.78]; Urt. v. 13.1.1969, a.a.O.).
2.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Feststellungsanordnung ist auch unbegründet. Der Antragsteller hat weder gemäߧ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund, a.) noch, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch, b.).
a.
Ein Anordnungsgrund ist gleichzusetzen mit einem spezifischen Interesse gerade an der begehrten vorläufigen Regelung. Dieses Interesse ergibt sich regelmäßig aus einer besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung (vgl. Senatsbeschl. v. 19.10.2010 - 8 ME 221/10 -, [...] Rn. 4; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2011, § 123 Rn. 81). Dabei ist einem die Hauptsache vorweg nehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise (vgl. zum grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes: BVerwG, Beschl. v. 27.5.2004 - 1 WDS VR 2/04 -, [...] Rn. 3; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 19.7.1962 - I B 57/62 -, OVGE MüLü 18, 387, 388 f.) dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2008 - 2 BvR 338/08 -, [...] Rn. 3;Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, 74; BVerwG, Beschl. v. 10.2.2011 - 7 VR 6.11 -, [...] Rn. 6; Beschl. v. 29.4.2010 - 1 WDS VR 2/10 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28; Senatsbeschl. v. 12.5.2010 - 8 ME 109/10 -, [...] Rn. 14; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 193 jeweils m.w.N.).
Hier erstrebt der Antragsteller eine solche Vorwegnahme der Hauptsache. Das Ziel der von ihm begehrten Feststellungsanordnung ist mit dem Ziel einer möglichen Feststellungsklage identisch. Dem steht nicht entgegen, dass die im einstweiligen Anordnungsverfahren erstrebte Feststellung unter der auflösenden Bedingung des Ergebnisses des Klageverfahrens stünde. Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers vermittelt auch die bloße vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache die mit dem Klageverfahren erstrebte Rechtsposition und stellt den Antragsteller - ohne, dass diese Rechtsstellung rückwirkend wieder beseitigt werden könnte - vorweg so, als wenn er im Klageverfahren bereits obsiegt hätte (vgl.BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989 - 2 ER 301/89 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.10.2003 - 13 ME 342/03 -, NVwZ-RR 2004, 258 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.10.1987 - 12 B 109/87 -, NVwZ-RR 1988, 19; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 180 m.w.N.).
Der nach dem eingangs dargestellten Maßstab nur ausnahmweise mögliche Erlass einer solchen, die Hauptsache vorweg nehmenden Feststellungsanordnung kommt hier nicht in Betracht. Denn der Antragsteller hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf seine Ausführungen zu den hier nicht vorliegenden Voraussetzungen für die Gewährung vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutzes (siehe oben II.1.), die sich mit den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung überschneiden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.6.2010, a.a.O., S. 1254).
b.
Der Antragsteller hat auch einen (Anordnungs-)Anspruch auf Feststellung, dass er bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht verpflichtet ist, der Antragsgegnerin über die Umstände und den Hergang des Seeunfalls auf der Weser im Bereich der Vegesacker Kurve am 5. April 2011 einen Lotsenbericht zu erstatten und weitere Auskünfte zu erteilen, nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG ist ein Seelotse verpflichtet, der Aufsichtsbehörde über jeden Unfall eines von ihm gelotsten Schiffes zu berichten und auf Verlangen weitere Auskünfte zu geben. Diese gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht besteht auch für den Antragsteller hinsichtlich des Seeunfalls auf der Weser im Bereich der Vegesacker Kurve am 5. April 2011. Dass bei dem Unfall die von ihm gelotste MS "Rhonestern" nicht beschädigt worden ist, steht der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflicht nicht entgegen. Ausgehend von Sinn und Zweck der Berichts- und Auskunftspflicht, den Aufsichtsbehörden eine möglichst umfassende Kenntnis der von Seelotsen beobachteten Beeinträchtigungen der Sicherheit der Schifffahrt zu verschaffen (vgl. Ehlers in: Deutsches Bundesrecht, SeeLG, § 26 Rn. 1; Heinrich/Steinicke, Seelotswesen, 3. Aufl., SeeLG § 26, S. 52), ist hinreichend, dass das gelotste Schiff an dem Unfall - ungeachtet eines Verursachungsbeitrages - im weitesten Sinne beteiligt gewesen ist. Die danach hier bestehende Berichts- und Auskunftspflicht ist gegenüber der für die Antragsgegnerin handelnden Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest zu erfüllen, die nach§ 3 Nr. 1 Verordnung über die Seelotsreviere und ihre Grenzen - Allgemeine Lotsverordnung (ALV) - vom 21. April 1987 (BGBl. I S. 1290), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864), Aufsichtsbehörde für das Seelotswesen im Seelotsrevier Weser I ist.
Die mit der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflicht des Seelotsen nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG verbundene Einschränkung des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit ("nemo tenetur se ipsum accusare") stellt einen verfassungsrechtlich gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Seelotsen dar.
Dieser Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit, der zu den anerkannten Prinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens gehört, ist vom Bundesverfassungsgericht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.2.1997 - 1 BvR 2172/96 -, BVerfGE 95, 220, 241 [BVerfG 26.02.1997 - 1 BvR 2172/96]; Beschl. v. 13.1.1981 - 1 BvR 116/77 -, BVerfGE 56, 37, 41 f. [BVerfG 13.01.1981 - 1 BvR 116/77]). Er umfasst die Freiheit eines Beschuldigten, sich zum Tatvorwurf zu äußern oder von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, und seine aktive Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhaltes zu verweigern (vgl. BVerfG, Beschl. v.27.4.2010 - 2 BvL 13/07 -, [...] Rn. 2 m.w.N.).
Die strafverfahrensrechtliche Selbstbelastungsfreiheit und die sich aus dem Seelotsgesetz ergebenden Berichts- und Auskunftspflichten können dort, wo der Seelotse bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Berichts- und Auskunftspflichten Informationen preisgeben muss, die Anhaltspunkte für von ihm begangene Straftaten bieten, kollidieren. Der Seelotse gerät in eine Zwangslage, entweder seine Berichts- und Auskunftspflichten zu verletzen oder sich einer Straftat bezichtigen zu müssen. Wegen dieser Folge greift die durch den Erlass einer vollziehbaren Ordnungsverfügung erzwingbare Berichts- und Auskunftspflicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Berichts- und Auskunftspflichtigen ein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.5.2009 - 2 BvL 19/08 -, [...] Rn. 74). Ein Zwang zur Selbstbezichtigung berührt zugleich die Würde des Menschen, dessen Aussage als Mittel gegen ihn selbst verwendet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.1.1981, a.a.O., S. 42).
Das Grundgesetz gebietet aber keinen lückenlosen Schutz gegen Selbstbezichtigungen ohne Rücksicht darauf, ob dadurch schutzwürdige Belange Dritter beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.1.1981, a.a.O.). Der mit Einschränkungen der Selbstbelastungsfreiheit verbundene Grundrechtseingriff kann vielmehr verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. So verhält es sich auch hier. Die Berichts- und Auskunftspflichten sind vom Gesetzgeber selbst mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG getroffenen Bestimmung angeordnet worden. Diese gesetzliche Grundlage genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; sie ist insbesondere zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich (vgl. zu diesem Erfordernis bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht: BVerfG, Urt. v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89 -, BVerfGE 84, 239, 280; Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1, 44).
Dem Bund obliegt auf dem Gebiet der Seeschifffahrt unter anderem die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung der von der Seeschifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen (vgl. § 1 Nr. 2 SeeAufgG). Zur Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe sind die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes unter anderem auf Erkenntnisse der Seelotsen als orts- und schifffahrtskundigen Beratern, die Schiffe auf Seeschifffahrtstraßen außerhalb der Häfen oder über See geleiten (vgl. § 1 Satz 1 SeeLG), angewiesen. Der Seelotse hat nach § 26 SeeLG nicht nur über jeden Unfall eines von ihm gelotsten Schiffes zu berichten und auf Verlangen weitere Auskünfte zu erteilen, sondern auch jede Beobachtung, welche die Sicherheit der Schifffahrt, insbesondere Veränderungen oder Störungen an Schifffahrtszeichen, oder eine Verschmutzung des Gewässers betrifft, mitzuteilen und über Mängel zu unterrichten, von denen er bei der Erfüllung seiner üblichen Pflichten Kenntnis erhält und die die sichere Fahrt des Schiffes oder die Meeresumwelt gefährden können. Diese gesetzlichen Mitteilungs-, Berichts- und Auskunftspflichten sollen es den Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ermöglichen, frühzeitig Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie von der Seeschifffahrt ausgehende Gefahren und schädliche Umwelteinwirkungen zu erkennen, um so diese Gefahren vermeiden zu können. Dies gilt auch für die an einen Unfall anknüpfenden Berichts- und Auskunftspflichten nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG, die insoweit nicht auf die nachträgliche Untersuchung des Seeunfalls als solchen (vgl. insoweit die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der Sicherheit der Seefahrt durch die Untersuchung von Seeunfällen und anderen Vorkommnissen - Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz (SUG) - in der Fassung der Bekanntmachung v. 1.3.2012, BGBl. I S. 390, zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.3.2012 (BGBl. I S. 483) oder die Ermittlung zivil- oder strafrechtlicher Verantwortlichkeiten gerichtet sind. Es soll vielmehr festgestellt werden, ob präventiv Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs erforderlich sind. Die Tätigkeit des Seelotsen, auch deren gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde, bildet mithin einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der dargestellten öffentlichen Aufgabe (vgl. Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, Sicherheitskonzept Deutsche Küste, S. 9 und 14, unter www.wsd-nordwest.de/schifffahrt/pdf/Sicherheitskonzept_Deutsche_Kueste.pdf, Stand: 3.4.2012). Die Erfüllung damit verbundener gesetzlicher Pflichten des Seelotsen liegt im öffentlichen Interesse.
In ihrer Eingriffsintensität mildere, aber zur Erreichung des dargestellten Zwecks gleich geeignete Mittel sind für den Senat nicht erkennbar. Der vom Antragsteller erstrebten Aussetzung der Berichts- und Auskunftspflichten oder auch nur der zwangsweisen Durchsetzung dieser bis zum Abschluss eines etwaigen Strafverfahrens käme offensichtlich keine vergleichbare Eignung zu (vgl. hierzu Böse, Wirtschaftsaufsicht und Strafverfolgung - Die verfahrensübergreifende Verwendung von Informationen und die Grund- und Verfahrensrechte des Einzelnen -, 2005, S. 502 f., 515 f. m.w.N.). Andere Fachgesetze - etwa § 52 Abs. 5 BImSchG, § 25 Abs. 4 GenTG, § 12 Abs. 1 Satz 4 GüKG, § 54a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, § 26 Abs. 3 Satz 2 und 3 SUG - räumen den Betroffen in vergleichbaren Zwangslagen zwar ein Auskunftsverweigerungsrecht ein. Anders als bei der rein nachträglichen Untersuchung von Seeunfällen und der in diesem Bereich nach § 26 Abs. 3 Satz 2 und 3 SUG vom Gesetzgeber vorgesehenen Auskunftsverweigerungsrechte sind die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zur Erfüllung der Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie der Verhütung der von der Seeschifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen aber auf eine zügige Erfüllung der Berichts- und Auskunftspflichten zwingend angewiesen. Nur bei rechtzeitiger Informationsgewinnung kann die Aufgabe der Gefahrenabwehr effektiv erfüllt werden. Ein (einfachgesetzliches) Verbot der Verwertung von aufgrund der Erfüllung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten gewonnener Erkenntnisse im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren ließe die gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht als solche unberührt und stellt insoweit schon kein milderes Mittel dar.
Der mit den gesetzlich angeordneten Berichts- und Auskunftspflichten verbundene Eingriff erweist sich schließlich als angemessen. Das der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflicht zugrunde liegende staatliche Informationsbedürfnis ist auf die Erfüllung einer gewichtigen öffentlichen Aufgabe gerichtet. Nur die uneingeschränkte Erfüllung der Berichts- und Auskunftspflichten nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG gewährleistet eine effektive Erfüllung der Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie der Verhütung der von der Seeschifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen. Inhalt und Umfang des zu erteilenden Berichts und der auf Verlangen zu erteilenden Auskünfte sind zudem in § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG nicht derart konkretisiert, dass der pflichtige Seelotse stets zur Selbstbezichtigung gezwungen wäre. Bedingt die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten eine solche Selbstbezichtigung, ist schließlich die Verwertung der so gewonnenen Erkenntnisse in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren ausgeschlossen.
Die Erkenntnisse sind zweckgebunden zur Erfüllung der dargestellten Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung der von der Seeschifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen gewonnen worden. Die Nutzung dieser Erkenntnisse im Ordnungswidrigkeitenverfahren oder die Weiterleitung an Strafverfolgungsorgane gestatten das Seelotsgesetz und die Allgemeine Lotsverordnung erkennbar nicht. Dem entsprechen auch die Erlasslage und die daran anknüpfende Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin (vgl. Erlass des Bundesministers für Verkehr v. 11.5.1987, Bl. 14 f. Beiakte A).
Die vom Antragsteller dargestellte Gefahr einer Beschlagnahme der zu den Akten der Antragsgegnerin genommenen Berichte und Auskünfte mag zwar grundsätzlich bestehen (vgl. zur Möglichkeit der Beschlagnahme von Behördenakten: BGH, Beschl. v. 18.3.1992 - 1 BGs 90/92 -, NJW 1992, 1973 f.). Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 22. März 2012, dort S. 3, aber nachvollziehbar dargestellt, dass bereits der Erlass vom 11. Mai 1987 eine die Beschlagnahme hindernde Sperrerklärung nach § 96 Satz 1 StPO darstelle, jedenfalls eine solche bei einer Beschlagnahme abgegeben würde. Dass eine Sperrerklärung offensichtlich willkürlich oder missbräuchlich wäre und daher für das Strafgericht und die Ermittlungsbehörden nicht bindend wäre (vgl. zu diesem Maßstab:KG, Beschl. v. 22.6.1989 - 4 Ws 110/89 -, NStZ 1989, 541 f. und zur Möglichkeit der Anfechtung allein durch den Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Verfahren: BGH, Beschl. v. 24.6.1998 - 5 AR (VS) 1/98 -, NJW 1998, 3577 f. [BGH 24.06.1998 - 5 AR (VS) 1/98]), vermag der Senat nicht zu erkennen. Denn ein Nachteil für das Wohl des Bundes im Sinne des § 96 Satz 1 StPO kann schon dann gegeben sein, wenn und soweit die Bekanntgabe eines Akteninhalts die künftige Erfüllung der Behördenaufgaben erschweren würde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.2009 - 20 F 4.09 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 54; Beschl. v. 5.2.2009 - 20 F 24.08 -, [...] Rn. 4 (zu§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO)). Das Bestehen einer solchen Gefahr wäre bei einer grundsätzlich möglichen Beschlagnahme von Behördenakten, die Erkenntnisse aus der Erfüllung gesetzlicher Berichts- und Auskunftspflichten nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG enthalten, im Hinblick auf die zukünftige freiwillige und rechtzeitige Erfüllung dieser gesetzlichen Pflichten, auf welche die Antragsgegnerin zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 1 Nr. 2 SeeAufgG angewiesen ist, durchaus sachlich gerechtfertigt.
Gelangten gleichwohl Erkenntnisse, die aus der Erfüllung der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten durch den Antragsteller resultieren und die Anhaltspunkte für von ihm begangene Straftaten bieten, an die Strafgerichte oder Ermittlungsbehörden, wäre deren Verwertung in einem gegen den Antragsteller geführten Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren jedenfalls aber von Verfassungs wegen ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Begründung eines solchen verfassungsrechtlichen Verwertungsverbotes in seiner Entscheidung vom 13. Januar 1981, a.a.O., S. 50 f., ausgeführt, dass das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigt würde, wenn seine unter Zwang herbeigeführten Selbstbezichtigungen gegen seinen Willen zweckentfremdet und der Verwertung für eine Strafverfolgung zugeführt würden. Dafür fehle auch eine sachliche Rechtfertigung. Denn in einem strafrechtlichen Verfahren stehe dem Betroffenen ein Schweigerecht zu; die Verwertung erzwungener Aussagen sei unzulässig. Dieses Schweigerecht wäre illusorisch, wenn eine außerhalb des Strafverfahrens erzwungene Selbstbezichtigung gegen seinen Willen strafrechtlich gegen ihn verwertet werden dürfte. Der bloße Umstand, dass dem Betroffenen im öffentlichen Interesse eine uneingeschränkte Auskunftspflicht zuzumuten sei, rechtfertige es nicht, dass er zugleich zu seiner Verurteilung beitragen müsse und dass die staatlichen Strafverfolgungsbehörden weitergehende Möglichkeiten erlangten als in anderen Fällen der Strafverfolgung. Diese Wertung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar (vgl. Böse, a.a.O., S. 517; Breuer, Probleme der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Strafverfolgung auf dem Gebiet des Umweltschutzes, in: AöR 1990, 448, 484 f.; Michalke, Die Verwertbarkeit von Erkenntnissen der Eigenüberwachung zu Beweiszwecken im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, in: NJW 1990, 417, 419). Dabei steht der Annahme eines die gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG ergänzenden verfassungsrechtlichen Verwertungsverbotes nicht entgegen, dass regelmäßig allein der Gesetzgeber berechtigt ist, für die Verwirklichung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wesentliche Regelungen zu treffen (vgl. kritisch Böse, a.a.O., S. 457 f.). Denn diese erforderliche gesetzgeberische Grundentscheidung ist in § 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG - gerade auch unter Berücksichtigung der abweichenden Regelung in § 26 Abs. 3 SUG - bewusst zugunsten einer uneingeschränkten Berichts- und Auskunftspflicht des Seelotsen gegenüber der Aufsichtsbehörde getroffen worden. Die Folgefrage, inwieweit die verwaltungsrechtlich erzwungene Information seitens der Verwaltungsbehörde an die Strafverfolgungsorgane weiterzuleiten ist und in einem Strafverfahren verwertet werden darf, bedarf zwingend einer gesetzlichen Regelung nur, wenn der Gesetzgeber eine allgemeine Anzeige- oder Weiterleitungspflicht der Verwaltungsbehörde an die Strafverfolgungsorgane vorsieht und so die generelle Möglichkeit einer Verwertung der verwaltungsrechtlich erzwungenen Informationen im Strafverfahren eröffnet (vgl. Breuer, a.a.O., S. 485). Eine solche Anzeige- oder Weiterleitungspflicht der Aufsichtsbehörde ist indes weder im Seelotsgesetz noch in der Allgemeinen Lotsverordnung vorgesehen. Die danach allenfalls in Ausnahmefällen bestehende Gefahr einer Verwertung verwaltungsrechtlich erzwungener Informationen im Strafverfahren schließt die Annahme eines verfassungsrechtlichen Verwertungsverbotes zur Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht aus (vgl. BVerfG, Beschl. v.7.12.2011 - 2 BvR 2500/09 u.a. -, NJW 2012, 907, [BVerfG 07.12.2011 - 2 BvR 2500/09; 2 BvR 1857/10] 913 m.w.N.).
Der danach allein verbleibende Zwang zur Selbstbezichtigung bei Erfüllung der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflichten nach§ 26 Abs. 1 Satz 2 SeeLG im Verwaltungsverfahren ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Böse, a.a.O., S. 457 m.w.N.). Der Senat sieht daher auch keine Veranlassung zu der vom Antragsteller angeregten Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG (vgl. zur Vorlagepflicht im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes: BVerfG, Beschl. v. 24.6.1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382, 389; Beschl. v. 5.10.1977 - 2 BvL 10/75 -, BVerfGE 46, 43, 51).