Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.04.2012, Az.: 4 PA 111/11
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2012
- Aktenzeichen
- 4 PA 111/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 44497
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.03.2011 - AZ: 3 A 262/10
Tenor:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 3. Kammer - vom 15. März 2011 geändert.
Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Reinhardt, Bad Harzburg, beigeordnet.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage gegen den Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2010 abgelehnt hat, hat Erfolg, weil die Klägerin ausweislich ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und ihr Rechtsschutzbegehren zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags die gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
Denn nach der im Prozesskostenhilfeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass der Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2010 rechtswidrig ist, wobei dahinstehen kann, ob es, wie das Verwaltungsgericht meint, für die Erhebung eines Kostenbeitrages unerheblich ist, ob die Jugendhilfemaßnahme, für die der Kostenbeitrag erhoben wird, rechtmäßig ist.
Es ist bereits fraglich, ob die von dem Beklagten gewählte "Konstruktion" der Erhebung eines Kostenbeitrages in Höhe des Kindergeldes für einen vergangenen Zeitraum und den zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenbeitragsbescheides noch nicht eingetretenen und nicht absehbar gewesenen Fall, dass der Klägerin Kindergeld bewilligt wird, mit den rechtlichen Vorgaben der §§ 90 ff. SGB VIII übereinstimmt.
Der Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2010 dürfte aber jedenfalls deshalb rechtswidrig sein, weil die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nach summarischer Prüfung voraussetzt, dass der Träger der Jugendhilfe die Kosten der in § 92 Abs. 1 SGB VIII aufgeführten Leistungen endgültig zu tragen hat (Senatsbeschluss vom 23.11.2009 - 4 PA 132/09 -). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil der Beklagte nach §§ 89b Abs. 1, 42 i.V.m. § 86 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB VIII hinsichtlich der Kosten der Inobhutname des Kindes der Klägerin und nach §§ 89c Abs. 1 Satz 1, 86c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB VIII für eventuelle weitere Jugendhilfeleistungen einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Stadt Düren hat. Denn die Klägerin ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits am 1. Februar 2010 in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Düren gezogen mit der Folge, dass die Stadt Düren ab diesem Zeitpunkt gemäß § 86 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB VIII für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII zuständig gewesen ist. Für die Inobhutnahme des Kindes am 28. Juni 2010 ist zwar der Beklagte gemäß § 87 SGB VIII zuständig gewesen, weil das Kind sich zu diesem Zeitpunkt in seinem Bereich tatsächlich aufgehalten hat. Der Beklagte hat jedoch auch insoweit nach § 89b Abs. 1 SGB VIII gegenüber dem Jugendhilfeträger, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet worden ist, also gegenüber der Stadt Düren, einen Kostenerstattungsanspruch. Ihre Zuständigkeit und einen Kostenerstattungsanspruch hat die Stadt Düren auch mit Schreiben vom 9. November 2010 anerkannt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist es unerheblich, dass die Stadt Düren zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides ihre örtliche Zuständigkeit und die Kostenerstattung noch nicht anerkannt hatte, da der Beklagte die betreffenden Jugendhilfekosten unabhängig davon nicht endgültig zu tragen hat, was im Übrigen angesichts der insofern klaren Sach- und Rechtslage auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenbeitragsbescheides des Beklagten auf der Hand gelegen hat.
Die Beiordnung der Rechtsanwältin beruht auf § 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 VwGO und § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).