Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 15.11.2023, Az.: 1 B 339/23
Glyphosat; Pflanzenschutzrecht; Zulassung; Eilantrag Verlängerung der Geltungsdauer der Pflanzenschutzrechtlichen Zulassung entsprechend der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat; Anwendungsverbot von Gylphosat ab dem 1. Januar 2024 nach der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 15.11.2023
- Aktenzeichen
- 1 B 339/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 45688
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2023:1115.1B339.23.00
Rechtsgrundlagen
- Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung
- Verordnung (EG) Nr 1107/2009
- VwGO § 123
Amtlicher Leitsatz
Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Antragstellerin auf Festsetzung einer längeren Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung ist Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin, an die sie aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch gegenüber der Antragstellerin gebunden ist, die Geltungsdauer erteilter pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen bei Ausweitungen des Zeitraums der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat gemäß Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von Amts wegen auf das Datum des jeweils neuen Endes der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr festzulegen. Für einen Antrag auf Feststellung, dass trotz der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung keine Verpflichtung besteht, die Anwendung von Glyphosat ab dem 1. Januar 2024 zu unterlassen, fehlt es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.
Beschluss
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 1. Kammer - am 15. November 2023 beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig verpflichtet, die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels E. für die Anwendungen -005 und -009 auf den 15. Dezember 2024 festzulegen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin zu 1/3, die Antragstellerin zu 2/3.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 100.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels E. mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie die Rechtmäßigkeit des Anwendungsverbotes für Glyphosat ab dem 1. Januar 2024.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein international tätiges Unternehmen, welches Pflanzenschutzmittel herstellt sowie vertreibt und Inhaberin verschiedener pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen ist. Am F. 2018 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Erneuerung der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel E. gemäß Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Mit Bescheid vom G. 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel und setzte das Gültigkeitsende der Zulassung auf den 15. Dezember 2023 fest. Für die Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011, hinsichtlich derer das Umweltbundesamt (UBA) sein vorbehaltloses Einvernehmen wegen der von ihm für erforderlich gehaltenen Festsetzung der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) versagte, befristete sie die Zulassung abweichend auf den 31. Dezember 2020. Die Festsetzung des Gültigkeitsendes auf den 15. Dezember 2023 begründete sich entsprechend der Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin mit dem damaligen Endzeitpunkt der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat zum 15. Dezember 2022 gemäß Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 plus ein Jahr. Auf den Widerspruch der Antragstellerin vom H. 2020 gegen die Befristung der Zulassung für die Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011 stellte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom I. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Nds. OVG, Beschl. v. 10.10.2019 - 10 ME 191/19 -, juris) fest, dass dem Widerspruch bis zum 15. Dezember 2023 aufschiebende Wirkung zukommt. Über den Widerspruch, den die Antragstellerin ausführlich begründet und dessen Bescheidung sie mehrfach angemahnt hat, wurde bisweilen nicht entschieden.
Der Wirkstoff Glyphosat, bei dem es sich um ein Breitbandherbizid handelt, ist gegenwärtig bis zum 15. Dezember 2023 genehmigt (vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2022/2364 v. 2. Dezember 2022) und befindet sich auf Ebene der Europäischen Union in einem Wirkstofferneuerungsverfahren gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. In der Sitzung des Ständigen Ausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) vom 13. Oktober 2023 kam keine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der Kommission zustande. Der Vorschlagsentwurf der Europäischen Kommission wird nun an den Berufungsausschuss, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammensetzt, verwiesen. Eine Entscheidung wird im November erwartet. Sollte in dem Berufungsausschuss ebenfalls nicht die erforderliche qualifizierte Mehrheit erzielt werden, wird ein Kollegium der EU-Kommissare über die Wiederzulassung beschließen.
Die Antragstellerin hat am J. einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt und trägt zur Begründung insbesondere vor, dass nach der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin diese die Zulassung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels bis zum 15. Dezember 2024 verlängern müsse, da der Wirkstoff Glyphosat über eine Genehmigung bis zum 15. Dezember 2023 verfüge und es ihrer ständigen Verwaltungspraxis entspreche, dass die Gültigkeit der Zulassung des Pflanzenschutzmittels ein Jahr nach Ablauf der Wirkstoffgenehmigung ende. Zudem sei eine Verlängerung der Wirkstoffgenehmigung für Glyphosat durch die Europäische Kommission über den 15. Dezember 2023 hinaus sicher zu erwarten, nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrem Peer-Review vom 6. Juli 2023 keine kritischen Problembereiche ermittelt habe. Die verlängerte Zulassung würde jedoch durch das generelle Anwendungsverbot von Glyphosat ab dem 1. Januar 2024 leerlaufen, so dass ihre Rechte als Inhaberin einer Produktzulassung verletzt wären. Mit dem Antrag zu 2) möchte sie sicherstellen, dass es ihr nicht verboten sei und sie sich insbesondere nicht strafbar mache, ordnungswidrig verhalte oder einen Verstoß gegen pflanzenschutzrechtliche Bestimmungen begehe, wenn sie das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel nach dem 1. Januar 2024 in Deutschland anwende. Sie beabsichtige, das Pflanzenschutzmittel zu Demonstrationszwecken auf sogenannten Feldtagen anzuwenden, um potentiellen Kunden und Landwirten die Vorteile des Mittels zu demonstrieren. Zudem beabsichtige sie, die beteiligten Verkehrskreise unverzüglich mittels Kennzeichnungen und Produktinformationen über die Rechtswidrigkeit des Anwendungsverbotes zu informieren. Dies sei erforderlich, denn selbst wenn die Zulassung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels verlängert werden würde, würde dies nicht zu einer erfolgreichen Vermarktung führen, wenn der Agrarhandel und die Landwirtschaft davon ausgingen, dass das Pflanzenschutzmittel ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr angewendet werden darf. Es sei beabsichtigt, in der Kennzeichnung und Bewerbung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels nicht nur auf die Rechtswidrigkeit des Anwendungsverbots nach der Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel (Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung), sondern auch darauf hinzuweisen, dass Lagerbestände jedenfalls bis zum Ende der Abverkaufsfrist vertrieben und bis zum Ende der Aufbrauchsfrist angewendet werden dürften. Das generelle Anwendungsverbot für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel verstoße gegen Unionsrecht und nationales Recht. Zudem sei darin ein Verstoß gegen das Abverkaufs- und Aufbrauchsrecht nach Ende der Zulassung zu sehen und es stelle einen Eingriff in die Grundrechte dar.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels E. (Zul.-Nr.: 026923-00) hinsichtlich der Anwendungen -001 bis -011 vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag vom K..2018 dahingehend festzulegen, dass die Gültigkeit der Zulassung ein Jahr nach Ablauf der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat endet;
- 2.
vorläufig festzustellen, dass §§ 1, 9 der Pflanzenschutzanwendungsverordnung in Verbindung mit Anlage 1 Ziffer 27a nicht verpflichtet, die Anwendung des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels E. (Zul.-Nr.: 026923-00) in Deutschland ab dem 01.01.2024 zu unterlassen;
- 3.
hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels E. (Zul.-Nr.: 02693-00) vorläufig für einen solchen durch das Gericht zu bestimmenden Zeitraum festzusetzen, der genügt, um eine rechtskräftige Entscheidung über ihren Antrag vom K..2018 zu erreichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, dass eine Existenzgefährdung der Antragstellerin angesichts des sehr geringen Einsatzes des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels in Deutschland lediglich zu Demonstrationszwecken im Verhältnis zur Unternehmensgröße der Antragstellerin fernliege. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Antragstellerin über ein Rechtsschutzbedürfnis verfüge. Die Antragstellerin habe zudem einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Das von ihr geltend gemachte subjektiv öffentliche Recht bestehe nicht. Aktuell werde auf EU-Ebene noch über die Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat beraten, eine Entscheidung stehe noch aus. Es könne demnach nicht unterstellt werden, dass die Wirkstoffgenehmigung unverändert erneuert werde und damit das weitere Inverkehrbringen unverändert zulässig sein werde. Im Rahmen der Beratungen würden auch die Auswirkungen von Glyphosat auf die Biodiversität berücksichtigt und darüber diskutiert, ob die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten zusätzliche Maßnahmen ergreifen sollten. Aufgrund der besonderen Situation auf EU-Ebene sowie des Anwendungsverbotes sei es gerechtfertigt im vorliegenden Fall von der ständigen Verwaltungspraxis bei der Verlängerung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln abzuweichen und die Zulassung gegenwärtig nicht über den 15. Dezember 2023 hinaus zu verlängern. Einen Anordnungsgrund habe die Antragstellerin ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, denn es fehle an der besonderen Eilbedürftigkeit. Der Antragstellerin sei das Abwarten der Entscheidung über den Wirkstoff Glyphosat zumutbar. Ihr würden keine unzumutbaren Nachteile drohen, insbesondere sei nicht von der notwendigen Existenzgefährdung auszugehen. Dagegen spreche, dass es sich bei der Antragstellerin um ein sehr international orientiertes Unternehmen handele, welches weltweit Produkte mit unterschiedlichen Wirkstoffen vertreibe. Die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin beruhe nicht auf dem Erfolg einzelner Produkte. Hinsichtlich des Antrages zu 2) sei sie nicht die richtige Antragsgegnerin, da sie nicht die Verordnungsgeberin sei und bisher gegenüber der Antragstellerin nicht auf die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verwiesen habe. Sie sei auch keine Normanwenderin, da in Deutschland grundsätzlich die Behörden der Bundesländer für die Kontrolle im Bereich des Pflanzenschutzes zuständig seien. Es sei daher fraglich, ob zwischen ihr und der Antragstellerin überhaupt ein Rechtsverhältnis bestehe. Zudem sei das Anwendungsverbot den Wirtschaftsbeteiligten mit Inkrafttreten der Fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutzanwendungs-Verordnung (Art. 3 Abs. 1 der Änderungsverordnung) seit Anfang September 2021 bekannt. Gegen ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerin spreche zudem, dass das Anwendungsverbot im Koalitionsvertrag der Bundesregierung bekräftigt worden sei. Das vorliegend hinsichtlich des Antrages zu 2) erforderliche qualifizierte Feststellungsinteresse fehle der Antragstellerin jedenfalls.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes haben in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg.
Der Antrag zu 1) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO ist zulässig und hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO), oder wenn in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Der zulässige Antrag zu 1) ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft, denn die Antragstellerin begehrt eine Verlängerung der bestehenden Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel bis zum 15. Dezember 2024. Dem Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung steht § 123 Abs. 5 VwGO nicht entgegen. Danach ist die Anwendung des § 123 VwGO in den Fällen der §§ 80 und 80 a VwGO ausgeschlossen. Ein Fall der §§ 80 und 80 a VwGO liegt hier jedoch nicht vor. Hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 ist der Zulassungsbescheid vom G. 2020 bestandskräftig geworden und eine Neufestsetzung der Zulassungsdauer könnte in der Hauptsache nur mit einer Verpflichtungsklage erreicht werden, so dass einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist. Gegen die Befristung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels für die übrigen Anwendungen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch richtet sich gegen die Befristung betreffend der Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011. Mit dem Widerspruch wird demnach die Verkürzung der Befristung bis zum 31. Dezember 2020 anstatt bis zum 15. Dezember 2023 angefochten. Denn zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses, auf den hier abzustellen ist, wäre nach der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin entsprechend der seinerzeitigen Wirkstoffgenehmigung von Glyphosat bis zum 15. Dezember 2022 (vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 v. 12.12.2017) eine Befristung der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung bis zum 15. Dezember 2023 vorzunehmen gewesen, wenn das UBA sein Einvernehmen vorbehaltlos erteilt hätte. Die Antragsgegnerin hat über den Widerspruch noch nicht entschieden. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.10.2019 - 10 ME 191/19 -, juris) hat sie festgestellt, dass dem Widerspruch aufschiebende Wirkung bis zum 15. Dezember 2023 zukommt. Mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO könnte die Antragstellerin jedoch keine weitergehende zeitliche Reichweite der aufschiebenden Wirkung erreichen. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses war die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel - wie dargelegt - längstens mit einer Geltungsdauer bis zum 15. Dezember 2023 möglich, so dass auch der erhobene Widerspruch gegen die Verkürzung der Befristung längstens bis zu diesem Zeitpunkt aufschiebende Wirkung entfalten kann (vgl. Nds. OVG, a. a. O.). Vorliegend begehrt die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Zulassungsende auf den 15. Dezember 2024 festzusetzen, so dass in der Hauptsache auch insoweit eine Verpflichtungsklage statthaft wäre (vgl. dazu auch Urt. d. Gerichts v. 29. September 2021 - 1 A 130/21 -, juris) und vorläufiger Rechtsschutz dementsprechend nach § 123 VwGO beantragt werden kann.
Der Zulässigkeit des Antrages zu 1) steht auch nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere, wenn die Maßnahme, die der Antragsteller verhindern will, selbst keine unmittelbare Rechtsverletzung bewirkt oder wenn der Antragsteller sein Begehren auf anderem Wege schneller und leichter durchsetzen kann (Kuhla, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, 66. Ed., Stand: Juli 2023, § 123, Rn. 37). Die Antragstellerin will verhindern, dass die Gültigkeit der streitgegenständlichen Zulassung am 15. Dezember 2023 abläuft. Danach würde die Antragstellerin nicht mehr über eine Zulassung verfügen, deren Verlängerung sie beantragen könnte. Sie müsste vielmehr ein neues Zulassungsverfahren durchführen, welches mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden wäre. Die Antragstellerin kann ihr Begehren auch nicht auf einem anderen Wege schneller und leichter durchsetzen. Sie hat Widerspruch gegen den Zulassungsbescheid eingelegt, über den trotz Erinnerungsschreiben der Antragstellerin noch nicht entschieden worden ist, und sich überdies mehrfach an die Antragsgegnerin gewandt. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 ein Widerspruchsverfahren nicht führt, steht der Zulässigkeit des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin nicht mit einem vorherigen Antrag an die Antragsgegnerin gewandt hätte. Denn zum einen hat sie die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 4. Mai 2023 ersucht, die Geltungsdauer der Zulassung insoweit auf den 15. Dezember 2024 festzulegen, und zum anderen entscheidet die Antragsgegnerin über die Anpassung des Zulassungsendes einer Zulassung wegen der Verlängerung der Genehmigung des enthaltenen Wirkstoffs von Amts wegen und weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Antrag nicht zu stellen ist (vgl. Informationen des BVL für Antragsteller im Internet unter "https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/04_Pflanzenschutzmittel/03_Antragsteller/04_Zulassungsverfahren/10_Verlaengerungen/verlaengerungen_node.html").
Der Antrag zu 1) ist teilweise begründet. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch und hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Zugunsten der Antragstellerin ist ein Anordnungsanspruch auf vorläufige Verlängerung der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel bis zum 15. Dezember 2024 begründet. Der Anordnungsanspruch ist der zu sichernde bzw. der zu regelnde materielle Anspruch, den der Antragsteller im Hauptsacheverfahren verfolgt. Der Anordnungsanspruch ist grundsätzlich zu bejahen, wenn nach einer Prüfung der dem Gericht glaubhaft gemachten bzw. von diesem ermittelten Tatsachen, ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlich ist (vgl. Kuhla, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, 66. Ed., Stand: Juli 2023, § 123, Rn. 73).
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf die begehrte Verlängerung der Gültigkeit der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel E. um ein Jahr nach Ablauf der Wirkstoffgenehmigung für Glyphosat, mithin bis zum 15. Dezember 2024. Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Antragstellerin auf Festsetzung einer längeren Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung ist Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin, an die sie aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch gegenüber der Antragstellerin gebunden ist, die Geltungsdauer erteilter pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen bei Ausweitungen des Zeitraums der Genehmigung des Wirkstoffs gemäß Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von Amts wegen auf das Datum des jeweils neuen Endes der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr festzulegen (vgl. dazu auch Informationen des BVL im Internet, a. a. O.). Gemäß Art. 32 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wird die Geltungsdauer einer Zulassung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt. Es entspricht der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin gemäß Art. 32 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Dauer von Pflanzenschutzmittelzulassungen so festzusetzen, dass sie die Dauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr umfasst.
In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass die - möglicherweise schon durch eine einzige behördliche Ermessensentscheidung in einem Parallelfall eintretende - Verwaltungspraxis sowohl aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu einer generellen (mittelbaren) Selbstbindung der Verwaltung führen kann (BVerwG, Urt. v. 25.09.2013 - 6 C 13/12 -, NVwZ 2014, 589 (597) m. w. N; Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 44. EL Stand: März 2023, VwGO § 114 Rn. 73; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 104). Voraussetzung ist, dass derselbe Träger öffentlicher Gewalt handelt (BVerwG, Urt. v. 30.05.2013 - 3 C 9/12 -, NJW 2014, 328, Rn. 34). Die Reichweite der Selbstbindung ist auf parallel gelagerte Fälle beschränkt und führt dazu, dass eine von der Verwaltungspraxis im Einzelfall zu Gunsten oder zu Lasten des Betroffenen abweichende Entscheidung regelmäßig gleichheitswidrig und damit ermessensfehlerhaft ist (BVerfG, Beschl. v. 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 -, NVwZ 2006, 1396; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 104). Die Behörde kann jedoch in atypischen Fällen von der allgemeinen Verwaltungspraxis abweichen sowie ihre Praxis aus willkürfreien und demnach sachlichen Gründen für die Zukunft ändern (BVerwG, Beschl. v. 26.06.2007 - 1 WB 12/07 -, juris, Rn. 29; Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 44. EL Stand: März 2023, VwGO § 114 Rn. 73; Schübel-Pfister, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 114 Rn. 27).
Im vorliegenden Verfahren liegt kein atypischer Fall vor, der ein Abweichen von der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin rechtfertigt. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, es könne nicht unterstellt werden, dass die Genehmigung für den Wirkstoff Glyphosat unverändert erneuert werde und ein weiteres Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels unverändert zulässig sei, kann ein Abweichen von ihrer ständigen Verwaltungspraxis nicht rechtfertigen. Aktuell besteht eine Wirkstoffgenehmigung für Glyphosat bis zum 15. Dezember 2023, so dass die Antragsgegnerin nach ihrer ständigen Verwaltungspraxis unabhängig von der Entscheidung über die Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung gehalten ist, das Zulassungsende des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels auf den 15. Dezember 2024 festzusetzen. Daran vermag auch die kontroverse Diskussion auf Ebene der Europäischen Union über die Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung nichts zu ändern.
Sollte die Genehmigung des Wirkstoffs letztlich auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht erneuert werden, hätte zunächst der Verordnungsgeber gemäß Art. 20 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über die Einräumung eines etwaigen Übergangszeitraums bzw. darüber zu entscheiden, ob die betreffenden Pflanzenschutzmittel unverzüglich vom Markt zu nehmen sind. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung hätte die Antragsgegnerin sodann die Möglichkeit, die Zulassung für das Pflanzenschutzmittel der Antragstellerin nach Art. 44 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. § 39 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG - ggf. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - zu widerrufen. Sollte die Wirkstoffgenehmigung dagegen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, gegebenenfalls vorbehaltlich Bedingungen und Einschränkungen, erneuert werden, wäre die Antragsgegnerin gemäß Art. 43 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zur Prüfung des Pflanzenschutzmittels der Antragstellerin auf die Einhaltung der Bedingungen und Einschränkungen der Verordnung zur Erneuerung der Genehmigung gemäß Art. 20 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verpflichtet und die Antragstellerin nach Art. 43 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 dazu verpflichtet, an diesem Verfahren mitzuwirken. Damit sind für die Antragsgegnerin hinreichende rechtliche Möglichkeiten gegeben, auf das Ergebnis des Verfahrens der Wirkstoffgenehmigung zu reagieren. Die kontroverse Diskussion um die Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung bildet vor diesem Hintergrund keinen hinreichenden Grund, die Anpassung der Geltungsdauer der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel der Antragstellerin auf den Zeitraum der Geltungsdauer der derzeit wirksamen Wirkstoffgenehmigung zuzüglich ein Jahr entsprechend der Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin zu versagen.
Das Anwendungsverbot glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel ab dem 1. Januar 2024 gemäß §§ 1, 9 der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung ist ebenfalls nicht geeignet, ein Abweichen von der ständigen Verwaltungspraxis zu rechtfertigen. Aus der Begründung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu dem Entwurf der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (Bearbeitungsstand: 09.04.2021) ergibt sich, dass der Normgeber im Zeitpunkt der Normsetzung davon ausging, dass Glyphosat auf europäischer Ebene lediglich bis zum 15. Dezember 2022 genehmigt sei und demnach zum 1. Januar 2024 keine Wirkstoffgenehmigung mehr vorläge sowie bestehende Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen eingehalten worden seien und ein vollständiges Verbot europarechtlich erst danach zulässig sei. Auf Seite 12 heißt es: "Sollten sich in diesem Zusammenhang Änderungen der Dauer der Wirkstoffgenehmigung ergeben, ist das Datum des vollständigen Anwendungsverbots ggf. anzupassen."
Die Antragstellerin hat hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Ein solcher ergibt sich regelmäßig aus der besonderen Eilbedürftigkeit. Dabei ist einem die Hauptsache vorwegnehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, und hinsichtlich des Anordnungsanspruchs ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist Rechnung zu tragen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 29.07.2015 - 8 ME 33/15 -, juris Rn. 10).
Wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, besteht nach Ansicht des Gerichts ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. Denn es liegt kein atypischer Fall vor, der die Antragsgegnerin berechtigt von ihrer ständigen Verwaltungspraxis abzuweichen, so dass das Ende der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel auf den 15. Dezember 2024 festzusetzen ist.
Hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 droht auch ein Rechtsverlust. Ohne eine Verlängerung der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel würde die Zulassung am 15. Dezember 2023 auslaufen. Nach Ablauf der Geltungsdauer der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel ist eine Verlängerung nicht mehr möglich (vgl. zur Verlängerung einer bergrechtlichen Bewilligung: BVerwG, Beschl. v. 21.11.2019 - 7 B 30/18 - juris). Die Antragstellerin müsste in diesem Fall ein vollständig neues Zulassungsverfahren mit dem damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand betreiben. Der damit drohende Rechtsverlust trägt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, um das Erlöschen der Zulassung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.11.2019 - 7 B 30/18 -, juris, Rn. 9). Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Antragstellerin bei Auslaufen der Zulassung eine Existenzgefährdung droht (Beschl. d. Gerichts v. 21.12.2022 - 1 B 294/22, V. n. b.). Die Nachteile, die der Antragstellerin dadurch entstehen, dass die Gültigkeit der Zulassung am 15. Dezember 2023 enden würde, könnten nicht mehr nachträglich durch eine Entscheidung in der Hauptsache beseitigt werden. Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, dass die Antragstellerin das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel nach ihrem eigenen Vortrag nur zu Demonstrationszwecken verwenden will. Denn der drohende Rechtsverlust liegt in dem Ablaufen der Gültigkeit der Zulassung am 15. Dezember 2023.
Hinsichtlich der Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011 liegt kein Anordnungsgrund vor. Es ist für die Antragstellerin nicht unzumutbar, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil dadurch keine schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteile entstünden. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Befristung der Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011 wurde noch nicht entschieden. Der Zulassungsbescheid ist bezogen auf die Anwendungen -001, -002, -003, -004, -006, -007, -008, -010 und -011 noch nicht bestandskräftig, so dass dahingehend kein Rechtsverlust droht. Über die Festsetzung einer anderen Geltungsdauer der Zulassung als der von der Antragsgegnerin insoweit festgesetzten Befristung bis zum 31. Dezember 2020 ist im Hauptsacheverfahren, mithin (zunächst) in dem bei der Antragsgegnerin anhängigen Widerspruchsverfahren zu entscheiden. Im Falle eines negativen Widerspruchsbescheides wäre es der Antragstellerin möglich und zumutbar, die begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Zulassungsende auf den 15. Dezember 2024 festzusetzen, mit einer in der Hauptsache statthaften Verpflichtungsklage zu verfolgen. Insoweit droht der Antragstellerin kein Rechtsverlust, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Ein die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Anordnungsgrund folgt auch nicht aus den wirtschaftlichen Verlusten der Antragstellerin. Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein international tätiges Unternehmen, welches Pflanzenschutzmittel herstellt sowie vertreibt und Inhaberin verschiedener pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen ist. Sie hat weder vorgetragen noch ist dies für das Gericht ersichtlich, dass die wirtschaftlichen Verluste, die sie ohne den Verkauf des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels erleiden würde, sie in ihrer Existenz gefährden würden. Der Schaden, der durch das Ausbleiben einer erfolgreichen Vermarktung entsteht, wenn der Agrarhandel und die Landwirtschaft davon ausgehen würden, dass das Pflanzenschutzmittel ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr angewendet werden darf, wäre ggf. in Form von Schadensersatz wiedergutzumachen und würde demnach keinen unzumutbaren Nachteil darstellen.
Der Antrag zu 2), der auf den Erlass einer Feststellungsanordnung gerichtet ist, ist bereits unzulässig und zudem unbegründet.
Der Antrag auf Erlass einer sog. Feststellungsanordnung ist nicht statthaft, da es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis mangelt. Der Statthaftigkeit des Antrags steht zwar nicht entgegen, dass er in der Sache auf eine vorläufige Feststellung des Gerichts zum Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes kann auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Gestalt einer vorläufigen Feststellung des in der Hauptsache sachlich Begehrten geboten sein (sog. Feststellungsanordnung, vgl. jeweils m. w. N.: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.01.2023 - 9 S 2408/22 -, juris; OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 25.08.2017 - 13 B 762/17 -, juris; Nds. OVG, Beschl. v. 04.04.2012 - 8 ME 49/12 -, juris). Die Antragstellerin begehrt vorliegend die Feststellung, dass die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung nicht verpflichtet, die Anwendung des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels E. in Deutschland ab dem 1. Januar 2024 zu unterlassen.
Es fehlt jedoch an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Unter einem solchen sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Anders liegt es dagegen, wenn die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage aufgeworfen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.01.2010 - 8 C 19/09 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Beschl. v. 05.07.2023 - 11 ME 120/23 -, juris, Rn. 49; OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 22.06.2017 - 13 B 238/17 -, juris, Rn. 17; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 20.5.2022 - 3 MB 28/21 -, juris Rn. 14). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Rechtsverhältnis zwischen dem Normadressaten und dem Normanwender besteht (BVerwG, Urt. v. 23.07.2007 - 7 C 2/07 -, juris Rn. 22 f.).
Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht nicht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.
Im Regelfall besteht kein Rechtsverhältnis zwischen Normadressat und Normgeber, da letzterer an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt ist. Dies gilt ebenso für sog. "self-executing" Normen, soweit dort Verwaltungsvollzug möglich ist. Auch hier stehen sich im Regelfall als alleinige Zuordnungssubjekte der Normadressat und der Normanwender gegenüber; denn auf der einen Seite findet sich die normbetroffene Person, der auf der anderen Seite das Bundesland bzw. dessen vollziehende Behörde gegenübersteht, die die Regelungen durchzusetzen oder ihre Befolgung zu überwachen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.2007 - 7 C 13/06 -, juris Rn. 22; Urt. v. 28.01.2010 - 8 C 19/09 ,- juris Rn. 28; Nds. OVG, Urt. v. 31.03.2017 - 7 LC 80/15 -, BeckRS, 107349 Rn. 35; VG Freiburg, Beschl. v. 14.05.2020 - 4 K 1621/20 -, juris Rn. 14; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 58b; Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020 - § 43 Rm. 19). Hierfür ist ungeachtet des Umstandes, dass eine Norm "self-executing" ist, d.h. dass sich aus ihr unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, hinreichend, dass für eine Vollzugsbehörde die Möglichkeit besteht, die Rechtsnorm gegenüber dem Normadressaten zu konkretisieren oder zu individualisieren und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse zu treffen. Ein auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichteter Rechtsbehelf des Normadressaten unmittelbar gegenüber dem Normgeber kommt hingegen allenfalls dann in Betracht, wenn die Rechtsnorm unmittelbar Rechte und Pflichten des Normadressaten begründet, ohne dass eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Verwaltungsvollzug vorgesehen oder möglich ist (BVerwG, Urt. v. 23.08.2007 - 7 C 13/06 -, juris Rn. 22; Nds. OVG, Urt. v. 31.03.2017 - 7 LC 80/15 -, BeckRS, 107349 Rn. 35; OVG Nordrh.-Westf. - Beschl. v. 22.06.2017 - 13 B 238/17 -, juris Rn. 19; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 43 Rn. 45). Soweit die Antragstellerin geltend macht, selbst unmittelbar von dem Anwendungsverbot betroffen zu sein, weil sie das Pflanzenschutzmittel zu Demonstrationszwecken anwenden will, fehlt es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zur Antragsgegnerin. Davon ausgehend, dass es sich um sog. "self-executing" Normen handelt, steht dem Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin entgegen, dass der Verwaltungsvollzug durch die Behörden der Bundesländer vorgesehen ist. Denn die Durchsetzung des Anwendungsverbots und die Ahndung etwaiger Verstöße obliegt gemäß §§ 59, 60 PflSchG den zuständigen Landesbehörden (vgl. zu der dahingehenden Praxis auch: BVL - Jahresbericht Pflanzenschutz-Kontrollprogramm 2021; abrufbar im Internet unter "https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/04_Pflanzenschutzmittel/01_Aufgaben/06_Pflanzenschutzkontrollprogramm/psm_Pflanzenschutzkontrollprogramm_node.html").
Soweit das BVL hinsichtlich eines etwaigen Widerrufs als Normanwenderin angesehen werden kann, ist das Rechtsverhältnis insoweit jedenfalls nicht hinreichend konkretisiert. Bei einem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflichten aus Art. 65 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. Art. 1, Anhang 1, Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 547/2011 wäre das BVL zwar für einen Widerruf der streitgegenständlichen Zulassung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 Buchstabe e), Art. 65 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zuständig. Die Antragsgegnerin hat gegenüber der Antragstellerin jedoch nicht auf das Anwendungsverbot hingewiesen und es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte für einen etwaigen Widerruf der streitgegenständlichen Zulassung ersichtlich (vgl. zur hinreichenden Konkretisierung: Nds. OVG, Beschl. v. 04.04.2012 - 8 ME 49/12 -, juris Rn. 28; Beschl. v. 05.07.2023 - 11 ME 120/23 -, juris Rn. 58; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018 § 43 Rn. 48ff.).
Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zur Antragsgegnerin als Rechtsträgerin der Zulassungsbehörde hinsichtlich der Frage, ob die bestehende Zulassung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels die Zulässigkeit der Anwendung desselben umfasst, besteht auch nicht vor dem Hintergrund des effektiven Rechtsschutzes. Über den Ausnahmefall der zulässigen (und Art. 19 Abs. 4 GG geschuldeten) Normerlassklagen - wenn etwa das Recht des Betroffenen auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsnorm gebietet - (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17.01.2006 - 1 BvR 541, 542/02 - BVerfGE 115, 81 <95 f. >; Urteile vom 04.072002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 und vom 07.09.1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93) - hinausgehend bedarf es keiner weiteren "atypischen Feststellungsklage" gegen den Normgeber. Hierfür streitet auch nicht das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes, da die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Norm im Rahmen der gegen die Vollzugsbehörde gerichteten Feststellungsklage in derselben Weise als streitentscheidende und inzident zu prüfende Vorfrage aufgeworfen wird, wie bei einer gegen den Normgeber gerichteten atypischen Feststellungsklage. Art. 19 Abs. 4 GG nötigt hier also - anders als in den von der Beklagten als Beleg herangezogenen Fällen der Normerlassklagen - nicht zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen den Normgeber (BVerwG, Urteil vom 23. August 2007 - 7 C 13/06 -, juris Rn. 23). So liegt es auch im vorliegenden Fall. Die Frage, ob die Zulassung des Pflanzenschutzmittels auch die Zulässigkeit der Anwendung umfasst, wäre in einem Verfahren zwischen der Antragstellerin bzw. einem (anderen) Anwender und der jeweiligen Landesbehörde betreffend das Anwendungsverbot ggf. inzident zu klären.
Es liegt auch kein feststellungsfähiges Drittrechtsverhältnis vor.
Der weit überwiegende Teil des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels wird durch die Antragstellerin verkauft und von Landwirten verwendet, so dass die Antragstellerin die Anwendbarkeit des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels klären lassen möchte. Ein Feststellungsverhältnis kann zwar grundsätzlich auch zwischen Kläger oder Beklagtem und einem Dritten bestehen. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Drittrechtsverhältnis setzt aber voraus, dass das Feststellungsinteresse gerade gegenüber der beklagten Partei besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.1997 - 8 C 23/96 -, juris Rn. 17; Urt. v. 10.10.2002 - 6 C 8/01 -, juris Rn. 68; OVG Hamburg, Beschl. v. 11.05.2022 - 3 Bs 291/21 -, juris Rn. 37; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 37).
Ein feststellungsfähiges Drittrechtsverhältnis zwischen den Anwendern (z. B. Landwirte) und der Antragsgegnerin ist vorliegend jedoch nicht anzunehmen. Weder das BVL noch die Antragsgegnerin vertreten durch eine andere Behörde dürften gegenüber Landwirten einschreiten. Denn der Vollzug der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung erfolgt durch die Länder, vgl. § 59 PflSchG. In Niedersachsen ist gemäß § 1 Nr. 3 der Verordnung zur Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (AufgÜVO-LwK) in der Fassung vom 1. Januar 2023 die Landwirtschaftskammer Niedersachsen zuständig. Ein Rechtsverhältnis besteht insoweit demnach ggf. zwischen den Anwendern, insbesondere den Landwirten, und den Vollzugsbehörden der Länder, in Niedersachsen der Landwirtschaftskammer. Ein feststellungsfähiges Drittrechtsverhältnis kann unter Umständen zwar sogar nur zwischen Dritten bestehen. Insoweit muss jedoch ein Feststellungsinteresse gegenüber dem Beklagten bestehen (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO 26. Aufl. 2020 - § 43 Rn. 16; Möstl, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK 66. Ed. Stand: Juli 2023, § 43 Rn. 9). Ein solches gegenüber der Antragsgegnerin bestehendes berechtigtes Feststellungsinteresse ist hier nicht zu erkennen, denn die Klärung der Rechtmäßigkeit des Anwendungsverbots kann - wie dargelegt - inzident erfolgen und die Antragsgegnerin hat insoweit bislang keinerlei Tätigkeiten gegenüber der Antragstellerin entfaltet.
Ein feststellungsfähiges Drittrechtsverhältnis besteht auch nicht zwischen der Antragstellerin und der jeweiligen Landesbehörde, soweit die eigene Anwendung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels durch die Antragstellerin zu Demonstrationszwecken sowie etwaige Kennzeichnungspflichten betroffen sind. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Drittrechtsverhältnis setzt voraus, dass das Feststellungsinteresse gerade gegenüber der Antragsgegnerin besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.1997 - 8 C 23/96 -, juris Rn. 17; OVG Hamburg, Beschl. v. 11.05.2022 - 3 Bs 291/21 -, juris Rn. 37). Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn die Antragsgegnerin hat bisher keine Maßnahmen - wie einen etwaigen Widerruf - im Hinblick auf die streitgegenständliche Zulassung unternommen und solche auch nicht angekündigt. Auch die Landwirtschaftskammer hat - soweit ersichtlich - bisher nicht auf das Anwendungsverbot hingewiesen.
Überdies hat die Antragstellerin den im Rahmen der Begründetheit erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, die drohende Rechtsverletzung abzuwarten, um dann nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (BVerfG, Beschl. v. 7.4.2003 - 1 BvR 2129/02 - juris Rn. 14; BVerwG, Beschl. v. 27.04.2021 - 2 VR 3.21 -, BeckRS 2021, 11352; Kuhla, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand: Juli 2022, § 123 Rn. 133). Das ist nur dann der Fall, wenn der Verweis auf den nachträglichen Rechtsschutz mit für den Rechtsschutzsuchenden unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 35/07 - juris Rn. 26, jew. m.w.N.). Bei der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Je schwerer die sich aus einer Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (Nds. OVG, Beschl. v. 05.07.2023 - 11 ME 120/23 -, juris Rn. 85 m.w.N.).
Nach diesem Maßstab liegt kein Anordnungsgrund vor. Denn die Antragstellerin hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
Soweit die Antragstellerin vorgetragen hat, das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel zu Demonstrationszwecken nutzen zu wollen und der weit überwiegende Teil über den Vertrieb zu den Agrarhändlern und Landwirten gelangt, hat sie eine drohende Existenzgefährdung nicht hinreichend dargelegt. Ein die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise rechtfertigender schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteil kann dann gegeben sein, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die soziale, berufliche oder wirtschaftliche Existenzgrundlage des jeweiligen Antragstellers gefährdet ist und dies seine Grundrechte aus Art. 12, 14 GG berührt (OVG Hamburg, Urt. v. 11.05.2022 - 3 Bs 293/21 -, juris Rn. 50 m. w. N.). Der Antragstellerin droht eine solche Existenzgefährdung nicht. Das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel ist eines von vielen Pflanzenschutzmitteln, die von der Antragstellerin hergestellt und in der Europäischen Union vertrieben werden. Davon ausgehend, dass das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel aufgrund des Anwendungsverbotes ab dem 1. Januar 2024 von dem Agrarhandel nicht mehr gekauft werden würde, entstünde bei der Antragstellerin keine Existenzgefährdung. Sie hat weder vorgetragen noch ist dies für das Gericht ersichtlich, dass ihre Existenz ohne den Verkauf des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels gefährdet wäre. Der Schaden, der durch das Ausbleiben einer erfolgreichen Vermarktung entsteht, wenn der Agrarhandel und die Landwirtschaft davon ausgehen würden, dass das Pflanzenschutzmittel ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr angewendet werden darf, wäre ggf. in Form von Schadensersatz wiedergutzumachen und würde demnach keinen unzumutbaren Nachteil darstellen.
Ein schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteil besteht für die Antragstellerin auch nicht in der Gefahr der Einleitung eines Strafverfahrens. Die Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln über den 1. Januar 2024 hinaus ist gemäß §§ 1, 9 und 8 Abs. 1 PflSchAnwV i. V. m. § 69 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 6 PflSchG zwar strafbewehrt. Für die Einleitung eines Strafverfahrens wäre jedoch nicht die Antragsgegnerin, sondern die jeweilige Landesbehörde zuständig. Zudem ist der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz auch nicht mit unzumutbaren Nachteilen verbunden. Dies kann nur in Ausnahmekonstellationen angenommen werden. Eine solche Ausnahmekonstellation kann bei hinreichend konkret drohenden Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren vorliegen, die an verwaltungsrechtliche Zweifelsfragen anknüpfen. Wenn die Ahndung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren von der Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen abhängt, kann es dem Betroffenen nicht zuzumuten sein, diese Klärung "auf der Anklagebank" erleben zu müssen. In diesen Fällen kann das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht verfassungsrechtlich ausreichenden effektiven Rechtsschutz darstellen und ein Rechtsschutzsuchender ein schutzwürdiges Interesse daran haben, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und "fachspezifischere" Rechtsschutzform einzuschlagen (Nds. OVG, Beschl. v. 05.07.2023 - 11 ME 120/23 -, juris Rn. 51 ff.; Beschl. v. 04.04.2012 - 8 ME 49/12 -, juris Rn. 28). Bisher wurde jedoch weder ein konkretes Strafverfahren eingeleitet noch die Durchführung eines solchen konkret angekündigt hat.
Über den von der Antragstellerin hilfsweise gestellten Antrag zu 3) ist bei dieser Sachlage nicht mehr zu entscheiden.
Wie die Vorschriften des § 123 Abs. 3 VwGO, § 926 Abs. 1 ZPO verdeutlichen, steht dem Erlass der einstweiligen Anordnung nicht entgegen, dass ein Hauptsacheverfahren hinsichtlich der Anwendungen -005 und -009 noch nicht anhängig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem vom beschließenden Gericht für Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln regelmäßig angenommenen Streitwert in Höhe von 100.000 €. Wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache ist der Streitwert nicht gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in: NVwZ-Beilage 2013, 57) für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren. Da die Streitgegenstände das identische wirtschaftliche Ziel verfolgen und damit keinen selbstständigen wirtschaftlichen Wert haben, waren keine gesonderten Streitwerte in Ansatz zu bringen und diese nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen (vgl. Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 24.09.2020 - 1 MR 5/20 -, juris Rn. 74).