Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 25.11.2019, Az.: 7 B 3245/19
Fridays for Future; Parteiwerbung; Versammlungsausschluss; Vorbeugender Rechtsschutz
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 25.11.2019
- Aktenzeichen
- 7 B 3245/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69849
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs 3 S 1 VersammlG ND
- Art 21 Abs 1 S 1 GG
- § 5 Abs 1 S 1 GG
- § 8 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das Mitführen von Parteifahnen und das Verteilen von themenbezogenen Flugblättern auf einer Versammlung begründet keine erhebliche Störung der Ordnung der Versammlung.
Zum Ausschluss von Teilnehmern einer Versammlung sind weder die Versammlungsleitung noch die von ihr eingesetzten Ordnerinnen und Ordner, sondern ausschließlich die Polizei in ihrer Funktion als Versammlungsbehörde befugt.
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, es zu unterlassen, Teilnehmer der am 29. November 2019 in der Innenstadt von Oldenburg stattfindenden Versammlung unter freiem Himmel (Kundgebung und Demonstration) „Fridays for Future“ von der Teilnahme auszuschließen und/oder Teilnehmern einen Platzverweis zu erteilen, die Plakate, Transparente, Fahnen, Flugblätter oder sonstige Versammlungsmittel mitführen, auf denen allein oder auch der Name oder Symbole der Antragstellerin zu 1. erkennbar sind.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, welcher sich vorliegend nach den Vorgaben des § 123 Abs. 1 VwGO richtet, hat Erfolg.
Der Antrag ist zulässig.
Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass die Antragsteller in der Sache die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes begehren. Die Verwaltungsgerichtsordnung sieht Rechtsschutz gegen (belastende) Verwaltungsakte im Regelfall als nachträglichen Rechtsschutz vor. Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz kommt nach der Rechtsprechung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsaktes bzw. die befürchtete Rechtsverletzung abzuwarten; vorbeugender Rechtsschutz verlangt daher ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse (BVerwG, Urt. v. 7. Mai 1987 – 3 C 53/85 – juris, Rn. 25; vgl. dazu insb. auch OVG Lüneburg, Beschluss v. 4. April 2012 – 8 ME 49/12 – juris, Rn. 23 f.).
Ein solches qualifiziertes Rechtsschutzinteresse ist vorliegend gegeben. Die Antragsteller haben glaubhaft vorgetragen, dass am 29. November 2019 in Oldenburg erneut eine „Fridays for Future“-Kundgebung stattfindet, an welcher sie wiederum unter Einsatz der von ihnen schon bei der letzten Versammlung eingesetzten Versammlungsmittel (u.a. Fahnen und Flugblätter der Antragstellerin zu 1.) teilnehmen möchten. Bei einer Ablehnung vorbeugenden Rechtsschutzes bestünde die naheliegende Gefahr, dass es in Ansehung dieser Teilnahme zu erneuten Differenzen mit den dort eingesetzten Polizeibeamten kommt. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass über die Dienstaufsichtsbeschwerde des Antragstellers zu 2. vom 29. Oktober 2019 noch nicht entschieden worden ist (GA, Bl. 8). Bei den konkret zu erwartenden Maßnahmen geht es um solche Verwaltungsakte, die sich regelmäßig kurzfristig erledigen und gegen die verwaltungsgerichtlicher Eilrechtsschutz in aller Regel nicht mehr rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden kann. Bei einer auch nur kurzfristigen Hinnahme des befürchteten Verwaltungshandelns bestünde die Gefahr, dass die Antragsteller in ihren Grundrechten aus Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG sowie die Antragstellerin zu 1. zudem in dem Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 1 GG in schwerwiegender und auch durch die Gewährung nachträglichen Rechtsschutzes nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung). Die Antragsteller begehren vorliegend den Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Eine derartige einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen eines derartigen Anordnungsgrundes und Anordnungsanspruchs ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, d.h. mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit darzutun (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Eilbedürftigkeit ist vorliegend gegeben, da den Antragstellern bei einem Abwarten des Hauptsacheverfahrens wesentliche Nachteile drohen. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen im Rahmen der Zulässigkeit verwiesen werden.
Die Antragsteller haben darüber hinaus auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Verhalten der bei der Versammlung am 20. November 2019 eingesetzten Polizeibeamten, welches in der Antragsschrift vom 14. November 2019 beanstandet wird und in die Grundrechte der Antragsteller aus Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG sowie hinsichtlich der Antragstellerin zu 1. zudem in die Gewährleistung des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift, entbehrt einer rechtlichen Grundlage und ist daher rechtswidrig.
Bei der polizeilichen Maßnahme, die von den Antragstellern beanstandet wird, handelt es sich um einen Versammlungsausschluss gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 NVersG. Diese rechtliche Einschätzung stützt das Gericht zum einen auf die Ausführungen des Antragstellers zu 2. in der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung. Hierin erklärt dieser, dass er und sein Begleiter bei der Versammlung von den Polizeibeamten zur Entfernung der Versammlungsmittel (u.a. Fahnen und Flugblätter der Antragstellerin zu 1.) aufgefordert und ihnen anschließend – nachdem sie dieser Forderung nicht nachgekommen seien – ein „Platzverweis“ erteilt worden sei (GA, Bl. 7). Zum anderen lässt sich auch den Aussagen der in der konkreten Situation eingesetzten Polizeibeamten entnehmen, dass der Antragsteller zu 2. und sein Begleiter durch den Polizeibeamten A räumlich von der Versammlung getrennt und zum Verlassen des Versammlungsortes aufgefordert worden sind (BA 1, Bl. 7 f.). Die Maßnahme hatte dabei Regelungscharakter und beschränkte sich keineswegs auf eine unverbindliche Bitte, wie es die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 21. November 2019 darstellt. Auch die Erklärung der Antragsgegnerin, es handele sich nicht um einen Ausschluss, vielmehr habe man den beiden Personen „aufgegeben, sich von der genannten Versammlung örtlich zu distanzieren“ (GA, Bl. 26), kann nicht überzeugen. Es ist geradezu wesensprägendes Merkmal eines Versammlungsausschlusses, dass ein Teilnehmer sich aufgrund dieser Anordnung von der Versammlung räumlich entfernt. Allein die Tatsache, dass der Ausschluss von den Polizeibeamten nicht wortwörtlich erklärt, sondern nur mit den tatsächlichen Folgen umschrieben wurde, ändert nichts an der rechtlichen Qualität der Maßnahme.
Der Antragsteller zu 2. und der Begleiter waren Teilnehmer der Versammlung mit dem Titel „Fridays for Future“ und nicht etwa – wie die Antragsgegnerin ausführt – Teilnehmer einer eigenen, unangemeldeten Versammlung zum Zwecke der Parteiwerbung für die Antragstellerin zu 1. Es ist schon nicht klar, was die Antragsgegnerin unter einem „abzugrenzenden Auftreten“ versteht, mit welchem sie diese Auffassung begründet (GA, Bl. 20). Der Antragsteller zu 2. und sein Begleiter hielten sich ausweislich des polizeilichen Verlaufsberichts bereits zu Beginn der Veranstaltung am Startpunkt der Versammlung auf (BA 1, Bl. 1) und begleiteten sowohl den Aufzug als auch die anschließende Kundgebung auf dem Schloßplatz (BA 1, Bl. 9). Sie vor diesem Hintergrund nicht als Teilnehmer der Versammlung der „Fridays for Future“-Bewegung anzusehen, sondern ihnen die Durchführung einer eigenen Versammlung zu unterstellen, erweist sich nicht nur als eine künstliche Aufspaltung, sondern unterläuft nicht zuletzt auch die strengen versammlungsrechtlichen Vorgaben an den Umgang mit (unliebsamen) Versammlungsteilnehmern. Auch die Versammlungsleitung selbst ging offensichtlich davon aus, dass die Gruppe um den Antragsteller zu 2., die sich zu Versammlungsbeginn auf dem Bahnhofsvorplatz befand, an der „Fridays for Future“-Kundgebung teilnehmen wollte. Der polizeiliche Verlaufsbericht führt hierzu aus, dass der Versammlungsleiter die Gruppe ansprach und diese aufforderte, die Versammlung nicht zu begleiten (BA 1, Bl. 1).
Der Versammlungsausschluss, der anschließend von Seiten des Polizeibeamten A gegenüber dem Antragsteller zu 2. und einem Begleiter bei der Kundgebung auf dem Schloßplatz ausgesprochen wurde, ist rechtswidrig erfolgt. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 NVersG kann die Polizei als im Zeitpunkt der Versammlung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NVersG zuständige Versammlungsbehörde Personen von der Versammlung ausschließen, wenn diese die Ordnung der Versammlung in erheblicher Weise stören und die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann.
Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist schon nicht ersichtlich, worin vorliegend die erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung der Versammlung gesehen werden soll. Eine erhebliche Störung der Versammlung liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Störung objektiv geeignet ist, den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung in Frage zu stellen (OVG Lüneburg, Urt. v. 11. Juni 2018 – 11 LC 147/17 – juris, Rn. 46). Maßgeblich für die Frage, ob eine solche erhebliche Störung vorliegt, sind in erster Linie der geplante Charakter der Versammlung (VG Lüneburg, Urt. v. 12. November 2014 – 5 A 154/13 – juris, Rn. 37 m.w.N.) und der vom Versammlungsleiter vorgegebene Ordnungsrahmen (Wefelmeier in PdK, § 4 NVersG, Rn. 3). Entscheidend ist hiernach, ob die Störung ohne ihre Beseitigung zum Abbruch der Versammlung führen oder diese so stark beeinträchtigen würde, dass sie ihr Ziel nicht oder nur eingeschränkt erreichen würde. Letzteres ist insbesondere bei einer schweren Beeinträchtigung der Teilnahmerechte friedlicher Teilnehmer etwa durch dauerhafte Lärmbelästigung oder das Werfen von Rauchbomben der Fall (Wefelmeier in PdK, § 10 NVersG, Rn. 16 m.w.N.).
Ausgehend von den dargelegten Maßstäben ist zu dem von der Versammlungsleitung vorgegebenen Ordnungsrahmen auszuführen, dass es als zentrales Anliegen der Versammlungsleitung angesehen werden kann, ein breites bürgerliches Spektrum hinter der „Fridays for Future“-Bewegung zu vereinen und dies in der Außendarstellung – sowohl gegenüber den Passanten vor Ort sowie aufgrund der intensiven medialen Berichterstattung auch deutschlandweit – zum Ausdruck zu bringen. Die Überparteilichkeit, welche die Bewegung für sich reklamiert (vgl. https://fridaysforfuture.de) und aus welcher sich zu nicht geringem Teil ihre Authentizität ableitet, macht es aus Sicht der Versammlungsleitung erforderlich, die Sichtbarkeit einzelner Parteien bei öffentlichen Veranstaltungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Gleichzeitig stellt die Mitwirkung von Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG einen verfassungsrechtlich geschützten Auftrag dar. Mitwirkung bedeutet hierbei Einflussnahme in beliebiger, jedoch auf rechtmäßige Verhaltensweisen beschränkter Form. Auch die Öffentlichkeit dient dabei als Medium der Mitwirkung der Parteien, die ihrerseits nicht zuletzt durch die Themenauswahl in den Medien und deren Akzentuierung beeinflusst werden (Kluth in BeckOK GG, 41. Ed. v. Mai 2019, Art. 21 Rn. 63).
Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang ausführt, der Antragsteller zu 2. habe sich durch die Mitführung der Versammlungsmittel nicht zu dem Versammlungsthema Klimaschutz äußern, sondern ausschließlich Parteiwerbung betreiben wollen, kann diesem Vortrag nicht gefolgt werden. So dürfte für den außenstehenden Betrachter etwa die Tatsache, dass er in der Versammlung eine Fahne mit Namen und Logo der Antragstellerin zu 1. erkennt, dahingehend zu deuten sein, dass die Partei das Versammlungsthema erkannt hat, für relevant hält und das Anliegen in der Sache wohl auch unterstützt. Auch die Flugblätter, die vom Antragsteller zu 2. und dessen Begleitern bei der Versammlung am 20. September 2019 verteilt wurden und von denen dieser ein Exemplar mit Schriftsatz vom 22. November 2019 vorlegte, haben einen eindeutigen Bezug zu Fragen des Klima- und Umweltschutzes. Dies ist bereits an der Überschrift erkennbar, die lautet: „Katastrophenalarm! Protest- und Streiktag am 20. September gegen die drohende Umweltkatastrophe“. In dem Flugblatt selbst wird Bezug genommen auf die „Fridays for Future“-Bewegung und erklärt: „Die ... unterstützt den Aufruf zu einem Protest- und Streiktag am 20. September“. Es handelt sich folglich keineswegs nur um ein Flugblatt mit allgemeiner Parteiwerbung. Das Schriftstück trifft vielmehr themenbezogene Ausführungen zu umwelt- und klimapolitischen Verhältnissen und benennt die in den Augen der Verfasser hierfür Verantwortlichen. Das Flugblatt ist dabei nicht nur themenbezogen, sondern offensichtlich auch nur für den Anlass der Versammlung am 20. September 2019 erstellt worden. Am Ende der Ausführungen des zweiseitigen Flugblattes heißt es: „Machen wir den 20. September zu einem Signal der kämpferischen Einheit von Arbeiter-, rebellischer Jugend- und Umweltbewegung! Stehen wir an der Seite der Jugendlichen, die um ihre Zukunft kämpfen und fördern ihre politische Selbstständigkeit.“ Der dargelegte Eindruck des bestehenden Themenbezugs wird schließlich auch nicht durch den zuletzt eingegangenen Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 (13:01 Uhr) entkräftet.
Wie weit der Ordnungsrahmen des Versammlungsleiters letztlich reicht und in welcher Weise das dargestellte Spannungsverhältnis zur Arbeit von Parteien aufzulösen ist, muss im vorliegenden Fall in Ansehung des Themenbezugs der vom Antragsteller zu 2. und dessen Begleitern eingesetzten Versammlungsmittel nicht abschließend entschieden werden. Unabhängig hiervon ist eine (unterstellte) Störung der Ordnung der Versammlung durch den Antragsteller zu 2. und seinen Begleiter aber auch nicht als erheblich zu betrachten. Insbesondere das Schwenken von Parteifahnen und das Verteilen von Flugblättern war und ist nicht geeignet, den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung in Frage zu stellen. Die Versammlung war in keinem Zeitpunkt in ihrem Bestand gefährdet. Auch stand zu keiner Zeit zu befürchten, dass das Ziel der Versammlung – nämlich die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens – nicht oder nur eingeschränkt erreicht werden würde. Eine Störung der Versammlung durch akustische oder gar körperliche Einwirkungen war nicht gegeben. Die fehlende Erheblichkeit lässt sich zuletzt daran festmachen, dass nach dem polizeilichen Verlaufsbericht lediglich 8 Versammlungsteilnehmer dem Lager der Antragstellerin zu 1. zugerechnet wurden (GA, Bl. 1). Bei einer Teilnehmerzahl von ca. 10.000 Personen war es ihnen daher schon allein aufgrund der Gruppengröße kaum möglich, durch ihr Verhalten den Ablauf der Versammlung zu behindern.
Zuletzt kann offen bleiben, ob der Versammlungsausschluss auch wegen Ermessensausfalls rechtswidrig gewesen ist. Der den Versammlungsausschluss aussprechende Polizeibeamte A ging offensichtlich irrig davon aus, dass die Versammlungsleitung und die von ihr eingesetzten Ordner befugt sind, Personen von der Versammlung auszuschließen. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Versammlungsleitung zum Ausschluss von Versammlungsteilnehmern nicht befugt ist; dieses Recht steht gemäß § 10 Abs. 3 NVersG ausschließlich der Polizei in ihrer Funktion als Versammlungsbehörde zu (Miller in PdK, § 7 NVersG Rn. 11). Der Polizeibeamte A hätte sich vor diesem Hintergrund nicht darauf beschränken dürfen, den (so bezeichneten) Versammlungsausschluss durch die Versammlungsleitung (der offensichtlich erstmalig schon zu Versammlungsbeginn und ohne erkennbaren Grund erfolgte, vgl. BA 1, Bl. 1) zu unterstellen und diesen durchzusetzen; stattdessen wäre es erforderlich gewesen, selbst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen solchen Ausschluss des Antragstellers zu 2. und dessen Begleiters gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 NVersG erfüllt gewesen sind.
Dies gilt hier auch prospektiv.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG sowie Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11).