Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.07.2020, Az.: 2 NB 690/19

BACES-Untersuchung; Belegungsliste; CNW; Curricularanteil; Deputatsreduktion; Dienstleistungsexport; Eigenanteil; Gesamtcurricularnormwert; höheres Fachsemester; Humanmedizin; patientenbezogene Kapazität; Kohortenprinzip; Lehrangebot; Lehrnachfrage; Losverfahren; Mitternachtszählung; proportionale Kürzung; Schwundberechnung; außerkapazitär Studienplatz; innerkapazitär Studienplatz; Teilstudienplatz; Vollstudienplatz; Vorklinik

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.07.2020
Aktenzeichen
2 NB 690/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71794
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.10.2019 - AZ: 8 C 309/19

Tenor:

Auf die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom 29. Oktober 2019 geändert.

I. Der Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Zulassung auf einen Vollstudienplatz im Studiengang Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 im 2. Fachsemester wird abgelehnt.

II. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,

1. innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eine Rangfolge unter den Antragstellern der Beschwerdeverfahren

2 NB 690/19, 2 NB 692/19, 2 NB 699/19 und 2 NB 709/19

auszulosen und

2. diejenigen Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einen Vollstudienplatz zuzulassen,

a) auf die bei der Verlosung der 1. und 2. Rangplatz entfällt

b) und die innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihnen die Zuweisung des Studienplatzes im Wege der Zustellung durch Postzustellungsurkunde bekannt gegeben worden ist, bei der Antragsgegnerin die vorläufige Immatrikulation beantragt und hierbei an Eides Statt versichert haben, dass sie an keiner anderen Hochschule im Bundesgebiet vorläufig oder endgültig zum Studium der Humanmedizin auf einen Vollstudienplatz zugelassen sind, sowie

3. nach Maßgabe der gemäß Ziffer II. 1. ausgelosten Reihenfolge von den nach Ziffer 2. a) unberücksichtigt gebliebenen Antragstellern im Wege des Nachrückens weitere Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einen Vollstudienplatz zuzulassen, wenn ein rangbesserer Antragsteller seine vorläufige Immatrikulation nicht nach Maßgabe der Ziffer II. 2. b) beantragt hat.

4. unter den Antragstellern der Beschwerdeverfahren

2 NB 690/19, 2 NB 692/19 und 2 NB 699/19,

auf die bei der Verlosung der Vollstudienplätze im 1. Fachsemester zu Ziffer II. 2. a) kein 1. und 2. Rangplatz entfallen ist,

a) innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eine Rangfolge unter diesen Antragstellern auszulosen und

b) denjenigen Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einen Teilstudienplatz zuzulassen,

aa) auf den bei der Verlosung der 1. Rangplatz entfällt

bb) und der innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm die Zuweisung des Studienplatzes im Wege der Zustellung durch Postzustellungsurkunde bekannt gegeben worden ist, bei der Antragsgegnerin die vorläufige Immatrikulation beantragt und hierbei an Eides Statt versichert haben, dass er an keiner anderen Hochschule im Bundesgebiet vorläufig oder endgültig zum Studium der Humanmedizin zugelassen ist, sowie

c) nach Maßgabe der gemäß Ziffer II. 4. ausgelosten Reihenfolge von dem nach Ziffer 2. a) unberücksichtigt gebliebenen Antragsteller im Wege des Nachrückens nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einen Teilstudienplatz zuzulassen, wenn der rangbessere Antragsteller seine vorläufige Immatrikulation nicht nach Maßgabe der Ziffer II. 4. b) beantragt hat.

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt 4/5 und die Antragsgegnerin trägt 1/5 der Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschluss vom 29. Oktober 2019, auf den wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung unter Ablehnung des auf die vorläufige Zulassung auf einen Vollstudienplatz im 2., hilfsweise im 1. Fachsemester gerichteten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen verpflichtet, die Antragstellerin ihrem zweiten Hilfsantrag entsprechend nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/2020 auf einen Teilstudienplatz vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 2. Fachsemester zuzulassen.

Dabei ist das Verwaltungsgericht für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von 146 Vollstudienplätzen ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2019/2020 und zum Sommersemester 2020 vom 3. Juli 2019 - ZZ-VO 2019/2020 (Nds. GVBl. S. 163) in der zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung. Hinsichtlich des 2. Fachsemesters hat das Verwaltungsgericht unter Heranziehung des sogenannten Kohortenprinzips und Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 29. April 2019 - 8 C 10/19 u.a. - ausgeführt, für die Studierenden des aktuellen 2. Fachsemesters, die ihr Studium im Sommersemester 2019 begonnen hätten, sei von einer rechnerischen Sollzahl von im Ergebnis 147 Vollstudienplätzen auszugehen, was den Festsetzungen der ZZ-VO 2018/2019 entspreche. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass bei der Antragsgegnerin im 2. Fachsemester im Wintersemester 2019/2020 146 Vollstudienplätze besetzt seien und den nach seiner Ansicht freien Vollstudienplatz im 2. Fachsemester vorläufig an den Antragsteller des Beschwerdeverfahrens 2 NB 692/19 vergeben. Hinsichtlich der Teilstudienplätze hat das Verwaltungsgericht für das 1. Fachsemester eine Kapazität von 41 errechnet und die hierauf bezogenen Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt; für das 2. Fachsemester hat es hingegen auf der Grundlage des sogenannten Kohortenprinzips eine Kapazität von 48 Teilstudienplätzen angenommen und der Antragstellerin dieses Verfahrens sowie zwei weiteren Antragstellern jeweils einen vorläufigen Studienplatz zuerkannt.

Hiergegen haben sowohl die Antragstellerin (hinsichtlich eines Vollstudienplatzes im 2., hilfsweise im 1. Fachsemester) als auch die Antragsgegnerin (hinsichtlich eines Teilstudienplatzes im 2. Fachsemester) jeweils Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 29. November 2019 hat der Senat auf Antrag der Antragsgegnerin die Vollziehung der in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zugunsten der Antragstellerin getroffenen einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin ausgesetzt.

II.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin haben jeweils nur zum Teil Erfolg.

Unter Berücksichtigung der von den Beschwerdeführerinnen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO jeweils dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang des Senats bestimmen, sind im 2. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin im Wintersemester 2019/2020 keine weiteren freien Vollstudienplätze vorhanden (dazu 1.). Demgegenüber sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats im 1. Fachsemester (dazu 2.) noch zwei weitere Vollstudienplätze und ein weiterer Teilstudienplatz verfügbar, sodass die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin insoweit nach den aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben jeweils unbegründet sind.

1. Die Zulassungszahl für jedes höhere als das 1. Fachsemester ergibt sich gemäß § 2 Satz 2 ZZ-VO 2019/2020 aus der Differenz zwischen der Zulassungszahl für Studienanfängerinnen und Studienanfänger und der Zahl der Studierenden nach Ablauf der Rückmeldefrist für das entsprechende höhere Semester, sofern in Anlage 1 Abschnitt II nichts anderes bestimmt ist. Die in § 2 Satz 2 ZZ-VO vorgesehene Berechnungsmethode ist auch für den Fall maßgeblich, in dem die in der ZZ-VO festgesetzten Zulassungszahlen die Kapazität der Hochschule unterschreiten und daher korrekturbedürftig sind. Dieser Umstand ist (nur) insoweit zu berücksichtigen, als der Berechnung im Eilverfahren die gegebenenfalls vom Senat für das betreffende Semester ermittelte Zulassungszahl für Studienanfänger zugrunde gelegt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats - hierauf weist die Antragsgegnerin zu Recht hin - berechnet sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die Studienplatzkapazität in höheren Fachsemestern dagegen nicht auf der Grundlage des sogenannten Kohortenprinzips. Hiernach soll die für eine Studienkohorte bei Studienbeginn errechnete Kapazität (abzüglich des Schwundes) grundsätzlich auch in den nachfolgenden Semestern maßgeblich sein. Dem folgt der Senat indessen in ständiger Rechtsprechung schon im Ansatz nicht (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 15.9.2017 - 2 LB 152/16 -, juris Rn. 46 und v. 16.4.2014 - 2 NB 145/13 -, juris, vgl. auch die Darstellung von Rüping in: Epping, NHG, 1. Aufl. 2016, § 6 NHZG Rn. 32).

Daher ergibt sich die Kapazität für höhere Fachsemester aus der vom Gericht für das 1. Fachsemester ermittelten Studienplatzkapazität. Diese liegt nach der Berechnung des Verwaltungsgerichts bei 146 Vollstudienplätzen. In Anlage 1 Abschnitt II der ZZ-VO 2019/2020 in der für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 7. November 2019 (Nds. GVBl. S. 349) ist die Kapazität für das 2. bis 4. Fachsemester ebenfalls auf 146 Vollstudienplätze festgesetzt worden. Ausweislich der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20. November 2019 vorgelegten endgültigen Belegungsliste mit Stand vom 4. November 2019 sind im 2. Fachsemester des Vollstudiums 146 Studierende eingeschrieben, sodass die Kapazität in diesem Fachsemester vollständig ausgeschöpft ist und ein freier Studienplatz insoweit nicht zur Verfügung steht. Konkrete Einwände gegen die Richtigkeit dieser Belegungsliste hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts beläuft sich die Kapazität für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2019/2020 auf 146 Vollstudienplätze. Die Beschwerdeangriffe der Antragstellerin rechtfertigen kein anderes Ergebnis. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Berechnung der Anzahl der Vollstudienplätze im Studiengang Humanmedizin auf der Grundlage des in § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO festgesetzten Werts von 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten und der sogenannten Mitternachtszählung keinen rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. zuletzt Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 23 ff. und Rn. 27 f. m.w.N.). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeangriffe der Antragstellerin fest. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat der Verordnungsgeber insbesondere seine Überwachungspflichten nicht verletzt. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt stehen die endgültigen Ergebnisse der von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angesprochenen sogenannten BACES-Studie noch aus, sodass es dem Normgeber weiterhin unbenommen bleibt, den endgültigen Abschlussbericht dieser Untersuchung abzuwarten, sodass zurzeit auch eine gerichtliche Korrektur dieses normativen Parameters nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu Senatsurt. v. 28.11.2019 - 2 NB 552/19 -, juris Rn. 38 zum Modellstudiengang der MHH). Der Senat folgt auch nicht der Forderung der Antragstellerin nach Durchführung einer eigenständigen Evaluierung dieses Parameters unabhängig von der genannten BACES-Untersuchung. Dass das Land Berlin für die Charité im dortigen Modellstudiengang den Parameter zur patientenbezogenen Kapazität vorübergehend auf 17,1 erhöht und das Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 8. Juli 2019 - VG 30 L 463/18 - diesen Parameter als unwirksam angesehen hat, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Das Land Berlin ist wegen fehlender valider Datengrundlagen inzwischen - wenn auch unter Hinzufügung eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags - wieder zu dem Ausgangsparameter von 15,5 % zurückgekehrt (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsbeschl. v. 28.11.2019 - 2 NB 552/19 -, juris Rn. 39). Für einen von der Antragstellerin geforderten Sicherheitszuschlag sieht der Senat daher weiterhin keine Grundlage.

2. Im Ergebnis stehen im 1. Fachsemester des Vollstudiums noch zwei weitere (dazu a) und im Teilstudium noch ein weiterer Studienplatz (dazu b) zur Verfügung, die im Losverfahren zu vergeben sind.

a) Für das 1. Fachsemester des Studienjahres 2019/2020 geht der Senat im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung von den Festsetzungen in der Änderungsverordnung vom 7. November 2019 aus. Hiernach sind im 1. Fachsemester für das gesamte Studienjahr 2019/2020 372 (statt ursprünglich 370) Studienplätze und für das Wintersemester 2019/2020 168 (statt ursprünglich 146) Vollstudienplätze und 39 Teilstudienplätze (wie zuvor) und für das Sommersemester 2020 124 (statt ursprünglich 146) Vollstudienplätze sowie 41 (statt wie bisher 39) Teilstudienplätze festgesetzt.

Im 1. Fachsemester des Wintersemesters 2019/2020 sind nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten endgültigen Belegungsliste mit Stand ebenfalls vom 4. November 2019 insgesamt 166 zählbare Vollstudienplätze belegt. Mithin stehen im 1. Fachsemester noch zwei weitere Vollstudienplätze zur Verfügung. Der Antragsteller und die drei übrigen in zweiter Instanz noch verbliebenen weiteren Antragsteller haben entsprechend ihrem in erster Instanz jeweils gestellten Haupt- bzw. ersten Hilfsantrag mithin einen Anspruch auf Teilnahme an der im Losverfahren zu erfolgenden Vergabe dieser freien Plätze, sodass die Beschwerde der Antragsgegnerin insoweit keinen Erfolg hat.

b) Für die Berechnung der Teilstudienplätze gilt auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin Folgendes:

Hinsichtlich der Berechnung der Kapazitäten der Teilstudienplätze im 2. Fachsemester gilt das oben zu dem sogenannten Kohortenprinzip Gesagte entsprechend. Der Verordnungsgeber hat in der Änderungsverordnung vom 7. November 2019 in der Anlage 1 unter Abschnitt II für das 2. bis 4. Fachsemester für das Wintersemester 2019/2020 die Zahl der Teilstudienplätze für das Studienjahr 2019/2020 auf insgesamt 78 (wie zuvor), für das Wintersemester 2019/2020 auf 39 (ebenfalls wie zuvor) und für das Sommersemester auf 41 (statt wie bisher 39) festgesetzt. Nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste sind im Wintersemester 2019/2020 im 2. Fachsemester insgesamt 45 Studierende und im 1. Fachsemester 39 Studierende eingeschrieben, sodass freie Teilstudienplätze innerkapazitär insoweit nicht zur Verfügung stehen. Konkrete Einwände gegen die Richtigkeit dieser Belegungsliste hat die Antragstellerin ebenfalls nicht vorgetragen.

Die Antragsgegnerin greift in ihrer Beschwerde die Berechnung der Teilstudienplätze für das 1. Fachsemester durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis nur zum Teil erfolgreich an. Der Senat geht in diesem Zusammenhang von der von der Antragsgegnerin geänderten Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2019/2020 aus, wie sie in der Anlage 1.2 der vorgelegten Kapazitätsunterlagen ausgewiesen ist. Hiernach wurde die Kapazität wegen des kurzfristigen Wegfalls einer Dienstaufgabe, die ursprünglich zu einer Deputatsreduktion geführt habe, neu berechnet.

Die Beschwerdeangriffe der Antragsgegnerin gegen die Berechnung des Lehrangebots seitens des Verwaltungsgerichts haben überwiegend Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist im Gegensatz zur Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihm so genannten „strengen Stichtagsprinzips“ im Ergebnis davon ausgegangen, dass die Kapazität auf der Grundlage von 65 Stellen mit einem unbereinigten Lehrangebot von 417 LVS zu berechnen ist, während die Antragsgegnerin 65 Stellen mit einem unbereinigten Lehrdeputat von im Ergebnis 411 LVS in Ansatz gebracht hat (dazu aa). Für Prof. D., dem eine hälftige Deputatsreduktion auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 LVVO vom 2. August 2007 (Nds. GVBl. S. 408) in der Fassung vom 4. August 2014 (Nds. GVBl. S. 235) - im Folgenden: LVVO a.F. - gewährt worden ist, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer Lehrverpflichtung von 9 LVS ein hälftiges Deputat von 4,5 LVS angenommen, während die Antragsgegnerin insoweit ausgehend von einer Lehrverpflichtung von 8 LVS lediglich 4 LVS für richtig hält (dazu bb). Den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin hat das Verwaltungsgericht mit 36,1620 LVS im Gegensatz zur Annahme der Antragsgegnerin von 35,9639 LVS berechnet (dazu cc). Bei der Schwundberechnung hat das Verwaltungsgericht das Zahlenwerk der Antragsgegnerin übernommen, den von dieser aufgrund der Einbeziehung der Privatpatienten in die Berechnung der Vollstudienplätze angesetzten Sondereffekt in einem Umfang von 0,0481 hingegen nicht akzeptiert und ist mithin zu einem Schwundfaktor von 1,1691 statt wie von der Antragsgegnerin angenommen 1,1210 gekommen (dazu dd). Und schließlich ist im Rahmen des Lehrangebots die Berechnung des Curricularanteils der Vorklinik in den Blick zu nehmen (dazu ee).

aa) Der Senat folgt in ständiger Rechtsprechung nicht der Ansicht des Verwaltungsgerichts zum sogenannten „strengen Stichtagsprinzip“. Die Hochschule muss vielmehr alle Daten in ihre Berechnung einbeziehen, die am Beginn des Berechnungszeitraums und damit für den gesamten Berechnungszeitraum Kapazität erzeugt oder vermindert (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 498/19 -, juris Rn. 12 f.). Hieran wird festgehalten. Daher war entsprechend der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch der Wechsel von einer W 1-Stelle zu einer befristeten W 2-Stelle zum 1. Oktober 2019 zu berücksichtigen.

Die zum 1. Oktober 2019 wegen unvorhersehbarer Umstände (Kündigung der bisherigen Stelleninhaberin und kurzfristiger Nichtantritt der halben Stelle durch den vorgesehenen Nachrücker mit einer Lehrverpflichtung von jeweils 4 LVS) unbesetzte befristete E 13-Weiterqualifikationsstelle in der Anatomie ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts mit einer Lehrverpflichtung von lediglich 4 LVS (und nicht 10 LVS : 2 = 5 LVS) in Ansatz zu bringen. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang glaubhaft vorgetragen, dass die der Anatomie zugeordnete befristete Stelle für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter seit Jahren lediglich zur Weiterqualifikation besetzt war und auch in Zukunft - wie mit Wirkung vom 16. Oktober 2019 auch geschehen - besetzt werden soll.

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Lehrdeputat von Prof. D. entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht mit 4 LVS, sondern - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angeführt hat - mit 4,5 LVS in Ansatz zu bringen (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 498/19 -, juris Rn. 19 f.). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin fest.

Das Lehrangebot ist daher auf der Grundlage von 65 Stellen bereinigt um die Deputatsreduzierungen in einem Umfang von 25,5 LVS mit einer Lehrverpflichtung von 385,5 LVS (411 LVS - 25,5 LVS) in Ansatz zu bringen. Da der Senat abgesehen von dem aufgezeigten Umstand seiner Berechnung die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin zugrunde legt, kommt es auf den von der Antragstellerin angeführten Übertragungsfehler seitens des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich an.

c) Hiervon ist der anzuerkennende Dienstleistungsexport abzusetzen. Die Antragsgegnerin hat einen Dienstleistungsexport in Höhe von insgesamt 56,9751 LVS in Ansatz gebracht, wobei sie den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin auf der Grundlage eines Caq von 0,8666 und der Hälfte der jährlichen Studienanfängerzahl von 83 (41,5) ohne Schwundfaktor mit 35,9639 LVS einbezogen hat, während das Verwaltungsgericht auf der Grundlage eines Curricularanteils von lediglich 0,8610, einer Studienanfängerzahl von 42 und der Einbeziehung eines Schwundfaktors von 1,0494 einen halbjährlichen Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin lediglich in Höhe von 34,4587 LVS und mithin insgesamt einen Dienstleistungsexport in Höhe von 55,4694 LVS anerkannt hat. Der Senat folgt der Berechnung der Antragsgegnerin in allen drei angesprochenen Punkten.

Die Antragsgegnerin hat für den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin einen Ausbildungsaufwand im Umfang des Beispielstudienplans der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen für diesen Studiengang und auf dieser Grundlage zu Recht einen Curricularanteil in Höhe von 0,8666 in Ansatz gebracht. Der Wert von 0,8610 bezieht sich wegen besonderer Umstände richtigerweise lediglich auf die Studienjahre bis zum Sommersemester 2018. Für die Studienjahre ab 2018/2019 und mithin auch für das Wintersemester 2019/2020 ist daher für den Studiengang Zahnmedizin wieder ein Curricularanteil von 0,8666 zugrunde zu legen (vgl. dazu im Einzelnen Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 471/19 u.a. -, juris Rn. 23 m.w.N.).

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass sich die Kapazitätsberechnung auf das gesamte Studienjahr und nicht lediglich auf ein einzelnes Semester bezieht, sodass nach der richtigerweise anzuwendenden Formel Caq x Aq : 2 die Hälfte der Gesamtzulassungszahl der Zahnmedizin für das Studienjahr anzusetzen ist (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 498/19 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Zudem ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass im Fall eines Dienstleistungsexports eine Schwundberechnung nicht vorzunehmen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 471/19 -, juris Rn. 24 m.w.N.). Hieran wird festgehalten.

Den von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 30. Oktober 2019 angeführten „gewichtigen Argumenten“ hinsichtlich des durch das Verwaltungsgericht akzeptierten Dienstleistungsexports in den neu eingeführten Masterstudiengang Cardiovascular Science in einem Umfang von 8,7837 LVS folgt der Senat nicht. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass dieser von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachte Dienstleistungsexport anzuerkennen ist (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 42 m.w.N.). Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.

dd) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erkennt der Senat - wie bereits in seinen Entscheidungen zum Sommersemester 2019 (vgl. hierzu etwa Senatsbeschl. v. 30.1.2020 - 2 NB 484/19 u.a. -, juris Rn. 23 ff.) - die Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Sondereffekts in Höhe von 0,0481 in Folge der Einbeziehung der Privatpatienten an. Daher begegnet der von der Antragsgegnerin im Ergebnis angesetzte Schwundfaktor von 1,1210 keinen durchgreifenden Bedenken.

Im Ergebnis ist daher von einem bereinigten Lehrangebot von 328,5249 (statt wie von der Antragsgegnerin angenommen 328,0249) auszugehen.

ee) Für die Berechnung des Curricularanteils der Vorklinik geht der Senat von dem von der Antragsgegnerin in der Kapazitätsberechnung in Ansatz gebrachten Wert von 1,6537 aus. Für eine proportionale Kürzung des Eigenanteils der Vorklinik oder eine Erhöhung des Ergebnisses der Kapazitätsberechnung um einen Sicherheitszuschlag wegen der Überschreitung des Gesamtcurricularnormwerts im Studiengang Humanmedizin in Höhe von 8,2 (Anlage 3 zu § 13 Abs. 1 KapVO) infolge eines erhöhten Lehrangebots in der klinischen Ausbildung besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der weiterhin festgehalten wird, kein Anlass (vgl. hierzu ausführlich Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 49 ff. m.w.N.).

Die Berechnung der Teilstudienplätze des Studiengangs Humanmedizin sieht daher wie folgt aus:

328,5249 LVS x 2

= 657,0498

657,0498 : 1,6537

= 397,3210

397,3210 x 0,9182 Curricularanteil Humanmedizin

= 364,8201

364,8201 - 292,4822 Vollstudienplätze

= 72,3379 Teilstudienplätze vor Schwund

72,3379 x 1,1210

 = 81,0907 Teilstudienplätze nach Schwund

Daher sind für das Studienjahr 2019/2020 im Ergebnis gerundet insgesamt 81 Teilstudienplätze und nicht wie von der Antragsgegnerin angenommen lediglich 80 Teilstudienplätze in Ansatz zu bringen.

Im 2. Fachsemester sind nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste im Wintersemester 2019/2020 insgesamt 45 Studierende auf einem Teilstudienplatz eingeschrieben, sodass insoweit ein freier Teilstudienplatz nicht zur Verfügung steht. Diese Überbuchung müssen die Studienplatzbewerber gegen sich gelten lassen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 71 f. m.w.N.).

Im 1. Fachsemester werden hingegen nach der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste lediglich 39 Studierende auf einem Teilstudienplatz geführt. Der eine freie Teilstudienplatz ist im Losverfahren zwischen der Antragstellerin dieses Beschwerdeverfahrens und den Antragstellern der übrigen beiden Beschwerdeverfahren 2 NB 692/19 und 2 NB 699/19 zu vergeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und orientiert sich in pauschalierender Weise zum einen am Unterliegen in Bezug auf einen Vollstudienplatz im 2. Fachsemester und zum anderen an den Erfolgsaussichten in den angeordneten ergänzenden Losverfahren bei zwei zu vergebenden weiteren Vollstudienplätzen im 1. Fachsemester und vier an dieser Verlosung teilnehmenden Antragstellern und bei einem zu vergebenden weiteren Teilstudienplatz im 1. Fachsemester und drei an dieser Verlosung teilnehmenden Antragstellern.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).