Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.07.2020, Az.: 1 ME 33/20
Baudenkmal
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.07.2020
- Aktenzeichen
- 1 ME 33/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71799
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 06.02.2020 - AZ: 4 B 3642/19
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Um die Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege zur Denkmalwürdigkeit eines Gebäudes zu erschüttern, ist es erforderlich, die Punkte, die das Landesamt übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt haben soll, konkret zu benennen und hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Sachverhalt vorzutragen. Diese sind dann im Hauptsacheverfahren ggf. durch Beweisaufnahme aufzuklären, im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes anhand der verfügbaren Unterlagen auf ihre Wahrscheinlichkeit zu überprüfen.
Nr. 17 a der Streitwertannahmen des Senats (Nds. VBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197) ist nur in Fällen anwendbar, in denen die Beteiligten direkt, etwa im Rahmen einer Feststellungsklage oder eines Rechtsstreits über einen Verwaltungsakt nach § 4 Abs. 5 NDSchG, über die Denkmaleigenschaft streiten. Für Klagen gegen denkmalrechtliche Anordnungen ist Nr. 17 b der Streitwertannahmen maßgeblich.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 6. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf je 150,- EUR festgesetzt; insoweit wird die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts geändert.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine denkmalschutzrechtliche Anordnung zur Beseitigung von Missständen im Toilettenraum eines ehemaligen Kinogebäudes. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um dessen Denkmaleigenschaft.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks mit der postalischen Anschrift H...wall 3 / W...straße 2. Dieses wurde in den Jahren 1913/14 mit einem Kinogebäude („Wall-Lichtspiele“, später „Wall-Kino“) bebaut. Die aufwendig gestaltete Vorderseite des Gebäudes weist nach Nordwesten zum H...wall, die schlichtere Rückseite nach Südosten zur W...straße. Von der Heiliggeiststraße kommend betrat man zunächst ein Vestibül mit zwei seitlichen Treppenhäusern. Hinter diesem schloss sich unmittelbar der die ganze Gebäudebreite einnehmende, zweistöckige Kinosaal mit Rang und darüber gelegenen Logen an; im rückwärtigen Gebäudebereich, zur W...straße hin, befanden sich die Bühne mit Leinwand und zwei weitere seitliche Treppenhäuser. In den Jahren 1932, 1970 und 1997 nahmen wechselnde Betreiber verschiedene Umbauten vor. 1932 wurden der untere Bereich der Außenfassade zum H...wall sowie das Vestibül umgestaltet. 1970 wurde der obere Bereich der Außenfassade mit einer Vorhangfassade dieser Zeit verdeckt. Der Kinosaal wurde horizontal geteilt. Über dem Rang wurde eine neue, zur Leinwandseite abfallende und auch den bisher zweistöckigen Saalteil überspannende Zwischendecke als Fußboden des oberen Saals eingezogen. Zusätzlich wurde der bislang ebene Boden des Parketts zur Leinwand hin abfallend abgesenkt. Verändert wurden ferner die rückwärtigen Treppenhäuser (offenbar Einbau neuer Treppen, um diese dem neuen Niveau der Kinosäle im Leinwandbereich anzupassen). Das Vestibül wurde nochmals umgestaltet. Mit dem Umbau 1997 wurden die 1970 vorgenommenen Veränderungen teilweise wieder rückgängig gemacht, namentlich die Vorhangfassade außen beseitigt. Die Umbauten im Inneren blieben jedoch bestehen. Am 30. April 2007 endete der Pachtvertrag mit dem letzten Kinobetreiber; seitdem steht das Gebäude leer. Gleichfalls Anfang 2007 wurde das Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen; dies teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 1. März 2007 mit.
Nachdem die Antragsgegnerin bei einer Besichtigung des Gebäudes am 26. März 2019 neben Schäden an der Dachkonstruktion und im Gebäudeinneren festgestellt hatte, dass in einem Toilettenraum im Souterrain an der zur W...straße 2 gelegenen Seite des Gebäudes Wasser stand, gab sie dem Antragsteller mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 8. November 2019 auf, das Wasser aus dem WC im Souterrain (Gebäuderückseite, links, Richtung Südost) abzupumpen (I. a), mittels Messprotokoll eines Gerätes zur Feuchtigkeitsmessung nachzuweisen, inwieweit die Wände und der Boden des WC im Souterrain (Gebäuderückseite, links, Richtung Südost) bereits durchnässt sind (I. b), das WC im Souterrain (Gebäuderückseite, links, Richtung Südost) durch Abdichtung der Fenster gegen Eindringen weiterer Feuchtigkeit und Nässe zu sichern (I. c), sowie das Betreten des Gebäudes nach Abschluss der Arbeiten durch den Fachdienstleiter Bauordnung und Denkmalschutz, einen Mitarbeiter der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie eine Sachbearbeiterin der Unteren Denkmalschutzbehörde zu dulden und durch Öffnen des Gebäudes zu ermöglichen (IV.). Hinsichtlich dieser Verfügungspunkte ordnete sie die sofortige Vollziehung an.
Den dagegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner fristgerecht erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der denkmalrechtlichen Anordnungen überwiege das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Vorhaben sei entgegen der Auffassung des Antragstellers ein Baudenkmal. Dem „Wallkino“ komme ein Denkmalwert jedenfalls im Hinblick auf seine geschichtliche Bedeutung zu. Maßgeblich hierfür sei das Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen werde; dieses werde in Niedersachsen vornehmlich durch das beigeladene Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege vermittelt. Nach dessen Stellungnahmen weise das „Wallkino“ trotz zahlreicher Umbaumaßnahmen und Umgestaltungen auch heute noch denkmalgeschichtliche Bedeutung auf. Es handele sich nicht nur um das älteste Kinogebäude der Stadt, sondern wohl auch um eines der ältesten, bis heute [die zitierte Stellungnahme datiert kurz vor der Schließung] noch ununterbrochen bespielten Kinos, erbaut als damals modernstes Lichtspieltheater Norddeutschlands. In der Raumstruktur des Kinosaals mit Parkett, Rang und darüber liegender Logenreihe lasse sich gut die damals noch gängige Orientierung an der repräsentativen Theater- und Opernarchitektur nachvollziehen. Neben den architektonischen Gebäudefassaden am Wall und der W...straße mit originalem Fassadenschmuck, Fenstern, Brüstungsbalkonen, Dachbereich etc. bestehe die besondere Denkmalqualität des Wallkinos in seiner ungebrochenen Nutzung als bespielter Kinobau. Somit sei vor allem auch der Zeugnis- und Schauwert der wandfesten Innenausstattung, die 90 Jahre Kinoarchitektur, -geschichte und -entwicklung erlebbar und ablesbar mache, ein wichtiges Ausweisungskriterium gewesen. Sei doch selbst beim Einziehen der neuen Zwischendecke 1970 die originale Rangkonstruktion erhalten geblieben und noch heute einsehbar. Die im Jahr 2007 erfolgte Aufgabe des Spielbetriebes stelle, wie die Beigeladene in einer Stellungnahme vom 26. September 2019 dargelegt habe, den Denkmalwert nicht in Frage. Der Erhalt des Wallkinos liege, wie sich aus dieser Stellungnahme weiter ergebe, auch im öffentlichen Interesse. Dies ergebe sich aus der besonderen historischen und wissenschaftlichen Bedeutung und spiegele sich neben den Beiträgen in Fachpublikationen auch in einer breiten Presseberichterstattung zu dem Objekt wieder. In besonderer Weise veranschauliche das Wallkino exemplarisch die Schaffung einer neuen Baugattung. Der Seltenheitswert werde insbesondere bei einer landesweiten Betrachtung deutlich, ferner in der Authentizität des Objektes: Trotz zahlreicher Veränderungen seien wesentliche Ausstattungsteile und Grundrissdispositionen erkennbar und nachvollziehbar; dies gelte insbesondere für die Fassade zum Heiliggeistwall. Diese Ausführungen seien überzeugend. Der Einwand des Antragstellers, ein wesentlicher Teil des ursprünglichen Inventars sei spätestens 2007 entfernt worden, ändere an ihr nichts, denn die Denkmaleigenschaft werde nur ergänzend mit der Bedeutung der Innenausstattung begründet. Im Übrigen seien beispielsweise bauzeitliche Heizkörperverkleidungen, einige Türen und ein Zigarrenhalter vorhanden. Die zwischenzeitlich eingetretene Zustandsverschlechterung sei nicht so gravierend, dass sie zum Wegfall der Denkmaleigenschaft führe. Die fachkundigen Stellungnahmen des Beigeladenen genügten den Anforderungen an die Darlegung und den „Nachweis“ der Denkmaleigenschaft. Das Landesamt müsse das Ergebnis seiner Einschätzung so darlegen, dass sich anhand der von ihm genannten Stichworte hinreichende Fingerzeige für die Erfüllung des § 3 Abs. 2 und 3 NDSchG ergäben. Eine weitere Beweiserhebung sei nur veranlasst, wenn sich greifbare Zweifel an der Objektivität und Sachkunde der Äußerungen des Landesamtes ergeben hätten. Das sei hier nicht ersichtlich. Ferner ließen die Verwaltungsvorgänge eine Auseinandersetzung mit anderen wissenschaftlichen Beiträgen erkennen.
Die verfügten Maßnahmen seien auch im Übrigen rechtmäßig. Es sei unstreitig, dass die Räume des Souterrain-WCs häufig unter Wasser stünden; nach Angaben des Hausmeisters des Objekts sei dies seit Jahren der Fall. Die angeordneten Maßnahmen seien hinreichend bestimmt und dem Antragsteller wirtschaftlich zumutbar. Der Antragsteller könne nicht geltend machen, im WC-Bereich im Souterrain befinde sich keine schützenswerte Gebäudesubstanz; Feuchtigkeitsschäden gefährdeten das Gebäude als Ganzes. Die langjährige Dauer des Zustandes mache eine Schädigung des Mauerwerks umso wahrscheinlicher, eine Abhilfe umso dringlicher. Infolge der Durchfeuchtung des Mauerwerks würden mineralische Baustoffe ausgelaugt, Mörtel zersetze sich, Ziegel zerbröselten und Beton platze ab. Durch kleine Risse dringe Wasser ein und steige nach oben. Bei Minusgraden in der Winterzeit könne die Bausubstanz ernsthaft beschädigt werden, weil das Wasser sich beim Gefrieren ausdehne; letztlich sei die Standsicherheit gefährdet. Ob der Zustand auf einen vom Antragsteller nicht zu verantwortenden baulichen Mangel zurückgehe, sei unerheblich. Auch eine etwaige (Mit-)Verursachung durch mangelhafte Oberflächenentwässerung im Bereich der W...straße oder Mängel im Kanalsystem mache die Inanspruchnahme des Antragstellers nicht rechtswidrig. Es bestehe ferner ein besonders öffentliches Vollzugsinteresse. Der Zeitablauf zwischen der Kenntnis der Antragsgegnerin von der Feuchtigkeitsproblematik (März 2019) und dem Einschreiten (November 2019) spreche ebenfalls nicht gegen die Dringlichkeit, zumal dieser jedenfalls teilweise durch Verhandlungen zwischen den Beteiligten bedingt gewesen sei.
II.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde, auf deren fristgemäß dargelegte Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, hat keinen Erfolg.
Hinsichtlich der Verfügungspunkte I.a, I.c und IV. fehlt dem Antragsteller bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs, nachdem die Antragsgegnerin erklärt hat, dass sie diese Verfügungspunkte als erfüllt ansehe. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich des Verfügungspunktes I.b, ist die Beschwerde unbegründet.
1.
Das Beschwerdevorbringen vermag die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, das „Wallkino“ sei aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung denkmalfähig und auch denkmalwürdig, nicht in Frage zu stellen.
Die hierzu nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Grundsätze, einschließlich der Bedeutung, die der Einschätzung des Beigeladenen für die richterliche Würdigung zukommt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend wiedergegeben; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Das Beschwerdevorbringen stellt diese Maßstäbe nicht durchgreifend in Frage. Seine Unterstellung, das Verwaltungsgericht habe der Einschätzung des beigeladenen Landesamtes eine strikte Bindungswirkung beigemessen und sei dieser dementsprechend ungeprüft gefolgt, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Landesamt kein Beurteilungsspielraum zukommt; auch in der Sache hat es sich nicht auf eine Wiedergabe von dessen Stellungnahme beschränkt, sondern sich diese auf BA S. 10 nach Prüfung zu eigen gemacht. Das ist nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller den Rechtssatz des Verwaltungsgerichts auf BA S. 6, die Bedeutung der Beurteilung der Denkmaleigenschaft durch den Beigeladenen könne nicht mit einfachem Bestreiten in Frage gestellt werden, angreift, missversteht er dessen Bedeutung. Dem Antragsteller ist es unbenommen, substantiiert abzustreiten, dass das Landesamt die für und gegen eine Denkmalwürdigkeit streitenden Gesichtspunkte sorgsam genug zusammengetragen hat (so ausdrücklich der Senat in dem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Urteil vom 4.12.2014 - 1 LC 106/13 -, juris Rn. 54). Erforderlich hierfür ist es allerdings, die Punkte, die das Landesamt übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt haben soll, konkret zu benennen und hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Sachverhalt vorzutragen. Diese sind dann im Hauptsacheverfahren ggf. durch Beweisaufnahme aufzuklären, im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes anhand der verfügbaren Unterlagen auf ihre Wahrscheinlichkeit zu überprüfen.
Gemessen hieran ist es dem Antragsteller nicht gelungen, die Beurteilung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes durch das Verwaltungsgericht in Zweifel zu ziehen. Seine unter anderem auf eine „denkmalfachliche Ersteinschätzung“ des von ihm beauftragten Sachverständigen Dr. C. D. vom 12. Mai 2020 gestützte Kritik läuft im Wesentlichen auf die These hinaus, die seit 1932 am Gebäude vorgenommenen baulichen Veränderungen hätten dieses in einem Umfang umgestaltet, dass seine ursprüngliche Funktion aus der Bausubstanz nicht mehr in einem die Denkmaleigenschaft rechtfertigenden Maße ablesbar sei. Dem vermag der Senat bei summarischer Auswertung der ihm verfügbaren Unterlagen nicht zu folgen. Als wesentlich für die Denkmaleigenschaft haben der Beigeladene und ihm folgend das Verwaltungsgericht überzeugend den Umstand gewertet, dass Fassadenschmuck und Raumstruktur des Gebäudes, sowie Teile der wandfesten Innenausstattung nach wie vor erkennen ließen, wie ein Kino in der Entstehungszeit des Gebäudes gestaltet worden sei. Dem ist zuzustimmen. Der Einzug einer Zwischendecke und die Absenkung des Bodens des Parketts im ursprünglichen Kinosaal sind durchaus größere Eingriffe in die Bausubstanz, die der Beigeladene und das Verwaltungsgericht in ihrer Bewertung aber berücksichtigt haben. Ihr Schluss, diese Veränderungen ließen die Denkmaleigenschaft nicht entfallen, ist überzeugend. Die in der Gerichts- und den Beiakten vorhandenen Lichtbilder - insbesondere der Vergleich der aktuellen Fotos des oberen Saals mit den Bildern, die dessen noch nicht von größeren Umbauten beeinträchtigten Zustand in den 1930er und 1950er Jahren dokumentieren, belegt, dass, namentlich in Gestalt der Logen, der Decke einschließlich Deckenstuck, aber auch der Dimensionen des Raumes in Länge und Breite Hinreichendes erhalten geblieben ist, um dem sachverständigen Betrachter - dieser und nicht der Durchschnittsbesucher ist maßgeblich - Aufschluss über das ursprüngliche Aussehen des Saals zu geben. Anhaltspunkte für die Behauptung des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 15. Juli 2020, die Decke des oberen Saals sei 1970 eingebaut worden, bestehen nicht; vermutlich meint der Antragsteller die unstreitig nicht historische abgehängte Decke des unteren Saals. Auch die Annahme des Beigeladenen und des Verwaltungsgerichts, die Rangkonstruktion sei trotz Einzugs der Zwischendecke erhalten, ist bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich; hierauf deutet insbesondere die in der Stellungnahme vom 12. Mai 2020 auf S. 7 wiedergegebene Risszeichnung hin, die lediglich eine „Umhüllung“ des Rangs mit dem Boden des oberen und der Decke des unteren Saals erkennen lässt, aber auch das dort auf S. 4 abgedruckte Foto des Foyers im 1. OG, auf dem die Unterseite der ursprünglichen Rangkonstruktion gut zu erkennen ist. Das Deckenfoto des unteren Saals auf S. 3 der Stellungnahme steht dem nicht entgegen. Der Einzug der den Rang verdeckenden Zwischendecke, die für jede andere als die vom Antragsteller offenbar nicht mehr beabsichtigte cineastische Nutzung des Gebäudes unpraktisch ist, dürfte reversibel sein. Der in der Stellungnahme vom 12. Mai 2020 angesprochene und dokumentierte Schaden in der historischen Saaldecke, der offenbar auf die Vernachlässigung des Gebäudes durch den Antragsteller in der Zeit zwischen 2007 und 2019 zurückgeht, wirkt ebenfalls nicht irreparabel und ist vom Eigentümer ggf. nach § 6 Abs. 1 NDSchG in Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde zu beheben. Im Übrigen ist die Raumaufteilung des Gebäudes, soweit aus den vorliegenden Lichtbildern und Lageplänen ersichtlich, weitgehend unverändert geblieben. Vestibül und darüberliegendes Foyer bestehen fort, auch wenn im Vestibül ein konischer Kassenbereich eingezogen wurde. Gleiches gilt für die zwei vorderen und die zwei rückwärtigen Treppenhäuser; in den letzteren wurden zwar neue Treppen eingebaut. Die Lage der Treppenhäuser blieb aber, wie aus den in den Beiakten enthaltenen Grundrissen erkennbar ist, unverändert. Unverändert erhalten geblieben ist auch, von jüngeren Vernachlässigungsspuren abgesehen, die Dachkonstruktion, die zwar für sich genommen nicht „kinospezifisch“ sein mag, allerdings dazu beiträgt, dem sachkundigen Betrachter umfassend die Architektur eines gerade als Kino errichteten Gebäudes im frühen 20. Jahrhundert vor Augen zu führen. Gleiches gilt für die schlichte, wenn auch nicht völlig schmucklose rückwärtige Fassade zur W...straße, an der Veränderungen, bis auf die Anpassung einiger Fensteröffnungen an die veränderten rückwärtigen Treppen, nicht dargelegt oder ersichtlich sind. Dass die Frontfassade die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes als Kino veranschaulicht, bestreitet - anders als der Antragsteller selbst - auch der von ihm beauftragte Sachverständige nicht. Die Einlassung des Antragstellers, ähnliche Fassaden und Raumaufteilungen könnten auch andere öffentliche Gebäude der Entstehungszeit aufweisen, würde, selbst wenn sie zuträfe, nichts daran ändern, dass sich aus ihrer Verwendung gerade für ein frühes Kino die für ein solches repräsentative Bauweise ablesen lässt. Ob die unstreitig vorhandenen Innenausstattungselemente in Gestalt von drei Türen im 2. OG sowie hölzerne Heizkörperverkleidungen und einem Zigarrenhalter im 1. OG - wie der Antragsteller betont - die einzigen aus der Entstehungszeit erhaltenen Details sind, kann dahinstehen, da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf eine größere Häufung derartiger Merkmale nicht tragend gestützt hat. Aus dem gleichen Grund kann auch dahinstehen, ob unter den späteren Teppichen ursprüngliche Bodenbeläge erhalten sind und ob im Bühnenhintergrund noch Fragmente der ursprünglichen Projektionsfläche vorhanden sein könnten.
Die Kritik des Antragstellers an einer angeblich fehlenden bzw. unzureichenden „Inventarisierung“ des Gebäudes überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Genügen die vorhandenen, bereits aus Grundrissen und Lichtbildern ablesbaren und auch dem Beigeladenen bekannten o.g. Eigenschaften des Gebäudes zur Begründung der Denkmaleigenschaft, so ist es nicht erheblich, ob dieser es versäumt hat, weitere Details des Gebäudes zu untersuchen und zu bewerten, namentlich die zum Denkmalwert beitragenden Innengestaltungsmerkmale vollständiger als geschehen zu erfassen.
Der Umstand, dass der Beigeladene den Denkmalwert des Gebäudes in einer frühen Stellungnahme u.a. mit dem Hinweis begründet hatte, das Gebäude sei „eines der bis heute noch ununterbrochen bespielten Kinos“, stellt dessen Bewertung nicht in Frage. Der Beigeladene und das Verwaltungsgericht haben ausführlich dargelegt, dass der Denkmalwert auch nach Aufgabe der Kinonutzung bestehen bleibe. Das überzeugt. Das Argument des Beigeladenen in seiner Bewertung von 2007 zielte ersichtlich weniger auf die aktive Nutzung als Kino als auf den Umstand ab, dass das Gebäude nie anders genutzt wurde und daher alle baulichen Überformungen auf einen Wandel der Kinokultur zurückgehen.
Soweit der Antragsteller das öffentliche Erhaltungsinteresse an dem Gebäude mit dem Argument in Frage stellt, aus der Bewertung des Beigeladenen vom 30. April 2007 ergebe sich, dass es eine Vielzahl anderer Bauwerke gegeben habe oder gebe, die in den zurückliegenden Jahrzehnten als Kino genutzt worden seien, lässt er die Argumentation des Beigeladenen und des Verwaltungsgerichts außer Betracht, dass diese Gebäude, sofern sie überhaupt eine vergleichbare Epoche dokumentieren, teils nicht von vornherein als Kinobau konzipiert und errichtet wurden, teils durch frühzeitige Umnutzung nicht mehr in gleicher Weise Zeugnis von ihrer ursprünglichen Nutzung ablegen können.
2.
Hinsichtlich der Eignung der angeordneten Maßnahmen, namentlich der allein noch nicht erledigten Feuchtigkeitsmessung - wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Dieses hat, wie zuvor schon die Antragsgegnerin, überzeugend dargelegt, dass eine Durchfeuchtung des Mauerwerks je nach ihrem Fortschritt geeignet sein kann, die Standsicherheit des Gebäudes insgesamt - nicht nur die Integrität der Toilettenräume im Souterrain - zu gefährden. Eine Durchfeuchtung des Mauerwerks ist naheliegend, wenn - wie der Antragsteller selbst vorträgt – in den Toilettenräumen seit Jahren immer wieder Wasser gestanden hat. Dass die Räume gefliest sind, ändert daran nichts. Die Fugen der in Toiletten üblichen Fliesung sind nicht auf den Schutz vor permanent stehendem Wasser angelegt. Die Feuchtigkeitsmessung erweist sich vor diesem Hintergrund als geeignete Gefahrerforschungsmaßnahme.
Dass ein Zeitraum von sieben Monate zwischen Kenntnis von den den Gefahrverdacht begründenden Umständen und Erlass der streitgegenständlichen Anordnung kein hinreichendes Indiz für eine fehlende Eilbedürftigkeit ist, zumal wenn ein Teil dieses Zeitraums Verhandlungen mit dem Antragsteller gedient hat, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Der Umstand, dass nach Auskunft des Hausmeisters des Objekts der am 26. März 2019 vorgefundene Zustand seit Jahren besteht, stellt die Dringlichkeit des Einschreitens nicht in Frage, sondern begründet sie vielmehr: Je länger die Durchfeuchtung des Mauerwerks schon bestanden haben kann, desto weiter kann eine dadurch bedingte Schädigung fortgeschritten sein und desto zügiger muss deren Ausmaß aufgeklärt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil er sich nicht durch eine eigene Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahmen erreichen auch keinen Umfang, der als wesentliche Förderung des Verfahrens gewertet werden könnte.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 17 b, 18 b der Streitwertannahmen des Senats (Nds. VBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197; abrufbar auch unter https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/service/streitwertkatalog/-79572.html). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist Nr. 17 a dieser Streitwertannahmen („Streit um Denkmaleigenschaft“) nur dann einschlägig, wenn die Beteiligten direkt, etwa im Rahmen einer Feststellungsklage oder eines Rechtsstreits über einen Verwaltungsakt nach § 4 Abs. 5 NDSchG um die Denkmaleigenschaft streiten; denn maßgeblich für die Bemessung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache. Diese erschöpft sich in Fällen der Klage gegen denkmalrechtliche Anordnungen in seinem wirtschaftlichen Interesse an der Vermeidung der konkret angeordneten Maßnahme, und zwar auch dann, wenn der Kläger das Verfahren als „Musterverfahren“ betreibt und die Denkmaleigenschaft als Vorfrage in den Vordergrund seiner Argumentation stellt; denn eine auch in künftigen Streitigkeiten verbindliche Klärung der Denkmaleigenschaft kann er so nicht erreichen. Die Maßnahmenkosten für das Abpumpen des Kellerraums, das Abdichten des Fensters und die Durchführung der Feuchtigkeitsmessung schätzt der Senat auf insgesamt 3.000 EUR; von diesen setzt er als Hauptsachestreitwert nach Nr. 17 b unter Berücksichtigung des dem Adressaten selbst aus der Maßnahme entstehenden Vorteils - Schutz oder Verbesserung seiner Bausubstanz - pauschalierend 10 % an, die mit Blick auf den vorläufigen Charakter des Rechtsstreits zu halbieren waren. Eine Vorwegnahme der Hauptsache würde entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durch die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht eintreten. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war dem gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG anzupassen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).