Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.07.2020, Az.: 1 ME 64/20

Heilung; kumulierendes Vorhaben; Nachbarbeteiligung; UVP-Vorprüfung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.07.2020
Aktenzeichen
1 ME 64/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71773
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 16.03.2020 - AZ: 2 B 25/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Dass eine zunächst erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt wurde, ist unschädlich, wenn die Vorprüfungspflicht im Laufe des Genehmigungsverfahrens entfällt (hier durch Aufgabe eines kumulierenden Vorhabens).

Eine unterlassene Nachbarbeteiligung nach § 68 Abs. 2 NBauO kann durch Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt werden.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 2. Kammer - vom 16. März 2020 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen Legehennenstall, durch den sie ihr Wohnhaus unzumutbaren Lärm- und Geruchsbelastungen ausgesetzt sehen.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines im Außenbereich der Stadt A-Stadt gelegenen, mit einem selbstgenutzten Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Ca. 70 m nördlich des Grundstücks beginnt das Gelände einer Biogasanlage. Unter dem 12. April 2019 erteilte der Beklagte ohne vorherige Beteiligung der Antragsteller am Genehmigungsverfahren dem Beigeladenen die streitgegenständliche Genehmigung zur Errichtung eines Stalls für 12.000 Bio-Legehennen oder alternativ 14.996 Freiland-Legehennen nebst Nebenanlagen an einem Standort ca. 170 m östlich des Wohnhauses der Antragsteller.

Den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres fristgerecht eingelegten Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die angegriffene Baugenehmigung sei aller Voraussicht nach rechtmäßig. Ob die Beteiligung der Antragsteller am Genehmigungsverfahren rechtswidrig unterblieben sei, könne dahinstehen, denn ein daraus etwa folgender Verfahrensfehler sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG dadurch geheilt worden, dass den Antragstellern im Widerspruchsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Materielle Nachbarrechte verletze die Baugenehmigung ebenfalls nicht, insbesondere verursache das Vorhaben keine unzumutbaren Lärm- oder Geruchsimmissionen an ihrem Wohnhaus. Die Geruchsstundenhäufigkeit dort sei in der geruchstechnischen Untersuchung der H. vom 22. Januar 2019 mit 7 bis 10 Prozent der Jahresgeruchsstunden prognostiziert worden. Soweit frühere Untersuchungen zu höheren Ergebnissen gelangt seien, hätten sie eine Kumulation mit Stallbauvorhaben berücksichtigt, deren Verwirklichung zum Genehmigungszeitpunkt bereits aufgegeben worden sei. Zumutbar sei im Außenbereich zwar nicht stets eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 25 Prozent der Jahresgeruchsstunden; weshalb die Zumutbarkeitsschwelle hier deutlich niedriger anzusetzen sei, hätten die Antragsteller aber nicht substantiiert vorgetragen. Die Zumutbarkeitsschwelle für Geräuschimmissionen liege hier nicht unter den – freilich nur entsprechend anwendbaren – Richtwerten der TA Lärm für Dorf-, Kern- und Mischgebiete mit zulässigen Dauerschallpegeln von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts, Spitzenpegeln von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts und Überschreitungsmöglichkeiten für seltene Ereignisse. Dass diese Werte überschritten würden, sei nicht – wie für einen Erfolg des Eilantrags erforderlich – überwiegend wahrscheinlich. Die überschlägige Prognose des Architekturbüros I. komme zu einem Mittelungspegel von 44 dB(A) an einem 130 m südlich des Vorhabens gelegenen Wohnhaus. Anlass zu Zweifeln an der Qualifikation der begutachtenden Person bestünden nicht. Der für die nächtliche Ausstallung angesetzte Schallleistungspegel von 95 dB(A) werde dadurch, dass der Pegel für Rangiervorgänge mit 105 dB(A) angesetzt sei, nicht in Frage gestellt. Rangiervorgänge als Einzelereignisse seien ungeachtet der Tatsache, dass beim Ein- und Ausstallen auch ein LKW an- und abfahre, nicht die maßgebliche Geräuschquelle bei dieser Tätigkeit. Der bei der Geräuschspitzenermittlung maßgebliche Pegel für Rangiervorgänge sei mit 105 dB(A) nicht zu niedrig angesetzt. Dass im seinerzeit für die Biogasanlage erstellten Schallgutachten der SHN vom 6. Dezember 2010 für Rangiervorgänge ein Wert von 108 dB(A) angenommen worden sei, erkläre sich daraus, dass im letzteren Wert ein pauschaler Zuschlag von 3 dB(A) für das Bewegen größerer Maschinen auf dem dort engen Anlagengelände enthalten sei. Im Übrigen sei auch für einen pauschalen Wert von 108 dB(A) eine Überschreitung der zumutbaren Spitzenpegel nicht ersichtlich. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das der Lärmermittlung zugrunde gelegte Ereignis der Ausstallung nur etwa alle 80 Wochen und nur in Ausnahmefällen aus logistischen Gründen sowie aus Gründen des Natur- (gemeint wohl: Tier-) Schutzes nachts erfolge. Eine in der Lärmprognose für die Biogasanlage berücksichtigte Kompaktierung finde nicht statt; dass das Ein- und Ausstallen diesem Vorgang vergleichbar sei, sei nicht erkennbar. Zu Unrecht habe das Gutachten zwar die Geräuschvorbelastung durch die Biogasanlage unberücksichtigt gelassen. Aus einer Addition der für diese Anlage im SHN-Gutachten ermittelten Nachtlärmpegel von 38,6 dB(A) mit dem vom Vorhaben unter Berücksichtigung seiner Entfernung zum Antragstellergrundstück zu prognostizierenden Nachtlärmpegel von 42,4 dB(A) ergebe sich ein Summenpegel von 43,9 dB(A) nachts. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Werte des SHN-Gutachtens unter Berücksichtigung nachträglicher Erweiterungsgenehmigungen für die Biogasanlage (Austausch eines Blockheizkraftwerks mit einer Leistung von 499 kW durch zwei mit Leistungen von je 250 kW, Änderung der Inputstoffe, Einbau eines Redundanz-Blockheizkraftwerks) zu niedrig seien, gebe es nicht. Es liege auch kein absoluter Verfahrensfehler darin, dass für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung durchgeführt worden sei. Es könne offenbleiben, ob dies mit Blick auf § 10 Abs. 4 UVPG in einem frühen Verfahrensstadium, als der Vater des Beigeladenen noch die Errichtung eines Legehennenstalls für 28.020 Hennen geplant habe, erforderlich gewesen sei; maßgeblich sei insoweit der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, zu dem der Vater sein Vorhaben bereits aufgegeben habe.

II.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde, auf deren fristgerecht dargelegte Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, hat keinen Erfolg.

1.

Dies gilt zunächst, soweit die Antragsteller sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wenden, die ihnen im Widerspruchsverfahren eingeräumte Möglichkeit, zum Vorhaben des Beigeladenen Stellung zu nehmen, bewirke eine Heilung eines etwaigen Verstoßes gegen § 68 Abs. 2 NBauO. Ihr Argument, ihre Beteiligungsmöglichkeit im Widerspruchsverfahren beschränke sich – anders als im Genehmigungsverfahren – auf die Geltendmachung drittschützender Belange und sei deshalb kein gleichwertiger Ersatz für die unterlassene Nachbarbeteiligung nach § 68 Abs. 2 NBauO, überzeugt nicht. Sinn und Zweck des Beteiligungserfordernisses nach § 68 Abs. 2 NBauO, und zwar des Satzes 1 wie des Satzes 2, ist es ausschließlich, dem Nachbarn die Möglichkeit zu geben, seinen eigenen rechtlich geschützten Belangen im Genehmigungsverfahren Geltung zu verschaffen. Die rein faktische Möglichkeit, bei dieser Gelegenheit auch auf ggf. von Amts wegen zu beachtende objektive Rechtsverstöße des Vorhabens hinzuweisen, ist ein bloßer Rechtsreflex, auf dessen Vorteile der Nachbar keinen Anspruch hat. Dementsprechend ist es auch unschädlich, wenn diese Möglichkeit im Rahmen eines Heilungsverfahrens nicht besteht.

2.

Auch das Beschwerdevorbringen der Antragsteller gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 UVPG durchzuführen gewesen wäre, sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, überzeugt jedenfalls für die Konstellation nicht, in der eine ursprüngliche bestehende Vorprüfungspflicht durch nachträgliche Änderungen des Vorhabens oder kumulierender Vorhaben entfallen ist (zur umgekehrten Frage, ob die Behörde nach ursprünglich rechtmäßiger negativer Vorprüfung in einem späteren Verfahrensstadium erneut eine Vorprüfung durchführen darf und muss, wenn nachträglich eine UVP-Pflicht entstanden sein könnte, vgl. Hilbert, VerwArch 2017 (108), 115, 124 ff.). Weshalb diese Auffassung die Durchsetzung des UVP-Rechts erschweren sollte, ist unklar. Für Vorhaben, die weder allein noch in Verbindung mit kumulierenden Vorhaben UVP- oder vorprüfungspflichtig nach Anlage 1 zum UVPG sind, vermutet der Gesetzgeber im Einklang mit Unionsrecht unwiderleglich, dass es einer Ermittlung ihrer Umweltauswirkungen nach Maßgabe des UVPG nicht bedarf. Wird ein solches Vorhaben genehmigt, so ist der Schutzzweck des UVPG nicht berührt, unabhängig davon, ob in einem früheren Verfahrensstadium eine – im Entscheidungszeitpunkt dann überholte – Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Ein von den Antragstellern angeführter Grundsatz „in dubio pro UVP“ ist dabei bereits mangels entsprechenden Zweifels nicht relevant. Die Zeitvorgaben für die Feststellung der UVP-Pflicht in §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 6 UVPG dienen nicht dazu, einem möglichen späteren Wegfall der UVP-Pflicht zuvorzukommen, sondern sollen dem Vorhabenträger frühzeitig Planungssicherheit geben (Tepperwien, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, Kommentar, § 5 UVPG Rn. 7). Die Rechtsauffassung des Antragstellers, aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ergebe sich, dass das Versäumnis, frühzeitig über eine UVP-Pflicht des Vorhabens zu entscheiden, nicht einfach geheilt werden oder der Unbeachtlichkeit anheimfallen könne, überzeugt nicht; im Gegenteil ergibt sich gerade aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, dass eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls nachholbar ist.

3.

In der Sache vermögen auch die Einwendungen der Antragsteller gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

a)

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die am Wohnhaus der Antragsteller mit 7 bis 10 % der Jahresgeruchsstunden prognostizierte Geruchsbelastung liege deutlich unter der Zumutbarkeitsschwelle, stellt das Beschwerdevorbringen lediglich mit dem Argument in Frage, die Prognose berücksichtige nicht angemessen die seit deren Genehmigung vorgenommenen Veränderungen an der Biogasanlage, nämlich dem Austausch eines großen durch zwei kleine Blockheizkraftwerke sowie eine Veränderung der Inputstoffe. Das ist nicht schlüssig. Die von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsgutachten berücksichtigen als Geruchsquellen der Biogasanlage ein Festmistlager und eine Maissilagefläche, deren Geruchsemissionen entsprechend der VDI 3894 Blatt 1 anhand ihrer Grund- bzw. Anschnittfläche ermittelt wurden. Dass die von den Antragstellern benannten Veränderungen mit einer Veränderung dieser Emissionsquellen oder mit der Schaffung neuer Emissionsquellen einhergegangen sein könnte, ist weder aus dem Vortrag der Antragsteller, noch aus den Genehmigungsakten für die Biogasanlage ersichtlich. Unabhängig davon liegen die am Wohnhaus der Antragsteller ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten so deutlich unter den im (hier landwirtschaftlich geprägten) Außenbereich zumutbaren Werten von 20 bis 25 Prozent der Jahresgeruchsstunden, dass eine Überschreitung selbst bei einer erheblichen Veränderung des von der Biogasanlage verursachten Geruchsbeitrags sehr unwahrscheinlich wäre.

b)

Auch das Beschwerdevorbringen zur Lärmbelastung des Wohnhauses der Antragsteller verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Ohne Erfolg rügen die Antragsteller in diesem Zusammenhang, dass das Verwaltungsgericht die Annahme eines Dauerschallpegels von 95 dB(A) für nächtliche Ausstallungsvorgänge in der überschlägigen Schallprognose unbeanstandet gelassen und sich nicht hinreichend mit der Frage befasst habe, ob unzumutbare Spitzenpegel – diese seien bei einem Emissionspegel von 118 dB(A) anzunehmen – aufträten. Bei dem Dauerschallpegel von 95 dB(A) handelt es sich um einen pauschalen Ansatz, in den namentlich Rufe der Mitarbeiter sowie das Klappern von Metall- und Kunststoffteilen im Bereich der Rampe und des Laderaums eingegangen sind. Anhaltspunkte dafür, dass ein höherer Wert geboten sein könnte, benennen die Antragsteller nicht. Selbst wenn, wie sie geltend machen, kurzfristige Schallereignisse wie das Aufschlagen von Metallkäfigen auf den Boden oder das Rangieren des Lieferfahrzeuges am Anfang und Ende des Liefervorgangs höhere Schallpegel im Bereich von 108 bis 110 dB(A) verursachten, würde dies es nicht erfordern, den Dauerschallpegel mit einem entsprechenden Wert anzusetzen, denn diese Ereignisse finden in der maßgeblichen Stunde nicht durchgängig statt. Ebenso wenig benennen die Antragsteller ein mit dem Ein- und Ausstallvorgang verbundenes Einzelschallereignis, das auch nur möglicherweise einen Spitzenpegel von 118 dB(A) erreichen könnte. Hinsichtlich des Herabfallen von Metallkäfigen benennen sie einen Wert von 110 dB(A), hinsichtlich der Rangiervorgänge 108 dB(A).

Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe die Lärmvorbelastung durch die Biogasanlage nicht zutreffend gewürdigt. Die Antragsteller greifen insoweit im Wesentlichen die Feststellung des Verwaltungsgerichts an, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wechsel von einem Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 499 kW – wie im Schallgutachten der SHN-GmbH für die Biogasanlage zugrunde gelegt – zu zwei kleineren Blockheizkraftwerken mit je 250 kW Leistung eine relevante Lärmpegelerhöhung bewirke. Zutreffend ist daran, dass dieser Austausch immerhin die Berücksichtigung von zwei statt einer Schallquelle bewirkt. Ein annähernd gleichbleibender Lärmpegel ergäbe sich nur, wenn mit einer Halbierung der elektrischen Leistung eine entsprechend deutliche Reduktion der Lärmentfaltung jedes Einzelkraftwerks einherginge. Das steht nicht fest; die im Rahmen der Änderungsanzeige vom 11.11.2011 eingereichten Unterlagen enthalten keine Angaben zur Lärmentfaltung des verwendeten Blockheizkraftwerks „agenitor 306“. Zu einer Überschreitung der Gesamtlärmbelastung am Wohnhaus der Antragsteller gelangte man allerdings selbst unter der wenig wahrscheinlichen Prämisse nicht, dass jedes der kleineren Blockheizkraftwerke für sich genommen ebenso laut wäre, wie das ersetzte größere. In diesem Fall würden sich die von den Blockheizkraftwerken herrührenden Einzelschallquellen verdoppeln; der Gesamtemissionspegel der Biogasanlage läge damit – da noch weitere Schallquellen diesen Pegel beeinflussen – weniger als 3 dB(A) über dem prognostizierten Gesamtemissionspegel. Selbst wenn man auf den im Gutachten prognostizierten Gesamtimmissionspegel von 38,6 dB(A) nachts 3 dB(A) aufschlüge, betrüge die aus der Biogasanlage resultierende Vorbelastung indes nur 41,6 dB(A); dass die Anlage in defektem Zustand in der Vergangenheit die Immissionsrichtswerte überschritten haben mag, stellt dies nicht in Frage. Addiert man den genannten Wert mit dem vom Verwaltungsgericht verwendeten Rechner zu der vom Verwaltungsgericht für das Vorhaben des Beigeladenen angenommenen Zusatzbelastung von 42,4 dB(A), so wird der zumutbare Nachtlärmpegel von 45 dB(A) erreicht, aber nicht überschritten. Diese Kontrollerwägung genügt, um bei summarischer Prüfung die für eine Antragsstattgabe erforderlichen überwiegenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu verneinen, da sie mit der Annahme einer Verdoppelung des von den Blockheizkraftwerken ausgehenden Lärms und einer daraus resultierenden Verdoppelung des von der Biogasanlage insgesamt auf das Wohnhaus der Antragsteller einwirkenden Gesamtlärmimmissionen zwei äußerst konservative Prämissen enthält.

Unabhängig davon spricht bei summarischer Prüfung alles dafür, dass die Zumutbarkeit des mit der Legehennenein- und -ausstallung verbundenen Nachtlärms auch aus einer entsprechenden Heranziehung der Bestimmungen der TA Lärm für seltene Ereignisse (Nrn. 6.3, 7.2) folgt. Nach den über die Nebenbestimmung Nr. 4 in die Genehmigung aufgenommenen Prämissen der überschlägigen Schallprognose findet der Ein- und Ausstallungsprozess ca. alle 80 Wochen und selbst dann nur in Ausnahmefällen zur Nachtzeit statt. Nachtwertüberschreitungen durch seltene Ereignisse bei anderen Anlagen in der Nachbarschaft sind nicht ersichtlich; insbesondere im Schallgutachten für die Biogasanlage sind solche Ereignisse nicht erwähnt. Dass ein Lärmereignis, bei dem maximal alle eineinhalb Jahre die Nachtrichtwerte für maximal vier Stunden (so die Angabe in der Schallprognose zur Dauer des Vorgangs) geringfügig überschritten würden, zumutbar ist, liegt auf der Hand, auch wenn die Geräusche in den Worten der überschlägigen Schallprognose „wegen der geringen nächtlichen Fremdgeräuschkulisse zu Störwirkungen führen“ können.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).