Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.07.2020, Az.: 13 LA 55/20

Anforderungen an die Identitätsklärung bei einer Einbürgerung; Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung für eine Verleihung der Staatsangehörigkeit; Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.07.2020
Aktenzeichen
13 LA 55/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 27817
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 20.02.2020

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG ist, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt ist und feststeht.

  2. 2.

    Eine Sachverhalts- oder Beweiswürdigung kann nur mit Erfolg angegriffen werden bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder wenn sie offensichtlich sachwidrig und damit willkürlich ist.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 10. Kammer - vom 20. Februar 2020 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihre Klage auf Verpflichtung der Beklagten zu ihrer Einbürgerung abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.

Die von der Klägerin geltend gemachten Berufungszulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (I.), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (II.) und der Divergenz (III.) sind zum Teil schon nicht hinreichend dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 8).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Die Klägerin begründet die geltend gemachten ernstlichen Zweifel mit einer nach ihrer Auffassung fehlerhaften Beurteilung des Verwaltungsgerichts, ob ihre Identität hinsichtlich des Geburtsjahrs und des Familienstands geklärt ist.

Zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG ist, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt ist und feststeht. Zwar hat dieses Erfordernis im Wortlaut des § 10 Abs. 1 StAG keine ausdrückliche Erwähnung gefunden. Die Klärung offener Identitätsfragen ist jedoch notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der in §§ 10 und 11 StAG genannten Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe. Die Angaben zur Person bilden gleichsam die Basis für alle weiteren Ermittlungen. Auf der Grundlage der angegebenen Personalien (wie Titel, Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Personen- und Familienstand) werden alle weiteren Anfragen bei in- und ausländischen Behörden durchgeführt. Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob und welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber besitzt, ob er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden ist, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehen oder ob ein Ausweisungsgrund vorliegt. Die Identitätsprüfung stellt daher nicht nur einen unverzichtbaren Teil der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG vorgesehenen Statusprüfung dar. Sie bildet auch eine notwendige Voraussetzung der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und § 11 StAG vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung. In diesem Sinne wird die Identitätsprüfung im Gesetz unausgesprochen vorausgesetzt (vgl. BVerwG, BVerwG, Urt. v. 9.9.2014 - BVerwG 1 C 10.14 -, juris Rn. 14; Urt. v. 1.9.2011 - BVerwG 5 C 27.10 -, BVerwGE 140, 311, 313 - juris Rn. 12; Senatsurt. v. 3.5.2018 - 13 LB 107/16 -, juris Rn. 36f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.9.2016 - 19 A 286/13 -, juris Rn. 30).

Die Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung erschließt sich auch aus dem Sinn und Zweck einer Verleihung der Staatsangehörigkeit durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Mit der am Ende des individuellen Einbürgerungsverfahrens stehenden Aushändigung der Einbürgerungsurkunde nach § 16 Satz 1 StAG wird einer bestimmten Person mit einer in der Urkunde festgehaltenen Identität eine neue Staatsangehörigkeit verliehen. Damit werden einerseits Identitätsmerkmale wie Name, Vorname und Geburtsdatum deklaratorisch beurkundet und andererseits wird die Staatsangehörigkeit konstitutiv geändert. Schon das öffentliche Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde auch im Hinblick auf die beurkundeten Personalien richtig ist, macht eine Überprüfung der diesbezüglichen Identitätsangaben erforderlich. Eine Überprüfung der Frage, unter welchen Personalien ein Einbürgerungsbewerber im Ausland registriert ist, ist aber auch deswegen zwingend geboten, weil die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (BVerwG, Urt. v. 1.9.2011 - BVerwG 5 C 27.10 -, BVerwGE 140, 311, 313 f. - juris Rn. 13).

Welche einzelnen Personendaten feststehen müssen, ist unter dieser Zielrichtung zu betrachten. Jedenfalls die von dem Verwaltungsgericht als nicht geklärt angesehenen Daten, Geburtsjahr und Familienstand, gehören dazu. Das Geburtsjahr ist ein Personendatum, das in der Einbürgerungsurkunde beurkundet wird. Es ist im Bundeszentralregister einzutragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) und ermöglicht damit eine Klärung, ob die betreffende Person unbescholten ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG). Ein geklärter Familienstand (ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet, eine Lebenspartnerschaft führend, Lebenspartnerschaft aufgehoben oder Lebenspartner verstorben, vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BMG) ist eine notwendige Voraussetzung für die Prüfung, ob eine der Einbürgerung entgegenstehende Vielehe (§ 10 Abs. 1 Satz 1 a.E. StAG) besteht.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Identität im Zeitpunkt der Einbürgerung hinreichend geklärt ist. Identitätstäuschungen in der Vergangenheit stehen für sich genommen der Einbürgerung nicht entgegen, soweit sie nicht im Rahmen der Prüfung des Bestehens eines Aufenthaltstitels und der Unbescholtenheit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 StAG) beachtlich werden; Identitätstäuschungen können aber eine intensivere Prüfung der sodann im Einbürgerungsverfahren bekanntgegebenen Personendaten veranlassen (vgl. GK-StAR, StAG, § 10 Rn. 56.6 (Stand: November 2015)).

Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Identität der Klägerin hinsichtlich Geburtsjahr und Familienstand nicht geklärt ist. Die Klägerin habe zur Einreise in die Bundesrepublik zunächst einen gefälschten Pass genutzt und erst danach ihre afghanische Staatsangehörigkeit offenbart. Als Geburtsjahr habe sie bei ihrem Einbürgerungsantrag 1959 angegeben, gleiches bei den beantragten Personaldokumenten der afghanischen Botschaft. In der mündlichen Verhandlung habe sie sodann aber eine Tazkira vorgelegt, aus welcher sich das Geburtsjahr 1952 ergebe. Die Begründung für die späte Vorlage der Tazkira sei unglaubhaft. Da zudem Gefälligkeitsurkunden in Afghanistan häufig vorkämen, könne die inhaltliche Richtigkeit der Tazkira nicht bestätigt werden, das Geburtsjahr somit nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Hinsichtlich des Familienstands habe die Klägerin widersprüchliche Angaben dazu gemacht, ob sie in der Vergangenheit behauptet habe, verwitwet zu sein. Die Angabe der Klägerin im Einbürgerungsantrag, ihre Ehe sei aufgelöst, wecke angesichts des Umstands, dass die Ehe nie geschieden worden sei, Zweifel am Familienstand.

Die gegen diese Sachverhalts- und Beweiswürdigung mit dem Zulassungsantrag erhobenen Einwände vermögen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu begründen. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zwar auch dann anzunehmen, wenn erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NdsVBl. 2000, 244, 245 - juris Rn. 15). Bezieht sich, wie hier, das diesbezügliche Vorbringen aber auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhaltswürdigung, kommt eine Zulassung der Berufung nicht schon dann in Betracht, wenn der erkennende Senat die vom Verwaltungsgericht nach zutreffenden Maßstäben gewürdigte Sachlage nach einer eigenen etwaigen Beweisaufnahme möglicherweise anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht selbst. Denn sonst wäre die Berufung gegen Urteile, die auf einer Sachverhalts- oder Beweiswürdigung beruhen, regelmäßig nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, was mit Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung nicht vereinbar wäre (vgl. Senatsbeschl. v. 13.2.2020 - 13 LA 491/18 -, juris Rn. 27; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 18.1.2017 - 8 LA 162/16 -, juris Rn. 27; Sächsisches OVG, Beschl. v. 8.1.2010 - 3 B 197/07 -, juris Rn. 2). Eine Sachverhalts- oder Beweiswürdigung kann deshalb nur mit Erfolg angegriffen werden bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder wenn sie offensichtlich sachwidrig und damit willkürlich ist (vgl. Senatsbeschl. v. 13.2.2020 - 13 LA 491/18 -, juris Rn. 27; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 25; Bayerischer VGH, Beschl. v. 11.4.2017 - 10 ZB 16.2594 -, juris Rn. 5).

Danach relevante Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht. Die Klägerin nimmt vielmehr nur eine eigene Würdigung vor:

Die Klägerin meint, aus dem Urkundenprüfbericht der Polizeiinspektion Garbsen ((Zwischen-)Urkundenprüfbericht vom 4. Juni 2019, Bl. 159 GA) würde die inhaltliche Richtigkeit der Tazkira hervorgehen. Dies ist aber nicht der Fall. Im Zwischenbericht wird nur festgestellt, dass bei dem Dokument nach derzeitigem Kenntnis- und Sachstand keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Total- oder Verfälschung bzw. Lichtbildauswechslung vorlägen. Eine urkundentechnische Prüfung könne nicht die Frage klären, ob das Dokument amtlich berechtigt ausgegeben worden sei. Das Dokument sei nicht abschließend bewertet worden. Der Prüfbericht selbst gibt an, das Dokument sei (nur) mutmaßlich auf die Klägerin, geboren 1959, ausgestellt.

Die Klägerin rügt weiter, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beweiswürdigung übersehen habe, dass die Tazkira bereits 1973 ausgestellt worden sei, zu einer Zeit, zu der das Personenstands- und Beurkundungswesen in Afghanistan noch zuverlässig funktioniert habe. Nach Auffassung des für die mündliche Verhandlung geladenen Dolmetschers seien in den siebziger Jahren keine Tazkiras gefälscht worden. Auch diese Argumentation begründet keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Weder die Begründung des Verwaltungsgerichts, noch die dort angegebene Quelle (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: Juli 2019, S. 33) grenzt den Zeitraum, in dem echte Urkunden falschen Inhalts hegestellt wurden, ein. Im Lagebericht heißt es, das Personenstands- und Beurkundungswesen in Afghanistan weise gravierende Mängel auf und stelle aufgrund der Infrastruktur, der langen Kriege, der wenig ausgebildeten Behördenmitarbeiter und weiterverbreiteter Korruption ein Problem dar. Nach Medienberichten seien insbesondere seit den Parlamentswahlen 2018 zahlreiche gefälschte Tazkiras im Rahmen der Wählerregistrierung im Umlauf. Dass die Klägerin eine zur Wählerregistrierung gefälschte Tazkira vorgelegt hat, wird vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt.

Die weiteren von der Klägerin angeführten Aspekte, etwa die Einbürgerung ihrer Kinder und die Registrierung der Klägerin in Afghanistan, sind für die streitige Sachverhaltsfrage nicht von Bedeutung, da sie nichts über die Richtigkeit der Personalien der Klägerin aussagen. Soweit die Klägerin sinngemäß vorträgt, die Gefahr der Schaffung einer zweiten Identität bestünde nicht, da von der Klägerin genügend einzigartige Personendaten vorlägen (Name, Geburtsort, Identitäten der Kinder), verkennt sie, dass eine Identitätsfeststellung nicht nur die Schaffung von Alias-Identitäten ausschließen will, sondern auch die Überprüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen erst ermöglicht.

II. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 15.8.2014 - 8 LA 172/13 -, GewArch 2015, 84, 85 - juris Rn. 15; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 35 ff. m.w.N.).

Auch diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen im vorliegenden Verfahren nicht. Die von der Klägerin gestellte Frage,

ob es zulässig ist, die Beweiskraft einer afghanischen Tazkira unabhängig vom Ausstellungszeitpunkt mit der Begründung, dass das Afghanische Personenstands- und Beurkundungswesen erhebliche Mängel aufweise, zu entkräften,

ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht afghanischen Tazkiras nicht abstrakt jeden Beweiswert abgesprochen hat, sondern aus einer Würdigung der bisherigen falschen oder widersprüchlichen Identitätsangaben und der Herkunft der Tazkira die Klärung der Identität der Klägerin trotz Vorlage jener Tazkira verneint hat. Soweit die Klägerin meint, dass allgemein klärungsfähig ist, ob eine vorgelegte Tazkira, bei der keine Anhaltspunkte für eine Fälschung vorliegen, jedwede Zweifel an der Identität einer Person ausräumt, irrt sie. Ob sich aus den vom Einbürgerungsbewerber vorgelegten Urkunden zur Überzeugung der Behörde bzw. des Gerichts hinreichend sicher dessen Identität ergibt, ist eine Frage der freien Beweiswürdigung der vorgelegten Urkunden; Behörde und Gericht sind nicht an starre Beweisregeln (z.B. die Echtheitsbestätigung durch Legitimationsvermerk) gebunden (vgl. GK-StAR, StAG, § 10 Rn. 56.1 (Stand: November 2015)).

III. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Dieser Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied deutlich werden, weil die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung eines obergerichtlich oder höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatzes den Zulassungsgrund der Divergenz nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.2006 - 10 B 55.06 -, juris Rn. 7). Dementsprechend erfordert die Darlegung einer Divergenz vor allem, dass in dem Zulassungsantrag die beiden einander widerstreitenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze des Divergenzgerichts einerseits und des Verwaltungsgerichts andererseits zitiert oder - sofern sie im Urteil nicht bereits ausdrücklich genannt sind - herausgearbeitet und bezeichnet werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 16).

Die Klägerin hat eine derartige Divergenz nicht herausgearbeitet. Die von der Klägerin aufgestellte These, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 1.9.2011 - BVerwG 5 C 27.10 -) ab, da die Klägerin alle erforderlichen Dokumente vorgelegt habe und das Verwaltungsgericht trotz dessen die Identität der Klägerin als ungeklärt eingestuft habe, genügt diesen Anforderungen nicht ansatzweise. Eine Divergenz besteht auch offensichtlich nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung keinen Rechtssatz aufgestellt, dass bei Vorlage bestimmter Dokumente die Identität einer Person als geklärt anzusehen ist.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).