Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.06.2023, Az.: 8 LA 105/22

grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache; Konversion zum Christentum; Maßstab; Konversion zum Christentum (Iran)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.06.2023
Aktenzeichen
8 LA 105/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 29258
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0630.8LA105.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 28.06.2022 - AZ: 2 A 104/21

Fundstelle

  • Kirche & Recht 2023, 292

Amtlicher Leitsatz

Für die Frage, welcher Maßstab von den Gerichten anzulegen ist, um von einer auf innerer Überzeugung beruhenden Konversion eines Schutzsuchenden zum Christentum auszugehen, fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung, weil sie in der Rechtsprechung beantwortet ist. Die persönliche Glaubensüberzeugung eines Menschen ist Ausfluss der auf innerer Reflexion beruhenden individuellen Beantwortung der Daseins- und Sinnfrage. Die Prüfung ihrer Ernsthaftigkeit durch staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte als Voraussetzung für die Schutzgewährung nach staatlichen Gesetzen bedarf daher stets einer Beurteilung im konkreten Einzelfall, die sich Verallgemeinerungen in Form generalisierender Rechtssätze weitgehend entzieht.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 28. Juni 2022 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, mit dem sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht wendet, soweit es die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes und Feststellung von Abschiebungshindernissen betrifft, hat keinen Erfolg.

Die von der Zulassungsantragstellerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG im Hinblick auf die Frage

"Welcher Maßstab ist festzulegen, um von einer auf innerer Überzeugung beruhenden Konversion eines Asylbewerbers zum Christentum auszugehen und durch welche Mittel lässt sich diese Überzeugung vor Gericht darlegen?"

besteht nicht und ist auch nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt.

Eine Rechtssache ist grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder - soweit es eine Tatsachenfrage betrifft - obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und klärungsfähig ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 9.10.2015 - 8 LA 146/15 -, juris Rn. 6 u. v. 19.1.2011 - 8 LA 297/10 -, juris Rn. 4).

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche neueren Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (vgl. Senatsbeschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 7; v. 22.10.2014 - 8 LA 129/14 -, juris Rn. 3 u. v. 12.7.2012 - 8 LA 132/12 -, juris Rn. 3).

Soweit die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung ihrer Rechtssache aus dem ersten Teil der von ihr aufgeworfenen Frage ableitet, welcher Maßstab anzulegen sei, um von einer auf innerer Überzeugung beruhenden Konversion eines Asylbewerbers zum Christentum auszugehen, fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung, weil diese Grundsatzfrage durch die vom Bundesverfassungsgericht gebilligte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes sowie auch Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte bereits beantwortet ist.

In seiner Entscheidung vom 3. April 2020 hat das Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvR 1838/15) ausgeführt (juris Rn. 26 ff.):

"Die rechtlichen Maßstäbe, die das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 = juris, Rn. 25 ff.) im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. Urteil vom 5. September 2012, C-71/11 und C-99/11, Y und Z, NVwZ 2012, 1612, Rn. 56 ff.) im Rahmen der Prüfung, ob gemäß §§ 3 ff. AsylG eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen der Religion besteht, entwickelt hat (a), sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (b).

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist in Fällen, in denen nicht schon die bloße Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft als solche die Gefahr einer Verfolgung begründet, bei der Frage, ob ein Eingriff in die Religionsfreiheit eine hinreichend schwere Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 darstellt, - in einem ersten Schritt - in objektiver Hinsicht festzustellen, welche Maßnahmen und Sanktionen gegenüber dem Betroffenen im Herkunftsstaat voraussichtlich ergriffen werden, wenn er eine bestimmte Glaubenspraxis dort ausübt, und wie gravierend diese sind. Die erforderliche Schwere kann insbesondere erreicht sein, wenn ihm durch die Betätigung seines Glaubens - im privaten oder öffentlichen Bereich - die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, (tatsächlich) strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Dabei kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen. Sodann ist - in einem zweiten Schritt - in subjektiver Hinsicht festzustellen, ob die Befolgung einer solchermaßen als verfolgungsträchtig bestimmten Glaubenspraxis ein zentrales Element für die religiöse Identität des Schutzsuchenden und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist. Maßgeblich ist dabei, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Beide Prüfungsschritte unterliegen der eigenständigen tatrichterlichen Würdigung der Verwaltungsgerichte. Die innere Tatsache, dass die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für die religiöse Identität des Betroffenen zentrale Bedeutung hat, muss zur Überzeugung der Gerichte feststehen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

b) Diese im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung für erforderlich erachtete fachgerichtliche Prüfung verletzt weder das in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen oder Religionsgemeinschaften (aa) noch die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit des Einzelnen (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 10 Abs. 1 GR-Charta und Art. 9 Abs. 1 EMRK, bb).

aa) Die Wirksamkeit einer nach kirchenrechtlichen Vorschriften vollzogenen Taufe und damit die Mitgliedschaft des Schutzsuchenden in der Kirchengemeinschaft, die zum Bereich des in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantierten Selbstbestimmungsrechts zählt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2014 - 2 BvR 278/11 -, Rn. 37), darf von den Verwaltungsgerichten nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr haben diese die Kirchenmitgliedschaft als Rechtstatsache zu beachten und der flüchtlingsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn der Sachvortrag zur Konversion oder die vorgelegten Unterlagen Anhaltspunkte für eine gewisse Oberflächlichkeit, für Missbräuchlichkeit (insoweit abweichend wohl BVerwG, <angegriffener> Beschluss vom 25. August 2015 - BVerwG 1 B 40.15 -, Rn. 11) oder für eine mitbestimmende taktische Prägung des Übertritts zur christlichen Religion erkennen lassen; derartigen Anhaltspunkten kann jedoch im Rahmen der Verfolgungsprognose Rechnung getragen werden.

Von der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob und bejahendenfalls welche Aspekte einer Glaubensüberzeugung oder Glaubensbetätigung in einer die Furcht vor Verfolgung begründenden Intensität für die religiöse Identität des individuellen Schutzsuchenden prägend sind oder nicht. Denn bei der damit angesprochenen Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG vorliegen, handelt es sich nicht um eine eigene Angelegenheit der Kirchen oder Religionsgemeinschaften im Sinne von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens der Religionsgemeinschaft im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum kirchlichen Grundauftrag dienen (vgl. BVerfGE 137, 273 [BVerfG 22.10.2014 - 2 BvR 661/12] <307>). Die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft fällt nicht in diesen der Erfüllung des religiösen Auftrags und der religiösen Sendung dienenden Bereich, sondern ist kraft Gesetzes ausschließlich der Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (§§ 5 Abs. 1, 13 Abs.1 AsylG) und - im Fall einer gerichtlichen Überprüfung - den Verwaltungsgerichten zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 74 ff. AsylG). Die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland Personen in ihrem Hoheitsgebiet Schutz vor Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 AsylG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 gewährt, obliegt nach Maßgabe der europäischen und nationalen Rechtsvorschriften ausschließlich dieser selbst und nicht der Kirche oder den Religionsgemeinschaften.

bb) Durch die bei Prüfung der Flüchtlingseigenschaft von den Verwaltungsgerichten zu treffenden Feststellung der Bedeutung bestimmter Glaubensbetätigungen für die religiöse Identität des Schutzsuchenden wird auch nicht die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit des Einzelnen (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 10 Abs. 1 GR-Charta, Art. 9 Abs. 1 EMRK) wegen Missachtung der sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 33 Abs. 3 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1 und 4, Art. 137 Abs. 1 WRV ergebenden weltanschaulich-religiösen Neutralitätspflicht des Staates verletzt. Entgegen der Auffassung der Verfassungsbeschwerde haben die Verwaltungsgerichte nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten rechtlichen Maßstäben keine inhaltliche "Glaubensprüfung" vorzunehmen. Mit der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung wegen geltend gemachter religiöser Verfolgung ist insbesondere keine verfassungsrechtlich unzulässige Bewertung des Glaubens des Einzelnen oder der Lehre der Kirche verbunden (vgl. BVerfGE 33, 23 [BVerfG 11.04.1972 - 2 BvR 75/71] <29>; 108, 282 <300>; 137, 273 <305 Rn. 88>; 138, 296 <329, Rn. 86, 339 Rn. 110>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17 -, Rn. 88). Die Verwaltungsgerichte setzen sich bei der erforderlichen - subjektiven - Prüfung der Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit weder mit Inhalten von Glaubenssätzen auseinander, noch setzen sie ihre eigene Wertung zu Inhalt und Bedeutung eines Glaubenssatzes an die Stelle derjenigen des Einzelnen oder der Kirche oder Glaubensgemeinschaft oder formulieren eigene Standpunkte in Sachen des Glaubens (vgl. BVerfGE 137, 273 [BVerfG 22.10.2014 - 2 BvR 661/12] <305 f.>). Sie entscheiden auch nicht über die Legitimität religiöser Glaubensüberzeugungen und die Art und Weise ihrer Bekundung (vgl. EGMR, Eweida u.a. v. United Kingdom, Urteil vom 15. Januar 2013, Nr. 48420/10 u.a., § 81, und Magyar Keresztény Mennonita Egyhaz u.a. v. Ungarn, Urteil vom 8. April 2014, Nr. 70945/11 u.a., § 76). Die Verwaltungsgerichte müssen und dürfen lediglich der Stellung des Schutzsuchenden zu seinem Glauben nachgehen, nämlich der Intensität und Bedeutung der von ihm selbst empfundenen Verbindlichkeit von Glaubensgeboten für die eigene religiöse Identität. Darin liegt keine Verletzung der Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität.

3. Die Verwaltungsgerichte haben allerdings bei der Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den konkreten Fall die Bedeutung des in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 EMRK und Art. 10 GR-Charta verbürgten Grundrechts auf Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit als ein in einer demokratischen Gesellschaft zentrales Grundrecht und grundlegendes Menschenrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 5. September 2012, C-71/11 und C-99/11, Y und Z, Rn. 57) in besonderem Maße zu berücksichtigen.

a) Dem hohen Wert des betroffenen Grundrechts hat die Sachverhaltsaufklärung Rechnung zu tragen (vgl. zu den Anforderungen an einen wirkungsvollen Rechtsschutz im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 2 GG: BVerfGE 117, 71 <106 f.>; zur EMRK vgl. BVerfGE 111, 307 [BVerfG 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04] <323 ff.>). Ihr Gegenstand ist zunächst die Frage, ob im Herkunftsstaat des Schutzsuchenden ein bestimmtes Verhalten - etwa die Abwendung von einer (Staats-) Religion, die Hinwendung zu einem anderen Glauben, eine bestimmte, als religiös verstandene Betätigung der Betroffenen - Maßnahmen nach sich ziehen kann, die als Verfolgung oder unmenschliche Behandlung einzustufen sind. Erst vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob für den im konkreten Fall betroffenen Schutzsuchenden ein solches Verhalten festzustellen oder im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat voraussichtlich zu erwarten sein wird, ob insbesondere die Hinwendung zu dem neuen Glauben identitätsprägendes Gewicht hat. In Fällen, in denen es um die Bedeutung einer bestimmten Glaubenspraxis für die religiöse Identität des Schutzsuchenden und die Intensität der selbst empfundenen Verpflichtung eines bestimmten Glaubensgebotes geht, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) deshalb verfassungsrechtliches Gewicht zu. Die fachgerichtliche Beurteilung muss daher auf einer hinreichend verlässlichen und auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen (vgl. zur Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 -, Rn. 16). Dabei ist nicht nur das Vorbringen des Schutzsuchenden im Rahmen der in aller Regel gebotenen informatorischen gerichtlichen Anhörung zu berücksichtigen, sondern es sind auch äußere Anknüpfungstatsachen heranzuziehen, die Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Betroffenen erlauben (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - BVerwG 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67, juris, Rn. 31, und angegriffener Beschluss vom 25. August 2015 - BVerwG 1 B 40.15 -, juris, Rn. 14)."

In seiner - dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2020 zugrunde liegenden - Entscheidung vom 25. August 2015 (Az. 1 B 40/15, juris) hatte das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, es bedürfe keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG nicht an die Beurteilung des zuständigen Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden sind, der Taufe des betroffenen Asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV garantierten den Religionsgesellschaften die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. Die durch innerkirchlich bindende Taufe bewirkte Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft sei aber nur dann allein entscheidungserheblich, wenn eine Verfolgung in einem Land ausschließlich an der Kirchenzugehörigkeit anknüpfe. Sei dies jedoch - wie nach der tatrichterlichen Würdigung der Verfolgungslage im Iran durch das Berufungsgericht - nicht der Fall, sei auf der Rechtstatsache der Kirchenmitgliedschaft aufbauend bei der Beurteilung der Schwere einer drohenden Verletzung der Religionsfreiheit des Betroffenen zu prüfen, ob die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis für ihn zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig sei. Dass diese Fragestellung in Teilbereichen zugleich auch als kirchenrechtliche Voraussetzung für die Taufe bedeutsam sei und von dem innerkirchlich zuständigen Amtsträger bejaht worden sei, mache sie mit Blick auf die staatlichen Stellen obliegende Flüchtlingsanerkennung nicht zu einer "eigenen Angelegenheit" der Religionsgemeinschaft, verletze auch nicht die Pflicht des Staates zur weltanschaulichen Neutralität und sei nicht mit einer verfassungsrechtlich unzulässige Bewertung des Glaubens oder der Lehre einer Kirche verbunden. Geklärt sei auch, dass die Verwaltungsgerichte sich bei der Prüfung der inneren Tatsache, ob der Kläger die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet, nicht auf eine Plausibilitätsprüfung hinreichend substantiierter Darlegung beschränken dürfen, sondern insoweit das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugrunde zu legen hätten. Dabei lasse sich die religiöse Identität als innere Tatsache nur aus dem Vorbringen des Asylbewerbers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen; die Glaubensfreiheit eines Asylbewerbers, der sich auf eine ihm drohende Verfolgung wegen seiner Religion berufe, werde auch nicht dadurch verletzt, dass es ihm obliege, staatlichen Stellen über sein religiöses Selbstverständnis Auskunft zu geben (BVerwG, Beschl. v. 25.8.2015 - 1 B 40/15 -, juris Rn. 9 ff.).

Bereits in seiner Entscheidung vom 20. Februar 2013 (Az. 10 C 23/12, juris) hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber hinaus im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 5.9.2012 - C - 71/11 u. C - 99/11 -juris) und unter Abweichung von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9.03 -, juris Rn. 12ff., 17, 21) anerkannt, dass eine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/95/EU nicht nur in der schwerwiegenden Verletzung der Freiheit liegen kann, seine Religion im privaten Rahmen zu praktizieren (forum internum), sondern auch in der Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben (forum externum).

Der Europäische Gerichtshof hatte in seiner genannten Entscheidung (Urt. v. 5.9.2012 - C - 71/11 u. C - 99/11 -, juris, Erwägungsgrund 56 ff.) zuvor ausgeführt, dass Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/83 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes dahin auszulegen ist, dass nicht jeder Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit, der gegen Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt, bereits eine "Verfolgungshandlung" im Sinne dieser Bestimmung der Richtlinie darstellt. Aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie ergebe sich nämlich, dass eine "schwerwiegende Verletzung" dieser Freiheit vorliegen müsse, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt, damit die betreffenden Handlungen als Verfolgung gelten können. Handlungen, die nicht so gravierend sind, dass sie einer Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommen, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention in keinem Fall abgewichen werden darf, könnten daher ebenfalls nicht als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie und Art. 1 A der Genfer Flüchtlingskonvention gelten. Zu den Handlungen, die eine "schwerwiegende Verletzung" im Sinne dieses Artikels darstellen könnten, gehörten nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit des Antragstellers, seinen Glauben im privaten Kreis zu praktizieren, sondern auch solche in seine Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben. Eine Verfolgungshandlung könne sich somit aus einem Eingriff in die öffentliche Ausübung dieser Freiheit ergeben. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit, der Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletze, eine "Verfolgungshandlung" darstellen könne, müssten die zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Betroffenen prüfen, ob er aufgrund der Ausübung dieser Freiheit in seinem Herkunftsland u. a. tatsächlich Gefahr laufe, durch einen der in Art. 6 der Richtlinie 2004/83 genannten Akteure verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83 sei dahin auszulegen, dass eine begründete Furcht des Antragstellers vor Verfolgung vorliege, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen sei, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen werde, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzten. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling könnten die Behörden dem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten (EuGH, Urt. v. 5.9.2012 - C - 71/11 u. C - 99/11 -, juris Erwägungsgrund 80).

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 -, juris Rn. 24 ff.) kommt es für die Verfolgungshandlung danach allein auf die hinreichend schwere Verletzung der Freiheit an, seine Religion in einer bestimmten Weise zu praktizieren. Als Eingriff schon in die Religionsfreiheit und nicht erst in die Rechte auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit ist zu prüfen, wenn die Verfolgung nicht schon an der bloßen Religionszugehörigkeit ansetzt, sondern durch die Bedrohung mit Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit auf die Entschließungsfreiheit des Einzelnen eingewirkt wird, seine Religion in bestimmter Weise zu praktizieren. Die Möglichkeit verfolgungsvermeidenden Alternativverhaltens, also der Umstand, dass die Verwirklichung der Gefahr von einem willensgesteuerten Verhalten des Glaubensangehörigen abhängt, schließt eine Verfolgung nicht aus. Der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen, wenn die dadurch bewirkte Verletzung der Religionsfreiheit nach objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten die erforderliche Schwere aufweist. Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Schutzsuchenden bei Ausübung seiner Religion in bestimmter Ausprägung drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter (Leib, Leben, Freiheit); bei strafbewehrten Verboten ist dabei die tatsächliche Strafverfolgungspraxis maßgeblich. Subjektiv muss die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung der (individuellen) religiösen Identität besonders wichtig sein. Entscheidender als das Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft, dem insoweit indizielle Wirkung zukommen kann, ist das individuelle Glaubensverständnis, also wie der Gläubige seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem individuellen Glaubensverständnis unverzichtbar ist. Eine solche religiöse Identität muss der Schutzsuchende zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen. Als innere Tatsache kann auf die religiöse Identität nur aus dem Vorbringen des Schutzsuchenden und - im Wege des Rückschlusses - von äußeren Anhaltspunkten geschlossen werden; bei Verzicht auf eine verfolgungsrelevante Glaubensbetätigung sind auch die Gründe hierfür in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob der Betätigungsverzicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung erfolgte. Nach allgemeinen Grundsätzen muss eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen ("real risk"). Dies erfordert regelmäßig eine quantitative Grundlegung der qualitativen Gesamtbetrachtung. Neben den Eingriffshandlungen, die nach ihrer Art oder Wiederholung bereits für sich allein eine hinreichend schwere Verletzung der Menschenrechte bilden, sind im Rahmen einer erweiterten "Kumulationsbetrachtung" (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 RL 2011/95/EU) auch sonstige Menschenrechtsverletzungen sowie sonstige schwerwiegende Repressalien, Diskriminierungen, Nachteile und Beeinträchtigungen bei der Prüfung einer Verfolgungshandlung zu berücksichtigen, wobei allerdings diese "Betroffenheit in ähnlicher Weise" eine Vergleichsbetrachtung mit den Verfolgungshandlungen nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL 2011/95/EU erfordert. Dabei beanspruchen die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zur Verfolgungsdichte weiterhin Gültigkeit (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 16.2.2022 - 3 A 154/20.A -, juris Rn. 20).

Die Voraussetzungen, unter denen einem zum Christentum konvertierten iranischen Staatsbürger bei Rückkehr in den Iran politische Verfolgung droht, und nach welchen Grundsätzen sich die gerichtliche Prüfung hierbei zu richten hat, sind danach als in der Rechtsprechung geklärt anzusehen (ebenso Sächsisches OVG, Urt. v. 30.11.2021 - 2 A 488/19.A -, juris Rn. 28 m.w.N.). Von einem zusätzlichen Klärungsbedarf im Hinblick auf die Maßstäbe einer auf innerer Überzeugung beruhenden Konversion zum Christentum kann vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung nicht ausgegangen werden.

Ein solcher wird durch die Ausführungen der Zulassungsbegründung zudem nicht in einer den - eingangs dargestellten - Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt, auch nicht unter Berücksichtigung des vorgetragenen Umstandes, dass "... in islamisch geprägten Ländern wie dem Iran ... Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertiert(en), ... einer Gefahr der Verfolgung durch den Staat und ... Anklagen nach dem Sharia-Recht (ausgesetzt seien, so dass es) ... daher wichtig (sei) festzustellen, ob eine Konversion zum Christentum ... (vorliege), da diese ... unter Umständen den tragenden Grund darstellen (könne), um Schutz zu gewähren"; diese Gesichtspunkte sind bereits in der o.a. Rechtsprechung berücksichtigt und daher in die dargestellten Maßstäbe eingeflossen. So liegt etwa der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2015, die auch Gegenstand des mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2020 abgeschlossenen Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist, der Fall eines iranischen Staatsangehörigen zugrunde, der eine Verfolgungsgefahr wegen Konversion zum Christentum geltend machte. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht im Übrigen die Abschiebung iranisch-stämmiger Konvertiten nicht notwendig als menschenrechtswidrig an und verlangt lediglich eine Prüfung seitens der jeweiligen staatlichen Behörden im Hinblick auf das reale Risiko einer Misshandlung bei der Rückkehr in den Iran (vgl. EGMR, Dritte Sektion, Urt. v. 19.12.2017 - 60342/16 -, BeckRS 2018, 52790).

Soweit im zweiten Teil der von der Klägerin als grundsätzlich bezeichneten Frage darauf abgestellt wird, durch welche Mittel sich diese (innere Glaubens-) Überzeugung vor Gericht darlegen lässt, und in der Zulassungsbegründung unter Hinweis auf eine Entscheidung des VG Lüneburg vom 25. April 2018 (Az. 5 A 190/16, juris) sowie der vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil angeführten Ausführungen des Auswärtigen Amtes die weitere Frage aufgeworfen wird, " ... ob die Taufe an sich ausreichend sein kann, um für Iraner als Ausnahme vom Regelfall ein Fluchtgrund darzulegen, wenn der Heimatstaat derart repressiv gegen Menschen vorgeht, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind", wird zusätzlicher Klärungsbedarf ebenfalls nicht aufgezeigt. Wie in der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, sind staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG nicht an die Beurteilung des zuständigen Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des betroffenen Asylbewerbers liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde (BVerwG, Beschl. v. 25.8.2015 - 1 B 40/15 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Es ist vielmehr ureigene Aufgabe des Gerichts, aufgrund der mündlichen Verhandlung und der dort vorliegenden Unterlagen zu einer eigenen Einschätzung hinsichtlich der Frage der Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts zu gelangen (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.9.2014 - 13 LA 93/14 -, juris Rn. 6). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Feststellung getroffen, dass nach derzeitiger Erkenntnislage keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die iranischen Behörden eine im Bundesgebiet aus verfahrenstaktischen Gründen erfolgte Taufe als Anlass für Verfolgungshandlungen nutzen. Diesbezüglich wird kein Klärungsbedarf dargelegt, denn der Antrag auf Zulassung der Berufung macht nur Ausführungen zu dem Fall einer Konversion von Muslimen zum Christentum und dem Bekenntnis hierzu, also gerade nicht zu den Folgen einer Taufe an sich.

Ebenso wenig wird durch die Formulierung der "... Frage nach der Ernsthaftigkeit der Konversion, (für die es) einheitlicher Maßstäbe für die Beurteilung (bedürfe), ob eine bewusste Konversion (vorliege), da diese Frage nicht nur das Schicksal der Klägerin (betreffe, wobei), ... selbstredend ... aufgrund der Individualität des einzelnen Menschen nicht exakt derselbe Maßstab i.S.e. Schablone für jeden Asylbewerber angelegt werden (könne), aber es ... einer einheitlich geprägten Gesamtschau (bedürfe), um interessengerechte Entscheidungen zu treffen", eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Die persönliche Glaubensüberzeugung eines Menschen ist Ausfluss der auf innerer Reflexion beruhenden individuellen Beantwortung der Daseins- und Sinnfrage. Die Prüfung ihrer Ernsthaftigkeit durch staatliche Behörden und Verwaltungsgerichte als Voraussetzung für die Schutzgewährung nach staatlichen Gesetzen bedarf daher stets einer Beurteilung im konkreten Einzelfall, die sich Verallgemeinerungen in Form generalisierender Rechtssätze weitgehend entzieht, wie von der Zulassungsantragstellerin in ihren Ausführungen zur Maßstabsbestimmung der Sache nach selbst eingeräumt wird. Was das Maß der Überzeugungsgewissheit angeht, ist zudem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Verwaltungsgerichte sich bei der Prüfung der inneren Tatsache, ob der Betroffene die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet, nicht auf eine Plausibilitätsprüfung hinreichend substantiierter Darlegung beschränken dürfen, sondern insoweit das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugrunde zu legen haben (BVerwG, Beschl. v. 25.8.2015 - 1 B 40/15 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Eine weitergehende Klärung der von der Klägerin thematisierten Fragestellungen wäre somit von einem Berufungsverfahren ersichtlich nicht zu erwarten.

Hinsichtlich der weiteren Entscheidungen der Beklagten in ihrem Bescheid vom 23. März 2021, die durch das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt worden sind, trägt die Klägerin im Zulassungsverfahren nichts vor, so dass es auch insoweit an der Darlegung von durchgreifenden Zulassungsgründen (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).