Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.06.2023, Az.: 1 KN 122/21

Dorfgebiet; Geruchsimmission; Festsetzung eines gegliederten Dorfgebietes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.06.2023
Aktenzeichen
1 KN 122/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 26928
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0615.1KN122.21.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Beabsichtigt eine Gemeinde die Schaffung von dem Wohnen vorbehaltenen Bauflächen in der Nähe eines emittierenden landwirtschaftlichen Betriebes, kann sie hierfür ein Dorfgebiet unter Einbeziehung des Betriebes und gleichzeitiger Gliederung des Gebietes nach § 1 Abs. 4 BauNVO festsetzen. Die Einbeziehung eines landwirtschaftlichen Betriebes zur Herstellung des Gebietscharakters eines Dorfgebiets ist erst dann unzulässig, wenn die für das Wohnen und die für die Landwirtschaft vorgesehene Teilflächen derart weit voneinander entfernt liegen, dass sie sich wechselseitig nicht mehr beeinflussen, mithin bei wertender Betrachtung nicht mehr von einem (gegliederten) Baugebiet die Rede sein kann.

  2. 2.

    Bei Aufstellung eines Bebauungsplans darf die planende Gemeinde eine emittierende Nutzung in der Abwägung unberücksichtigt lassen kann, wenn der Emittent deren Aufgabe angekündigt und seine Ankündigung nicht widerrufen hat.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 115 "Dorfgebiet Angelbeck-Ost" der Antragsgegnerin, da er durch diesen die Entwicklungsmöglichkeiten seines landwirtschaftlichen Betriebes eingeschränkt sieht.

Der Antragsteller ist Vollerwerbslandwirt und (u.a.) Eigentümer der (ehemaligen) Flurstücke E., F. (heute G.), H. und I. (heute J.) der Flur Z., Gemarkung A-Stadt. Auf den Flurstücken H. und I., westlich der K. Straße (K 164) und nördlich des Weges L. liegt seine Hofstelle, auf der er Milchkühe nebst Nachzucht sowie ca. 380 Mastschweine hält. Das nördlich der Hofstelle gelegene Flurstück E. und das südlich des Weges L. gelegene Flurstück F. werden als Acker/Grünland genutzt. Südlich des Flurstücks F., von diesem durch die Ehrener Straße getrennt, befindet sich die Ortslage von Angelbeck mit etwa 40 Wohnhäusern. Der Nordwesten der Ortslage beidseits der Straße Turmkämpe ist im Bebauungsplan Nr. 13 aus dem Jahr 1966 als Allgemeines Wohngebiet festgesetzt, der Süden durch Bebauungsplan Nr. 90 aus dem Jahr 2001 als Dorfgebiet. Der Nordosten weist eine überwiegend ältere Bebauung, wohl mit ehemaligen, inzwischen umgenutzten Hofstellen, auf und war bis zum Inkrafttreten des angegriffenen Plans unbeplant. Gegenüber diesem Bereich, südöstlich der Hofstelle des Antragstellers, liegt eine Fläche, die im Norden und Osten vom Weg Mittelhauk, im Süden vom Weg Zum Schützenplatz und im Osten von der K. Straße begrenzt wird. Dieser Bereich ist überwiegend unbebaut. Im Südwesten grenzen einige Wohnhäuser an den Weg Zum Schützenplatz, im Nordosten liegen die Nutzfächen und Gewächshäuser einer Gärtnerei, in der Mitte liegt ein Park/Gehölz.

Im Umland der Dorflage Angelbeck gibt es verschiedene weitere Tierhaltungsbetriebe, unter anderen betreiben der Antragsteller einen Außenstandort mit 1058 Schweinemastplätzen ca. 800 m südlich des Dorfes und der Landwirt M. verschiedene Schweinemastställe mit einer im Einzelnen umstrittenen Tierplatzzahl nördlich der Hofstelle des Antragstellers.

Am 17. Januar 2018 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den streitgegenständlichen Bebauungsplan mit dem Ziel, den Bereich der Hofstelle des Antragstellers, die bisher unbeplante Bestandsbebauung westlich und den Großteil des oben beschriebenen Straßengevierts östlich der K. Straße als Dorfgebiet festzusetzen. Ursprünglich hatte die Verwaltung beabsichtigt, die Planung auf das östliche Geviert zu beschränken und dort ein Allgemeines Wohngebiet auszuweisen. Nachdem die Landwirtschaftskammer für diesen Bereich unter Berücksichtigung mitgeteilter Erweiterungsabsichten umliegender Landwirte Geruchsstundenhäufigkeiten von 11-12 % der Jahresgeruchsstunden ermittelt hatte, ging man zur Planung eines Dorfgebietes über, hielt dafür aber die Einbeziehung zumindest eines landwirtschaftlichen Betriebes für erforderlich. Im Zuge des Planaufstellungsverfahrens holte die Antragsgegnerin u.a. ein Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 9. Oktober 2019 ein, das im Bereich südlich des Weges L. zu Geruchsstundenhäufigkeiten von 10,8 % bis 14,5 %, nördlich davon - auf der Hofstelle des Antragstellers und dem Flurstück E. - zu Geruchsstundenhäufigkeiten von bis zu 53,5 % (über dem Stallgebäude) kommt. Eine Schweinehaltung auf der Hofstelle des Antragstellers ist im Gutachten nicht als Emissionsquelle berücksichtigt.

Im Sommer 2018 fand die frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung, im Dezember 2019/Januar 2020 die öffentliche Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. Der Antragsteller machte mit fristgerechtem Einwendungsschreiben vom 17. Januar 2020 geltend, er befürchte durch die Planung Beschränkungen seines Betriebes, der sowohl Rindviehhaltung als auch Schweinemast umfasse. Die Planung sei nicht erforderlich. Die Einbeziehung seiner Hofstelle in das Plangebiet diene lediglich als "Alibi" für die Festsetzung eines Dorfgebiets; tatsächlich werde ein Wohngebiet geplant. Sein Interesse an der Ausübung seines landwirtschaftlichen Betriebes sei nicht vollständig ermittelt und bewertet worden. Das eingeholte Gutachten der Landwirtschaftskammer sei hierzu nicht ausreichend. Es werde übersehen, dass in Teilen des Plangebiets der Richtwert für Dorfgebiete von 15 % der Jahresgeruchsstunden eben nicht eingehalten werde, insbesondere im Bereich seines Betriebes. Erweiterungsmöglichkeiten nördlich der Hofstelle bestünden damit entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht. Immissionsminderungsmaßnahmen könnten bei der Milchviehhaltung nicht ergriffen werden. Entgegen § 5 Abs. 1 BauNVO werde mit der Planung auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nicht vorrangig Rücksicht genommen. Die Plausibilität des Gutachtens könne nicht überprüft werden, da die relevanten Kerndaten der weiteren Emittenten nicht offengelegt würden. Bioaerosole seien nicht untersucht worden.

In seiner Sitzung am 4. März 2020 entschied der Rat der Antragsgegnerin auf der Grundlage einer Abwägungstabelle, die auf das Einwendungsschreiben des Antragstellers auf fünfzehn Seiten eingeht, über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan Nr. 115 als Satzung. Nach Ausfertigung durch den Bürgermeister am selben Tag machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss am 24. bzw. 25. September 2020 in zwei hierfür satzungsmäßig vorgesehenen Tageszeitungen bekannt. Dabei wies sie auf die Rechtsfolgen des § 215 BauGB hin.

Der Bebauungsplan setzt den Großteil des Plangebiets als Dorfgebiet mit hier nicht streitigen Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung, ferner öffentliche Grünflächen und auf einem Teil des Flurstücks F. eine Fläche für die Landwirtschaft fest. Das Dorfgebiet ist gegliedert. Auf den Flurstücken des Antragstellers H., I. und E. - MD L - sind ausschließlich Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen bzw. Wohngebäude gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig. Ausnahmsweise können sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Auf einer Teilfläche des Flurstücks F. - MD L* - sind sonstige Wohnungen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zulässig. Landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltungsanlagen sind nur als Unterstände zum vorübergehenden Schutz bis zu einer Grundfläche von 100 m2 zulässig. Im bereits überbauten Bereich im Südwesten des Plangebiets, nördlich des Weges Zum Schützenplatz sowie auf dem Gelände der vorhandenen Gärtnerei - MD M - sind landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltungsanlagen nicht zulässig. Ausgenommen hiervon sind Betriebe der berufsmäßigen Imkerei und des Reitsports. Im zentralen Planbereich östlich der K. Straße - MD W - sind landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltungsanlagen nicht zulässig. Sonstige Gewerbebetriebe sind zulässig, sofern sie nicht störend sind. Die zahlreichen weiteren Festsetzungen sowie der Inhalt der dem Plan beigefügten örtlichen Bauvorschrift sind nicht umstritten.

Am 10. August 2021 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt und auf sein Eigentum an den vorbenannten Grundstücken hingewiesen. Mit an die Antragsgegnerin gerichtetem Schreiben vom 17. August 2021 hat sein Prozessbevollmächtigter ausgeführt:

"Für unsere Mandanten rügen wir, dass entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von Ihrer Planung berührten Belange, die Ihnen auch hinlänglich bekannt waren, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und bewertet worden sind und dieser Mangel auch offensichtlich auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit zu berücksichtigenden, auf das Planungsgebiet einwirkenden Immissionen."

Mit seiner Antragsbegründung vom 27. Dezember 2021 und nachfolgenden Schriftsätzen hat der Antragsteller auf sein Einwendungsschreiben vom 17. Januar 2020 Bezug genommen und dessen Inhalt in zusammengefasster Form wiederholt: Die Planung sei nicht erforderlich, da der Antragsteller diese nicht gewollt habe und sein Betrieb nur zur Herstellung eines Dorfgebietscharakters einbezogen worden sei. Der Plan verstoße gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Abwägungserhebliche Belange seien nicht hinreichend ermittelt worden. Der Umstand, dass in Teilen des Plangebiets die Richtwerte der GIRL überschritten würden, führe zu einem Abwägungsmangel. Weitere Immissionen, insbesondere Bioaerosole seien nicht ermittelt worden. Das Geruchsgutachten der Landwirtschaftskammer erfasse verschiedene Emissionsquellen nicht, unter anderem die Schweinehaltung und Siloplatten auf seiner Hofstelle, einen offenen Güllebehälter an seinem Außenstandort einen Teil der Schweinehaltung auf der Hofstelle M. sowie verschiedene Tierhaltungsanlagen in der weiteren Umgebung des Plangebiets.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 115 "Dorfgebiet Angelbeck-Ost" für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält den Antrag für unbegründet. Die Planung sei erforderlich. Gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO werde nicht verstoßen. Etwaige Abwägungsfehler seien nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden, da weder die Antragsschrift selbst, noch das Rügeschreiben vom 17. August 2021 den für eine wirksame Fehlerrüge erforderlichen Substantiierungs- und Konkretisierungsgrad aufwiesen und die Antragsbegründung vom 27. Dezember 2021 die Jahresfrist nicht wahre. Hilfsweise lägen Abwägungsmängel auch nicht vor. Die Antragsgegnerin habe die Einwendungen des Antragstellers ausführlich und zutreffend gewürdigt. Dass die Landwirtschaftskammer die Schweinehaltung auf der Hofstelle des Antragstellers nicht berücksichtigt habe, liege daran, dass der Antragsteller in Gesprächen mit ihr die Absicht erklärt habe, diese zugunsten einer - im Gutachten berücksichtigten und tatsächlich ohne die erforderliche Genehmigung zwischenzeitlich realisierten - Ausweitung der Milchviehhaltung aufzugeben bzw. auf den Außenstandort zu verlagern. Ein allein die Wirksamkeit des Plans in Frage stellender Mangel im Abwägungsergebnis liege jedenfalls nicht vor, da die Antragsgegnerin auch eine Überschreitung der Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 15 % hätte hinnehmen dürfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Mängel führen nicht zur Unwirksamkeit des Plans, weitere Mängel sind nicht ersichtlich.

1.

Der Bebauungsplan ist erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, kommt dem Kriterium der Erforderlichkeit in der gemeindlichen Bauleitplanung dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen. Welche Planungsziele in der Bauleitplanung zulässig sind, hat der Bundesgesetzgeber in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB geregelt. Hiernach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind u.a. Pläne, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (BVerwG, Urt. v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 -, BVerwGE 153, 16 = ZfBR 2016, 44 = BRS 83 Nr. 4 = juris Rn. 11 f.).

Gemessen daran ist erklärte Absicht der Antragsgegnerin, insbesondere auf den als MD W ausgewiesenen Flächen östlich der K. Straße "Bauflächen für ein dörfliches Wohnen" zu schaffen, ein legitimes städtebauliches Ziel. Dass die Antragsgegnerin sich hierfür nicht auf eine Überplanung dieser Fläche beschränkt, sondern ihr "Kernvorhaben" zum Anlass genommen hat, auch die noch nicht überplanten umgebenden bebauten Flächen in den Planumgriff aufzunehmen und gemeinsam als nach § 1 Abs. 4 BauNVO gegliedertes Dorfgebiet festzusetzen, lässt ebenfalls keine städtebaufremden Ziele erkennen - im Gegenteil. Die (städtebauliche) Zielsetzung, in unmittelbarer Nähe zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle Wohnbebauung zu ermöglichen, legt zur Bewältigung des daraus entstehenden Nutzungskonflikts die Einbeziehung der Hofstelle in die Planung und in ein gemeinsames Baugebiet, in dem die BauNVO selbst die nötigen Vorgaben zu einer wechselseitig verträglichen Nutzungsmischung bereithält, nahe.

Vor diesem Hintergrund kann auch nicht von einem "Etikettenschwindel" die Rede sein. Die Antragsgegnerin hat genau das festgesetzt, was sie anstrebt: ein Nebeneinander von Landwirtschaft, Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe (hier etwa in Gestalt des Gartenbaubetriebs). Dass die Festsetzungen keine gleichmäßige Durchmischung der Nutzungen erlauben, sondern eine Zonung vorsehen, ist nach § 1 Abs. 4 BauNVO mit dem Charakter eines Dorfgebietes grundsätzlich vereinbar (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 22.12.1989 - 4 NB 32.89 -, NVwZ-RR 1990, 171 = BauR 1990, 186 = juris Rn. 3). Abweichendes mag dann gelten, wenn etwa die für das Wohnen und die für die Landwirtschaft vorgesehene Teilflächen derart weit voneinander entfernt liegen, dass sie sich wechselseitig nicht mehr beeinflussen, mithin bei wertender Betrachtung nicht mehr von "einem" (gegliederten) Baugebiet die Rede sein kann. Ein solcher Fall liegt hier indes eindeutig und auch nach dem Vortrag des Antragstellers nicht vor.

2.

Die Rüge des Antragstellers, die Planung verstoße gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, ist missverständlich. § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist keine Vorgabe an die Planung, sondern definiert den Gebietscharakter eines Dorfgebietes mit und wirkt auf diese Weise auf der Vorhabenzulassungsebene, indem es das Maß der im Dorfgebiet hinzunehmenden Immissionen beeinflusst (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand d. Bearb.: 10/22, § 5 BauNVO Rn. 14). Auf der Planungsebene wirkt die Vorschrift allenfalls insoweit, als einer Dorfgebietsfestsetzung, bei deren Umsetzung nach den tatsächlichen Gegebenheiten oder den Detailfestsetzungen des Plans die geforderte vorrangige Rücksichtnahme auf landwirtschaftliche Betriebe von vornherein ausgeschlossen ist, die Erforderlichkeit fehlen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 -, BVerwGE 133, 377 = BRS 74 Nr. 66 = juris Rn. 10 f.). Das ist hier aber nicht ansatzweise ersichtlich. Das Geruchsgutachten zeigt vielmehr, dass selbst tierhaltende landwirtschaftliche Betriebe im Gebiet - nämlich auf den dafür nach der Gebietsgliederung vorgesehenen Flurstücken H., I. und E. - ohne weiteres realisierbar sind.

3.

Der Plan verstößt nicht gegen das in § 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot.

a)

Etwaige Fehler im Abwägungsvorgang sind, wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. In der der Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist zugestellten Normenkontrollantragsschrift sind keine Ausführungen zu Abwägungsmängeln enthalten. Aber auch die im Sachverhalt zitierten Ausführungen im Rügeschreiben vom 17. August 2021 genügen den Anforderungen des § 215 BauGB an die Geltendmachung eines Abwägungsmangels unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt die Norm Substantiierung und Konkretisierung. Der Gemeinde soll durch die Darlegung die Prüfung ermöglicht werden, ob Anlass besteht, in eine Fehlerbehebung einzutreten ("Anstoßfunktion" der Rüge). Darüber hinaus wird durch die schriftliche Darlegung der Kreis der präkludierten Rügen bestimmt. Das schließt eine nur pauschale Rüge aus. Bei der Rüge von Mängeln im Abwägungsvorgang ist es erforderlich, dass die Belange, in deren Behandlung im Plan der Rügende einen Abwägungsfehler erblickt, mit ihrem Tatsachengehalt konkret und substantiiert dargelegt werden. Das erfordert einen Bezug zur Abwägungsentscheidung der Gemeinde. Damit wahrt eine Rüge, die lediglich pauschal auf die im Bebauungsplanverfahren erhobenen Einwendungen verweist, etwa dahingehend, dass alle Rügen aufrechterhalten werden, nicht die Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil sie keinen Bezug zur gemeindlichen Abwägungsentscheidung herstellt und die Anstoßwirkung verfehlt. Ist im Rügeschreiben der Abwägungsfehler in seinem Tatsachengehalt dagegen konkret dargelegt (bezeichnet), dann kann zur (weiteren) Substantiierung des Tatsachenvortrages auf die in einem Einwendungsschreiben insofern bereits gemachten Ausführungen verwiesen werden; deren Wiederholung im Rügeschreiben bedarf es nicht (Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 11.9.2019 - 4 BN 17.19 -, NVwZ 2019, 1862 = BauR 2020, 79 = juris Rn. 6 f. m.w.N.).

Die im Schreiben vom 17. August 2021 vorgebrachte Rüge, "dass entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von Ihrer Planung berührten Belange, die Ihnen auch hinlänglich bekannt waren, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und bewertet worden sind", ist für sich genommen aussagelos und ein Musterbeispiel der nach o.a. Maßstäben unzureichenden pauschalen Rüge. Selbst wenn man den Einschub "die Ihnen auch hinlänglich bekannt waren" als Bezugnahme auf das Einwendungsschreiben vom 17. Januar 2020 verstehen wollte, gälte aus den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Gründen nichts Anderes, da nicht deutlich wird, in welchen Punkten der Antragsteller die ausführlichen Erwägungen des Rates zu seinen Einwendungen in der Abwägungstabelle für defizitär hält. Auch der Zusatz "Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit zu berücksichtigenden, auf das Planungsgebiet einwirkenden Immissionen" ändert daran nichts. Er benennt grob ein Themenfeld, in dem Abwägungsfehler unterlaufen sein sollen, spezifiziert diese aber nicht.

b)

Ein - von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB nicht erfasster - Mangel im Abwägungsergebnis ergibt sich weder aus dem Vortrag des Antragstellers, noch ist er sonst ersichtlich. Ein Fehler im Abwägungsergebnis liegt nur dann vor, wenn die getroffenen Festsetzungen so schlechthin, mit keiner Begründung, hätten abwägungsfehlerfrei beschlossen werden können (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschl. v. 20.11.2019 - 1 ME 117/19 -, BauR 2020, 220 = juris Rn. 10). Das ist hier nicht der Fall.

Ein Fehler im Abwägungsergebnis liegt insbesondere nicht deshalb vor, weil die Planung Entwicklungsmöglichkeiten des Antragstellers unzumutbar einschränkte. Zu Recht hat die Antragsgegnerin dem entgegengehalten, dass solche Entwicklungsmöglichkeiten, soweit sie mit einer Erhöhung der Geruchsemissionen in südlicher Richtung verbunden sind, bereits bislang nicht bestehen; denn schon nach dem Geruchsgutachten der Landwirtschaftskammer, das nach Auffassung des Antragstellers die Immissionsbelastung der Umgebung seines Betriebes unterschätzt, werden an der seinem Betrieb nächstgelegenen Wohnbebauung im Bereich der Straße "Turmkämpe", die als festgesetztes Allgemeines Wohngebiet einen höheren Schutzanspruch genießt als das neue Plangebiet, Geruchsstundenhäufigkeiten von bis zu 14 % der Jahresgeruchsstunden erreicht. Unabhängig davon hätte der Rat der Antragsgegnerin ohne weiteres abwägungsfehlerfrei eine Planung beschließen können, die die - hier über die bereits berücksichtigte Erweiterung der Rinder-/Milchviehhaltung hinaus zudem nicht weiter konkretisierten - Erweiterungsmöglichkeiten bestehender Betriebe einschränkt.

Ein Fehler im Abwägungsergebnis ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die mit der Planung ermöglichte Wohnnutzung bereits ohne Betriebserweiterungen des Antragstellers unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wäre. Der Senat kann dabei offen lassen, in welchem Umfang die Ausweisung von dörflichen Wohnbauflächen auch bei einer Überschreitung des in der - zum Abwägungszeitpunkt noch als wesentliches Indiz für die Zumutbarkeitsbeurteilung heranzuziehenden - GIRL festgelegten Immissionsrichtwertes für Dorfgebiete von 15 % der Jahresgeruchsstunden abwägungsfehlerfrei möglich wäre (vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit, Wohngebiete auch in eine nach einschlägigen Immissionsrichtwerten ungeeignete Immissionslage hineinzuplanen, grundlegend BVerwG, Urt. v. 22.3.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238 = NVwZ 2007, 831 = juris Rn. 14 f.). Denn selbst für eine Überschreitung einer Geruchsstundenhäufigkeit von 15 % der Jahresgeruchsstunden bestanden nach dem, was dem Rat zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bekannt sein musste, keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach dem insoweit im Ausgangspunkt heranzuziehenden Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 9. Oktober 2019 betrugen die Geruchsstundenhäufigkeiten im Bereich der Flächen, auf denen der Plan erstmals eine Wohnnutzung ermöglicht, maximal 12,9% im Südwesten des MD w bzw. 12,1 % im Nordwesten des MD w. Die Einwände des Antragstellers gegen die Prognosegrundlagen des Gutachtens lassen eine Erhöhung dieser Werte um mehr als 2 % der Jahresgeruchsstunden nicht erwarten.

Das gilt zunächst, soweit der Antragsteller sich auf eine Schweinehaltung im Umfang von rd. 380 Tieren auf der eigenen Hofstelle beruft. Dass die Landwirtschaftskammer diese in ihrer Prognose nicht berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden. Nach der von der Antragsgegnerin wiedergegebenen Einlassung der Landwirtschaftskammer hatte der Antragsteller in verschiedenen Gesprächen seine Absicht bekundet, die Schweinehaltung auf der Hofstelle aufzugeben, da die Landwirtschaftskammer ihn darauf hingewiesen hatte, dass anderenfalls sein zugleich verfolgtes und tatsächlich schon realisiertes Ziel einer Ausweitung der Milchviehhaltung dort an einer Überschreitung der zumutbaren Geruchsstundenhäufigkeiten im Bereich der benachbarten Wohnbebauung - nicht nur im neuen MD w, sondern auch im Bestand - scheitern würde, und am Außenstandort südlich der Ortslage Potential für eine Erweiterung der Schweinehaltung vorhanden war. Der Antragsteller hat dies nicht bestritten; er hat lediglich über seinen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Aufgabe der Schweinehaltung auf der Hofstelle entspreche nicht mehr seinen aktuellen Planungen. Dass er diesen Sinneswandel gegenüber der Landwirtschaftskammer oder gegenüber dem Rat der Antragsgegnerin im Vorfeld des Satzungsbeschlusses deutlich gemacht hätte, ist jedoch nicht ersichtlich. Die bloße Mitteilung im Einwendungsschreiben vom 17. Januar 2020, er halte Rinder und Schweine, ist insoweit schon deshalb nicht ausreichend, weil sie als Beschreibung des Ist-Zustandes zutrifft, sich aber zu einer künftigen Aufgabe der Schweinehaltung nicht verhält. Eine substantiierte Darlegung geänderter Betriebsplanungen wäre auch vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, dass der Antragsteller die Ausweitung der Rinderhaltung, die auch nach der von ihm selbst vorgelegten Immissionsprognose vom 10. August 2022 ohne Aufgabe der Schweinehaltung in den südlich angrenzenden (Bestands-)Wohngebieten eine Gesamtbelastung bis zu 20 % der Jahresgeruchsstunden zur Folge hätte, bereits faktisch vollzogen hat. Vor diesem Hintergrund hatte der Rat keinen Anlass, von der Prognoseannahme abzugehen, die planbedingt ermöglichte Wohnbebauung werde jedenfalls mittelfristig nicht mehr von Geruchsemissionen aus einer Schweinehaltung an der Hofstelle des Antragstellers betroffen sein.

Soweit der Antragsteller durch handschriftlichen Eintrag auf dem Geruchsquellenplan des Gutachtens der Landwirtschaftskammer weitere Emissionsquellen bezeichnet hat, ist der Vortrag teils unsubstantiiert, teils wurde er im Gutachten berücksichtigt, teils kann er sich auf das Abwägungsergebnis nicht auswirken. Die Anzahl der Schweinemastplätze des Betriebs M. nördlich seiner Hofstelle, die der Antragsteller mit 4.500 Plätzen ohne Filterung und 4.000 Plätzen mit Filterung angegeben hat, beträgt nach dem Gutachten der Landwirtschaftskammer lediglich 2.800 Plätze ohne und ca. 4.000 Plätze mit Filterung. Die Landwirtschaftskammer hat angegeben, die verwendeten Tierplatzzahlen vom Landkreis übermittelt bekommen zu haben. Demgegenüber hat der Antragsteller auch auf Nachfrage des Gerichts nicht offengelegt, auf welche Erkenntnisquelle er seine abweichende Behauptung gestützt hat; dies war umso mehr erforderlich, als auch die von ihm selbst vorgelegte Geruchsimmissionsprognose vom 10. August 2022 mit 2.800 Mastplätzen ohne Filterung rechnet. Angesichts dessen muss die Einlassung des Antragstellers als Behauptung "ins Blaue hinein" gewertet werden.

Der vom Antragsteller als weitere Emissionsquelle benannte offenen Güllebehälter an seinem Außenstandort ist im Geruchsgutachten der Landwirtschaftskammer berücksichtigt (dort Anlage 5a). Gleiches gilt für Silageplatten auf der Hofstelle des Antragstellers, die jedenfalls im Planzustand (Anlage 2b berücksichtigt wurden. Hier kommt hinzu, dass Silage, ordnungsgemäß abgedeckt, nur geringe Geruchsemissionen bewirkt; das zeigt sich auch an den im Gutachten der Landwirtschaftskammer veranschlagten Emissionswerten von 0,1 bzw. 0,2 MGE, die nur minimal zu den Gesamtemissionen des Betriebs beitragen.

Soweit das Gutachten nach dem Vortrag des Antragstellers den Betrieb N. mit 1.000 Schweinemastplätzen rd. 760 m nördlich des MD w und einen Außenstall des Betriebs M. mit 600 Schweinemastplätzen rd. 920 m südöstlich dieses Gebiets nicht berücksichtigt hat, dürfte dies darauf zurückzuführen sein, dass die Landwirtschaftskammer nach eigenen Angaben außerhalb eines Radius' von 600 m um das Plangebiet nur solche Betriebe berücksichtigt hat, die mit einem Geruchsbeitrag oberhalb der Irrelevanzschwelle von 2 % der Jahresgeruchsstunden in das Plangebiet hineinwirken. Angesichts der vorherrschenden Hauptwindrichtung aus Südsüdwest ist es plausibel, dass dies bei beiden Betrieben nicht der Fall war.

Dass, wie der Antragsteller geltend gemacht hat, auf seiner eigenen Hofstelle die Geruchsstundenhäufigkeit von 15 % der Jahresgeruchsstunden deutlich überschritten wird, hindert deren Festsetzung als Teil des Dorfgebietes entgegen seiner Auffassung nicht. Die Überschreitung geht dort ersichtlich auf die von seinem Betrieb ausgehende Eigenbelastung zurück. Die eigenen Geruchsemissionen sind einem tierhaltenden Betrieb jedoch, wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, stets zumutbar (vgl. ausführlich OVG NRW, Urt. v. 1.6.2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 64 ff.; NdsOVG, Beschl. v. 28.8.2015 - 12 LA 120/14 -, AUR 2015, 467 = juris Rn. 11).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Prof. Dr. Lenz
Dr. Tepperwien
Meß