Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.06.2023, Az.: 1 ME 15/23
Altstadt; Anlage zur Nutzung von erneuerbaren Energien; Ausgestaltung; Baudenkmal; Dach; Denkmal; Denkmalschutz; denkmalschutzrechtliche Genehmigung; Genehmigung; denkmalrechtliche; Klimaschutz; Photovoltaikanlage; Regel-Ausnahme-Verhältnis; UNESCO; UNESCO-Weltkulturerbe; Unzumutbarkeit; Weltkulturerbe; Denkmalrechtliche Anforderungen an Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 08.06.2023
- Aktenzeichen
- 1 ME 15/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 21087
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0608.1ME15.23.00
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- NDSchG § 10 Abs. 1
- NDSchG § 10 Abs. 3
- NDSchG § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
- NDSchG § 7 Abs. 2 Satz 2
Fundstellen
- BauR 2023, 2067-2070
- DÖV 2023, 730
- EnWZ 2023, 379-382
- KommJur 2023, 277-280
- NordÖR 2023, 399-402
- RdW 2023, 683-684
- ZAP EN-Nr. 443/2023
- ZAP 2023, 690-691
Amtlicher Leitsatz
- 1.
§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 NDSchG regelt das "Ob" der Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung zur Nutzung erneuerbarer Energien dergestalt, dass das öffentliche Interesse bei Vorliegen der Voraussetzungen (reversibler Eingriff in das äußere Erscheinungsbild und nur geringfügiger Eingriff in die denkmalwerte Substanz) in der Regel überwiegt. In einem Großteil der Fälle ist die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder Umwandlung erneuerbarer Energien mithin grundsätzlich zu genehmigen.
- 2.
Begründet der besondere denkmalrechtliche Wert und/oder das Ausmaß der Beeinträchtigung des Denkmals selbst oder von Denkmälern in der näheren Umgebung einen vom Regelfall abweichenden atypischen Fall, bedarf es bei der Frage des "Ob" der Genehmigung einer - im Ausgangspunkt ergebnisoffenen - Abwägung zwischen dem öffentlichen und privaten Interesse an der Errichtung zur Nutzung von erneuerbaren Energien und dem Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals, in die allerdings das gesetzgeberische Ziel des Klimaschutzes mit erheblichem Gewicht einfließen muss.
- 3.
Für die Frage des "Wie" der Genehmigung bleibt es bei den Regelungen des § 10 Abs. 3 NDSchG und der Pflicht der zuständigen Behörde, auf eine möglichst denkmalverträgliche Ausgestaltung der Anlage hinzuwirken. Dabei darf die grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien nicht konterkariert werden, sodass eine für den Anlagenbetreiber - insbesondere wirtschaftlich - unzumutbare Ausgestaltung nicht verlangt werden kann. Aufwändige und mit hohen Kosten verbundene technische Sonderlösungen können daher ebenso wie eine Installation in ertragsschwacher Lage in aller Regel nicht verlangt werden.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 27. Januar 2023 geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine denkmalrechtliche Anordnung zum Rückbau einer Photovoltaikanlage.
Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße (Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung A-Stadt) in der Altstadt der Antragsgegnerin. Das aus der Zeit um 1500 stammende zweigeschossige Gebäude ist ein Beispiel bürgerlicher Baukunst. Die zur D. -Straße ausgerichtete spätgotische Fassade zeichnet sich durch ihre symmetrische Gliederung und die besondere Gestaltung der Fenster im Erdgeschoss aus. Das Dach wurde nach einem Brand in den 1980er Jahren nach historischem Vorbild neu aufgebaut. Statt der historischen Schiefereindeckung erhielt das Dach damals seine heutige rote Ziegeleindeckung. Die zu einem unbekannten Zeitpunkt eingebauten nicht genehmigten Kunststofffenster werden von der Antragsgegnerin bis zu deren Abgängigkeit geduldet. Die rückwärtige auf den nach Nordosten gelegenen Garten ausgerichtete Fassade ist großflächig mit Efeu bewachsen. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein in die Denkmalliste eingetragenes Einzeldenkmal, an dessen Erhalt aus künstlerischen, geschichtlichen und städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Zudem ist das Denkmal Bestandteil der baulichen Gruppe "Altstadt A-Stadt" sowie des UNESCO-Weltkulturerbes "Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt von A-Stadt und Oberharzer Wasserwirtschaft". In der östlich parallel zur D. -Straße verlaufenden E. -Straße befinden sich unter den Hausnummern ..., ..., ... und ... weitere Einzeldenkmäler.
Auf dem nördlich an das Antragstellergrundstück anschließenden Grundstück D. -Straße ... steht ein modernes, ebenfalls rot eingedecktes Gebäude. Auf dem südlich benachbarten Grundstück D. -Straße ... wurde vor wenigen Jahren auf einem flach geneigten Garagendach eine genehmigte Photovoltaikanlage errichtet. Wegen der geringen Höhe des Daches sowie ihrer an dieses angepassten Gestaltung ist diese Anlage vom öffentlichen Raum nur sehr begrenzt wahrnehmbar.
Nach telefonischem Hinweis stellte die Antragsgegnerin bei einer Ortsbesichtigung am 18. August 2022 fest, dass auf der straßenabgewandten Dachseite des Gebäudes A-Straße Befestigungsstreben zur Installation einer Photovoltaikanlage montiert worden waren. Mit Schreiben vom selben Tag wies die Antragsgegnerin auf das Genehmigungserfordernis des § 10 NDSchG hin und hörte den Antragsteller mit einer Äußerungsfrist bis zum 15. September 2022 zu einer Baustilllegung und einem Rückbau an, sollte er bis zum 30. September 2022 die Befestigungsstreben nicht entfernt haben. Auf dieses Schreiben, das dem Antragsteller am 20. August 2022 per Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, reagierte er zunächst nicht. Am 1. September 2022 war der Zustand des Daches unverändert. Am 14. September 2022 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin telefonisch mit, dass er zwischenzeitlich die Photovoltaikanlage errichtet habe; das Schreiben vom 18. August 2022 habe er zu spät gelesen. Die errichtete Anlage überdeckt ca. 60-70% der östlichen Dachfläche, erscheint polychrom und weist an den Seiten deutlich sichtbare Überstände der silberfarbenen Befestigungsschienen auf.
Nachdem ein Termin der Beteiligten am 24. Oktober 2022 ohne Ergebnis blieb, erließ die Antragsgegnerin unter dem 28. Oktober 2022 die streitgegenständliche Verfügung. In dieser ordnete sie den rückstandslosen Rückbau der Photovoltaikanlage innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, spätestens jedoch nach Bestandskraft der Verfügung an (Ziffer 1), verpflichtete den Antragsteller, die Dachfläche nach Beseitigung der Photovoltaikanlage in derselben Frist wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen (Ziffer 2), und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zudem drohte sie für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnungen ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR (bezgl. Ziffer 1) bzw. 2.500 EUR (bzgl. Ziffer 2) an.
Dem hiergegen gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und seinen Beschluss wie folgt begründet: Der angegriffene Bescheid erweise sich bei summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtswidrig. Die ohne Genehmigung errichtete Photovoltaikanlage sei zwar formell illegal, worauf sich regelmäßig eine Rückbauverfügung ohne Substanzverlust stützen lasse. Diese stelle sich aber in der vorliegenden Konstellation als unverhältnismäßig dar, weil das realisierte Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig sei. Dies setze voraus, dass eine Entscheidung nach Aktenlage möglich sei und jedes anderes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit schlechthin unvertretbar erscheine. Beide Voraussetzungen seien erfüllt. Die Kammer verfüge über hinreichend detaillierte Kenntnisse der Örtlichkeit und der Antragsteller habe - bedingt durch die nachträgliche Antragstellung - im konkreten Fall einen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung gemäß § 10 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 NDSchG. Letzteres reiche regelmäßig aus, um die Annahme zu rechtfertigen, jedes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit sei schlechthin unvertretbar. Ein Ausnahmefall, der eine Abweichung von der Regelwirkung des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG rechtfertigen könne, liege nicht vor. Es sprächen vor dem Hintergrund, dass nach Überzeugung der Kammer vor allem die nach Südwesten auf die D. -Straße gerichtete Fassade repräsentativ für die historische Gebäudestruktur in der Altstadt der Antragsgegnerin sei, zahlreiche Gesichtspunkte dafür, dass der Denkmalwert des betroffenen Gebäudes oder der umliegenden Denkmäler nicht erheblich beeinträchtigt werde. Die Frontseite des Gebäudes werde durch die Photovoltaikanlage in keiner Weise beeinträchtigt, sodass auch weder der Umstand, dass das Gebäude besonders alt und wertvoll sei, noch die Zugehörigkeit zu einer Weltkulturerbestätte einen Ausnahmefall begründe. Die Gefahr der Nachahmung in Form weiterer ungenehmigt errichteter Photovoltaikanlagen sei im Interesse der Förderung erneuerbarer Energien hinzunehmen. Diese liege im öffentlichen Interesse, wie sowohl einfachgesetzliche (§ 7 Abs. 2 NDSchG, EEG, Änderungen des BauGB) als auch verfassungsrechtliche Regelungen (Art. 20a GG, Art. 6c NV) belegten. Zudem sei zu beachten, dass die Installation der Photovoltaikanlage dem Erhalt des Denkmals mittelbar auch zugutekommen könne. Dafür spreche, dass das Gebäude rein äußerlich einen guten Erhaltungszustand aufweise. Sollte sich im Verlauf der Zeit zeigen, dass die Dachkonstruktion etwa im Falle hoher Schneelast überlastet zu werden drohe, stünde es der Antragsgegnerin frei, dieser neuen Sachlage mit einer Verfügung zu begegnen. Den Abbau der seitlich angebrachten Befestigungselemente könne die Antragsgegnerin im Wege einer darauf beschränkten Beseitigungsanordnung oder einer Genehmigung unter Auflagen verfügen.
II.
Die Beschwerde, auf deren fristgerecht vorgetragene Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, hat Erfolg.
Zu Recht macht die Antragsgegnerin geltend, dass die streitgegenständliche PV-Anlage entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht offensichtlich genehmigungsfähig und die angefochtene Verfügung insgesamt rechtmäßig sei.
Die angefochtene Rückbau- und Wiederherstellungsanordnung (Ziff. 1 und 2 des Bescheids vom 28.10.2022) beruht auf § 23 Abs. 1 NDSchG. Danach treffen die Denkmalschutzbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die Anordnungen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der §§ 6 bis 17, 25, 27 und 28 NDSchG sicherzustellen. Zutreffend stellt das Verwaltungsgericht fest, dass die errichtete Anlage formell illegal ist. Bei dem betroffenen Gebäude handelt es sich um ein Kulturdenkmal in Form eines Baudenkmals (§ 3 Abs. 2 NDSchG), das durch die Installation einer Photovoltaikanlage verändert wurde, ohne dass die hierfür nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 NDSchG erforderliche Genehmigung der Antragsgegnerin vorlag. Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass bereits die formelle Illegalität die im Verhältnis zur Nutzungsuntersagung eingriffsintensivere Rückbauanordnung ausnahmsweise rechtfertigen kann, wenn sich diese - wie hier - in einem einfachen Abbau ohne Substanzverlust erschöpft.
Allerdings kann sich die Rückbauanordnung bei offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit gleichwohl als unverhältnismäßig erweisen. In den Fällen, in denen der Gesetzgeber die Zulässigkeit von Vorhaben von der präventiven Kontrolle der zuständigen Aufsichtsbehörde abhängig gemacht und eine Ausnahme für "einfache" Fälle nicht vorgesehen hat, sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats an die Ausnahmekonstellation der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt nur dann vor, wenn erstens über die Genehmigungsfähigkeit bereits nach Aktenlage, ohne jegliche weiteren Ermittlungen entschieden werden könnte und wenn zweitens zusätzlich jedes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit nicht nur falsch, sondern schlechthin unvertretbar wäre (grundlegend zu § 79 Abs. 1 NBauO Senatsbeschl. v. 9.6.2020 - 1 ME 108/19 -, BauR 2020, 1444 = BRS 88 Nr. 90 = juris Rn. 19). Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht zwar formal zutreffend dargestellt, in der Sache jedoch missverstanden.
Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, die Kammer verfüge über die für eine Entscheidung nach Aktenlage erforderlichen hinreichend detaillierten Kenntnisse der Örtlichkeit und sich dabei möglicherweise auf die von der Berichterstatterin im Verfahren angefertigten, nicht aber zur Gerichtsakte gelangten Fotos bezieht, übersieht es, dass es auf den Erkenntnishorizont der Behörde ankommt. Aus ihrer Perspektive muss sich das Genehmigungsverfahren wegen unnötiger Sachverhaltsermittlung als unnötig darstellen. Hinzu kommt, dass es für die Frage der Denkmalverträglichkeit der streitgegenständlichen Photovoltaikanlage nicht nur auf die Örtlichkeit, sondern - wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht - auch auf die Gestaltung der Photovoltaikanlage ankommt. Auf die hinsichtlich der Gestaltung bereits in dem angegriffenen Bescheid und im Verfahren vertieften Einwände der Antragsgegnerin geht das Verwaltungsgericht nicht ein. Lediglich für die seitlich überstehenden Befestigungselemente verweist es die Antragsgegnerin auf den Erlass einer insoweit beschränkten Beseitigungsanordnung oder einer Genehmigung unter Auflagen. Mit diesem die Prüfung der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit abschließenden Satz konterkariert das Verwaltungsgericht sein zuvor hergeleitetes positives Ergebnis; die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit muss sich auf die Gesamtanlage und nicht nur auf Teile derselben beziehen.
Bezüglich der zweiten Voraussetzung der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft. Unter Zugrundelegung des vom Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen strengen Maßstabs (vgl. erneut Senatsbeschl. v. 9.6.2020 - 1 ME 108/19 -, BauR 2020, 1444 = BRS 88 Nr. 90 = juris Rn. 19), der aus der Ordnungsfunktion des formellen Bau- bzw. Denkmalrechts folgt, reicht es nicht aus, dass der Bauherr - unter der Bedingung der nachträglichen Antragstellung zur Legalisierung - im konkreten Fall nach der Rechtsauffassung des Gerichts einen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung hat. Dass die Erteilung der Genehmigung nach § 10 Abs. 1 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1 NDSchG - ebenso wie im Regelfall die Erteilung einer Baugenehmigung - nicht im Ermessen der Behörde steht, führt nicht zur offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit. Vielmehr muss das Ergebnis der Prüfung im Rahmen des gesetzlich angeordneten Genehmigungsverfahrens in einer Weise auf der Hand liegen, dass dieses sich als bloße "Formsache" darstellt (für die Baugenehmigung Senatsbeschl. v. 1.4.2022 - 1 ME 8/22 -, BauR 2022, 1031 = NdsVBl 2022, 212 = juris Rn. 8). Es dürfen mithin auch und gerade im Tatsächlichen keine Anhaltspunkte bestehen, die dazu führen könnten, dem Vorhaben die Genehmigung zu versagen oder nur unter Auflagen zu erteilen. Ferner darf die Genehmigungserteilung nicht von der Anwendung von Rechtsnormen abhängen, deren Bedeutung verschiedenen Auslegungen zugänglich und in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist. Damit kommt die Annahme der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nur in seltenen Ausnahmefällen und nicht regelhaft in Betracht. Der bei Anordnungen nach § 79 NBauO ermessensleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht geeignet, das vom Gesetzgeber zulässigerweise vorgesehene Genehmigungserfordernis in seiner Regelungssubstanz zu beeinträchtigen.
Davon ausgehend liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 NDSchG hier offensichtlich nicht derart auf der Hand, dass das Genehmigungsverfahren als bloße "Formsache" entbehrlich erscheint. Ein Eingriff in ein Kulturdenkmal ist danach zu genehmigen, soweit das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG). Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der Regel, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird (§ 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG). Mit dieser Neufassung der Regelung zum Einsatz erneuerbarer Energien (zuvor § 7 Abs. 2 Nr. 2b) NDSchG a.F.) beabsichtigt der Gesetzgeber, dass auch die denkmalgeschützten Gebäude ihren Beitrag zum Erreichen der ambitionierten Klimaziele leisten. Dabei hat er explizit die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf denkmalgeschützten Dächern in den Blick und die insoweit bislang sehr restriktive Genehmigungspraxis zum Anlass genommen, das öffentliche Interesse an der Erzeugung erneuerbarer Energien zu betonen, ohne jedoch die Möglichkeit einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien und dem öffentlichen Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals ganz aufzugeben (vgl. Gesetzentwurf zum NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, LT-Drs. 18/11015, S. 43; Ergänzender Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, LT-Drs. 18/11430 neu, S. 34; ebenso bereits Nds. OVG, Beschl. v. 12.10.2022 - 12 MS 188/21 -, BauR 2023, 453 = NVwZ 2023, 443 = juris Rn. 33).
Ein zunächst zugunsten der erneuerbaren Energien weitergehender Formulierungsvorschlag, der lediglich auf die fehlende bzw. geringfügige Sichtbarkeit vom öffentlichen Raum aus oder geringfügige Störungen des Erscheinungsbildes bei fehlenden Standortalternativen abgestellt hatte (vgl. § 9 Abs. 3 NDSchG-Entwurf, Gesetzentwurf zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, LT-Drs. 18/11015, S. 8, 43 f.), wurde verworfen, weil dieser insbesondere im Rahmen von § 8 Satz 3 NDSchG (Anlagen in der Umgebung von Baudenkmalen) dazu geführt hätte, dass Windkraftanlagen die Schutzbedürftigkeit eines Kulturdenkmals in keinem Fall, d.h. auch nicht bei erheblicher Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines bedeutenden Kulturdenkmals hätte entgegengehalten werden können. Der Denkmalschutz wäre nach Auffassung des Gesetzgebers in diesem Fall faktisch außer Kraft gesetzt worden, was hinsichtlich der gesetzlichen Instandhaltungs- und Schutzpflichten des Denkmaleigentümers nach Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes verfassungsrechtliche Bedenken aufgeworfen hätte (vgl. Ergänzender Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, LT-Drs. 18/11430 neu, S. 33 f.). Allerdings lässt sich der Begründung zu der im Gesetzgebungsverfahren verworfenen Regelung des § 9 Abs. 3 NDSchG n.F. entnehmen, dass selbst danach nicht jede Solaranlage auf einem denkmalgeschützten Dach per se zu genehmigen gewesen wäre. Vielmehr sollten folgende, aus Sicht des Gesetzgebers relevante Faktoren geprüft und mit den Belangen des Klimaschutzes abgewogen werden: Störung des Erscheinungsbildes und der öffentlichen Sichtbarkeit, Statik des Daches, Materialgerechtigkeit, z.B. bei Solaranlagen auf Reetdächern, Umfang und Angemessenheit konstruktiver Eingriffe in die authentische Denkmalsubstanz, Klärung der Erreichbarkeit der Frei- oder Abschaltstellen und die Durchführung wirksamer Löscharbeiten (LT-Drs. 18/11015, S. 44). Hieran wird deutlich, dass der Gesetzgeber trotz der klaren Absicht, die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder Umwandlung erneuerbarer Energien deutlich zu erleichtern, gleichzeitig dem Denkmalschutz so weit wie möglich Rechnung tragen wollte. Dass er diese Grundhaltung mit der Neufassung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 NDSchG aufgegeben hätte, ist nicht erkennbar.
Vor diesem Hintergrund regelt § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 NDSchG das "Ob" der Genehmigung dergestalt, dass das öffentliche Interesse bei Vorliegen der Voraussetzungen (reversibler Eingriff in das äußere Erscheinungsbild und nur geringfügiger Eingriff in die denkmalwerte Substanz) in der Regel überwiegt. Diese gesetzgeberische Konstruktion macht deutlich, dass in einem Großteil der Fälle die Frage des "Ob" der Genehmigung positiv zu beantworten, die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder Umwandlung erneuerbarer Energien mithin grundsätzlich zu genehmigen ist (vgl. die dogmatische Grundlage offenlassend i.E. ebenso Nds. OVG, Beschl. v. 12.10.2022 - 12 MS 188/21 -, BauR 2023, 453 = NVwZ 2023, 443 = juris Rn. 39 f.).
Neben den Regelfällen, in denen der Gesetzgeber auf der Stufe des "Ob" der Genehmigung das Ergebnis der nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG vorzunehmenden Interessenabwägung zugunsten der erneuerbaren Energien entschieden hat, impliziert die gesetzgeberische Konstruktion des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG das Vorkommen atvpischer Fälle. Diese sind durch besondere Umstände gekennzeichnet, die sie von den Regelfällen abheben. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm und der Gesetzesbegründung lässt sich ableiten, dass man im Zusammenhang mit Windenergieanlagen die Fälle vor Augen hatte, in denen solche Anlagen die Umgebung besonders bedeutsamer Kulturdenkmäler beeinträchtigen (vgl. Ergänzender Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, LT-Drs. 18/11430 neu, S. 33 f.). Denkmäler, die für sich oder als Teil einer denkmalgeschützten Gruppe besonders wertvoll sind, etwa weil sie beispielsweise eine außergewöhnliche architektonische Qualität aufweisen, die Landschaft oder das Stadtbild in ganz besonderer Weise prägen, für die Architekturgeschichte epochenbestimmend, im Rahmen ihrer nationalen Bedeutung identitätsstiftend oder einer UNESCO-Welterbestätte zugehörig sind, stellen danach nicht den Regelfall dar, wenn mit der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien eine ernstliche Beeinträchtigung ihres Denkmalwertes verbunden ist. Der besondere Wert eines Denkmals ist mithin geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen. Ein Ausnahmefall kann aber auch dann vorliegen, wenn es sich nicht um ein besonders wertvolles Denkmal handelt, die mit der Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien einhergehende Beeinträchtigung jedoch gravierend ausfällt und erheblich über das hinausgeht, was der der Errichtung derartiger Anlagen typischerweise verbunden ist. Ausgehend hiervon kann insbesondere der Umstand, dass durch die Errichtung konstituierende Merkmale des Denkmals selbst verloren gehen oder sogar sein Denkmalwert insgesamt in Frage gestellt wird, einen atypischen Fall begründen. Ein Ausnahmefall kann zudem vorliegen, wenn die von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Interessen benachbarter Denkmaleigentümer eine abwägende Betrachtung im Einzelfall gebieten (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 12.10.2022 - 12 MS 188/21 -, BauR 2023, 453 = NVwZ 2023, 443 = juris Rn. 45). In diesen besonders gelagerten Fällen hat der Gesetzgeber den Ausgang der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien und dem Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals nicht zugunsten der erneuerbaren Energien vorgezeichnet. Hier bleibt es schon bei dem "Ob" der Genehmigung der geplanten Anlage bei einer - im Ausgangspunkt ergebnisoffenen - Interessenabwägung (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 12.10.2022 - 12 MS 188/21 -, BauR 2023, 453 = NVwZ 2023, 443 = juris Rn. 39 f. und 44 f.), in die allerdings das gesetzgeberische Ziel des Klimaschutzes mit erheblichem Gewicht einfließen muss.
Wurde die geplante Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien einer der beschriebenen Fallgruppen, d.h. Regel- oder Ausnahmefall, zugeordnet und die Frage des "Ob" der Genehmigung nach den oben dargestellten Maßstäben beantwortet, schließt sich im Genehmigungsverfahren die Frage nach der konkreten Ausgestaltung der Anlage an. Wie bereits ausgeführt lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber diese Frage mit der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG beantworten wollte. Vielmehr sah er auch für die zunächst weitergehende Fassung des § 9 Abs. 3 NDSchG die Prüfung der Denkmalverträglichkeit anhand verschiedener Faktoren vor, zu denen er beispielsweise das Ausmaß der Störung des Erscheinungsbildes und der öffentlichen Sichtbarkeit sowie die Materialgerechtigkeit zählte. Das bedeutet, dass die zuständige Behörde auch im Regelfall nicht jede und damit auch eine dem Denkmalschutz erheblich zuwiderlaufende Ausgestaltung zu genehmigen hat.
Für die Stufe des "Wie" der Genehmigung bleibt es daher bei den Regelungen des § 10 Abs. 3 NDSchG. Danach hat die Behörde darauf hinzuwirken, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage dem Denkmalschutz soweit wie möglich Rechnung trägt. Hierbei spielen die Größe und Position, aber vor allem auch die optische Ausgestaltung der Anlage (z.B. monochrome und an die Dacheindeckung angeglichene Farbgebung der sichtbaren Elemente) eine entscheidende Rolle. Erforderlichenfalls kann und muss die Genehmigung unter Auflagen erteilt werden, um den Zielen des Denkmalschutzes gerecht zu werden (§ 10 Abs. 3 Satz 2 NDSchG). Dabei darf allerdings die grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien nicht konterkariert werden, sodass eine für den Anlagenbetreiber - insbesondere wirtschaftlich - unzumutbare Ausgestaltung nicht verlangt werden kann. Wann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es bedarf einer abwägenden Betrachtung der Vorteile für das Denkmal einerseits und der Nachteile für den Denkmaleigentümer und - mit besonderem Gewicht - etwaiger Ertragseinbußen andererseits. Aufwändige und mit hohen Kosten verbundene technische Sonderlösungen können daher ebenso wie eine Installation in ertragsschwacher Lage - bei Photovoltaikanlagen beispielsweise auf der Nordseite eines Gebäudes - in aller Regel nicht verlangt werden.
Danach erweist sich die Annahme des Verwaltungsgerichts, es handele sich vorliegend offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise um einen Regelfall, in mehrfacher Hinsicht als nicht zutreffend. Die streitgegenständliche Anlage soll auf einem Gebäude errichtet werden, das Teil des UNESCO-Weltkulturerbes "Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von A-Stadt und Oberharzer Wasserwirtschaft" ist. Wertbildend ist dabei u.a. die Altstadt von A-Stadt, die als historisches Zentrum aus dem Mittelalter besonders gut erhalten ist und rund 1.500 Fachwerkhäuser aus dem 15. und 19. Jahrhundert umfasst. Trotz der in der Vergangenheit vorgenommenen Veränderungen und Rekonstruktionen ist der größte Teil des historischen Zentrums authentisch (vgl. Übersetzung der Erklärung zum außergewöhnlichen universellen Wert, zuletzt am 31.5.2023 abgerufen unter https://www.unesco.de/kultur- und-natur/welterbe/welterbe-deutschland/bergwerk-rammelsberg-altstadt-von-goslar- und). Dies reicht unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin mit überzeugenden Argumenten dargelegten, erforderlichenfalls im Hauptsacheverfahren näher aufzuklärenden Beeinträchtigungswirkung der Photovoltaikanlage aus, um die Frage eines atypischen Falls, für den § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG das Ergebnis der Interessenabwägung nicht vorgibt, der Prüfung im Genehmigungsverfahren vorzubehalten. "Auf der Hand" liegt das Ergebnis jedenfalls nicht; im Gegenteil sprechen die besseren Gründe dafür, dass kein Regelfall vorliegt und eine ergebnisoffene Abwägung der konkurrierenden Belange erforderlich sein wird. Der insofern erforderliche Prüfungsaufwand steht der Annahme der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit bereits auf der Stufe des "Ob" entgegen.
Hinsichtlich des "Wie", also der konkreten Gestaltung der Photovoltaikanlage liegt die Genehmigungsfähigkeit ebenfalls nicht auf der Hand, sondern steht im Gegenteil aus den von der Antragsgegnerin zutreffend benannten Argumenten erheblich in Frage. Gegen die im Rahmen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Vertretbaren weiterhin stets erforderliche denkmalangepasste Gestaltung spricht, dass die Module polychrom erscheinen und insbesondere einen metallischen Rand sowie ein metallisches Muster aufweisen. Beides verleiht der Anlage eine besondere optische Störintensität, deren Hinnahme nur in Frage kommen dürfte, wenn gestalterisch bessere Varianten aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nachweislich mit gravierenden Nachteilen verbunden sind. Die weit überstehenden Befestigungsschienen begründen ebenfalls eine vermeidbare Störwirkung, soweit sie nicht konstruktiv erforderlich sind. Diese vom Verwaltungsgericht weithin übersehenen Gesichtspunkte stehen einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit selbstständig tragend entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).