Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.06.2023, Az.: 1 LA 37/22

Landwirtschaft; Landwirtschaftlicher Betrieb; Pensionspferdehaltung; Pferdehaltung; Pferdepensionshaltung; Tiermedizin; Tierärztliche Pferdehaltung ist keine Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.06.2023
Aktenzeichen
1 LA 37/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 24451
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0613.1LA37.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 14.02.2022 - AZ: 2 A 129/20

Fundstellen

  • BauR 2023, 1650-1654
  • DÖV 2023, 870
  • NVwZ-RR 2023, 933-936
  • NordÖR 2023, 552-553
  • ZAP EN-Nr. 472/2023
  • ZAP 2023, 743
  • ZfBR 2023, 705

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Betreibt ein hauptberuflicher Tierarzt im Nebenerwerb eine Pferdehaltung, die den Zweck verfolgt, Pferde im Rahmen der tierärztlichen Behandlung für einige Tage unterzustellen sowie deren intensive Betreuung und Versorgung zu gewährleisten, wird der Anwendungsbereich des § 201 BauGB verlassen, da nicht der eine Pensionspferdehaltung prägende landwirtschaftliche, sondern der tiermedizinische Zweck im Vordergrund steht.

  2. 2.

    Einkünfte, die keine Bodenertragsnutzung darstellen, vermögen die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht zu begründen; sie können allenfalls als sogenannte mitgezogene Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sein.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 14. Februar 2022 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 41.900 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung eines Bauvorbescheides über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Neubaus eines Maschinengebäudes mit Betriebsleiterwohnung. Die Beteiligten streiten insbesondere darum, ob das Vorhaben einem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb dient.

Der Kläger ist Eigentümer des Außenbereichsgrundstücks mit der postalischen Anschrift "F." in A-Stadt (Gemarkung G., H., Flurstück I.). Der Voreigentümer des Grundstücks war der Vater des Klägers, der auf dem Grundstück ein Gebäude errichtete, welches er später ohne entsprechende Baugenehmigung als Wochenendhaus nutzte. Zeitweise wurde das Gebäude auch von dem Kläger persönlich bewohnt. Nach dem Eigentumsübergang auf den Kläger im Jahr 2008 versuchte dieser erfolglos, eine nachträgliche Genehmigung für die Wohnnutzung des Gebäudes zu erhalten.

Der Kläger ist hauptberuflich Tierarzt. Er bewirtschaftet seit 2008 Felder und betreibt seit 2010 - zunächst in einem Pachtstall - eine Tierhaltung in einem Umfang von sechs bis zehn Mutterkühen. Ihm stehen rund 15 ha Flächen zur Verfügung. Im Jahr 2012 erteilte der Beklagte dem Kläger die Genehmigung für den Neubau eines Mutterkuhstalles und die Umnutzung des als Wohnhaus genutzten Gebäudes als Maschinen- und Gerätegebäude. Im Oktober 2015 erhielt der Kläger nachträglich eine Baugenehmigung für einen gegenüber der zuvor erteilten Baugenehmigung in geänderter Ausführung auf dem Vorhabengrundstück errichteten Mutterkuhstall. Im Jahr 2013 errichtete der Kläger auf den Vorhabengrundstück ein Zelt zur Unterbringung der landwirtschaftlichen Geräte, eine Umnutzung des zum Wohnen genutzten Gebäudes erfolgte jedoch nicht. Darüber hinaus befindet sich auf dem Vorhabengrundstück ein weiteres als Strohlager genutztes Gebäude.

Am 20. Juni 2018 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheides für den Neubau eines Maschinengebäudes mit Betriebsleiterwohnung als Ersatz für das abzureißende, zu Wohnzwecken genutzte Gebäude auf dem Vorhabengrundstück. Im Untergeschoss des Neubaus sollen auf ca. 130 m2 Fläche landwirtschaftliche Maschinen und eine Werkstatt untergebracht werden, während Erd- und Dachgeschoss mit etwa 190 m2 zu Wohnzwecken genutzt werden sollen.

Durch Bescheid vom 17. April 2020 lehnte der Beklagte nach Einholung mehrerer Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Erteilung des Bauvorbescheides ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 14. Februar 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betrieb des Klägers mangels Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und dauerhafter Lebensfähigkeit keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstelle. Bei dem Hof des Klägers handele es sich nach der Anzahl der gehaltenen Tiere und der Größe der bewirtschafteten Fläche um einen kleinen Betrieb, bei dem die Möglichkeit der Gewinnerzielung verstärkt zu prüfen sei. Die vom Kläger dargelegte Situation der der Landwirtschaft zuzurechnenden Einnahmen und Ausgaben rechtfertige nicht die Annahme eines auf Dauer lebensfähigen Betriebes. Bei historischer Betrachtung der Grundstückssituation bestünden darüber hinaus gewichtige Gründe für die berechtigte Befürchtung, dass der Kläger unter dem Vorwand landwirtschaftlicher Betätigung versuche, im Außenbereich zu wohnen. Hinzu komme selbstständig tragend, dass das Bauvorhaben auch nicht dem Betrieb des Klägers im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB diente. Gegen eine dienende Funktion spreche bereits der Vergleich der Investitionskosten für den Neubau mit den Erträgen aus der Landwirtschaft. Zudem sei das Vorbringen des Klägers, seine dauerhafte Anwesenheit auf der Hofstelle sei zur Überwachung der Geburtsvorgänge der Mutterkühe und zur Verhinderung von Verletzungen der Rinder erforderlich, nicht hinreichend substantiiert. Das Betriebsleiterwohnhaus mit Maschinenhalle könne auch nicht als nicht privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, da es die Erweiterung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten lasse.

II.

Der dagegen gerichtete, auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel sind dann dargelegt, wenn es dem Rechtsmittelführer gelingt, wenigstens einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit plausiblen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen, dass sich dadurch etwas am Entscheidungsergebnis ändern könnte. Überwiegende Erfolgsaussichten sind nicht erforderlich; es genügt, wenn sich diese als offen erweisen. Ist das Urteil selbständig tragend auf mehrere Erwägungen gestützt, so muss jede von diesen mit durchgreifenden Zulassungsgründen angegriffen werden. Das ist dem Kläger nicht gelungen.

1.

Das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit seines Betriebes verneint, indem es mehrere Einnahmen der für maßgeblich erachteten Gewinnermittlung für den Zeitraum von Juli 2019 bis Juni 2020 als nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zurechenbar erachtet und den weiteren vorgetragenen Umständen kein hinreichendes Gewicht beigemessen habe, vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht zu begründen.

Die Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht es, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet ist, dass er Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung erfordert und dass es sich um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln muss (BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 -, BRS 79 Nr. 111 = ZfBR 2013, 45 = BauR 2013, 207 = juris Rn. 7; v. 16.12.2004 - 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 = BRS 67 Nr. 95 = ZfBR 2005, 382 = BauR 2005, 1134 = juris Rn. 10 m.w.N.). Auch eine landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle kann ein Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sein (BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 -, BRS 79 Nr. 111 = ZfBR 2013, 45 = BauR 2013, 207 = juris Rn. 7).

Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat - eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Es handelt sich um Hilfstatsachen, die im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten sind. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Die Gewinnerzielung ist nur ein Indiz, dem allerdings bei kleiner Nutzfläche und geringem Tierbestand erhöhte Bedeutung zukommt. In diesem Fall wird mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen sein, ob eine nicht privilegierte Hobbytierhaltung aus Liebhaberei vorliegt. Nachweise werden in Zweifelsfällen zu fordern sein, wenn nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem Betrieb die Möglichkeit der Gewinnerzielung abzusprechen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 -, BRS 79 Nr. 111 = ZfBR 2013, 45 = BauR 2013, 207 = juris Rn. 8 m.w.N.). Derjenige, der als Nebenerwerbslandwirt in den Genuss der gesetzlichen Privilegierung kommen möchte, trägt die (materielle) Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen (BVerwG, Beschl. v. 17.11.1998 - 4 B 100.98 -, BauR 1999, 733 = BRS 60 Nr. 164 = juris Rn. 13).

An diesen Voraussetzungen gemessen ist eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreichend dargelegt. Eine solche ist - wie das Verwaltungsgericht richtig ausführt - im vorliegenden Fall verstärkt zu prüfen, da es sich bei dem Betrieb des Klägers mit rund 15 ha zur Verfügung stehendem Ackerland und einem Tierbestand von etwa zehn Mutterkühen mit Kälbern, um einen kleinen Betrieb handelt, bei dem sich die Frage stellt, ob lediglich eine nicht privilegierte Hobbytierhaltung vorliegt. Die Landwirtschaftskammer Niedersachen als fachkundige Stelle hat mit Schreiben vom 15. Februar 2019 und 22. Juni 2020 mitgeteilt, dass nach ihrer Einschätzung ein dauerhafter und nachhaltiger landwirtschaftlicher Betrieb nicht vorliege. Diese Einschätzung, der sich das Verwaltungsgericht mit überzeugenden Argumenten angeschlossen hat, erweist sich auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens als richtig.

a)

Ohne Erfolg rügt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht die erstmals nach der mündlichen Verhandlung vom 6. Januar 2020 geltend gemachten Einnahmen aus seiner Pferdepensionshaltung in Höhe von 29.750,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer nicht berücksichtigt hat.

Zwar kann - wovon auch das Verwaltungsgericht ausgeht - eine Pferdepensionshaltung Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB sein, soweit das erforderliche Pferdefutter überwiegend auf zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden kann und die Bodenertragsnutzung im Vordergrund steht (Senatsbeschl. v. 28.6.2022 - 1 LA 173/21 -, BauR 2022, 133 = ZfBR 2022, 69 = juris Rn. 6; BayVGH, Beschl. v. 18.2.2013 - 1 ZB 11.1389 -, juris Rn. 15). Es obliegt dem Bauherrn darzulegen, dass nicht nur die Betriebsführung als solche, sondern auch ihre landwirtschaftliche Ausprägung tatsächlich gewährleistet ist. Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat in der Berufungsinstanz weiterhin nicht substantiiert dargelegt, die vorgetragene Dienstleistung nach seinem Betriebskonzept überhaupt dauerhaft anbieten zu können. Zu der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Frage, wo sich der vom Kläger nach seinen eigenen Angaben bereitgehaltene Stall zur Unterbringung der Pferde befinde, hat er nicht vorgetragen. Unklar bleibt auch, welche Gewinne der Kläger jährlich erwarten kann, da die geltend gemachten Einnahmen Erträge für einen Leistungszeitraum von dreieinhalb Jahren erfassen. Darüber hinaus sind die geltend gemachten Einnahmen der Landwirtschaft nicht zurechenbar. Einnahmen, die keine Bodenertragsnutzung darstellen, können als sogenannte mitgezogene Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.4.1985 - 4 C 13.82 -, ZfBR 1985, 93 [BVerwG 27.09.2021 - BVerwG 4 BN 17.21]; DVBl 1985, 395 = juris Rn. 15). Keinesfalls können solche Nebeneinkünfte aber dafür herangezogen werden, eine Privilegierung - wie hier - erst zu begründen. Unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers steht bei seiner Pferdehaltung nicht die Bodenertragsnutzung, sondern die tierärztliche Tätigkeit im Vordergrund, sodass die geltend gemachten Einnahmen nicht berücksichtigungsfähig sind. Er erbringt primär Nachsorgeleistungen der tierärztlichen Behandlung. Nach dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 9. Februar 2022 werden die Pferde dort jeweils für einige Tage im Rahmen der tierärztlichen Behandlung des Klägers untergebracht und bedürfen deshalb einer intensiveren Versorgung und Betreuung, als ein Pensionspferd in einem Reitstall. Aus diesem Grund leitet sich - wie der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2022 ergänzend vorgetragen hat - der Tagespreis aus der Pauschale für die stationäre Unterbringung eines Pferdes nach der Gebührenordnung für Tierärzte ab. Das zeigt anschaulich, dass es sich nicht um eine Pensionspferdehaltung i.S.v. § 201 BauGB, sondern um eine Unterbringung von Pferden zu tiermedizinischen Zwecken handelt. Steht ein solcher nichtlandwirtschaftlicher Zweck im Vordergrund, wird der Anwendungsbereich des § 201 BauGB verlassen (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Januar 2023, § 35 Rn. 36). Ob die vom Kläger veranschlagten Tagespreise in der Sache gerechtfertigt sind und ob der vom Kläger im Rahmen seines Zulassungsvorbringens herangezogene Tagespreis für eine Ferienwohnung in B-Stadt einen vergleichbaren Sachverhalt zum Gegenstand hat, kann deshalb dahinstehen.

b)

Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Gewinne des Klägers aus Mähleistungen und Baumfällarbeiten für seine Tierarztpraxis am Standort J. in Höhe von 1.050,00 EUR und aus der Produktion von Mulch aus dem Baumschnitt für die Tierarztpraxis in Höhe von 2.050,00 EUR nicht berücksichtigt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist die Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Lohnunternehmers mangels eigenverantwortlicher Bodenbewirtschaftung keine Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB (Senatsbeschl. v. 9.7.2019 - 1 LA 140/18 -, BauR 2019, 1758 = NordÖR 2019, 484 = juris Rn. 8; BVerwG, Beschl. v. 11.8.1989 - 4 B 151.89 -, BRS 51 Nr. 78 = ZfBR 1989, 269 = juris Rn.1). Gleiches gilt für Tätigkeiten des Landschaftsbaus und der Landschaftsgärtnerei (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Januar 2023, § 35 Rn. 18 m.w.N.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier, da der Kläger die vorgenannten Arbeiten für die Tierarztpraxis, deren Mitinhaber er ist, erbracht hat. Die bloße Ähnlichkeit der Tätigkeit des Klägers mit der eines Landwirtes macht diese noch nicht zu einer landwirtschaftlichen. Soweit der Kläger vorträgt, dass er nach anderen Erwerbsmöglichkeiten suche, weil ihm die Vergrößerung seines Betriebes und die Realisierung des Direktverkaufs - auch dies wäre nur eine mitgezogene nichtlandwirtschaftliche Nutzung - verwehrt werde, vermag dieses Vorbringen - unabhängig davon, ob es tatsächlich zutrifft - die Rechtsprechung zu der gesetzlichen Regelung des § 201 BauGB nicht infrage zu stellen.

c)

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Einnahme aus der Inzahlunggabe eines landwirtschaftlichen Geräts, eines Schwaders, im Wert von 579,83 EUR anlässlich des Kaufs eines neuen Geräts durch den Kläger nicht als Gewinn berücksichtigt. Den Gewinnen aus dem Verkauf bzw. der Inzahlunggabe von Betriebsgegenständen fehlt ebenfalls der hinreichende Bezug zur Bodenertragsnutzung, weshalb sie nicht geeignet sind, die Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu begründen. Zudem dürfte die Inzahlunggabe anlässlich des Erwerbs eines neuen Geräts insgesamt zu einem Verlust bzw. einer Investition und nicht zu einem Gewinn des Klägers geführt haben. Darauf, wie diese Einnahme buchhalterisch und steuerrechtlich erfasst wird, kommt es nicht an.

d)

Das Vorbringen des Klägers, es komme überhaupt nicht auf die Zusammensetzung seiner Einnahmen an, weil sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Nachweispflichten des mitwirkungspflichtigen Bauherrn reduzierten, wenn von fachkundiger Stelle attestiert werde, dass es sich um einen "regulären", also generell lebensfähigen Betrieb handele, und er zu diesem Zweck das Zeugnis seines Steuerberaters angeboten habe, vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht zu begründen. Eine entsprechende positive Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Niedersachsen als zuständiger fachkundiger Stelle lag nicht vor. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Beweislast oblag es dem Kläger, die Möglichkeit der Gewinnerzielung seines Betriebes weiter zu substantiieren. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 6. Januar 2022 hat das Verwaltungsgericht dem Kläger ausdrücklich Gelegenheit zur Vorlage weiterer Unterlagen gegeben, wovon dieser Gebrauch gemacht hat. Der vom Kläger angeregten Vernehmung seines Steuerberaters als Zeugen bedurfte es schon deshalb nicht, weil es sich bei der Frage, inwieweit die geltend gemachten Gewinne der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB zuzurechnen sind, um eine Rechtsfrage handelt.

e)

Soweit der Kläger auf seinen Maschinenbestand, sein Engagement und seine berufliche Eignung verweist, hat das Verwaltungsgericht diese Umstände gewürdigt und zutreffend festgestellt, dass diese Umstände allein nicht die Annahme rechtfertigen, dass es sich bei dem Hof des Klägers um mehr als eine Hobbytierhaltung aus Liebhaberei handelt. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Einnahmen des Klägers aus der Rinderhaltung und Bewirtschaftung der Felder zuzüglich Prämien und Steuerrückerstattungen, die der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB zuzurechnen sind, für sich genommen nicht ausreichen, um die geltend gemachten, durch die Betriebsführung entstehenden Ausgaben dauerhaft zu decken, hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen. Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, dass auf der Ausgabenseite zusätzlich fiktive Lohnkosten für den Einsatz eigener Arbeitskraft und Rücklagen für die Bildung von Eigenkapital hinzuzurechnen wären (vgl. BayVGH Urt. v. 20.3.2001 - 20 B 00.2501 - BRS 64 Nr. 91 = ZfBR 2001, 42 = juris Rn. 20). Entgegen der Rüge des Klägers kommt es nicht darauf an, wie die Eigenkapitalbildung steuerrechtlich und buchhalterisch erfasst wird.

2.

Soweit sich der Kläger gegen die die Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbstständig tragende Feststellung wendet, dass das Vorhaben nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB diene, zeigt er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ebenfalls nicht auf. Die Argumentation des Klägers, seine Anwesenheit auf der Hofstelle sei zur Geburtsüberwachung erforderlich, da bei der von ihm gehaltenem Rasse eine technische Überwachung nicht möglich und eine Videoüberwachung mangels schneller Zugriffsmöglichkeit nicht geeignet sei, rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

Ob ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, bestimmt sich wesentlich danach, ob ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Hinzukommen muss im Hinblick auf den Schutzzweck des § 35 BauGB, dass das Vorhaben durch die so umrissene Zuordnung zu dem konkreten Betrieb - auch äußerlich erkennbar - geprägt wird (BVerwG, Urt. v. 3.11.1972 - IV C 9.70 -, BVerwGE 41, 138 = BRS 25 Nr. 60 = juris Rn. 19). Hierzu hat das Verwaltungsgericht zunächst - vom Kläger nicht angegriffen - selbstständig tragend ausgeführt, dass der Kläger die Investitionskosten für das Vorhaben nicht aus den Einkünften seines Betriebes decken kann. Allein aus diesem Grund kann der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg haben (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Entgegen der Rüge des Klägers hat sich das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Prüfung, ob der Betrieb des Klägers einer Betriebsleiterwohnung bedarf und nicht der Wohnzweck im Vordergrund steht, mit den vom Kläger vorgelegten Dissertationen auseinandergesetzt und zutreffend ausgeführt, dass sich aus diesen nicht ergibt, dass bei der vom Kläger gehaltenen Rasse eine technische Überwachung insgesamt nicht möglich ist. Die Dissertation aus dem Jahr 2015 beschreibt eine hohe Anzahl von Fehlalarmen bei Fleckvieh nur für die Geburtsüberwachung durch das iVet-System, d.h. für die Geburtsüberwachung mittels Sensor. In der vom Kläger vorgelegten Dissertation aus dem Jahr 2017 wird die Kameraüberwachung ausdrücklich als eine von mehreren möglichen Ergänzungen zur herkömmlichen Geburtsüberwachung empfohlen. Soweit der Kläger die zeitverzögerte Reaktionsmöglichkeit rügt, hat das Verwaltungsgericht hierzu ausgeführt, es sei nicht zu erkennen, dass eine Betreuung von zu Spitzenzeiten zehn Mutterkühen mit zehn Kälbern bei Beibehaltung des in der geschlossenen Ortslage etwa 2 km Luftlinie (gemessen mit dem Messwerkzeug der Niedersächsischen Umweltkarten) entfernt liegenden Wohngebäudes nicht möglich sei, zumal der Kläger nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit den Tierbestand auf bis zu 16 Tiere erhöht habe. Diese Einschätzung wird durch Überprüfung des Fahrtweges bei google maps bestätigt. Der Kläger kann bereits nach Beginn des Geburtsvorgangs losfahren und bei Anwendung eines Kraftfahrzeugs seinen Stall in weniger als zehn Minuten erreichen. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass ein Betriebsleiterwohnhaus mit den damit verbundenen erheblichen Investitionskosten dem Betrieb des Klägers dient, da sich auch bei dessen Vorhandensein Totgeburten der Rinder, Verletzungen der Tiere und eine zeitliche Verzögerung um einige Minuten bis zum Einschreiten des Klägers nicht vollständig vermeiden lassen dürften.

3.

Ohne Erfolg wendet sich der Kläger unter Verweis auf die zuvor an gleicher Stelle genehmigte Maschinenhalle gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, sein Vorhaben könne nicht als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, da es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtige, indem es die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse.

Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist zu befürchten, wenn in der Ausführung des beantragten Vorhabens ein Vorgang der Zersiedelung gesehen werden muss. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn es dem Vorhaben an einer deutlichen Unterordnung unter den vorhandenen Bestand fehlt. Will der Bauherr - wie hier - ein vorhandenes Gebäude ersetzen, muss er sich im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BauGB so behandeln lassen, als wenn er an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichten wollte. Der Ersatzbau tritt zu dem nach Beseitigung des Altbaus und gegebenenfalls weiterer Gebäude verbleibenden Bestand hinzu. Diesem Bestand muss er sich deutlich unterordnen (BVerwG, Beschl. v. 27.10.2004 - 4 B 74.04 - BRS 67 Nr. 108 = BauR 2005, 70 = juris Rn. 5). Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Genehmigung des Vorhabens einen Vorgang der Zersiedelung einleiten würde, da das mehrgeschossige Gebäude sich aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung den auf dem Vorhabengrundstück vorhandenen Stall- und Lagergebäuden nicht deutlich unterordnen und zudem erstmals eine Wohnnutzung auf dem Vorhabengrundstück zugelassen würde. Diese Verfestigung einer Splittersiedlung ist unerwünscht, denn sie besitzt eine nicht genau übersehbare Vorbildwirkung für ähnliche Vorhaben (vgl. hierzu u.a. BVerwG, Beschl. v. 7.6.2016 - 4 B 47.14 -, BRS 84 Nr. 81 = ZfBR 2016, 799 = juris Rn. 17). Den Vortrag des Klägers, die Nachbargrundstücke seien bereits bebaut und eine weitere Bebauung der Nachbargrundstücke sei nicht möglich, hat das Verwaltungsgericht gewürdigt und darauf hingewiesen, dass zwischen der Bebauung nördlich der Straße "K." nordöstlich sowie südwestlich des Vorhabengrundstücks nicht unerhebliche Freiflächen vorhanden sind, auf denen die Errichtung weiterer Häuser möglich bleibt. Für die Einschätzung des Klägers, die Lücken könnten aufgrund immissionsschutzrechtlicher Vorgaben nicht geschlossen werden, bestehen - wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - keine Anhaltspunkte. Eine Substantiierung dieses Vortrags durch den Kläger ist im Zulassungsverfahren nicht erfolgt.

Der Schriftsatz des Klägers vom 7. Oktober 2022 ist nach Ablauf der Frist zur Antragsbegründung eingegangen und ist deshalb, soweit er neuen Vortrag enthalten sollte, nicht mehr zu berücksichtigen.

4.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1 a), 3 a) der auf der Internetseite des Gerichts abrufbaren Streitwertannahmen der Bau- und Immissionsschutzsenate für ab dem 1. Juni 2021 eingegangene Verfahren (vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit Senatsbeschl. v. 28.6.2022 - 1 LA 173/21 -, BauR 2022, 1332 = juris Rn. 14). Anlass, die abweichende Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts zu ändern, bestand nicht, da die Klage in erster Instanz vor dem genannten Datum eingegangen war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).