Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.08.2002, Az.: 2 A 3244/99
Beitragskalkulation; Beitragsschuld; Erhebungszeitraum; Fremdenverkehrsbeitrag; Nachkalkulation; Schlechterstellungsverbot; vergangene Zeiträume
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 22.08.2002
- Aktenzeichen
- 2 A 3244/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43638
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 KAG ND
- § 5 Abs 2 S 2 KAD ND
- § 9 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Unwirksamkeit von Fremdenverkehrsbeitragssätzen, weil die zugrunde liegenden Kalkulationen nicht den an sie gestellten Anforderungen genügen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die beiden Fremdenverkehrsbeitragsbescheide der Beklagten vom 26. Februar 1999 sind - jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 1999 - rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide ergibt sich daraus, dass die in § 4 Abs. 4 FVBS 1998 festgesetzten Beitragssätze für die Jahre 1996 und 1997 nicht wirksam sind, weil die zugrunde liegenden Kalkulationen vom 19. November 1998 nicht den an sie gestellten Anforderungen genügen.
In das Verfahren der Bestimmung des Abgabesatzes fließen beim Fremdenverkehrsbeitrag nicht nur Elemente der Beitragskalkulation ein, weil die Beitragspflicht durch einen abstrakt umschriebenen Vorteil ausgelöst wird, sondern die vorzunehmende Kalkulation ähnelt auch dem bei der Bestimmung des Satzes für Benutzungsgebühren nach § 5 NKAG einzuhaltenden Verfahren, weil der Fremdenverkehrsbeitrag nicht einmalig für eine bestimmte Investition, sondern fortlaufend erhoben wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, NVwZ-RR 1992, 45 <47>). Die Kalkulation des Beitragssatzes fällt in die Kompetenz des (Samtgemeinde-)Rates. Dies bedeutet, dass der (Samtgemeinde-)Rat einen neuen bzw. geänderten Beitragssatz nur auf der Grundlage einer Kalkulation, die er sich zu eigen macht, ermessensfehlerfrei durch Satzung festlegen kann. Denn nur der (Samtgemeinde-)Rat hat darüber zu entscheiden, in welchem Umfang beitragsfähiger Aufwand durch Beiträge zu decken ist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, 40 <44>). Das zuständige kommunale Rechtsetzungsorgan muss allerdings weder die Kalkulation als solche noch die Fortgeltung des bisherigen, unveränderten Gebührensatzes ausdrücklich beschließen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Januar 2000 - 9 K 2148/99 -, NVwZ-RR 2001, 124 [OVG Nordrhein-Westfalen 02.02.2000 - 9 A 3915/98] <124> = Nds. VBl. 2000, 113 ff., zur Abfallbeseitigungsgebühr). Entsprechendes gilt für die Berechnung eines Beitragssatzes für vergangene Zeiträume. Wenn bei einer rückwirkenden Festlegung des Beitragssatzes die maßgeblichen Daten feststehen bzw. ermittelbar sind, hat allerdings an die Stelle der Vorauskalkulation eine Berechnung unter Verwendung der bekannten Zahlen zu treten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, a.a.O. <47 f.>). Dabei sind sowohl die tatsächlich entstandenen Kosten als auch die Maßstabseinheiten zu berücksichtigen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 8. August 1990 - 9 L 182/89 -, NVwZ-RR 1991, 383 <384>). Außerdem kann ein gültiger Beitragssatz nur auf der Grundlage einer Beitragskalkulation, die eine geeignete Entscheidungsgrundlage bildet, beschlossen werden. Denn nur eine die grundlegenden - nach Auffassung der Kammer rechtmäßigen - Entscheidungen widerspiegelnde Kalkulation versetzt das kommunale Rechtsetzungsorgan in die Lage, die Höhe des Beitragssatzes sachgerecht festzulegen. Einzelne Fehler bei der Kalkulation führen allerdings für sich allein nicht bereits zur Unwirksamkeit des beschlossenen Beitragssatzes. Diese Fehler müssen zusätzlich zur Folge haben, dass der beschlossene Beitragssatz zu Lasten der Beitragspflichtigen den bei einer ordnungsgemäßen Kalkulation höchstens zulässigen Beitragssatz übersteigt. Fehlt es daran, so berühren Kalkulationsfehler die Gültigkeit des Beitragssatzes nicht. Die Entscheidungsfindung besitzt daneben nur selbständige Bedeutung, wenn das höherrangige Recht auch den Vorgang der Willensbildung besonderen Anforderungen und einer gerichtlichen Überprüfung unterwirft (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2000 - 9 L 4640/99 -, NVwZ-RR 2001, 263 <264>, zum Kanalbaubeitrag; BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1/01 -, NVwZ 2002, 1123 <1124>). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 3 NKAG die Regelungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 und 3 NKAG für die Aufwandsermittlung nach Satz 1 entsprechend gelten. Entgegen dem Wortlaut ist § 9 Abs. 1 Satz 3 NKAG unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien allerdings dahingehend auszulegen, dass bei einer Entscheidung für einen Kalkulationszeitraum, der drei Jahre nicht übersteigen soll, dieser Zeitraum für die Ermittlung des Gesamtaufwandes und der Summe der - hier auf der Grundlage der Umsätze zu errechnenden - Maßstabseinheiten von Bedeutung ist (so wohl auch Hatopp, NKAG, § 9 Anm. 23). In der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs heißt es insoweit, aus Gründen der Praktikabilität sollten die für das Gebührenrecht geltenden Vorschriften über den Kalkulationszeitraum auch für die Kalkulation des Fremdenverkehrsbeitrags angewendet werden (LT-Drs. 12/2275, S. 21). Insoweit ist dem (Samtgemeinde-)Rat ein ausschließlich ihm zustehendes Ermessen eingeräumt. An materiellen Bemessungsregeln ist vor allem das in § 9 Abs. 1 Satz 1 NKAG zum Ausdruck kommende Aufwandsüberschreitungsverbot zu beachten. Danach können die Kommunen Fremdenverkehrsbeiträge nur „zur Deckung ihres Aufwandes“ erheben. Die Einnahmen aus Fremdenverkehrsbeiträgen dürfen also nicht höher sein als zur Aufwandsdeckung erforderlich, wobei ein dem besonderen Vorteil der Allgemeinheit entsprechender Teil des Aufwands außer Ansatz bleiben muss (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, a.a.O. <48>).
Ausgehend von diesen Kriterien sind die Kalkulationen der Beklagten insbesondere deshalb zu beanstanden, weil erhebliche „Systemfehler“ vorliegen (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, a.a.O.), so dass es sich hierbei nicht lediglich um „einzelne Fehler" im o.g. Sinne handelte.
Der Samtgemeinderat der Beklagten beschloss am 7. Dezember 1998 nicht nur den Erlass der ersten Änderung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung, sondern auch, den vorgelegten Beitragskalkulationen vom 19. November 1998 für die Jahre 1996 und 1997 zuzustimmen. In der Nachkalkulation vom 28. Oktober 1998, die im Original der Kalkulation für das Jahr 1996 und in Kopie der Kalkulation für das Jahr 1997 beigefügt wurde, heißt es (für beide Kalkulationen), für die Ermittlung des Gesamtaufwandes lägen die Ergebnisse der Wirtschaftsjahre 1995 bis 1997 als Kalkulationsgrundlage zugrunde und Kalkulationszeitraum seien die Wirtschaftsjahre 1996 bis 1998. Dem Beschluss des Samtgemeinderates und den Kalkulationen lässt sich mithin entnehmen, dass der Samtgemeinderat sein ihm gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG eingeräumtes Ermessen dahingehend ausübte, den Kalkulationen einen Kalkulationszeitraum von drei Jahren zugrunde zu legen.
Diese Vorgehensweise ist aber schon deshalb zu beanstanden, weil die Beklagte die Fremdenverkehrsbeitragssätze für die Jahre 1996 und 1997 richtigerweise getrennt voneinander hätte berechnen müssen. Weil es sich ausgehend vom Satzungsbeschluss am 7. Dezember 1998 um vergangene Zeiträume handelte und Erhebungszeitraum - wie sich aus § 5 Abs. 1 FVBS ergibt - das Kalenderjahr ist, in dem die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 FVBS vorliegen, hätte die Beklagte ihr grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG eingeräumtes Ermessen nicht in der beschriebenen Art und Weise ausüben dürfen und hat deshalb ermessensfehlerhaft gehandelt. Vielmehr hätte sie den jeweils berechenbaren Aufwand für das Jahr 1996 der Berechnung der Fremdenverkehrsbeitragssatzes für das Jahr 1996 zugrunde legen und entsprechend für das Jahr 1997 verfahren müssen und keinen auf drei Jahre verteilten Gesamtaufwand zugrunde legen dürfen. Der Nachkalkulation vom 28. Oktober 1998 lässt sich entnehmen, dass die Ermittlung des Gesamtaufwandes u.a. auf den Ergebnissen der Wirtschaftsjahre 1996 und 1997 beruht.
Ein weiterer Fehler besteht darin, dass in den vom Samtgemeinderat beschlossenen Kalkulationen die Umsätze, die die beitragspflichtigen Personen in den Jahren 1995 und 1996 erzielten, der Kalkulation der Beiträge für die Jahre 1996 und 1997 zugeordnet wurden. Zwar darf eine (Samt-)Gemeinde als Beitragsmaßstab grundsätzlich einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab wählen, wobei dem kommunalen Satzungsgeber ein weiter, pauschalierter und typisierende Regelungen einschließender Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. März 1997 - 9 K 1912/95 -, NST-N 1997, 218 <218>). Dementsprechend ist es auch grundsätzlich zulässig, hinsichtlich des (besonderen wirtschaftlichen) Vorteils zu bestimmen, dass Grundlage seiner Ermittlung der Umsatz des Jahres sein soll, das dem Erhebungszeitraum vorausgegangen ist (s. § 3 Abs. 2 FVBS) (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 2 L 134/98 -, ZKF 2000, 89), zumal es bei dem nach § 9 NKAG möglichen Vorteilsausgleich nicht auf tatsächlich erzielte Gewinne oder Umsätze ankommt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, a.a.O. <47>). Die oben beschriebene Vorgehensweise der Beklagten bei der Bemessung der Fremdenverkehrsbeitragssätze für vergangene Zeiträume widerspricht aber jedenfalls in den Fällen, in denen sich eine Kommune für die Ermittlung der tatsächlich erzielten Umsätze als Grundlage des Maßstabs für die Beitragssatzfestsetzung entschieden hat und seit dem Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraums bis zum Satzungsbeschluss - wie hier - nahezu ein bzw. zwei Jahr(e) vergangen ist/sind, dem aus § 5 Abs. 1 Satz 1 NKAG folgenden und auch hier einschlägigen Rechtsgedanken, dass der Fremdenverkehrsbeitrag für den besonderen wirtschaftlichen Vorteil wiederkehrend erhoben wird, der dem Beitragspflichtigen durch den Aufwand der Beklagten im Erhebungszeitraum - also im Kalenderjahr (§ 5 Abs. 1 FVBS) - geboten wird. Dass die Zuordnung wie beschrieben vorgenommen wurde, lässt sich zwar den Kalkulationen nicht unmittelbar entnehmen. Die jeweils unter Nr. 30.02 ausgewiesenen Umsätze für die Jahre 1996 und 1997 decken sich jedoch mit denen, die die Klägerin im Verfahren 2 A 2795/99 mitteilte. Wäre die Beklagte mithin sachgerecht vorgegangen, hätte sie die in den Jahren 1996 und 1997 erzielten Umsätze der Beitragspflichtigen für die Festsetzung der Beiträge für diese Jahre zugrundelegen müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre. So machte der Kläger in einem ihm von der Beklagten übersandten Vordruck am 26. Mai 1998 u.a. Angaben zum erzielten Umsatz im Jahre 1996, wurde aber zum Umsatz im Jahre 1997 gar nicht befragt. Hiervon ausgehend stellen die - getrennt zu betrachtenden - Kalkulationen für die Jahre 1996 und 1997 auch insoweit keine geeignete Entscheidungsgrundlage für den Samtgemeinderat der Beklagten dar. Für das Jahr 1997 ergibt sich dies schon ohne Weiteres daraus, dass dem Samtgemeinderat insoweit überhaupt gar keine Umsätze und darauf aufbauende Vorteilsermittlungen für dieses Jahr vorlagen. Für das Jahr 1996 hätte sich der Samtgemeinderat eine ordnungsgemäße Kalkulation nur in rechtmäßiger Weise zu eigen machen können, wenn diese die Umsätze des Jahres 1996 enthalten hätte.
Wäre aber eine mehrjährige Kalkulation i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG auch unter Einbeziehung vergangener, abgeschlossener Erhebungszeiträume zulässig, obwohl für diese eine Berechnung im oben beschriebenen Sinne möglich wäre, wären die Kalkulationen der Beklagten deshalb zu beanstanden, weil trotz des gewählten Kalkulationszeitraums (1996 - 1998) der Gesamtaufwand für die Jahre 1995 bis 1997 berücksichtigt wurde. Abgesehen davon ist von der Kurverwaltung der Beklagten dieses Vorgehen offenbar ebenfalls als problematisch erkannt worden. Denn nur so ist es zu erklären, dass sich aus ihrem Schreiben vom 21. August 2002 ergibt, dass der Aufwandsermittlung die Aufwendungen für die Jahre 1996 bis 1998 zugrunde gelegen haben sollen.
Außerdem läge unter der genannten Voraussetzung ein weiterer Mangel darin, dass die Beklagte von ihrem Ermessen dahingehend Gebrauch machte, für die Ermittlung des Aufwandes einen Kalkulationszeitraum von drei Jahren zugrunde zu legen, ohne aber denselben Zeitraum für die Ermittlung der Summe der Maßstabseinheiten zu berücksichtigen, und so für 1996 und 1997 zu unterschiedlich hohen Beitragssätzen gelangte, was bei der Wahl eines dreijährigen Kalkulationszeitraums nicht zulässig ist (vgl. Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2002, § 6 Rdnr. 726 a, zur Benutzungsgebühr).
Nach alledem brauchte die Kammer nicht mehr der Frage nachzugehen, ob möglicherweise weitere Fehler vorliegen, die zur Unwirksamkeit der Beitragskalkulationen führen könnten.
So musste nicht mehr abschließend überprüft werden, ob die Gewinn- und Vorteilssätze zutreffend festgesetzt worden sind. In diesem Zusammenhang ist allerdings auffällig, dass diese Sätze vielfach denen entsprechen, die von der Stadt Norden für die Zone 2 festgesetzt wurden (s. Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages vom 19. Dezember 1994 - ABl. des Landkreises Aurich, Ausgabe Nr. 46 vom 30. Dezember 1994 -, i.d.F. der 2. Änderungssatzung vom 2. Oktober 1997 - ABl. für den Landkreis Aurich vom 24. Oktober 1997, Ausgabe Nr. 37 -).
Ferner lässt sich Äußerungen der Klägerseite - in der mündlichen Verhandlung wurden mehrere Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden - möglicherweise entnehmen, dass der Anteil der Einwohner der Beklagten, die das Hallen- und Freibad benutzen, mehr als 60 % betragen könnte. Hiervon ausgehend könnte es nicht ausgeschlossen sein, dass zu hohe Aufwendungen für das Freibad berücksichtigt worden oder sie überhaupt nicht beitragsfähig sind (zur Beitragsfähigkeit von Fremdenverkehrseinrichtungen: vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1. November 2000 - 9 L 2510/00 -, V.n.b.; Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, a.a.O. <45>; Urteil vom 27. November 1981 - 3 OVG A 20/79 - OVGE 36, 477 <479 ff.>; Hatopp, a.a.O., Anm. 6, nach dessen Auffassung auch Hallen- und Freibäder zu den typischen Fremdenverkehrseinrichtungen gehören; Elmenhorst, KStZ 2001, 164 <166 f.>, der die Ansicht des Nds. OVG im Beschluss vom 1. November 2000 als restriktiv bezeichnet). Ebenso wenig braucht abschließend geklärt zu werden, ob die übrigen in die Kalkulationen eingestellten Aufwendungen zu beanstanden sind.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Summe der in der „Nachkalkulation" ermittelten Beträge unter I. 1. - 4. nicht den unter „Gesamtaufwand I.“ ausgewiesenen Betrag von 402.081,00 DM, sondern 466.814,00 DM ergibt. Wäre dies allerdings der einzige Fehler, wäre dieser unerheblich, weil sich dadurch ein höherer Beitragssatz ergäbe mit der Folge, dass er den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte.
Im Übrigen ist noch Folgendes anzumerken:
Das Schlechterstellungsverbot (§ 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG) wäre durch die FVBS 1998 nicht verletzt worden, wenn die Festsetzung des Beitragssatzes wirksam wäre. Dieses Verbot wird nicht dadurch berührt, dass - wie hier - eine Satzung zwar vorhanden ist, aber nicht den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG enthält und damit unvollständig ist. Wird in einem solchen Fall beispielsweise der Abgabesatz erstmalig mit Rückwirkung wirksam bestimmt, wird - solange sich die Regelung im Übrigen in den verfassungsrechtlichen Grenzen des § 2 Abs. 3 Satz 1 NKAG hält - gegen das Schlechterstellungsverbot nicht verstoßen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. Februar 1997 - 3 L 2662/95 -, Nds. VBl. 1997, 278 <279>). Die Regelung über den Beitragssatz in der Fremdenverkehrsbeitragssatzung 1995 beruhte (ebenfalls) nicht auf einer ordnungsgemäßen Kalkulation und war deshalb unwirksam. Insoweit lag keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen vor. Die Beklagte trug vor, die Kalkulation selbst habe dem Samtgemeinderat in der Sitzung am 6. Dezember 1995 nicht vorgelegen und sie war den Ratsherren vorher auch nicht übersandt worden. Es habe vermieden werden sollen, dass die Öffentlichkeit Zahlen zu bestimmten Betrieben zur Kenntnis erhalte (Schriftsatz vom 20. August 2002). Im Übrigen lässt sich Gegenteiliges den der Kammer vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Des Weiteren hätte kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 NKAG vorgelegen. Die Vorschriften der §§ 3 und 4 sowie die Anlage zur FVBS 1998 hätten im Falle der Wirksamkeit der Festsetzung des Beitragssatzes die entsprechenden Regelungen der FVBS 1995 in zulässiger Weise mit Wirkung vom 1. Januar 1996 an ersetzt. Im Übrigen hatten alle in Betracht kommenden Beitragspflichtigen aufgrund der FVBS 1995 mit der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen vom 1. Januar 1996 an zu rechnen.
Die Beklagte hat außerdem grundsätzlich dem Formerfordernis des § 9 Abs. 5 NKAG in hinreichendem Maße Rechnung getragen. In welchem Umfang und zu welchen Anteilen der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung usw. von Fremdenverkehrseinrichtungen der Gemeinde durch Kur- oder Fremdenverkehrsbeiträge bzw. auch durch Benutzungsgebühren und -entgelte gedeckt werden soll, liegt im Ermessen der Gemeinde. Aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 5, 9 und 10 NKAG ergibt sich hinsichtlich der Finanzierung von Fremdenverkehrseinrichtungen keine Rangfolge. Die Gemeinde ist daher frei in ihrer Entscheidung, ob und zu welchen Anteilen sie von den gesetzlichen Finanzierungsmöglichkeiten Gebrauch machen will (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, a.a.O. <40 f.>)
Des Weiteren ergibt sich unmittelbar aus § 9 Abs. 2 NKAG, dass nicht selbständig tätige Personen nicht beitragspflichtig sind und ob und in welchem Umfang mittelbar Begünstigte in den Kreis der Beitragspflichtigen einzubeziehen sind. Diesen Kreis der Beitragspflichtigen hat die Beklagte satzungsmäßig weder eingeschränkt noch erweitert, sondern lediglich erläutert. Unschädlich erscheint der Kammer, dass in § 2 Abs. 1 FVBS neben den natürlichen die juristischen Personen genannt werden, während in § 9 Abs. 2 NKAG statt dessen von Personen und Unternehmen die Rede ist. Die Bejahung eines mittelbaren Vorteils ist die bei einem konkreten Einzelfall zu beantwortende Frage.
Auch der von der Beklagten gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist - wie oben bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnt - rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. März 1997, a.a.O.; VG Oldenburg, Beschluss vom 26. Mai 1999 - 2 B 1493/99 u.a. -, den Bet. bek.). Soweit von Klägerseite die Ansicht vertreten wird, Umsätze, die man außerhalb des Gebietes der Beklagten erziele, dürften nicht zur Berechnung des Beitrages herangezogen werden, ist anzumerken, dass eine teilweise Nichtberücksichtigung der Umsätze nur in Betracht kommen dürfte, soweit Beitragspflichtige einen Teil ihrer Umsätze von einem weiteren (zweiten) Wohnsitz oder einer weiteren Betriebsstätte (s. § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) NKAG i.V.m. § 12 AO) außerhalb des Geltungsbereichs der Satzung (s. § 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS 1998) aus erzielen. Letztendlich brauchte diese Frage aber ebenfalls nicht mehr abschließend entschieden zu werden (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 17. März 1997, a.a.O., das ausgeführt hat, im Einzelfall könne es unter Umständen schwierig sein, den im Geltungsbereich der Fremdenverkehrsbeitragssatzung erzielten Gewinn oder Umsatz von dem auswärtigen Gewinn bzw. Umsatz zu unterscheiden). Bei der Bemessung des Vorteilssatzes kann auch berücksichtigt werden, dass Gäste die Küstenregion in den Sommermonaten stärker als während des restlichen Jahres besuchen und damit der Anteil des Gewinns, der auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr zurückzuführen ist, saisonalen Schwankungen unterliegen kann.
Die Zweifel des Klägers, die Satzung treffe entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG keine Regelung darüber, wann die Beitragsschuld entstehe, ist nach dem Wortlaut der Satzung zwar berechtigt. Tatsächlich findet sich die gesetzlich verlangte Bestimmung, ob der Beitrag täglich, wöchentlich, monatlich oder jährlich entsteht, aber in der mit „Erhebungszeitraum und Entstehung der Beitragspflicht" überschriebenen Vorschrift des § 5 FVBS, nach deren Abs. 2 die „Beitragspflicht" mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, auf das sie sich bezieht. Mit dem Ablauf des Kalenderjahres wird inhaltlich das Zeitintervall bestimmt, für welches der Beitrag geschuldet wird. Die lediglich fehlerhafte Bezeichnung der Beitragsschuld als Beitragspflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der Satzung, sollte aber von der Beklagten in Wege einer Satzungsänderung korrigiert werden (vgl. Nds. OVG - Urteil vom 26. Februar 2002 - 9 K 2694/99 -, V.n.b., S. 10 des Urteilsabdrucks, insoweit nicht beanstandet durch das BVerwG, Beschluss vom 5. August 2002 - 9 BN 12.02 -, S. 4 des Beschlussabdrucks).
Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass für den Kläger durch den Fremdenverkehr jedenfalls mittelbar erhöhte Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.