Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 11.11.2004, Az.: 6 A 1776/02
Möglichkeit einer Gemeinde zur Erhebung eines Beitrages für den Fremdenverkehr; Voraussetzungen für die Fremdenverkehrsbeitragspflicht; Unhabhängigkeit der Beitragspflicht von der Höhe der erzielten Gewinnne; Erhöhte Verdienstmöglichkeit durch die Maßnahmen der Fremdenverkehrswerbung; Anforderungen an den Beitragsmaßstab
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 11.11.2004
- Aktenzeichen
- 6 A 1776/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 20695
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2004:1111.6A1776.02.0A
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Auch ein Möbeleinzelhandelsunternehmens hat durch den Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile; diese ergeben sich unmittelbar aus der Möglichkeit, dass ein Teil des Warensortiments auch von Touristen gekauft wird, und mittelbar aus der Möglichkeit, an unmittelbar bevorteilte Personen und Unternehmen wie z.B. Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen Möbel zu verkaufen und dadurch erhöhte Gewinne zu erzielen.
- 2.
Die Fremdenverkehrsbeitragspflicht knüpft allein an die Möglichkeit zur Gewinnerzielung an und besteht unabhängig von der tatsächlichen Höhe der erzielten Gewinne; es genügt ein abstrakter wirtschaftlicher Vorteil, der aus dem Fremdenverkehr herrührt.
- 3.
Die den Fremdenverkehrsbeitrag erhebende Gemeinde ist nicht verpflichtet, die fremdenverkehrsbedingten Vorteile jedes einzelnen Beitragspflichtigen genau zu ermitteln, sondern ihr steht ein weit gehendes Ermessen zu, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Personengruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise zuzurechnen sind; dabei genügt eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit Rechnung träg.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 6. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2004
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gärtner,
den Richter am Verwaltungsgericht Wermes, die Richterin Reccius sowie
die ehrenamtlichen Richter B. und Dr. C.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag.
Sie betreibt in G. in der D. 23 einen Einzelhandelsbetrieb mit Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen wie Kunstgewerbeartikel.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2002 setzte die Beklagte gegen die Klägerin einen Fremdenverkehrsbeitrag für das sie Jahr 2001 (August bis Dezember) in Höhe von 46,94 EUR fest. Zur Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrages ging die Beklagte für die Betriebsstätte von der Beitragszone Zone 2 aus. Der Berechnung lag weiter ein veranlagter Umsatz von August 2001 bis Dezember 2001 in Höhe von 681.722,51 EUR zu Grunde. Der in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Fremdenverkehrsbeitrag ergab sich aus einem Mindestgewinnsatz von 9 %, einem Vorteilssatz von 5 % und einem Beitragssatz von 1,53 %.
Hiergegen legte die Klägerin am 11. Februar 2002 der Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Es bestehe kein Ausschlussgrund für eine Beitragspflicht. Unmittelbare und mittelbare Vorteile für diejenigen Personen und Unternehmen, die vom Fremdenverkehr profitierten, lösten jeweils die Beitragspflicht aus. Für Möbeleinzelhandelsunternehmen bestehe die Möglichkeit der Vorteilsnahme darin, unmittelbar bevorteilte Personen und Unternehmen wie z.B. Hotels oder Gaststätten mit entsprechenden Einrichtungsgegenständen auszustatten und dadurch erhöhte Verdienstmöglichkeiten zu erzielen. Ebenso offensichtlich bestehe die Möglichkeit erhöhter Verdienstmöglichkeiten darin, zumindest auch sonstige Einrichtungsgegenstände handlichen Formats an die Fremdenverkehrsgäste zu verkaufen. Der Fremdenverkehrsbeitrag errechne sich, indem der maßgebende Umsatz mit dem Mindestgewinnsatz, mit dem Vorteilssatz und mit dem Beitragssatz multipliziert werde.
Mit einem am 11. Oktober 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass aus den vorgelegten Unterlagen der beitragsfähige Aufwand nicht nachvollziehbar sei. Das gelte insbesondere für den anteiligen Personalaufwand Werbung in Höhe von 261.000 DM netto.
Die Beitragsbemessung entspreche nicht dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und -gleichheit. Dies gelte insbesondere für die Schätzung des Mindestgewinnsatzes und des Vorteilssatzes. Dabei sei die Entwicklung der letzten Jahre im Einzelhandel mit Wohnmöbeln nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Umsätze im Möbeleinzelhandel seien pro Quadratmeter auf ein Fünftel abgesackt. Diese Umsatzeinbrüche hätten sich auch in der Gewinn- und Verlustrechnung mit der Folge niedergeschlagen, dass die Klägerin ab dem Geschäftsjahr 1999 keinen Gewinn habe erwirtschaften können.
Die Klägerin habe weder die Werte gemäß der Richtsatzsammlung erreicht noch gar den höheren Mindestgewinnsatz nach der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten. Zudem bestätigten die jahrelangen Aufzeichnungen der Klägerin über die Monatsumsätze, dass in den Sommermonaten durch den Fremdenverkehr keine Umsatzvorteile sichtbar seien, sondern sich im Gegenteil sogar Umsatzrückgänge ergäben. Das so genannte Sommerloch werde von Jahr zu Jahr größer, sodass für die Klägerin weder unmittelbare noch mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr zu erkennen seien.
Ein Vergleich des F. - Gutachtens mit dem E. - consult - Gutachten aus dem Jahre 2003 zeige, dass ein Umsatzrückgang in Höhe von 161.122 EUR pro Betrieb zu verzeichnen sei. Dieser Vergleich mache deutlich, dass die Beitragsbemessung, die in der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten zu Grunde gelegt worden sei, sich nicht mehr mit einer an dem Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbaren lasse.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2002 und ihren Widerspruchsbescheid vom 13. September 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass dem Rat der Beklagten eine ordnungsgemäße Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Fremdenverkehrsbeitragssatzung vorgelegen habe. Der Kalkulation sei der umlagefähiger Aufwand unter Berücksichtigung des öffentlichen Anteils sowie die Ermittlung aller Maßstabseinheiten zu entnehmen. Dem Rat der Beklagten sei die Ermittlung der Beitragsmaßstäbe und der Beitragssätze ausführlich erläutert worden. Der Rat habe in seiner Entscheidung festgelegt, dass der umlagefähige Aufwand insgesamt 1.248.000 DM betragen soll.
Da sich hinsichtlich der Fremdenverkehrsbeiträge ein Wirklichkeitsmaßstab nicht finden lasse, seien die Kommunen auf Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe angewiesen. Die Ermittlung des Fremdenverkehrsbeitrags über einen Mindestgewinnsatz und einen Vorteilssatz sei in der Rechtsprechung hinreichend anerkannt. Soweit die Klägerin rüge, innerhalb der Berufsgruppe "Einzelhandel mit Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen" hätte nach dem wirtschaftlichen Umsatz weiter differenziert werden müssen, sei dies mit Blick auf das Typisierungsermessen der Beklagten nicht erforderlich. Denn insoweit habe die Beklagte bereits verschiedene Einzelhandelsgeschäfte unterschiedlich bewertet.
Im Hinblick auf den Mindestgewinnsatz sei nicht erkennbar, dass dieser unzutreffend gewählt worden sei. Denn die Beklagte habe mit Rücksicht auf die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 1999 einen Mittelwert von 9 % gebildet. Auch die Bildung eines derartigen Mittelwertes innerhalb der Gruppe "Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände im Einzelhandel" sei von dem Typisierungsermessen der Beklagten gedeckt. Denn die Diskrepanz zwischen dem von der Beklagten gewählten Mindestgewinnsatz und dem von der Klägerin reklamierten Reingewinn sei gerade mit Rücksicht darauf, dass lediglich ein Vorteilssatz von 5 % und ein Beitragssatz von 1,53 % bestehe, gering. Überdies sei zu berücksichtigen, dass in der Richtsatzsammlung für das Jahr 2003 ein Reingewinn von 9 % im Durchschnitt angenommen werde, was die Prognose der Beklagten bestätige. Unerheblich sei im Übrigen, ob die Klägerin in der Vergangenheit ihr Geschäft mit Verlust abgeschlossen habe. Ferner sei das Gutachten der E. - consult - Gruppe aus dem Jahr 2003 unerheblich. Denn dieses Gutachten habe selbstverständlich bei der Beschlussfassung über die hier in Rede stehende Fremdenverkehrsbeitragssatzung nicht berücksichtigt werden können.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 13. September 2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage erforderlich wäre (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der angefochtene Beitragsbescheid vom 15. Januar 2002 findet seine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten vom 21. Juni 2001 - FVBS - (Amtsblatt Landkreis G. Nr. 26 vom 5. Juli 2001). Die Satzung ist ihrerseits auf Grund der §§ 2 und 9 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes - NKAG - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 1992, Nds. GVBl. S. 29, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 20. November 2001, Nds. GVBl. S. 701) erlassen worden.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 NKAG können Gemeinden, die ganz oder teilweise als Kurorte, Luftkurorte, Erholungsorte oder Küstenbadeorte staatlich anerkannt sind, zur Deckung ihres Aufwandes für die Fremdenverkehrswerbung und für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung und Unterhaltung ihrer Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben.
Die Beklagte ist hiernach befugt, für ihre Ortsteile Duhnen, Döse einschließlich Grimmershörn bis zur Bernhardstraße als " Nordseeheilbad", für ihre Ortsteile Altenbruch, Berensch - Arensch und Sahlenburg als "Küstenbadeort" und für ihre Ortsteile G.-Innenstadt, Altenwalde, Holte - Spangen, Lüdingworth, Oxstedt und Stickenbüttel als unter Strom "Erholungsort" Fremdenverkehrsbeiträge zu erheben (§ 1 Abs. 1 FVBS).
Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 NKAG i.V.m. § 2 Abs. 1 FVBS sind beitragspflichtig alle selbstständig tätigen Personen und alle Unternehmen, denen durch den Fremdenverkehr in den staatlich anerkannten Gebieten unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Nach § 2 Abs. 2 FVBS haben selbstständig tätige Personen und Unternehmen unmittelbare besondere wirtschaftliche Vorteile, soweit sie mit den Gästen selbst entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließen; mittelbare besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen denjenigen selbstständig tätigen Personen und Unternehmen, die mit den Nutznießern unmittelbarer Vorteile im Rahmen der für den Fremdenverkehr erfolgenden Bedarfsdeckung entgeltliche Geschäfte tätigen.
Danach ist die Klägerin dem Grunde nach fremdenverkehrsbeitragspflichtig, da sie zu den in § 2 FVBS genannten Unternehmen gehört. Die Klägerin hat als Möbelgeschäft vom Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile im Sinne von § 9 Abs. 2 NKAG. Denn sie hat die Möglichkeit, aus dem Fremdenverkehr in den staatlich anerkannten Gebieten der Beklagten Gewinne zu erzielen. Zum einen ist davon auszugehen, dass auch Touristen Möbelgeschäfte besuchen und dort jedenfalls leicht transportable Gegenstände einkaufen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Möbelgeschäfte heutzutage häufig so genannte Mitnahmemöbel anbieten und auch ein Sortiment an Geschenkartikeln - wie etwa die Klägerin mit Kunstgewerbeartikeln - vorhalten. In der Möglichkeit, dass ein Teil des Warensortiments auch von Touristen gekauft wird, liegt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil für die Klägerin. Darüber hinaus wird die Klägerin durch den Fremdenverkehr in den staatlich anerkannten Gebieten der Beklagten mittelbar bevorteilt, weil sie Möbel an diejenigen verkaufen kann, die unmittelbar von Touristen profitieren, wie etwa Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen etc..
Der Beitragspflicht kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie habe seit 1999 nur Verluste erwirtschaftet. In welchem Umfang ein Geschäftsgewinn oder ein Verlust erzielt wird, ist für die Beitragspflicht unerheblich, weil letztere nicht an die tatsächliche Höhe erzielter Gewinne, sondern an die Möglichkeit zur Gewinnerzielung anknüpft (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. August 2003 - 9 LA 42/03 - NVwZ - RR 2004, S. 297). Im Einzelfall muss für den Beitragspflichtigen kein erhöhter Verdienst/Gewinn vorliegen. Es reicht die erhöhte Verdienstmöglichkeit durch die Maßnahmen der Fremdenverkehrswerbung (VG Göttingen, Urteil vom 31. März 2004 - 3 A 3244/01 -), die naturgemäß mehr Touristen in die staatlich anerkannten Gebiete der Beklagten lockt. Die Klägerin verkennt bei ihrer Argumentation, dass auch Personen und Unternehmen, die - aus welchen Gründen auch immer - keinen oder einen geringen Gewinn erzielen, aber zum Kreis der Beitragspflichtigen gehören, Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwachsen (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ - RR 1992, 40).
Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bereits eine fremdenverkehrsbedingte Erhöhung der Verdienst- und Gewinnmöglichkeit einen Vorteil darstellen kann, unabhängig davon, ob dieser Vorteil im Einzelfall auch tatsächlich realisiert wird (etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990, NVwZ-RR 1992, 40 (41) [OVG Niedersachsen 13.11.1990 - 9 K 11/89][OVG Niedersachsen 13.11.1990 - 9 K 11/89] m.w.N.). Es sind deshalb grundsätzlich weder tatsächlich abgeschlossene Geschäfte erforderlich, noch müssen diese mit den Fremden bzw. Gästen abgeschlossen werden. Es genügt, dass der - abstrakte - wirtschaftliche Vorteil aus dem Fremdenverkehr herrührt. Es bedarf deshalb auch keines spezifischen Näheverhältnisses des Abgabepflichtigen zum Fremdenverkehr. Lediglich die in Bezug genommenen Rechtsgeschäfte müssen durch den Fremdenverkehr geprägt sein, um auf ihrer Grundlage einen fremdenverkehrsbedingten Vorteil anzunehmen, der zunächst einem unmittelbar Bevorteilten zugute kommen kann und erst sodann auf einen - mittelbar - Bevorteilten durchschlägt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. August 1998 - 2 S 2753/97 - zitiert nach juris).
Die weiteren von der Klägerin erhobenen Einwände sind nicht geeignet, durchgreifende Bedenken gegen die Bemessung des Fremdenverkehrsbeitrages hervorzurufen.
Insbesondere hat das Gericht keine Bedenken hinsichtlich der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Gem. § 1 Abs. 2, 3 FVBS soll der Fremdenverkehrsbeitrag 75 % des Gesamtaufwandes, die der Beklagten für die Fremdenverkehrswerbung entstehen, abdecken.
Die Anknüpfung an den steuerbaren Umsatz des Vorvorjahres, das dem Erhebungszeitraum vorausgegangen ist (§ 3 Abs. 2 FVBS), als Maßstab für die Verteilung der umlagefähigen Aufwendungen erweist sich als sachgerecht (OVG Koblenz, Urteil vom 8. September 1998 - 6 A 10808/98.OVG -, a. A. wohl VG Oldenburg, Urteil vom 22. August 2002 - 2 A 3244/99).
Ein den Anforderungen des § 9 NKAG genügender Beitragsmaßstab muss so beschaffen sein, dass er sich an den aus dem Fremdenverkehr erzielbaren Vorteilen orientiert und die Beitragslasten sachgerecht und angemessen auf die vom Fremdenverkehr Begünstigten verteilt. Zulässig sind mithin alle Maßstäbe, die einen Rückschluss auf die mit dem Fremdenverkehr verbundenen Gewinnmöglichkeiten zulassen. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität darf der Maßstab an leicht feststellbare Bemessungsfaktoren anknüpfen und grobmaschig sein (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. August 2003 - 9 LA 42/03 -, NVwZ-RR 2004, 297). Da es in der Regel unmöglich ist, den aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteil den wirklichen Verhältnissen entsprechend zu ermitteln, ist die Anwendung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zulässig. Dabei kann auf typische Durchschnittsfälle abgestellt werden, wenn damit ein einigermaßen sicherer Schluss auf den Umfang der jeweiligen Vorteile verbunden ist (OVG Koblenz, Urteil vom 8. September 1998 - 6 A 10809/98.OVG -).
Die den Fremdenverkehrsbeitrag erhebende Gemeinde ist nicht verpflichtet, die fremdenverkehrsbedingten Vorteile jedes einzelnen Beitragspflichtigen genau zu ermitteln. Ihr steht vielmehr ein weit gehendes Ermessen zu, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Personengruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise zuzurechnen sind (OVG Schleswig, Urteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220 und 222/95 - KStZ 1997, 93). Danach ist es nicht erforderlich, dass die auf einen Abgabenpflichtigen entfallende Abgabe in einem genauen Verhältnis zu seinem lediglich aus dem Fremdenverkehr gezogenen Vorteil steht. Es genügt eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit Rechnung trägt (OVG Schleswig, Urteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220 und 222/95 - KStZ 1997, 93).
Wenn eine Gemeinde auf der Grundlage von Marktanalysen (hier: Gutachten über den Einzelhandel der Beklagten vom November 1995) und verfügbaren Statistiken (hier: Gewinnsätze aus der Richtsatzsammlung 1999 des Bundesministeriums für Finanzen für die Oberfinanzdirektionen des Bundesgebietes) Vergleiche zwischen den zu erzielenden Umsätzen und fremdenverkehrsbedingten Gewinnen in den einzelnen Branchen anstellt und die errechneten Multiplikatoren - wie hier geschehen - ohne erkennbare systematische Fehler zur Festlegung der Beitragsmaßstäbe verwendet, kann der Beitragspflichtige nicht mit dem Einwand durchdringen, eine einzelne Maßstabskomponente hätte höher oder niedriger angesetzt werden müssen (OVG Lüneburg, Urteil vom 26. März 2003 - 9 KN 352/02 -, NVwZ 2003, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 - NVwZ-RR 1992, 45 = NST-N 1991, 48).
Die Festsetzung der Vorteilssätze steht in weitem Ermessen des Satzungsgebers. Grenzen werden ihm aus dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gezogen. Diesem zufolge dürfen nur solche Betriebe und Personen zu einer einheitlich bemessenen Gruppe zusammengezogen werden, die annähernd gleiche Gewinnmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr haben (Sächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2003 - 5 D 11/01 -, zitiert nach juris). Auch ist der Beitragsmaßstab so zu gestalten, dass die Belastung im Verhältnis der Gruppen untereinander den jeweils unterschiedlichen Vorteilen in etwa gerecht wird (OVG Schleswig, Urteil vom. 22.Dezember 1999 - 2 L 134/98 - ZKF 2000, 89; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 11 RdNr. 115 m.w.N.). Im Übrigen muss die Schätzung der einzelnen Vorteilssätze von einer plausiblen Tatsachengrundlage getragen sein. Ausreichend - aber auch notwendig - ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Gewinnen in Höhe der festgesetzten Vorteilssätze (vgl. Lichtenfeld, a.a.O., § 11 RdNr. 80).
Mit diesen Grundsätzen stehen sowohl der hier in Rede stehende Vorteilssatz für den Möbeleinzelhandel von 5 % als auch die übrigen Vorteilssätze in Einklang. Vor dem Hintergrund des Vorteilsprinzips ist es auch nicht geboten, gegenüber der von der Beklagten vorgenommenen Regelung, den Vorteilssatz für drei unterschiedliche Zonen zugrunde zu legen, weitere, die Lage der Betriebe berücksichtigende Differenzierungen vorzunehmen. Es ist auch unter Berücksichtigung des weiteren Ermessensspielraums der Beklagten weder erkennbar noch von der Klägerin dargelegt, dass die Vorteilssätze zwischen den einzelnen Berufsgruppen nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Die Festsetzung der Beiträge beruht auch im Übrigen auf einer ordnungsgemäßen Beitragskalkulation. Der für die Höhe des Aufkommens aus dem Fremdenverkehrsbeitrag maßgebliche Hebesatz kann nur auf der Grundlage einer Kalkulation fehlerfrei vom zuständigen Ortsgesetzgeber festgesetzt werden (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 K 11/89 - NVwZ - RR 1992, S. 40).
Eine solche Beitragskalkulation hat dem Rat der Beklagten vorgelegen. Die dem Rat der Beklagten unterbreitete Kalkulation des Fremdenverkehrsbeitrags ist ferner zugleich Nachweis dafür, dass dieser das ihm bei der Beschlussfassung eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausüben konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird gem. § 72 Nr. 1 GKG (n. F). i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG (a.F.) auf 46,94 Euro festgesetzt.
Wermes, Richter
Reccius, Richter