Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 23.08.2002, Az.: 4 A 592/01

Gaube; Grenzabstand; Nachbar; Schmalseitenprivileg; untergeordnetes Bauteil

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
23.08.2002
Aktenzeichen
4 A 592/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43551
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nachbarbaugenehmigung. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks in ... . Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut. Die Beigeladenen sind Eigentümer des westlich angrenzenden Grundstücks, welches ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück der Beigeladenen ist durch Vereinigungsbaulast gem. § 4 Abs. 1 NBauO mit dem nördlich angrenzenden Wohngrundstück zu einem Baugrundstück zusammengeschrieben. Die unbeplanten Grundstücke liegen innerhalb eines Bebauungszusammenhanges in einem Sanierungsgebiet.

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Unter dem 2. Juli 1997 wurde den Beigeladenen eine Baugenehmigung für einen rückwärtigen zweigeschossigen Anbau an das vorhandene Wohnhaus erteilt. Im Rahmen jenes Verfahrens beanstandete die Klägerin Abweichungen der Bauausführung von den genehmigten Plänen. Mit Schreiben vom 16. Juni 1998 teilte der Beklagte ihr mit, dass die Bauausführung mit den genehmigten Zeichnungen bis auf folgende Abweichungen übereinstimme:

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Der Südgiebel sei im Bereich der Terrasse bis Erdgeschossebene angefüllt worden.

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Der eingezeichnete Balkon sei nicht errichtet worden.

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Die in der Zeichnung dargestellte Fensterfläche im Spitzgiebel sei so nicht ausgeführt worden, eingebaut worden sei ein großes Fenster. Der angrenzende Bereich sei verschalt worden.

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Drei zum Kellergeschoss gehörende Fenster an der Ostseite in der Zeichnung seien nicht vorhanden.

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Die Traufe weiche geringfügig von der Darstellung in der Zeichnung ab.

8

Der Dachüberstand des Anbaus an der Ostseite halte augenscheinlich den erforderlichen Grenzabstand nicht ein. Die genaue Abweichung habe vor Ort nicht ermittelt werden könne. Sie sei allerdings nicht so gravierend, dass dort ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde geboten wäre.

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Ohne Baugenehmigung errichteten die Beigeladenen in der östlichen Dachfläche des Anbaus eine mit einem Spitzdach versehene Gaube. Die Klägerin erhob insoweit Einwendungen. Die Beigeladenen wurden zur Vorlage eines Bauantrages aufgefordert. Zu den vorgelegten Bauvorlagen, die eine mit ca. 8,6 m Firsthöhe über Oberkante Gelände liegende Dreiecksgaube mit einem Fenster und 4,53 m Basisbreite darstellen, führte die Klägerin aus, dass die Bauvorlagen nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen. Die Abstände zu ihrem Grundstück würden nicht eingehalten. Tatsächlich betrage der Grenzabstand der Gaube nicht - wie in der Bauzeichnung dargestellt - 4,2 m sondern weniger als 4,0 m. Auch die gezeichnete Firsthöhe der Gaube von 8,6 m entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, da die Gaube höher sei. Die Bauvorlagen seien widersprüchlich, da in der 1:100 Zeichnung von Osten eine Giebelhöhe des Hauptgebäudes von 9 m angegeben sie, während in der Südansicht 8,5 m Giebelhöhe für das Hauptgebäude eingezeichnet seien. Tatsächlich betrage die Giebelhöhe 10,4 m. Das Schmalseitenprivileg könne nicht zur Anwendung kommen, da das Gebäude  direkt an die Grenze zum Grundstück  gebaut worden sei und auch bereits zum westlich angrenzenden Grundstück  das Schmalseitenprivileg in Anspruch genommen werde, so dass gegenüber dem Klägergrundstück der volle Grenzabstand nach § 7 NBauO einzuhalten sei. Die ästhetische Ausbildung der Gaube entspreche in keiner Weise der ortsüblichen Bebauung, so dass das Vorhaben mit dem Gebietscharakter als Sanierungsgebiet nicht vereinbar sei. Da offensichtlich der dreigeschossige Ausbau des Anbaus zu Wohnzwecken erfolge, läge auch eine Überschreitung der zulässigen Nutzungszahl vor. In den Bauvorlagen fehle eine Berechnung der Geschossflächenzahl.

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Unter dem 13. Oktober 2000 wurde den Beigeladenen auf der Grundlage der o.g. Bauvorlagen nachträglich eine Baugenehmigung für den Ausbau und die Erweiterung des vorhandenen Bodenraumes durch eine Gaube zu einem Abstellraum erteilt. Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und beantragte den Erlass einer Abrissverfügung bezüglich der Dachgaube. Sie wiederholte und vertiefte ihr Vorbringen, wonach durch die Gaube der Grenzabstand nicht eingehalten werde. Auch bei Berücksichtigung der Vereinigungsbaulast mit dem Grundstück sei das Schmalseitenprivileg gegenüber ihrem Grundstück nicht anwendbar, da zwischen den Gebäuden  unter Zugrundelegung einer fiktiven Grenze ein Abstand von 1 H nicht eingehalten werde. Weiterhin erscheine die Zulässigkeit des Ausbaus des Dachbodens mit einer Gaube welche ihrer Größe nach nicht für einen Lagerraum adäquat sei, auch im Hinblick auf die einzuhaltende Geschossflächenzahl und Grundflächenzahl zweifelhaft.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2001 wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch als unbegründet zurück. Nachbarrechte der Klägerin würden durch die Genehmigung nicht verletzt. Nach den genehmigten Bauzeichnungen werde der Grenzabstand zur östlichen Grundstücksgrenze durch die Gaube eingehalten. Der Abstand zwischen den Gebäuden betrage ca. 13,5 m. Unter Berücksichtigung des § 7 b Abs. 2 NBauO, wonach Giebeldreiecke bis 6 m Breite bei der Abstandsberechnung nicht zu berücksichtigen seien, sei eine fiktive Grenze von 6,35 m des Gebäudes gegenüber dem Gebäude ausreichend. Die verbleibenden 7,2 m seien für eine Einhaltung des vollen Grenzabstandes von 1 H durch das Gebäude mehr als ausreichend. Die Beigeladenen nutzten somit das Schmalseitenprivileg nur gegenüber zwei Grenzen aus. Dass sich in der Anwendung des Schmalseitenprivilegs ergebende Freiraumprofil halte die strittige Dachgaube ein. Da die Dachgaube mit einer Basisbreite von 4,53 m schmaler als 6 m sei, könne sie zudem gem. § 7 b Abs. 2 Satz 2 NBauO für die Abstandsbemessung unberücksichtigt bleiben. Selbst wenn die Gaube in vollem Umfang aus dem erforderlichen Freiraumprofil treten würde, bliebe dies somit abstandsrechtlich außer Betracht. In den genehmigten Bauvorlagen sei die Gaube maßlich ausreichend festgelegt. Die genaue maßliche Anordnung der Gaube innerhalb der Dachfläche sei nicht relevant und genügend genau der maßstäblichen Zeichnung zu entnehmen. Der Auffassung der Klägerin, wonach die Bauvorlagen in diesem Punkt zu unbestimmt seien, könne deshalb nicht gefolgt werden. Wenn die Abstandsregelung für Giebeldreiecke auf die Gaube nicht angewandt würde, könnte dieser Gebäudeteil die Vergünstigung nach § 7 b Abs. 1 NBauO für untergeordnete Bauteile in Anspruch nehmen, wonach die Grenzabstände nach §§ 7 und 7 a NBauO um 1,5 m höchstens jedoch um 1/3 unterschritten werden dürften. Diese Regelung finde hier Anwendung, zumal durch die Dachgaube keine zusätzliche Nutzfläche von nennenswertem Ausmaß gewonnen werde. Die anrechenbare zusätzliche Nutzfläche dürfte zwischen 1 und 2 m2 liegen. Die Grundflächenzahl bleibe unverändert. Auf die zulässige Geschossfläche wären nach § 20 Abs. 2 BauNVO von 1990 nur Flächen von Vollgeschossen anzurechnen. Da der Spitzboden gem. § 2 Abs. 4 NBauO auf die Zahl der Vollgeschosse nicht anzurechnen sei, ändere sich auch die Geschossflächenzahl nicht. Selbst wenn dieses der Fall wäre, würde dieses den Widerspruch der Klägerin nicht begründen, weil die Forderung nach dem Einfügen eines Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung vor allem städtebauliche Ziele verfolge und nicht vorrangig dem Nachbarschutz diene. Ob die Ausführung des Vorhabens den genehmigten Bauvorlagen entspreche, sei für eine Begründetheit des Widerspruchs nicht relevant, sondern ggf. in einem Bauordnungsverfahren zu berücksichtigen.

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Die Klägerin hat am 26. Februar 2001 Klage erhoben. Sie führt ergänzend aus, dass in einem Sanierungsgebiet liegende Vorhaben entspreche nicht der ortsüblichen Bebauung. Erforderlich sei für Vorhaben im Sanierungsgebiet immer auch das Einvernehmen der Gemeinde. Eine Zustimmungsfiktion könne hier nicht vorliegen, da die Bauvorlagen nicht dem tatsächlich ausgeführten Vorhaben entsprächen. Die Baugenehmigung sei deshalb formell rechtswidrig. Das Schmalseitenprivileg könne nicht in Anspruch genommen werden, da das Gebäude auf dem Grundstück südlich um 4 m verlängert worden sei. Dieser Anbau sei unter dem 1. Juni 1999 genehmigt worden. Der angefochtenen Baugenehmigung habe ein veralteter Lageplan zugrundegelegen. Das Gebäude auf dem Grundstück Viethstraße 5 a habe auf der Südseite Fenster, so dass der Mindestabstand von 6 m entsprechend § 11 NBauO einzuhalten sei. Dementsprechend sei für die Berechnung der fiktiven Grenze von Seiten des Bauvorhabens nunmehr von einem Mindestabstand von 10 m gegenüber dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Lageplan auszugehen. Der Abstand von 1 H zwischen den Gebäuden werde nicht eingehalten, so dass das Schmalseitenprivileg gegenüber ihrem Grundstück nicht anwendbar sei. Die Gaube diene auch der Gewinnung von zusätzlichem Wohnraum. Es handele sich somit nicht um ein untergeordnetes Gebäudeteil. Die den Berechnungen der Abstände zugrundegelegten Zeichnungen entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen und seien nicht maßstabgerecht.

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Die Klägerin beantragt,

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die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13. Oktober 2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23. Januar 2001 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der erforderliche Abstand zwischen den Gebäuden  richte sich nach § 10 NBauO. Das Gebäude sei laut Schnittzeichnung ca. 9,35 m hoch. Gem. § 7 b Abs. 2 NBauO blieben Giebeldreiecke, soweit sie weniger als 6 m breit seien außer Betracht. Unter Berücksichtigung dieser Vergünstigung ergebe sich 1 H zu 6,3 m. Die fiktive Grenze liege somit 6,3 m nördlich des Gebäudes der Beigeladenen und der verbleibende Abstand zum 3,4 m (Firsthöhe) hohen Haus  sei mit ca. 7,2 m mehr als ausreichend. Gegenüber dem Klägergrundstück könne somit das Schmalseitenprivileg in Anspruch genommen werden. Die Dachgaube läge außerhalb des daraus resultierenden Freiraumprofils. Selbst wenn dieses nicht der Fall wäre, würde die an der Basis weniger als 6 m breite Gaube abstandsrechtlich keine Berücksichtigung finden oder könne als untergeordnetes Bauteil den Bauwich unterschreiten.

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Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

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Sie unterstützen das Vorbringen des Beklagten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Das Gericht hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Baugenehmigung gibt unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes keinen Anlass zu einer rechtlichen Beanstandung. Die erfolgreiche Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn setzt nicht nur die Rechtswidrigkeit der Genehmigung voraus, sondern vor allem, dass der Nachbar durch die Genehmigung in seinen Rechten verletzt wird. Daher kann er nicht jede Rechtswidrigkeit mit Erfolg rügen, sondern nur Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften, und dies auch nur insoweit, als eigene Rechtspositionen berührt werden. Davon ausgehend ist die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13. Oktober 2000 unter Berücksichtigung nachbarschaftlicher Belange rechtlich nicht zu beanstanden.

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Keine nachbarschaftlichen Belange sind zunächst die von den Klägern gerügten Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung aufgrund einer fehlenden Zustimmung der Gemeinde unter Hinweis auf sanierungsrechtliche Bestimmungen. Diese Regelungen gelten allein der Wahrung öffentlicher Interessen und vermitteln der Klägerin keinen subjektiv rechtlichen Nachbarschutz. Gleiches gilt für die Einwendungen der Kläger gegen die äußere Gestaltung der Dachgaube, die ihrer Meinung nach nicht mit der Lage des Gebäudes im Sanierungsgebiet vereinbar ist. Auch insoweit sind allenfalls öffentliche Interessen, nicht aber subjektiv öffentliche Rechte der Klägerin berührt. Dass durch die Gestaltung der Gaube eine Verunstaltung (§ 53 NBauO) der Umgebung begründet wird, wodurch in krassen Ausnahmefällen subjektiv öffentliche Nachbarrechte verletzt sein können, führt selbst die Klägerin nicht aus. Weiterhin kann sie sich nicht darauf berufen, dass durch das Vorhaben die in der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) vorhandene Grundflächen- und/oder Geschossflächenzahl durch den genehmigten Ausbau verletzt wird und das Gebäude sich somit nicht in die nähere Umgebung einfügt. Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung haben nach Bundesrecht grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 - 4 B 52.95 - BauR 1995 S. 823). Die Klägerin könnte sich diesbezüglich nur auf eine Verletzung des Gebotes der nachbarlichen Rücksichtnahme, das einfachgesetzlich in dem Begriff des "Einfügens" in § 34 Abs. 1 BauGB enthalten ist, durch eine erdrückende Wirkung des genehmigten Vorhabens berufen. Angesichts der Ausmaße der an der Basis 4,53 m breit genehmigten Spitzdachgaube sind dafür jedoch weder Anhaltspunkte ersichtlich, noch wird dieses von Klägerseite ernsthaft geltend gemacht.

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Nachbarschutz kann die Klägerin indes nach §§ 7 ff. NBauO verlangen, wonach Gebäude Abstand halten müssen. Das genehmigte Vorhaben hält allerdings die nach §§ 7 ff. NBauO erforderlichen Abstände zum Grundstück der Klägerin ein. Vorauszuschicken ist diesbezüglich, dass Gegenstand der rechtlichen Prüfung im Klageverfahren allein die Baugenehmigung und nicht die Frage ist, ob die tatsächliche Ausführung den genehmigten Bauvorlagen entspricht. Zumindest eine derart offensichtliche Abweichung, dass mit der Baugenehmigung offensichtlich etwas genehmigt wurde, das tatsächlich nicht geplant war, konnte auch im Termin nicht festgestellt werden. Etwaige Abweichungen, die Nachbarrechte der Klägerin verletzen könnten, sind im Verfahren auf bauaufsichtliches Einschreiten (§ 89 NBauO), über das der Beklagte noch nicht entschieden hat, zu berücksichtigen.

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Das genehmigte Vorhaben hält den Grenzabstand ein. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO zunächst auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23. Januar 2001 verwiesen.

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Soweit im Klageverfahren ausgeführt wurde, dass das Schmalseitenprivileg nach § 7 a NBauO bereits gegenüber den Grundstücken in Anspruch genommen worden sei, so dass gegenüber dem Grundstück der Klägerin der volle Grenzabstand einzuhalten sei, greifen diese Einwendungen nicht durch. Zutreffend ist zwar, dass dem Bauantrag für die Genehmigung der Gaube ein veralteter Lageplan zugrundegelegt wurde, da die Verlängerung des Gebäudes 4 m in Richtung des Gebäudes der Beigeladenen nicht eingezeichnet war. Dennoch folgt allein daraus keine Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung bzw. Verletzung von Rechten der Klägerin. Nach den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Plänen beträgt der Abstand zwischen den Gebäuden  ca. 13,5 m. Dieses entspricht nach den Messungen vor Ort in der mündlichen Verhandlung auch im Wesentlichen den tatsächlichen Verhältnissen (an der Zufahrtseite 13,4 m  Abstand zwischen den Giebelwänden der Gebäude). Unter Berücksichtigung der Stellung der Gebäude zueinander beträgt der Abstand zwischen den Gebäuden mindestens 12,5 m (vgl. Katasterauszug Bl.66  Gerichtsakte). Der Abstand von 1 H zwischen diesen Gebäuden wird eingehalten. Unter Abzug des Giebeldreiecks ergibt sich für das Gebäude  eine abstandsrelevante Höhe der Giebelseite von 6,3 m. Das Gebäude  ist 3,4 m (Firsthöhe) hoch. Der verbleibende Abstand von mindestens 6,2 m zwischen den Gebäuden ist somit mehr als ausreichend, um zwischen den Gebäuden Abstände unter Berücksichtigung einer fiktiven Grenze von 1 H zu erreichen. Soweit die Klägerin auf § 11 NBauO verweist, wonach zwischen einander in einem Winkel von weniger als 120° zugekehrten Fenstern von Aufenthaltsräumen eines Gebäudes ein Abstand von mindestens 6 m eingehalten werden muss, wenn die Aufenthaltsräume dem Wohnen dienen und nicht zu derselben Wohnung gehören, greift diese Regelung nicht ein, da diese nur Abstände zwischen den Fenstern eines Gebäudes betrifft. Auf dem mit Vereinigungsbaulast gem. § 4 NBauO zusammengeschriebenen Grundstücken  stehen jedoch 2 Gebäude. Das Schmalseitenprivileg ist gegenüber der Grenze des Klägergrundstücks anwendbar. Nach § 7 a NBauO ist ein Abstand von ½ H einzuhalten, d.h. bei einer genehmigten Firsthöhe der Dachgaube von 8,6 m ein Abstand von 4,3 m zur Grenze des Klägergrundstücks ausreichend. Genehmigt wurde ein Abstand von 4,2 m. Die Gaube liegt somit um ca. 10 cm im Bauwich. Da es sich indes um ein untergeordnetes Bauteil nach § 7 b Abs. 1 Satz 2 NBauO handelt, zumal die Gaube weder funktional den dahinterliegenden Raum wesentlich erweitert (maximal zusätzliche anrechenbare Wohnfläche 1 bis 2 m²) und auch im Verhältnis zur mehr als 17 m langen Dachfläche als baulich untergeordnet erscheint kann der Abstand nach § 7 a NBauO um 1,5 m, höchstens jedoch um 1/3 unterschritten werden. Damit kann offen bleiben, ob die Gaube insgesamt abstandsrechtlich nach § 7 b Abs. 2 Satz 2 NBauO außer Betracht bleiben kann, da es sich um ein weniger als 6 m breites Giebeldreieck handelt (vgl. in diesem Sinne Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 7 b Rdziff. 35; andere Auffassung Barth/Mühler, Abstandsvorschriften der NBauO § 7 b Rdziff. 24).

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Schließlich greifen auch die Einwendungen gegen die fehlenden maßstäblichen Zeichnungen, die nach Ansicht der Klägerin der Baugenehmigung zugrundegelegen haben, nicht durch. Jedenfalls hinsichtlich der Höhe und Breite der Dachgaube waren die Bauzeichnungen hinreichend präzise. Die Höhe der Gaube wurde einheitlich mit 8,6 m über Gelände dargestellt. Die genaue Lage innerhalb der Dachfläche ist für das hier vorliegende Verfahren nicht relevant. Auch der Abstand zum Klägergrundstück wurde hinreichend präzise dargestellt. Die Abstände der Traufwand des Anbaus zum Klägergrundstück wurden mit mindestens 3 m ebenfalls ausreichend maßstäblich in den Bauvorlagen dargestellt. Zwischenzeitlich wurde das Gebäude auch eingemessen und nach den im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Katasterunterlagen ein Abstand von mindestens ca. 3,15 m der Traufwand des Anbaus zur Grenze des Grundstücks der Klägerin eingemessen. Dass ein derartiger Plan der angefochtenen Baugenehmigung noch nicht zugrunde lag, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Diese war insoweit hinreichend bestimmt. Im Übrigen wird durch die Dachgaube jedenfalls nach den genehmigten Zeichnungen der Grenzabstand auch eingehalten. Ob Abweichungen vorliegen, ist ggf. in dem Verfahren der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten festzustellen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. § 708 Nr. 11 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt haben.