Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.08.2002, Az.: 2 A 1801/00
Beitragsgruppen; Betriebsstätte; Defizit; Fremdenverkehrsbeitrag; Gleichbehandlung; Nichtortsansässiger; Rückwirkung; Telefonzelle; Telekom
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 22.08.2002
- Aktenzeichen
- 2 A 1801/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43543
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs 3 KAG ND
- § 9 Abs 1 KAG ND
- § 9 Abs 2 KAG ND
- § 12 AO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der Telekom AG erwachsen mit dem Betreiben der Telefonzellen durch den Fremdenverkehr im Beitragsgebiet unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile im Sinne der Fremdenverkehrsbeitragssatzung. Bei den Telefonzellen handelt es sich um Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO. Der Umstand, dass der Telekom AG durch die Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung (TUDLV) Pflichtleistungen aufgegeben worden sind, steht der Annahme einer Vorteilssituation nicht entgegen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1998.
Sie ist als Rechtsnachfolgerin eines Teilbereichs der ehemaligen Deutschen Bundespost im gesamten Bereich der Telekommunikation und in verwandten Bereichen tätig. Im Gebiet der Beklagten hat die Klägerin keinen Betriebssitz und unterhält dort auch kein Ladengeschäft, in dem u. a. Telekommunikationsendgeräte angeboten werden. Die Klägerin betreibt dort lediglich zahlreiche Telefonzellen. In letzter Zeit hat sie Telefonzellen an - nach ihrer Auffassung - extrem unrentablen Standorten abgebaut.
Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheiden vom 16. Juli 1999 zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1998 für den Bereich ... in Höhe von 190,80 DM, für den Bereich ... in Höhe von 44,88 DM, für den Bereich ... in Höhe von 33,66 DM und für den Bereich ... in Höhe von 286,20 DM, mithin in einer Gesamthöhe von 555,54 DM heran. Dabei legt sie der Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrages folgende Berechnung zugrunde:
- für die Betriebsstätte ...
Branche...Bemessungs-...Messzahl...Zone...Zeitraum...Zeitraum...Tarif...Zugang
Grundlage...ab...für (Monate)... in DM...in DM...
öffentliche...Fernsprecher...4...II...01.01.1998...12...11,22 44,88 DM
Fernsprecher
- für die Betriebsstätte ...
Branche...Bemessungs-...Messzahl...Zone...Zeitraum...Zeitraum...Tarif...Zugang
Grundlage...ab... für (Monate)...in DM...in DM...
öffentliche...öffentl.Fernspr....15...I...01.01.1998...12...19,08...286,20 DM
Fernsprecher
- für die Betriebsstätte ...
Branche...Bemessungs-...Messzahl...Zone...Zeitraum...Zeitraum...Tarif...Zugang
Grundlage...ab...für (Monate)...in DM...in DM ...
öffentliche...öffentl.Fernspr....10...I...01.01.1998...12...19,08...190,80 DM
Fernsprecher
- für die Betriebsstätte ...
Branche...Bemessungs-...Messzahl...Zone...Zeitraum...Zeitraum...Tarif...Zugang
Grundlage...ab...für (Monate)...in DM...in DM...
öffentliche...Fernsprecher...3...II...01.01.1998...12...11,22 33,66 DM
Fernsprecher
Die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2000 zurück. Zur Begründung führte sie aus:
Der am 17. September 1999 eingelegte Widerspruch sei zulässig, aber unbegründet. Beitragspflichtig seien alle selbständig tätigen Personen und Unternehmen, denen nach der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit typischerweise unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr geboten würden. Das seien in der Regel die Inhaberinnen und Inhaber von Geschäften und Betrieben, wie z. B. Schank- und Gastwirtschaften, Apotheken, sonstige Verkaufsgeschäfte, Handwerksgeschäfte, Maklerbüros, aber auch private Zimmer- und Ferienwohnungsvermieter. Es reiche allein die Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, für die Begründung der Beitragspflicht aus. Diese Möglichkeit sei der Klägerin als Telekommunikationsbetrieb gegeben.
Die Klägerin hat am 5. Mai 2000 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
Es fehle eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten erlassenen Heranziehungsbescheide über Fremdenverkehrsbeiträge. Es sei davon auszugehen, dass die Beziehungen zwischen den Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen und allen anderen Beteiligten im Telekommunikationsgesetz abschließend geregelt seien und somit ausschließlich der gesetzgeberischen Zuständigkeit des Bundes unterlägen. Im Telekommunikationsgesetz finde sich weder eine spezielle noch eine generelle Grundlage, die die Länder oder Kommunen ermächtige, Abgaben in Bezug auf Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und deren Leistungen zu erheben. Ihr entstehe kein unmittelbarer oder mittelbarer Vorteil durch besondere Aktivitäten der Beklagten zur Steigerung des Fremdenverkehrs. Es könne auch nicht der Beklagten gefolgt werden, ihre Heranziehung zum Fremdenverkehrsbeitrag werde dadurch gerechtfertigt, dass ihr mittelbare oder unmittelbare wirtschaftliche Vorteile zukämen, die auf die in der Gemeinde betriebenen öffentlichen Telefonstellen zurückzuführen seien. Sie habe als bundesweit tätiges Telekommunikationsunternehmen keinerlei Vorteile dadurch, dass ein bestimmter Urlauber seinen Urlaub gerade im Gebiet der Gemeinde Wangerland verbringe. Gegen besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr spreche bereits der Umstand, dass während des Urlaubs in der Regel durch die Erholungssuchenden insgesamt weniger Telefonate geführt würden als zu Hause. Im Urlaub seien regelmäßig keine den Haushalt betreffenden Angelegenheiten (Bestellungen, Anfragen, Einholen von Auskünften etc.) zu regeln. Auch viele geschäftliche/berufliche Telefonate fielen in der Urlaubszeit nicht an. Für die rein persönlichen Gespräche, die möglicherweise aus Kur- und Fremdenverkehrsorten geführt würden, entfielen die ansonsten geführten Gespräche aus dem Heimatort, so dass - bundesweit gesehen - von keiner Erhöhung, sondern eher von einem Rückgang des Gesprächsaufkommens bei der Deutschen Telekom ausgegangen werden müsse. Die Möglichkeit eines mittelbaren bzw. unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils werde auch dadurch in Frage gestellt, dass sie dem öffentlich-rechtlich vorgegebenen Infrastrukturauftrag nachkomme. Diese Verpflichtung beruhe auf der Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung. Der Gesetzgeber habe die staatliche Verpflichtung hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Telefonen auf sie - die Klägerin - übertragen. Die Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe sei auch verfassungswidrig. Zum einen verstoße sie gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und zum anderen gegen das Verbot der Doppelbesteuerung.
Die Klägerin beantragt,
die Fremdenverkehrsbeitragsbescheide der Beklagten vom 16. Juli 1999 in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 6. April 2000 gefunden haben, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt sie zunächst den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2000 und trägt ergänzend vor:
Die Verpflichtung der Klägerin, im Rahmen ihres Infrastrukturauftrages öffentliche Fernsprecher flächendeckend betreiben zu müssen, werde nicht bestritten. Entgegen ihrem Vortrag profitiere diese jedoch im Vergleich zu anderen Telekommunikationsanbietern durch das Aufstellen von Telefonzellen in Fremdenverkehrsgemeinden. Auch im Urlaub hätten Erholungssuchende das Bedürfnis zu telefonieren. Sie nähmen die Möglichkeit war, dies mittels eines öffentlichen Fernsprechers durchzuführen. Unter Berücksichtigung der Wettbewerbsbedingungen entstehe hierdurch für die Klägerin ein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil, da alle anfallenden Gespräche ausschließlich durch die Klägerin vermittelt und abgerechnet würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Beitragsbescheide finden ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS - der Beklagten für die Ortsteile ... vom 28. Dezember 1998 (ABl. für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 15. Januar 1999), die rückwirkend zum 1. Januar 1998 in Kraft trat, idF der 3. Satzung zur Änderung der FVBS vom 18. Juni 2002 (ABl. für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 5. Juli 2002), die hinsichtlich § 1 Abs. 2 und 3 der Änderungssatzung rückwirkend zum 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist. Die Satzungen sind ihrerseits auf Grund der §§ 2 und 9 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes - NKAG - erlassen worden.
Das für die Heranziehung der Klägerin zu den hier streitigen Fremdenverkehrsbeiträgen für 1998 maßgebliche rückwirkende Inkrafttreten der FVBS (vom 28. Dezember 1998) ist nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 Satz 1 NKAG rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift können Satzungen nur innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen rückwirkend erlassen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind belastende Gesetze, die abgeschlossene Tatbestände rückwirkend erfassen, regelmäßig unvereinbar mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, zu dessen wesentlichen Elementen die Rechtssicherheit gehört, die ihrerseits für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet (vgl. Urteil vom 19. Dezember 1962 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 270 [BVerfG 19.12.1961 - 2 BvL 6/59]; Beschluss vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168 u.a./66 -, BVerfGE 30, 367, 385). Eine echte Rückwirkung in diesem Sinne liegt vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Diese steht im Gegensatz zur grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung, bei der das Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen einwirkt. Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung stellt einen Fall unechter Rückwirkung dar, denn der Rat der Beklagten hat mit der Satzung nicht in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen, sondern mit der vor dem Ende des Veranlagungszeitraums 1998 am 28. Dezember 1998 erlassenen Satzung nur das noch nicht abgewickelte Beitragsjahr 1998 erfasst (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. Februar 2002 - 9 K 2694/99 - V.n.b., im Normenkontrollverfahren hinsichtlich der FVBS der Beklagten). Im Übrigen hatten alle in Betracht kommenden Beitragspflichtigen nicht nur auf Grund des vom Rat der Beklagten am 30. September 1997 aufgestellten Aufstellungsbeschlusses nach § 9 Abs. 3 NKAG, sondern auch angesichts der Ende 1997 durchgeführten Ankündigung der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen sowie der in diesem Zusammenhang erfolgten Übersendung eines Erhebungsbogens - wie auch im Falle der Klägerin - mit dem (kurzfristigen) Erlass der Fremdenverkehrsbeitragssatzung zu rechnen (vgl. diesen Gedanken aufgreifend VG Oldenburg, Beschluss vom 24. März 2000 - 2 B 4448/99).
Die mit der dritten Satzung zur Änderung der FVBS vom 18. Juni 2002 festgesetzte Rückwirkung der Korrektur der laufenden Nummer 33 der Anlage als Bestandteil der Satzung - Inhaber von Spielhallen und Aufsteller von Spiel- und Warenautomaten sowie öffentlichen Fernsprecheinrichtungen - zum 1. Januar 1998 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insoweit stellt die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung aus den oben genannten Gründen einen Fall unechter Rückwirkung dar, weil der Rat der Beklagten mit der Satzung nicht in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen hat.
Die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten ist auch im Übrigen eine rechtlich nicht zu beanstandende Rechtsgrundlage für die Veranlagung der Klägerin. Dies hat das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung entschieden (vgl. nur Beschluss vom 28. März 2000 - 2 B 547/00). Nunmehr hat auch das Nds. OVG Lüneburg in einem Normenkontrollverfahren die Rechtmäßigkeit der Fremdenverkehrsbeitragssatzung bestätigt (Urteil vom 26. Februar 2002 - 9 K 2694/99 -) und u. a. ausgeführt:
"Nach § 9 Abs.1 Satz 1 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) können Gemeinden, die ganz oder teilweise als Kurorte, Luftkurorte, Erholungsorte oder Küstenbadeorte staatlich anerkannt sind, zur Deckung ihre Aufwandes für die Fremdenverkehrswerbung und für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung und Unterhaltung ihrer Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben. Zum Aufwand im Sinne des Satzes 1 rechnen auch die Kosten, die einem Dritten entstehen, dessen sich die Gemeinde bedient, soweit sie dem Dritten von der Gemeinde geschuldet werden (Satz 2 )...Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die in § 9 Abs.1 Satz 1 NKAG genannten Aufgaben nicht mehr durch einen Eigenbetrieb, sondern seit 1992 durch eine GmbH wahrnehmen lässt, steht ihrer Hebeberechtigung nicht entgegen...Ist die Gemeinde - wie hier der Fall - gegenüber der Gesellschaft vertraglich zur Verlustabdeckung bzw. zur Zuschusszahlung verpflichtet, so können von der Kurbetriebsgesellschaft übernommene Kosten, die dieser durch die Ausführung der im Gesetz benannten Maßnahmen entstanden sind, in die Beitragskalkulation eingestellt werden...Denn die öffentliche Fremdenverkehrswerbung und der Betrieb der öffentlichen Fremdenverkehrseinrichtungen bleiben auch dann eine Aufgabe der Gemeinde, wenn sie sich hierfür einer GmbH bedient."
Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht an.
Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide steht nicht das Fehlen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 FVBS entgegen. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Beitragspflicht auch auf solche Personen und Unternehmen, die, ohne in dem Erhebungsgebiet ihren Wohnsitz oder Betriebssitz zu haben, dort - auch vorübergehend - erwerbstätig sind. Die Klägerin ist im Gebiet der Beklagten im Sinne der genannten Vorschrift erwerbstätig. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auszugehen, wenn der Betroffene zu der Gemeinde in einer objektiv verfestigten Beziehung steht. Eine solche, die Beitragspflicht begründende Beziehung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn von dem Nichtortsansässigen in der Gemeinde eine Betriebsstätte im Sinne des - über die Verweisung des § 11 Abs. 1 Ziff. 1 lit. b) NKAG anwendbaren - § 12 AO unterhalten wird (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 9. April 1987 - Nr. 4 B 85 A.435 -, NVwZ - RR 1989, 156 f; Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2002, § 11 Rdnr. 86). Nach § 12 Abs. 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Der Begriff der Betriebsstätte setzt eine feste Geschäftseinrichtung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht voraus (vgl. Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 7. Auflage 2000, § 12 Rn. 2; Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand: April 2002, § 12 AO Rdnr. 4, 5). Dabei ist eine Geschäftseinrichtung oder Anlage "fest", wenn sie eine Beziehung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche aufweist und diese Beziehung auf eine gewisse Dauer und/oder Stetigkeit angelegt ist (Tipke/Kruse, a.a.O., Rdnr. 6 m.w.H. aus der Rechtsprechung). Dabei sind besondere bauliche Vorrichtungen nicht erforderlich, noch weniger brauchen die Einrichtungen zum Aufenthalt von Personen geeignet zu sein (Tipke/Kruse, a.a.O., Rdnr. 5). Daher dient eine Einrichtung oder Anlage auch dann der Tätigkeit, wenn es sich um eine rein mechanische, vollautomatische Anlage oder Einrichtung ohne ständigen Personaleinsatz handelt (vgl. Tipke/Kruse, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und Finanzgerichte, a.a.O., Rdnr. 20; Klein, a.a.O., Rn. 6). Schließlich ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die feste Beziehung zu dem Punkt der Erdoberfläche des weiteren eine gewisse Verfügungsmacht des Unternehmers voraussetzt (Tipke/Kruse a.a.O, Rdnr. 11 mit umfangreichen Hinweisen), wobei die Verfügungsmacht örtlich konkretisierbar sein muss (Tipke/Kruse, a.a.O., Rdnr. 12).
Gemessen an diesen Erwägungen handelt es sich bei den Telefonzellen um Betriebsstätten. Insoweit teilt das erkennende Gericht die Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach im Urteil vom 17. März 1998 (Az.: AN 1 K 97.00761), das insbesondere auf die Vergleichbarkeit einer Telefonzelle zu einem Verkaufsautomaten hinweist (vgl. bereits VG Oldenburg, Urteil vom 29. März 2001 - 2 A 1615/99 -, Nds. VBl. 2002, 84). In beiden Fällen wird mittels mechanischer Vorrichtungen eine geschäftliche Dienstleistung durch den jeweiligen Unternehmer angeboten und vom Kunden in Anspruch genommen. Darüber hinaus wird durch das Aufstellen einer Telefonzelle "eine Beziehung zur Erdoberfläche mit bestimmter Dauer und Stetigkeit" begründet. Schließlich besteht auch eine gewisse Verfügungsmacht der Klägerin als Betreiberin der Telefonzellen (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 29. März 2001, a.a.O.; VG Ansbach, a.a.O., m.w.H.).
Der Klägerin erwachsen mit dem Betreiben der Telefonzellen durch den Fremdenverkehr im Bereich der Beklagten auch unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile im Sinne der FVBS (§ 2 Abs. 1). Dabei geht in diesem Zusammenhang der sinngemäß geäußerte Einwand der Klägerin fehl, der Betrieb der Telefonzellen gestalte sich insgesamt defizitär, da sie Telefonzellen aufgrund des Infrastrukturauftrages nicht nur flächendeckend, sondern auch hinsichtlich der Menge ausreichend vorhalten müsse (vgl. dazu auch BT-Drucks. 12/7269, S. 10 und 12/8108, S. 6). Besondere wirtschaftliche Vorteile sind grundsätzlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmen (erhöhte) Gewinne tatsächlich nicht erwirtschaftet. Ausreichend ist vielmehr die bloße objektive Möglichkeit (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 9 L 161/89 - V.n.b.; Hatopp, Kommunalabgabengesetz, Kommentar, Stand: Dezember 2001, § 9 Anm. 10). An diesen Voraussetzungen gemessen lässt sich hier für das Bestehen eines solchen Vorteils anführen, dass das bestehende Defizit hinsichtlich des Betreibens der Telefonzellen größer wäre, wenn es einen Fremdenverkehr im Gebiet der Beklagten nicht gäbe. Ein unmittelbarer Vorteil der Klägerin lässt sich - zusammenfassend gesagt - mit einer Verringerung des Defizits begründen (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 29. März 2001, a.a.O.; vgl. zum Betrieb einer Postfiliale: VG München, Urteil vom 28. August 1997 - M 10 K 96.4185 u. a.-, BayVBl. 1999, 27; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 9 L 161/89 - V.n.b., das die Auffassung vertritt, dass der Möglichkeit erhöhter Gewinne auch die Chance gleichzuachten sei, Verluste aus einem Geschäftsbetrieb zu verringern). Der von der Klägerin sinngemäß geäußerte Gedanke, ihr erwüchsen keine mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, weil angesichts der Situation, dass Erholungssuchende keine beruflichen und in ihrem Heimatort keine privaten Telefonate führten, letztlich von einem Rückgang des Gesprächsaufkommens bei der Klägerin ausgegangen werden müsse, stützt nicht das Klagebegehren. Hier kommt es für die Beurteilung der Fremdenverkehrspflicht nicht auf eine - auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland bezogene - globale Betrachtung, sondern ausschließlich darauf an, ob eine Vorteilssituation in dem in der FVBS genannten Beitragsgebiet besteht. Dies ist ersichtlich der Fall, da sich das Leistungsangebot der Klägerin (auch) an Erholungssuchende, die sich im Beitragsgebiet aufhalten, richtet.
Die Rechtmäßigkeit des Bescheides scheitert auch nicht an der von der Beklagten in der 3. Änderungssatzung vom 18. Juni 2002 mit Rückwirkung zum 1. Januar 1998 normierten Vorteilssituation der Klägerin - Eingruppierung in Ziffer 33 der Anlage zur FVBS. Gemäß § 9 Abs. 2 NKAG ist Anknüpfungspunkt für die Beitragsbemessung der besondere wirtschaftliche Vorteil, der dem Beitragspflichtigen durch den Fremdenverkehr geboten wird. Da eine Trennung zwischen den durch die Fremdenverkehrsaufwendungen der Gemeinde hervorgerufenen Vorteilen und den mit dem allgemein in der Gemeinde stattfindenden Fremdenverkehr verbundenen Vorteilen in der Regel nicht möglich sein wird, ist es zulässig, die Beitragshöhe in vereinfachender Weise nach den durch Fremdenverkehr überhaupt gebotenen Vorteilen auszurichten (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 1990 - 9 L 156/89 -, NVwZ-RR 1992, 45, 47). Es ist nämlich nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich, dass derjenige einen größeren Vorteil aus der Fremdenverkehrsförderung durch die Gemeinde zieht, dem der Fremdenverkehr im Gemeindegebiet im Allgemeinen einen größeren Vorteil bietet (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Bearbeiter: Lichtenfeld, Stand: März 2002, § 11 Rn. 112). Auch wenn man davon ausgehen kann, dass alle Pflichtigen ihren Vorteilen entsprechend gleichmäßig zu belasten sind, ist die Gemeinde nicht dazu gezwungen, die Vorteile jedes einzelnen Abgabepflichtigen genau zu ermitteln. Ihr steht vielmehr ein weitgehendes Ermessen zu, welche Vorteile den zu Beitragsstufen zusammengefassten Personengruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise zuzurechnen sind (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220/95 -, KSTZ 1997, 93 = Gemeindehaushalt 1997, S. 115). Dem Satzungsgeber steht im Hinblick auf das mit der Satzungsautonomie einhergehende Ermessen eine Gestaltungsfreiheit zu, die ihre Grenze erst in dem Verbot der willkürlichen Gleichbehandlung ungleicher und der willkürlichen Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte findet. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt (erst) vor, wenn es keinen sachlich einleuchtenden, rechtfertigenden Grund für die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte gibt. Deshalb ist es dem Satzungsgeber erlaubt, bei der Ausübung seines Ermessens neben einer möglichst gerechten Verwirklichung des Vorteilsausgleichsprinzips unter Wahrung des Willkürverbotes auch der Praktikabilität des Erhebungsverfahrens angemessen Rechnung zu tragen. Daher kann nicht in jedem Falle verlangt werden, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab Anwendung findet. Vielmehr ist es dem Satzungsgeber gestattet zu typisieren und zu pauschalieren, wobei Ungerechtigkeiten im Einzelfall in Kauf genommen werden müssen, weil jeder Beitragsmaßstab immer nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab sein kann. Ein Beitragsmaßstab ist jedoch rechtswidrig, wenn bei seiner Ausgestaltung die äußersten Grenzen des dem Satzungsgeber zur Verfügung gestellten Ermessens überschritten worden sind. Das ist der Fall bei einem Maßstab, der absolut ungeeignet ist, weil er seinen Grundgedanken nach von vornherein zwangsläufig zu einer nicht gerechtfertigten ungleichen Behandlung ganzer Gruppen von Beitragspflichtigen führen muss (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 1959 - 2 BvL 10/59 -, BVerfGE 9, 334, 337 [BVerfG 16.06.1959 - 2 BvL 10/59]; dasselbe, Beschluss vom 14. April 1964 - 2 BvR 69/62 -, BVerfGE 17, 319, 330 [BVerfG 07.04.1964 - 1 BvL 12/63]).
Danach ist der von der Beklagten angenommene Maßstab - Eingruppierung in die Ziffer 33 der Anlage zur FVBS - nicht zu beanstanden, da eine vergleichbare Vorteilssituation zwischen dem Betrieb der Klägerin, soweit sie im Gebiet der Beklagten mit ihren Telefonzellen als Betriebsstätte tätig wird, und den Inhabern von Spielhallen und Aufstellern von Spiel- und Warenautomaten nicht von der Hand zu weisen ist. Bei der Vergleichbarkeit der Telefonzellen mit den Spiel- und Warenautomaten ist die Erlaubnis der Beklagten zu berücksichtigen, durch die Bildung einer Fallgruppe der Praktikabilität des Erhebungsverfahrens in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Gemessen daran ist hier eine Vergleichbarkeit gegeben. Denn letztlich handelt es sich auch bei den Telefonzellen der Sache nach um einen "Automaten", da der Kunde mit Geldmünzen oder einer Guthabenkarte eine - ausschließlich technische - Vorrichtung bedient und damit Leistungen in Anspruch nehmen kann.
Eine unzulässige Gleichbehandlung mit Inhabern von Spielhallen und Aufstellern von Warenautomaten lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Klägerin die ihr durch bundesrechtliche Vorschriften aufgegebenen Pflichtleistungen im Bereich der Infrastruktur - hier das Bereithalten von öffentlichen Telefonstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten (vgl. Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung - TUDLV - BGBl. 1997 I Nr. 7 vom 7. Februar 1997, S. 141) ungeachtet der Gewinnaussichten bzw. möglicher Defizite zu erbringen hat. Selbst wenn die Klägerin unter den gegenwärtigen rechtlichen Gegebenheiten - §§ 17 bis 21 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) i.V.m. der ab 1. Januar 1998 geltenden Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung - im Falle eines defizitären Betriebes einen Ausgleich für Universaldienstleistungen (§ 20 TKG) mangels Vorliegens der dortigen Voraussetzungen nicht beanspruchen könnte, ließe sich eine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte nicht begründen. Bei dem Vergleich der Beitragspflichtigen innerhalb einer Fallgruppe der Anlage zur FVBS ist nicht auf den (möglichen) Gewinn, der einem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar erwächst, sondern darauf abzustellen, welchen Vorteil den selbstständig tätigen Personen bzw. Unternehmen durch den Fremdenverkehr geboten werden. Dieser kann auch - wie oben dargelegt - in der Verringerung eines Defizits gesehen werden. Es kann für die Beurteilung einer Vorteilssituation keinen Unterschied machen, ob ein Unternehmen durch den Fremdenverkehr ihren Gewinn um Faktor X steigern oder ihr Defizit um denselben Faktor X verringern könnte.
Soweit das erkennende Gericht in seiner Entscheidung vom 29. März 2001 (2 A 1615/99 = Nds. VBl. 2002, 84) mit Blick auf den Infrastruktursicherungsauftrag der Klägerin entschieden hat, dass die Rentabilität des Betreibens von Telefonzellen nicht ansatzweise mit der Rentabilität der Erwerbstätigkeit eines Versorgungsunternehmens vergleichbar sei, kann dieser Gedanke auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden. Das erkennende Gericht führte in der genannten Entscheidung aus, eine unterschiedliche Vorteilssituation sei gegeben, weil bei den Versorgungsunternehmen eine gewisse Umsatzgarantie der angebotenen Leistungen (Strom, Gas, Wasser etc.) anzunehmen sei. Dagegen sei die Situation der Klägerin - soweit es um den Betrieb der Telefonzellen gehe - gegenteilig einzuschätzen, da Bürger (eines Kurortes) sowie Urlaubsgäste auf die Benutzung von Telefonzellen aus nahe liegenden Gründen grundsätzlich nicht angewiesen seien. Diese Erwägung kommt im vorliegenden Verfahren bereits deswegen nicht zum Tragen, weil die Bürger (eines Kurortes) sowie Urlaubsgäste weder auf die Leistungen der Spiel- oder Warenautomaten noch auf die Benutzung von Telefonzellen angewiesen sind. Eine Umsatzgarantie hinsichtlich der in den Spiel- oder Warenautomaten angebotenen Leistungen besteht daher genauso wenig wie bezüglich des Betriebs einer Telefonzelle. Gegen eine unterschiedliche Vorteilssituation der Spiel- und Warenautomaten auf der einen und dem Betrieb einer Telefonzelle auf der anderen Seite spricht auch, dass die Klägerin nach Inkrafttreten der Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung am 1. Januar 1998 offensichtlich auf den defizitären Betrieb einer Telefonzelle reagieren kann. Nach § 1 Ziffer 2 c TUDLV ist die flächendeckende Bereitstellung von öffentlichen Telefonstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten entsprechend dem allgemeinen Bedarf Universaldienstleistung. Durch die Einfügung der Einschränkung "entsprechend dem allgemeinen Bedarf" ist klar gestellt, dass der Weg für eine Reduzierung von Telefonzellen nicht ausgeschlossen ist. In dieser Weise hat die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen zwischenzeitlich auch im Bereich der Beklagten reagiert, indem sie Telefonzellen an "extrem unrentablen Standorten" abgebaut hat.
Auch die übrigen Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Insbesondere ist die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages nicht verfassungswidrig, da sie weder gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstößt. Die von der Klägerin angesprochenen Grundsätze sind bereits deswegen nicht tangiert, weil es sich bei den hier fraglichen Angaben nicht um Steuern, sondern um (Fremdenverkehrs)-Beiträge handelt. Insoweit kommt das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht zur Anwendung. Genauso wenig ist das Verbot der Doppelbesteuerung betroffen. Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dagegen ist für den Beitragsbegriff der Gesichtspunkt der Gegenleistung maßgebend. Das Gemeinwesen stellt eine öffentliche Einrichtung oder Anlage zur Verfügung und derjenige, der davon einen besonderen wirtschaftlichen Nutzen hat, soll durch seine einmalige Abgabe zu den Kosten ihrer Einrichtung beitragen (vgl. insgesamt Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2002, § 1 Rdnr. 39, 42).
Schließlich ist auch die Höhe des Fremdenverkehrsbeitrages nicht zu beanstanden. Insoweit nimmt das Gericht zur Begründung auf die Ausführungen bzw. Berechnungen in den Heranziehungsbescheiden der Beklagten vom 16. Juli 1999 Bezug (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO). Bedenken gegen die Höhe der geforderten Fremdenverkehrsbeiträge hat die Klägerin nicht geäußert.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.