Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.11.2019, Az.: 11 LB 642/18
Anfechtungsklage; Dauerverwaltungsakt; entscheidungserheblicher Zeitpunkt; GbR; Tierhalter; Tierschutz
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.11.2019
- Aktenzeichen
- 11 LB 642/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 04.05.2018 - AZ: 11 A 3407/15
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs 1 S 1 VwGO
- § 16 a Abs 1 S 1 Nr 1 TierSchG
- § 19 Abs 1 Nr 3 TierSchNutztV
- § 2 TierSchG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der maßgebliche Zeitpunkt, auf den im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung eines Verwaltungsakts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, richtet sich auch bei Dauerverwaltungsakten in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht.
2. Dem Regelungszusammenhang des § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG lässt sich entnehmen, dass es für den Erfolg einer Anfechtungsklage, die sich gegen auf diese Normen gestützte tierschutzrechtliche Anordnungen richtet, auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gegebene Sach- und Rechtslage ankommt.
3. Zur Inanspruchnahme einer einzelvertretungsberechtigten GbR-Gesellschafterin, die mit 75 % am Gewinn bzw. Verlust der GbR beteiligt ist, deren Gesellschaftszweck u.a. die Haltung landwirtschaftlicher Nutztierarten im Bereich der Geflügelmast ist, als (Mit)Halterin der Hühner.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 11. Kammer - vom 4. Mai 2018 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen tierschutzrechtliche Anordnungen des Beklagten.
Die Klägerin betreibt gemeinsam mit ihrem Sohn, Herrn C. A., die A. GbR mit Sitz in D.. Zweck der Gesellschaft ist u.a. die Haltung landwirtschaftlicher Nutztierarten, insbesondere im Bereich der Geflügelmast.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2015 teilte der Landkreis E. dem Beklagten mit, dass im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in einem Schlachtbetrieb in E. bei den geschlachteten Hähnchen der A. GbR Auffälligkeiten hinsichtlich der Fußballengesundheit der Tiere festgestellt worden seien. Mit an den Sohn der Klägerin gerichtetem Schreiben vom 26. Februar 2015 führte der Amtstierarzt des Beklagten aus, dass laut Mitteilung des Landkreises E. bei der am 30. Oktober 2014 erfolgten Schlachtung von 15.732 Tieren 2.600 Tiere an den Fußballen leichte, oberflächliche Läsionen, 4.816 Tiere mittlere, nur im Einzelfall tiefergehende Erosionen und 9.175 Tiere schwere, tiefe Läsionen gehabt hätten. Der Sohn der Klägerin wurde aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen, darunter ein schriftliches Konzept zur Verbesserung des Hygiene- und Gesundheitszustandes der Masthähnchen. Daraufhin legte der Sohn der Klägerin eine Bescheinigung der tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Drs. F. GbR - Fachtierärzte für Geflügel - vom 3. März 2015 vor, in welcher dargelegt wurde, dass das Heizungskonzept in den Ställen neu gestaltet worden sei, um eine trockenere Einstreu in den Ställen zu erreichen. Es seien zwischenzeitlich auch neue Warmwasserkonvektoren im Einsatz. Hierdurch habe sich der Trockenheitsgrad der Einstreu bereits verbessert. Um einen Störfaktor der Lüftung im Zusammenspiel mit der neuen, vielleicht noch nicht optimal eingestellten Heizung auf die Einstreuqualität auszuschließen, werde der Bestand A. aktuell regelmäßig von einem Lüftungsexperten überprüft. Ferner seien Maßnahmen zur Verbesserung der Reinigung und Desinfektion der Ställe eingeleitet worden.
Am 26. März 2015 erfolgte eine Betriebskontrolle der A. GbR am Standort G. in A-Stadt. Dabei stellte der Amtstierarzt des Beklagten fest, dass die Einstreuqualität in den beiden Ställen den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprach. Die Einstreu sei nicht trocken, nicht locker und nicht für das Picken, Scharren und Staubbaden geeignet gewesen. Zur Fußballengesundheit des Bestandes stellte der Amtstierarzt fest, dass sich bei fünf von zehn untersuchten Tieren eine mittelgradige Pododermatitis plantaris gezeigt habe.
Unter dem 22. Juni 2015 hörte der Beklagte die Klägerin und ihren Sohn jeweils in gesonderten Schreiben unter Darlegung des festgestellten Sachverhaltes dazu an, dass beabsichtigt sei, eine ordnungsbehördliche Verfügung unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zu erlassen, um die festgestellten Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen zu beseitigen und so u.a. die Fußballengesundheit der eingestallten Tiere zu verbessern. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 6. Juli 2015.
Mit Schreiben vom 1. Juli 2015 wies Herr C. A. für die A. GbR darauf hin, dass bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Einstreuqualität und damit die Gesundheit der Tiere zu verbessern. Beispielsweise habe er die Reinigungsfirma gewechselt, eine Wasservorwärmspirale an der Tränkebahn im Stall 2 eingebaut, das Heizungs- und Lüftungssystem verbessert und neues Einstreumaterial eingesetzt. Zudem bestätige eine Stellungnahme der tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Drs. F. GbR vom 29. Juni 2015, dass weitere Abhilfemaßnahmen durchgeführt worden seien.
Bei einer amtstierärztlichen Betriebskontrolle am 18. August 2015 stellte der Amtstierarzt des Beklagten erneut fest, dass die Einstreuqualität nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Die Einstreu sei zu 90 % der Stallfläche feucht und klebrig gewesen. Auch sei nicht sichergestellt, dass kranke, bewegungsunfähige Tiere (sog. Spreizer), die nicht an das Futter und Wasser herankämen, selektiert würden. Im Stall hätten sich acht Spreizer befunden.
Mit Bescheid vom 19. August 2015 untersagte der Beklagte der Klägerin das Halten von Hühnern ohne ständigen Zugang zu Einstreu, die nicht ständig trocken und locker, sowie nicht zum Picken, Scharren und Staubbaden geeignet ist. Ferner ordnete der Beklagte an, dass die oben genannte Einstreu jederzeit in dem Umfang vorhanden sein muss, dass alle gehaltenen Hühner gleichzeitig Zugang hierzu haben (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 der Verfügung drohte der Beklagte der Klägerin für den Fall, dass sie die Anordnung zu 1 nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht fristgerecht befolgt, ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 EUR an. Darüber hinaus ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Verfügung an (Ziffer 3) und entschied, dass die Klägerin die Verfahrenskosten zu tragen hat (Ziffer 4), die auf 145,63 EUR festgesetzt wurden. Zeitgleich erließ der Beklagte einen Bescheid mit identischem Tenor und überwiegend gleicher Begründung gegenüber Herrn C. A..
Gegen diese Bescheide haben die Klägerin und ihr Sohn jeweils am 1. September 2015 Klage erhoben (siehe zu dem Verfahren des Sohnes: 11 A 3408/15 und 11 LB 643/18). Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass der Bescheid zu Unrecht an sie gerichtet worden sei, weil sie nicht Halterin der betroffenen Tiere sei. Sie sei zwar Mitglied der A. GbR und halte 75 % des Gesellschaftskapitals. Dementsprechend sei sie auch am Gewinn bzw. am Verlust beteiligt. Dies reiche für die Begründung ihrer Haltereigenschaft jedoch nicht aus. Zwischen ihr und ihrem Sohn sei vor dem Hintergrund, dass aus seuchenrechtlichen Gründen möglichst wenige Personen Zugang zu den Ställen haben sollen, intern vereinbart worden, dass sie sich ausschließlich um das Geschäftliche kümmere, während ihr Sohn alleinverantwortlich für den Betrieb der Mastställe sei. Ihr Sohn übe dementsprechend das Bestimmungsrecht über die Tiere allein aus und treffe alle Entscheidungen im Rahmen des Betriebs der Hähnchenmastställe eigenständig. Darüber hinaus sei der Bescheid aus anderen Gründen rechtswidrig. Die dem Beklagten vom Landkreis E. gemeldete Anzahl von veränderten Fußballen bei Masthähnchen stehe im Widerspruch zur Befundstatistik der H. GmbH, wonach eine wesentlich geringere, sogar unter dem Grenzwert liegende Anzahl veränderter Fußballen festgestellt worden sei. Zudem seien keine nachprüfbaren Feststellungen darüber getroffen worden, in welchem Umfang, auf welcher Fläche und in welcher Intensität das Einstreumaterial zu feucht gewesen sei. Auch die weitere vom Amtstierarzt bei der Betriebskontrolle am 26. März 2015 getroffene Feststellung, dass fünf von zehn untersuchten Tieren eine mittelgradige Pododermatitis plantaris aufgewiesen hätten, könne nicht Grundlage der getroffenen Anordnung sein. Diese Aussage suggeriere, dass 50 % der Tiere mindestens eine mittelgradige Pododermatitis plantaris gehabt hätten. Dies sei nicht mit den Befundstatistiken bei der Schlachtung der Tiere, die am 27. März 2015, also nur einen Tag nach der Betriebskontrolle erfolgt sei, in Einklang zu bringen. Diese Befundstatistiken zeigten einen nur geringfügigen Anteil von Tieren mit veränderten Fußballen von etwa 5 %. Zudem habe der Beklagte nicht berücksichtigt, dass umfangreiche technische Maßnahmen zur Verbesserung der Einstreuqualität vorgenommen worden seien und die GbR dabei rund 40.000 EUR investiert habe. Jedenfalls sei der angegriffene Bescheid aber gegenwärtig nicht mehr rechtmäßig und daher aufzuheben. Hinsichtlich der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 19. Januar 2018 diskutierten Frage, ob es sich bei der streitgegenständlichen Verfügung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele, der in gewissen Zeitabständen auf seine Notwendigkeit zu überprüfen sei, vertrete sie die Ansicht, dass jedenfalls gegenwärtig kein Bedürfnis mehr für den Fortbestand der Verfügung bestehe. Der Beklagte habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass es nach Erlass des Bescheides zu keinen weiteren Beanstandungen gekommen sei. Dementsprechend sei es auch nicht zur Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes gekommen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass in der Hähnchenmast jeder Tierbestand nach ca. sechs bis sieben, maximal acht Wochen den Stall verlasse und zuvor vom Amtsveterinär freigegeben werden müsse, so dass der Amtsveterinär alle sechs bis acht Wochen den Bestand zu untersuchen und eine Freigabe für die Schlachtung zu erteilen habe. Unter Berücksichtigung dieser hohen Kontrolldichte hätte der Beklagte nach sechs bis acht Monaten erkennen können und müssen, dass keine weiteren Beanstandungen vorgelegen hätten und auch nicht zu erwarten gewesen seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19. August 2015 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Bescheid. Bei Betriebskontrollen am 13. Oktober 2015 und 24. November 2015 seien zwar Verbesserungen festgestellt worden, aber es hätten sich weiterhin Beanstandungen ergeben, so dass der Erlass der Verfügung notwendig gewesen sei. Ob die hier streitgegenständliche Verfügung als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren sei, sei fraglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei es zwar möglich, Anordnungen nach § 16 a TierSchG als Dauerverwaltungsakte anzusehen. Ob dies im vorliegenden Fall gegeben sei und ob der Bescheid rechtswidrig geworden sein könnte, lasse sich daraus jedoch nicht ohne Weiteres herleiten. Eine Wiederholungsgefahr könne sich nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch für die weitere Dauer der Tierhaltung ergeben, so dass auch ein Dauerverwaltungsakt bestehen bleiben könne. Dies müsse im Falle der Klägerin umso mehr gelten, als auch nach Erlass der Verfügung noch Mängel bei der Qualität der Einstreu festgestellt worden seien. Zudem handele es sich im vorliegenden Fall um einen gesetzeswiederholenden Verwaltungsakt, dessen Tenor zu 1) der Tierhalter ohnehin zu erfüllen habe. Aufgrund der Verstöße in der Vergangenheit sei die Verfügung auch weiterhin erforderlich, um gemäß § 16 a Abs. 1 Satz 1 TierSchG etwaige künftige Verstöße zu verhüten. Ferner habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass bei einer Zwangsgeldfestsetzung die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung grundsätzlich nicht erneut zu prüfen sei, es sei denn, sie sei nichtig. Dies spreche dafür, dass die Verwaltung nicht gehalten sei, einen Dauerverwaltungsakt ständig auf seinen Fortbestand hin zu prüfen. Schließlich sei unklar, in welchen Abständen diese Überprüfung erfolgen müsse und ab welchem Zeitpunkt eine Aufhebung in Frage komme bzw. geboten sei.
Mit Urteil vom 4. Mai 2018 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 19. August 2015 hinsichtlich der Ziffern 1, 2 und 3 aufgehoben und die Klage im Übrigen, also hinsichtlich der Kostenentscheidung in Ziffer 4, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der streitgegenständliche Bescheid zwar ursprünglich rechtmäßig erlassen worden sei, nunmehr jedoch hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 1 bis 3 als rechtswidrig (geworden) anzusehen sei. Demgegenüber sei die Kostenentscheidung rechtmäßig ergangen und auch weiterhin rechtmäßig. Bei der in Ziffer 1 getroffenen Verfügung handele es sich um eine sog. gesetzeswiederholende Einzelanordnung, die ursprünglich zu Recht auf § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG gestützt worden sei. Die Klägerin sei als Mitglied einer Gesellschaft, die sich zur Tierhaltung zusammengeschlossen habe, gemeinschaftliche Halterin der Tiere. Aus dem Gesellschaftsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Sohn folge nichts anderes. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Verfügung auf der Grundlage des § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG hätten zum Zeitpunkt ihres Erlasses vorgelegen. Das Gericht folge dabei den Feststellungen und Einschätzungen des Amtstierarztes anlässlich der durchgeführten Kontrollen. Die Sach- und Rechtslage habe sich in der Zeit zwischen dem Erlass des Bescheides und der mündlichen Verhandlung jedoch wesentlich geändert. Bei der unter Ziffer 1 getroffenen Anordnung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, den die Behörde auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen habe. Für die rechtliche Beurteilung sei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. während des gesamten Zeitraumes seiner Wirksamkeit maßgeblich. Nachdem die Klägerin und ihr Sohn auch die letzten im Rahmen der Betriebskontrollen am 13. Oktober 2015 und am 24. November 2015 vereinbarten Maßnahmen zur Verbesserung der Einstreuqualität in ihren Ställen umgesetzt hätten, sei es über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren zu keinen weiteren Beanstandungen mehr gekommen. Die in diesem Zusammenhang vom Beklagten aufgeworfene Frage, ab welchem Zeitpunkt der ursprünglich rechtmäßige (Dauer-)Verwaltungsakt aufgrund der Beachtung der Anordnung durch den Pflichtigen rechtswidrig werde, lasse sich nicht generell beantworten. Vielmehr sei im Rahmen einer Gesamtschau in einer wertenden Betrachtung zu ermitteln, von welchem Zeitpunkt an die Aufrechterhaltung der gesetzeswiederholenden Anordnung mit der damit verbundenen Androhung ihrer zwangsweisen Durchsetzung nicht mehr gerechtfertigt sei. Im Falle der Klägerin gehe das Gericht aufgrund des gesamten Verhaltens der Klägerin und ihres Sohnes wie auch aufgrund der inzwischen seit der letzten Beanstandung verstrichenen Zeit davon aus, dass eine Aufrechterhaltung der Verfügung jedenfalls vom Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2018 an nicht mehr gerechtfertigt sei. Da sich damit die Grundverfügung als rechtswidrig erweise, bleibe auch kein Raum für die Aufrechterhaltung der Zwangsmittelandrohung und die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffern 2 und 3). Demgegenüber sei die Kostenfestsetzung (Ziffer 4) nicht zu beanstanden, da die Klägerin Anlass zu der vorgenommenen Amtshandlung gegeben habe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte fristgerecht die Zulassung der Berufung beantragt (11 LA 305/18). Mit Beschluss vom 23. November 2018 hat der Senat die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Gründe des Zulassungsbeschlusses verwiesen.
Im Rahmen seiner fristgerecht vorgelegten Berufungsbegründung trägt der Beklagte vor, dass sich die Frage nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt nach dem materiellen Recht richte. Nach dem hier maßgeblichen Tierschutzrecht komme es auf die letzte Behördenentscheidung an. Sonst könnte sich der Adressat der behördlichen Anordnung durch vorübergehende Anpassung der Tierhaltung der Durchsetzung der Anordnung entziehen. Dies sei mit dem Schutzzweck und der Effektivität des Tierschutzgesetzes nicht vereinbar. § 16 a TierSchG ermächtige die zuständige Behörde ausdrücklich, Anordnungen zu erlassen, um zukünftige Verstöße zu verhindern. Danach komme es entscheidungserheblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides an. Als Dauerverwaltungsakt sei die Verfügung so lange aufrecht zu erhalten, wie eine Wiederholungsgefahr bestehe. Dabei indiziere ein mehrmaliger Verstoß eine Wiederholungsgefahr. Eine Wiederholungsgefahr sei erst dann nicht mehr gegeben, wenn die Tierhaltung aufgegeben werde. Vorliegend habe es mehrmalige Verstöße gegeben und die Tierhaltung sei auch nicht aufgegeben worden, so dass von einer Wiederholungsgefahr auszugehen sei. Die streitgegenständlichen Anordnungen seien insbesondere zur Verhütung weiterer künftiger Verstöße immer noch erforderlich. Hinsichtlich der von der Klägerin an den Kontrollen vom 13. Oktober 2015 und am 24. November 2015 vorgebrachten Kritik werde auf die Stellungnahme des Amtstierarztes vom 30. Januar 2019 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 11. Kammer - vom 4. Mai 2018 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die vom Amtstierarzt bei den Kontrollen am 13. Oktober 2015 und am 24. November 2015 getroffenen Feststellungen seien nicht hinreichend fundiert. Auch hätte sie vorher angehört werden müssen, wenn es nun erstmalig darauf ankomme, ob im Oktober bzw. November 2015 Verstöße vorgelegen hätten. Zudem müsse sich der Beklagte fragen lassen, warum aufgrund der weiteren Feststellung keine erneute Verfügung ergangen sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich die Tierhalter während der gesamten Dauer des Verfahrens intensiv bemüht hätten, ordnungsgemäße Zustände herzustellen. Hinzuweisen sei zudem auf die hohe Kontrolldichte sowie darauf, dass das aus den vermeintlichen Verstößen hergeleitete Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht I. eingestellt worden sei bzw. mit einem Freispruch geendet habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass Anordnungen nach § 16 a TierSchG personenbezogen seien und auch Aussagen zur persönlichen Unzuverlässigkeit des Tierhalters enthielten. Soweit sich eine Verhaltensänderung ergebe, habe die Verwaltung mit der Anordnung ihr Ziel erreicht. Ab einem gewissen Zeitpunkt, der nicht pauschal festgelegt werden könne, sei eine Aussage zur persönlichen Unzuverlässigkeit nicht mehr gerechtfertigt mit der Folge, dass die Anordnung zurückzunehmen sei. Anderenfalls würde eine Anordnung, die auch das persönliche Verhalten des Tierhalters werte, niemals ihre Wirkung verlieren. Schließlich sei die streitgegenständliche Verfügung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig gewesen. Aufgrund des kooperativen Verhaltens der Tierhalter verletze die Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses und des Parallelverfahrens 11 LB 643/18 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130 a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 19. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 getroffenen Anordnungen ist § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG. Nach § 16 a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Gemäß § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG kann sie insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen treffen. Gemäß § 2 Nr. 1 und Nr. 2 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen und darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Neben der Beseitigung festgestellter Verstöße obliegt der Behörde die Verhütung künftiger Verstöße. Die Behörde hat somit im Rahmen einer Gefahrenprognose zu ermitteln, ob in absehbarer Zeit mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass es zu tierschutzwidrigen Zuständen kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.8.2012 - 1 S 1281/12 -, juris, Rn. 3; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16 a, Rn. 2). Ist eine entsprechende Gefahr zu bejahen, so ist die Behörde zum Erlass von „notwendigen Anordnungen“ ermächtigt (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.8.2012 - 1 S 1281/12 -, juris, Rn. 5). Hinsichtlich der Wahl des Handlungsmittels, also in Bezug auf das „Wie“ des Einschreitens, steht der Behörde ein Auswahlermessen zu, welches durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geleitet und beschränkt wird (Hirt/Maisack/ Moritz, a.a.O., § 16 a, Rn. 4 ff.).
a) Die Rechtmäßigkeit der unter Ziffer 1 getroffenen Anordnungen bestimmt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Der maßgebliche Zeitpunkt, auf den im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung eines Verwaltungsakts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, richtet sich in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (BVerwG, Urt. v. 29.5.2019 - 6 C 8/18 -, juris, Rn. 16; dasselbe, Urt. v. 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, juris, Rn. 15; Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 -, juris, Rn. 35, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch, wenn es sich - wie hier bei den unter Ziffer 1 getroffenen Anordnungen - um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Ein Dauerverwaltungsakt ist in seinen Wirkungen auf Dauer angelegt und dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand von ihm abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (BVerwG, Beschl. v. 9.7.2013 - 3 B 100/12 -, juris, Rn. 4; Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 -, juris, Rn. 35). Auch für Dauerverwaltungsakte beantwortet sich die Frage nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage vorrangig nach dem materiellen Fachrecht (BVerwG, Urt. v. 29.5.2019 - 6 C 8/18 -, juris, Rn. 16; Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 -, juris, Rn. 35, jeweils m.w.N.).
Dem Regelungszusammenhang der hier maßgeblichen Bestimmungen des § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG lässt sich entnehmen, dass es für den Erfolg einer Anfechtungsklage, die sich gegen auf diese Normen gestützte tierschutzrechtliche Anordnungen richtet, auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gegebene Sach- und Rechtslage ankommt. Dies ist hier der Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides am 19. August 2015.
Zwar sieht § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG, anders als § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG, kein getrenntes Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren vor, aus dem ggf. Rückschlüsse auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt gewonnen werden können (vgl. zu derartigen Konstellationen, in denen ein getrenntes Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren vorgesehen ist: Senatsurt. v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 -, juris, Rn. 35, zu § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG; BVerwG, Urt. v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 -, juris, Rn.15, zu § 35 GewO; BVerwG, Urt. v. 29.5.2019 - 6 C 8/18 -, juris, Rn. 18, zu § 7 PassG). Anhaltspunkte für den nach dem materiellen Recht entscheidungserheblichen Zeitpunkt ergeben sich vorliegend jedoch daraus, dass die Behörde, wie ausgeführt, beim Erlass der auf § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG gestützten streitgegenständlichen Anordnungen auf der Tatbestandsseite eine Gefahrenprognose zu treffen hat und ihr auf der Rechtsfolgenseite ein Auswahlermessen zusteht. In der erstgenannten Hinsicht kann es für die Feststellung der maßgeblichen Sachlage und der aus ihr abzuleitenden Prognose nur auf den Sach- und Erkenntnisstand in dem Zeitpunkt ankommen, in dem die Maßnahme getroffen wurde (BVerwG, Urt. v. 29.5.2019 - 6 C 8/18 -, juris, Rn. 18; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.8.2012 - 1 S 1281/12 -, juris, Rn. 3; insges. zum Gefahrenabwehrrecht: BVerwG, Urt. v. 26.2.1974 - 1 C 31/72 - juris, Rn. 38; Senatsurt. v. 26.4.2018 - 11 LC 288/16 -, juris, Rn. 31, jeweils m.w.N.). Ebenso hat sich die gerichtliche Nachprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung, sofern sich - wie hier - aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergibt, nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO auf den Zeitpunkt der Ausübung des Ermessens zu beziehen (BVerwG, Urt. v. 29.5.2019 - 6 C 8/18 -, juris, Rn. 18; dasselbe, Urt. v. 27.3.2019 - 6 C 2/18 -, juris, Rn. 10). Dafür, dass bei Anordnungen nach § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG - ebenso wie bei Tierhaltungs- und Betreuungsverboten nach § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG - allein auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen ist, sprechen zudem der Zweck des Tierschutzgesetzes (siehe dazu § 1 TierSchG) sowie der Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr, hier also die Verhinderung von tierschutzwidrigen Zuständen. Stellte man demgegenüber auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ab (so für auf § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG gestützte Dauerverwaltungsakte: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.11.2015 - 3 L 386/14 -, juris, Rn. 50 ff., und OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16.6.2015 - 20 A 2235/12 -, juris, Rn. 34), könnte sich der Adressat einer tierschutzrechtlichen Anordnung durch vorübergehende Anpassung der Tierhaltung einer (ggf. zwangsweisen) Durchsetzung der Anordnung entziehen, was sowohl dem Zweck des Tierschutzgesetzes als auch der Effektivität der Gefahrenabwehr widerspräche (vgl. VG Göttingen, Urt. v. 12.6.2017 - 1 A 143/16 -, juris, Rn. 27; VG Münster, Beschl. v. 25.10.2018 - 11 L 764/18 -, juris, Rn. 10 f.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 9.7.2013 - 3 B 100/12 -, juris, Rn. 6 f.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 9.8.2017 - 9 ZB 15.2487 -, juris, Rn. 13).
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der unter Ziffer 1 getroffenen Anordnungen lagen im Zeitpunkt ihres Erlasses vor.
aa) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Klägerin (Mit)Halterin der Hühner und daher (auch) richtige Bescheidadressatin. Halter eines Tieres ist, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier im eigenen Interesse und nicht nur ganz vorübergehend ausübt (Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 2, Rn. 4). Abzustellen ist mithin darauf, in wessen Haushalt oder Betrieb das Tier gehalten wird, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt. Die vorgenannten Kriterien müssen nicht alle kumulativ vorliegen, um die Tierhaltereigenschaft einer Person zu begründen. Vielmehr handelt es sich bei sämtlichen Gesichtspunkten um Indizien, deren Einschlägigkeit anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu überprüfen ist und die erforderlichenfalls gegeneinander abzuwägen sind, wobei auch mehrere Personen nebeneinander Halter sein können (Senatsbeschl. v. 12.8.2019 - 11 ME 236/19 -, V.n.b.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6.6.2013 - 5 S 10.13 -, juris, Rn. 5; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.4.2014 - 1 U 115/13 -, juris, Rn. 6; Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 2, Rn. 4).
Vorliegend betreibt die Klägerin gemeinsam mit ihrem Sohn, Herrn C. A., die A. GbR. Zweck der Gesellschaft ist neben der Bewirtschaftung eines eigenständigen land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens die Haltung landwirtschaftlicher Nutztierarten, insbesondere im Bereich der Geflügelmast, sowie die Verwertung und Veräußerung der erzeugten pflanzlichen und tierischen Produkte (siehe § 2 des Gesellschaftsvertrags der A. GbR v. 15.9.2007, im Folgenden: GV, Bl. 87 ff. GA). Beide Gesellschafter sind jeweils einzelvertretungsberechtigt und stellen ihre Arbeitskraft nach Maßgabe ihrer anderweitigen betrieblichen und beruflichen Verpflichtungen in den Dienst der Gesellschaft (§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 GV). Die Klägerin ist zudem mit 75 % am Gewinn bzw. Verlust der Gesellschaft beteiligt, ihr Sohn dementsprechend zu 25 % (§ 5 Abs. 3 GV). Aus einer Gesamtschau dieser gesellschaftsrechtlichen Vorgaben folgt, dass der Klägerin (auch) die Bestimmungsmacht über die Tiere zusteht und dass sie aus eigenem Interesse in erheblichem Umfang für die Kosten der Tiere aufkommt sowie wirtschaftlichen Nutzen aus ihnen zieht und damit (Mit)Halterin der Tiere ist.
Soweit die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine von ihr und ihrem Sohn unterschriebene Erklärung vom 23. Februar 2018 (Bl. 92 GA) vorgelegt hat, wonach zwischen den Gesellschaftern im Jahr 2010 vereinbart worden sei, dass der Gesellschafter C. A. in der A. GbR ausschließlich die Aufgaben der Betreuung, Versorgung und Vermarktung der Masthähnchen innehabe, während die Klägerin ausschließlich in der kaufmännischen Buchführung und als Kapitalgeberin tätig sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn die von der Klägerin vorgelegte „interne“ Vereinbarung ist bereits nicht geeignet, die im Gesellschaftsvertrag getroffenen Bestimmungen, die gemäß § 9 Abs. 3 GV nur schriftlich geändert oder ergänzt werden können, zu modifizieren. Die vorgelegte Erklärung vom 23. Februar 2018 stellt ersichtlich keine Änderung/Ergänzung des Gesellschaftsvertrages vom 15. September 2007 dar. Unabhängig davon stehen auch die in der Erklärung vom 23. Februar 2018 enthaltenen Angaben der Haltereigenschaft der Klägerin nicht entgegen. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin die Aufgaben der Betreuung, Versorgung und Vermarktung der Masthähnchen ihrem Sohn übertragen hat, bleibt es dabei, dass sie aus eigenem Interesse in erheblichem Umfang für die Kosten der Tierhaltung aufkommt sowie wirtschaftlichen Nutzen aus ihnen zieht. Diesem Umstand kommt im hier vorliegenden Einzelfall im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung besonderes Gewicht zu. Zudem hindert die Erklärung vom 23. Februar 2018 die Klägerin nicht daran, das ihr nach dem Gesellschaftsvertrag auch hinsichtlich der Betreuung, Versorgung und Vermarktung der Tiere zustehende Mitbestimmungsrecht jederzeit wieder auszuüben.
Soweit in § 6 Abs. 1 GV geregelt ist, dass die Gesellschaft „zunächst“ für die Dauer von sechs Jahren unter Einschluss des Wirtschaftsjahres bis zum 30. Juni 2014 abgeschlossen wird, steht dies der Haltereigenschaft der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Denn obwohl das Gericht die Klägerin mit Verfügung vom 26. September 2019 gebeten hat, ergänzend zur Frage der Fortführung der Gesellschaft vorzutragen, hat sie dazu keine Stellung genommen. Sie hat sich somit zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, dass die Gesellschaft nicht mehr bestehe und/oder eine in § 6 Abs. 2, Abs. 6 GV geregelte Kündigung vorliege. Vielmehr sprechen sowohl das tatsächliche Verhalten der Klägerin und ihres Sohnes sowie die von ihnen vorgelegte Erklärung vom 23. Februar 2018 für eine (faktische) Fortführung der GbR.
bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vor. Hinsichtlich der vorliegend betroffenen gewerblichen Haltung von Masthühnern werden die Anforderungen des § 2 TierSchG in § 19 der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung - Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - (v. 25.10.2001, BGBl. I, S. 2758, neugefasst d. Bek. v. 22.8.2006, BGBl. I, S. 2043, in der hier maßgeblichen Fassung zul. geänd. d. VO v. 1.10.2009, BGBl. I, S. 3223 - TierSchNutztV -) konkretisiert (vgl. § 2 a TierSchG; BVerwG, Beschl. v. 8.11.2016 - 3 B 11/16 -, juris, Rn. 15). Nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV haben Halter von Masthühnern sicherzustellen, dass alle Masthühner ständig Zugang zu trockener, lockerer Einstreu haben, die zum Picken, Scharren und Staubbaden geeignet ist.
Vorliegend ergibt sich aus dem von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang, dass diese Anforderungen bei den vom Amtsveterinär des Beklagen am 26. März 2015 und 18. August 2015 durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen nicht erfüllt waren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides (§ 117 Abs. 5 VwGO) sowie auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), denen der Senat jeweils folgt und denen die Klägerin im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten ist.
c) Die in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides getroffenen Anordnungen waren zudem verhältnismäßig, um die in der Vergangenheit festgestellten Verstöße zu beseitigen und zukünftige Verstöße zu verhindern. Der Beklagte hat auch das ihm zustehende Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt. Ermessensfehler sind weder geltend gemacht noch für den Senat erkennbar.
2. Die in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides des Beklagten vom 19. August 2015 für den Fall der nicht vollständigen, nicht richtigen oder nicht fristgerechten Befolgung angedrohte Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3.000 EUR ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diesbezüglich hat die Klägerin im Übrigen keine Einwände erhoben.
3. Entsprechendes gilt hinsichtlich der übrigen Anordnungen des Bescheides. Bezüglich der Festsetzung der Verfahrenskosten verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, denen er folgt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.